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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Beschluss verkündet am 25.11.2002
Aktenzeichen: 3 B 166/02.NE
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 6
BauGB § 1 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG BESCHLUSS 3 B 166/02.NE

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrechts;

hier: vorläufige Außervollzugsetzung eines Bebauungsplanes

hat der 3. Senat am 25. November 2002

durch den ..., den ... und den ...

beschlossen:

Tenor:

Der Vollzug des Bebauungsplanes "..." Nr. ....... der Stadt Eisenhüttenstadt wird bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin (3 D 26/02.NE) ausgesetzt, soweit auf einem 3 m breiten, rechtwinklig zu den Wohnblöcken ... verlaufenden Streifen die Festsetzung "GFL 1" getroffen worden ist und soweit in dem Baugebiet "..." längs dieses Streifens Flächen für Garagen und Stellplätze unter der Bezeichnung "GA/ST" festgesetzt worden sind.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

1. Der Hauptantrag der Antragstellerin hat Erfolg.

1.1 Mit ihrem Hauptantrag beantragt die Antragstellerin wörtlich, den Vollzug des Bebauungsplans der Stadt Eisenhüttenstadt Nr. ... ... hinsichtlich der Errichtung der Trasse ... mit einer Breite von 3 m auszusetzen.

Dies bedarf der Auslegung. Denn in dem Bebauungsplan findet sich die Bezeichnung "... 07" nicht. Die Auslegung von Anträgen ist nach § 88 VwGO zulässig. Sie ist hier auch möglich, weil das Rechtsschutzziel der Antragstellerin anhand ihrer Antragsbegründung klar erkennbar ist. Die Antragstellerin möchte letztlich erreichen, dass ein 3 m breiter Streifen, der als Teil der Festsetzung "GFL 1" östlich der Wohnblöcke ... und in rechtem Winkel zu diesen verläuft und als Fläche zur Begründung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten allein zugunsten der Anlieger "der Baugebiete" ... ausgewiesen ist (vgl. Nummer B.I.10 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans), auf 5 m verbreitert und auch für die rückwärtige Erschließung der Wohnblöcke ... nutzbar gemacht wird. Mit dem vorliegenden Verfahren will sie die entsprechende Möglichkeit offen halten. Dies kann nur gelingen, wenn die Festsetzung "GFL 1" zum Teil und die Festsetzung "GA/ST" im Baugebiet ... gänzlich außer Vollzug gesetzt werden, weil die damit vorgesehenen Flächen für Garagen und Stellplätze eine Verbreiterung des genannten Streifens nicht zulassen. Mit ihrem Hauptantrag beantragt die Antragstellerin danach sinngemäß, den Vollzug des Bebauungsplanes "... " Nr. ... der Stadt Eisenhüttenstadt bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin (3 D 26/02.NE) auszusetzen, soweit auf einem 3 m breiten, rechtwinklig zu den Wohnblöcken ... verlaufenden Streifen die Festsetzung "GFL 1" getroffen worden ist und soweit in dem Baugebiet "... " längs dieses Streifens Flächen für Garagen und Stellplätze unter der Bezeichnung "GA/ST" festgesetzt worden sind.

1.2. Der so verstandene Hauptantrag ist zulässig. Insbesondere fehlt der Antragstellerin weder die Antragsbefugnis (1.2.1) noch das Rechtschutzinteresse (1.2.2).

1.2.1 Ein Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans ist entsprechend § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend machen kann, durch den Bebauungsplan oder seine Anwendung in seinem Recht verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Zu den Rechten in diesem Sinne gehört auch das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB, das drittschützend in Bezug auf die Personen ist, denen ein bei der Aufstellung des Bebauungsplans abwägungserheblicher privater Belang zusteht. Zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung insoweit genügt die Berufung auf einen entsprechenden Belang (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. August 2000 - 4 BN 38.00 - zitiert nach juris). Abwägungserheblich ist ein privater Belang, wenn er in der konkreten Planungssituation einen städtebaulichen Bezug hat; nicht abwägungserheblich sind demgegenüber insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Bebauungsplan nicht erkennbar waren (Bundesverwaltungsgericht, a. a. O.).

Mit der von ihr ins Feld geführten rückwärtigen Erschließung der Wohnblöcke ... beruft sich die Antragstellerin auf einen in der konkreten Planungssituation abwägungsrelevanten privaten Belang. Ihr diesbezügliches Interesse weist in der konkreten Planungssituation städtebaulichen Bezug auf. Es ist auch nicht geringwertig oder mit einem Makel behaftet. Es ist darüber hinaus auch schutzwürdig. Nicht schutzwürdig in dem hier in Rede stehenden Sinne sind Interessen dann, wenn sich deren Träger vernünftigerweise darauf einstellen müssen, dass "so etwas geschieht", und wenn deshalb ihrem etwaigen Vertrauen in den Bestand oder Fortbestand etwa einer bestimmten Marktlage oder Verkehrslage die Schutzbedürftigkeit fehlt (vgl. Bundesverwaltungsgericht a. a. O. und die darin enthaltene Bezugnahme auf Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 9. November 1979 - 4 N 1.78, 2.79, 3.79, 4.79 -, zitiert nach juris). Das ist hier bei der Antragstellerin nicht der Fall gewesen. Zwar konnte sie nicht darauf vertrauen, dass das Plangebiet auch weiter teilweise "Brache" bleiben und damit in der bisherigen Form faktisch u. a. zur rückwärtigen Erschließung der Wohnblöcke ... (sowie als Parkmöglichkeit für die Bewohner der Wohnblöcke) genutzt werden könne. Sie musste aber, weil das Gelände im Eigentum der Antragsgegnerin stand, weil diese den bisherigen Zustand über viele Jahre geduldet hatte und weil eine - auch rückwärtige - Erschließung der Wohnblöcke ein Belang von einigem Gewicht ist, nicht von vornherein mit einer Überplanung des Geländes in der Weise rechnen, durch die die rückwärtige Erschließung der Wohnblöcke - wie im Plan geschehen - abgeschnitten wird. Dies gilt um so mehr, als das Plangebiet im Falle einer Überplanung zu Wohnzwecken ohnehin einer inneren verkehrlichen Erschließung bedurfte; es war nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass die entsprechenden Verkehrsflächen nicht auch für die Wohnblöcke nutzbar sein sollten. Der Umstand, dass die rückwärtige Erschließung der Wohnblöcke ... in der konkreten Planungssituation städtebaulichen Bezug hat und abwägungserheblich ist, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass die Antragsgegnerin sie tatsächlich in ihre Abwägung einbezogen hat (vgl. Nummer IV.B.5 der Abwägungsmaterialien, Stand 24.10.2000, Bl. 347 f. des Verwaltungsvorgangs; Gesprächsprotokoll vom 16. Januar 2001, beigefügt der Begründung des Bebauungsplans, Bl. 454 f. des Verwaltungsvorgangs).

1.2.2 Der Antragstellerin fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nur dann zu verneinen, wenn sich ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden von irgendeinem Nutzen ist. Danach ist es hier anzunehmen. Zwar wird durch die vorläufige Aussetzung der angegriffenen Festsetzungen die Rechtsstellung der Antragstellerin nicht unmittelbar verbessert; insbesondere führt sie weder tatsächlich noch rechtlich dazu, dass Flächen des Plangebiets umgehend zur rückwärtigen Erschließung der Wohnblöcke ... genutzt werden können. Die vorläufige Außervollzugsetzung der angegriffenen Festsetzungen schützt die Antragstellerin jedoch vor einer (weiteren) Verfestigung der Situation zu ihren Lasten. Zudem bedarf das Baugebiet... nach dem Willen der Antragsgegnerin rückwärtiger Garagen und Stellplätze und mithin seinerseits einer rückwärtigen Erschließung. Danach ist nicht ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin die vorläufige Außervollzugsetzung der angegriffenen Festsetzungen zum Anlass nehmen wird, ihre Planung noch einmal zu überdenken und dabei zu einem - auch - für die Antragstellerin günstigeren Ergebnis zu gelangen; schon dies genügt für die Annahme des Rechtsschutzinteresses (vgl. hierzu für das Hauptsacheverfahren: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 17. April 2002 - 8 S 1799/01 -, zitiert nach juris, mit weiteren Nachweisen).

1.3. Der Hauptantrag ist auch begründet. Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Die im Rahmen des § 47 Abs. 6 VwGO anzustellenden Erwägungen decken sich weitgehend mit den zu § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz entwickelten Grundsätzen; beide Vorschriften entsprechen sich in ihrer Zielrichtung. Weil eine Rechtsnorm außer Vollzug gesetzt werden soll, ist es notwendig, bei der Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO einen strengen Maßstab anzulegen (vgl. etwa Beschlüsse des erkennenden Senats vom 16. November 2000 - 3 B 67/OO.NE - und vom 28. Februar 2002 - 3 B 280/01.NE). Die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe müssen so schwer wiegen, dass sie ihren Erlass als unabweisbar erscheinen lassen. Es sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag später aber in der Hauptsache Erfolg hätte, mit den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber in der Hauptsache später erfolglos bliebe. Hierbei kommt der Frage der Rechtsgültigkeit der im Normenkontrollverfahren angefochtenen Satzung grundsätzlich keine Bedeutung zu, es sei denn, dass die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Norm bereits bei summarischer Prüfung offensichtlich ist (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. zuletzt Beschluss vom 4. November 2002 - 3 B 28/0l.NE - mit Hinweisen auf Oberverwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 14. September 1995 - 2 A 3/95 -, NVwZ-RR 1996, 313, 314; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Mai 1996 - 10 a B 1073/96.NE -, NVwZ 1997, 923 f.).

Auch nach diesem strengen Maßstab ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung im vorliegenden Fall geboten, denn der angegriffene Bebauungsplan ist hinsichtlich der im Tenor angesprochenen Festsetzungen offensichtlich ungültig. Er leidet insoweit offensichtlich an einem Abwägungsmangel (1.3.1), der offensichtlich auch beachtlich ist (1.3.2).

1.3.1 Nach § 1 Abs. 6 BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Gebot wird verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie hätte eingestellt werden müssen. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. Dezember 1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301, 309, ständige Rechtsprechung).

Vorliegend ist die Abwägung fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin die privaten Belange der Antragstellerin, nämlich ihr Interesse an der rückwärtigen Erschließung der Wohnblöcke ... nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt hat. Dies ergibt sich daraus, dass sie gemeint hat, dem Interesse der Antragstellerin lasse sich durch Umsetzung einer im Januar 2001 erfolgten gütlichen Einigung zwischen der Antragstellerin, der Erschließungsträgerin und ihr selbst hinreichend Rechnung tragen, während das seinerzeit Vereinbarte in Wahrheit höchst vage und vor allen Dingen gerade wegen der (geplanten und auch erfolgten) Festsetzungen des Bebauungsplanes von Rechts wegen überhaupt nicht umsetzbar gewesen ist.

Die Antragsgegnerin hat in dem angegriffenen Plan keine Festsetzungen zu Gunsten einer rückwärtigen Erschließung der Wohnblöcke getroffen; der entlang der westlichen Plangebietsgrenze verlaufende 3 m breite Streifen der Festsetzung GFL 1 ist lediglich als Fläche zur Begründung von Geh-, Fahr-, und Leitungsrechten zugunsten der Anlieger des Baugebietes WA 1 ausgewiesen (vgl. Nummer B.I.10 des Bebauungsplans). In den Abwägungsmaterialien mit Stand vom 24. Oktober 2000 wird hierzu unter Nummer IV.B.5 einerseits ausgeführt, das Gelände der Antragstellerin bedürfe keiner vollwertigen Erschließung entlang der östlichen Grundstücksgrenze, eine private Wohnwegerschließung, die im Grundsatz an beliebiger Stelle über das Gelände der Antragstellerin führen könne, sei völlig ausreichend (Bl. 347 des Verwaltungsvorgangs). Andererseits wird dort weiter empfohlen, im Rahmen der weiteren Erschließungsplanung verbindliche Vereinbarungen zwischen der Stadt, dem Erschließungsträger [des Plangebiets] und der Antragstellerin bzw. den Eigentümergemeinschaften herbeizuführen, damit eine rückwärtige Zufahrtsmöglichkeit zu den Grundstücken der Wohngebäude 56-96 und die Angliederung von Stellflächen ermöglicht werde (vgl. Bl. 348 des Verwaltungsvorgangs).

Im weiteren Verlauf des Planaufstellungsverfahrens hat die Verwaltung der Antragsgegnerin sich um eine entsprechende Vereinbarung bemüht und eine solche unter dem 16. Januar 2001 protokolliert, wobei das Protokoll durch ein Schreiben der Erschließungsträgerin vom 25. Januar 2001 ergänzt worden ist (Bl. 454 ff. des Verwaltungsvorgangs). Danach sollte unter anderem die "Zuwegung" [gemeint ist der 3 m breite an der westlichen Plangebietsgrenze entlang verlaufende Streifen der Festsetzung GFL 1] auf eine Breite von 5,0 m ausgelegt und "direkt an die Grundstücksgrenze der Antragstellerin zurückgeschoben" werden; die Tiefe der Baugrundstücke [gemeint sind die Baugrundstücke in dem Baugebiet ... ] sollte sich von 34 m auf 32 m reduzieren (Nummer 1 des Protokolls). Die Antragstellerin sollte der Erschließungsträgerin [des Plangebiets] die damit verbundenen Mehraufwendungen, d. h. die Grundstückskosten für den 2-m-Streifen und die anteilig daraus resultierenden Herstellungskosten erstatten; hierzu sei eine Vereinbarung zwischen der Erschließungsträgerin und der Antragstellerin zu treffen (Nummer 2 des Protokolls). Ebenfalls vorgesehen war danach die Herstellung eines Wendehammers (Nummer 5 des Protokolls). Abschließend heißt es in dem Protokoll, die Vorbehalte der Antragstellerin hätten damit ausgeräumt werden können, und die Vorlage zur Abwägung und zum Satzungsbeschluss des Bebauungsplanes ... könne im Bau- und Umweltausschuss am 25. Januar 2001 wieder behandelt werden.

Die vorstehenden Zitate belegen, dass die rückwärtige Erschließung der Wohnblöcke ... der Antragsgegnerin nicht gleichgültig, sondern ihr vielmehr insoweit ein Anliegen gewesen ist, als sie die rückwärtige Erschließung im Wege einer gütlichen Einigung zwischen der Antragstellerin und der Erschließungsträgerin des Plangebiets herbeigeführt wissen wollte. Die Zitate belegen weiter, dass das Vorhandensein einer entsprechenden gütlichen Einigung ebenso in die Abwägung bei der Aufstellung des Bebauungsplanes eingeflossen ist wie die Annahme, diese getroffene Einigung sei auch umsetzbar.

Hierbei ist die wahre Sachlage indessen verkannt worden. Möglicherweise ist schon übersehen worden, dass die am 16. Januar 2001 protokollierte Vereinbarung nur aus Absichtserklärungen besteht, die im Streitfalle kaum tragfähig sind, und dass die Vereinbarung insbesondere wegen der danach noch gesondert zu treffenden Vereinbarung über den Kostenausgleich zwischen der Antragstellerin und der Erschließungsträgerin eine empfindlich offene Flanke aufweist. Jedenfalls ist aber übersehen worden, dass der in Rede stehende Bebauungsplan eine Umsetzung der getroffenen Vereinbarung überhaupt nicht zulässt. Denn die Festsetzung "GA/ST" lässt, soweit sie sich auf das Baugebiet WA 1 bezieht, einer Verbreiterung des in Rede stehenden Streifens keinen Raum. Davon abgesehen ist auch nicht ersichtlich, inwieweit der Bebauungsplan Raum für die Herstellung des nach der Vereinbarung vorgesehenen Wendehammers lässt.

1.3.2. Der beschriebene Abwägungsfehler, der sich auf den Abwägungsvorgang bezieht, ist auch beachtlich. Nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB sind Mängel im Abwägungsvorgang zwar nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Das ist hier indessen der Fall gewesen. Offensichtlich im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB ist ein Mangel, auf dessen Vorliegen konkrete Umstände positiv und klar hindeuten (BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1992 - 4 NB 22.90, NVwZ 1992, 662, 663; vgl. auch Urteile des Senats vom 15. Juni 2001 - 3 D 35/99.NE - und vom 7. August 2002 - 3 D 26/OO.NE). Das ist hier der Fall; der Mangel ist anhand der Zitate aus dem Verwaltungsvorgang erkennbar. Der Mangel im Abwägungsvorgang ist darüber hinaus auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Ein derartiger Einfluss ist dann zu bejahen, wenn auf Grund der Umstände des vorliegenden Falls die konkrete Möglichkeit bestünde, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (vgl. Urteil des Senats vom 15. Juni 2001 - 3 D 35/99.NE -). Auch das ist hier der Fall; denn es ist aus den Verwaltungsvorgängen erkennbar, dass die rückwärtige Erschließung der Wohnblöcke ... der Antragsgegnerin durchaus auch ein Anliegen gewesen ist.

2. Nachdem der Hauptantrag der Antragstellerin erfolgreich ist, bedarf ihr Hilfsantrag keiner Prüfung.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

4. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO und § 25 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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