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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 29.09.2004
Aktenzeichen: 2 A 189/04
Rechtsgebiete: BremBG


Vorschriften:

BremBG § 71 b
Zur Frage, ob die Behörde die Entscheidung über Anträge auf Altersteilzeit vor Aufhebung der Verordnung über die Gewährung von Altersteilzeit generell aussetzen durfte.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: 2 A 189/04

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Dreger, Richter Nokel und Richter Dr. Grundmann am 29.09.2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen - Einzelrichterin der 6. Kammer - vom 26.05.2004 zuzulassen, wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 14.777,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I. Der Kläger begehrt die Bewilligung von Altersteilzeit.

Der am 20.10.1948 geborene Kläger trat zum 01.07.1972 als Feuerwehrmann in den Dienst der Beklagten. Im Februar 1995 wurde er zum Hauptbrandmeister (Bes.Gr. A 9) befördert.

Am 09.10.2003 beantragte der Kläger Teilzeitbeschäftigung mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit (Altersteilzeit) im Blockmodell. Die Arbeitsphase sollte vom 31.12.2003 bis 31.05.2006 und die Freistellungsphase vom 01.06.2006 bis 31.10.2008 dauern.

Die Feuerwehr Bremen teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 31.10.2003 mit, sie könne seinen Antrag vom 09.10.2003 nicht mehr bearbeiten, da der Senat der Freien Hansestadt Bremen zwischenzeitlich beschlossen habe, die Verordnung über die Gewährung von Altersteilzeit aufzuheben.

Der Kläger bewertete dies als Ablehnung seines Antrags und legte dagegen Widerspruch ein, den der Senator für Inneres und Sport mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2003 als unbegründet zurückwies. Der Senat habe am 28.10.2003 beschlossen, die Verordnung über die Gewährung von Altersteilzeit aufzuheben. Das sei von der Widerspruchsbehörde zu berücksichtigen. Die Feuerwehr habe die Entscheidung über den Antrag vom 09.10.2003 nicht bewusst verzögert, sondern lediglich eine zeitgerechte Entscheidung beabsichtigt, die vom Senatsbeschluss vom 28.10.2003 beeinflußt worden sei.

Daraufhin hat der Kläger am 15.01.2004 Klage erhoben. Nach seiner Auffassung war die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers nach der aktuellen Gesetzeslage positiv zu bescheiden. Die Exekutive könne nicht durch Nichtanwendungsbeschlüsse gesetzliche Regelungen unterlaufen.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

1. den Bescheid der Feuerwehr Bremen vom 24.11.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Senator für Inneres und Sport vom 18.12.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den vom Kläger unter dem 09.10.2003 gestellten Antrag auf Bewilligung von Altersteilzeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entsteht, dass er Altersteilzeit nicht am 01. Januar 2004 beginnen kann.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 26.05.2004 abgewiesen. Da die Rechtsverordnung über die Gewährung von Altersteilzeit nach § 71 b Abs. 1 BremBG am 08.02.2004 außer Kraft getreten sei, fehle es an der erforderlichen Rechtsgrundlage für die Bewilligung von Altersteilzeit. Das Gericht könne die Beklagte daher gegenwärtig nicht zur Bescheidung des Altersteilzeitantrages des Klägers vom 09.10.2003 verpflichten.

Der Antrag auf Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung sei bereits mangels Vorverfahrens unzulässig, im Übrigen sei er auch unbegründet.

Der Kläger beantragt, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen.

II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

1.

Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Ein darauf gestützter Antrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln begegnen und warum diese Zweifel eine andere Entscheidung wahrscheinlich machen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 28.02.2002 - 2 A 413/01 -, 12.12.2002 - 2 A 357/02 -, 19.12.2002 - 2 A 362/03 - und 11.02.2004 - 2 A 341/03 -).

Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind in der Zulassungsschrift nicht dargelegt.

Das Verwaltungsgericht hat für die Entscheidung über den Klageantrag zu 1. auf die Rechtslage "im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung" abgestellt. Zur Stützung dieser Auffassung hat es insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen. Nach dem vom Verwaltungsgericht zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.12.1989 (- Az. 8 C 17.87 - = BVerwGE 84, 157) folgt aus dem Verfahrensrecht (§ 113 Abs. 5 VwGO), dass einer Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage nur dann stattgegeben werden darf, wenn der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die mit der Klage begehrte Verpflichtung hat. Ob ein solcher Anspruch bestehe, ergebe sich aus dem materiellen Recht.

Zur materiellen Rechtslage hat das Verwaltungsgericht sodann zutreffend festgestellt, dass die Verordnung über die Gewährung von Altersteilzeit vom 18.06.2002 (BremBGl. S. 215) im Februar 2004 außer Kraft getreten ist (vgl. Verordnung zur Aufhebung der Verordnung über die Gewährung von Altersteilzeit vom 27.01.2004 (BremGBl. S. 37). Das Gericht könne daher die Beklagte im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (26.05.2004) nicht mehr zur Bescheidung des Antrags des Klägers vom 09.10.2003 auf Altersteilzeit verpflichten.

Den Darlegungen des Klägers im Zulassungsverfahren lassen sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser rechtlichen Würdigung nicht entnehmen. Zwar trägt der Kläger vor, nach seiner Auffassung sei für die Bewilligung der Altersteilzeit auf den Zeitpunkt der Antragstellung, zumindest auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides abzustellen. Eine nachvollziehbare nähere Begründung, die die vom Verwaltungsgericht zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung berücksichtigt oder in sonstiger Weise geeignet ist, ernstliche Zweifel an der Sichtweise des Verwaltungsgerichts hervorzurufen, lassen sich der Zulassungsschrift jedoch nicht entnehmen.

Soweit der Kläger meint, die Verordnung zur Aufhebung der Verordnung über die Gewährung von Altersteilzeit vom 27.01.2004 verstoße gegen höherrangiges Recht, insbesondere den Gleichheitssatz, weil sie keine Übergangsregelung vorsehe, ist ebenfalls nicht dargelegt, dass sich aus diesem Grunde ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ergeben. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung unter Auswertung der Gesetzesmaterialien ausgeführt, die Neufassung des § 71 b BremBG aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Bremischen Beamtengesetzes vom 18.12.2001 (BremGBl. S. 465 ff.) habe dem Dienstherrn eine Steuerungsmöglichkeit einräumen sollen, um personalwirtschaftlichen Interessen gerecht werden zu können. Zweck dieser Neuregelung sei die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung, da die häufige Inanspruchnahme von Altersteilzeit zu personalwirtschaftlichen Problemen geführt hätte. Insbesondere in den Bereichen der Polizei, der Feuerwehr und des Justizvollzugs sei die Funktionsunfähigkeit der Verwaltung befürchtet worden (S. 7 des Urteils). Die Vorschriften des § 71 b BremBG i.V.m. der Altersteilzeitverordnung vermittelten dem Kläger - über den Anspruch auf bloße Bescheidung seines Antrags unter Beachtung von Art. 3 Abs. 1 GG hinaus - "keine subjektive Rechtsposition" (S. 9 des Urteils). Weshalb bei Berücksichtigung dieser Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil aufgrund des Vertrauensschutzgedankens - eine Übergangsregelung zugunsten des Klägers zwingend erforderlich sein könnte, zeigt die Zulassungsschrift nicht auf und beachtliche Anhaltspunkte sind dafür auch sonst nicht ersichtlich.

Eine willkürliche Benachteiligung des Klägers ist bei Berücksichtigung des Vorbringens in der Zulassungsschrift ebenfalls nicht zu erkennen. Durch den Beschluss vom 28.10.2003 hat der Senat alle Dienststellen und Betriebe angewiesen, bis zum Inkrafttreten der Änderungsverordnung die Entscheidung über "alle vorliegenden Anträge auf Gewährung von Altersteilzeit auszusetzen". Dass von dieser Anweisung unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz zu Lasten des Klägers abgewichen worden ist, ist weder vorgetragen noch den Akten zu entnehmen. Daraus, dass in der Zeit davor Beamte Altersteilzeit erhalten haben, die bei ihrer Antragstellung ebenso wenig wie der Kläger wußten, dass die Regelung nicht aufrechterhalten bleiben soll, ergibt sich noch keine willkürliche Ungleichbehandlung. Die Feststellung des Senats im Beschluss vom 28.10.2003, dass die Regelungen zur Altersteilzeit der Beamten und Arbeitnehmer aus finanziellen und personalwirtschaftlichen Gründen einer grundlegenden Veränderung bedürfen und die dadurch veranlasste Dienstanweisung vermögen eine differenzierende Behandlung sachlich zu rechtfertigen.

2. Eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Für den Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten ist nach der Rechtsprechung des Senats erforderlich, dass die Rechtssache hinsichtlich der aufgeworfenen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen signifikant vom Spektrum der verwaltungsgerichtlichen Verfahren abweicht (vgl. Senatsbeschluss vom 11.02.2004 - 2 A 341/03 - m.w.N.).

Wie oben erwähnt, hat das Verwaltungsgericht mit nachvollziehbarer Begründung und unter Heranziehung insbesondere der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt, dass es für die Entscheidung über den Klagantrag zu 1. auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankomme. Dem Vorbringen des Klägers lassen sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht entnehmen. Ebenso wenig ist aufgrund des Vorbringens im Zulassungsverfahren zu erkennen, dass die Verordnung zur Aufhebung der Verordnung über die Gewährung von Altersteilzeit vom 27.01.2004 rechtswidrig sein könnte.

Unter Berücksichtigung dessen und der sonstigen Ausführungen in der Zulassungsschrift kann nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache erfüllt sind.

3. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Für die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist erforderlich, dass eine konkrete, sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht stellende Frage aufgezeigt wird. Zudem ist darzulegen, dass und inwieweit die Frage klärungsbedürftig ist, d. h. sich bei obergerichtlicher Klärung dazu eignet, - unbeschadet des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung - die Überzeugungsbildung und Rechtsanwendung in anderen Fällen in dieser konkreten Frage zu vereinheitlichen oder fortzuentwickeln (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. u. a. Senatsbeschlüsse vom 10.09.1997 - 2 B 117/97 -, 31.03.1998 - 2 B 125/97 -, 31.07.1998 - 2 B 207/97 - 02.11.1998 - 2 BB 392/98 - und 28.02.2002 - 2 A 413/01 -). Die Grundsatzfrage ist derart aufzuarbeiten, wie dies nach Maßgabe der Begründung in der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluß vom 15.08.1994 - 2 BvR 719/93 -).

Eine Frage, die auch unter Berücksichtigung der vom Verwaltungsgericht erwähnten einschlägigen Rechtsprechung und Literatur in diesem Sinne grundsätzlich klärungsbedürftig ist, zeigt der Kläger nicht auf.

Zum Klagantrag zu 2. enthält die Zulassungsschrift keine Ausführungen, die die Annahme eines Zulassungsgrundes stützen könnten.

Der Senat beschränkt sich auf diese Begründung (§ 124 a Abs. 5 S. 3 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht für den Klagantrag zu 1. auf §§ 13 Abs. 4 S. 2 (analog), 15 GKG a. F., wobei es angemessen ist, den Betrag mit dem Verwaltungsgericht um ein Drittel zu mindern, weil lediglich ein Bescheidungsantrag gestellt worden ist. Für den Klagantrag zu 2. ergibt sich die Streitwertfestsetzung aus § 13 Abs. 1 S. 2 GKG a. F.

Ende der Entscheidung

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