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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Beschluss verkündet am 25.03.2004
Aktenzeichen: 2 B 238/03
Rechtsgebiete: VwGO, AO, KAG


Vorschriften:

VwGO § 58 Abs. 1
VwGO § 70 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 70 Abs. 2
VwGO § 80 Abs. 5
AO § 122 Abs. 2 Nr. 1
KAG § 12 Abs. 1 Nr. 3 b)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG BESCHLUSS

2 B 238/03

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

wegen Benutzungsgebührenrecht;

hier: Beschwerde gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung

hat der 2. Senat am 25. März 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am ..., den Richter am ... und den Richter am ...

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. Juli 2003 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage - 5 K 3163/02 - gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27. Juli 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2002 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 89,04 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß § 146 Abs. 1 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Beschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung, mit der die aufschiebende Wirkung der Klage in der Hauptsache angeordnet wurde, ist rechtswidrig und verletzt den Antragsgegner in seinen Rechten.

Der Antragsgegner beanstandet zu Recht, dass das Verwaltungsgericht über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sachlich entschieden und ihm stattgegeben hat, statt ihn wegen der Bestandskraft des angefochtenen Bescheides als unzulässig abzulehnen. Die insoweit angegriffene Argumentation des Verwaltungsgerichtes, der Zulässigkeit des Antrags stehe nicht entgegen, dass der Antragsteller gegen den Bescheid vom 27. Juli 2002 erst am 17. Oktober 2002 Widerspruch eingelegt habe, denn die Rechtsbehelfsbelehrung des angefochtenen Gebührenbescheides sei unvollständig, weil sie nicht den Verbandsvorsteher als Behörde des Zweckverbandes, sondern den Verband bezeichne und dies habe zur Folge, dass die Widerspruchsfrist gemäß § 58 Abs. 1 VwGO nicht zu laufen begonnen habe, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nur statthaft, wenn ein noch nicht bestandskräftiger Verwaltungsakt vorliegt, der nach § 80 Abs. 2 VwGO sofort vollziehbar ist (vgl. Kopp/Schenke, 13. Aufl., § 80 Rdnr. 130; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rdnr. 962 m. w. N.). Demnach ist hier der Antrag des Antragstellers unstatthaft und (als unzulässig) abzulehnen, denn der Gebührenbescheid vom 27. Juli 2002 ist bestandskräftig. Er kann nämlich nicht mehr mit einem zulässigen ordentlichen Rechtsbehelf (hier: Widerspruch) angefochten werden, weil die Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO abgelaufen ist, ohne dass ein fristgerechter Widerspruch eingelegt wurde. Der am 17. Oktober 2002 eingelegte Widerspruch des Antragstellers war nicht fristgerecht, weil er nicht innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, erhoben wurde. Die Bekanntgabe des Gebührenbescheids vom 27. Juli 2002 gilt als am 30. Juli 2002 erfolgt. Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 3 b KAG gilt ein durch die Post übermittelter Abgabenbescheid als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der angefochtene Bescheid wurde nach den nicht bestrittenen Angaben der Sachbearbeiterin am 27. Juli 2002 zur Post aufgegeben. Die Widerspruchsfrist endete daher am 30. August 2002. Der erst am 17. Oktober 2002 eingelegte Widerspruch des Antragstellers ist demnach nicht fristgerecht erfolgt und wurde daher zu Recht mit dem Widerspruchsbescheid vom 19. November 2002 als unzulässig zurückgewiesen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes ist die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 27. Juli 2002 nicht unrichtig erteilt worden, weshalb die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO und nicht die Jahresfrist der §§70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO hier anwendbar ist. Hinsichtlich der Verwaltungsbehörde, bei der ein Widerspruch anzubringen ist, enthält der angefochtene Gebührenbescheid des Verbandsvorstehers des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ... und Umland folgende Belehrung:

"Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ... und Umland, ... einzulegen."

Obwohl diese Rechtsbehelfsbelehrung die Verwaltungsbehörde, bei welcher der Widerspruch anzubringen ist, mit "Zweckverband" statt mit "Verbandsvorsteher des Zweckverbandes" bezeichnet, wurde der Antragsteller hier entsprechend §§70 Abs. 2, 58 Abs. 1 VwGO ordnungsgemäß über die Verwaltungsbehörde, bei der der Widerspruch anzubringen ist, belehrt. Nach der Rechtsprechung des Senates (vgl. Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 2 B 332/02 -, zur Veröffentlichung in der NVwZ-RR 2004 vorgesehen) kommt es für die Frage, ob die in der Belehrung gewählte Bezeichnung der Verwaltungsbehörde, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, richtig bezeichnet ist, nicht in jedem Fall auf die formal richtige Bezeichnung der Stelle an, sondern darauf, ob die verwendete Bezeichnung gewährleistet, dass der Rechtsbehelf dort eingelegt wird, wo er rechtlich einzulegen ist. Den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 58 Abs. 1 VwGO an die Bezeichnung der Verwaltungsbehörde kann im Einzelfall auch die alleinige Bezeichnung der Körperschaft genügen, deren Verwaltungsorgan den Bescheid erlassen hat, wenn damit eindeutig und unzweifelhaft die Stelle bezeichnet ist, bei welcher der Rechtsbehelf eingelegt werden muss. Dies ist hier der Fall. Der Antragsteller als Zweckverband kann gegenüber dem Bürger nach außen nur durch den Verbandsvorsteher handeln (vgl. § 16 Abs. 6 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit); der Verbandsvorsteher erlässt nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO auch den Widerspruchsbescheid. Ist deshalb der Zweckverband in der Rechtsbehelfsbelehrung mit seinem Sitz richtig bezeichnet, ist hierdurch zugleich gewährleistet, dass ein Widerspruch ausschließlich zu der Verwaltungsbehörde gelangt, die im Falle der Erhebung zur Niederschrift der Behörde diese Niederschrift aufzunehmen hat und die für die Bearbeitung des Widerspruches zuständig ist. Damit ist die Belehrung ausreichend, um den Beteiligten die erforderliche Kenntnis über den Lauf und die Wahrung der Frist zu vermitteln (vgl. näher Beschluss des Senates vom 7. Oktober 2003, a. a. O.).

Dem Antragsteller ist auch nicht gemäß §§ 70 Abs. 2, 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der damit versäumten Widerspruchsfrist zu gewähren. Ein solcher fristgebundener (§ 60 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwGO) Antrag wurde hier weder gestellt noch sind sonst Wiedereinsetzungsgründe ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§13 Abs. 1 und 2, 14 Abs. 1 Satz 1 und 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Anlehnung an I Nr. 7 Satz 1 des Streitwertkataloges (NVwZ 1996, 563).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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