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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 29.11.2005
Aktenzeichen: 1 A 148/04
Rechtsgebiete: GG, BremHeilBerG, Satzung Psychotherapeutenkammer Bremen


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
BremHeilBerG § 8 Abs. 1
BremHeilBerG § 22 Abs. 1
Satzung Psychotherapeutenkammer Bremen § 15 Abs. 1
Die Mitgliedsbeiträge einer berufsständischen Kammer (hier: Psychotherapeutenkammer Bremen) dürfen nach den Einkünften der Kammerangehörigen aus ihrer beruflichen Tätigkeit bemessen werden.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Im Namen des Volkes! Urteil

OVG: 1 A 148/04

Verkündet am 29.11.2005

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Stauch, Göbel und Alexy sowie die ehrenamtlichen Richter B. Erlenwein und B. Reichelt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen vom 25.03.2004 - 2 K 1399/02 - wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung des Klägers zu einem Mitgliedsbeitrag für die Psychotherapeutenkammer Bremen für das Jahr 2001.

Am 01.01.1999 ist das Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz, BGBl. I 1998, S. 1311 - PsychThG) in Kraft getreten. Am 28.10.2000 wurde, nach einer entsprechenden Ergänzung des Bremischen Gesetzes über die Berufsvertretung, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Tierärzte und Apotheker (Bremisches Heilberufsgesetz - BremHeilBerG) durch das Änderungsgesetz vom 26.10.1999 (BremGBl. S. 263), die Gründungsversammlung der Psychotherapeutenkammer Bremen durchgeführt. Die Kammerversammlung vom 12.12.2000 beschloss die Satzung (BremABl. 2001, S. 271). § 14 Abs. 1 der Satzung bestimmt, dass die Psychotherapeutenkammer zur Deckung ihres Finanzbedarfs von den Kammerangehörigen Beiträge erhebt. Hinsichtlich der Beitragsbemessung wurde in § 15 folgende Regelung getroffen:

(1) Der Beitrag der Psychotherapeutenkammer bemisst sich nach einem für alle Mitglieder einheitlichen Prozentsatz, der sich auf die jährlich erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger und/oder aus selbständiger psychotherapeutischer Arbeit bezieht. Psychotherapeutische Arbeit ist jede berufliche Arbeit, für die eine psychotherapeutische Approbation erforderlich ist oder die von einem Psychotherapeuten ausgeübt wird und die einer psychotherapeutischen Qualifikation bedarf (z. B. Tätigkeiten in der Forschung, Lehre, Aus- und Weiterbildung, Publikationswesen). Der prozentuale Hebesatz wird jährlich zusammen mit dem Beschluss über den Haushaltsplan von der Kammerversammlung beschlossen.

(2) Der Mindestbeitrag pro Jahr beträgt 60 DM, ab 01. Januar 2002 30 Euro. Freiwillige Mitglieder zahlen den Mindestbeitrag. Ein nicht auf volle DM oder vollen Euro errechneter Beitrag ist bis zu 0,49 DM oder Euro abzurunden und von 0,50 DM oder Euro an aufzurunden.

In § 16 der Satzung wurde näher geregelt, wie die Berechnung der Einkünfte vorzunehmen ist.

Die Kammerversammlung vom 12.12.2000 legte zugleich den prozentualen Hebesatz für das Jahr 2001 auf 0,54 % fest.

§ 15 Abs. 1 Satz 1 und 3 der Satzung, die inhaltlich der Beitragsregelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 und 3 der Satzung der Ärztekammer Bremen entsprechen, gelten bis heute unverändert. Durch Beschluss der Kammerversammlung vom 26.11.2002 wurde der Begriff der psychotherapeutischen Arbeit in Satz 2 neu gefasst und der Mindestbeitrag in Abs. 2 angehoben (BremABl. 2003, S. 43). Durch Kammerbeschluss vom 15.11.2005 wurde Abs. 2 um eine Regelung ergänzt, die für in Ausbildung befindliche Psychotherapeuten Beitragsfreiheit vorsieht (BremABl. 2006, S. 7).

Der 1949 geborene Kläger erwarb 1974 den akademischen Grad eines Diplom-Psychologen. Er ist bei der H. Stiftung in Bremen beschäftigt, und zwar im Bereich der integrierten heilpädagogischen Tageserziehung in sozialen Brennpunkten.

Am 28.01.1999 wurde ihm vom Senator für Frauen, Gesundheit, Jugend, Soziales und Umweltschutz der Freien Hansestadt Bremen die Approbation als psychologischer Psychotherapeut erteilt, die ihn zur Ausübung der heilkundlichen Psychotherapie berechtigt. Die Erteilung erfolgte auf seinen Antrag auf der Grundlage der Übergangsvorschrift in § 12 PsychTKG.

Aufgrund des vom Kläger vorgelegten Steuerbescheids zog die Beklagte ihn mit Bescheid vom 19.09.2001 zu einem Jahresbeitrag von 450,- DM heran.

Der Kläger legte Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, dass er bei der H. Stiftung nur zu 60 % psychotherapeutisch tätig sei, bei den weiteren 40 % handele es sich um nicht-psychotherapeutische Tätigkeiten. Hierzu legte er eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 05.03.2002 vor. Dementsprechend dürfe bei der Beitragsbemessung auch nur 60 % seines Jahreseinkommens zugrunde gelegt werden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2002 als unbegründet zurück. Die Beschäftigung des Klägers sei insgesamt von seiner psychotherapeutischen Tätigkeit bestimmt. Eine andere Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn völlig berufsfremde Tätigkeiten, die in keinem Zusammenhang mit der psychotherapeutischen Ausbildung und den psychotherapeutischen Fachkenntnissen stünden, ausgeübt werden würden. Dies könne aber im Falle des Klägers nicht angenommen werden.

Dagegen hat der Kläger am 04.07.2002 Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, dass nach der Beitragsregelung der Satzung nur Einkünfte zu berücksichtigen seien, die aus psychotherapeutischer Arbeit resultierten. Er sei zu 40 % nichtpsychotherapeutisch tätig. Dies betreffe etwa seine Mitwirkung bei der Sozialberatung, bei der Erstellung von allgemeinen Leitlinien und bei der Stadtteilarbeit. Dementsprechend sei sein Kammerbeitrag um 40 % zu kürzen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beitragsfestsetzung der Beklagten für das Kalenderjahr 2001 vom 19.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19.06.2002 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für die psychotherapeutischen Berufe sei es berufstypisch, dass zusätzlich Verwaltungsarbeit sowie sonstige Betreuungsleistungen anfielen, die nicht unmittelbar Ausübung der heilkundlichen Psychotherapie darstellten. Der Anteil sei jeweils im Einzelfall unterschiedlich. Die Beitragserhebung könne hierauf keine Rücksicht nehmen.

Das Verwaltungsgericht Bremen - 2. Kammer - hat der Klage mit Urteil vom 25.03.2004 stattgegeben. Die Beitragsregelung der Satzung verstoße, indem sie einen einheitlichen Hebesatz auf das Einkommen der Kammermitglieder vorsehe, gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Art. 3 Abs. 1 GG verlange, dass die Beklagte ihre Mitglieder in Beitragsgruppen einteile und für diese Gruppen jeweils gesonderte Hebesätze schaffe. Denn die Mitglieder zögen einen unterschiedlichen Nutzen aus der Einrichtung einer Psychotherapeutenkammer. Die Beitragsregelung müsse diesen unterschiedlichen Vorteil widerspiegeln. Zu unterscheiden sei etwa zwischen Mitgliedern, die den Heilberuf praktizierten und solchen, die keine Patienten behandelten. Innerhalb der Gruppe der praktizierenden Mitglieder müsse ferner der Unterschied zwischen freiberuflich tätigen Psychotherapeuten und abhängig Beschäftigten berücksichtigt werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Notwendigkeit differenzierender Beitragsregelungen herausgestellt. Das Verwaltungsgericht hat insbesondere Bezug genommen auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.01.1993 (BVerwGE 92, 24). Die Beitragsregelung müsse insoweit berücksichtigen, dass der Aufgabenkreis der Kammer in relevanten Punkten - so etwa in Bezug auf die Berufsaufsicht - auf freiberuflich tätige Psychotherapeuten zugeschnitten sein. Der gegenteiligen Ansicht der 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Bremen (Urteil vom 12.11.2002 - 8 K 2139/00) zu der - inhaltsgleichen - Beitragsregelung der Ärztekammer Bremen folge die 2. Kammer nicht.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte rechtzeitig die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die sie wie folgt begründet:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe auf unzutreffenden Prämissen und nicht haltbaren rechtlichen Einschätzungen. Die gesetzliche Aufgabenstellung der Kammer sei vom Verwaltungsgericht nur unzureichend erfasst worden. Aus dieser Aufgabenstellung folge, dass die Kammermitglieder - bei einer zulässigerweise typisierenden Betrachtungsweise - einen in etwa gleichen Vorteil aus der Einrichtung der Kammer zögen. Dass die beamteten Mitglieder der Kammer - insgesamt handele es sich um vier Personen - hinsichtlich der Berufsaufsicht Sonderregelungen unterlägen, rechtfertige es nicht, sie beitragsrechtlich anders als die übrigen Kammermitglieder zu behandeln. Gleiches gelte für die in Forschung und Lehre tätigen Kammermitglieder -insgesamt zwei Personen. Diese seien in unmittelbar psychotherapeutisch relevanten Feldern tätig, was ihre Einbeziehung in die Beitragsregelung rechtfertige. Im Übrigen stelle die Regelung ausdrücklich sicher, dass Einnahmen, die aus berufsfremder Tätigkeit erzielt werden würden, bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt werden würden. Für eine beitragsrechtliche Besserstellung angestellt berufstätiger Mitglieder gegenüber den freiberuflich Tätigen, wie vom Verwaltungsgericht verlangt, fehle ein nachvollziehbarer Ansatzpunkt. Die Tätigkeit der Kammer sei am Gesamtinteresse ihrer Mitglieder ausgerichtet, wobei die unterschiedlichen Interessenlagen durchaus Berücksichtigung finden würden. In der Rechtsprechung sei wiederholt anerkannt worden, dass eine einkommensabhängige Beitragsbemessung, die die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Mitglieder berücksichtige, zulässig sei. Hinzu komme, dass die Beklagte sich 2001 in der Aufbau- und Gründungsphase befunden habe. Auch diese Situation habe einen klaren und praktikablen Beitragsmaßstab erforderlich gemacht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25.03.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe die Beitragsregelung der Beklagten zu Recht beanstandet. Es habe plausibel dargestellt, dass die bisherige Regelung nicht ausreichend den unterschiedlichen Nutzen, den die Mitglieder aus der Kammer zögen, in Rechnung stelle. Eine Vielzahl der Aufgaben der Kammer beziehe sich auf die Berufsausübung der freiberuflich tätigen Mitglieder. Diese Schwerpunktsetzung müsse sich auch in den Kammerbeiträgen widerspiegeln. Eine Beitragsregelung, die nicht die unterschiedlich großen Vorteile der einzelnen Mitglieder berücksichtige, könne keinen Bestand haben. Das Verwaltungsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend ausgewertet und daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen. In jedem Fall müssten aber bei der Beitragsbemessung die Einkommensanteile abgesetzt werden, die nicht aus psychotherapeutischer Arbeit resultierten. In seinem Fall seien das 40 %, die auf allgemeine Beratung, allgemeine Fortbildungsangebote und Stadtteilarbeit entfielen. Dementsprechend müsse der Beitrag reduziert werden.

Der Verwaltungsvorgang hat vorgelegen. Sein Inhalt war, soweit in dieser Entscheidung verwertet, Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid, mit dem der Kläger für das Jahr 2001 zu einem Mitgliedsbeitrag von 450,- DM herangezogen worden ist, ist rechtmäßig. Der Kläger dringt mit den Einwänden, die sich grundsätzlich gegen die Wirksamkeit der Beitragsregelung der Beklagten richten, nicht durch (1). Auch sein Vorbringen, mit dem er eine Reduzierung seines Beitrages erstrebt, führt nicht zum Erfolg (2).

1.

Der Kläger ist als psychologischer Psychotherapeut approbiert und übt seinen Beruf im Lande Bremen aus. Er ist nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 2 Abs. 1 BremHeilBerG, § 2 Abs. 1 Satzung Psychotherapeutenkammer) damit Mitglied der Psychotherapeutenkammer Bremen. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

Rechtsgrundlage des Beitragsbescheids vom 19.09.2001 sind die §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 Satzung Psychotherapeutenkammer Bremen, die sich ihrerseits auf §§ 22 Abs. 1 Nr. 1, 26 Abs. 2 BremHeilBerG stützen können. Danach erhebt die Psychotherapeutenkammer zur Deckung ihres Finanzbedarfs von den Kammerangehörigen einen Beitrag, der sich nach einem für alle Mitglieder einheitlichen Prozentsatz bemisst, der sich auf die jährlich erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger und/oder aus selbständiger psychotherapeutischer Arbeit bezieht. Die Bedenken, die das Verwaltungsgericht - 2. Kammer - gegen diese Beitragsregelung gerichtet hat - und denen der Kläger sich angeschlossen hat - können nicht überzeugen.

Zu den Maßstäben, die für die Beitragserhebung berufsständischer Kammern gelten, existiert eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Beiträge sollen danach der Abgeltung eines besonderen Vorteils dienen, nämlich des sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Nutzens, und müssen entsprechend bemessen sein. Dabei sind insbesondere das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz zu beachten. Bei dem Äquivalenzprinzip handelt es sich um eine beitragsrechtliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die Höhe des Beitrags darf nicht in einem Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den er abgelten soll, und einzelne Mitglieder dürfen nicht im Verhältnis zu anderen übermäßig hoch belastet werden (BVerwG, U. v. 10.09.1974 - I C 48.70 - Buchholz 418.0 Ärzte Nr. 23; U. v. 03.09.1991 - 1 C 24.88 - NVwZ-RR 1992, 175). Aus dem Gleichheitssatz ergibt sich, dass die Beiträge im Verhältnis der Beitragspflichtigen zueinander grundsätzlich vorteilsgerecht bemessen werden müssen. Dabei ist bei berufsständischen Kammern allerdings zu berücksichtigen, dass diese in erster Linie die Gesamtbelange ihrer Mitglieder zu wahren haben und daher der für die Beitragsbemessung maßgebende Nutzen nicht in einem unmittelbarem wirtschaftlichen Vorteil bestehen muss, der sich bei dem einzelnen Mitglied messbar niederschlägt (BVerwG, U. v. 25.11.1971 - I C 48.65 - BVerwGE 39, 100; U. v. 03.09.1991 - 1 C 24.88 - a. a. O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Grundsätze wiederholt dahin konkretisiert, dass eine Beitragsregelung, die die steuerpflichtigen Einkünfte der Kammermitglieder aus ihrer beruflichen Tätigkeit zur tragenden Grundlage macht, zulässig ist. Der Satzungsgeber dürfe regelmäßig davon ausgehen, dass mit der Höhe der beruflichen Einkünfte auch der materielle und immaterielle Nutzen aus der Existenz und dem Wirken der Kammer zunehme (BVerwG, U. v. 10.09.1974 - I C 48.70 - a. a. O.; B. v. 25.07.1989 - 1 B 109.89 - a. a. O.). Außerdem entspreche es dem Gedanken der Solidargemeinschaft, wirtschaftlich schwächere Mitglieder auf Kosten der Leistungsstärkeren zu entlasten, so dass jeder nach seiner unterschiedlichen Leistungsfähigkeit zu den Kosten der Körperschaft beitrage (BVerwG, U. v. 03.09.1991 - 1 C 24.88 - a. a. O., U. v. 26.01.1993 - 1 C 33. 89 - BVerwGE 92, 24). Für die gerichtliche Überprüfung ist in Rechnung zu stellen, dass der Satzungsgeber im Hinblick auf die Beitragsregelung eine weitgehende Gestaltungsfreiheit hat, die gerichtlich nur auf die Einhaltung der äußersten Grenzen überprüft werden kann (BVerwG, B. v. 25.07.1989 - 1 B 109.89 - NJW 1990, 786).

Die Beitragsregelung in § 15 Abs. 1 Satz 1 Satzung Psychotherapeutenkammer Bremen genügt diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die unterschiedliche Beitragshöhe, die sich daraus für die Kammermitglieder ergibt, entspricht deren Leistungsfähigkeit und ist Ausdruck des Solidarprinzips zwischen den Kammermitgliedern. Dabei ist hervorzuheben, dass in die Beitragsbemessung nur Einkünfte einfließen, die "aus nichtselbständiger und/oder aus selbständiger psychotherapeutischer Arbeit" erzielt werden. Einkünfte aus berufsfremder Tätigkeit oder sonstigen Quellen werden also nicht berücksichtigt. Diese Regelung stellt sicher, dass in die Beitragsbemessung nicht Einkünfte eingestellt werden, die in keinem Zusammenhang mit der psychotherapeutischen Tätigkeit und damit der Kammerzugehörigkeit stehen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist die Beklagte nicht verpflichtet, ihre Mitglieder zur Beitragsbemessung in Beitragsgruppen einzuteilen und für die Gruppen jeweils einen unterschiedlichen Beitragssatz festzulegen. Die Beitragssatzungen berufsständischer Kammern sehen teilweise entsprechende Differenzierungen vor, die entweder an die berufsrechtlichen Stellung (freiberuflich, angestellt, beamtet) und/oder die konkrete berufliche Tätigkeit (praktizierend/nicht praktizierend) anknüpfen. Ein solcher Beitragsmaßstab ist zulässig, aber nicht rechtlich zwingend. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.01.1993 (a. a. O.), auf die das Verwaltungsgericht sich beruft, betrifft eine derartige nach Mitgliedergruppen differenzierende Beitragsregelung. Es geht in ihr aber allein um die Frage, in welchem Umfang dann, wenn differenziert wird, der dabei angewandte Maßstab zur Berücksichtigung von Sondersituationen innerhalb der jeweiligen Beitragsgruppe zwingt (Sonderregelung für Grundlagenmediziner innerhalb der Beitragsgruppe der im öffentlichen Dienst tätigen Mediziner). Der Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, dass eine nach Mitgliedergruppen differenzierende Beitragsregelung in jedem Fall rechtlich geboten ist. Vielmehr weist das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich auf die Zulässigkeit einer Beitragsregelung hin, die die Kammermitglieder maßgeblich nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Anspruch nimmt (so auch OVG Münster, B. v. 27.12.2002 - 4 A 63/01 - MedR 2004, 275; a. A. Ortmann, Kammerbeiträge und Verfassungsrecht, NordÖR 2003, 473 <478>).

Auch der Aufgabenkreis, der der Psychotherapeutenkammer gesetzlich zugewiesen ist (§ 8 Abs. 1 BremHeilBerG), begründet keine Verpflichtung, die Mitglieder zur Beitragsbemessung in Beitragsgruppen einzuteilen. Der Aufgabenkatalog ist nicht derart auf den Vorteil bestimmter Mitgliedergruppen zugeschnitten, dass die Beitragsregelung von Rechts wegen eine besondere Belastung dieser Gruppen vorsehen müsste. Umgekehrt ist aber auch der Nutzen, den einzelne Mitgliedergruppen aus der Kammer ziehen, gegenüber dem Vorteil der übrigen Mitglieder nicht derart herabgesetzt, dass insoweit Beitragsvergünstigungen vorgesehen werden müssten. Wenn die Beklagte sich unter diesen Umständen für einen einheitlichen, an den Einkünften ausgerichteten Beitragssatz entschieden hat, überschreitet sie nicht ihren Gestaltungsspielraum.

So benennt der Katalog des § 8 Abs. 1 BremHeilBerG etliche Aufgaben, die unmittelbar für alle Mitglieder von Vorteil sind (Nr. 1: Wahrung der beruflichen Belange; Nr. 3: Qulitätssicherung einschließlich der Förderung der Fortbildung; Nr. 4: Hinwirken auf ein gedeihliches Verhältnis der Kammerangehörigen; Nr. 5: Vermitteln bei Streitigkeiten unter Kammerangehörigen; Nr. 7: Ausstellen von Befähigungsnachweisen; Nr. 8: Unterstützung des öffentlichen Gesundheitsdienstes; Nr. 9: Abgabe von Stellungnahmen). Zwar sind auch Aufgabenbereiche vorhanden, die unmittelbar nur praktizierende Psychotherapeuten berühren (Nr. 6: Vermitteln bei Streitigkeiten zwischen Kammerangehörigen und ihren Patienten). Die Vorschriften über die Berufsausübung (§§ 27 - 30 BremHeilBerG) betreffen teilweise ebenfalls nur praktizierende Psychotherapeuten (§ 28 Nr. 2: Dokumentationspflicht) und darüber hinaus teilweise auch nur freiberuflich tätige (§ 30 Abs. 1 Nr. 2: Regelungen über die Ausübung des Berufs in eigener Praxis). Andererseits enthalten sie aber auch Regelungen, die wiederum alle Kammerangehörigen betreffen (§ 28 Nr. 1: Fortbildungspflicht). Der von der Beklagten gewählte einheitliche Maßstab ist vor diesem Hintergrund durchaus vertretbar. Nichts anderes gilt im Übrigen für die beamteten Psychotherapeuten. Für diese besteht zwar hinsichtlich der Überwachung der Berufspflichten (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 BremHeilBerG) eine Sonderregelung (§ 63 BremHeilBerG: Disziplinarverfahren anstelle von berufsgerichtlichen Verfahren). Diese Sonderregelung gebietet es aber von Rechts wegen nicht, für diese Gruppe eine Beitragsvergünstigung vorzunehmen.

In diesem Zusammenhang kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass durch das vom 01.01.1999 in Kraft getretene Psychotherapeutengesetz erstmals eine gesetzliche Grundlage für die eigenverantwortliche heilberufliche Tätigkeit als Psychotherapeut geschaffen wurde, der Berufsstand also gesetzlich überhaupt erst eingerichtet wurde. Anders als bei den traditionellen Heilberufen bestehen insoweit keine überkommenen Berufsbilder. Es liegt auf der Hand, dass in einer solchen Situation, d. h. in der Phase der Etablierung eines Berufsstandes, die Aufgabenwahrnehmung in besonderer Weise das Gesamtinteresse der Mitglieder berührt.

2.

Die Beitragserhebung erfasst nur Einkünfte "aus psychotherapeutischer Arbeit" der Kammerangehörigen. Psychotherapeutische Arbeit ist jede berufliche Tätigkeit, in der psychotherapeutische Kenntnisse und Erfahrungen zur Anwendung gelangen oder mitverwendet werden. § 15 Abs. 1 S. 2 Satzung der Psychotherapeutenkammer i. d. F. vom 26.11.2002 stellt das jetzt ausdrücklich klar. Der Sache nach galt aber auch vorher, d. h. auch für das hier streitige Beitragsjahr 2001, nichts anderes. Auch die bis zur Klarstellung geltende Fassung von Satz 2 stellte maßgeblich auf eine Tätigkeit unter Verwendung psychotherapeutischer Kenntnisse ab.

Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass Tätigkeiten in eigener Praxis oder in einem Beschäftigungsverhältnis in dieser Hinsicht im Regelfall einheitlich zu bewerten sind. Ein Außerachtlassen von Teilen des Einkommens kann ausnahmsweise nur in Betracht kommen, wenn sie vollständig aus der berufsbezogenen psychotherapeutischen Tätigkeit ausgegrenzt werden können, etwa aus Tätigkeiten in einem gänzlich anderen, abgrenzbaren und berufsfremden Arbeitsbereich oder bei einem anderen Arbeitgeber resultieren (so zu Recht VG Gießen, U. v. 19.09.2005 - 10 E 1175/05).

Eine solche Abgrenzung kann im vorliegenden Fall nicht vorgenommen werden. Der Kläger gibt selbst an, bei seinem Arbeitgeber zu 60 % psychotherapeutisch tätig zu sein. Damit liegt sogar das Schwergewicht seiner Berufsausübung auf einer derartigen Tätigkeit. Er ist deshalb mit seinem gesamten Einkünften zu dem Kammerbeitrag heranzuziehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwgO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren ebenfalls auf 230,08 Euro (= 450,- DM) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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