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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Urteil verkündet am 29.01.2004
Aktenzeichen: 4 A 20/00
Rechtsgebiete: VwGO, TierSG, AGTierSG, DVO-AGTierSG, BGB, EGBGB


Vorschriften:

VwGO § 75
TierSG § 66 ff.
TierSG § 67
TierSG § 72
AGTierSG v. 02.03.1993 § 13
AGTierSG v. 02.03.1993 § 14
AGTierSG v. 02.03.1993 § 15
AGTierSG v. 02.03.1993 § 16
AGTierSG v. 02.03.1993 § 17
DVO-AGTierSG v. 08.04.1993 § 6
DVO-AGTierSG v. 28.03.1996 § 6
BGB § 133
BGB § 254
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 317
BGB § 319
EGBGB § 229 Abs. 1
Der nicht mit dem Tierbesitzer identische Eigentümer eines getöteten Tieres ist ein "anderer Berechtigter" i.S.d. § 72 Abs. 1 TierSG.

Zu den Voraussetzungen für das Erlöschen eines Tierseuchenentschädigungsanspruchs gem. § 72 Abs. 2 TierSG.

Zur Überprüfbarkeit eines Schätzgutachtens zur Feststellung des "gemeinen Wertes" i.S.d. § 67 Abs. 1 TierSG.

Zum Begriff des "gemeinen Wertes" i.S.d. § 67 Abs. 1 TierSG und zum maßgeblichen Bewertungsstichtag.


OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 A 20/00

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

wegen Entschädigung nach dem Tierseuchengesetz

hier: Berufung

hat der 4. Senat aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 29. Januar 2004

durch den Vorsitzenden Richter am ..., den Richter am ..., die Richterin am ..., die ehrenamtliche Richterin ... und den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. Dezember 1999 geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, für den aufgrund der Tötungsanordnung des Veterinäramtes des Landkreises Prignitz vom 8. September 1994 hinsichtlich des unter der Tierseuchenkassen-Nr. 1045222 bei dem Beklagten gemeldeten und am 10. September 1994 getöteten Schweinebestandes, bestehend aus 369 Ferkeln, 302 Läufern, 520 Sauen und vier Ebern, eine weitere Entschädigung in Höhe von 51.749,66 € (101.213,54 DM) zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 22. Dezember 1995 zugunsten der Klägerin festzusetzen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 3/5, der Beklagte 2/5 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung des jeweils anderen Beteiligten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beteiligte, der die Vollstreckung begehrt, zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Grund und Höhe einer von der Klägerin begehrten Entschädigung nach den §§ 66 ff. des Tierseuchengesetzes (TierSG).

Im Rahmen eines Kooperationsvorhabens mit der in Brandenburg ansässigen Agrargesellschaft "..." (im Folgenden: ...) stallte die Klägerin ab Frühjahr 1994 in einer von der ... auf deren Flächen errichteten Anlage zur Freilandschweinehaltung insgesamt 520 Sauen und vier Eber auf. Beide Kooperationspartner waren sich u.a. darüber einig, dass die Sauen und Eber sowie - bis zu der bei Erreichung eines Gewichts von ca. 25 kg jeweils vorgesehenen Veräußerung an die ... - die produzierten Ferkel im Eigentum der Klägerin verbleiben sollten.

Nachdem sich der im August 1994 entstandene Verdacht, dass die bei der ... untergebrachten Schweine mit der Aujeszkyschen Krankheit infiziert waren, erhärtet hatte, wurde mit einer sowohl an die ... als auch an die Klägerin gerichteten Tierseuchenverfügung des Veterinäramtes des Landkreises Prignitz vom 8. September 1994 die Tötung des gesamten Schweinebestandes angeordnet und am 10. September 1994 vollzogen. Der von der Klägerin mit Schreiben vom 3. Oktober 1994 erhobene Widerspruch gegen die Tötungsanordnung, mit dem sie unter anderem darauf hinwies, dass die Schweine in ihrem Eigentum gestanden hätten, wurde vom Landkreis Prignitz mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1994 zurückgewiesen.

Der durch die Tötung des Bestandes entstandene Schaden wurde in der im Auftrag des Veterinäramtes erstellten und vom 21. September 1994 datierenden, von den Herren ... und ... als Gutachter unterzeichneten Schätzungsniederschrift mit insgesamt 495.740,00 DM ermittelt.

Mit Schreiben vom 26. September 1994 wandte sich der Geschäftsführer der Klägerin an den Landkreis Prignitz und teilte mit, dass sämtliche Tiere in der Freilandhaltungsanlage der ... in seinem Eigentum und dem seines Mitgesellschafters gestanden hätten und für die Entschädigungszahlung der Tierseuchenkasse eine Abtrittserklärung der Agrargesellschaft bestehe. Alle Zahlungen seien daher auf das Konto der Klägerin zu leisten. Zugleich widersprach er der von Seiten der Sachverständigen durchgeführten Schätzung des Tierwertes insoweit, als diese keine - mit insgesamt 117.840,00 DM zu bemessenden - Zuchtzuschläge für 146 Großeltern- und 26 Urgroßelterntiere angesetzt habe. Unter dem 10. Oktober 1994 wandte der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin sich - unter Bezugnahme auf das vorangegangene Schreiben an den Landkreis - direkt an den Beklagten und wies auch diesem gegenüber darauf hin, dass die Klägerin Eigentümerin des bei der Agrargesellschaft ... untergebrachten Bestandes gewesen sei und dass die ... als Seuchenkassenanmelderin "die entsprechenden Ansprüche" an die Klägerin abgetreten habe. Dem Beklagten wurde die Kopie einer entsprechenden Abtretungserklärung vom 11. Oktober 1994 übersandt.

Ein förmlicher Antrag der Agrargesellschaft ... auf Tierseuchenentschädigung vom 5. Oktober 1994 wurde mit Schreiben vom 27. Oktober 1994 an den Beklagten weitergeleitet, wo er am 3. November 1994 einging.

Nachdem der Beklagte den Amtstierarzt des Landkreises Prignitz unter Hinweis auf seine - bis dahin fehlende - Stellungnahme zur Schätzung und mit Blick auf die geltend gemachte "Nachforderung" um Nachholung gebeten hatte, teilte dieser mit, dass er die Schätzung gemeinsam mit den zwei Schätzern durchgeführt habe und dass die Nachforderung abgelehnt werde, da der Besitzer für diese Zuchttiere keine Nachweise habe beibringen können. Mit Bescheid vom 8. November 1994 setzte der Beklagte gegenüber der ... eine Entschädigung in Höhe von 496.757,57 DM mit dem folgendem Zusatz fest: "Auszahlung erfolgt an die 'Freilandschwein' Gesellschaft für natürliche Schweinehaltung mbH ... durch Abtretung." Tatsächlich wurde die Auszahlung der festgesetzten Entschädigung an die Agrargesellschaft... veranlasst, weil ausweislich eines Aktenvermerks anlässlich eines Telefongesprächs seitens der ... erklärt worden sei, dass der Entschädigungsbetrag nicht an die Klägerin, sondern an sie selbst überwiesen werden solle. Die Abtretungsvereinbarung sei nicht für die Tierseuchenkasse bestimmt gewesen, sondern nur geschlossen worden, um der Klägerin gegenüber der Bank Sicherheiten zu verschaffen.

Unter dem 6. Dezember 1994 legte die ... Widerspruch gegen den Entschädigungsbescheid ein und verlangte unter Hinweis auf dem Widerspruch beigefügte Ablichtungen der Originalrechnungen wegen unrichtiger, den Wert von 175 Vorstufentieren nicht berücksichtigender Wertfeststellung weitere 287.218,75 DM Entschädigung. Eine Mitarbeiterin der ... e.V. gab unter dem 1. Februar 1995 zur Qualität der getöteten Tiere an, dass es sich bei den Sauen zweifelsfrei zu ca. 30% um reine Durocs bzw. Großelterntiere der Rasse Duroc X Large White gehandelt habe, die in der weiteren Entwicklung der Anlage ab zweitem Wurf zur eigenen Reproduktion der Herde angedacht gewesen seien. Sie könne die Anwesenheit der verschiedenen Genetik und qualitativen Zuchtstufen bezeugen. Der vom Beklagten erneut um Stellungnahme zu den Einwendungen zur Entschädigungshöhe gebetene Amtstierarzt des Landkreises Prignitz lehnte eine Erhöhung der Entschädigungssumme nochmals ab. Mit Bescheid vom 28. August 1995 wies der Beklagte den Widerspruch der ... zurück.

Die Klägerin, der der an die ... gerichtete Entschädigungsbescheid informatorisch übersandt, aber nicht zugestellt worden war, hatte mit Schreiben vom 3. Juli 1995 darauf hingewiesen, dass sie "seinerzeit Entschädigungsansprüche ... angemeldet" und in diesem Zusammenhang "vorsorglich" darauf hingewiesen hätte, dass sämtliche Entschädigungsansprüche auf Grund vertraglicher Vereinbarung an sie abgetreten seien. Der dennoch zu Gunsten der ... festgesetzte Entschädigungsbetrag sei von dieser nur unvollständig an die Klägerin weitergeleitet worden. In Höhe des von der ... einbehaltenen Betrages von 31.517,75 DM sei der Beklagte der Klägerin gegenüber weiterhin zahlungspflichtig. Der von der ... erklärte Widerruf der Abtretungserklärungen sei unwirksam. Ferner seien bei der Festsetzung der Entschädigung mehrere Bewertungsfaktoren - darunter insbesondere das Vorhandensein von 146 sogenannter Großelterntiere und 26 sogenannter Urgroßelterntiere unter den getöteten Zuchtsauen - nicht berücksichtigt worden. Auf die sich bei zutreffender Wertermittlung ergebende Entschädigungssumme von 674.503,42 DM habe die Klägerin über die ... lediglich einen Entschädigungsbetrag von 446.550,00 DM erhalten, woraus sich eine Restforderung von insgesamt 259.471,17 DM errechne.

Mit Antwortschreiben vom 13. Juli 1995 lehnte der Beklagte die Forderung der Klägerin ab. Die ... sei Berechtigte im Sinne des § 72 TierSG gewesen, weshalb die Entschädigung zu ihren Gunsten habe festgesetzt werden müssen. Die Klägerin habe auch kein Recht, eine Überprüfung der Höhe der Entschädigung zu fordern, da sie weder einen Antrag auf Entschädigung gestellt habe noch Adressatin des Entschädigungsbescheides sei und auch die Voraussetzungen für einen Drittwiderspruch nicht erfüllt seien. Lediglich zu ihrer Information werde mitgeteilt, dass die Schadensberechnung von mehreren Gutachtern vorgenommen worden und die sich daraus ergebende Entschädigungshöhe für den Beklagten bindend sei.

Zur Begründung ihrer am 22. Dezember 1995 erhobenen Klage, mit der sie ihre geltend gemachten Ansprüche weiterverfolgt hat, hat die Klägerin vorgetragen, dass ihr aus eigenem, zumindest aber aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Festsetzung bzw. Zahlung des geforderten Entschädigungsbetrages zustehe. Sie habe unmittelbar nach der Tötung des Schweinebestandes einen eigenen Entschädigungsantrag beim Veterinäramt des Landkreises Prignitz gestellt und mit Schreiben vom 10. Oktober 1994 und 3. Juli 1995 auch gegenüber dem Beklagten ihre Entschädigungsansprüche geltend gemacht. Als Eigentümerin des getöteten Tierbestandes sei sie Berechtigte im Sinne von § 72 Abs. 1 TierSG, und der Beklagte habe über ihre Berechtigtenstellung nicht im Zweifel sein können, nachdem schon zuvor die Tötungsanordnung des Landkreises Prignitz an sie gerichtet gewesen sei. Im Übrigen habe ihr die ... etwaige Entschädigungsansprüche abgetreten. Da die Klägerin den Schweinebestand zudem über eigene Mitarbeiter laufend betreut, mithin in ihrer Obhut gehabt habe, sei sie auch unter diesem Gesichtspunkt Berechtigte nach § 72 TierSG.

Aus von ihrem Geschäftsführer erstellten Wertermittlungen ergebe sich, dass die Entschädigung der Höhe nach auf 747.923,20 DM festzusetzen sei. Die Auffassung des Beklagten, er sei an die Wertermittlung der bestellten Schätzer gebunden, treffe jedenfalls dann nicht zu, wenn die Schätzung - wie hier - erkennbar mangelhaft sei. So seien die für die Schätzung des Schadens beigezogenen Gutachter mangels Unparteilichkeit zur Begutachtung ungeeignet gewesen. Der Gutachter ... sei bei einem Konkurrenzunternehmen beschäftigt gewesen und der Gutachter ... habe den getöteten Tierbestand zu keinem Zeitpunkt besichtigt. Ferner enthalte die Schätzungsniederschrift einen Rechenfehler (Berechnung des Zuchtzuschlages bei der Bewertung der ungedeckten Sauen) und berücksichtige verschiedene werterhöhende Faktoren nicht bzw. nicht hinreichend.

In der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 1999 hat der Beklagte den Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 31.517,75 DM anerkannt. Der Rechtsstreit ist insoweit im Termin übereinstimmend für erledigt erklärt worden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verpflichten, einen Entschädigungsbescheid über eine Entschädigungssumme von 747.923,20 DM zu Gunsten der Klägerin auf Grund der Tötungsanordnung des Veterinäramtes des Landkreises Prignitz vom 8. September 1994 hinsichtlich des bei der Agrargesellschaft "..." mbH untergebrachten, unter der Tierseuchenkassen-Nr. 1045222 beim Beklagten gemeldeten und am 10. September 1994 getöteten Schweinebestandes, bestehend aus: 369 Ferkeln, 302 Läufern, 520 Sauen und vier Ebern zu erlassen;

2. den Beklagten zu verurteilen, über den anerkannten Betrag in Höhe von 31.517,75 DM an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 251.165,45 DM nebst 10% Zinsen seit dem 14. Juli 1995 zu zahlen;

3. den Beklagten ferner zu verurteilen, auf den anerkannten Betrag in Höhe von 31.517,75 DM ebenfalls 10% Zinsen seit dem 14. Juli 1995 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat zuletzt ausgeführt, dass er die Klage ebenfalls für zulässig halte und die Schreiben der Klägerin vom 10. Oktober 1994 und 3. Juli 1995 seiner nunmehrigen Auffassung nach als (eigener) Antrag auf Erlass der Tierseuchenentschädigungsverfügung auszulegen seien. Der Klageantrag sei jedoch unbegründet, denn die Auszahlung der Entschädigungssumme an die ... sei zu Recht erfolgt. Die Entschädigung werde, sofern ein anderer Berechtigter nicht bekannt sei, gemäß § 72 Abs. 1 TierSG demjenigen gezahlt, in dessen Gewahrsam oder Obhut sich die Tiere zum Zeitpunkt des Todes befänden. Dies sei hier die ... gewesen, die den Tierbestand als Seuchenkassenanmelder unter ihrem Namen geführt und einen entsprechenden Entschädigungsantrag gestellt habe. Die ihm zugegangene Kopie einer Abtretungserklärung sei nicht mit einer Urkunde gleichzusetzen und könne auch nicht deren Beweis- und Sicherungsfunktion im Rechtsverkehr erbringen. Mit Zahlung der Entschädigungssumme sei gemäß § 72 Abs. 2 TierSG jeder Entschädigungsanspruch Dritter erloschen. Im Übrigen sei die von der Klägerin geltend gemachte - bereits mehrfach geänderte - Höhe der Entschädigungssumme nicht nachvollziehbar. Die Schätzung sei vom Amtstierarzt unter Hinzuziehung zweier bestellter Schätzer vorgenommen worden und es bestehe kein Anlass, die geschätzte Summe anzuzweifeln. Die Behauptung, dass die Schätzer parteiisch gehandelt hätten, entbehre jeder Grundlage und sei nicht substantiiert dargetan.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 2. Dezember 1999 dem Verzinsungsanspruch nach Ziffer 3. der Anträge teilweise, und zwar in Höhe von 4 % Zinsen aus 31.517,75 DM seit dem 22. Dezember 1995, stattgegeben. Insoweit ergebe sich der Zinsanspruch aus dem - im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren - § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, dass der geltend gemachte Anspruch der Klägerin jedenfalls deshalb nicht zustehe, weil gem. § 72 Abs. 2 TierSG wegen der Auszahlung der Entschädigungssumme an die ... die Festsetzung einer weiteren Entschädigung zu Gunsten der Klägerin nicht mehr in Betracht komme. Die Klägerin sei aber auch zuvor nicht Berechtigte gewesen. Zwar knüpfe die Anspruchsberechtigung an sich nicht an den Besitz, sondern an die unter Umständen durch den Besitz nur verdeckte tatsächliche Berechtigung an, also an das Eigentum, dem nur von ihm abgeleitete andere Rechte vorgehen können. Bei mangelnder Kenntnis anderer Berechtigter könne aber nach § 72 Abs. 1 TierSG befreiend an denjenigen gezahlt werden, in dessen Gewahrsam oder Obhut sich die Tiere zuletzt befunden hätten. Eine positive Kenntnis von der Berechtigung der Klägerin habe hier beim Beklagten nicht vorgelegen.

Die vom Senat mit Beschluss vom 11. Dezember 2001 zugelassene Berufung gegen dieses Urteil hat die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen weiter begründet. Sie trägt im Wesentlichen vor, dass die erhobene Verpflichtungsklage als Untätigkeitsklage zulässig sei, da ihr Begehren nicht beschieden worden sei. Der Beklagte habe bereits aus den Schreiben vom 26. September 1994, 10. Oktober 1994 und 3. Juli 1995, die nach dem Zweck und Ziel unter Berücksichtigung der Belange der Klägerin auszulegen seien, mit hinreichender Deutlichkeit erkennen müssen, dass diese einen eigenen Antrag habe stellen wollen. Die Abtretungsvereinbarung widerspreche dieser Auslegung des Schriftwechsels nicht.

Die Klage sei auch begründet. Sie - die Klägerin - sei als Eigentümerin und Besitzerin der von ihren Mitarbeitern betreuten Schweine Berechtigte i.S.d. § 72 Abs. 1 TierSG gewesen, und dies sei dem Beklagten vor Erlass des Bescheides am 8. November 1994 auch bekannt gewesen. Der Entschädigungsanspruch sei nicht durch Auszahlung der Entschädigung an die ... nach § 72 Abs. 2 TierSG erloschen, da diese Rechtsfolge nur dann ausgelöst werde, wenn eine nach § 72 Abs. 1 TierSG ordnungsgemäße Festsetzung und Auszahlung stattgefunden habe. Dies sei hier nicht der Fall, da eine Berechtigung der ... nicht existiert habe, sondern die Klägerin nach allen Alternativen des § 72 TierSG Berechtigter sei. Auch sei entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zwangsläufig der Tierseuchenkassenanmelder als Beitragspflichtiger Berechtigter. Dies gelte um so mehr, als es nach der Beitragsverordnung der Tierseuchenkasse vom 8. April 1993 für eine nicht in Brandenburg ansässige natürliche oder juristische Person keine Möglichkeit gegeben habe, einen Tierbestand tierseuchenrechtlich abzusichern.

Zur Höhe der zuerkannten Entschädigung verweist sie nochmals darauf, dass gem. § 67 Abs. 1 TierSG der - regelmäßig als Verkehrswert verstandene - gemeine Wert zu entschädigen sei. Es handele sich dabei um einen klassischen Fall der Enteignung i.S.d. Art. 14 GG. Die Entschädigung solle einen Wertausgleich verschaffen, der so bemessen sein müsse, dass der Enteignete davon ein Wirtschaftsgut gleicher Art und Güte erwerben könne. Werde ein Wirtschaftsgut der zu bewertenden Art nicht direkt am Markt gehandelt, so könne der Verkehrswert nur über die "Hilfskonstruktion" der Erstellungskosten (Ersatzwert) ermittelt werden. Erfolge die Entschädigung nicht oder nicht vollständig innerhalb angemessener Zeit, so sei zudem das in der Zwischenzeit gestiegene Preisniveau für das zu entschädigende Gut zu berücksichtigen. Landesrechtliche Regelungen hätten diese Vorgabe des Bundesrechts zu beachten und könnten insbesondere eine Überprüfung des auf die Ermittlung dieses Wertes gerichteten Schätzgutachtens nicht beschränken.

Doch selbst auf der Grundlage einer beschränkten Nachprüfbarkeit sei die der Festsetzung zugrunde liegende Schätzung offensichtlich unrichtig gewesen. Bei der Schätzung seien schon die einzuhaltenden Förmlichkeiten nicht beachtet worden. Einer der Schätzer sei befangen gewesen, die Stellungnahme des zweiten Schätzers habe nicht auf eigener Tatsachenfeststellung beruht und die Schätzer hätten mangels entsprechender Ausbildung nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt. Auch habe die vom Beklagten erst im Berufungsverfahren nachgeholte Begründung für die Nichtzubilligung weiterer Zuchtzuschläge im Gutachten gefehlt. Zudem widersprächen die Bewertungskriterien des Schätzgutachtens der gängigen Bewertungspraxis. Die Schätzer hätten ihr Gutachten auf der Grundlage der Wertermittlung für Zuchttiere nach den internen Richtlinien des Schweinezucht- und Produktionsverbandes ... e.G. vorgenommen. Diese Kriterien seien nicht repräsentativ und auf die speziell für die Freilandhaltung gezüchteten Schweine des getöteten Bestandes nicht anwendbar. Die Schätzungsniederschrift gehe weiter pauschal von "Sauen" aus, ohne die verschiedenen Qualitäten der Tiere - neben 26 Duroc-Reinzuchtsauen zur Reproduktion der Großelterngeneration 146 Vorstufentiere der Großelterngeneration und 345 Hybridsauen zur Mastferkelproduktion - zu berücksichtigen. Der Bestand sei in einem Zuchtregister des englischen Hybridunternehmens dokumentiert und aus züchterischer Sicht sei es ausreichend, wenn das Zuchtunternehmen das Zuchtbuch führe und die zuchtrelevanten Daten zur Verfügung stelle. Da der Vertrag der Klägerin keine Option für den Verkauf der aus den Basiszuchttieren gezüchteten Tiere zu weiteren Zuchtzwecken vorgesehen habe und sie keinen Verkauf als Zuchttiere und keine Aufnahme in ein separates deutsches Zuchtbuch beabsichtige, sei das Tierzuchtgesetz (TierZG) nicht einschlägig. Zudem seien die Herkunftszuordnung der Tiere und die Vorgaben der § 2 und § 3 TierZG aus dem Datenmaterial der Klägerin zum Zuchtprogramm, den Lieferverträgen und Rechnungen, aber auch aus der Bestätigung der Mitarbeiterin der ... e.V. zu ersehen. Auch Herkunftsnachweise seien dem Landkreis im Original vorgelegt worden. Das Versäumnis der seinerzeitigen Schätzer, die für die Bewertung des Bestandes bedeutsame Umstände nicht berücksichtigt hätten, dürfe sich nicht zum Nachteil der Klägerin auswirken.

Die Plausibilität der Klageforderung ergebe sich aus den vorgelegten, vom Geschäftsführer der Klägerin nach verschiedenen Bewertungsmethoden erstellten Wertermittlungen, deren Ergebnisse zwischen 741.705,34 und 808.585,75 DM lägen.

Die beantragten Prozesszinsen ergäben sich aus § 291 BGB, deren Höhe aus § 288 Abs. 1 BGB.

Gegen das aufgrund des entsprechenden Beweisbeschlusses des Senats unter dem 28. Oktober 2002 angefertigte und durch Stellungnahmen der Sachverständigen vom 18. und 20. November 2002 ergänzte Gutachten, mit dem der Verkehrswert des Schweinebestandes zum Tag der Tötung, dem 10. September 1994, mit insgesamt 556.218 DM ermittelt wurde, hat die Klägerin zahlreiche Einwände erhoben. Sie trägt insbesondere vor, dass die Ermittlung der Kosten unter Absetzung der sich aus negativen Deckungsbeiträgen ergebenden Verluste sachlich falsch sei, da die Deckungsbeitragsberechnung als Instrument betriebswirtschaftlicher Erfolgskontrolle ein dem Ertragswertverfahren zugehöriges Bewertungskriterium darstelle, das zur Ermittlung des Ersatzwertes nicht herangezogen werden könne. Die Ersatzwertermittlung habe sich an allgemein gültigen Kostenstellen zu orientieren. Negative Gewinne seien dabei nicht auf den Wert der Produktionsmittel umzulegen, da die Berücksichtigung eines geringeren am Markt durchsetzbaren Ertrages die objektive Möglichkeit eines Erwerbs des Produktionsmittels voraussetze. Die Annahme der Sachverständigen, dass bei der Bemessung der Entschädigung nicht auf den "individuellen" Wert abzustellen sei, sondern dass Ausgangspunkt der Bewertung der Mittelwert der brandenburgischen Schweineproduktion sei, stelle eine fehlerhafte Interpretation des Tierseuchengesetzes dar. Jedenfalls wenn die Bewertung der Tiere auf Vergleichswerte im Land Brandenburg gestützt werde, sei zudem die entgangene Investitionszulage als Vermögensposition zu berücksichtigen. Ein daraus entstehender, deutlich höherer Ansatz der Abschreibung sei in der Deckungsbeitragsberechnung indes nicht dargestellt. Weiter seien die im Gutachten ermittelten Kostenpositionen fehlerhaft. So seien die Futterkosten und die Lohnkosten deutlich zu niedrig festgesetzt und der auf den Stallabschnitt des Deck- und Wartebereichs entfallende Futterkostenanteil und die variablen Kosten für diesen Bereich zu niedrig geschätzt worden. Bei zutreffender Berücksichtigung der Kosten im Wege der relativ einfachen und dennoch präzisen Berechnung des Kassenflusses ergäben sich - realistische - Haltungskosten von 4,68 DM/Tier und Tag. Dass die Gutachterin im Rahmen der Kostenermittlung die in einer Diplomarbeit enthaltenen Angaben für aussagekräftiger halte als die von zwei Lehrstuhlinhabern erstellte, 92 Literaturhinweise auswertende Zusammenfassung des 1994 vorhandenen Wissens über die Freilandhaltung, sei nicht nachvollziehbar.

Die Zuchtzuschläge für die Vorstufentiere seien aufgrund fehlerhafter Annahmen ermittelt und zu niedrig angesetzt worden. Das Gutachten gehe einerseits von der Vergleichbarkeit der züchterischen Qualität des getöteten Bestandes mit Tieren der Hybridunternehmen JSR Hybrid und PIC Deutschland aus und erkläre andererseits nicht, weshalb die durch die Preise dieser Zuchtunternehmen verfügbare Datengrundlage für eine im Vergleichswertverfahren durchgeführte Wertermittlung der Endstufentiere noch ausreichend sei, für die Zuchtzuschläge jedoch keine Anwendung mehr finden könne. Der Hinweis auf die eingeschränkte Vermarktungsfähigkeit gelte bei nachgezogenen Zuchttieren anderer Zuchtunternehmen in gleichem Umfang und könne daher eine Bewertungsdifferenz nicht erklären. Selbst wenn man diesen Wechsel als nachvollziehbar ansehen wolle, sei die Durchführung der Ertragswertermittlung methodisch falsch, denn da eine mögliche Bestandserweiterung ohne weiteres ausgeschlossen werde, werde der sich aus der Lebensleistung der Vorstufentiere ergebende Vorteil wesentlich zu niedrig angesetzt.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. Dezember 1999 sowie unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 8. November 1994 und des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1995, soweit mit diesen eine höhere Entschädigung versagt wurde, zu verpflichten, der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 251.165,45 DM aufgrund der Tötungsanordnung des Veterinäramtes des Landkreises Prignitz vom 8. September 1994 hinsichtlich des unter der Tierseuchenkassen-Nr. 1045222 bei dem Beklagten gemeldeten und am 10. September 1994 getöteten Schweinebestandes, bestehend aus 369 Ferkeln, 302 Läufern, 520 Sauen und 4 Ebern, festzusetzen,

hilfsweise festzustellen,

dass die Festsetzung und Auszahlung der Entschädigung an die Agrargesellschaft"..." mbH seitens der Beklagten rechtswidrig war,

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 10% Zinsen aus einem Betrag von 251.165,45 DM seit dem 22. Dezember 1995 sowie 6 % Zinsen aus dem Betrag von 31.517,75 DM seit dem 22. Dezember 1995 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung abzuweisen.

Auf die Berufungsbegründung erwidert er ergänzend , dass das Verwaltungsgericht die Klägerin zu Recht nicht als Berechtigte angesehen habe. Das geltend gemachte dingliche Eigentumsrecht mache sie deshalb nicht zur Berechtigten i.S.d. § 72 TierSG, weil - im Umkehrschluss zu § 69 Abs. 3 Ziff. 2 TierSG - nur dem Beklagten angeschlossene Tierbesitzer mit gewöhnlichem Sitz im Land Brandenburg einen Anspruch auf Entschädigungsleistung haben könnten. Hier sei die ... im maßgeblichen Zeitpunkt nicht nur Besitzerin der Tiere, sondern auch Tierseuchenkassenanmelderin und Adressatin der Beitragsbescheide gewesen, die sie auch beglichen habe.

Bei der Tierseuchenentschädigung handele es sich nicht um eine Enteignungsentschädigung, sondern um Ansprüche eigener Art, die der Gesetzgeber aus Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen dem Störer gewähre. Der für die Entschädigung maßgebliche "gemeine Wert" sei der Verkehrs- bzw. Verkaufswert des Tieres zum Zeitpunkt der Tötung. Bei Tieren, die üblicherweise nicht gehandelt würden, komme eine Entschädigung deshalb regelmäßig nur in Höhe des Schlachtwertes sowie - zur Verminderung der wirtschaftlichen Einbußen - etwaiger Zuchtzuschläge in Betracht. Eine einheitliche Bewertungsmethode habe der Bundesgesetzgeber nicht vorgegeben, die Wertermittlung erfolge vielmehr nach den landesrechtlichen Vorschriften. Eine einheitliche Schätzrichtlinie habe zum maßgeblichen Zeitpunkt in Brandenburg noch nicht bestanden. Die auch in allen anderen Fällen eingehaltene Bewertung nach den bestehenden Schätzungsgrundlagen des Schweinezucht- und Produktionsverbandes des Landes Brandenburg habe die Gleichbehandlung aller Tierbesitzer gewahrt.

Angesichts der Besonderheiten des Schätzungsverfahrens sowie im Interesse einer wirksamen und schnellen Viehseuchenbekämpfung komme dem Schätzgutachten auch eine wesentliche Bedeutung für die Festsetzung der Entschädigung zu. Es handle sich um eine als solche nicht wiederholbare und nur eingeschränkt überprüfbare fachliche Bewertung, von der nicht schon dann abgewichen werden könne, wenn die Ergebnisse des Gutachtens erheblich von anderen Bewertungsgrundlagen abwichen. Der im Schätzungsverfahren ermittelte Wert sei für die Tierseuchenkasse vielmehr - entsprechend § 319 Abs. 1 BGB - nur dann nicht verbindlich, wenn sich die Unrichtigkeit des Schätzgutachtens einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter sofort aufdrängen müsse. Anhaltspunkte für eine derartige offenbare Unrichtigkeit hätten hier nicht vorgelegen. Formell sei das Schätzungsverfahren nicht zu beanstanden, da die Schätzung durch den Amtstierarzt unter Zuziehung zweier bestellter Schätzer erfolgt sei und keine Anhaltspunkte für parteiisches Handeln der Schätzer bestünden. Inhaltlich entspreche das Schätzgutachten den auch in allen anderen Entschädigungsfällen zugrunde gelegten Bewertungsrichtlinien des Schweinezuchtverbandes ... e.G. Soweit die Klägerin einen Zuchtzuschlag entsprechend der Stammzucht geltend mache, sei sie verpflichtet nachzuweisen, dass es sich um eine solche gehandelt habe. Die bloße Vorlage zweier Rechnungen, aus denen sich ergebe, dass es sich um aus England importierte Duroc-Sauen handele und dass für diese ein höherer Einkaufspreis gezahlt worden sei, genüge jedenfalls nicht, um die Schätzung ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Insbesondere fehle der Nachweis, dass es sich um Zuchttiere i.S.d. § 2 TierZG gehandelt habe. Entsprechende Herkunfts- oder Zuchtbescheinigungen habe die Klägerin nicht vorgelegt. Bei der Ermittlung des Schätzwertes der ungedeckten Jungsauen sei kein Berechnungsfehler unterlaufen, sondern es handele sich um einen bloßen Schreibfehler in der Schätzungsniederschrift.

Nachdem die Beteiligten den vom Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 6. September 2001 vorgeschlagenen Vergleich abgelehnt haben, hat der Senat Beweis erhoben über den Verkehrswert des getöteten Schweinebestandes zum Zeitpunkt der Tötung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf dieses Gutachten sowie die ergänzenden Stellungnahmen der Sachverständigen vom 18. und 20. November 2002 wird verwiesen.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, insbesondere auf das durch Beweisbeschluss des Senats eingeholte Gutachten vom 28. Oktober 2002 einschließlich der ergänzenden Stellungnahmen der Sachverständigen vom 18. und 20. November 2002, sowie auf die vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg, denn die am 22. Dezember 1995 erhobene Klage ist zulässig (I.) und die Ablehnung des von der Klägerin nunmehr noch verfolgten Antrags auf Verpflichtung des Beklagten zur Festsetzung einer weiteren Entschädigung in Höhe von 251.165,45 DM zu ihren Gunsten ist in Höhe des aus dem Tenor ersichtlichen Betrages rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Klägerin hat dem Grunde nach Anspruch auf die geltend gemachte Tierseuchenentschädigung (II). Der mit der Klage verfolgte Anspruch auf - weitere - Entschädigung ist jedoch nur in Höhe von 51.749,66 € bzw. 101.213,54 DM begründet (III.)- Auch der geltend gemachte Zinsanspruch besteht nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang (IV.). Über den hilfsweise geltend gemachten Feststellungsantrag war nicht mehr zu entscheiden, da dieser Antrag der Sache nach nur auf die bereits im Rahmen des Hauptantrags anerkannte, dem Grunde nach bestehende Entschädigungsberechtigung der Klägerin gerichtet war.

I. Einem - teilweisen - Erfolg der Berufung steht nicht schon eine Unzulässigkeit der am 22. Dezember 1995 erhobenen Klage auf Festsetzung eines (höheren) Entschädigungsbetrages zugunsten der Klägerin entgegen. Denn die Klage ist mangels Bescheidung des von der Klägerin mit Schreiben vom 26. September 1994, 10. Oktober 1994 und 3. Juli 1995 geltend gemachten Anspruchs auf Festsetzung der Tierseuchenentschädigung für den am 10. September 1994 getöteten Schweinebestand als Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässig.

Zwar liegt ein förmlicher, dem der ... vom 5. Oktober 1994 entsprechender Antrag der Klägerin nicht vor und es ist zwischen den Beteiligten streitig, ob ein solcher am 6. Oktober 1994 beim Veterinäramt des Landkreises Prignitz gestellt wurde. Hierauf kommt es jedoch auch nicht an, denn abgesehen davon, dass es Sache der Kreisordnungsbehörde als der für die Antragstellung zuständigen Stelle gewesen wäre, auf die Nachholung einer ggf. als erforderlich angesehenen Antragstellung auf besonderen Formularen hinzuweisen, ergaben sich weder aus dem Tierseuchengesetz noch aus dem brandenburgischen Gesetz zur Ausführung des Tierseuchengesetzes (v. 2. März 1993, GVB1. I S. 58, i.F.: AGTierSG) oder der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Ausführung des Tierseuchengesetzes (v. 8. April 1993, GVB1. II S. 204; i.F. DVO-AGTierSG) besondere Formanforderungen an den Entschädigungsantrag. § 13 AGTierSG sieht in Satz 1 lediglich vor, dass der Entschädigungsantrag an die zuständige Kreisordnungsbehörde zu richten ist. Dies hat die Klägerin mit ihrem an den Landkreis Prignitz gerichteten Schreiben vom 26. September 1994, das sie im Übrigen mit dem Schreiben vom 10. Oktober 1994 auch dem Beklagten zur Kenntnis übersandt hat, getan. Nach § 13 Satz 2 AGTierSG knüpft hieran eine Ermittlungspflicht der Kreisordnungsbehörde an.

Dass sich aus den Schreiben der Klägerin ein eigenständiger, gerade ihr gegenüber zu bescheidender Antrag ergibt, kann bei einer entsprechend § 133 BGB (zu dessen Beachtlichkeit auch im öffentlichen Recht vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juli 1983 - 3 C 11.82 -, BVerwGE 67, 305 ff.) am wirklichen Willen der Klägerin orientierten Auslegung nicht zweifelhaft sein und wird inzwischen auch vom Beklagten nicht mehr bestritten. Bereits mit dem Schreiben des Geschäftsführers der Klägerin vom 26. September 1994, das an den Landkreis Prignitz als gem. § 13 Satz 1 AGTierSG für die Entgegennahme von Entschädigungsanträgen zuständige Stelle gerichtet und als dessen Betreff ausdrücklich angegeben war: "Tierseuchenentschädigungsantrag aus Tierseuchenverfügung ... vom 08.09.94", hat die Klägerin nicht etwa nur die Auszahlung einer zuvor gegenüber der ... auf deren Antrag hin festzusetzenden Entschädigung an sich verlangt, sondern gerade unabhängig von einer Antragstellung durch die ... allein unter Hinweis auf ihr Eigentum am getöteten Bestand und abgetretene Ansprüche der ... einen eigenen Antrag gestellt, mit dem sie zugleich eigenständig sachliche Einwände gegen das Ergebnis der Wertermittlung erhob. Dass in diesem vom Geschäftsführer der Klägerin verfassten Schreiben ausdrücklich nur von seinem und dem Eigentum des Herrn ... und nicht von dem der Fa. ... GmbH die Rede war, steht dem nicht entgegen, denn da der Entschädigungsbetrag auf das Konto der Klägerin überwiesen werden sollte, ist davon auszugehen, dass der Geschäftsführer mit diesem Schreiben - wenn auch in juristisch ungenauer Form - tatsächlich für die Klägerin handeln wollte. Auch die weiteren, an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 10. Oktober 1994 und 3. Juli 1995 enthalten jeweils Hinweise der Klägerin auf ihr Eigentum an dem getöteten Bestand und ihre Versuche, Entschädigungsleistungen zu erlangen. Schon angesichts dieser durchgängigen Hinweise der Klägerin auf ihr Eigentum kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass sie jedenfalls in erster Linie einen eigenen, auf dieses Eigentum gestützten Anspruch verfolgen wollte und nur unterstützend auf den Wegfall des potentiellen Anspruchskonkurrenten ... wegen der erfolgten Abtretung der dieser möglicherweise zustehenden Ansprüche an sie selbst hingewiesen hat. Erst recht gilt dies aber angesichts der - vom Beklagten nicht bestrittenen - Vorgeschichte, wonach der getötete Bestand nur deshalb nicht von der Klägerin, sondern von der ... zur Tierseuchenkasse angemeldet worden war, weil eine Anmeldung durch die Klägerin wegen deren nicht im Land Brandenburg befindlichen Betriebssitzes vom Beklagten abgelehnt worden war (vgl. § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Beiträge an die Tierseuchenkasse des Landes Brandenburg v. 8. April 1993, GVB1. II S. 206).

Die gegenteilige, allein mit dem in allen Schreiben enthaltenen Hinweis auf die Abtretung der Entschädigungsansprüche durch die ... begründete Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Klägerin keinen eigenen Antrag gestellt habe, sondern vielmehr zum Ausdruck gebracht habe, dass die Forderung auch ihrer Auffassung nach in der Person der ... entstanden sei, vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Denn bereits der durchgängige Hinweis auf das eigene Eigentum machte die Auffassung der Klägerin deutlich, dass die Entschädigung jedenfalls im Ergebnis und wirtschaftlich allein ihr zustehe. Dass sie sich bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche nicht allein auf ihr Eigentum, sondern vorsichtshalber auch auf etwaige abgetretene Ansprüche der ... stützte, kann angesichts der dargestellten Vorgeschichte und ihrer dabei mit der Rechtsauffassung des Beklagten gemachten Erfahrungen kaum überraschen und rechtfertigt es jedenfalls nicht, den daneben durchgängig aufrecht erhaltenen Hinweis auf ihr Eigentum als eine einen eigenständigen Entschädigungsanspruch begründende Position als irrelevant anzusehen. Der Hinweis auf diese Eigentumsposition wäre von Anfang an entbehrlich gewesen, wenn die Klägerin sich tatsächlich allein auf abgetretene Ansprüche der ... hätte stützen wollen.

Der Entschädigungsantrag der Klägerin ist vom Beklagten vor Klageerhebung auch nicht beschieden worden. Das Schreiben des Beklagten an die Klägerin vom 13. Juli 1995 kann - unabhängig von der fehlenden Bezeichnung als Bescheid und der fehlenden Rechtsmittelbelehrung - nicht als ein diesen Antrag ablehnender Bescheid angesehen werden, weil eine sachliche Prüfung und Bescheidung des vom Beklagten nicht als solchen gesehenen Antrags der Klägerin danach ausdrücklich nicht erfolgt ist. Der Beklagte hat in diesem Schreiben lediglich die von der Klägerin im Schreiben vom 3. Juli 1995 kritisierte, der entsprechenden Regelung des Bescheides vom 8. November 1994 widersprechende Auszahlung des mit diesem Bescheid gegenüber der ... festgesetzten Entschädigungsbetrages an diese verteidigt und im Übrigen erklärt, dass die Klägerin "weder einen Antrag auf Entschädigung gestellt" habe noch Adressatin des Entschädigungsbescheides oder drittanfechtungsberechtigt sei. Ihr werde deshalb lediglich zu ihrer Information mitgeteilt, dass die Schadensberechnung der Höhe nach nicht zu beanstanden sei.

Aber selbst wenn man dieses Schreiben des Beklagten vom 13. Juli 1994 als sinngemäße Ablehnung (auch) ihres Entschädigungsantrages ansehen wollte, wäre die am 22. Dezember 1995 erhobene Klage nicht unzulässig. Denn die mangels Rechtsmittelbelehrung geltende Jahresfrist (§ 58 Abs. 2 VwGO) war bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen und das vor Erhebung einer entsprechenden Verpflichtungsklage gem. § 68 Abs. 2 und 1 VwGO erforderliche Vorverfahren ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann entbehrlich, wenn sich der Beklagte auf die Klage einlässt und deren Abweisung beantragt oder wenn der Zweck des Vorverfahrens ohnehin nicht mehr erreicht werden kann (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1980 - 2 A 4.78 -, DVBl. 1981, 502 ff. m.w.N.; Urteil vom 15. Januar 1982 -4 C 26.78 -, BVerwGE 64, 325 ff.; enger Beschluss vom 26. September 1989 - 8 B 39.89 -, Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 35, wonach dies dann nicht gelten soll, wenn der Beklagte zwar Ausführungen zur Sache macht, zugleich aber das Fehlen des Vorverfahrens und die daraus folgende Unzulässigkeit der Klage rügt). Da der Beklagte hier an seinem mit der Klageerwiderung zunächst noch erhobenen Einwand der Unzulässigkeit wegen fehlenden Vorverfahrens in der Folge ausdrücklich nicht festgehalten und sich vorbehaltlos sachlich auf die Klage eingelassen hat, würde eine Abweisung der Klage wegen fehlenden Vorverfahrens auch in diesem Fall einen "schwer verständlichen Formalismus" (so BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1980 - 2 A 4.78 -, DVB1. 1981, 502 ff.) bedeuten.

Soweit der Verpflichtungsantrag den Anfechtungsantrag gegen den zugunsten der ... ergangenen Entschädigungsbescheid vom 8. November 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1995 enthält, ist dieser als unselbständiger Antrag zum Verpflichtungsbegehren zu verstehen und in jedem Fall zulässig. Beide Bescheide wurden der Klägerin nicht zugestellt, so dass sowohl für den Widerspruch als auch für die Klageerhebung die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO gilt. Diese Frist wurde sowohl durch das - sinngemäß auch als Widerspruch gegen den Entschädigungsbescheid zu verstehende - Schreiben der Klägerin vom 3. Juli 1995, mit dem sie die Auszahlung an die ... rügt und auf Zahlung einer höheren Entschädigungsleistung an sich selbst dringt, als auch durch die am 22. Dezember 1995 erfolgte Klageerhebung eingehalten. Angesichts des § 72 Abs. 2 TierSG ist auch die Möglichkeit einer Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten durch die eine Entschädigung in Höhe von 495.740,- DM zugunsten der ... festsetzenden Bescheide nicht ausgeschlossen.

II. Die Klägerin hat dem Grunde nach aus eigenem Recht Anspruch auf Entschädigung für den am 10. September 1994 in der Haltungsanlage in ... getöteten Schweinebestand, denn als Eigentümerin war sie Berechtigte i.S.d. § 72 TierSG (1.) und der damit dem Grunde nach bestehende Entschädigungsanspruch ist auch nicht durch die Zahlung der mit Bescheid vom 8. November 1994 festgesetzten Entschädigung an die ... erloschen (2.).

1. Entschädigungsberechtigt i.S.d. § 72 Abs. 1 TierSG ist - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - in erster Linie und jedenfalls auch der Eigentümer eines Tierbestandes, und zwar entgegen der Auffassung des Beklagten auch dann, wenn nicht er selbst, sondern ein mit ihm nicht identischer Tierbesitzer die Tiere zur Tierseuchenkasse angemeldet und die Beiträge gezahlt hat.

Gem. § 72 Abs. 1 TierSG wird die Entschädigung, "sofern ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist, demjenigen gezahlt, in dessen Gewahrsam oder Obhut sich das Tier zur Zeit des Todes befand."

Bereits aus diesem Wortlaut der Norm wird deutlich, dass der Besitzer, in dessen Gewahrsam sich die Tiere zum Zeitpunkt der Tötung befinden, weder alleiniger noch vorrangiger Entschädigungsberechtigter ist. Die Entschädigung ist danach vielmehr grundsätzlich an einen anderen, gerade nicht notwendig im Besitz der Tiere befindlichen "Berechtigten" zu zahlen und nur dann, wenn ein solcher nicht bekannt ist, erfolgt die Zahlung an den Tierbesitzer. Dafür, dass die Zahlung an einen - nicht mit dem anderen Berechtigten identischen - Tierbesitzer nur eine Ausnahmeregelung für den Fall besonderer Schwierigkeiten bei der Ermittlung dieses Berechtigten darstellt, sprechen auch die historischen Vorläufer dieser Regelung sowie deren durchgängig betonter Sinn und Zweck: "Wenn ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist, so soll an denjenigen gezahlt werden, in dessen Gewahrsam oder Obhut sich die Tiere befinden. Eine solche Ermächtigung ist erforderlich und verdient den Vorzug vor der Anordnung eines weitläufigen Depositionsverfahrens, da in manchen Fällen (z.B. bei Treibherden) die Ermittlung des Entschädigungsberechtigten auf Schwierigkeiten stoßen kann" (vgl. Deutscher Reichstag, Stenographische Berichte, 1880, zu Aktenstück Nr. 60 - Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen -, S. 421; ebenso Rohrscheidt, Die Viehseuchengesetze für das Deutsche Reich und für Preußen, 2. Aufl. Berlin 1912, Erläuterung zum - mit dem § 72 TierSG nahezu wortgleichen - § 69 des Viehseuchengesetzes vom 26. Juni 1909).

"Berechtigter" hinsichtlich einer Sache ist indes in erster Linie der Eigentümer, der gem. § 903 BGB mit der Sache nach Belieben verfahren kann, und dem nur ausnahmsweise andere Berechtigungen (wie z.B. ein Pfandrecht) vorgehen können (i.d.S. OLG Düsseldorf, Urt. v. 1. November 1987 - 11 U 72/87 -, AgrarR 1988, S. 234). Auch für das Tierseuchengesetz gilt insoweit nichts anderes. Die Tierseuchenentschädigung stellt zwar keine Enteignungsentschädigung dar (BVerfG, Beschluss vom 17. November 1966-1 BvL 10/61 -, BVerfGE 20, 351 ff). Es handelt sich vielmehr um einen aus Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen gewährten Anspruch eigener Art und mit besonderer, im Interesse einer effektiven Seuchenbekämpfung auf eine frühzeitige Anzeigeerstattung hinwirkender Funktion im Rahmen der seuchenrechtlichen Gefahrenabwehr. Es steht dem Gesetzgeber deshalb frei, wie weit er bei der Gewährung derartiger Ansprüche gehen und wie er diese ausgestalten will. Nach der Ausgestaltung, die das System der Tierseuchenentschädigung im Tierseuchengesetz erfahren hat, soll allerdings gerade der Eigentümer für eine wirksame Seuchenbekämpfung interessiert werden. Regelmäßig wird gerade dieser durch die Tötung von Tieren aufgrund seuchenrechtlicher Maßnahmen und den damit verbundenen Eigentumsverlust wirtschaftlich betroffen, und die an den gemeinen Wert der getöteten Tiere anknüpfende Entschädigungsregelung stellt sich - trotz der Inpflichtnahme des nicht notwendig mit dem Eigentümer identischen Besitzers für die Einhaltung der tierseuchenrechtlichen Verhaltensvorschriften - als eine am Interesse des Eigentümers orientierte und diesen begünstigende Vorschrift dar. Denn mit einer nach dem gemeinen Wert der Tiere zu bemessenden Entschädigung werden gerade nicht etwaige Nutzungsausfälle eines Tierbesitzers, sondern der dem Eigentümer durch die Tötung entstehende Eigentumsverlust entschädigt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Entschädigungsberechtigung eines mit dem Tierbesitzer nicht identischen Eigentümers auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil im Umkehrschluss zu § 69 Abs. 3 Ziff. 2 TierSG nur dem Beklagten angeschlossene Tierbesitzer mit gewöhnlichem Sitz in Brandenburg einen Anspruch auf Entschädigungsleistung haben könnten. § 69 Abs. 3 TierSG regelt - wie auch die übrigen Absätze des § 69 TierSG - nicht etwa die Person des Entschädigungsberechtigten, sondern allein die Voraussetzungen, unter denen ein Entschädigungsanspruch entfällt. Dass dabei für die Einhaltung der sich aus der Tierhaltung ergebenden Pflichten gerade auf den Tierbesitzer abgestellt wird, dient einerseits der leichteren Handhabbarkeit der Regelung und der Entlastung der Tierseuchenkasse von u.U. schwierigen weiteren Ermittlungen und trägt andererseits dem Umstand Rechnung, dass die Einhaltung der bei der Haltung eines Tieres oder Tierbestandes zu beachtenden tierseuchenrechtlichen Verhaltensvorschriften überwiegend ohnehin nur vom unmittelbaren Besitzer und Betreuer der Tiere gewährleistet werden kann. Dass bei einem Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz deshalb auch die Entschädigung nur an den - durch die Tötung der ihm nicht gehörenden Tiere im Zweifel nicht geschädigten - Besitzer gezahlt werden kann und muss, ergibt sich daraus indes nicht. Nicht nur der Tierbesitzer, sondern jeder Entschädigungsberechtigte muss sich zwar etwaige anspruchsausschließende oder -mindernde Versäumnisse des Tierbesitzers - wie eine unvollständige Meldung des Bestandes zur Tierseuchenkasse, die Nichtzahlung der Beiträge oder die Nichtanzeige von Seuchenfällen - zurechnen lassen. Den sich beim Fehlen von Ausschlussgründen i.S.d. § 69 TierSG aus seiner Berechtigung ergebenden Anspruch auf - ggf. vorrangige - Entschädigung verliert er indes nur unter den Voraussetzungen des § 72 TierSG, der gerade nicht auf die Anmeldung zur Tierseuchenkasse oder die Zahlung der Beiträge durch den Eigentümer abstellt. Im Gegenteil regelt § 72 Abs. 1 TierSG den Fall, dass eine Person, die der Tierseuchenkasse nicht bekannt ist, ein "anderer Berechtigter" im Sinne dieser Vorschrift ist. Hinge die Entschädigungsberechtigung - wie der Beklagte meint - notwendig von der Zahlung der Beiträge zur Tierseuchenkasse durch den Eigentümer persönlich ab, ginge die Regelung vollständig ins Leere, da es unbekannte Berechtigte nicht geben könnte: jeder Beitragszahler ist der Tierseuchenkasse notwendig auch bekannt.

2. Der damit zunächst entstandene Entschädigungsanspruch der Klägerin als Eigentümerin des am 10. September 1994 getöteten Schweinebestandes ist auch nicht durch die Zahlung der mit Bescheid vom 8. November 1994 festgesetzten Entschädigung an die ... erloschen, denn die in § 72 Abs. 1 TierSG geregelten Voraussetzungen für eine befreiende Leistung an den Tierbesitzer lagen nicht vor.

Zwar ist gem. § 72 Abs. 2 TierSG "mit der Zahlung" jeder Entschädigungsanspruch Dritter erloschen. Nicht nur die Verpflichtung jeder staatlichen Verwaltung zu gesetzmäßigem Handeln, sondern auch und vor allem der systematische Zusammenhang dieses Anspruchsausschlusses mit dem in § 72 Abs. 1 TierSG formulierten Grundsatz, wonach die Entschädigung nur dann an den Tierbesitzer ausgezahlt werden darf, wenn kein anderer Berechtigter bekannt ist, zwingt jedoch zu einer Auslegung des § 72 Abs. 2 TierSG dahin gehend, dass nur eine den Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 TierSG genügende und danach rechtmäßige Zahlung einen - andernfalls begründeten - Anspruch des Dritten ausschließen kann.

Diese Voraussetzungen lagen hier indes nicht vor, denn die Klägerin war dem Beklagten bereits vor Festsetzung der Entschädigung zugunsten der ... als Eigentümerin des getöteten Schweinebestandes und damit als "andere Berechtigte" i.S.d. § 72 Abs. 2 TierSG bekannt.

Dabei ist nicht nur davon auszugehen, dass die Klägerin selbst sich in ihrem Schreiben an den Beklagten vom 10. Oktober 1994 eindeutig und unmissverständlich als Eigentümerin der Schweine bezeichnet hatte, sondern zu berücksichtigen ist auch, dass sie zuvor bereits vom Landkreis Prignitz in das die Tötung der Schweine betreffende Verwaltungsverfahren einbezogen worden war. So war die vom Landkreis Prignitz erlassene Tötungsanordnung vom 8. September 1994, die dem Beklagten als Anlage zum Schreiben der Klägerin vom 10. Oktober 1994 übersandt worden war, ausdrücklich auch an die Klägerin gerichtet, und deren gerade auf ihr Eigentum gestützter Widerspruch gegen diese Anordnung wurde - wiederum vom Landkreis Prignitz - nicht etwa wegen bestehender Zweifel an dieser Eigentumsposition, sondern unter Hinweis darauf abgewiesen, dass die Tötungsanordnung auch an die Klägerin adressiert gewesen sei. Dass der Beklagte seinerzeit Zweifel am Eigentum der Klägerin an den getöteten Schweinen hatte, ist weder der Verwaltungsakte zu entnehmen noch vorgetragen worden. Vielmehr spricht alles dafür, dass der Beklagte die tatsächlich nicht in Zweifel gezogene Eigentümerstellung der Klägerin auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung, wonach allein der Tierseuchenkassenanmelder Entschädigungsberechtigter sein könne, als völlig unbeachtlich angesehen hat.

Aber selbst wenn der Beklagte zunächst noch Zweifel an der im Schreiben vom 10. Oktober 1994 behaupteten Eigentümerposition der Klägerin gehabt haben sollte, könnte dies die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 8. November 1994 erfolgten Entschädigungsfestsetzung zugunsten der ... nicht begründen. Denn zum einen muss der Beklagte sich insoweit das beim Landkreis Prignitz als der gem. § 13 AGTierSG gerade für die Antragsaufnahme zuständigen Stelle vorhandene Wissen jedenfalls zurechnen lassen. Da der Landkreis in dem die Tötung der Tiere betreffenden Verwaltungsverfahren die Klägerin als Eigentümerin einbezogen hatte, musste diese nicht davon ausgehen, dass sie ihr Eigentum weiter würde nachweisen müssen, um zu verhindern, dass der Beklagte die Entschädigung wegen etwaiger Zweifel an ihrer Position als Eigentümerin an die ... als Tierbesitzerin auszahlen würde. Zum anderen soll die in § 72 Abs. 1 TierSG vorgesehene Zahlung an einen - nicht mit dem anderen Berechtigten identischen - Tierbesitzer zwar die Auszahlung beschleunigen und die Tierseuchenkasse von einer unter Umständen schwierigen Suche nach dem "Letztberechtigten" entbinden, wenn dieser nicht mit dem Tierbesitzer identisch und auch nur unter Schwierigkeiten zu ermitteln ist. Dieser Zweck rechtfertigt es jedoch nicht, auch von einer nach den Umständen völlig unproblematischen Nachfrage zur Aufklärung etwaiger Zweifel an einer geltend gemachten dinglichen Berechtigung abzusehen. Meldet sich ein Anspruchsteller unter Hinweis auf sein bestehendes Eigentum, muss diesem ggf. Gelegenheit gegeben werden, dieses kurzfristig in geeigneter Weise - z.B. durch Vorlage entsprechender Unterlagen (wie Kaufverträge, Einkaufsbelege, Verträge mit dem Tierbesitzer o.ä.) - nachzuweisen. Nur wenn dies nicht gelingt und die erforderliche Klärung einer streitigen Eigentumsposition einer zeitnahen Auszahlung der Entschädigung entgegenstünde, können die Rechtsfolgen von § 72 TierSG greifen. Auch diesen Anforderungen hat der Beklagte nicht genügt. Wenn er tatsächlich Zweifel an der Eigentümerposition der Klägerin gehabt haben sollte, so hätte er sie vor Erlass des Entschädigungsbescheides zugunsten der ... zumindest darauf hinweisen und ihr binnen kurzer Frist Gelegenheit zur Beseitigung dieser Zweifel geben müssen. Dies ist indes nicht geschehen.

Die sich aus § 72 Abs. 1 TierSG ergebenden materiellen Voraussetzungen für eine gem. § 72 Abs. 2 TierSG von weiteren Ansprüchen Dritter befreiende Zahlung lagen danach nicht vor. Darauf, ob die Klägerin zugleich auch Tierbesitzerin war, wie sie im gerichtlichen Verfahren unter Hinweis auf ihre vor Ort tätigen Agraringenieure vorgetragen hat, kommt es ebenso wenig an wie auf die von dem Beklagten im Verwaltungsverfahren als wesentlich angesehene Wirksamkeit der von der ... erteilten Abtretungserklärung.

Die Klägerin ist auch nicht gehindert, dass Fehlen der Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 TierSG hier geltend zu machen. Dabei kann dahinstehen, ob der Anspruch eines Dritten gem. § 72 Abs. 2 TierSG allein wegen des Bestandes eines zugunsten eines anderen ergangenen Entschädigungsbescheides - der gem. § 17 AGTierSG die Rechtsgrundlage für die Zahlung darstellt und insoweit trotz des allein auf die "Zahlung" abstellenden Wortlauts des § 72 Abs. 2 TierSG als maßgeblich anzusehen ist - und unabhängig von dessen Rechtmäßigkeit ausgeschlossen wäre oder ob § 72 Abs. 2 TierSG unabhängig von einer Anfechtung und Aufhebung dieses Bescheides Raum für eine inhaltliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der erfolgten Zahlung lässt. Denn da die Klägerin sich mit ihrer Klage auch gegen den zugunsten der ... ergangenen Bescheid wendet und dessen Aufhebung verlangt, soweit er ihren - weitergehenden - Entschädigungsansprüchen entgegenstehen sollte, wäre ihre Drittanfechtung insoweit jedenfalls begründet.

III. Der weitergehende Entschädigungsanspruch der Klägerin ist in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe begründet. Die in der Schätzungsniederschrift vom 21. September 1994 dokumentierte Ermittlung des Wertes der getöteten Tiere durch die amtlichen Schätzer ... und ... vermag die Ablehnung einer weitergehenden Entschädigung der Klägerin nicht zu begründen (1). Ausgehend von den nach Auffassung des Senats bei der Ermittlung des "gemeinen Wertes" i.S.d. § 67 TierSG zu beachtenden rechtlichen Voraussetzungen einerseits (2.) und den durch das Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen vermittelten tatsächlichen Bewertungsgrundlagen andererseits, die im Hinblick auf diese rechtlichen Voraussetzungen allerdings teilweise abweichend vom Gutachten zu würdigen sind (3.), ergibt sich ein "gemeiner Wert" des getöteten Schweinebestandes von insgesamt 597.971,11 DM. Nachdem die Klägerin von diesem Betrag bereits insgesamt 496.757,57 DM erhalten hat, verbleibt ein noch offener Entschädigungsanspruch in Höhe von 101.213,54 DM bzw. - umgerechnet -51.749,66 Euro.

1. Die in der Schätzungsniederschrift vom 21. September 1994 dokumentierte Schätzung des Wertes des am 10. September 1994 getöteten Schweinebestandes vermag die Ablehnung einer weitergehenden Entschädigung nicht zu begründen, da sie entgegen der Auffassung des Beklagten jedenfalls weitgehend gerichtlich überprüfbar ist (a.) und hier bereits den sich aus §§ 14 ff. AGTierSG i.V.m. § 6 DVO-AGTierSG ergebenden Verfahrensanforderungen nicht genügt (b.)

a. Entgegen der unter Hinweis auf - weder mit Fundstellen zitierte noch in Juris auffindbare -Entscheidungen des OVG Münster, Urteil v. 21. 6. 1968 - VIIIA 868/67 -, sowie des Verwaltungsgerichts Regensburg, Urteil vom 13. 7. 1998 (ebenso - unter Hinweis auf eine wohl ebenfalls nicht veröffentlichte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster v. 2. Juli 1980 - 6 K 1359/79 - Geissler/Stein/Bätza, Tierseuchenrecht in Deutschland und Europa, § 67 TierSG Anm. 2 sowie Verwaltungsgericht Oldenburg, Urteil vom 23. April 1996 - 2 A 2592/94 -, zit. nach Juris) vertretenen Auffassung des Beklagten ist das von ihm eingeholte Schätzgutachten nicht nur dann unverbindlich, wenn seine Unrichtigkeit entsprechend § 319 Abs. 1 BGB sich wegen offenbarer Unbilligkeit bzw. - da es nicht um eine Leistungsbestimmung, sondern ein Gutachten geht - offenbarer Unrichtigkeit einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter sofort aufdränge.

Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung der sich aus § 319 Abs. 1 BGB ergebenden Grenzen der Überprüfbarkeit eines Schiedsgutachtens auf ein - hier gem. §§ 14 ff. AGTierSG anzufertigendes - Schätzgutachten zur Feststellung des gemeinen Wertes getöteter Tiere i.S.d. § 67 TierSG sind nach Auffassung des Senats nicht gegeben, weil § 319 BGB eine ganz andere Situation regelt. Die Vorschrift trifft eine Regelung für den in § 317 BGB geregelten Fall, dass Vertragsparteien aufgrund ihrer Vertragsfreiheit die Bestimmung der Leistung übereinstimmend einem Dritten, auf den sie sich ebenfalls übereinstimmend geeinigt haben (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 317 Rn 1 f.) - oder der aufgrund ihrer Einigung von einer neutralen Stelle wie einer Behörde benannt wird -, übertragen wird. Eine entsprechende, auf freiwilliger Willensübereinstimmung beruhende Berufung der Schätzer liegt im Fall der Wertermittlung für Zwecke der Tierseuchenentschädigung jedenfalls nach den hier maßgeblichen brandenburgischen Ausführungsbestimmungen nicht vor. Die Mitgliedschaft in der Tierseuchenkasse ist für Tierbesitzer nicht freiwillig und der Tierseuchengeschädigte hat zudem weder Einfluss auf das Verfahren oder die Bestellung der Schätzer gem. § 14 Abs. 5 AGTierSG noch auf die Heranziehung ganz bestimmter bestellter Schätzer im konkreten Schadensfall. Unter diesen Umständen fehlt das den von § 319 BGB geregelten Fällen immanente Element der Zustimmung, der freiwilligen Unterwerfung der Vertragsparteien unter das eingeschlagene Verfahren, das die Anlegung strengerer Maßstäbe an die Kontrolle und Aufhebbarkeit des auf vereinbartem Wege gefundenen Ergebnisses rechtfertigt. Allein der Umstand, dass eine Behörde sich bei der Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe auf Gutachten von ihr ausgewählter sachkundiger Dritter stützt, steht dem nicht gleich und vermag die uneingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit derartiger Gutachten auch in anderen Zusammenhängen nicht bzw. nur dann zu beseitigen, wenn insoweit ein gesetzlich eingeräumter Beurteilungsspielraum besteht. Ein besonderes, die Einräumung eines Beurteilungsspielraums etwa mit Blick auf eine besondere Qualifikation der mit der Wertermittlung betrauten Personen oder eine besondere Zusammensetzung von Gremien nahe legendes Verfahren (zu den Anhaltspunkten dafür, dass der Gesetzgeber einer Behörde einen Beurteilungsspielraum einräumen wollte, vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 114 Rn 24a) ist im Tierseuchengesetz ebenfalls nicht vorgesehen. Dieses enthält weder in § 67 Abs. 1 TierSG noch an anderer Stelle Verfahrensvorgaben für die Ermittlung des "gemeinen Wertes", und die in § 71 TierSG enthaltene Ermächtigung der Länder betrifft nicht etwa die Schaffung besonderer, die Einräumung eines nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums rechtfertigender Verfahrensregelungen für die Wertermittlung, sondern ausdrücklich nur die Bestimmung, wer die Entschädigung gewährt und wie sie aufzubringen ist. Davon ausgehend kann allein die landesrechtliche, die Hinzuziehung sachverständiger Schätzer und die Bindung der Tierseuchenkasse an die Ergebnisse der Schätzung vorschreibende Ausgestaltung des Wertermittlungs- und Entschädigungsverfahrens die Annahme eines gerichtlich nicht kontrollierbaren Beurteilungsspielraums nicht rechtfertigen.

Aber selbst wenn man einen gewissen Wertermittlungsspielraum anerkennen wollte, der darauf beruht, dass die eigentliche Bewertung immer nur eine auf Erfahrung und Sachkunde beruhende Schätzung darstellen kann, so erstreckt sich ein solcher Wertermittlungsspielraum jedenfalls nicht auf die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen der Bewertung. Ob eine Bewertung auf zutreffenden Voraussetzungen beruht, dürfen die Verwaltungsgerichte in vollem Umfang prüfen; sie müssen es sogar, wenn die Beteiligten darüber streiten (vgl. BVerwG, Urteil v. 17. Mai 2002 - 4 C 6.01 - NVwZ 2003, 211 ff).

b. Die hier vorliegende Schätzung vermag eine Abweisung des weitergehenden Anspruchs der Klägerin schon deshalb nicht zu begründen, weil sie unter schwerwiegenden, nicht offensichtlich unbeachtlichen formellen Fehlern leidet.

Der gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 TierSG für die Entschädigung maßgebliche "gemeine Wert" eines getöteten Tieres ist gem. § 14 Abs. 1 AGTierSG von der Kreisordnungsbehörde durch eine vor der Tötung bzw. unmittelbar danach vorzunehmende Schätzung zu ermitteln. Überschreitet der Wert der gleichzeitig zu entschädigenden Tiere den durch Rechtsverordnung festgesetzten, seinerzeit bei 100.000,- DM liegenden Betrag nicht, so kann der Amtstierarzt die Schätzung allein durchführen. Andernfalls hat er mindestens zwei von der Kreisordnungsbehörde bestellte Schätzer hinzuzuziehen (§ 14 Abs. 3, 4, 5 AGTierSG, § 6 Abs. 2 und 3 DVO-AGTierSG). Gem. § 6 Abs. 4 DVO-AGTierSG sind in der Niederschrift über das Ergebnis der Schätzung "die von dem Amtstierarzt und den einzelnen Schätzern geschätzten Werte gesondert anzugeben". Obwohl erst die Durchführungsverordnung vom 28. März 1996 (GVB1. II S. 258; i.F.: DVO-AGTierSG 1996) in § 6 Abs. 3 DVO-AGTierSG 1996 die ausdrückliche Vorgabe enthält, dass der Amtstierarzt und die Schätzer den Wert "unabhängig voneinander zu ermitteln und die Ergebnisse in die Niederschrift aufnehmen zu lassen" haben, zeigt doch insbesondere die in § 6 Abs. 4 DVO-AGTierSG enthaltene Regelung, dass der Amtstierarzt und die hinzugezogenen Schätzer den Wert der getöteten Tiere auch nach dieser Verordnung bereits eigenständig und unabhängig voneinander zu ermitteln hatten, da es nur so überhaupt zu den verschiedenen, "gesondert anzugebenden" Werten kommen konnte.

Diesen Anforderungen genügte das anlässlich der Tötung des Schweinebestandes der Klägerin durchgeführte Schätzverfahren nicht. Es fehlt an einer jeweils eigenständigen Bewertung des getöteten Bestandes durch den Amtstierarzt und jeden der beiden Schätzer. Denn die von den beiden Schätzern ... und ... unterzeichnete Schätzungsniederschrift vom 21. September 1994 weist nur eine - offenkundig gemeinschaftliche - Wertermittlung und einen Schätzwert aus, und auch eine vom Amtstierarzt vorgenommene eigenständige Wertermittlung ist nicht ersichtlich. Mit Unterzeichnung des Formblattes über die amtliche Schadensfeststellung bescheinigte der zuständige Amtstierarzt lediglich, dass bei der Schätzung der § 67 TierSG und die §§ 14-16, 18 AGTierSG beachtet worden seien, und auf die vom Beklagten unter dem 3.November 1994 angemahnte eigene Stellungnahme teilte der Amtstierarzt unter dem 8. November 1994 mit, dass die Schätzung "gemeinsam" durchgeführt worden sei. Gerade im Hinblick darauf, dass es für die Schätzung von Werten regelmäßig an einer mathematisch exakten, zwingend nur ein einziges Ergebnis als richtig ausweisenden Methode fehlt und die Schätzung ein und desselben Gegenstandes durch verschiedene Schätzer deshalb eine gewisse Bandbreite von Ergebnissen zur Folge haben kann, ist auch nicht davon auszugehen, dass die hier erfolgte gemeinsame statt der vorgeschriebenen getrennten Bewertung des Schweinebestandes für das Ergebnis der Wertermittlung offensichtlich unbeachtlich gewesen wäre. Vielmehr erscheint es durchaus möglich, dass die Schätzer bei der gebotenen unabhängigen Ermittlung zu verschiedenen und möglicherweise für die Klägerin günstigeren Ergebnissen gelangt wären.

Dies gilt um so mehr, als die Bewertung des Freilandbestandes der Klägerin durchaus besondere Schwierigkeiten aufwarf, die durch die vorliegende Schätzungsniederschrift weder aufgegriffen noch nachvollziehbar geklärt werden. Einschlägige, auch Freilandbestände erfassende Schätzungsrichtlinien der Tierseuchenkasse des Landes Brandenburg gab es nach den eigenen Angaben des Beklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht. Die von den Schätzern nach Angaben des Beklagten herangezogenen Richtlinien des Schweinezuchtverbandes ... e.G. zur Schätzung von Zucht- und Nutzschweinen stehen derartigen Richtlinien schon deshalb nicht gleich, weil ihre Tauglichkeit für andere als die zu diesem Zuchtverband gehörenden Tiere jedenfalls nicht ohne weiteres unterstellt werden kann. Der Verordnungsgeber ging ausweislich § 6 Abs. 5 und 6 DVO-AGTierSG davon aus, dass es nicht möglich sein würde, den Wert jedes Tieres mit durchschnittlichen Marktdaten angemessen zu erfassen. Vielmehr hielt er Abweichungen in sachlich begründeten Einzelfällen durchaus für zulässig: Schätzungen, die von dem Durchschnittswert der Marktnotierungen für Schlacht-, Zucht- und Nutzvieh abweichen, waren danach unter Angabe der wertbestimmenden Merkmale des Einzeltieres zu begründen. Gerade der Freilandbestand der Klägerin gab angesichts der zwischen Stall- und der Freilandhaltung von Schweinen bestehenden, in der landwirtschaftlichen Fachliteratur (vgl. nur die im Gutachten der Sachverständigen Thierbach zitierten Untersuchungen von Franke/Redel und Papendorf) untersuchten und dokumentierten Unterschiede sowie der dem Beklagten vorgelegten, teilweise erheblich höhere Einkaufspreise ausweisenden Rechnungen (zu deren Beachtlichkeit als Anhaltspunkte für die Wertermittlung vgl. § 6 Abs. 5 DVO-AGTierSG) Anlass zu einer genauen Prüfung und ggf. näheren Begründung der Vergleichbarkeit der wertbestimmenden Eigenschaften der "Freilandschweine" mit denen der vom Schweinezuchtverband gehandelten Tiere. Tatsächlich ist jedoch weder der Schätzungsniederschrift noch den weiteren Stellungnahmen des Amtstierarztes zu entnehmen, dass eine solche Prüfung überhaupt vorgenommen wurde und aus welchen Gründen ggf. die Richtlinie des Schweinezuchtverbandes trotz der Besonderheiten der "Freilandschweine" für anwendbar gehalten wurde.

Auf die von der Klägerin erhobenen Einwände gegen die hinzugezogenen Schätzer kommt es danach nicht an. Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die behauptete Tätigkeit des Schätzers ... für ein Konkurrenzunternehmen gem. § 15 AGTierSG keinen Grund für dessen Ausschluss von der Teilnahme an der Schätzung darstellt.

2. Der für die Höhe der tierseuchenrechtlichen Entschädigung maßgebliche "gemeine Wert" des getöteten Tieres kann auch ein Ersatz- oder Wiederbeschaffungswert sein (a.). Bewertungsstichtag ist dabei grundsätzlich der Zeitpunkt der Tötung (b.)

a. Der in § 67 Abs. 1 TierSG verwendete Begriff des "gemeinen Wertes" wird im Tierseuchengesetz selbst nicht näher definiert. In § 67 Abs. 1 Satz 2 TierSG findet sich lediglich der Hinweis, dass der Wert ohne Rücksicht auf die durch die Seuche oder tierseuchenrechtliche Maßnahmen erlittene Wertminderung zu ermitteln ist.

Üblicherweise wird der "gemeine Wert" in Anlehnung an § 9 Abs. 2 Bewertungsgesetz (i.F.: BewG) verstanden als der Preis, der "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.". Entsprechend definiert § 194 BauGB den "gemeinen Wert" als den "Preis ..., der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften ... ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre". Es spricht deshalb in der Tat vieles dafür, auch den gemeinen Wert i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 TierSG jedenfalls grundsätzlich anhand des bei einem Verkauf zu erzielenden Preises zu bestimmen, wovon auch der Beklagte ausgeht.

Allerdings führt dieses Verständnis nicht weiter, wenn und soweit es um den gemeinen Wert von Gegenständen oder - im Bereich des § 67 Abs. 1 TierSG - Tieren geht, für die ein "Verkehrswert" oder Verkaufspreis deshalb nicht ermittelt werden kann, weil sie - wie hier insbesondere die deckfähigen und trächtigen Zuchtsauen - "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr" weder gekauft noch verkauft werden. In einem solchen Fall ist vielmehr zu berücksichtigen, dass der "gemeine Wert" keineswegs begriffsnotwendig als "Verkehrswert" oder "Verkaufspreis" zu verstehen ist. Vielmehr wurde der gemeine Wert etwa in § 430 Abs. 1 HBG (in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung) sowie in § 85 Abs. 1 EVO (Eisenbahn-Verkehrsordnung v. 8. September 1938, RGBl. II 1938, 663) ausdrücklich neben den "gemeinen Handelswert" bzw. den "Marktpreis" gestellt. Der gemeine Wert wird danach ersichtlich nicht notwendig als Verkaufspreis, sondern - entsprechend einer Definition des Reichsgerichts (zit. nach BGH, Urteil vom 22. Februar 1984 - IVa ZR 145/82 -, NJW 1984, 2165 f.) - als derjenige Wert verstanden, "den das Gut nach seiner objektiven Beschaffenheit für jedermann hat", und der vor allem dadurch gekennzeichnet ist, dass er ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände des Falles und die individuellen Verhältnisse der Beteiligten zu bestimmen ist. Entsprechend führt der Kommentar von Rohrscheidt zum Viehseuchengesetz (Rohrscheidt, Die Viehseuchengesetze, 2. Aufl. Berlin 1912, Erläuterung zu § 68 des Viehseuchengesetzes vom 26. Juni 1909, Fn 1) aus, dass der Ausdruck "gemeiner Wert" nicht etwa einen bloßen Durchschnittswert bezeichne, sondern den Gegensatz zu einem sog. Affektions- oder Liebhaberwert darstelle, den eine Sache für einen bestimmten Besitzer habe. Davon ausgehend ist zunächst festzuhalten, dass der "gemeine Wert" keineswegs einen von vorneherein reduzierten oder geminderten, sondern denjenigen Wert meint, den eine Sache ohne Rücksicht auf individuelle Besonderheiten für "jedermann" hat. Dass der "gemeine Wert" in diesem Sinne nicht notwendig nach dem bei einem Verkauf zu erzielenden Preis, sondern vielmehr nach dem Wert, den die Sache für jedermann "aus dem in Betracht kommenden Interessentenkreis" und damit ggf. - wenn eine Sache im allgemeinen nicht veräußert, sondern behalten werden sollte - auch nach dem Ersatzwert zu bemessen ist, hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 22. Februar 1984 - IVa ZR 145/82 -, NJW 1984, 2165 f. m.w.N.) für das Versicherungsrecht in Anknüpfung an die eingangs zitierte Definition sowie weitere Entscheidungen des Reichsgerichts entschieden.

Auch für das Tierseuchenrecht kann insoweit nichts anderes gelten. Denn während etwa § 9 BewG gem. § 1 Abs. 1 BewG nur für die Bemessung gewisser öffentlich-rechtlicher, den Bürger belastender Abgaben maßgeblich ist, weist die Entschädigung nach dem Tierseuchengesetz von ihrer Ausgestaltung wie auch von ihrem Sinn und Zweck her eine unverkennbare Nähe zum privatrechtlichen Versicherungsrecht auf. Insbesondere mit den von den Tierbesitzern selbst zu erbringenden Beiträgen, den den Tierbesitzern zugleich als Obliegenheit zur Wahrung ihres Entschädigungsanspruchs auferlegten tierseuchenrechtlichen Mitwirkungspflichten, der Gewährung von Leistungen im Schadensfall sowie der Umsetzung mittels einer besonderen "Tierseuchenkasse" weist das System der Tierseuchenentschädigung Charakteristika auf, die denen einer privatrechtlichen Versicherung angenähert sind (i.d.S. auch Geissler/Stein/Bätza, Tierseuchenrechtliche Vorschriften, § 66 TierSG Anm. 12). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Milderung bzw. Vermeidung der durch die Tierseuchenverluste entstehenden Schäden neben der Förderung der im Allgemeininteresse liegenden Mitarbeit des Tierhalters bei der Seuchenbekämpfung zu den ausdrücklichen Zielen des Tierseuchengesetzes zählt (vgl. z.B. BT-Drucks. VI/3017, Begründung zu § 66, S. 10, und zu § 70, S. 12). Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil v. 29. 7. 1965 - 1 C 91.62 -, NJW 1966, 217 f.) hat denn auch - in anderem Zusammenhang - ausdrücklich den "versicherungsrechtlichen Einschlag" der Bestimmungen betont.

Dass es sich bei der Tierseuchenentschädigung nicht um eine Enteignungsentschädigung handelt und deshalb z.B. Entschädigungsobergrenzen, wie sie in § 67 Abs. 2 TierSG vorgesehen sind, ohne weiteres zulässig sind, steht einem Verständnis des gemeinen Wertes als Verkaufs- oder hilfsweisen Ersatzwert ebenfalls nicht entgegen, denn allein die dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich eröffnete Möglichkeit, einen geringeren als den vollen Wert zu entschädigen, ist unbeachtlich, so lange und soweit der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Da der Gesetzgeber sich mit der Anknüpfung der Höhe der Entschädigung an den "gemeinen Wert" in § 67 Abs. 1 TierSG grundsätzlich für einen vollen Wertersatz entschieden und lediglich für besondere, insbesondere in § 67 Abs. 2 und 3 TierSG ausdrücklich geregelte Fälle Reduzierungen des sich danach ergebenden Entschädigungsbetrages vorgesehen hat, ist diese Grundentscheidung des Gesetzgebers auch dann zu berücksichtigen, wenn der "gemeine Wert" wegen des fehlenden Marktes für ein Tier nicht anhand eines Verkaufspreises, sondern nur anhand des Ersatz- oder Wiederbeschaffungswertes ermittelt werden kann.

Da der "gemeine Wert" den Wert einer Sache für "jedermann" und ohne Rücksicht auf individuelle Besonderheiten bezeichnet, ist allerdings auch bei der Ermittlung des Ersatz- oder Wiederbeschaffungswertes nicht etwa auf die dem konkret Geschädigten tatsächlich entstehenden individuellen Kosten abzustellen. Maßgeblich ist ein fiktiver, an den durchschnittlichen Kosten orientierter Wert (i.d.S. auch BGH, Urteil vom 22. Februar 1984 - IVa ZR 145/82 -, NJW 1984, 2165 f., wonach die "Durchschnittswerte in dem betreffenden Gebiet" zu ermitteln seien). Inwieweit danach Vorgaben für die Ermittlung eines solchen Wertes etwa durch Schätzungsrichtlinien zulässig und verbindlich sein können, bedarf hier keiner weiteren Prüfung, da der Beklagte im maßgeblichen Zeitpunkt nicht über derartige Richtlinien verfügte.

b. Für die Ermittlung des "gemeinen Wertes" i.S.d. § 67 Abs. 1 TierSG maßgebender Bewertungsstichtag ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Tötung der Tiere und nicht etwa, wie die Klägerin meint, der Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung.

Zwar enthält der Wortlaut des § 67 Abs. 1 TierSG keine ausdrückliche Festlegung des Bewertungszeitpunkts. Nach den insoweit durchaus vergleichbaren Vorschriften des § 57 Abs. 2 des bis zum 31. Dezember 2000 gültigen Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei Menschen (Bundes-Seuchengesetz; BSeuchG, in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1979, BGBl. I S. 2262) und des § 65 Abs. 2 des Gesetzes zur Verhütung von Infektionskrankheiten beim Menschen vom 20. Juli 2000 (Infektionsschutzgesetz; IfSG; BGB1. I, 1045) sind jedoch "der Zustand und alle sonstigen den Wert des Gegenstandes bestimmenden Umstände in dem Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Maßnahme getroffen wurde". Von einem entsprechenden Verständnis des § 67 Abs. 1 TierSG ist ersichtlich auch der Landesgesetzgeber ausgegangen, der in § 14 Abs. 1 AGTierSG geregelt hat, dass die "Schätzung" - d.h. nicht nur die Beweissicherung hinsichtlich Anzahl und wertbestimmender Eigenschaften der Tiere, sondern auch die Feststellung der für den Wert maßgeblichen Markt- bzw. Kostensituation - vor oder unmittelbar nach der Tötung vorgenommen werden soll. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 14. Oktober 1958 - I C 59.57 -, BVerwGE 7, 257 ff.) hat mit Blick auf die in § 67 Abs. 1 Satz 2 TierSG geregelte Unbeachtlichkeit einer durch die Seuche verursachten Wertminderung für Fälle einer Verschlechterung des Tierzustandes durch der Tötung zeitlich vorausgegangene tierseuchenrechtliche Maßnahmen zwar die Beachtlichkeit eines früheren als des Tötungszeitpunkts anerkannt, grundsätzlich jedoch ebenfalls den Zeitpunkt der Tötung als maßgeblich angesehen (ebenso Vohleitner, AgrarR 1991, 272 ff. sowie - zur maßgeblichen Rechtslage - VG Oldenburg, Urteil vom 23. April 1996 - 2 A 2592/94 -, zit. nach Juris). Gegen die von der Klägerin vertretene Verschiebung des Bewertungsstichtags etwa auf den Tag der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts sprechen schließlich auch die Systematik und der Sinn und Zweck der tierseuchenrechtlichen Entschädigungsregelungen. Diese sollen einen schnellen Ausgleich der durch die Tötungen verursachten Verluste gewährleisten, um die wirtschaftliche Existenz der betroffenen Betriebe zu sichern. Angesichts dieses Zwecks und der auf schnellstmögliche Auszahlung der Entschädigung gerichteten gesetzlichen Ausgestaltung des Entschädigungsverfahrens können etwaige Folgeschäden durch ganz oder teilweise verspätete Zahlung der Entschädigung bei ordnungsgemäßem Verwaltungshandeln nicht eintreten. Sie stellen damit jedenfalls nicht mehr übliche, unmittelbar durch die Tötung der Tiere verursachte und von der Entschädigungsregelung erfasste Schäden dar, sondern können - als Folge eines im Einzelfall den gesetzlichen Anforderungen nicht genügenden Verwaltungshandelns - nur in den Regelungen über Amtshaftungsansprüche eine Anspruchsgrundlage finden.

3. Ausgehend von diesen nach Auffassung des Senats bei der Ermittlung des "gemeinen Wertes" i.S.d. § 67 TierSG zu beachtenden rechtlichen Voraussetzungen einerseits und den durch das Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen vermittelten tatsächlichen Bewertungsgrundlagen andererseits, die im Hinblick auf diese rechtlichen Voraussetzungen sowie ergänzende, insbesondere aus der Monographie von Köhne zur Landwirtschaftlichen Taxationslehre (3. Aufl. 2000, insbes. Kapitel 1 und 12) gewonnene Erkenntnisse allerdings teilweise abweichend vom Gutachten zu würdigen sind, ergibt sich ein "gemeiner Wert" des getöteten Schweinebestandes von insgesamt 597.971,11 DM. Dieser setzt sich zusammen aus einer in einzelnen Punkten vom Gutachten der Sachverständigen abweichenden Bewertung der 520 Zuchtsauen einschließlich Trächtigkeits- und Vorstufenzuschlägen mit insgesamt 553.259,75 DM (a.) sowie der dem Gutachten der Sachverständigen entsprechenden Bewertung der Eber und der Ferkel mit 6.952,00 DM bzw. 37.759,36 DM (b.).

a. Der Grundansatz der Gutachterin, wonach eine Bewertung der getöteten Zuchtsauen aus dem Bestand der Klägerin nicht anhand von Verkaufs- bzw. Vergleichswerten, sondern nur durch Ermittlung des sich aus den Wiederbeschaffungs- bzw. Wiederherstellungskosten ergebenden Ersatzwertes möglich ist, weil es sich bei deckfähigen und trächtigen Zuchtsauen um nicht am Markt gehandelte Tiere handelt, ist nicht zu beanstanden. Die tatsächliche Grundlage dieser Annahme - das Fehlen eines Marktes für diese Tiere - ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der methodische Ansatz, dass bei Fehlen hinreichender Marktdaten zur Ermittlung des gemeinen Wertes als Verkaufs- oder Vergleichswert ein Wiederbeschaffungs- oder Ersatzwert eine geeignete Hypothese für den Verkehrs- oder Vergleichswert darstellt, ist in der landwirtschaftlichen Taxationslehre anerkannt (vgl. nur Köhne, a.a.O., z.B. Übersicht S. 500 sowie S. 501 f., 504, 544). Dass gegen eine derartige Betrachtung auch aus rechtlicher Sicht keine Bedenken bestehen, weil der gemeine Wert i.S.d. § 67 Abs. 1 TierSG nicht notwendig nur als Verkaufswert zu verstehen ist, wurde bereits dargelegt (vgl. oben III.2.a). Auch das der Bewertung der Sauen im Gutachten zugrunde liegende mehrstufige Vorgehen, bei dem zunächst der (Basis-)Wert aller 520 getöteten Zuchtsauen am Beginn der Produktionsperiode (aa.), sodann ein Wertzuschlag gemäß dem Stadium der Trächtigkeit für 429 tragende Sauen (bb.) und schließlich die Höhe des Zuschlags für 172 nach Auffassung des Senats im Bestand vorhanden gewesene Vorstufentiere (cc.) ermittelt wird, wird in der einschlägigen Fachliteratur bei der Bewertung von Zuchtsauen als zweckmäßig angesehen (vgl. Köhne, a.a.O., S. 512).

aa. Die im Gutachten (S. 9 f.) vorgenommene Ermittlung des Basiswertes der Zuchtsauen im Zeitpunkt der Deckreife durch Addition der Zukaufskosten (anhand von Vergleichswerten ermittelter Preis zuzüglich Nebenkosten wie Transport-, Versicherungs-, Impfkosten etc.) einer noch nicht deckreifen Jungsau von vergleichbarer züchterischer Qualität und der bis zur Deckreife anfallenden Haltungskosten begegnet im Ansatz keinen Bedenken.

Insbesondere sind weder der von der Gutachterin ermittelte Zukaufspreis noch die pauschal mit 50 DM berücksichtigten Nebenkosten oder die für einen Zeitraum von 55 Tagen (einschließlich Quarantäne) mit 1,58 DM/Tag angesetzten veränderlichen, insbesondere die Aufwendungen für Futter, Wasser, Energie und Brunststimulation umfassenden Kosten zu beanstanden.

Der eingestellte Zukaufspreis wurde durch Einholung verschiedener Preisauskünfte ermittelt, wobei die Gutachterin den Preisen (Nettopreise inkl. Kaufgebühr, aber ohne Umsatzsteuer) zweier Zuchtunternehmen, die auch nach Auffassung der Klägerin den ihren qualitativ vergleichbare Tiere verkauften, entscheidende Bedeutung beimaß (S. 8 f. des Gutachtens). Bedenken hiergegen bestehen nicht, zumal der so ermittelte Preis nahe an dem nach den vorgelegten Rechnungen tatsächlich gezahlten, bei 207,00 englischen Pfund bzw. umgerechnet 532,- DM liegenden Einkaufspreis für die getöteten Endstufensauen liegt. Auch Einwände gegen die Höhe der Nebenkostenpauschale sind weder von den Beteiligten erhoben worden noch sonst ersichtlich.

Die weitere Annahme der Gutachterin, dass bei Zukauf einer noch nicht deckfähigen Jungsau von ca. 95 kg Lebendgewicht für die Herstellung der Deckreife (mit ca. 125 kg Lebendgewicht) ein Zeitraum von 55 Tagen (inklusive Quarantäne) erforderlich ist, begegnet ebenfalls keinen Bedenken, zumal die Gutachterin die Erreichung eines Lebendgewichts von 125 kg gerade mit den besonderen Anforderungen einer Freilandhaltung begründet hat. Die für die Ermittlung der mit 1,58 DM/Tag bemessenen veränderlichen Aufwendungen für Futter, Wasser, Energie und Brunststimulation maßgeblichen Beträge (S. 10 des Gutachtens) hat die Gutachterin, wie sie dem Senat in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erläutert hat, entsprechenden Schätzungen entnommen, die von der ... e.V. (i.F.: BSSB) mit Blick auf die für die Beantragung der Investitionszulage erforderlichen Angaben erstellt wurden. Bedenken gegen die Heranziehung dieser Werte bestehen nicht. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Gutachterin die in die Ermittlung des gemeinen Wertes anhand der Wiederherstellungskosten einfließenden Kostenpositionen nicht anhand der im Betrieb der Klägerin tatsächlich angefallenen Kosten, sondern unabhängig von den sich daraus ergebenden besonderen oder individuellen Umständen bestimmt hat. Denn zum einen dient die Ermittlung der veränderlichen Kosten hier der Bestimmung eines an den Wiederbeschaffungskosten zum Bewertungsstichtag orientierten Ersatzwertes und nicht eines auf Feststellung der ursprünglich aufgewandten, historischen Kosten gerichteten und für die Wertermittlung regelmäßig ungeeigneten Kostenwertes (zum Unterschied vgl. Köhne, a.a.O. S. 10, 13, 16). Zum anderen ist der zu ermittelnde gemeine Wert ein "objektiver" Wert, was im Hinblick auf die Ermittlung von Ersatz- oder Ertragswerten bedeutet, dass von allgemeingültigen Daten, insbesondere Durchschnittsdaten, ausgegangen werden muss. Dass die von der Gutachterin in diesem Zusammenhang herangezogenen, gerade die Kostensituation der Schweinezüchter in Brandenburg berücksichtigenden Schätzungen der BSSB den sich daraus ergebenden Anforderungen nicht genügen oder für die Ermittlung der veränderlichen Kosten als Teil der Wiederherstellungskosten einer deckreifen Jungsau im hiesigen Kontext nicht geeignet sein könnten, ist nicht feststellbar.

Abweichend vom Gutachten hält der Senat es jedoch für erforderlich, den zur Abgeltung der Lohn- und Gebäudekosten als Teil der veränderlichen Kosten herangezogenen Deckungsbeitragsverlust mit 2,06 DM/Tag statt - wie im Gutachten vorgeschlagen - mit l,72 DM/Tag zu bemessen.

Zwar bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Gutachterin die in die Deckungsbeitragsberechnung (S. 11 des Gutachtens) eingestellten Kosten den unter Einbeziehung von 73 brandenburgischen Schweinezuchtbetrieben ermittelten Ergebnissen der Ringauswertung 1994/95 des BSSB entnommen und die sich danach ergebenden Einzelpositionen durch Berücksichtigung von Anpassungsfaktoren für die besonderen Verhältnisse der Freilandhaltung modifiziert hat. Denn die Heranziehung der Daten der Ringauswertung des BSSB erlaubt eine Ermittlung der Kosten, die sich gerade unter den besonderen brandenburgischen, 1994 jedenfalls noch nicht vollständig an die Bedingungen im Altbundesgebiet angeglichenen Verhältnissen ergeben, und auch die Angemessenheit der aufgrund der fachwissenschaftlichen Untersuchungen von Franke/Redel (Baubriefe Landwirtschaft, Heft 37) und Papendorf (Diplomarbeit, Humboldt-Universität 1996) festgelegten Anpassungsfaktoren für die Freilandhaltung wird von der Klägerin jedenfalls nicht substantiiert in Frage gestellt. Dass es für die Ermittlung z.B. der Lohnkosten nicht etwa auf die im Betrieb der Klägerin konkret angefallenen Kosten, sondern auf objektive, anhand von Durchschnittswerten zu ermittelnde Werte ankommt, wurde bereits ausgeführt. Soweit die Klägerin weiter meint, die Kostenpositionen seien durch Heranziehung der in den Arbeitsblättern der KTBL angegebenen "allgemein gültigen Kostenstellen" für Kosten der Freilandschweinehaltung zu bestimmen, vermag dies ebenfalls keine Bedenken gegen die im Gutachten gewählte Datengrundlage zu begründen. Die Rüge der Klägerin, dass die "stärkere Berücksichtigung einer Diplomarbeit als der von zwei Lehrstuhlinhabern erstellten Zusammenfassung des 1994 vorhandenen Wissens über die Freilandhaltung" - gemeint sind offenbar die von der Klägerin als maßgeblich angesehenen Datenblätter des KTBL (Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft) - nicht nachvollziehbar seien, genügt insoweit nicht. Denn damit wird weder die besondere Eignung der gerade für Brandenburg ermittelten Durchschnittskosten für die Bewertung eines hier gehaltenen Bestandes ausgeräumt, noch wird die Art und Höhe der verwendeten Anpassungsfaktoren dadurch in Frage gestellt. Die Gutachterin hat demgegenüber in der ergänzenden Stellungnahme vom 18. November 2002 überzeugend ausgeführt, dass es keine "allgemein gültigen" Kostenstellen gebe, sondern von verschiedenen Stellen - neben dem von der Klägerin genannten KTBL z.B. auch vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Brandenburg - herausgegebene Datensammlungen mit Richtwerten für die Betriebsplanung und betriebswirtschaftliche Bewertung landwirtschaftlicher Produktionsverfahren gebe und dass diese Richtwerte deshalb weniger geeignet seien, ein reales Spiegelbild der Kosten- und Ertragsstruktur für einen ganz konkreten Zeitraum zu liefern, weil ihnen - anders als der Betriebsauswertung des BSSB - grundsätzlich Ergebnisse mehrerer Vorjahre zugrunde lägen. Gerade das von der Klägerin herangezogene, von den Professoren ... und ... erstellte Arbeitspapier 204 des KTBL sei im Vorwort als Zusammenstellung von Erfahrungen aus dem Ausland und wenigen Beispielen in Deutschland bezeichnet worden und enthalte keine gesicherten Kostenstellen oder Richtwerte für die Betriebsplanung. Die Richtigkeit dieser Ausführungen wird durch die Einwände der Klägerin gegen die von der Gutachterin keineswegs für den konkreten Fall als bewertungsrelevant angesehenen, sondern als Beispiel für den fehlenden Richtliniencharakter der dort genannten Kosten angeführten Überlegungen zur Kostenreduzierung durch eigene Futtererzeugung nicht in Frage gestellt. Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht etwa Anspruch auf die für sie günstigste Ermittlung des Wertes ihres Bestandes hat, sondern nur auf eine rechtlich und methodisch nicht zu beanstandende Wertermittlung. Dass die von der Klägerin vorgeschlagene Ermittlung der Kosten anhand der Datensammlung des KTBL die einzig methodengerechte Vorgehensweise wäre, ist indes nicht erkennbar.

Der Senat vermag dem Gutachten allerdings nicht zu folgen, soweit dieses die sich danach ergebenden, im sog. Deckungsbeitrag zusammengefassten Lohn- und Gebäudekosten nicht in voller Höhe von 752,47 DM, sondern nur in Höhe von 628,36 DM berücksichtigt, weil nur dieser geringere Betrag aus dem im Auswertungszeitraum innerhalb eines Jahres erzielbaren Ertrag (Erlös aus dem Verkauf der Ferkel und anteiliger Schlachtwert der Altsau) habe gedeckt werden können.

Für eine Berücksichtigung der Wiederherstellungskosten nur in dem aus dem erzielbaren Ertrag gedeckten Umfang spricht zwar das von der Gutachterin (im Anschluss an Köhne, a.a.O., S. 510) angeführte Argument, dass etwaige nicht durch realisierbare Einnahmen abdeckbare Kosten nicht ersetzt werden dürften, da der Betroffene durch die Entschädigung nicht besser gestellt werden dürfe als er ohne Eintritt des Schadensfalles stünde. Die Begrenzung des Ersatzwertes auf den erzielbaren Ertrag trägt damit dem auch im Rahmen der Bemessung eines Schadens zu berücksichtigenden (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 249 Rn 12), sich aus § 254 Satz 2 BGB ergebenden und auch im öffentlichen Recht beachtlichen Gebot der Schadensminderung (Palandt-Heinrichs, BGB, a.a.O., § 254 Rn 7 m.w.N., ähnlich auch Köhne, a.a.O. S. 16 f.) Rechnung und ist deshalb gerechtfertigt, wenn und soweit sie sich als taugliches Mittel zu dessen Durchsetzung erweist. Dies ist jedoch nicht immer und ohne weiteres, sondern nur dann der Fall, wenn der Verweis auf eine ökonomisch günstigere Entschädigungsmöglichkeit "sachlich vertretbar und zumutbar" bzw. das Bestehen auf einem durch den Ertrag nicht gedeckten Ersatz "unwirtschaftlich" wäre (vgl. die entsprechenden Formulierungen bei Köhne, a.a.O., S. 17). Maßstab ist letztlich der Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, a.a.O., § 254 Rn 32).

Davon ausgehend ist die im Gutachten vorgenommene, auf den Zeitraum von einem Jahr begrenzte Ertragsermittlung nicht geeignet, die Wiederherstellung des getöteten Bestandes als unwirtschaftlich zu erweisen. Dabei kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob - wie die Klägerin meint - für die Ertragsberechnung auch Einnahmen aus der seinerzeit im Gebiet der neuen Bundesländer für bestimmte Anlagegüter gewährten Investitionszulage zu berücksichtigen gewesen wären, die bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen jedem Inhaber eines Schweinezuchtbetriebes im Gebiet der neuen Bundesländer und damit "jedermann" in der Interessengruppe, der die Klägerin zuzurechnen war, zugestanden hätte. Zu berücksichtigen ist allerdings einerseits die Ertragssituation in der Schweineproduktion, die nach der ergänzenden Stellungnahme der Gutachterin vom 18. November 2002 aufgrund großer Preisschwankungen des Marktes sehr wechselhaft ist. Häufig würden mehrjährig keine Gewinne erzielt, dann folgten wieder ertragreiche Jahre, in denen Gewinnbeiträge erwirtschaftet werden könnten. Andererseits ist zu beachten, dass es sich bei den getöteten Sauen durchweg um solche handelte, die noch vor oder erst kurz nach ihrem ersten Wurf standen und die deshalb noch deutlich länger als ein Jahr hätten genutzt werden können. Ob der mit diesen Sauen erzielbare Ertrag die durch ihre Haltung entstehenden Kosten hätte abdecken können, kann dann jedoch nicht - wie im Gutachten vorgeschlagen - anhand der Ertragsberechnung für nur ein Jahr ermittelt werden. Erforderlich wäre vielmehr eine Berücksichtigung aller bis zum Ende des Produktionsprozesses zu erwartenden Kosten und Einnahmen (i.d.S. Köhne, a.a.O. S. 504 f. zur Ermittlung des Ertragswertes), die unter den genannten Marktbedingungen zudem nur rückblickend vorgenommen werden könnte, da eine allein auf das Preisniveau am Bewertungsstichtag abstellende Berechnung wegen der von der Gutachterin selbst hervorgehobenen großen Preisschwankungen keine verlässliche Beurteilungsgrundlage für den gesamten Produktionszeitraum darstellen könnte. Eine derartige rückblickende Beurteilung ist aber jedenfalls im Bereich des Tierseuchenrechts bereits wegen der gebotenen schnellen Entschädigung regelmäßig nicht möglich. In einer solchen Situation erscheint es deshalb weder sachgerecht noch zumutbar, die relativ sicher feststellbaren Wiederherstellungskosten allein aufgrund des Ergebnisses der auf einer - gemessen am gesamten Produktionszeitraum und am maßgeblichen Marktgeschehen wenig aussagekräftigen - "Momentaufnahme" beruhenden Ertragsberechnung zu beschränken. Köhne (a.a.O. S. 16) hat ausgeführt, dass bei der Auswahl zwischen verschiedenen Wertansätzen auch die Sicherheit ihrer Einschätzung eine Rolle spielt und dass bei mehreren sachlich möglichen Bewertungsansätzen demjenigen mit der größeren Sicherheit der Vorzug zu geben ist. Dies bedeutet in der Konsequenz aber auch, dass ein relativ sicher feststellbarer Wiederherstellungswert nicht unter Rückgriff auf einen - wie hier - mit erheblichen Unsicherheiten behafteten Ertragswert reduziert werden kann.

In einer solchen Situation gebietet auch der sich aus § 254 BGB ergebende Gedanke einer Schadensminderungspflicht des Geschädigten es nicht, wegen der nicht vollständigen Deckung der Wiederherstellungskosten aus den am Bewertungsstichtag erzielbaren Erträgen von einer Wiederherstellung des Bestandes abzusehen. Denn Maßstab für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist der Grundsatz von Treu und Glauben: der Geschädigte darf solche Maßnahmen nicht unterlassen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Minderung des Schadens ergreifen würde (Palandt-Heinrichs, BGB, a.a.O., § 254 Rn 32). Wenn es in der Schweinezucht jedoch - wie von der Gutachterin ausgeführt - üblich ist, dass Jahren mit geringen Einnahmen Jahre mit hohen Gewinnen folgen, erscheint es nicht nur wirtschaftlich vernünftig, sondern sogar geboten, Verluste in schlechten Jahren hinzunehmen, da zu erwarten ist, dass diese durch entsprechend höhere Gewinne in den guten Jahren kompensiert werden können. Wenn die in einem schlechten Jahr anfallenden Verluste aber offensichtlich nicht dazu führen, dass wirtschaftlich denkende Schweinezüchter ihre aktuell verlustbringende züchterische Tätigkeit - vorläufig oder endgültig - einstellen, kann auch das Interesse eines Züchters, seinen während eines "schlechten" Jahres getöteten Bestand wieder aufzubauen, nicht als unwirtschaftlich und als Verstoß gegen das Prinzip der Verlustminimierung angesehen werden. Würde man die in einem schlechten Jahr entstehenden Verluste von den Wiederherstellungskosten abziehen, so hätte der Tierhalter nicht nur die vor der Tötung der vorhandenen Tiere bestehende Chance auf Verlustausgleich verloren, sondern wäre darüber hinaus gezwungen, beim für die Fortführung seines Betriebes erforderlichen und unter den für Schweinezuchtbetriebe geltenden Gegebenheiten wirtschaftlich durchaus vernünftigen Wiederaufbau des Bestandes u.U. ein weiteres - zweites - Mal Verluste hinzunehmen, um den vor der Tötung des Bestandes bestehenden Zustand wiederherzustellen.

Der Basiswert einer deckreifen Sau ergibt sich danach aus den Zukaufskosten in Höhe von 545,00 DM, den Nebenkosten für Transport, Versicherung und Impfung in Höhe von 50,- DM sowie veränderlichen Kosten für 55 Tage in Höhe von 1,58 DM/Tag für Futter, Wasser etc. und - insoweit abweichend vom Gutachten - 2,06 DM/Tag für die im Deckungsbeitragsverlust erfassten und nicht durch den für ein Jahr ermittelten Ertrag begrenzten Arbeits- und Gebäudekosten. Der Basiswert pro Sau beträgt danach 795,20 DM; für alle 520 Sauen ergibt sich ein Betrag von insgesamt 413.504,00 DM.

bb. Hinsichtlich der Ermittlung des Trächtigkeitszuschlages für 429 im Durchschnitt 65 Tage trächtige Sauen folgt der Senat wiederum dem Grundansatz der Gutachterin (S. 11 f. des Gutachtens sowie S. 5 f. der Stellungnahme vom 18. November 2002), wonach der pro Sau und Tag zu berücksichtigende Trächtigkeitszuschlag sich errechnet aus dem - nach den gewichteten Kostenanteilen der während der Trächtigkeit zu durchlaufenden Produktionsphasen bzw. Haltungsabschnitte ermittelten - Aufwand variabler Spezialkosten sowie den mit dem Deckungsbeitragsverlust erfassten Lohn- und Gebäudekosten.

Für die Berücksichtigungsfähigkeit der mit jährlich insgesamt 752,47 DM ermittelten Lohn- und Gebäudekosten gilt dabei das oben (unter III.3.a.aa.) Ausgeführte entsprechend. Da die im Gutachten vorgenommene Beschränkung auf denjenigen Anteil, der aus dem im Auswertungszeitraum von einem Jahr erzielbaren Ertrag gedeckt werden könnte, nach der bereits dargelegten Auffassung des Senats nicht in Betracht kommt, ist auch bei der Berechnung des Trächtigkeitszuschlages von einem Betrag von 2,06 DM pro Sau und Tag (statt der im Gutachten angenommenen 1,72 DM pro Sau und Tag) für die mit dem Deckungsbeitragsverlust erfassten Arbeits- und Gebäudekosten auszugehen.

Die Annahmen der Gutachterin, dass der Aufwand variabler Kosten pro Jahr und Sau auf der Grundlage der Ringauswertung 1994/1995 des BSSB und unter Berücksichtigung von Anpassungsfaktoren für die Freilandhaltung zu ermitteln und die auf die Trächtigkeitszeit entfallenden durchschnittlichen täglichen Kosten anschließend unter Berücksichtigung der während der Trächtigkeitszeit von der Sau zu durchlaufenden, unterschiedlich hohe tägliche Kosten verursachenden Haltungsabschnitte zu errechnen sind, sind entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu beanstanden. Dass die Heranziehung der Ergebnisse der Ringauswertung des BSSB zur Ermittlung der im maßgeblichen Zeitraum in brandenburgischen Zuchtbetrieben entstehenden Kosten pro Zuchtsau und Jahr und deren Übertragung auf die besonderen Verhältnisse der Freilandhaltung mittels der in fachwissenschaftlichen Untersuchungen erarbeiteten Anpassungsfaktoren nicht zu beanstanden ist, ist ebenfalls bereits unter III.3.a.aa. ausgeführt worden. Aber auch die nicht lineare, sondern am unterschiedlichen Kostenanfall und der Haltungsdauer in den verschiedenen Abschnitten eines Produktionszyklus orientierte Errechnung der auf einen Trächtigkeitstag entfallenden durchschnittlichen variablen Kosten aus den entsprechenden Jahreskosten ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, sondern wird in der landwirtschaftlichen Taxationslehre als geeignet und zweckmäßig angesehen (vgl. Köhne, a.a.O. S. 517 ff.).

Der auf dieser Grundlage durchgeführten konkreten Berechnung im Gutachten vermag der Senat indes aus zwei Gründen nicht zu folgen. Zum einen geht die Gutachterin davon aus, dass die hier zu bewertenden Sauen sämtlich den Stallabschnitten "Deckstall" und "Wartestall" zuzurechnen seien. Diese Annahme wäre indes nur dann zutreffend, wenn die zu bewertenden Sauen zum Tötungszeitpunkt sämtlich gerade 65 Tage trächtig gewesen wären, da sie dann den nach Verlassen des Deckzentrums beginnenden und ca. 70 Tage dauernden Aufenthalt im Wartestall in keinem Fall beendet hätten. Tatsächlich handelt es sich bei der sowohl der Schätzniederschrift als auch dem Gutachten zugrunde liegenden Trächtigkeitsdauer von 65 Tagen um einen Durchschnittswert, der aus den teilweise niedriger, teilweise aber auch erheblich darüber liegenden Trächtigkeitstagen der einzelnen getöteten Sauen ermittelt wurde. So weist die detaillierte Auflistung der getöteten Tiere, die die Klägerin ihrer eigenen, mit der Klageschrift vorgelegten Wertermittlung beigefügt hat, zahlreiche Tiere aus, die bereits seit mehr als 105 Tagen trächtig waren. Da die Trächtigkeitsdauer bei Schweinen ca. 115 Tage dauert und trächtige Sauen sich nach den von der Gutachterin herangezogenen Angaben zur Verweildauer in den einzelnen Stallabschnitten ca. 12 Tage vor dem Abferkeln bereits im Abferkelbereich aufhalten, kann ein die durchschnittlichen Kosten der Trächtigkeit erfassender Wert nicht allein aus den im Deck- und im Wartestall anfallenden Kosten gebildet werden, sondern muss die im Abferkelbereich in der Zeit vor dem Abferkeln entstehenden Kosten einbeziehen. Soweit die Gutachterin auf eine entsprechende Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung erklärte, dass eine Einbeziehung dieses Bereichs nur bei individueller Bewertung jedes einzelnen Tieres möglich sei, erscheint dies nicht überzeugend. Angesichts der Ermittlung einer durchschnittlichen Trächtigkeitsdauer unter Einbeziehung auch der kurz vor dem Abferkeln stehenden Sauen ist es vielmehr geboten, auch die durchschnittlichen Kosten je Trächtigkeitstag unter Einbeziehung der im Abferkelbereich entstehenden höheren Kosten zu ermitteln, zumal die von der Gutachterin selbst herangezogene Aufstellung von Köhne (a.a.O. S. 518 Übersicht 56d) zwischen den sich im Abferkelstall vor und nach dem Abferkeln ergebenden Kostenanteilen unterscheidet und damit eine Einbeziehung gerade der vor dem Abferkeln anfallenden Kosten in einen zu bildenden Durchschnittswert der Kosten während der Trächtigkeit ohne weiteres zulässt.

Ausgehend von den im Gutachten ermittelten jährlichen Kosten für Futter (insgesamt 516,35 DM), sonstige veränderliche Kosten ohne Bestandsergänzung (insgesamt 310,25 DM) und ca. 2,3 Würfen pro Jahr (ergänzende Stellungnahme vom 18. November 2002 S. 6; ergibt sich aus der durchschnittlichen Dauer eines vollständigen Produktionszyklus von der Aufnahme in den Deckbereich bis zum Absetzen der Saugferkel von 158 Tagen; vgl. Köhne, a.a.O. S. 518) ergeben sich danach für Sau und Ferkel zusammen pro Wurf Futterkosten in Höhe von 392,24 DM und sonstige veränderliche Kosten in Höhe von 134,89 DM. Von diesen Kosten je Wurf werden diejenigen Prozentanteile berücksichtigt, die auf die während der Trächtigkeit zu durchlaufenden Stallabschnitte Deckstall, Wartestall und Abferkelstall vor dem Abferkeln entfallen: 34 % der Futterkosten je Wurf betragen 133,36 DM, 45 % der sonstigen veränderlichen Kosten je Wurf ergeben 60,70 DM; die Summe beider Einzelwerte geteilt durch die Anzahl der auf diese Stallabschnitte entfallenden Tage (130) ergibt durchschnittliche veränderliche Kosten pro Tag von 1,49 DM:

 StallabteilVerweildauer in TagenFutter % Futter DMsonstige veränderliche Kosten %sonstige veränderliche Kosten DMSumme DMveränderliche Kosten insges. pro Tag
Deckstall481247,07 2026,9874,051,54
Wartestall701870,60 1520,2390,831,29
Abferkelstall vor dem Abferkeln12415,69 1013,4929,182,43
Summe13034133,36 4560,70194,06( 1,49

Die deutliche Abweichung dieses Wertes von dem im Gutachten (S. 12 des Gutachtens) ermittelten, bei nur 1,04 DM pro Tag liegenden Betrag beruht jedoch nicht allein auf der vom Senat für erforderlich gehaltenen Einbeziehung des Stallabschnitts "Abferkelstall vor dem Abferkeln" in den zu bildenden Durchschnittswert, sondern zusätzlich darauf, dass die im Gutachten vorgenommene Berechnung fehlerhaft ist und im Widerspruch zu den ergänzenden - und insoweit überzeugenden - Ausführungen der Gutachterin in der Stellungnahme vom 18. November 2002 steht, an die der Senat mit der vorstehend dargelegten Berechnung anknüpft. Im Gutachten selbst wendet die Gutachterin die sich pro Wurf ergebenden prozentualen Anteile der Kosten für Deck- und Wartestall auf die ca. 2,3 Würfe abdeckenden Jahreskosten an und teilt den sich ergebenden Betrag anschließend durch die 365 Tage des Jahres, ohne zu berücksichtigen, dass Deck- und Wartestall nur 118 der 158 einen Produktionszyklus ausmachenden Tage umfassen und die in Deck- und Wartestall während eines Jahres anfallenden Kosten nur an 2,3 x 118 Tagen, d.h. an insgesamt 271,4 Tagen anfallen. Bei Umlegung der sich nur für die Abschnitte Deck- und Wartestall ergebenden Kosten auf alle Tage eines Jahres muss sich deshalb zwangsläufig ein zu niedriger Betrag ergeben. Eine Kontrollberechnung zeigt, dass nur bei Berücksichtigung der auf die einzubeziehenden Stallabschnitte entfallenden Tage auch eine von den Jahreskosten ausgehende Berechnung zu zutreffenden Ergebnissen kommt: In Deck-, Wartestall und Abferkelstall vor dem Abferkeln fallen 34 % der Futterkosten pro Wurf und 45 % der sonstigen veränderlichen Kosten an. Ausgehend von den jeweiligen jährlichen Kosten ergibt sich danach ein Betrag von insgesamt 446,34 DM jährlich für diese Stallbereiche (306,73 DM und 139,61 DM). Umgelegt auf die pro Wurf nur 130 bzw. bei 2,3 Würfen pro Jahr insgesamt nur 299 auf die genannten Bereiche entfallenden Haltungstage ergeben sich danach Haltungskosten von durchschnittlich 1,49 DM pro Tag und damit ein der obigen, von den Kosten je Wurf ausgehenden Berechnung entsprechendes Ergebnis, während eine Umlegung auf alle Tage des Jahres, wie sie im Gutachten vorgenommen wurde, mit 1,22 DM einen deutlich zu niedrigen Wert ergäbe.

Ausgehend von den danach zu berücksichtigenden veränderlichen Kosten von 1,49 DM pro Tag und Sau sowie den Kosten für Arbeit und Gebäude von 2,06 DM pro Tag und Sau ergeben sich danach durchschnittliche Kosten von 3,55 DM pro Tag während der Trächtigkeit. Bei durchschnittlich 65 Trächtigkeitstagen beträgt der Trächtigkeitszuschlag je Tier 230,75 DM, für alle 429 trächtigen Sauen zusammen insgesamt 98.991,75 DM.

cc. Für die im Bestand der Klägerin vorhandenen 172 Vorstufensauen ist ein weiterer Zuschlag zu berücksichtigen, für dessen Höhe der Senat den insoweit überzeugenden Ausführungen des Gutachtens (S. 13 f. des Gutachtens sowie S. 7 f. der ergänzenden Stellungnahme vom 18. November 2002) folgt. Bei einem Vorstufenzuschlag von 237,00 DM pro Tier und 172 Vorstufensauen ergibt sich ein Zuschlag von insgesamt 40.764,- DM.

Das Vorhandensein der qualitativ höherwertigen Vorstufentiere im getöteten Bestand der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch ohne Vorlage entsprechender Abstammungs- oder Herkunftsnachweise i.S.d. § 2 TierZG hinreichend belegt. Derartiger formalisierter Abstammungsnachweise bedarf es, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, nach dem Tierzuchtgesetz nur, wenn die Nachkommen ihrerseits als Zuchttiere abgegeben werden sollen (§ 3 TierZG). Zwar ist aufgrund der besseren Vermarktungsfähigkeit von Tieren mit einer derartigen offen gelegten Genetik davon auszugehen, dass diese wertvoller sind als Tiere ohne entsprechende Abstammungsnachweise. So hat die Klägerin selbst bestätigt, dass der Erwerb von Tieren, die nicht nur über eine den ihren entsprechende züchterische Qualität, sondern zugleich über hinreichende Abstammungsnachweise verfügen, nur zu erheblich höheren als den von ihr gezahlten Preisen hätten erworben werden können. Andererseits leuchtet es jedoch ohne weiteres ein, dass züchterisch hochwertige Tiere auch dann von besonderem Wert sein können, wenn ihre Nachkommen mangels gesetzlich vorgeschriebener Abstammungsnachweise nicht verkauft, sondern "nur" zur Eigenbestandsremontierung eingesetzt werden können. Davon ausgehend kann ein Zuchtzuschlag aber auch dann in Betracht kommen, wenn die Vermarktung der Nachkommen zwar eingeschränkt, eine höherwertige Nutzung zur gezielten Erzeugung von Nachkommen zur Remontierung des eigenen Bestandes aber möglich ist. Dies setzt keine förmlichen Abstammungsnachweise, sondern nur eine hinreichende Kenntnis der für eine gezielte Anpaarung erforderlichen Informationen über die züchterischen Leistungen der Vorfahren wie des Zuchttieres selbst voraus. Auf entsprechende Nachfrage des Senats hat die Gutachterin insoweit erklärt, dass nur aus den Leistungsparametern zu ersehen sei, ob es sich bei den getöteten 172 Tieren um Vorstufensauen gehandelt habe. Dem entsprechend sieht z.B. die Schätzungsrichtlinie der Tierseuchenkasse Sachsen-Anhalt (vom 14. Februar 1992, zitiert nach www.tierseuchenkassesachsen-anhalt.de/tierschaetzungen.htm) in Abschnitt I Nr. 2 eine Bemessung des Zuchtzuschlages bei nicht eingetragenen Zuchtsauen nach "glaubhaft nachgewiesenen Eigen- bzw. Vorfahrenleistungen" vor.

Nachweise derartiger Leistungsparameter für die nach den Angaben der Klägerin in ihrem Bestand vorhandenen 172 getöteten Vorstufentiere konnte die Klägerin nicht vorlegen, da die entsprechenden, seinerzeit in einem Computerprogramm vorgehaltenen Daten nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht mehr vorhanden, sondern bald nach der Tötung der Tiere gelöscht worden seien. Anhaltspunkte für das Vorhandensein besonders wertvoller Vorstufentiere im getöteten Bestand ergeben sich jedoch aus den von der Klägerin vorgelegten und mittels im Termin erläuterter, nach Angaben der Klägerin dem Amtstierarzt überlassener Transportunterlagen dem Bestand in ... zurechenbaren Rechnungen, die erheblich höhere Preise für sog. Großeltern- und Urgroßelterntiere ausweisen, und aus der im Verwaltungsverfahren vorgelegten, auf der Grundlage eigener Kenntnis des Bestandes abgegebenen Bestätigung einer Mitarbeiterin des BSSB, wonach nicht nur Tiere verschiedener Genetik, sondern auch verschiedener Zuchtstufen, darunter ein mit "ca. 30 %" angegebener Anteil "reine(r) Durocs bzw. Großelterntiere der Rasse Duroc x Large White ... zur eigenen Reproduktion der Herde" im Bestand vorhanden gewesen seien. Es kann hier dahinstehen, ob derartige Nachweise für die besondere züchterische Qualität der Vorstufentiere in jedem Fall als allein ausreichend angesehen werden könnten. Dafür könnte allerdings vor allem der Umstand sprechen, dass insbesondere Einkaufsbelege in § 6 Abs. 5 DVO-AGTierSG neben den Preisnotierungen der Absatzveranstaltungen für Schlacht-, Zucht- und Nutzvieh als zulässige Anhaltspunkte für die Wertermittlung angesehen werden. Hier ist aber jedenfalls auch zu berücksichtigen, dass die im Tötungszeitpunkt noch ohne weiteres mögliche Überprüfung und Feststellung der im Zuchtprogramm der Klägerin erfassten Leistungsparameter der Vorstufentiere durch die für den Beklagten tätigen Schätzer offensichtlich nicht bzw. jedenfalls nicht in gebotener Weise erfolgt ist. Der Schätzungsniederschrift lässt sich weder entnehmen, dass diese Leistungsparameter eingesehen wurden, noch wird näher begründet, dass bzw. ggf. weshalb die eingesehenen Zuchtunterlagen eine Einstufung der 172 von der Klägerin als Vorstufentiere erworbenen Sauen als züchterisch besonders wertvoll nicht rechtfertigen konnten. Allein die im Schreiben des Amtstierarztes des Landkreises Prignitz vom 8. November 1994 enthaltene Angabe, dass die finanzielle Nachforderung für bestimmte Tiere abgelehnt werde, da "der Besitzer für diese Tiere keine Nachweise dazu beibringen konnte", genügt insoweit nicht, da angesichts der im hiesigen Verfahren vom Beklagten geforderten Vorlage von Abstammungsnachweisen im Sinne des Tierzuchtgesetzes davon auszugehen ist, dass auch die seinerzeit zuständigen Schätzer nicht etwa das Fehlen von aussagekräftigen Unterlagen über die züchterische Leistungsfähigkeit der Tiere, sondern vielmehr das Fehlen förmlicher Abstammungs- oder Herkunftsnachweise im Sinne des Tierzuchtgesetzes als maßgeblich für die Ablehnung eines Zuschlags für die Vorstufentiere ansahen. Wenn indes die zur Ermittlung aller für die Bewertung der Tiere maßgeblichen Umstände bestellten Schätzer ihre Aufgabe - möglicherweise in Verkennung der rechtlichen Anforderungen - nur unvollständig wahrgenommen haben, kann dies nicht der Klägerin angelastet werden. Jedenfalls in einem solchen Fall sind die vorgelegten Einkaufsbelege, die durch die Bestätigung der BSSB-Mitarbeiterin zusätzlich gestützt werden, als hinreichender Beleg für das Vorhandensein der Vorstufentiere im getöteten Bestand anzusehen. Die durch die Rechnungen nachgewiesene Bereitschaft der Klägerin, für die Vorstufentiere die dort ausgewiesenen erheblich höheren Preise zu zahlen, stellt angesichts ihrer aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlichen Erfahrung in der Zucht von Freilandschweinen ein gewichtiges Indiz für eine tatsächlich vorhandene höhere züchterische Qualität dieser Tiere dar.

Hinsichtlich der Höhe des Vorstufenzuschlags folgt der Senat dem Gutachten (S. 13 f. des Gutachtens, S. 7 f. der ergänzenden Stellungnahme vom 18. November 2002, S. 7 f.). Die Bestimmung des Vorstufenzuschlags anhand von Vergleichspreisen kommt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Betracht. Die Gutachterin hat auf entsprechende Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung zwar bestätigt, dass die Einschränkung der Nichthandelbarkeit der Nachkommen als Zuchttiere auch für die von den Unternehmen ...GmbH gehandelten Vorstufentiere gilt und diese damit auch in dieser Hinsicht den Tieren der Klägerin vergleichbar sind. Sie hat jedoch überzeugend erläutert, dass die sich aus den von den beiden Unternehmen mitgeteilten Preisen ergebende Datenbasis insbesondere wegen der geringen Anzahl an Verkäufen derartiger Tiere und der relativ weiten, von 750,00 DM bis 1090,00 DM reichenden Preisspanne zu unsicher sei, um einen konkreten Vergleichspreis zu ermitteln. Angesichts der weiten Preisspanne sei es erforderlich gewesen, den den Tieren zukommenden Mehrwert anhand anderer Kriterien zu ermitteln und anschließend zu überprüfen, ob der so ermittelte Zuschlag zum Zukaufswert einer "normalen" Zuchtsau einen innerhalb der gefundenen Preisspanne liegenden Betrag ergebe. Dies sei bei dem von ihr aus dem jährlichen Vorteil abgeleiteten Zuschlag der Fall gewesen.

Der Ansatz der Gutachterin, den "Mehrwert" der Vorstufentiere anhand des bei Eigenremontierung verminderten Krankheitsrisikos des gesamten Bestandes und des in der Eigenerzeugung von Jungsauen liegenden Preisvorteils zu ermitteln (S. 13 f. des Gutachtens), erscheint ohne weiteres nachvollziehbar, und auch die darauf aufbauende Berechnung des hier konkret mit 237,00 DM pro Sau bemessenen Mehrwertes gibt keinen Anlass zu Beanstandungen. Insbesondere die Annahme der Gutachterin, dass zur Eigenremontierung des in ... aufgestallten Bestandes etwa 208 Jungsauen pro Jahr erforderlich sind, lässt Fehler nicht erkennen. Soweit die Klägerin demgegenüber meint, dass mit den 172 aufgestallten Vorstufensauen erheblich mehr als 208 zur Zucht geeignete Jungsauen pro Jahr hätten produziert werden können, und die nicht für den Bestand in ... benötigten Jungsauen für den Aufbau eines weiteren Bestandes an anderem Ort gedacht gewesen seien, vermag dies keine andere Beurteilung zu begründen. Die bloße Möglichkeit, mehr als die genannten 208 Jungsauen zu produzieren, ist unbeachtlich, wenn dieser Wert aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen (Verbot des Verkaufs als Zuchtferkel und begrenzter Bedarf für die Eigenremontierung) nicht realisierbar war. Die erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Absicht der Klägerin, mit den Nachkommen der getöteten Tiere nicht nur den Bestand in ... zu remontieren, sondern noch einen weiteren Bestand aufzubauen, war im Tötungszeitpunkt jedenfalls nicht hinreichend konkretisiert. Weder in den von der Klägerin selbst vorgelegten Unterlagen noch in irgendwelchen sonstigen bei den Akten befindlichen Materialien finden sich irgendwelche näheren Angaben dazu, dass, wann und wie viele der zum Aufbau eines weiteren Bestandes geeigneten Nachkommen der Vorstufentiere wo aufgestallt werden sollten und wie groß ein derartiger weiterer Bestand werden sollte. Im Gegenteil erscheint die Zulässigkeit der Verbringung von nicht zur Eigenbestandsremontierung in ... benötigten Nachkommen in einen anderen Bestand durchaus zweifelhaft, weil die Klägerin ausweislich § 5 des mit der ... geschlossenen und von beiden Vertragsparteien unterschriebenen Vertrages verpflichtet war, dieser sämtliche produzierten Ferkel zum Erwerb anzubieten. Dass eine Verbringung von nicht zur Eigenremontierung benötigten Ferkeln in einen anderen Bestand mit dieser vertraglichen Vereinbarung vereinbar gewesen wäre, erscheint zumindest zweifelhaft. Davon ausgehend kommt für die Bemessung der Vorstufenzuschläge aber auch ein Rückgriff auf die tatsächlich gezahlten Einkaufspreise nicht in Betracht, da diese angesichts der sehr eingeschränkten Verwertungsfähigkeit der Nachkommen der Vorstufentiere, deren Anzahl erheblich größer war als es für die Remontierung des vorhandenen Bestandes erforderlich gewesen wäre, unangemessen hoch erscheint.

b. Hinsichtlich der Bewertung der vier getöteten Eber mit insgesamt 6.952,00 DM und der 671 Ferkel mit insgesamt 37.759,36 DM folgt der Senat der im Gutachten vorgeschlagenen Bewertung.

Die Ermittlung des Ersatzwertes der Eber aus deren Neuwert abzüglich eines aus der Differenz zwischen üblicher und bisheriger Nutzungsdauer errechneten sog. Entwertungsabschlages (unter 3.5 des Gutachtens, S. 16) ist überzeugend dargelegt und wird - obwohl das Ergebnis unter dem aus der Schätzungsniederschrift ersichtlichen Wert liegt - auch von der Klägerin nicht beanstandet. Die Berechnungsmethode ist für Eber als mehrjährig gehaltene Tiere, die weitgehend gleich ersetzt werden können, sachgerecht (vgl. Köhne, a.a.O., Übersichten S. 500, 543 sowie S. 511, 542) und die konkret angesetzten Rechnungsposten im Gutachten unter Ziff. 3.5 sind nachvollziehbar dargelegt.

Gleiches gilt für den Wert der getöteten Ferkel (3.4 des Gutachtens, S. 14 ff.). Zwar weicht das Ergebnis der Gutachterin auch insoweit zu Ungunsten der Klägerin vom Ergebnis der Schätzungsniederschrift ab. Diese hat jedoch zu Recht keine Einwendungen gegen die Berechnung erhoben. Denn die Ermittlung des Wertes der Ferkel durch Interpolation zwischen dem Wert eines Ferkels bei der Geburt als Anfangs- und dem Marktwert eines verkaufsfähigen Ferkels am Bewertungsstichtag als Endwert ist methodisch nicht zu beanstanden und wird gerade für unfertige, zum Verkauf bestimmte Tiere als geeignet angesehen (vgl. Köhne, Landwirtschaftliche Taxationslehre, 3. Aufl. Berlin 2000, Übersichten S. 500, 543 sowie S. 502 f., 542, 544). Auch sonst lässt die konkret durchgeführte Wertberechnung keine Fehler erkennen.

IV. Die Klägerin hat auch hinsichtlich der im Berufungsverfahren erstrittenen weiteren Entschädigung in Höhe von 101.213,54 DM bzw. 51.749,66 Euro einen Anspruch auf Zahlung von 4 % Prozesszinsen seit dem 22. Dezember 1995 - dem Tag der Klageerhebung - analog § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB (in der bis zum 30. April 2000 geltenden Fassung) gegen den Beklagten. Der weitergehende Anspruch auf (insgesamt) 10% Zinsen aus 251.165,45 DM sowie weitere - d.h. über die vom Verwaltungsgericht bereits anerkannten 4 % hinaus - 6 % Zinsen aus 31.517,75 DM hat keinen Erfolg.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 291 BGB im öffentlichen Recht analoge Anwendung findet, wenn das einschlägige Fachgesetz keine gegenteilige Regelung trifft (z.B. Urteil vom 28. Juni 1995 - 11 C 22.94 -, BVerwGE 99, 53 ff.; Urteil vom 18. Mai 1994 - 11 A 1.92 -, DVB1. 1994, 1307 ff.). Für den darüber hinausgehenden Zinssatz von 6 % kommt eine analoge Anwendung des § 288 Abs. 2 BGB demgegenüber entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet. Vielmehr ist für die Nichterfüllung öffentlichrechtlicher Geldforderungen des Staates der in § 233 Satz 1 AO 1977 zum Ausdruck gekommene abgabenrechtliche Grundsatz anzuwenden, dass Zinsen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage verlangt werden können (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1994 - 11 A 1.92 -, DVB1. 1994, 1307 ff.; Urteil vom 3. November 1988, - 5 C 38.84 -, BVerwGE 80, 334 ff.). Nur wenn die Geldleistungspflicht eine vertragliche Hauptleistungspflicht ist, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Leistungspflicht des anderen Vertragspartners steht, kann eine entsprechende Anwendung des § 288 Abs. 2 BGB a.F. über die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen - ausnahmsweise - in Betracht kommen (BVerwG, Urteil vom 15. März 1989 - 7 C 42/87 -, BVerwGE 81, 312 ff.). An beiden Voraussetzungen fehlt es hier.

Der danach maßgebliche Zinssatz von 4 % ist auch nicht deshalb zu erhöhen, weil § 288 Abs. 1 BGB zwischenzeitlich novelliert worden ist und nunmehr einen Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 (BGB1. I S. 1242) vorsieht. Denn der erhöhte Zinssatz kommt nach Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB nur für diejenigen Forderungen in Ansatz, die von dem l. Mai 2000 an fällig werden. Hier ist davon auszugehen, dass der Anspruch der Klägerin auf Tierseuchenentschädigung in voller Höhe bereits mit Schadenseintritt am 10. Oktober 1994 und damit lange vor dem maßgeblichen Stichtag fällig geworden war, denn ein Anspruch auf eine öffentlichrechtliche Geldforderung ist nach allgemeinen Grundsätzen nicht erst mit seiner rechtskräftigen Feststellung durch einen Verwaltungsakt, sondern im Zweifel bereits mit seiner Entstehung fällig (i.d.S. BVerwG, Urteil vom 21. September 1966 - V C 155.65 -, BVerwGE 25, 72 ff.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 7. Juni 1958, - V C 272.57 -, BVerwGE 7, 95 ff.), und das Tierseuchengesetz trifft keine besondere, eine spätere Fälligkeit begründende Regelung.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wobei der auf die Beteiligten jeweils entfallende Anteil an den Verfahrenskosten dem Verhältnis ihres Obsiegens und Unterliegens entspricht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, denn die für das Berufungsurteil entscheidungserhebliche Auslegung des "gemeinen Wertes" i.S.d. § 67 Abs. 1 TierSG ist - soweit ersichtlich - höchstrichterlich bisher nicht geklärt und von grundlegender, über den konkreten Fall hinausreichender Bedeutung für die tierseuchenrechtliche Entschädigungspraxis.



Ende der Entscheidung

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