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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 24.09.2009
Aktenzeichen: 1 A 7/09
Rechtsgebiete: BNatSchG, UmwRG


Vorschriften:

BNatSchG § 61 Abs. 1
UmwRG § 3 Abs. 1 Satz 4
1. Die von der zuständigen Landesbehörde erteilte Anerkennung als Naturschutzverband verleiht eine Klagebefugnis nur gegen Planfeststellungsbeschlüsse, die Vorhaben in dem Gebiet des betreffenden Bundeslandes zum Gegenstand haben.

2. Die Anerkennungsfiktion des § 3 Abs. 1 Satz 4 UmwRG erweitert die Gegenstände, die mit der Verbandsklage angegriffen werden können, beseitigt im Übrigen aber nicht die Beschränkungen, die sich aus der naturschutzrechtlichen Anerkennung ergeben.


Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Im Namen des Volkes! Urteil

OVG: 1 A 7/09

Bremen, den 24.09.2009

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Göbel, Prof. Alexy und Dr. Bauer sowie die ehrenamtlichen Richter U. Lange und A. Pietsch aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2009 und 03.06.2009 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen - 5. Kammer - vom 30.11.2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; dazu zählen auch die Kosten des Beigeladenen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der die Interessen der organisierten Angler im Lande Niedersachsen vertritt. Er ist von der zuständigen niedersächsischen Behörde als Naturschutzverband anerkannt worden.

Der Kläger wendet sich gegen den wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss - PFB - des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr der Freien Hansestadt Bremen vom 31.01.2007 für den Neubau eines Wasserkraftwerks an der Staustufe Bremen-Hemelingen.

Die Staustufe Bremen-Hemelingen stellt den Übergang von der stauregulierten Mittelweser zur tidebeeinflussten Unterweser dar. An der Mittelweser (Bremen-Hemelingen bis Porta Westfalica) bestehen insgesamt 7 Staustufen.

Die Staustufe Bremen-Hemelingen wurde 1911 fertig gestellt. Gleichzeitig wurde eine Schleusenanlage geschaffen und ein Wasserkraftwerk gebaut.

Von 1987 bis 1993 wurde die Staustufe Bremen-Hemelingen erneuert. Im Rahmen des Neubaus wurde das bis dahin betriebene Kraftwerk beseitigt. Mit dem Neubau wurde linksseitig am Wehr vorbeiführend eine Fischaufstiegsanlage eingerichtet, um die Fischwanderung zu ermöglichen.

Bereits in den neunziger Jahren hatten die Stadtwerke Bremen Untersuchungen für einen Neubau des 1987 abgerissenen Wasserkraftwerks durchgeführt. Die Planungen wurden aus wirtschaftlichen Gründen nicht weiterverfolgt.

Im Jahr 2002 legte die Beigeladene ein Konzept für den Neubau eines solchen Kraftwerks vor. Mit Schreiben vom 23.05.2003 wurde sie von der Beklagten darüber unterrichtet, welche Unterlagen von ihr zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung vorzulegen seien.

Im Auftrag der Beigeladenen erstattete Dr. C, Universität ..., am 20.07.2005 ein Gutachten zu den "Auswirkungen des Neubaus eines Wasserkraftwerks an der Staustufe Bremen-Hemelingen auf die Fischfauna und die Gewässergüte" (Planunterlage 6 des PFB). In dem Gutachten werden zunächst die Populationsentwicklung und die Wanderungswege der in der Weser vorhandenen Arten dargestellt. In Bezug auf die Langdistanzwanderer (diadrome Wanderer) erstreckt sich das Gutachten sowohl auf vorhandene Arten, insbesondere Neunaugen, als auch auf Arten, deren Bestand gegenwärtig stark beeinträchtigt ist und deren Wiederansiedlung angestrebt wird. Letzteres betrifft Salmoniden und Aale. Weiterhin werden die vorhandenen Regionalwanderer (potamodrome Wanderer) einbezogen. Sodann nimmt das Gutachten Stellung zu den geplanten Vorkehrungen zum Schutz der wandernden Fauna (Fische und Neunaugen). Das betrifft zum einen die Vorkehrungen für die Aufwanderung (zusätzliche Fischaufstiegsanlage am rechten Weserufer) und zum anderen die Schutzmaßnahmen für die Abwanderung (Wehrüberlauf, Grob- und Feinrechen, Bypasssystem). Dr. C gelangte zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass durch den zusätzlichen Fischpass die Aufstiegsmöglichkeiten für Fische und Neunaugen insgesamt deutlich verbessert werden würden. Das mehrere Maßnahmen kombinierende Schutzkonzept für den Fischabstieg besitze ein Niveau, das von anderen Wasserkraftwerken nicht annähernd erreicht werde (Seite 40/41).

Darüber hinaus erstattete Dr. A, TU ..., ein Gutachten zum "Fischschutz an der geplanten Wasserkraftanlage in Bremen-Hemelingen" vom 07.11.2005 (Planunterlage 7 des PFB). Das Gutachten stellt ebenfalls das Wanderverhalten der in der Weser vorkommenden Arten sowie der Arten, deren Wiederansiedlung angestrebt wird, dar. Es nimmt im weiteren Stellung zur Tauglichkeit des vorgesehenen Grob- sowie des Feinrechens sowie des Bypasssystems. Ferner wird Stellung genommen zu den von der Kraftwerksturbine ausgehenden Gefahren für die Fauna. Dr. A gelangte zu dem Ergebnis, dass das Fischschutzkonzept alles berücksichtige, was derzeit Stand des Wissens sei (Seite 61/62).

Im Einzugsgebiet der Staustufe Bremen-Hemelingen liegen im Bereich der Aller die FFH-Gebiete "Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker" und "Entenfang Boye und Bruchbach", deren Erhaltungsziel unter anderem die Sicherung eines günstigen Erhaltungsstandes der wandernden Populationen der Fluss- bzw. Meerneunaugen ist.

Die Planunterlagen lagen in der Zeit vom 01.03.2006 bis zum 31.03.2006 öffentlich aus. Sie wurden dem Kläger, weiteren Verbänden, verschiedenen Behörden sowie den sonstigen Trägern öffentlicher Belange mit Schreiben des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr vom 20.02.2006 zur Stellungnahme übersandt.

Der Kläger erhob rechtzeitig Einwendungen und legte hierzu ein Gutachten von Dr. B, Institut für angewandte Ökologie, ..., vom 13.04.2006 zum "Neubau eines Wasserkraftwerks an der Weser in Bremen-Hemelingen" vor. In dem Gutachten wird ausgeführt, dass der Wiederaufbau und die Sicherung einer gewässertypspezifischen Fischfauna einschließlich diadromer Arten im Wesereinzugsgebiet voraussetze, dass Fischschäden auf ein unbedeutendes Maß reduziert und ungehinderte Fischwanderungen ohne Zeit- und Energieverlust ermöglicht würden. Hieraus ergäben sich hohe Anforderungen an die Fischverträglichkeit des geplanten Wasserkraftwerks, die nur durch funktionsfähige Fischschutz-, Fischauf- und -abstiegsanlagen erfüllt werden könnten. Die nach den Planunterlagen für den Fischschutz und für Fischwanderungen vorgesehenen Vorrichtungen würden diesem Anspruch in keiner Weise gerecht. Es seien zahlreiche Mängelpunkte zu beanstanden. Zusammenfassend heißt es im Gutachten, dass aufgrund der vielen Defizite damit gerechnet werden müsse, dass das Vorhaben zu einer gravierenden Verschlechterung der fischökologischen Situation der Weser führe (Seite 66/67).

Einwendungen gegen das Vorhaben wurden darüber hinaus von weiteren Sportfischerverbänden (Bremen und Hessen) sowie von niedersächsischen, hessischen und thüringischen Behörden erhoben.

Über die eingegangenen Bedenken und Stellungnahmen wurde vom 13.06.2006 bis zum 15.06.2006 in einem Erörterungstermin verhandelt.

Aufgrund der Einwendungen nahm die Beigeladene Änderungen am Einstieg in den geplanten neuen Fischpass, am geplanten Überlauf des Feinrechens sowie an bestimmten Vorrichtungen für das Monitoring vor.

Am 31.01.2007 erließ der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr als obere Wasserbehörde den Planfeststellungsbeschluss für das Wasserkraftwerk. Das Kraftwerk solle eine Leistung von 9,9 MW erbringen. Damit könnten 5 % der bremischen Haushalte mit regenerativer Energie versorgt werden, was im öffentlichen Interesse liege. Durch das umfassende, aus mehreren Komponenten bestehende Fischschutzkonzept würden die Bedingungen für die Wanderung der Fische und Neunaugen deutlich gegenüber dem jetzigen Zustand verbessert.

Im Planfeststellungsbeschluss finden sich dazu nähere Ausführungen zu den einzelnen Komponenten, die für den Abstieg der Fische und Neunaugen von Bedeutung sind (Wehrüberlauf und Wehrklappensteuerung [Seite 54 - 59]; Feinrechen [Seite 60 - 67]; Bypässe am Feinrechen [Seite 67 - 72]; Rechenreinigung [Seite 72]; Anlagenmanagement [Seite 73]; Turbine [Seite 45 - 52]). Weiter wird eingegangen auf den geplanten neuen Fischpass, insbesondere auf dessen Einstieg (Seite 73 - 81). Durch Monitoring und Funktionskontrolle werde gewährleistet, dass etwaige Störungen erkannt und abgestellt werden würden.

In der zusammenfassenden Würdigung heißt es, dass das Vorhaben, das die Durchgängigkeit der Staustufe für die Fauna effektiv erhöhe, im Einklang mit nationalem und europäischem Recht stehe. Den ausgewiesenen FFH-Gebieten auf niedersächsischem Gebiet drohe keine Beeinträchtigung. Die Bewirtschaftungsziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie, die durch §§ 95a bis 95d BremWG (§§ 25a bis 25d WHG) in nationales Recht umgesetzt seien, seien erfüllt.

In dem Planfeststellungsbeschluss wird zugleich die wasserwirtschaftliche Bewilligung erteilt, für den Betrieb der Wasserkraftanlage Wasser in einer Menge von maximal 220 m³ pro Sekunde der Weser zu entnehmen und wieder einzuleiten (Seite 4).

Der Kläger hat am 05.03.2007 rechtzeitig Klage erhoben.

Er hat geltend gemacht, dass an seiner Klagebefugnis kein Zweifel bestehen könne. Zwar sei er nicht von der zuständigen bremischen Behörde als Naturschutzverband anerkannt. Das stehe der Klagebefugnis aber nicht entgegen. Denn das planfestgestellte Vorhaben wirke sich überwiegend in Niedersachsen aus. Deshalb reiche die Anerkennung der niedersächsischen Behörde aus, um die Klagebefugnis zu begründen. Überdies stehe ihm die umweltrechtliche Klagebefugnis nach § 2 UmwRG zu. Insoweit komme ihm die Anerkennungsfiktion des § 3 Abs. 1 S. 4 UmwRG zu Gute. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz sehe eine räumliche Beschränkung der Klagebefugnis nicht vor. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG vorgesehene Anforderung, dass der geltend gemachte Rechtsverstoß zugleich Rechte Einzelner begründen müsse, begegne durchgreifenden gemeinschaftsrechtlichen Bedenken.

Der Planfeststellungsbeschluss könne keinen rechtlichen Bestand haben. Das ihm zugrunde liegende Fischschutzkonzept sei nicht tragfähig. Es beruhe auf einer Vielzahl unzutreffender tatsächlicher Annahmen. Der Kläger hat dazu ein weiteres Gutachten von Dr. B vom 03.04.2007 vorgelegt. In dem Gutachten wird im Einzelnen ausgeführt, dass sich durch das Vorhaben die stromaufwärts gerichtete Passierbarkeit am Standort Bremen-Hemelingen eindeutig verschlechtern würde. Die Vorrichtungen für den Fischabstieg würden ebenfalls gravierende Mängel aufweisen (vgl. zusammenfassend Seite 45/46 und Seite 89 - 92 des Gutachtens). Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass der Planfeststellungsbeschluss aufgrund dieser Mängel gegen verschiedene Rechtsvorschriften verstoße, namentlich gegen § 31 Abs. 1 WHG i. V. m. §§ 25a ff. WHG, §§ 95a ff. BremWG, §§ 1, 13 Abs. 1 TierSchG, §§ 24 Abs. 1, 26 BremFischereiG. Weil die Beklagte die Belange des Schutzes der Fischfauna nicht zutreffend erfasst und gewichtet habe, leide der Planfeststellungsbeschluss auch unter rechtserheblichen Abwägungsfehlern.

Der Kläger hat beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss vom 31.01.2007 aufzuheben, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, den Planfeststellungsbeschluss unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts um Auflagen zur Fischaufstiegs- und Fischabstiegsanlage sowie Anlagen zum Schutze der Fischfauna vor Schädigungen durch die Wasserkraftanlage zu ergänzen.

Die Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben im Einzelnen ausgeführt, aus welchen Gründen sie eine Klagebefugnis des Klägers als nicht gegeben ansähen. Im Übrigen haben sie im Einzelnen Stellung zu den vom Kläger behaupteten fachlichen Defiziten des Fischschutzkonzepts genommen.

Das Verwaltungsgericht Bremen - 5. Kammer - hat die Klage mit Urteil vom 29.11.2007 abgewiesen, weil sie unzulässig sei. Der Kläger sei von der zuständigen niedersächsischen Landesbehörde als Naturschutzverband anerkannt worden. Seine Mitwirkung und die daran anknüpfende Klagebefugnis erstrecke sich deshalb allein auf Planungen und Maßnahmen des Landes Niedersachsen. Dem Kläger stehe auch nicht die im Dezember 2006 eingeführte umweltrechtliche Verbandsklage zur Seite. Die umweltrechtliche Verbandsklage habe im Anwendungsbereich der naturschutzrechtlichen Verbandsklage gegenüber dieser Nachrang. Das Verhältnis beider Klagen zueinander sei nicht durch ein gleichrangiges Nebeneinander, sondern durch ein Spezialitätsverhältnis gekennzeichnet. Im vorliegenden Fall gehe es allein um die Belange der Fischfauna; damit sei der Vorrang der naturschutzrechtlichen Verbandsklage gegeben.

Die Klagebefugnis stehe insoweit allein dem Bremischen Sportfischerverein als anerkanntem Naturschutzverband zu. Räumte man den Gliederungen eines bundesweit tätigen Naturschutzverbandes jeweils für sich genommen unabhängig vom jeweiligen Landesbezug eine Klagebefugnis ein, führte das zu einer verfahrens- und prozessrechtlichen Aufsplitterung des einheitlichen fachlichen Sachverstandes, die vom Gesetzgeber nicht gewollt sei.

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 12.01.2009 die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil zugelassen. Der Beschluss ist am 19.01.2009 zugestellt worden.

Der Kläger hat innerhalb der antragsgemäß verlängerten Begründungsfrist die Berufung am 05.03.2009 wie folgt begründet:

Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht seine Klagebefugnis verneint. Er sei als anerkannter Naturschutzverband nicht nur zur Klage gegen Planungen und Maßnahmen niedersächsischer Behörden befugt. Die Klagebefugnis sei ebenfalls gegeben, wenn Planungen von Behörden anderer Bundesländer sich unmittelbar auf niedersächsisches Gebiet auswirken würden. Das sei hier der Fall. Die Planung der Beklagten gefährde unter anderen niedersächsische FFH-Gebiete, nämlich die Laichgebiete der Neunaugen im Bereich der Aller. Außerdem stehe ihm die umweltrechtliche Verbandsklage zur Seite. In seinem Fall greife die Anerkennungsfiktion des § 3 Abs. 1 S. 4 UmwRG. Die fingierte Anerkennung sei nicht räumlich beschränkt. Umweltrechtliche und naturschutzrechtliche Verbandsklage stünden gleichrangig nebeneinander. Das vom Verwaltungsgericht angenommene Verhältnis der Spezialität entbehre der rechtlichen Grundlage. Die Voraussetzungen, die § 2 Abs. 1 UmwRG für die Erhebung der umweltrechtlichen Verbandsklage vorsehe, seien in seinem Fall erfüllt. Er könne substantiiert darlegen, dass der angegriffene Planfeststellungsbeschluss gegen eine Vielzahl von Rechtsvorschriften verstoße. Diese Rechtsvorschriften dienten auch dem Schutz Einzelner. Dieses Kriterium sei gemeinschaftskonform weit auszulegen. Sollte das Gericht eine solche weite Auslegung nicht für möglich halten, sei die Rechtssache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Die Klage sei auch begründet. Denn das Fischschutzkonzept, das zusammen mit dem Kraftwerkneubau realisiert werden solle, sei in vielerlei Hinsicht mangelhaft. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße deshalb, wie bereits vor dem Verwaltungsgericht dargelegt, gegen § 1, 13 TierschutzG, §§ 24, 26 BremFischereiG, §§ 6 Abs. 2 WHG / 8 BremWasserG sowie §§ 31 Abs. 1 WHG / 111 BremWasserG i. V. m. §§ 25 ff. WHG / §§ 95a ff. BremWasserG. Sowohl die geplante neue Fischaufstiegsanlage als auch die Vorkehrungen für den Fischabstieg litten unter gravierenden Defiziten. Die Empfehlungen des deutschen Verbandes für Wasserwirtschaft und Kulturbau (DVWK) seien missachtet worden; das betreffe etwa das DVWK-Merkblatt 232 ("Fischaufstiegsanlagen-Bemessung, Gestaltung, Funktionskontrolle, Bonn 1996"). Damit werde der einschlägige Stand der Technik ignoriert.

Zum Fischaufstieg sei im Einzelnen folgendes vorzutragen:

Bereits die vorhandene linksseitige Fischaufstiegsanlage genüge nicht den fachlichen Anforderungen. Das werde durch die durchgeführten Aufstiegskontrollen belegt.

Die geplante neue rechtsseitige Fischaufstiegsanlage leide ebenfalls unter schweren Mängeln. So sei die Einstiegsöffnung nicht auffindbar. Der Einstieg sei nämlich falsch positioniert. Er hätte direkt am Auslauf des Kraftwerks angelegt werden müssen, um eine Auffindbarkeit für schwimmstarke Fische zu gewährleisten. Schwimmschwache Fische würden ohnehin aufgrund der hohen Strömungsgeschwindigkeit im Abfluss der Turbine den Einstieg nicht auffinden. Letzteres betreffe insbesondere die Glasaale.

Fachlich zu beanstanden sei auch die Gestaltung der Einstiegsöffnung selbst. Der vorgesehene sohlnahe Einstieg weise eine zu geringe Durchlasshöhe auf. Insgesamt sei der Anteil der Einstiegsmöglichkeiten an der Gesamthöhe der Wassersäule zu gering. Hinzu komme, dass die in den Abflusskanal hineinreichende Rampe für den sohlnahen Einstieg zu gering dimensioniert sei.

Ein entscheidender Mangel der Fischaufstiegsanlage liege darin, dass die Leitströmung zu gering sei. Die Situation habe sich aufgrund der nachträglich vorgenommenen Änderung sogar noch verschlechtert. Die Fließgeschwindigkeit beim Einstieg sei zu gering, die jetzt vorgesehene Verteilung des aus dem Fischpass abfließenden Wassers auf zwei Einstiege führe zu einer weiteren Reduzierung der Leitströmung. Lege man die einschlägige Fachliteratur zugrunde, müsste sich die Leitströmung auf 11 m³ pro Sekunde belaufen. Die jetzt vorgesehene Möglichkeit, die Leitströmung im Winkel von 45° und 90° zu variieren, mindere das Problem der Auffindbarkeit nicht.

Zum Fischpass selbst sei anzumerken, dass die Anlage wegen eines zu geringen Abstands der Störsteine für große Fische nicht passierbar sei. Die Fischaufstiegsanlage sei insgesamt "hochgradig funktionsuntauglich".

Zum Fischabstieg sei folgendes vorzutragen:

Der Minimun Gap Runner weise entgegen der Behauptung der Beklagten keine geringen Schädigungsraten auf. Von einem Langsamläufer könne keine Rede sein; die Geschwindigkeit an der Peripherie betrage 82,3 km/h. Die Ausführungen des PFB zu den Schädigungsraten (Seite 48-54 PFB) seien insgesamt nicht nachvollziehbar. Sie seien spekulativ. Das gelte auch für die Ausführungen Dr. A's im Erörterungstermin, auf die der Planfeststellungsbeschluss Bezug nehme. Sie seien fachlich nicht haltbar.

Die Bedeutung des Wehrüberlaufs für den zukünftigen Fischabstieg werde im Planfeststellungsbeschluss nicht richtig eingeschätzt. Nur an ca. 75 Tagen des Jahres überwiege der Ablauf über das Wehr den durch die Turbine. An allen anderen Tagen führe die Hauptströmung zur Turbine. Soweit im Planfeststellungsbeschluss eine tidebeeinflusste Reduzierung des Turbinendurchflusses berücksichtigt werde, handele es sich um einen marginalen Faktor. Die Planfeststellungsbehörde habe beim Wehrüberlauf insgesamt unzutreffende Annahmen zugrunde gelegt.

Dass Tauchwand und Grobrechen für den Fischschutz irrelevant seien, liege auf der Hand.

Der Feinrechen mit einer lichten Weite von 25 mm besitze für die stark überwiegende Mehrzahl der abwandernden Fische keine mechanische Rückhaltefunktion. Er stelle ebenfalls keine Verhaltensbarriere dar, denn dafür sei die Anströmgeschwindigkeit zu hoch. Um die Abwanderung des Blankaals sowie der Salmonidensmolts sicherzustellen, dürfe die Weite maximal bei 10 - 15 mm liegen.

Die Anströmgeschwindigkeit sei, wie bereits angesprochen, viel zu hoch. Sie belaufe sich real auf 0,9 m/s; der Grenzwert liege aber bei 0,5 m/s. Wegen der hohen Anströmgeschwindigkeit seien die Fische nicht in der Lage, seitliche Suchbewegungen durchzuführen. Das gelte selbst für die schwimmstarken Aale. Die vorgesehene Neigung des Rechens ändere daran nichts.

Die geplante Rechenreinigungsanlage könne nicht verhindern, dass durch das Anpressen am Rechen Schäden einträten.

Das Bypasssystem sei untauglich. Beim oberen Bypass sei die Überströmung zu gering, außerdem könne die Abschwemmrinne ihre Funktion nicht erfüllen. Im Bereich des oberen Bypasses sei außerdem die Anströmgeschwindigkeit deutlich zu gering.

Demgegenüber sei im Bereich des bodennahen Bypasses eine zu hohe Anströmgeschwindigkeit gegeben. Sie provoziere Aalschäden. Insgesamt sei die Leitströmung für die Bypassöffnungen jeweils zu schwach.

Der PFB lasse ausreichend konkrete Vorgaben für das Monitoring vermissen. Zu verschiedenen problematischen Abläufen sei überhaupt kein Monitoring vorgesehen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem im erster Instanz gestellten Antrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klage sei unzulässig. Der Kläger sei aufgrund der erteilten Anerkennung als Naturschutzverband nicht gegenüber Planfeststellungen bremischer Behörden klagebefugt. Die gesetzlichen Regelungen sowie die ausgesprochene Anerkennung seien in diesem Punkt eindeutig. Ihm stehe auch keine Klagebefugnis nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz zu. Wenn der Kläger sich auf die Anerkennungsfiktion des § 3 Abs. 1 S. 4 UmwRG berufe, müsse er sich daran erinnern lassen, dass die fingierte Anerkennung nicht weiter reichen könne als die naturschutzrechtliche Anerkennung, auf die sich die Fiktion im konkreten Fall beziehe. Der Kläger erstrebe offenbar ein bundesweites Betätigungsfeld vor Gericht, wofür aber die Rechtsgrundlage fehle und was im Übrigen auch nicht zu seinem satzungsgemäßen Aufgabenkreis gehöre.

Unabhängig davon könne die Klage aber auch in der Sache keinen Erfolg haben. Für das Aufhebungsbegehren fehle die Grundlage, in Betracht kommen könnte allenfalls eine Planergänzung. Auch insoweit könne die Klage aber nicht durchdringen.

Vorweg sei darauf hinzuweisen, dass es den vom Kläger reklamierten Stand der Technik im vorliegenden Fall nicht gebe. Das Fischschutzkonzept für Wasserkraftwerke beurteile sich jeweils nach den konkreten örtlichen Gegebenheiten. Es gehe darum, geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Fischschäden zu treffen. Das sei auch im jüngst gescheiterten Entwurf für ein neues Umweltgesetzbuch so vorgesehen gewesen. Bei den Veröffentlichungen des DVWK, jetzt DWA, handele es sich um Empfehlungen, es werde das gesammelte Erfahrungswissen wiedergegeben, von einer Normierung könne aber keine Rede sein. In diesem Sinne seien die Veröffentlichung der DWA von der Planfeststellungsbehörde auch durchaus in die Planungsentscheidungen einbezogen worden.

Die pauschalen Angriffe des Klägers gegen die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden fachlichen Einschätzungen seien zurückzuweisen. Die Angriffe gegen die vorhandene und die geplante Fischaufstiegsanlage seien bereits unschlüssig und im Übrigen haltlos. Der Frage des Einstiegs in den Fischpass sei im Planfeststellungsbeschluss sorgfältig nachgegangen worden. Haltlos seien auch die Angriffe gegen die Vorkehrungen zum Fischabstieg. Zur Frage etwaiger Schädigungen durch die Turbine seien eingehende Überlegungen angestellt worden. Das gelte auch für die übrigen Komponenten des Fischabstiegs (Fein- und Grobrechen, Bypasssystem). Der Kläger wiederhole schlicht seinen Vortrag im Planfeststellungsverfahren, nehme aber die Argumentation des Planfeststellungsbeschluss nicht zur Kenntnis. Die Beklagte macht hierzu im Einzelnen weitere Ausführungen.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie steht ebenfalls auf dem Standpunkt, dass die Klage unzulässig sei, und führt dies näher aus. Unabhängig davon sei die Klage aber auch unbegründet. Ebenso wie die Beklagte hebt sie hervor, dass es für den Fischschutz an Wasserkraftwerken noch keinen Stand der Technik gebe, vielmehr sei insoweit von einem auf die jeweils konkreten Verhältnisse abzielenden Optimierungsgebot auszugehen. Dieses Gebot sei hier erfüllt worden, wobei auch der besondere Umstand des Tideeinflusses zu berücksichtigen gewesen sei. Die Beigeladene nimmt im Weiteren im Einzelnen Stellung zur vorhandenen Fischaufstiegsanlage, zur geplanten Fischaufstiegsanlage, zur Schädigungsrate infolge der Turbinenpassage, zum Wehrüberlauf und zur Wehrklappensteuerung, zur Tauchwand und zum Grobrechen, zur Wirkung des Feinrechens / zur Anströmgeschwindigkeit, zur Wirksamkeit der Bypässe und zum Monitoring.

Die Verwaltungsvorgänge haben vorgelegen. Sie sind, soweit in dieser Entscheidung verwertet, Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden.

In der mündlichen Verhandlung hat das Oberverwaltungsgericht die Fischbiologen Dr. C, Dr. A, Dr. B sowie Dr. E (Fischereiforschungsstelle des Landes Baden-Württemberg, ...), der von den Klägern im Parallelverfahren 1 A 9/09 zum Termin sistiert worden ist, angehört.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers bleibt erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die vom Kläger erhobene Verbandsklage zu Recht als unzulässig abgewiesen (A). Selbst wenn man die Klage als zulässig betrachten würde, würde der Kläger aber mit seinen Begehren nicht durchdringen. Denn die Klage wäre in diesem Fall als unbegründet zurückzuweisen (B).

A) Zulässigkeit der Klage

I.

Der Kläger ist von der zuständigen Behörde des Landes Niedersachsen als Naturschutzverband anerkennt (vgl. Runderlass des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 01.10.1995, Nds. MBl. 36/1995, S. 1090). Aufgrund dieser Anerkennung kann er, gestützt auf § 61 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 25.03.2002 (BGBl. I S. 1193), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2008 (BGBl. I S. 2986) - BNatSchG - Rechtsbehelfe einlegen gegen Planfeststellungsbeschlüsse, die auf niedersächsischem Gebiet gelegene Vorhaben zum Gegenstand haben. Die Anerkennung berechtigt nicht dazu, Rechtsbehelfe gegen Planfeststellungsbeschlüsse einzulegen, die auf bremischem Gebiet gelegene Vorhaben betreffen.

Die dem Kläger erteilte Anerkennung als Naturschutzverband ist insoweit räumlich begrenzt. Unter der Geltung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 20.12.1976 i. d. F. der Bekanntmachung vom 12.03.1987 (BGBl. I S. 889) war dies ausdrücklich klargestellt. Die Anerkennung galt danach gemäß § 29 Abs. 4 S. 1 BNatSchG für das Gebiet des Landes, in dem die Anerkennungsbehörde ihren Sitz hatte. Die am 25.03.2002 erfolgte Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes hat diesen räumlichen Bezug nicht beseitigt.

Die Neufassung differenziert sowohl bei den Mitwirkungs- als auch den Klagerechten von anerkannten Naturschutzbehörden - kompetenzrechtlich bedingt - zwischen den Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern und trifft insoweit jeweils ausdrückliche Regelungen (§§ 58 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und Abs. 3; 60 Abs. 2 Nr. 6 und 7; 61 Abs. 2 Nr. 3; vgl. auch Gassner / Bendomir-Kahlo / Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Auflage 2003, § 60 Rn. 9). Ihr liegt ersichtlich die Prämisse zugrunde, dass die Reichweite der Anerkennung auch weiterhin davon bestimmt wird, welche Behörde im konkreten Fall die Anerkennung erteilt hat. Dass diese Beschränkung nunmehr nicht mehr ausdrücklich erwähnt wird, hat nicht zu einer Rechtsänderung geführt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass mit der im Jahre 2002 erfolgten Novellierung die bisherige räumliche Bindung fortfallen sollte.

Das bedeutet, dass die dem Kläger erteilte Anerkennung weiterhin nur für das Gebiet des Landes Niedersachsen gilt, das heißt für auf niedersächsischem Gebiet gelegene Vorhaben. Dass in einem anderen Bundesland - hier Bremen - gelegene Vorhaben möglicherweise Auswirkungen auf Niedersachsen haben, ändert hieran nichts.

Auch aus den Regelungen über die naturschutzrechtliche Verbandsklage in den §§ 43, 44 des Bremischen Naturschutzgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 19.04.2006 (BremGBl. S. 211), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.11.2006 (BremGBl. S. 467) - BremNatSchG - kann der Kläger keine Klagebefugnis für sich ableiten. Diese Regelungen knüpfen daran an, dass die Anerkennung von der zuständigen bremischen Behörde erteilt wurde (vgl. § 43 Abs. 3 BremNatSchG).

II.

Dem Kläger steht auch keine Klagebefugnis aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz vom 07.12.2006 (BGBl. I, S. 2816) - UmwRG - zu. Dieses Gesetz dient der Umsetzung von Art. 3 Nr. 7 und Art. 4 Nr. 4 der RL 2003/35/EG vom 26.05.2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der RL 85/337/EWG und 96/61 EG in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. EU Nr. L 156 S. 17, vgl. Koch, Die Verbandsklage im Umweltrecht, NVwZ 2007, 369 [376 ff]).

1.

Zwar fällt das geplante Vorhaben, weil es der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt (Anlage 1 Nr. 20 zu § 3 Abs. 1 S. 1 des Bremischen Landesgesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 28.05.2002 (BremGBl. S. 103), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.11.2007 (BremGBl. S. 489) - BremUVPG -), gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Auch steht der Klagebefugnis nicht entgegen, dass die Vorschriften, die der Kläger durch das Vorhaben als verletzt ansieht, zugleich die Grundlage einer naturschutzrechtlichen Verbandsklage bilden können. Denn entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts besteht in diesen Fällen kein Vorrang der naturschutzrechtlichen Verbandsklage; beide Klagen stehen vielmehr gleichrangig nebeneinander (so im Ergebnis auch Schlacke, Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, NuR 2007, 8 [13]; Vees, Anmerkung zum Urteil des Verwaltungsgerichts, ZUR 2008, 373; Marty, Die Erweiterung des Rechtsschutzes in Umweltangelegenheiten - Anmerkungen zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, ZUR 2009, 115 [120]).

2.

Ob einer Klagebefugnis die Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG entgegen gehalten werden könnte, wonach eine solche Befugnis nur bestehen soll, wenn die Vorschriften, deren Verletzung gerügt wird, "Rechte Einzelner begründen", erscheint zweifelhaft. Diese Einschränkung der Klagebefugnis könnte wegen der im vorliegenden Fall gerügten Vorschriften - es handelt sich um Vorschriften des Wasser- und des Naturschutzrechts - relevant werden. Gegen ihre Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft bestehen indes erhebliche Bedenken (zum Streitstand vgl. Berkemann, Umwelt- Rechtsbehelfsgesetz auf dem gemeinschaftsrechtlichen Prüfstand - Vorlagebeschluss des OVG Münster vom 05.03.2009, NordÖR 2009, 336). Diese Zweifel können hier aber auf sich beruhen, weil die Klagebefugnis aus anderen Gründen zu verneinen ist:

3.

Der Kläger beruft sich wegen seiner umweltrechtlichen Klagebefugnis auf § 3 Abs. 1 S. 4 UmwRG. Nach dieser Vorschrift gilt ein nach dem Bundesnaturschutzgesetz oder landesrechtlichen Vorschriften anerkannter Verein zugleich als anerkannt nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. § 3 Abs. 1 S. 4 UmwRG führt dazu, dass sich der Kreis der behördlichen Entscheidungen, gegen die der Verein Rechtsbehelfe einlegen kann, erweitert. Er erfasst nunmehr auch die in § 1 UmwRG näher bezeichneten Vorhaben. Im Übrigen reicht die Fiktion des § 3 Abs. 1 S. 4 UmwRG aber nur so weit, wie auch die naturschutzrechtliche Anerkennung reicht (so auch Marty, a. a. O., 115 [118]). Das bedeutet zum einen, dass der Verein entsprechend der erteilten Anerkennung nur naturschutzrechtliche Belange geltend machen kann - und nicht etwa allgemein umweltrechtliche. Außerdem gilt im Rahmen der Anerkennungsfiktion auch die mit der Anerkennung verbundene räumliche Beschränkung. Auch insoweit greifen die Bindungen, die aus der naturschutzrechtlichen Anerkennung resultieren. Das bedeutet, dass der Kläger auch im Rahmen von § 3 Abs. 1 S. 4 UmwRG nur gegen solche Vorhaben Rechtsbehelfe einlegen kann, die auf niedersächsischem Gebiet gelegen sind.

B. Begründetheit der Klage

Selbst wenn man die Klage entgegen der vorstehenden Ausführungen als zulässig betrachten würde, würde ihr das nicht zum Erfolg verhelfen. Sie wäre in diesem Fall unbegründet.

Das Oberverwaltungsgericht nimmt Bezug auf das im Verfahren 1 A 9/09 ergangene Urteil. Über jenes Verfahren, in dem der Bundesverband (Kläger zu 1.) und der bremische Landesverband (Kläger zu 2.) der Sportfischer sich gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 31.01.2007 gewandt haben, ist am 02. und 03.06.2009 gemeinsam mit dem vorliegenden Verfahren verhandelt worden. Die Verbandsklage des Klägers zu 1. hat das Oberverwaltungsgericht als unzulässig, die des Klägers zu 2. als unbegründet eingestuft. Die Ausführungen zur Unbegründetheit gelten auch für das vorliegende Verfahren. Aus ihnen folgt, dass die vorliegende Klage in jedem Fall auch in der Sache nicht durchdringen könnte, und zwar sowohl im Hinblick auf das Aufhebungs- als auch auf das Planergänzungsbegehren. Im Einzelnen heißt es dort:

"I.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht begegnet der Planfeststellungsbeschluss keinen Bedenken.

1.

Die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seines Ufers (Gewässerausbau) bedarf gemäß § 111a Abs. 1 S. 1 BremWG (§ 31 Abs. 2 S. 1 WHG) der wasserrechtlichen Planfeststellung durch die zuständige Behörde. Durch die von der Beigeladenen am rechten Weserufer neben der vorhandenen Staustufe Bremen-Hemelingen geplante Wasserkraftanlage wird das Ufer wesentlich umgestaltet, sodass eine Planfeststellung erforderlich war.

Rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte die Planfeststellung mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Gewässernutzung zum Kraftwerksbetrieb verknüpft hat. Zwar handelt es sich um unterschiedliche Verwaltungsakte, zwischen denen aber ersichtlich ein enger Sachzusammenhang besteht. § 31 Abs. 1 BremWG lässt das hier gewählte Vorgehen ausdrücklich zu.

2.

Den Anforderungen, die sich aus den Gesetzen über die Umweltverträglichkeitsprüfung des Bundes und des Landes in verfahrensrechtlicher Hinsicht ergeben, ist genügt worden.

Das Planaufstellungsverfahren für einen Gewässerausbau, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung des Bundes oder des Landes eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht (UVP-plichtiger Gewässerausbau), muss gemäß § 111a Abs. 1 S. 3 BremWG (§ 31 Abs. 2 S. 4 WHG) den Anforderungen dieser Gesetze entsprechen. Beim Bau einer Wasserkraftanlage handelt es sich um einen UVP-pflichtigen Gewässerausbau (Anlage 1 Nr. 20 zu § 3 Abs. 1 S. 1 BremUVPG).

Die verfahrensrechtlichen Anforderungen, die für einen solchen Gewässerausbau gelten, sind im vorliegenden Fall beachtet worden. Die für die Beurteilung der Umweltauswirkungen des Vorhabens maßgeblichen Unterlagen sind der Öffentlichkeit rechtzeitig zugänglich gemacht worden (vgl. dazu im Einzelnen die Darstellung der Öffentlichkeitsbeteiligung auf Seite 24 bis 27 des PFB), der Planfeststellungsbeschluss selbst enthält in seiner Begründung eine zusammenfassende Darstellung dieser Auswirkungen sowie deren Bewertung (vgl. § 4 BremUVPG, §§ 11 und 13 UVPG).

II.

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss begegnet in materiellrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken.

1.

Die Planrechtfertigung für den Gewässerausbau ist gegeben.

Planfeststellungen bedürfen der Planrechtfertigung, die ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung und eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns ist. Das Erfordernis ist erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachgesetzes ein Bedarf besteht, die Maßnahme unter diesem Gesichtspunkt also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern wenn es vernünftigerweise geboten ist (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 - BVerwGE 125, 116 [177]).

Ein Gewässerausbau, mit dem der Zweck verfolgt wird, Wasserkraft zur Energiegewinnung zu nutzen, bewegt sich im Rahmen der für eine wasserrechtliche Planfeststellung zulässigen Zielsetzungen. Die Energiegewinnung aus Wasserkraft wird in den gesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich erwähnt (z. B. § 95b Abs. 2 Nr. 1 BremWG, § 25b Abs. 2 Nr. 1b WHG; vgl. auch Czychkowski / Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 9. Auflage 2007, § 1a Rn. 11d). Es handelt sich um eine regenerative Form der Energieerzeugung, an der ein öffentliches Interesse besteht (vgl. auch §§ 1 Abs. 1, 6 Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 21.07.2004, BGBl. I S. 1918; jetzt §§ 1 Abs. 1, 23 Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 25.10.2008, BGBl. I S. 2074).

Die an der Staustufe Bremen-Hemelingen geplante Wasserkraftanlage soll eine Leistung von 9,9 Megawatt erbringen. Sie liegt damit "an der unteren Grenze der mittelgroßen Anlagen" (Gutachten Prof. Dr. F zum "Neubau einer Wasserkraftanlage an der Staustufe Bremen-Hemelingen" vom 20.04.2006, Seite 7). Auch wenn ihr Beitrag zur Gewinnung regenerativer Energie damit überschaubar sein mag, ändert es nichts daran, dass die Realisierung des Vorhabens im öffentlichen Interesse liegt.

2.

Das planfestgestellte Vorhaben verstößt nicht gegen zwingende Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes bzw. des bremischen Wassergesetzes.

a) Der Planfeststellungsbeschluss verletzt nicht das wasserrechtliche Koordinierungsgebot.

Die im Einzugsgebiet der Weser liegenden oberirdischen Gewässer bilden die Flussgebietseinheit "Weser". Die Bildung dieser Flussgebietseinheit findet ihre Grundlage in § 1b Abs. 1 WHG, an den § 2a Abs. 1 BremWG anknüpft. Die Flussgebietseinheit ist gem. § 2a Abs. 2 BremWG ganzheitlich zu bewirtschaften. Das Gesetz verlangt, dass die Bewirtschaftungsmaßnahmen bremischer Behörden mit den Behörden der Länder, in deren Gebiet die Flussgebietseinheit ebenfalls liegt, koordiniert werden. Die Bewirtschaftungsmaßnahmen haben sich insoweit an den Bewirtschaftungszielen, die in den §§ 95a bis 95d BremWG (25a bis 25d WHG) genannt werden, auszurichten. Sowohl die Pflicht zu einem koordinierten Verwaltungshandeln innerhalb der Flussgebietseinheit (Koordinierungsgebot) als auch die Bewirtschaftungsziele sind im Gemeinschaftsrecht verankert (Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 und 4, Abs. 1 RL 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik vom 23.10.2000 (ABl. EG Nr. L 327, S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2008/32/EG vom 11.03.2008 (ABl. EG Nr. L 81, S. 60) - Wasserrahmenrichtlinie -). In diesem länderübergreifenden, ganzheitlichen Ansatz ist eine wesentliche Neuausrichtung des Wasserrechts zu erblicken (Knopp, in Sieder / Zeitler / Dahme / Knopp, Wasserhaushaltsgesetz, § 1b WHG, Rn. 2).

Als wesentliche Bewirtschaftungsinstrumente nennt das Gesetz, wiederum in Umsetzung des Gemeinschaftsrechts, das Maßnahmeprogramm (§ 165a BremWG, § 36 WHG) und den Bewirtschaftungsplan (§ 165b BremWG, § 36b WHG). Beide Instrumente sind für die jeweilige Flussgebietseinheit aufzustellen; durch sie soll das Verwaltungshandeln der Bundesländer, in deren Gebiet die Flussgebietseinheit liegt, auf eine einheitliche Grundlage gestellt und inhaltlich verzahnt werden. In diesen Bewirtschaftungsinstrumenten konkretisiert sich das gemeinschaftsrechtliche Koordinierungsgebot.

Maßnahmeprogramm und Bewirtschaftungsplan sind bis spätestens zum 21.12.2009 aufzustellen (Art. 11 Abs. 7 und Art. 13 Abs. 6 WRRL; § 165 Abs. 2 BremWG). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses lagen sie für die Flussgebietseinheit Weser noch nicht vor. Aktuell sind Entwurfsfassungen veröffentlicht.

Das Koordinierungsgebot beinhaltet demgegenüber nicht, dass Maßnahmen und Einzelentscheidungen im Vollzug des Wasserhaushaltsgesetzes bzw. des entsprechenden Landesrechts, die von der zuständigen Behörde eines Bundeslandes getroffen werden, einem Zustimmungsvorbehalt der Wasserbehörden der übrigen Bundesländer, die zu der Flussgebietseinheit gehören, unterliegen. Für einen solchen Vorbehalt, der dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung der Länder (vgl. Jarass / Pieroth, GG, 10. Auflage 2009, Art. 30 Rn. 10) widerspräche, findet sich auch in der Wasserrahmenrichtlinie keine Grundlage. Die Richtlinie lässt für Flussgebietseinheiten, die sich über das Gebiet mehrerer Bundesländer erstrecken, die jeweiligen Verwaltungskompetenzen unberührt (Czychowski/Reinhardt, a. a. O., § 1b Rn. 7). Die maßgeblichen Instrumente zur Koordinierung des Verwaltungshandelns der Bundesländer sind vielmehr das genannte Maßnahmeprogramm und der Bewirtschaftungsplan.

Die Verwaltungsvereinbarung über die Bildung einer Flussgebietsgemeinschaft Weser vom 15.10.2003 (BremGBl. 2004, S. 27) sieht vor, dass über diese Bewirtschaftungsinstrumente die Weser-Ministerkonferenz beschließt (§§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 2), und zwar einstimmig (§ 3 Abs. 2). Erst durch diesen Beschluss binden die Bundesländer sich gegenseitig (zur Rechtsnatur des Maßnahmeprogramms vgl. Knopp, Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie - neue Verwaltungsstrukturen und Planungsinstrumente im Gewässerschutzrecht, NVwZ 2003, 275 [278]).

Solange die Phase der Aufstellung von Maßnahmeprogramm und Bewirtschaftungsplan noch nicht abgeschlossen ist, trifft die Bundesländer die materiellrechtliche Pflicht, alle Maßnahmen und Einzelentscheidungen zu unterlassen, die die Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Bewirtschaftungsziele gefährden oder erschweren könnten. Das Gemeinschaftsrecht fordert insofern zwar keinen Stillstand der Gewässerbewirtschaftung, verbietet aber die Schaffung vollendeter Tatsachen, die den Zustand der Gewässer verschlechtern und die Realisierung der Bewirtschaftungsziele behindern könnten (vgl. Prof. Dr. F, Gutachten vom 20.04.2006, Seite 37).

Solche Tatsachen werden durch das vom Kläger zu 2. angegriffene Vorhaben, wie sich aus nachfolgenden Ausführungen ergibt, nicht geschaffen. Das Vorhaben hat keine nachteiligen Auswirkungen auf die Fauna in der Flussgebietseinheit.

b) § 111 Abs. 1 S. 3 BremWG (§ 31 Abs. 1 S. 3 WHG) sieht vor, dass Maßnahmen des Gewässerausbaus sich an den Bewirtschaftungszielen der §§ 95a - 95d BremWG (§§ 25a - 25d WHG) ausrichten müssen. Sie müssen darüber hinaus gem. § 111 Abs. 1 S. 4 BremWG (§ 31 Abs. 1 S. 4 WHG) den Anforderungen entsprechen, die in dem für die Flussgebietseinheit geltenden Maßnahmeprogramm aufgestellt worden sind. Da im vorliegenden Fall bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses noch kein Maßnahmeprogramm aufgestellt war, konnten sich insoweit noch keine Anforderungen für den Gewässerausbau ergeben. Vorgaben - und zwar zwingende - sind aber in den Bewirtschaftungszielen selbst enthalten.

aa) Die in den §§ 95a - 95d BremWG (§§ 25a - 25d WHG) formulierten Bewirtschaftungsziele sind bei der Entscheidung über einen Gewässerausbau strikt zu beachten. Es handelt sich um normative Vorgaben, die der Abwägung nicht zugänglich sind (Czychowski / Reinhardt, a. a. O., § 31 Rn. 13; Schenk, in: Sieder / Zeidler / Dahme / Knopp, a. a. O., § 31 WHG Rn. 37e; Söhnlein, Das Verschlechterungsverbot der §§ 25a Abs. 1 Nr. 1, 25b Nr. 1 WHG in der Planfeststellung, NVwZ 2006, 1139).

§ 95a BremWG (§ 25a WHG) formuliert insoweit Bewirtschaftungsziele für natürliche Gewässer, § 95b BremWG (§ 25b WHG) für erheblich veränderte Gewässer. § 95c BremWG (§ 25c WHG) trifft Regelungen über die Fristen, innerhalb der diese Ziele zu verwirklichen sind, § 95d BremWG (§ 25d WHG) bestimmt schließlich näher, unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise von den Bewirtschaftungszielen abgewichen werden darf; über die dort abschließend beschriebenen Voraussetzungen hinaus ist eine Abweichung von den Bewirtschaftungszielen unzulässig. Das Gemeinschaftsrecht (Art. 4 Abs. 5 - 8 WRRL) eröffnet diesbezüglich keine Spielräume (Gellermann, Gewässerausbau im Lichte des neuen wasserwirtschaftlichen Ordnungsrahmens, DVBl. 2007, 1517 [1518]).

bb) Die Weser ist im hier relevanten Abschnitt (Unterweser und Mittelweser) ein erheblich verändertes Gewässer im Sinne des § 95b BremWG (§ 25b WHG). Ein Gewässer ist nach der gesetzlichen Definition des § 95b Abs. 1 S. 1 BremWG (§ 25b Abs. 4 Nr. 2 WHG) erheblich verändert, wenn es durch den Menschen in seinem Wesen physikalisch erheblich verändert worden ist. Maßgeblich ist insoweit die äußere Erscheinungs- und Zustandsform des Gewässers einschließlich der Struktur und Eigenschaften (Hydromorphologie). Die Veränderung des Wesens betrifft jede antropogene Abweichung von der natürlichen bzw. naturnahen morphologischen Beschaffenheit (Kotulla, Das WHG und dessen 7. Änderungsgesetz, NVwZ 2002, 1409 [1412]).

Nach diesem Maßstab kann die erhebliche Veränderung im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft sein. Die Unterweser ist bereits im 19. Jahrhundert vertieft worden, um den Verkehr von Hochseeschiffen zu ermöglichen. Als Ergebnis dieser Vertiefung ist etwa in Bremen, das 60 km landeinwärts liegt, ein mittlerer Tidenhub von 3,9 m zu verzeichnen. Im anschließenden Abschnitt der Mittelweser zwischen Bremen-Hemelingen und Porta Westfalica sind insgesamt 7 Staustufen eingerichtet worden. Diese Staustufen dienen dem Binnenschiffsverkehr auf der Weser, darüber hinaus werden auf diese Weise die Wasserstände aus Gründen des Hochwasserschutzes und der landwirtschaftlichen Nutzung reguliert. Die hydromorphologische Beschaffenheit von Unter- und Mittelweser ist insgesamt nachhaltig durch menschliche Eingriffe beeinflusst worden.

cc) Gemäß § 95b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BremWG (§ 25b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WHG) sind erheblich veränderte oberirdische Gewässer so zu bewirtschaften, dass "eine nachteilige Veränderung ihres ökologischen Potenzials und des chemischen Zustands vermieden wird." Die Vorschrift enthält ein Verschlechterungsverbot. Durch den Gewässerausbau darf sich das ökologische Potenzial des Gewässers nicht nachteilig verändern. Erfasst wird jede relevante Veränderung, die sich negativ auf das Potenzial des - ohnehin schon durch menschliche Eingriffe beeinträchtigten - Gewässers auswirkt. Soweit in Bezug auf das für nicht erheblich veränderte Gewässer geltende Verschlechterungsverbot des § 95a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BremWG (§ 25a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WHG) teilweise die Ansicht vertreten wird, dass nur der Wechsel in eine schlechtere Wasserzustandsklasse im Sinne des Anhangs 5 der Wasserrahmenrichtlinie vermieden werden müsse (zum Streitstand vgl. Köck, Die Implementation der EG-Wasserrahmenrichtlinie, ZUR 2009, 227 [229], kann dem jedenfalls für bereits erheblich veränderte Gewässer nicht gefolgt werden. Für diese Gewässer ist jegliche - weitere - Verschlechterung zu vermeiden.

Nach § 95b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BremWG (§ 25b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WHG) sind erheblich veränderte Gewässer außerdem so zu bewirtschaften, dass "ein gutes ökologisches Potenzial und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird". Dieses Verbesserungsgebot zielt auf das Maßnahmeprogramm als maßgebliches Bewirtschaftungsinstrument (Czychowski / Reinhardt, a. a. O., § 25a Rn. 9). Soweit ein Maßnahmeprogramm - wie im vorliegenden Fall - noch nicht aufgestellt worden ist, verpflichtet das Verbesserungsgebot dazu, die nach den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls möglichen Vorkehrungen zu treffen, um ein gutes ökologisches Potenzial zu erreichen. Die Vorschrift enthält insoweit ein wasserwirtschaftliches Sanierungsgebot.

dd) Sowohl das Verschlechterungsverbot als auch das Sanierungsgebot sind bei erheblich veränderten Gewässern auf deren ökologisches Potenzial bezogen, wobei das Gesetz für das Sanierungsgebot insoweit ausdrücklich die Anforderung eines guten ökologischen Potenzials formuliert. Der Begriff des guten ökologischen Potenzials ist abzugrenzen von dem des guten ökologischen Zustandes, der für naturnahe Gewässer im Sinne von § 95a Abs. 1 BremWG (§ 25a Abs. 1 WHG) gilt. Die Wasserrahmenrichtlinie gibt diesbezüglich für erheblich veränderte Gewässer deutlich unschärfere Beurteilungskriterien vor (Czychowski / Reinhardt, a. a. O., § 25b Rn. 3; Knopp, in: Sieder / Zeidler / Dahme / Knopp, a. a. O., § 25b WHG Rn. 6). Gleichwohl lassen sich die maßgeblichen Anforderungen hinreichend sicher bestimmen.

Unter hydromorphologischen Gesichtspunkten, die im vorliegenden Fall im Vordergrund stehen, ist nach den Kriterien der Wasserrahmenrichtlinie - neben dem Vorhandensein angemessener Laich- und Aufzuchtsgebiete - insbesondere auf die "Durchgängigkeit" des erheblich veränderten Gewässers für die Wanderungsbewegungen der Fauna abzustellen. Ist die Durchgängigkeit eingeschränkt, beeinflusst dies maßgeblich das ökologische Potenzial des Gewässers. Andererseits kann im Rahmen der ökologischen Bewertung nicht von den tatsächlichen Ursachen der erheblichen Veränderung abgesehen werden (Czychowski / Reinhardt, a. a. O., § 25b Rn. 3; vgl. Bundestagsdrucksache 14/7755, Seite 18). Müssen diese Ursachen hingenommen werden, ist das unter den gegebenen Umständen erreichbare Optimum anzustreben. Als "höchstes ökologisches Potenzial" definiert die Wasserrahmenrichtlinie in diesem Sinne einen Zustand, in dem unter den gegebenen Verhältnissen durch entsprechende Vorkehrungen die "beste Annäherung" an die Durchgängigkeit für die Wanderungsbewegungen erreicht wird, als "gutes ökologisches Potenzial" einen Zustand, der geringfügig hiervon abweicht (Anhang 5 WRRL, Nr. 1.2.5).

ee) Ob bei der Entscheidung über einen Gewässerausbau den vorstehenden Anforderungen an die Durchgängigkeit genügt wird, hängt von naturschutzfachlichen Beurteilungen ab. Wenn und solange sich die Fachwissenschaft insoweit nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist, fehlt es den Gerichten an der auf besserer Erkenntnis beruhenden Befugnis, eine naturschutzfachliche Einschätzung der sachverständig beratenen Planfeststellungsbehörde als "falsch" und "nicht rechtens" zu beanstanden. Deren Annahmen sind daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind. Insoweit steht der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine solche Einschätzungsprärogative wiederholt für verschiedene vergleichbare Fallgestaltungen anerkannt. Es hat betont, dass dies nicht bedeutet, dass der Verwaltung insoweit Freiräume ohne gerichtliche Kontrolle zugebilligt würden. Ihre Einschätzung muss methodisch abgesichert und nach dem aktuellen Stand der Fachwissenschaft inhaltlich vertretbar sein. Dieser Prüfungsmaßstab trägt in Ansatz und Umfang den Sachgegebenheiten Rechnung, die sich aus der jeweiligen materiellen (nationalen wie gemeinschaftsrechtlichen) Rechtslage ergeben (vgl. BVerwG, U. v. 09.06.2004 - 9 A 11/03 - BVerwGE 121, 72 [84]; B. v. 13.03.2008 - VR 9/07 - Rn. 45, juris; U. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 [297]).

c) Nach dem vorstehenden Maßstab steht das planfestgestellte Vorhaben sowohl mit dem Verschlechterungsverbot als auch mit dem Sanierungsgebot des § 95b Abs. 1 S. 1 BremWG (§ 25b Abs. 1 S. 1 WHG) in Einklang.

Die Staustufe Bremen-Hemelingen stellt - wie die übrigen Staustufen im Bereich der Mittelweser - ein Hindernis für die Wanderbewegungen der Fische und Neunaugen dar. Der Planfeststellungsbeschluss trifft Vorkehrungen, um die Bedingungen für die flussaufwärts gerichtete Wanderung der Fauna zu verbessern. In Bezug auf die flussabwärts gerichtete Wanderung stellt er sicher, dass die bisherigen Bedingungen durch die Wasserkraftanlage nicht verschlechtert werden.

aa) Zutreffend wird im Planfeststellungsbeschluss nicht nur auf die Bedingungen für die Wanderung der aktuell in der Weser vorhandenen Fauna abgestellt, sondern es werden mit Rücksicht auf die angestrebte Sanierung, d. h. das ökologische Potenzial des Gewässers, auch Arten in die Prüfung einbezogen, deren Wiederansiedlung noch erheblicher zusätzlicher Anstrengungen in der Flussgebietseinheit bedarf.

(1) Im Hinblick auf die vorhandene Fauna sind, soweit es um Langdistanzwanderer (diadrome Wanderer) geht, vor allem Neunaugen von Bedeutung. Gut vertreten sind die Flussneunaugen, während Meerneunaugen nur vereinzelt anzutreffen sind. Von Januar 1999 bis Juni 2000 ist von Dr. C und D im Auftrag des Wasser- und Schifffahrtsamts Bremen eine Funktionsüberprüfung der vorhandenen Fischaufstiegsanlage am linken Ufer durchgeführt worden. Die Anzahl der aufsteigenden Flussneunaugen wird in dieser Untersuchung auf 80.000 geschätzt. Insoweit zeichnet sich nach den erheblichen Bestandsrückgängen in den siebziger und achtziger Jahren seit den neunziger Jahren offenkundig eine Erholung der Population ab. Die Flussneunaugen wandern als ausgewachsene Tiere (30 - 42 cm lang) aus dem Meer zu den Laichplätzen, wobei sie in aalartig schlängelnder Manier Hindernisse überwinden. Die jungen Flussneunaugen (9 - 15 cm lang) wandern dann von ihren Aufwuchsgebieten im Mittel- und Oberlauf des Flusses zurück ins Meer (Dr. C, Gutachten "Auswirkungen des Neubaus eines Wasserkraftwerks an der Staustufe Bremen-Hemelingen auf die Fischfauna und der Gewässergüte" vom 20.07.2005, Planunterlage 6 des PFB, Seite 11, 12). Diese Wanderungsrichtung charakterisiert sie als anadrome Wanderer.

Darüber hinaus ist bei der genannten Funktionsüberprüfung die Existenz verschiedener Regionalwanderfische (potamodrome Wanderer) festgestellt worden, insbesondere Karpfenfische und Barsche (Dr. C, a. a. O., Seite 14).

(2) Demgegenüber sind die Wanderbedingungen für die Salmoniden (Lachse und Meerforellen) und Aale, bei denen es sich wie bei den Neunaugen um Langdistanzwanderer (diadrome Wanderer) handelt, z. Zt. ungünstig. Das hat dazu geführt, dass selbstreproduzierende Populationen praktisch nicht vorhanden sind. Zu Recht hat der Planfeststellungsbeschluss aber die Durchgängigkeit auch für diese Arten, deren Wiederansiedlung angestrebt wird, in die Prüfung einbezogen.

Beim Lachs handelt es sich nach seiner Wanderungsrichtung um eine anadrome Art. Die ausgewachsenen Lachse wandern aus dem Meer in ihren Heimatfluss, um dort zu laichen. Die ausgewachsenen Tiere sind schwimmstark; sie orientieren sich dabei an der jeweils stärksten Strömung. Die Jungfische (Smolts, Körperlänge 12 - 20 cm; Dicke 12 - 20 mm) wandern nach einem Aufenthalt von ein bis zwei Jahren im Süßwasser zurück ins Meer. Es wird gegenwärtig durch Besatzmaßnahmen mit Brütlingen versucht, die fast erloschenen Bestände wieder aufzubauen. Dementsprechend wachsen ausgesetzte Brütlinge in den ehemaligen Laichgewässern auf und wandern Jungfische (Smolts) auch ins Meer ab, doch ist die Zahl der adulten Rückwanderer noch gering. Maßgeblich hierfür sind die bestehenden Wanderhindernisse im Verlauf der Mittelweser. Überdies fehlt es offenbar an geeigneten Laichplätzen, weil durch Sandtrieb und andere Wasserbelastungen die Kiesbänke verloren oder verdorben sind (Dr. C, a. a. O., Seite 9). Die Meerforelle gleicht dem Lachs in ihren Verhaltensweisen und ihren Ansprüchen an den Lebensraum in vielerlei Hinsicht (Dr. C, a. a. O., Seite 11).

Ein starker Bestandsrückgang ist ebenfalls beim Aal zu verzeichnen. Aale, die nach ihrer Wanderrichtung zu den katadromen Arten zählen, wandern als Jungtiere aus dem Meer kommend (Glasaale) flussaufwärts. Nach einigen Jahren im Süßwasser wandern die ausgewachsenen Tiere (Blankaale 50 - 100 cm lang) wieder flussabwärts, um im Meer zu laichen. Es wird davon ausgegangen, dass ein nicht unwesentlicher Faktor für den - im gesamten europäischen Verbreitungsgebiet zu verzeichnenden - Bestandsrückgang Wasserkraftanlagen mit ungenügenden oder gänzlich fehlenden Schutzvorrichtungen für den Aalabstieg sind (Dr. C, a. a. O., Seite 12). So verfügt die Wasserkraftanlage an der Staustufe Intschede (Langwedel) etwa über keinerlei Schutzmaßnahmen bei der Turbinenpassage (Seite 35/36, 120 PFB; Protokoll des Erörterungstermins, Seite 16).

bb) Fischaufstieg

(1) [...].

(2) Der Planfeststellungsbeschluss beruht auf der Erwägung, dass die vorhandene, linksseitig an der Staustufe vorbeiführende Fischaufstiegsanlage infolge des planfestgestellten Vorhabens nicht funktionslos wird, sondern ihr auch weiterhin eine relevante Rolle beim Aufstieg der Fauna zukommt. Diese fachliche Einschätzung ist nicht zu beanstanden.

Diese Fischaufstiegsanlage besitzt derzeit eine für den Aufstieg der Fauna relevante Funktion, auch wenn ihre technische Einrichtung möglicherweise nicht in jeder Hinsicht als optimal anzusehen sein mag (Einmündung 100 m unterhalb des Wehrs in die Weser; rechtwinkeliger Einstieg; Fließgeschwindigkeit von mehr als 2 m pro Sekunde; vgl. Dr. B, Gutachten zum "Neubau eines Wasserkraftwerks an der Weser in Bremen-Hemelingen" vom 13.04.2006, Seite 8). Nach der von Dr. C und D durchgeführten Funktionsüberprüfung der Anlage kann jedenfalls kein Zweifel daran bestehen, dass diese in erheblichem Umfang für die Aufwanderung genutzt wird, insbesondere auch von Flussneunaugen (vgl. Dr. C, a. a. O., Seite 7, 8 und 12).

Das geplante Wasserkraftwerk hat Einfluss auf die Funktionsbedingungen der vorhandenen Fischaufstiegsanlage. Das hängt damit zusammen, dass durch das Kraftwerk die Strömungsverhältnisse im Unterwasser der Staustufe verändert werden. Derzeit läuft das Wasser der Weser, beeinflusst nur von der im Jahreslauf erheblich variierenden Abflussmenge, gleichmäßig über das Wehr ab. Zukünftig wird der Turbinenauslauf des Wasserkraftwerks, der am rechten Weserufer liegt, ein maßgeblicher Faktor für die Strömungsverhältnisse im Unterwasserbereich sein (vgl. dazu Gutachten Dr. G, Universität ..., vom 12.08.2005, Planunterlage 11, Seite 78 ff.). Da die aufwandernden Tiere sich an der Strömung des Gewässers orientieren, hat dies Auswirkungen auf deren Suchverhalten. Jedenfalls die schwimmstarken Arten werden sich mit der Hauptströmung zum rechten Weserufer orientieren. Wie Dr. C in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht überzeugend dargelegt hat, bedeutet das aber nicht, dass das linke Ufer mitsamt des dort gelegenen Fischpasses für die Aufwanderung irrelevant werden würde. Insbesondere die schwimmschwachen (z. B. Glasaale) und ufernah wandernden Arten (z. B. Neunaugen) finden dort weiterhin Bedingungen für einen erfolgreichen Aufstieg. Dazu trägt bei, dass die Aufwanderung dieser Arten in Monaten erfolgt (Flussneunaugen: Dezember bis April mit Aufstiegsmaximum Februar; Glasaale: Frühjahr, vgl. Dr. C, a. a. O., Seite 12 und 13), in denen die Weser häufig hohe Abflussmengen hat und deshalb neben der Wassermenge, die das Kraftwerk nutzt - tideabhängig zwischen maximal 140 m3 pro Sekunde und 220 m3 pro Sekunde -, noch erhebliche Wassermengen über das Wehr abfließen (zum Jahresgang der Weser vgl. Dr. C, a. a. O., Seite 4). Die Strömungsverhältnisse werden in diesen Zeiten also nicht allein von dem Turbinenauslauf bestimmt, sondern ebenfalls in relevanter Weise - wie bislang - von dem Wehrüberlauf. Daran, dass der vorhandene Fischpass unter diesen Bedingungen weiterhin eine relevante Funktion für den Aufstieg der verschiedenen Arten besitzen wird, besteht kein vernünftiger Zweifel.

(3) Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die fachliche Einschätzung, dass mit der geplanten zusätzlichen Fischaufstiegsanlage am rechten Ufer die Bedingungen für den Fischaufstieg gegenüber dem derzeitigen Zustand insgesamt verbessert werden.

Der neue Fischpass ist 240 m lang und durchschnittlich 3 m breit, die Wassertiefe beträgt 1 bis 1,3 m. Bei einer Höhendifferenz von 7 m beträgt das Gefälle 2,9 %. Die Anlage wird technisch als "Raue Rampe" ausgestaltet, die Strömung wird durch Stör- und Leitsteine gebremst und turbulent gemacht.

Der Ausstrom des Fischpasses in die Weser, der für die aufstiegswillige Fauna den Einstieg bildet, ist in den Turbinenausstromkanal integriert, um die erforderliche Nähe zum Turbinenauslauf zu erreichen, durch den - wie dargelegt - eine neue Hauptströmung entsteht. Bei der näheren Ausgestaltung des Einstiegs musste berücksichtigt werden, dass der Tidenhub in diesem Bereich durchschnittlich 3,9 m beträgt. Das führt dazu, dass die Fließgeschwindigkeit im Ausstromkanal im Tagesverlauf erheblich variiert. Bei Tideniedrigwasser ist die Geschwindigkeit deutlich höher als bei Tidehochwasser, was darauf beruht, dass bei Tideniedrigwasser ein deutlich höherer Turbinendurchlauf besteht (max. 220 m3 pro Sekunde) als bei Tidehochwasser (max. 140 m³ pro Sekunde). Überdies bestehen erhebliche Unterschiede zwischen der Fließgeschwindigkeit an der Wasseroberfläche und in Sohlnähe (vgl. im Einzelnen Planunterlage 16, Kap. 4, Tabelle 6).

Der Planfeststellungsbeschluss trägt diesen Standortbedingungen dadurch Rechnung, dass der erste, etwa 25 m unterhalb des Turbinenauslaufs gelegene Einstieg mit einer besonderen Vorrichtung versehen ist (höhenveränderbare Schützenanlage), die einmal einen ständigen sohlnahen und zum anderen einen oberflächennahen, an die jeweilige Tidephase angepassten Einstieg gewährleistet. Im Bereich des sohlnahen Einstiegs ist zudem eine Anrampung vorgesehen. Der Winkel, mit dem der Einstieg auf den Turbinenausstromkanal trifft, ist variierbar (45° bis 90°). Zudem wird - um die Auffindbarkeit zu erleichtern - mit einer Düse eine zusätzliche Strömung erzeugt, durch die die Leitströmung am Einstieg auf insgesamt 1,7 bis 1,9 m3 pro Sekunde erhöht wird.

Darüber hinaus sieht der Planfeststellungsbeschluss vor, dass ein zweiter Einstieg in die Fischaufstiegsanlage in unmittelbarer Nähe zum Turbinenauslauf angelegt wird. Dieser Einstieg soll schwimmstarken, oberflächennah aufsteigenden Fischen, die bis unmittelbar an das Turbinenbauwerk heranschwimmen, einen Einstieg in den Fischpass ermöglichen. Dies betrifft insbesondere die Salmoniden. Zugleich wird dadurch dem Umstand Rechnung getragen, dass es bei Tidehochwasser zu einem Einstau, d. h. einer Unterschreitung der kritischen rheoaktiven Geschwindigkeit, im Unterlauf des Fischpasses kommen kann.

Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende fachliche Einschätzung, dass diese verschiedenen Vorkehrungen für sich genommen tauglich und in ihrem Zusammenwirken geeignet sind, Bedingungen für eine erfolgreiche Aufwanderung der in Betracht kommenden Arten zu schaffen, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Die neue Fischaufstiegsanlage berücksichtigt das unterschiedliche Schwimmvermögen der Arten und trägt darüber hinaus deren unterschiedlichem Such- und Wanderverhalten Rechnung. Dass die hohe Fließgeschwindigkeit, die bei Tideniedrigwasser im Ausstromkanal herrscht, kleine, schwimmschwache Fische von einem Einschwimmen abhalten kann, steht deren Aufwanderung nicht entgegen. Zum einen mindert sich die Fließgeschwindigkeit bei Tidehochwasser deutlich, zum anderen kann davon ausgegangen werden, dass schwimmschwache Arten weiterhin in relevantem Umfang den bestehenden Fischpass am linken Ufer nutzen. Den Einwänden, die Dr. B in seinem Gutachten vom 13.04.2006 gegen die Auffindbarkeit und Passierbarkeit der Fischaufstiegsanlage erhoben hatte (Seite 12 ff. des Gutachtens), hat der Planfeststellungsbeschluss, soweit sie sachlich begründet waren, durch Modifikationen der ursprünglichen Planung Rechnung getragen.

Dr. C und Dr. A haben in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass durch die jetzt geschaffenen Vorkehrungen, auch unter Berücksichtigung des jeweils artspezifischen Suchverhaltens, die Voraussetzungen für den Fischaufstieg gegenüber dem gegenwärtigen Zustand deutlich verbessert werden. Sie haben sich mit den von Dr. B in seinem weiteren Gutachten vom 03.04.2007 erhobenen Einwänden (Seite 8 ff.), die von ihm in der mündlichen Verhandlung nochmals vorgetragen und von Dr. E ergänzt worden sind, eingehend auseinander gesetzt. Sie haben dabei zu Recht auf die besonderen Standortbedingungen der Wasserkraftanlage hingewiesen, denen durch die ergriffenen Maßnahmen Rechnung getragen wird. Sowohl die räumliche Positionierung der beiden Einstiege als auch die Höhe des durch die Düse zusätzlich erzeugten Leitstroms, ferner die Einstiegsgestaltung sowie der lichte Abstand zwischen den Störsteinen im Aufstieg selbst, haben sich dabei als fachlich begründet erwiesen. Die Fischaufstiegsanlage berücksichtigt in ihrer Dimensionierung und Durchflussmenge die Empfehlungen, die im Merkblatt 232/1996 des Deutschen Verbandes für Wasserwirtschaft und Kulturbau e. V. - DVWK - ("Fischaufstiegsanlagen - Bemessung, Gestaltung, Funktionskontrolle") enthalten sind. Dass sie dabei nicht, wie von Dr. B verlangt, auf den Aufstieg des Störs angelegt ist (durchschnittliche Körperlänge adulter Exemplare 3,0 m, vgl. Seite 26 DVWK-Merkblatt), kann nicht beanstandet werden, da diese Art seit langem in der Weser ausgestorben ist und eine Wiederansiedlung nicht in Betracht gezogen wird. Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende fachliche Einschätzung mit Rücksicht auf den vorhandenen fachwissenschaftlichen Erkenntnisstand gut vertretbar ist.

cc) Fischabstieg

d) [...]

(2) Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Erwägung, dass sich durch die Wasserkraftanlage die Bedingungen für die weserabwärts gerichtete Wanderung der Fische und Neunaugen nicht verschlechtern werden, hält einer rechtlichen Überprüfung stand.

Zunächst kann davon ausgegangen werden, dass der Wehrüberlauf als Wanderweg nicht vollständig entfällt. Der Planfeststellungsbeschluss legt fest, dass über eine der Wehrklappen ganzjährig ein Mindestabfluss von 15,0 m³ pro Sekunde gewährleistet sein muss (vgl. Seite 10, 55/57 PFB). Weiterhin ist von Bedeutung, dass zu bestimmten Jahreszeiten der Weserabfluss ein derartiges Volumen besitzt, dass er die Wassermenge, die das Kraftwerk nutzt - tideabhängig, wie dargelegt, zwischen max. 140 m³ pro Sekunde und 220 m³ pro Sekunde -, deutlich übersteigt. Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus, dass an durchschnittlich 75 Tagen des Jahres der Abfluss über das Wehr den Abfluss durch die Kraftwerksturbine dominiert; diese Annahme beruht auf einer Auswertung der durchschnittlichen, im Jahresverlauf variierenden Abflussmenge der Weser (Seite 55/56 PFB; Dr. C, a. a. O., Seite 4). Die Hauptwanderzeiten bestimmter Arten liegen zu nicht unwesentlichen Anteilen in diesen Zeiten hoher Abflüsse. Dies betrifft etwa die Flussneunaugen (Hauptwanderzeit zwischen Oktober und März mit einem Schwerpunkt von Dezember bis Februar) und Lachs-Smolts (Hauptwanderzeit im April und Mai, vgl. Dr. C, a. a. O., Seite 11). Dass dadurch die Abwanderung über die Wehrkrone gefördert wird, d. h. in Zeiten hoher Abflüsse der Wehrüberlauf in relevantem Umfang als Abwanderweg erhalten bleibt, leuchtet unmittelbar ein.

(3) Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss aber davon aus, dass dies nichts an der Erforderlichkeit effektiver Schutzvorrichtungen bezüglich des Turbinendurchlaufs ändert. Der Planfeststellungsbeschluss enthält insoweit ein aus mehreren Komponenten bestehendes Schutzkonzept. Die wesentlichen Bestandteile sind der Feinrechen mit dem Bypasssystem sowie die auf die Schonung der Fauna ausgerichtete Turbinentechnik. Dem vor dem Feinrechen befindlichen Grobrechen misst der Planfeststellungsbeschluss aufgrund seiner lichten Weite von 400 mm demgegenüber nur eine untergeordnete Bedeutung für den Schutz der abwandernden Fische bei (Seite 59).

Der Feinrechen hat eine Breite von 42 m und eine Höhe von 9,5 m. Er besitzt im unteren Bereich eine Neigung von 68°, die etwa auf halber Höhe in einen Rundbogen übergeht, der bis 20 cm unter die Wasseroberfläche geführt wird, wo das Wasser in einen Rechenüberlauf fließt. Die lichte Weite zwischen den Rechenstäben beträgt 25 mm. Damit die Tiere in das Unterwasser gelangen können, sind drei Bypasssysteme vorgesehen, nämlich der bereits genannte Rechenüberlauf, der rechtsseitig auf einer Breite von 1,5 m eine Höhe von 60 cm besitzt, das mittlere Bypasssystem auf halber Rechenhöhe und ein bodennahes Bypasssystem ca. 50 cm über dem Grund. Das untere und mittlere Bypasssystem verfügen über je 24 Einstiegsfenster in die Bypassrohre. Die Fenster sind jeweils 0,15 m hoch und 0,7 m breit.

Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Einschätzung, dass durch den Feinrechen und die verschiedenen Bypässe für die hier - auch im Hinblick auf das ökologische Potential des Gewässers - relevanten Arten ein Einschwimmen in den Turbinenkanal erheblich erschwert bzw. verhindert und gewährleistet wird, dass die Fauna gefahrlos in das Unterwasser gelangt, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Sie stützt sich auf das Gutachten von Dr. C (a. a. O., Seite 22 ff.) und Dr. A (Gutachten "Fischschutz an der geplanten Wasserkraftanlage in Bremen-Hemelingen" von Januar 2006, Planunterlage 7, Seite 48 ff.). Ferner sind die einschlägigen Ausführungen im Themenband "Fischschutz und Fischabstiegsanlagen" (2. Auflage 2005) der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. -DWA - sowie im Handbuch Querbauwerke (herausgegeben vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, 2005), berücksichtigt worden; sie werden im Planfeststellungsbeschluss jeweils im Einzelnen bezeichnet. Diese fachliche Einschätzung ist in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert worden. Dr. C und Dr. A haben ihre schriftlichen Ausführungen dabei untermauern können.

Der Feinrechen erzeugt mit seiner lichten Weite von 25 mm sowohl eine mechanische Barrierewirkung als auch eine das Verhalten beeinflussende Wirkung. Die Verhaltensbeeinflussung rührt daher, dass der Rechen die Tiere zu Ausweichreaktionen, d. h. dem Suchen nach alternativen Ausweichkorridoren, veranlasst. Der Rechen ruft insofern von den Fischen wahrgenommene visuelle, taktile und hydraulische Reize hervor. Mit den Bypasssystemen werden die nach einem Abwanderungskorridor suchenden Tiere gefahrlos in das Unterwasser geführt. Für die einzelnen Arten gilt dabei folgendes:

Bei den abwandernden - adulten - Aalen entfaltet der Feinrechen für die größeren Tiere bereits eine mechanische Barrierewirkung. Zu den größeren Tieren zählen insbesondere Weibchen, denen für die Reproduktion des Bestandes die hervorragende Bedeutung zukommt (Dr. A, a. a. O., Seite 51). Es kann davon ausgegangen werden, dass der Feinrechen darüber hinaus bei den nicht so großen Aalen eine wirksame Verhaltensbeeinflussung erzeugt, indem er sie zu Ausweichreaktionen veranlasst. Die Ausweichreaktion von Aalen gegenüber Hindernissen ist von Dr. A in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert worden.

Es kann weiter davon ausgegangen werden, dass die - eher sohlnah - abwandernden Aale bei ihrer Suche nach einem alternativen Abwanderungskorridor das für sie vorgesehene untere Bypasssystem mit seinen insgesamt 24 Einstiegsfenstern, die jeweils 0,7 m breit sind, auffinden. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass den Tieren aufgrund einer zu hohen Anströmgeschwindigkeit am Rechen eine Ausweichreaktion nicht möglich wäre und es zu der Situation eines "Anpressens" an den Rechen käme. Dr. B hat seine diesbezüglichen schriftlichen Einwände (Gutachten vom 03.04.2007, Seite 61 ff.) in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht nochmals vorgetragen. Sein Vorbringen ist nicht dazu geeignet, die Tragfähigkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden fachlichen Einschätzung (Seite 66/67) in Zweifel zu ziehen.

So bestimmt der Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich - und zwar in seinem verfügenden Teil -, dass die Anströmgeschwindigkeit am Feinrechen 0,7 m pro Sekunde nicht überschreiten darf (Seite 15). Diese Anströmgeschwindigkeit wird nur erreicht, wenn die Wasserkraftanlage die Wassermenge von 220 m³ pro Sekunde, die sie maximal in Anspruch nehmen darf (vgl. Seite 4 PFB), vollständig nutzt, d. h. bei Tideniedrigwasser. Bei Tidemittelwasser mindert sich die Anströmgeschwindigkeit bereits auf 0,55 m pro Sekunde (vgl. Planunterlage 16, Kap. 2, Tabelle 2). Dr. A hat in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die an verschiedenen Wasserkraftanlagen gesammelten Erfahrungen überzeugend dargelegt, dass bei solchen Strömungsverhältnissen die Aale nicht daran gehindert werden, nach einem alternativen Abwanderungskorridor zu suchen.

Feinrechen und Bypasssystem schützen ebenfalls die - oberflächennah abwandernden - Salmoniden-Smolts wirksam vor einem Einschwimmen in die Turbinenpassage. Bezüglich der Salmoniden-Smolts ist insbesondere die das Verhalten beeinflussende Wirkung des Feinrechens relevant (Seite 64 PFB unter Bezugnahme auf DWA-Themenband "Fischschutz und Fischabstiegsanlagen", a. a. O., Seite 112). Als Abwanderungskorridor kommt für die Salmoniden-Smolts vor allem das obere Bypasssystem, d. h. der Rechenüberlauf, in Betracht. Das Erreichen dieses Bypasssystems wird für die Salmoniden-Smolts dadurch erleichtert, dass der Feinrechen im oberen Bereich eine zunehmende Krümmung aufweist, was die Anströmgeschwindigkeit vermindert und die Abwanderung bzw. Drift in den Rechenüberlauf fördert (zu der Strömungsgeschwindigkeit in den oberen Segmenten des Rechens vgl. Planunterlage 16, Kap. 2, Tabelle 1).

Eine effektive Barrierewirkung entfaltet der Feinrechen schließlich auch für die übrigen, vor allem potamodromen Arten. Für diese Arten ist unter anderem auch das mittlere Bypasssystem, das ebenfalls über 24 jeweils 0,7 m breite Einstiegsfenster verfügt, in Betracht zu ziehen. Die Anströmgeschwindigkeit steht dem Aufsuchen des Bypasses nicht entgegen. Barschartige Fische (Perciden) und karpfenartige Fische (Cypriniden) sind in der Lage, sich Strömungsgeschwindigkeiten von 0,8 m pro Sekunde zu widersetzen (DWA-Themenband "Fischschutz und Fischabstiegsanlagen", a. a. O., Seite 80).

In der mündlichen Verhandlung ist erörtert worden, ob für diese teilweise hochrückigen Arten die Einstiegsfenster mit 0,15 m ausreichend hoch sind. Dr. C hat überzeugend dargelegt, dass dies der Fall ist.

Die Frage, ob die Tiere in den Bypassrohren selbst, etwa aufgrund der Stellung der Abflussrohre, Gefährdungen ausgesetzt sind, ist in der mündlichen Verhandlung erörtert worden. Der Vertreter der Beigeladenen hat unter Hinweis auf die Konstruktion der Rohre näher dargelegt, dass dies ausgeschlossen werden kann.

In Bezug auf die vorgesehene Rechenreinigungsanlage hat die mündliche Verhandlung ergeben, dass die eingesetzte Technik (hinterströmte Schaufelkämme, die in sehr flachem Winkel zwischen die Rechenstäbe fassen, vgl. Seite 72 PFB) geeignet ist, Schäden bei der Rechenreinigung wirksam zu minimieren.

Die vorstehenden Ausführungen gelten allerdings nicht für abwandernde Neunaugen. Für Neunaugen ist, sofern sie vor den Feinrechen gelangen, d. h. sofern sie nicht über den Wehrüberlauf abwandern, nicht auszuschließen, dass sie in größerer Zahl in den Turbinenkanal gelangen. Aufgrund der geringen Größe entfaltet der Rechen für sie keine mechanische Barrierewirkung. Ob er darüber hinaus eine Ausweichreaktion hervorruft, kann nicht verlässlich beurteilt werden. Denn zur Verhaltensreaktion junger Neunaugen auf Strömungshindernisse liegen keine Untersuchungen vor (Seite 62, 65 PFB).

(4) Für Neunaugen, sofern diese nicht über den Wehrüberlauf abwandern, sowie Fische, die den Feinrechen ungeachtet seiner Barrierewirkung durchschwimmen, stellt sich mithin die Frage des Risikos einer Schädigung bei der Turbinenpassage. Dem Planfeststellungsbeschluss liegt insoweit die fachliche Einschätzung zugrunde, dass für einzelne Arten, darunter Barsche und Aale, ein Schädigungsrisiko nicht auszuschließen ist, das sich allerdings im einstelligen Prozentbereich bewegt (Seite 53 PFB). Für Aale sei dies mit bis zu 5 % zu veranschlagen. Im Planfeststellungsbeschluss wird zugleich hervorgehoben, dass diese Prozentangaben sich nur auf die tatsächlich die Turbine passierenden Fische beziehen; aufgrund der Bypasssysteme gelange der überwiegende Teil der Tiere überhaupt nicht in die Turbinenpassage. Für Salmoniden-Smolts wird ein Schädigungsrisiko im deutlich unteren einstelligen Bereich veranschlagt (Seite 52 PFB). Für abwandernde Neunaugen sei das Risiko von Turbinenschäden noch geringer zu bewerten (Seite 53 PFB).

Diese fachliche Einschätzung stützt sich maßgeblich auf das Gutachten von Dr. A (a. a. O., Seite 38 ff.), darüber hinaus auf eine Auswertung der im Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen zitierten Literatur über Untersuchungen an anderen Wasserkraftanlagen. Bereits der Erläuterungsbericht von Januar 2006 hatte insoweit eine entsprechende Literaturauswertung enthalten (Planunterlage 2, Anhang 11). Das Oberverwaltungsgericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass diese Einschätzung fachlich vertretbar ist.

Durch die ergriffenen technischen Vorkehrungen wird das Risiko einer zu Verletzungen führenden Kollision mit starren oder beweglichen Turbinenteilen wirksam gemindert. Die Wasserkraftanlage wird mit 2 horizontal liegenden Kaplan-Rohrturbinen mit einer mechanischen Leistung von jeweils ca. 5 MW ausgestattet werden. Bereits der horizontale Einbau der Turbine vermindert gegenüber dem sonst häufig praktizierten vertikalen Einbau deutlich das Risiko mechanischer Verletzungen. Denn dadurch wird die ansonsten erforderliche zweimalige Änderung der Strömungsrichtung vermieden; beim horizontalen Einbau bleibt der Wasserstrom durch die Turbine bis auf die Laufradebene von der Gesamtausrichtung stabil (Dr. A, a. a. O., Seite 44). Die Ausführungen, die Dr. A hierzu in seinem Gutachten gemacht hat, sind konkret und nachvollziehbar. Die Einwände, die Dr. B insoweit erhoben hat (Gutachten vom 03.04.2007, Seite 72/73), setzen sich nicht konkret mit diesen Ausführungen auseinander; sie sind nicht geeignet, diese in Frage zu stellen.

Es kommen weiterhin keine herkömmlichen Kaplan-Rohrturbinen zum Einsatz, sondern ein Turbinentyp, der speziell zur Minderung der Risiken für die Fauna entwickelt worden ist, der sogenannte "Minimum Gap Runner". Dieser Turbinentyp ist technisch so konstruiert, dass Spaltbildungen zwischen Turbinenschaufeln und Turbinenmantel bzw. Laufradmantel minimiert werden (Dr. A, a. a. O., Seite 46; Seite 47 PFB; vgl. dazu auch DWA-Themenband "Fischschutz und Fischabstiegsanlagen", a. a. O., Seite 204/205). Dr. A hat in der mündlichen Verhandlung näher erläutert, dass aufgrund der von ihm durchgeführten Untersuchungen am Kraftwerk Dettelbach davon ausgegangen werden müsse, dass die bei den herkömmlichen Turbinen vorhandenen Spaltbildungen eine wesentliche Ursache für die mechanischen Verletzungen, gerade auch bei abwandernden Aalen, seien. Dr. E hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Entwicklung des "Minimum Gap Runners" insgesamt als positiv zu bewerten sei.

Die Ausführungen, mit denen Dr. B die positiven Wirkungen dieses Turbinentyps in Frage gestellt hat (Gutachten vom 03.04.2007, Seite 74), setzen sich mit den von Dr. A genannten, belegbaren technischen Verbesserungen nicht auseinander.

Zur Risikominderung trägt weiter bei, dass die Turbinen im vorliegenden Fall jeweils nur drei Schaufeln besitzen, was gegenüber Turbinen mit vier Schaufeln - so etwa im Falle der von Dr. A untersuchten Wasserkraftanlage Dettelbach - die Kontaktwahrscheinlichkeit mit den Laufrädern reduziert (Dr. A, a. a. O., Seite 45). Das Risiko von zu Verletzungen führenden Kollisionen wird durch die ergriffenen Maßnahmen insgesamt wirksam gemindert.

In der mündlichen Verhandlung ist weiter eingehend erörtert worden, welche Schädigungsrisiken aus den Druckunterschieden resultieren, denen die Tiere bei der Passage der Turbine ausgesetzt sind. Druckunterschiede treten durch die Energieumwandlung auf, die bei der Passage des Turbinenlaufrads erfolgt. Sie können, wenn sie zu hoch sind, insbesondere Fische mit Schwimmblasen, und hier wiederum solche ohne Druckausgleichsöffnung, gefährden. Der Planfeststellungsbeschluss beruht auf der Annahme, dass für die hier relevanten diadromen Arten eine Gefährdung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Lediglich bei Arten ohne Druckausgleichsverbindung (Physoklisten), z. B. Barschen, sei von einem insgesamt aber geringen Schädigungsrisiko (unter 3 % der auftretenden Situationen) auszugehen. Das insgesamt niedrige Risiko sei auf das vergleichsweise geringe Gefälle zurückzuführen, das bei der geplanten Anlage an der unteren Grenze des mit Niederdruckturbinen nutzbaren Bereichs liege (Seite 50 PFB). In der mündlichen Verhandlung hat ein Vertreter der Beigeladenen die Druckzustände, die bei den unterschiedlichen Betriebssituationen der Turbine bestehen (vgl. dazu Planunterlage 2, Anhang 11, Tabelle 5), näher erläutert. Er hat darlegen können, dass die maßgeblichen Druckverhältnisse entgegen der von Dr. B erhobenen Einwände nicht unvollständig erfasst worden sind.

Die Risikoabschätzung, die der Planfeststellungsbeschluss für die einzelnen Arten hinsichtlich der Turbinenpassage trifft (Seite 52/53), beruht damit auf einer tragfähigen Grundlage. Sowohl hinsichtlich der hier relevanten diadromen als auch der potamodromen Arten kann die Einschätzung, die Turbinenanlage sei "weitestgehend fischschonend" (Dr. A, a. a. O., Seite 61), als fachlich abgesichert angesehen werden.

In Bezug auf die abwandernden Flussneunaugen kommt dabei als maßgeblicher Gesichtspunkt hinzu, dass für diese die Turbinenpassage aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Größe und des Fehlens einer Schwimmblase ohnehin nur mit einem geringen wasserkraftbedingten Schädigungsrisiko verbunden ist. Knochenbrüche können bei dieser Art nicht auftreten, da sie ein bindegewebiges, nicht verknöchertes Skelett besitzt (Seite 53 PFB).

dd) Der Planfeststellungsbeschluss enthält verschiedene Auflagen, um die Wirksamkeit des Fischschutzkonzeptes während des Betriebs der Wasserkraftanlage zu kontrollieren (Monitoringprogramm). Derartige Kontrollmaßnahmen sind, weil das Fischschutzkonzept auf dem Zusammenwirken verschiedener, auf die besonderen Standortbedingungen zugeschnittener Elemente beruht, rechtlich geboten. Das Kontrollprogramm wird im verfügenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses (Seite 15/16), in der Planunterlage 2, Anhang 12, sowie in der Planunterlage 16, Kapitel 6.6, näher bezeichnet. Der Planfeststellungsbeschluss nimmt auf die genannten Unterlagen ausdrücklich Bezug. Festgelegt werden sowohl eine hydraulische als auch eine biologische Funktionskontrolle. Durch die vorgesehenen Maßnahmen wird eine wirksame Überprüfung gewährleistet.

Als Grundlage für das Kontrollsystem ist zunächst vorgesehen, dass die Abflussmengen der Weser sowie die genutzten Betriebswassermengen kontinuierlich erfasst und ausgewertet werden (Planunterlage 2, Anhang 12, Seite 3). Die hydraulische Funktionskontrolle beinhaltet im Weiteren regelmäßig vorzunehmende Messungen, durch die die Betriebszustände in den Auf- und Abstiegssystemen der Fischschutzeinrichtungen erfasst werden. Die Messungen erstrecken sich auf den neuen Fischpass (Wassertiefe, Strömung und Fließgeschwindigkeit), den oberen Bypass, die Einstiegsöffnungen am mittleren und unteren Bypasssystem (jeweils Messung der Fließgeschwindigkeit) sowie die Sammelleitungen des mittleren und unteren Bypasssystems (Messung der Durchflussmenge). Die Häufigkeit der Messungen wird dabei jeweils im Einzelnen festgelegt (Planunterlage 2, Anhang 12, Seite 4).

Zur biologischen Funktionskontrolle werden Fischzählungen vorgeschrieben. Diese erstrecken sich sowohl auf die Bypassleitungen als auch auf die Turbinenpassage. Insoweit ist die Häufigkeit ebenfalls festgelegt (Planunterlage 2, Anhang 12, Seite 7). Aufgrund der im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwendungen sind überdies die Voraussetzungen für die Erfassung der durch die Bypassleitungen abgeleiteten Fische verbessert worden: Die Revisionsschächte in den Leitungen werden mit speziellen Erfassungseinrichtungen für die Fische versehen (Planunterlage 16, Kapitel 6.6). Aufgrund der im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwendungen legt der Planfestfeststellungsbeschluss zudem fest, dass während der Aufstiegszeiten im Fischpass Zählungen vorzunehmen sind; in das diesbezügliche Monitoring ist danach der bestehende Fischpass am linken Ufer einzubeziehen (Seite 15 PFB). Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie verlangen werde, dass die Ergebnisse des Monitoring-Programms dokumentiert und veröffentlicht werden, das gelte insbesondere auch in Bezug auf den Aufstieg der Neunaugen.

Das Monitoring-Programm ist detailliert und aufwendig. Es stellt sicher, dass die Wirksamkeit des Fischschutzkonzepts effektiv überprüft werden kann. Es ermöglicht nicht nur der Beigeladenen, etwa im Rahmen des Anlagenmanagements (vgl. dazu Seite 72 PFB), auf unerwartete Störungen zu reagieren. Durch die Bekanntgabe der Ergebnisse des Monitoring-Programms ist überdies eine wirksame öffentliche Kontrolle sichergestellt.

d) Da somit nicht von den Bewirtschaftungszielen des § 95b Abs. 1 BremWG (§ 25b Abs. 1 WHG) abgewichen wird, bedarf es keiner Prüfung, ob die Ausnahmevoraussetzungen des § 95d Abs. 1 BremWG (§ 95d Abs. 1 WHG) erfüllt sind.

[...]

3.

Das Vorhaben verstößt entgegen der Auffassung des Klägers zu 2. nicht gegen die Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten dienen.

a) Die Verträglichkeitsprüfung nach § 26c BremNatSchG (FFH-Verträglichkeitsprüfung) ist ordnungsgemäß durchgeführt worden.

Projekte, die dazu geeignet sind, ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG (FFH-Gebiete) erheblich zu beeinträchtigen, sind gemäß § 26c Abs. 1 S. 1 BremNatSchG (§ 34 Abs. 1 BNatSchG) vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des betreffenden Gebiets zu überprüfen. Ergibt diese Prüfung, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen eines FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es grundsätzlich unzulässig. Es darf dann nur aufgrund einer Abweichungsentscheidung, deren eng umrissene Voraussetzungen im Gesetz im Einzelnen genannt werden, genehmigt werden (§ 26c Abs. 2 BremNatSchG; § 34 Abs. 2 und 3 BNatSchG). Die Verträglichkeitsprüfung wird auf der Grundlage der vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen, aus denen die für die Beurteilung erforderlichen Einzelheiten hervorgehen müssen, von der obersten Naturschutzbehörde vorgenommen (§ 26c Abs. 1 S. 2 BremNatSchG).

Sie hat ihre Grundlage in Art. 6 Abs. 3 RL 92 /43/EWG vom 21.05.1992 (ABl. EG Nr. L 206, S. 7), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20.11.2006 (ABl. EG Nr. L 363, S. 368) - FFH-RL -. Die Unterlagen, auf denen die Verträglichkeitsprüfung beruht, dürfen danach nicht lediglich einen summarischen oder punktuellen Charakter besitzen, sondern müssen die relevanten Gesichtspunkte umfassend berücksichtigen. Das Gemeinschaftsrecht schreibt insoweit keine bestimmte fachliche Methode für die Erfassung und Bewertung vor, verlangt aber, dass vor der Genehmigung des Projekts unter Heranziehung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse die Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele des Betreffenden FFH-Gebiets ermittelt werden (vgl. EuGH, U. v. 07.09.2004, C-127/02, Slg. 2004, I - 7405 = NuR 2004, 788; U. v. 20.09.2007, C-304/05, Slg. 2007 - 7495 = NuR 2007, 679; Storost, FFH-Verträglichkeitsprüfung und Abweichungsentscheidung, DVBl. 2009, 673 [674]).

Die geplante Wasserkraftanlage ist ein Projekt, von dem erhebliche Beeinträchtigungen auf die Erhaltungsziele von FFH-Gebieten ausgehen können. Denn die Weser ist in diesem Bereich Wanderstrecke für Neunaugen, für deren Erhaltung oberhalb der Wasserkraftanlage im Flusssystem der Aller zwei FFH-Schutzgebiete eingetragen sind (1."Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker" (DE 3021-331) maßgebliches Erhaltungsziel unter anderem: Sicherung eines günstigen Erhaltungszustands der wandernden Population der Arten Meer- und Flussneunauge; 2. "Entenfang Boye und Bruchbach" (DE 3226-331) maßgebliches Erhaltungsziel unter anderem: Sicherung eines günstigen Erhaltungszustands der wandernden Art Flussneunauge).

Die oberste Naturschutzbehörde hat im vorliegenden Fall eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt (Planunterlage 10 des PFB). Grundlage hierfür waren verschiedene, in der fachlichen Beurteilung der obersten Naturschutzbehörde näher bezeichnete Unterlagen, darunter die bereits genannten Gutachten von Dr. C vom 20.07.2005 und Dr. A vom Januar 2006 (Planunterlage 6 und 7 des PFB). Es handelt sich um fachwissenschaftliche Gutachten, die eine konkrete Untersuchung des Gefahrenpotentials der geplanten Wasserkraftanlage vornehmen. Auf der Grundlage der ihr vorliegenden Unterlagen ist die oberste Naturschutzbehörde in ihrer fachlichen Beurteilung von 10.02.2006 zu dem Ergebnis gelangt, dass von dem Vorhaben keine Beeinträchtigungen für die beiden FFH-Gebiete ausgehen.

Die Planfeststellungshörde hat im weiteren Verwaltungsverfahren diese fachliche Beurteilung, die genannten Gutachten sowie darüber hinaus die - nach Auslegung der Antragsunterlagen - erhobenen Einwendungen berücksichtigt, darunter das von Dr. B erstellte Gutachten vom 13.04.2006, das von dem Kläger im Parallelverfahren 1 A 7/09 vorgelegt worden war. Die Einwendungen haben die Planfeststellungsbehörde veranlasst, das Schutzkonzept in Hinblick auf den Fischaufstieg, das obere Bypasssystem (Rechenüberlauf) und das Monitoringprogramm zu ergänzen (Seite 26/27, 84 PFB).

Die Planfeststellungsbehörde hat in der zusammenfassenden Würdigung ausgeschlossen, dass das Vorhaben nachteilige Auswirkungen auf die Erhaltungsziele der beiden FFH-Gebiete haben könnte (Seite 119 ff. PFB). Sie hat dabei die Bedingungen für die Auf- und Abwanderung der Neunaugen umfassend und konkret in die Prüfung eingestellt (Seite 37, 53, 56, 62, 64/65, 70/71, 82, 117, 119 ff.). Den Anforderungen, die das Gemeinschaftsrecht in verfahrensrechtlicher Hinsicht an die Ermittlung der Auswirkungen des Vorhabens sowie die Einbeziehung der besten einschlägigen fachwissenschaftlichen Erkenntnisse stellt, ist damit Rechnung getragen worden.

b) Das Ergebnis, zu dem die Planfeststellungsbehörde gelangt ist, ist auch in materiellrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 26c Abs. 1 BremNatSchG keine Einschätzungsprärogative besitzt, wie sie ansonsten für naturfachliche Beurteilungen anerkannt ist. Vielmehr hat die Behörde unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse den Nachweis zu führen, dass eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele der betroffenen Gebiete durch das Vorhaben ausgeschlossen ist. Bestehen nach Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen aus wissenschaftlicher Sicht vernünftige Zweifel daran, dass das Vorhaben die Erhaltungsziele nicht beeinträchtigen wird, so darf die Planfeststellungsbehörde kein positives Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung feststellen (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 - BVerwGE 128, 1 [30]; U. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 [334]). Vielmehr darf das Vorhaben dann gemäß der Regelungen in § 26c Abs. 2 und 3 BremNatSchG, die ihre Grundlage in Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie finden, nur aufgrund einer Abweichungsprüfung zugelassen werden.

Im vorliegenden Fall bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass das planfestgestellte Vorhaben die Erhaltungsziele der beiden FFH-Gebiete nicht beeinträchtigen wird. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Bedingungen für die Zu- und Abwanderung der Neunaugen in diese Gebiete sich aufgrund des Vorhabens gegenüber dem gegenwärtigen Zustand verschlechtern werden; die Bedingungen für die Zuwanderung werden sich sogar verbessern. Die im Planaufstellungsverfahren vorgelegten Unterlagen erlauben insoweit in Bezug auf die Durchgängigkeit für die Neunaugen - über den Maßstab der fachlichen Vertretbarkeit hinaus - eine vernünftige Zweifel ausschließende Beurteilung.

aa) Es kann verlässlich davon ausgegangen werden, dass für die Aufwanderung der - adulten - Neunaugen in ihre FFH-geschützten Laichgebiete zum einen weiterhin der am linken Ufer vorhandene Fischpass und zum anderen zusätzlich der neu angelegte Fischpass am rechten Ufer zur Verfügung stehen. Auch wenn die Aufwanderung sich teilweise an das rechte Ufer verlagert, ändert das nichts daran, dass für die ufernah aufwandernden Neunaugen nunmehr zwei Aufstiegsmöglichkeiten vorhanden sind. Die Feststellungen, die dazu oben im Einzelnen getroffen sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der vorhandene Fischpass wird bislang von den Flussneunaugen gut angenommen. Er bleibt für sie auch weiterhin funktionsfähig, und zwar ungeachtet der Veränderung der Strömungsverhältnisse, die im Unterwasser des Wehrs aufgrund der Wasserkraftanlage eintritt. Dazu trägt u. a. bei, dass die Aufwanderung der Tiere in Zeiten hoher Weserabflüsse fällt, in denen der Wehrüberlauf in relevantem Umfang - wie bisher - eine eigene Strömung besitzt.

Die neue Fischaufstiegsanlage am rechten Ufer schafft zusätzliche Möglichkeiten für einen erfolgreichen Aufstieg. Der als "Raue Rampe" angelegte, 240 m lange Fischpass bietet gute Aufstiegsbedingungen. Die Fliessgeschwindigkeit im Fischpass liegt bei maximal rund 1 m pro Sekunde und ist damit nicht zu hoch. Der Einstieg in den Fischpass liegt deutlich näher am Wanderhindernis als beim vorhandenen Pass, was die Auffindbarkeit erleichtert. Durch besondere Vorkehrungen am Einstieg (höhenveränderbare Schützenanlage; variabler Winkel des Einstiegs; Erzeugung einer zusätzlichen Leitströmung) wird die Auffindbarkeit, auch für Neunaugen, zusätzlich bessert.

Dass die Erhaltungsziele der beiden FFH-Gebiete beeinträchtigt werden könnten, weil die Neunaugen aufgrund des planfestgestellten Vorhabens gegenüber den derzeitigen Verhältnissen nur noch unter erschwerten Bedingungen und in verminderter Anzahl in ihre Laichgebiete aufwandern könnten, kann unter diesen Voraussetzungen ausgeschlossen werden. Nach den vorliegenden Unterlagen, die oben im Einzelnen benannt worden sind, kann hieran kein vernünftiger Zweifel bestehen.

bb) Das gilt auch für die Abwanderung der jungen Neunaugen aus den beiden FFH-Gebieten in das Meer. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Wasserkraftanlage zu Schäden bei den Tieren führt, die die Anzahl der zum Meer gelangenden Exemplare in einer für die Population relevanten Weise mindern würde und damit mittelbar die Erhaltungsziele der beiden FFH-Gebiete beeinträchtigen könnte. Die dazu oben getroffenen Feststellungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Für die Abwanderung der inzwischen wieder gut vertretenen Flussneunaugen, deren Hauptwanderzeit zwischen Oktober und März mit einem Schwerpunkt von Dezember bis Februar liegt, bleibt der Wehrüberlauf weiterhin in relevanter Weise als Wanderweg erhalten. Unabhängig davon muss aber damit gerechnet werden, dass ein Teil der abwandernden Neunaugen in den Turbineneinlauf gerät, dort den Feinrechen überwindet und in die Turbine gelangt. Dass die Turbinenpassage in diesem Fall in relevantem Umfang zu Schäden an den Neunaugen führt, kann indes ausgeschlossen werden. Zu berücksichtigen sind insoweit zunächst der horizontale Einbau der Turbinen, die Turbinentechnik, die die Fauna schont ("Minimum Gap Runner") sowie die Beschränkung auf 3 (statt 4) Turbinenschaufeln. Hinzu kommt, dass die Turbinenpassage für abwandernde junge Flussneunaugen aufgrund ihrer spezifischen Konstitution (geringe Größe; Fehlen einer Schwimmblase; bindegewebiges, nicht verknöchertes Skelett) ohnehin nur mit einem geringen wasserkraftbedingten Schädigungsrisiko verbunden ist. So ist etwa zu erklären, dass die Wasserkraftanlage an der Staustufe Intschede (Langwedel), die über keinerlei Schutzmaßnahmen bei der Turbinenpassage verfügt (vgl. Seite 35/36, 120 PFB; Protokoll des Erörterungstermins, Seite 16), die erneute Etablierung der Flussneunaugen nicht gehindert hat. Vernünftige Zweifel daran, dass diese auf die spezifische Konstitution der Tiere abstellende Erwägung nicht tragfähig sein könnten, bestehen nicht. Auch Dr. B hat in seinem Gutachten vom 03.04.2007 die Risikoabschätzung des Planfeststellungsbeschlusses, soweit es um die Turbinenpassage von Neunaugen geht, nicht in Zweifel gezogen (vgl. Seite 79 ff.).

Die Anforderungen, die sich aus der FFH-Richtlinie ergeben, sind damit sowohl in verfahrensrechtlicher als auch in materiellrechtlicher Hinsicht erfüllt. [...]

4.

Die Planfeststellungsbehörde hat bei der Entscheidung über einen Gewässerausbau nach § 111a Abs. 1 S. 2 BremWG (§ 31 Abs. 2 S. 1 WHG) die von dem Projekt berührten Belange fehlerfrei abzuwägen. Das verlangt zunächst, dass die Belange zutreffend ermittelt werden.

Weiterhin sind sie jeweils mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen. Schließlich dürfen die Belange in der eigentlichen Abwägungsentscheidung nicht in einer Weise in Beziehung gesetzt werden, die als unverhältnismäßig qualifiziert werden müsste.

Die wasserrechtliche Abwägung wird dabei gesteuert durch die in § 111 Abs. 1 S. 1 BremWG (§ 31 Abs. 1 S. 1 WHG) sowie in § 111 Abs. 2 S. 1 BremWG (§ 31 Abs. 5 S. 1 WHG) enthaltenen Abwägungsdirektiven. Danach ist dem Ziel der Erhaltung eines naturnahen Zustands bzw., wenn ein solcher nicht mehr vorhanden ist, dem Ziel der - im Rahmen des Möglichen - Zurückführung zu einem solchen Zustand in der Abwägung eine maßgebliche Bedeutung beizumessen (vgl. Schenk, in: Sieder / Zeitler / Dahme / Knopp, a. a. O., § 31 WHG Rn. 35 und 38; Czychowski / Reinhardt, a. a. O., § 31 Rn. 9, 48).

Nach diesem Maßstab ist die Abwägungsentscheidung der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat der Frage der Durchgängigkeit für die in der Weser wandernde Fauna eine zentrale Bedeutung in ihrer Abwägungsentscheidung beigemessen. Dabei durfte sie davon ausgehen, dass mit der Staustufe Bremen-Hemelingen bereits ein Wanderhindernis für die Fauna vorhanden ist, andererseits war aber zu gewährleisten, dass die Wanderungsbedingungen sich durch die Wasserkraftanlage nicht noch zusätzlich verschlechtern, sondern im Gegenteil im Rahmen des Gewässerausbaus nach Möglichkeit verbessern. Diesen Anforderungen genügt die Abwägungsentscheidung. Die Frage der Durchgängigkeit wird konkret in die Abwägung einbezogen (Seite 152/153 PFB).

Darüber hinaus ist die Beklagte bei ihrer Abwägung zutreffend davon ausgegangen, dass ein öffentliches Interesse an der Errichtung der Wasserkraftanlage besteht, weil dadurch die Gewinnung regenerativer Energie gefördert wird. Die Energieleistung (9,9 MW) ist von der Beklagten zu Recht als relevant eingestuft worden (Seite 153 PFB).

Die von dem Projekt berührten Belange werden in der eigentlichen Abwägungsentscheidung (Seite 154 bis 159 PFB) schließlich nicht in einer Weise in Beziehung gesetzt, die unverhältnismäßig wäre.

5.

Der Planfeststellungsbeschluss enthält zugleich die wasserrechtliche Bewilligung, der Weser für den Betrieb der planfestgestellten Wasserkraftanlage Wasser in einer Menge von max. 220 m³ pro Sekunde zu entnehmen und wieder einzuleiten. Diese Bewilligung stützt sich auf §§ 4 Abs. 1 Nr. 1, 13 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 BremWG. Weiter ist bestimmt, dass die Inhalts- und Nebenbestimmungen der Planfeststellung, die sich unmittelbar auf die Gewässerbenutzung beziehen, auch solche der Bewilligung sind; insoweit wird auf bestimmte Inhalts- und Nebenbestimmungen ausdrücklich Bezug genommen (Seite 4/5 PFB).

Die Bewilligung ist nach den vorstehenden Ausführungen zu Recht erteilt worden. Rechtsfehler, unter denen sie leiden könnte, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist der Versagungsgrund des § 8 Abs. 2 BremWG (§ 6 Abs. 2 WHG) nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift darf die Bewilligung nicht erteilt werden, soweit von der beabsichtigten Benutzung eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele eines FFH-Gebiets zu erwarten ist. Eine solche Beeinträchtigung kann im vorliegenden Fall, wie dargelegt, ausgeschlossen werden."

Aus vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Verbandsklage des Klägers in jedem Fall auch in der Sache keinen Erfolg haben könnte. Ergänzend wird im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten weiteren Rechtsverstöße angemerkt:

Der Planfeststellungsbeschluss verstößt ebenfalls nicht gegen Vorschriften des Tierschutzgesetzes i. d. F. vom 18.05.2006 (BGBl. I S. 1206), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2007 (BGBl. I S. 3001) - TierSchG -. Der Kläger sieht insoweit §§ 1, 13 Abs. 1 TierSchG als verletzt an, wonach es verboten ist, zum Fernhalten oder Verscheuchen von Wirbeltieren Vorrichtungen oder Stoffe anzuwenden, wenn damit die Gefahr vermeidbarer Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist. Er meint, den Fischen und Neunaugen würden im vorliegenden Fall vermeidbare Schäden zugefügt, weil die Maßnahmen zum Fischschutz nur eingeschränkt funktionsfähig bzw. unzureichend seien. Ausdrücklich rügt der Kläger in diesem Zusammenhang den Reinigungsmechanismus, der auf dem Anpressen der Fische an den Rechen beruhe.

Dass die Gefahr eines Anpressens an den Feinrechen für den Regelfall ausgeschlossen werden kann, ist oben näher ausgeführt worden. Dort ist auch dargelegt worden, dass die vorgesehene Rechenreinigungsanlage aufgrund der eingesetzten Technik dazu geeignet ist, Schäden wirksam zu minimieren. Für einen Verstoß gegen §§ 1, 13 Abs. 1 TierSchG ist unter diesen Umständen nichts ersichtlich.

Ebenfalls kann ein Verstoß gegen die §§ 24 Abs. 1, 26 des Bremischen Fischereigesetzes vom 17.09.1991 (BremGBl. S. 309) - BremFiG -, wie vom Kläger gerügt, ausgeschlossen werden. Nach § 24 BremFiG muss derjenige, der bauliche Anlagen in einem Gewässer errichtet oder betreibt, die den Wechsel der Fische verhindern oder erheblich beeinträchtigen, auf seine Kosten ausreichende Fischwege anlegen. § 26 BremFiG bestimmt, dass der Betreiber einer Anlage zur Energiegewinnung verpflichtet ist, durch geeignete Vorrichtungen das Eindringen von Fischen in den Ein- und Auslauf zu verhindern.

Der Planfeststellungsbeschluss entspricht diesen Anforderungen. Wie oben im Einzelnen dargelegt, sieht er sowohl ausreichende Fischwege als auch geeignete Vorkehrungen vor, um ein Eindringen der Fische in die Turbinenanlage zu verhindern.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts Bremen - 5. Kammer - vom 29.11.2007 für das Klage- und das Berufungsverfahren auf jeweils 15.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Das Oberverwaltungsgericht orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt bei Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, Anh § 164) und setzt den dort für Verbandsklagen vorgesehenen Streitwert fest (Nr. 1.2). Gründe für eine Erhöhung dieses Streitwerts sind nicht erkennbar.

Ende der Entscheidung

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