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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 25.02.2004
Aktenzeichen: 1 B 447/03
Rechtsgebiete: BremVwVfG, BremLBO


Vorschriften:

BremVwVfG § 48 Abs. 1
BremVwVfG § 48 Abs. 3
BremLBO § 2 Abs. 5
BremLBO § 2 Abs. 6
Bei der Rücknahme einer Baugenehmigung sind alle wesentlichen für und gegen die Rücknahme sprechenden Gesichtspunkte in die Ermessensentscheidung einzustellen. Dazu zählt neben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen OVG: 1 B 447/03

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Stauch, Göbel und Alexy am 25.02.2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen - 1. Kammer - vom 24.11.2003 aufgehoben.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Rücknahmebescheid des Amtes für Stadtplanung und Bauordnung vom 19.12.2001 i. d. F. des Widerspruchsbescheids des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr vom 30.07.2003 wird wiederhergestellt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks ...... Landstraße in Bremen-Borgfeld. Für das Grundstück gilt der Bebauungsplan Nr. 158 vom 24.02.1962, der die Baustaffel 1 a und die Gewerbeklasse IV festsetzt. Der Entwurf für einen Bebauungsplan Nr. 1805 (Planaufstellungsbeschluss vom 15.03.1984) sieht reines Wohngebiet, eingeschossige Bebauung und die Zulässigkeit nur von Einfamilienhäusern mit höchsten 2 Wohneinheiten vor.

Auf dem Grundstück wurde Anfang der 60iger Jahre vom Vater der Antragstellerin ein eingeschossiges Wohnhaus mit Flachdach errichtet. Die bebaute Fläche belief sich einschließlich eines Nebengebäudes auf ca. 380 qm. Durch spätere Anbauten wurde die bebaute Fläche auf ca. 500 qm vergrößert.

Im Juli 1998 beantragte die Antragstellerin die Befreiung von der im Bebauungsplanentwurf Nr. 1805 vorgesehenen Beschränkung auf 2 Wohnungen. Sie beabsichtige, das Haus umzubauen, aufzustocken und 3 Wohnungen dort einzurichten. Das Bauordnungsamt Bremen teilte ihr mit Schreiben vom 28.09.1998 mit, dass im Hinblick auf den noch gültigen Bebauungsplan Nr. 158 eine Befreiung nicht notwendig sei (Vorgang E 414/98).

Mit Schreiben vom 10.12.1998 bat die Antragstellerin das Bauordnungsamt um Prüfung, ob im Hinblick auf ihre Anfrage vom Juli des Jahres ein rechtsverbindlicher Vorbescheid in planungsrechtlicher Hinsicht erteilt werden könne. Sie bitte gleichzeitig zu berücksichtigen, dass nunmehr die Absicht bestehe, 4 Wohneinheiten einzurichten.

Am 26.02.1999 wurde der Antragstellerin ein Bauvorbescheid erteilt, in dem es heißt, dass der geplante Einbau von 4 Wohneinheiten planungsrechtlich zulässig sei (Vorgang E 755/98).

Noch am selben Tag leitete die Antragstellerin unter Bezugnahme auf den erteilten Vorbescheid ein Genehmigungsfreistellungsverfahren nach § 66 BremLBO ein. Dazu reichte sie die den Umbau und die Aufstockung betreffenden Bauvorlagen ein, in denen 4 Wohnungen ausgewiesen waren.

Mit Schreiben vom 01.03.1999 teilte das Amt für Stadtplanung und Bauordnung ihr mit, dass die Bauanzeige eingegangen sei und ein Genehmigungsverfahren nicht gefordert werde. Mit dem Bauvorhaben könne begonnen werden (Vorgang E 712/99).

Bei einer Kontrolle wurde im November 1999 festgestellt, dass zwar die äußeren Abmessungen des Vorhabens der Baufreigabe entsprachen, jedoch 7 Wohneinheiten in dem Gebäude eingerichtet worden waren.

Daraufhin beantragte die Antragstellerin im Dezember 1999 die nachträgliche Genehmigung des Vorhabens mit 7 Wohneinheiten. Sie legte erneut die den Umbau und die Aufstockung betreffenden Bauvorlagen vor, in denen jetzt 7 Wohnungen ausgewiesen wurden. Die Baugenehmigung wurde ihr am 09.08.2000 erteilt (Vorgang E 4594/99).

Der Senator für Bau und Umwelt gelangte aufgrund einer im Januar 2001 durchgeführten Prüfung, die nach Nachbarbeschwerden eingeleitet worden war, zu dem Ergebnis, dass die Baugenehmigung vom 09.08.2000 rechtswidrig sei. Das aufgestockte Geschoss stelle wegen seiner Abmessungen kein Staffelgeschoss i. S. von § 2 Abs. 5, Abs. 6 BremLBO mehr dar, vielmehr handele es sich um ein volles zweites Geschoss, das den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche.

Mit Bescheid vom 19.12.2001 nahm das Amt für Stadtplanung und Bauordnung die Baugenehmigung vom 09.08.2000 zurück. Das neu errichtete Geschoss überschreite mit insgesamt 367 qm das für ein Staffelgeschoss zulässige Flächenmaß um mindestens 26,5 qm. Außerdem springe es, um als Staffelgeschoss anerkannt werden zu können, teilweise nicht ausreichend gegenüber dem darunter liegenden Geschoss zurück. Die Rücknahme erfolge nach pflichtgemäßem Ermessen. Da die Baugenehmigung erst nachträglich erteilt sei, habe die Antragstellerin keine Handlungen im Vertrauen auf die Baugenehmigung vorgenommen. Der Vertrauensschutz entfalle im übrigen auch deshalb, weil die Baugenehmigung offenbar aufgrund unrichtiger, zumindest aber unzutreffender Angaben erteilt worden sei. Schließlich könne auch das durchgeführte Genehmigungsfreistellungsverfahren keinen Vertrauensschutz begründen.

Die Antragstellerin legte rechtzeitig Widerspruch ein. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens machte sie u. a. geltend, dass ein Rückbau des auf einem Holzrahmenständerwerk errichteten Dachgeschosses erhebliche konstruktive Eingriffe an dem Bauvorhaben erforderlich mache. Die Kosten beliefen sich auf mindestens 50.000,00 Euro. Für den Rückbau komme im übrigen nur eine Wohnung in Betracht, die sie nach Erteilung der Baugenehmigung nach den WEG verkauft habe. Ein Rückbau sei insgesamt unverhältnismäßig. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2003, zur Post gegeben am 31.07.2003, wies der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr den Widerspruch der Antragstellerin als unbegründet zurück. Zugleich ordnete er die sofortige Vollziehung des Rücknahmebescheids an. Die Anerkennung als Staffelgeschoss komme wegen der Überschreitung des zulässigen Flächenmaßes um 35 qm sowie des nicht ausreichenden Rücksprungs nicht in Betracht. Aus den der Erteilung der Baugenehmigung vorangegangenen Verfahren könne die Antragstellerin keinen Vertrauensschutz herleiten. Denn diese (Schreiben vom 29.08.1998 und Bauvorbescheid vom 26.02.1999) hätten nur die Zahl der Wohnungen zum Gegenstand gehabt. Im anschließend eingeleiteten Genehmigungsfreistellungsverfahren (Baufreigabe vom 01.03.1999) habe die Behörde keine Prüfpflicht getroffen, so dass auch hieraus kein Vertrauensschutztatbestand resultieren könne. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im öffentlichen Interesse geboten.

Die Antragstellerin hat am 03.09.2003 Klage erhoben und die Aussetzung der sofortigen Vollziehung beantragt. Mit Verfügung vom 11.09.2003 hat der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr ihr geboten, das Mehrfamilienhaus zu räumen und zu beseitigen. In der Verfügung wird darauf hingewiesen, dass ihr unbenommen bleibe, einen Bauantrag zu stellen, um zu prüfen, ob durch eine Reduzierung des Vorhabens ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden könne.

Mit Schreiben vom 09.09.2003 hat der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr den Wohnungseigentümer einer in den Bauvorhaben gelegenen Wohnung angekündigt, dass ihnen in Kürze ein Räumungs- und Nutzungsgebot zugehen werde.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung mit Beschluss vom 24.11.2003 abgelehnt. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Die Beschwerde ist erfolgreich.

Das Oberverwaltungsgericht gelangt bei der in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das Interesse an der sofortigen Durchsetzung der angefochtenen Verfügung überwiegt. Denn der angefochtene Rücknahmebescheid wird im Hauptsacheverfahren einer rechtlichen Prüfung voraussichtlich nicht standhalten können.

1. Das Oberverwaltungsgericht geht im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens davon aus, dass die Baugenehmigung vom 09.08.2000 materiell rechtswidrig ist. In den angefochtenen Bescheiden wird dies näher begründet. Die Beschwerde greift diesen Punkt nicht an.

Danach erfüllt das aufgestockte Geschoss nicht die Voraussetzung, um im Rechtssinne, d. h. nach Maßgabe von § 2 Abs. 5, Abs. 6 BremLBO, als Staffelgeschoss anerkannt werden zu können. Es überschreitet mit einer Fläche von insgesamt 367 qm das zulässige Flächenmaß um mindestens 26,5 qm - so der Rücknahmebescheid vom 19.12.2001 - bzw. um 35 qm - so der Widerspruchsbescheid vom 30.07.2003 (Nichteinhaltung der 2/3-Regelung). Darüber hinaus springt es gegenüber den Außenwänden des darunterliegenden Geschosses teilweise nicht ausreichend zurück.

Bei Erteilung der Baugenehmigung vom 09.08.2000 sind die Kriterien des § 2 Abs. 5, Abs. 6 BremLBO, die die Antragsgegnerin zu Recht auch als Beurteilungsmaßstab für den Dachgeschossausbau im Geltungsbereich übergeleiteter Bebauungspläne heranzieht, nicht beachtet worden.

Der Bauantrag hätte deshalb seinerzeit abgelehnt werden müssen. Genehmigungsfähig wäre er nur mit einer entsprechend verringerten Dachgeschossfläche und unter Beachtung der Anforderungen an das Zurückspringen des Dachgeschosses gewesen.

2. Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts steht gem. § 48 Abs. 1 BremVwVfG im Ermessen der Behörde. Der Adressat eines Rücknahmebescheides hat einen Anspruch darauf, dass die Behörde dieses Ermessen fehlerfrei ausübt.

Im Rahmen der nach § 48 Abs. 1 BremVwVfG zu treffenden Ermessensentscheidung hat die Behörde alle wesentlichen für und gegen die Rücknahme sprechenden Gesichtspunkte in die Ermessensentscheidung einzustellen. Dazu zählt neben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Im Falle der Rücknahme einer rechtswidrigen Baugenehmigung, auf den die Sonderregelung in § 48 Abs. 3 BremVwVfG Anwendung findet, räumt das Gesetz bei einem schutzwürdigen Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung sogar einen Anspruch auf Ausgleich des eingetretenen Schadens ein. Dieser gesetzliche Ausgleichsanspruch bedeutet nicht etwa, dass damit der Vertrauensschutz bei der eigentlichen Rücknahmeentscheidung keine Rolle mehr spielen und auf ein nachfolgendes, selbständiges Ausgleichsverfahren verlagert werden würde. Auch in den Fällen des § 48 Abs. 3 BremVwVfG bedarf es für die Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsaktes vielmehr einer Vertrauensschutzprüfung, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil der bei einem schutzwürdigen Vertrauen gegebene Ausgleichsanspruch für die Frage von Bedeutung sein kann, ob die Behörde überhaupt von der Möglichkeit der Rücknahme Gebrauch machen will (BVerwG, B. v. 07.11.2000 - 8 B 137/00 - NVwZ RR 2001, S. 198; B. v. 10.02.1994 - 4 B 26/94 - NVwZ 1994, S. 896; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 48 Rdnr. 122).

In den angefochtenen Bescheiden sind die für und gegen eine Rücknahme sprechenden Gesichtspunkte nicht in der gebotenen Weise in die Ermessensentscheidung eingestellt und abgewogen worden.

Das betrifft insbesondere die Fragen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit.

a) Im Widerspruchsbescheid des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr vom 30.07.2003, auf den bei der gerichtlichen Überprüfung der Ermessensentscheidung maßgeblich abzustellen ist (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), wird lediglich geprüft, ob die Antragstellerin aufgrund der vorangegangenen Verfahren darauf vertrauen durfte, dass ihr Bauvorhaben formell und materiell legal sei. Das wird unter Hinweis auf den beschränkten Gegenstand der betreffenden Verfahren, die allein die Zahl der Wohnungen in dem umgebauten Gebäude betroffen hätten (Mitteilung des Bauordnungsamts vom 28.09.1998 und Bauvorbescheid des Bauordnungsamts vom 26.02.1999), sowie die fehlende Prüfpflicht der Behörde im nachfolgenden Genehmigungsfreistellungsverfahren nach § 66 BremLBO verneint. Es spricht einiges dafür, dass der Widerspruchsbehörde in diesem Punkt zu folgen ist. Überdies ist festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Genehmigungsfreistellung nicht erfüllt waren, weil die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nicht, wie in § 66 Abs. 3 BremLBO verlangt, durch den Bauvorbescheid vom 26.02.1999 abschließend geklärt war.

Das besagt aber keineswegs, dass der Antragstellerin ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der im nachherein erteilten Baugenehmigung vom 09.08.2000 fehlt. Gerade der beschränkte Prüfungsgegenstand der vorangegangenen Verfahren verleiht der erteilten Baugenehmigung ihr Gewicht. In dem Genehmigungsverfahren sind die erforderlichen Bauvorlagen (Baubeschreibung; Flächenberechnung; Grundrisse; Ansichten) von der Antragstellerin ordnungsgemäß vorgelegt worden. Der Bauantrag ist unter Bezugnahme auf diese Vorlagen, die den Genehmigungsgegenstand klar umrissen haben, genehmigt worden. Am objektiven Inhalt der Baugenehmigung, die das Bauvorhaben in seiner jetzigen Gestalt erfasst, kann deshalb kein Zweifel bestehen.

Für die Ausübung des Rücknahmeermessens ist allein maßgeblich, ob die Antragstellerin ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand dieses Verwaltungsakts hat. Diese Prüfung hat die Widerspruchsbehörde aber nicht durchgeführt, was ermessensfehlerhaft ist.

b) Weitergehende Überlegungen finden sich im Rücknahmebescheid vom 19.12.2001. Diese sind aber nicht tragfähig.

Die dort angestellte Überlegung, es mangele bereits an einem Vertrauenstatbestand, weil die Baugenehmigung erst nach Fertigstellung des Bauvorhabens erteilt worden sei, ist rechtlich nicht haltbar. Eine Baugenehmigung schafft auch dann, wenn sie erst nach Beendigung der Bauarbeiten erteilt worden ist, grundsätzlich einen Vertrauenstatbestand, weil sie Grundlage für die legale Nutzung des Bauvorhabens ist. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass durch den Verkauf von Wohnungen nach dem WEG von der Antragstellerin sogar weitreichende Vermögensdispositionen getroffen worden sind. Auch die weitere Überlegung, die Baugenehmigung sei offenbar aufgrund unrichtiger, zumindest aber unvollständiger Angaben erteilt worden, findet in dem Akteninhalt keine Grundlage. Der Bauantrag war von der Antragstellerin mit den für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach § 67 BremLBO erforderlichen Unterlagen eingereicht worden. Am Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens konnte danach kein Zweifel bestehen.

Anhaltspunkte für ein unredliches Verhalten der Antragstellerin werden in den angefochtenen Bescheiden ansonsten nicht aufgezeigt. Sie sind auch aus den Behördenvorgängen, die dem Gericht vorliegen, nicht ersichtlich.

c) Nach dem bisherigen Sachstand ist mithin ernsthaft in Erwägung zu ziehen, dass das Vertrauen der Antragstellerin in den Bestand der Baugenehmigung vom 09.08.2000 schutzwürdig ist. Das bedeutet, dass ihr im Falle einer Rücknahme der Baugenehmigung u. U. ein Ausgleichsanspruch nach § 48 Abs. 3 BremVwVfG zusteht. Dieser Gesichtspunkt wird in den angefochtenen Bescheiden nicht geprüft. Allein der Umstand, dass, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die Rücknahme in die Rechtsposition der Käufer einer Eigentumswohnung eingreift, hätte derartige Überlegungen aber aufdrängen müssen.

Unabhängig davon wird in den Bescheiden nicht, wie im Rahmen einer Ermessensentscheidung geboten, das Gewicht des Baurechtsverstoßes in Relation zu den Kosten seiner Beseitigung gesetzt. Die Antragstellerin hat im Laufe des Widerspruchsverfahrens auf die erheblichen, durch das Holzrahmenständerwerk bedingten Kosten eines Rückbaus hingewiesen. Zwar stehen hohe Beseitigungskosten nicht von vornherein der Rücknahme einer materiell-rechtswidrigen Baugenehmigung entgegen. Insoweit können die Art des Baurechtsverstoßes sowie die Umstände, die zu ihm geführt haben, durchaus zur Inkaufnahme hoher Kosten führen. Die Behörde kann sich bei derartigen Kosten auch dazu entscheiden, nach einer Rücknahme das Bauvorhaben weiter zu dulden; das muss dann aber in der Rücknahmeverfügung zum Ausdruck gebracht werden. Eine Auseinandersetzung mit all diesen Gesichtspunkten, die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in die Ermessenserwägung einzustellen sind, ist in den angefochtenen Bescheiden nicht erfolgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung bzw. -änderung beruht auf §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3, 25 Abs. 2 GKG. Der festgesetzte Streitwert entspricht der Bedeutung der Sache.



Ende der Entscheidung

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