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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 18.09.2002
Aktenzeichen: 2 A 197/01
Rechtsgebiete: BremBG, BremSchVwG


Vorschriften:

BremBG § 25 Abs. 2
BremBG § 25 Abs. 3
BremSchVwG § 71
BremSchVwG § 72
1. Aus der Fürsorgepflicht kann sich ausnahmsweise die Verpflichtung des Dienstherrn zur Beförderung eines Beamten ergeben.

2. Die Vorschriften der §§ 71, 72 BremSchulVwG über die Bestellung von Schulleitern enthalten keine gesetzliche Ausnahmeregelung vom Verbot der Sprungbeförderung (§ 25 Abs. 2 BremBG) und der Bestimmung über die Mindestwartezeit (§ 25 Abs. 3 BremBG).

3. Das Verfahren vor der Unabhängigen Stelle, die nach § 25 Abs. 4 Satz 3 BremBG über Ausnahmen vom Verbot der Sprungbeförderung und der Bestimmung über die Mindestwartezeit entscheidet, hat lediglich verwaltungsinterne Bedeutung.


Im Namen des Volkes! Urteil

OVG: 2 A 197/01

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Dreger, Richter Nokel und Richter Dr. Grundmann sowie die ehrenamtlichen Richter M. Schulz und H. Wonnenberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird die Beklagte unter entsprechender Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Bremen - 6. Kammer - vom 08.02.2001 verpflichtet, die Klägerin zum 01.10.2002 zur Oberstudiendirektorin zu befördern und in eine entsprechend bewertete Planstelle einzuweisen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht der jeweils Vollstreckende vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1953 geborene Klägerin steht seit dem 01.02.1979 in den Diensten der Beklagten.

Im Mai 1996 bewarb sie sich als Lehrerin mit der Lehrbefähigung für die Sekundarstufe II (Bes.Gr. A 13) auf die Funktionsstelle einer Oberstudiendirektorin / eines Oberstudiendirektors als Leiterin / Leiter eines zweizügig voll ausgebauten Oberstufengymnasiums am Gymnasium Horn (Bes.Gr. A 16).

Nach Abschluss des Findungs- und Beteiligungsverfahrens gemäß §§ 69 und 70 Bremisches Schulverwaltungsgesetz (BremSchulVwG) übertrug ihr der Senator für Bildung, Wissenschaft, Kunst und Sport mit Wirkung vom 01.05.1997 die Funktionsstelle vorläufig gemäß § 71 BremSchulVwG. Nachdem der Senator festgestellt hatte, dass sich die Klägerin bei der Wahrnehmung der ihr vorläufig übertragenen Aufgaben bewährt hat, übertrug er ihr mit Wirkung vom 01.05.1999 gemäß § 72 BremSchulVwG endgültig die Funktion einer Oberstudiendirektorin als Leiterin eines zweizügig voll ausgebauten Oberstufengymnasiums.

Daraufhin beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 20.06.1999 die Übertragung des statusrechtlichen Amtes einer "Oberstudiendirektorin als Leiterin eines zweizügig voll ausgebauten Oberstufengymnasiums" mit der daraus folgenden Besoldung nach Bes.Gr. A 16.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 11.08.1999 ab. Der Senat der Beklagten habe mit Beschluss vom 11.02.1997 als einheitlichen Beförderungstermin den 01.10. festgelegt. Deshalb werde frühestens zum 01.10.1999 eine Beförderung der Klägerin zur Oberstudienrätin (Bes.Gr. A 14) möglich sein. Nach § 25 Abs. 2 BremBG dürften Ämter, die bei regelmäßiger Gestaltung zu durchlaufen seien, nicht übersprungen werden. In der Laufbahn des höheren Schuldienstes seien die Ämter Studienrat, Oberstudienrat und Studiendirektor gemäß Festlegung der obersten Dienstbehörde nacheinander zu durchlaufen. Aufgrund des Senatsbeschlusses vom 11.02.1997 müsse zwischen jeder Beförderung ferner eine Mindestzeit von 2 Jahren liegen, weshalb die nächste Beförderung zur Studiendirektorin frühestens zum 01.10.2001 erfolgen könne.

Mit Wirkung vom 01.10.1999 wurde die Klägerin zur Oberstudienrätin ernannt und in eine Planstelle der Bes.Gr. A 14 eingewiesen.

Gegen den Bescheid vom 11.08.1999, der nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, legte die Klägerin am 23.09.1999 Widerspruch ein. Sie führte u. a. aus, in § 72 Abs. 1 BremSchulVwG habe der Gesetzgeber ausdrücklich festgeschrieben, dass der Klägerin die Funktionsstelle nach Feststellung der Bewährung endgültig zu übertragen gewesen sei. Daraus folge zugleich, dass demjenigen, der sich bewährt habe, regelmäßig auch das mit der Funktionsstelle verbundene statusrechtliche Amt zu übertragen sei (Hinweis auf OVG Bremen, B. v. 19.01.1999, Az. 2 BB 399/98). Aus der besonderen Ausgestaltung des Besetzungsverfahrens nach dem Bremischen Schulverwaltungsgesetz ergebe sich, dass das Amt der Schulleiterin / des Schulleiters nicht als Beförderungsamt einer Lehramtslaufbahn zugeordnet sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2000 wies der Senator für Finanzen den Widerspruch zurück. Die Widerspruchsbehörde teile die Auffassung der Erstbehörde, wonach die Ernennung zur Oberstudiendirektorin das Durchlaufen des Amtes einer Oberstudienrätin sowie einer Studiendirektorin voraussetze.

Schon am 19.01.2000 hat die Klägerin (Untätigkeits-)Klage erhoben. Sie hat u. a. auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 03.07.1985 (Az. 2 BvL 16/82) zu § 52 Abs. 1 BremSchulVwG a. F. verwiesen. Das Bundesverfassungsgericht habe darin die Bestimmung, dass u. a. Schulleiter für die Dauer von 8 Jahren bestellt werden, als nichtig angesehen. Aus dieser Entscheidung lasse sich entnehmen, dass die Entkoppelung des Amtes im statusrechtlichen und des Amtes im funktionellen Sinne, wie sie von der Beklagten durch die Beförderung der Klägerin zur Oberstudienrätin gehandhabt worden sei, rechtswidrig sei.

Die Beklagte verkenne, dass das Amt der Schulleiterin / des Schulleiters nicht (mehr) als Beförderungsamt einer Laufbahn zugeordnet sei, sondern nach den besonderen Vorschriften des Bremischen Schulverwaltungsgesetzes vergeben werde.

Auch stehe die Fürsorgepflicht einer längeren Unterbesetzung des Amtes entgegen.

Zudem verletze die Beklagte den Grundsatz der amtsangemessenen Besoldung, wenn sie die Übertragung des mit der Funktionsstelle verbundenen statusrechtlichen Amtes verweigere.

Das Verhalten der Beklagten verstoße auch gegen besoldungsrechtliche Vorschriften, insbesondere den Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung (§ 18 BBesG). Obwohl die Klägerin auf Dauer höherwertige Aufgaben wahrnehme, erhalte sie nicht einmal eine Zulage. Soweit die Beklagte sich auf das Verbot der Sprungbeförderung berufe, müsse sie sich entgegenhalten lassen, dass davon durch die Unabhängige Stelle Ausnahmen zugelassen werden können und es eine Verletzung der Fürsorgepflicht darstelle, wenn die Beklagte es unterlassen habe, einen entsprechenden Antrag bei der Unabhängigen Stelle zu stellen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Senators für Bildung und Wissenschaft vom 11.08.1999 und den Widerspruchsbescheid des Senators für Finanzen vom 20.06.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin gemäß ihrem Antrag vom 20.06.1999 rückwirkend zum 01.08.1999 zur Oberstudiendirektorin zu befördern und sie rückwirkend in eine entsprechende Planstelle nach der Besoldungsgruppe A 16 einzuweisen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide über den Antrag der Klägerin auf Beförderung zur Oberstudiendirektorin als Leiterin eines zweizügig voll ausgebauten Oberstufengymnasiums unter Einschaltung der Unabhängigen Stelle innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Urteils nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Aus der Übertragung von höherwertigen Aufgaben ergebe sich noch kein unmittelbarer Anspruch auf Verleihung eines entsprechenden statusrechtlichen Amtes. § 72 Abs. 1 BremSchulVwG könne entgegen der Auffassung der Klägerin nicht derart ausgelegt werden, dass damit zugleich die Regelung des § 25 Abs. 2 S. 2 BremBG (Verbot einer Sprungbeförderung) ausgeschlossen werde. Den Vorschriften des Bremischen Schulverwaltungsgesetzes sei weder aus systematischen, noch aus teleologischen oder verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu entnehmen, dass eine Sprungbeförderung stattzufinden habe. Aus dem BremSchulVwG ergebe sich auch nicht, dass das Amt einer Oberstudiendirektorin ein Einzelamt außerhalb der Beförderungslaufbahn von Lehrkräften des höheren Dienstes sein solle.

Die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 03.07.1985 angesprochene dauerhafte Entkopplung des Amts im statusrechtlichen Sinne und des Amts im funktionellen Sinne sei nicht gegeben. Der Klägerin werde lediglich auferlegt, im Rahmen des gesetzlichen vorgegebenen Zeitraums die laufbahnrechtlich vorgesehenen Beförderungsstufen zu durchlaufen.

Es stelle auch keine Verletzung der Fürsorgepflicht dar, dass kein Antrag auf Entscheidung der Unabhängigen Stelle gestellt worden sei.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 08.02.2001 den Bescheid vom 11.08.1999 und den Widerspruchsbescheid vom 20.06.2000 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Beförderung zur Oberstudiendirektorin als Leiterin eines zweizügig voll ausgebauten Oberstufengymnasiums unter Einschaltung der Unabhängigen Stelle innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung des Urteils unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Der Hauptantrag sei unbegründet. Eine rückwirkende Beförderung könne die Klägerin aus Rechtsgründen nicht verlangen.

Im übrigen erfülle die Klägerin zwar die allgemeinen Voraussetzungen für eine Beförderung nach Bes.Gr. A 16. Dieser grundsätzliche Anspruch könne derzeit jedoch nicht durchgesetzt werden, weil ihm der Grundsatz des Durchlaufens der Ämter einer Laufbahn (Laufbahnprinzip) sowie das Erfordernis einer Mindestwartezeit im jeweiligen Statusamt entgegenstünden.

Das Amt einer Oberstudiendirektorin sei weder laufbahnfrei noch streng funktionsgebunden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Vorschriften des BremSchulVwG oder der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Bremen.

Das Erfordernis der Wartezeit folge aus § 25 Abs. 3 BremBG.

Der Hilfsantrag auf Neubescheidung habe jedoch im wesentlichen Erfolg. Die Beklagte habe die Unabhängige Stelle, die nach § 25 Abs. 4 S. 3 BremBG über Ausnahmen vom Laufbahnprinzip und vom Erfordernis einer Wartezeit zu entscheiden habe, verfahrensfehlerhaft nicht beteiligt. Die Beklagte habe verkannt, dass ein besonderer Anlass für die Einschaltung der Unabhängigen Stelle bzw. eine Ausnahme i. S. von § 25 Abs. 4 S. 3 BremBG vorliege, wenn eine Beamtin oder ein Beamter sich im Eingangsamt auf einem Dienstposten des Spitzenamtes der Laufbahn bewährt habe. Zudem sei die einer strengen Funktionsgebundenheit sehr nahe kommende Funktionsbestimmung des Amtes einer Oberstudiendirektorin als Leiterin eines zweizügig voll ausgebauten Oberstufengymnasiums zu berücksichtigen. Wie die Unabhängige Stelle entscheide, sei offen. Das im Termin zur mündlichen Verhandlung erkennbar gewordene Interesse der Beklagten, die Beförderung aus fiskalischen Gründen hinauszuzögern, stelle keinen Grund dar, der geeignet sei, den Beurteilungsspielraum der Unabhängigen Stelle von vornherein auf Null zu reduzieren.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat deren Berufung mit Beschluss vom 07.05.2001 zugelassen.

Der Beschluss ist der Beklagten am 09.05.2001 zugestellt worden.

Am 25.05.2001 hat sie die Berufung begründet. Sie trägt im wesentlichen vor, sie sei zur Neubescheidung nicht verpflichtet, da die Klägerin die Mindestwartezeit für eine Beförderung zur Oberstudiendirektorin noch nicht erfüllt habe.

Die Vorlage an die Unabhängige Stelle liege im pflichtgemäßen Ermessen der obersten Dienstbehörde. Die Beklagte habe ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, dass sie im Falle der Klägerin eine Vorlage für nicht notwendig erachtet habe. Dabei habe sie - entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts - nicht auf ein fiskalisches Interesse an einer Verzögerung der Beförderung der Klägerin abgestellt, sondern darauf, ob ein atypischer Ausnahmefall gegeben sei.

Ein solcher Ausnahmefall liege hier nicht vor. Es stelle einen in der öffentlichen Verwaltung auch zahlenmäßig erheblichen, regelmäßig auftretenden Vorgang dar, dass sich Beamte im Eingangsamt auf statusrechtlich deutlich höher bewerteten Dienstposten bewähren. Auch aus dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht oder des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei die Beklagte zu einer Vorlage an die Unabhängige Stelle nicht verpflichtet gewesen. Die Unabhängige Stelle in Bremen habe in den vergangenen Jahren allein die Wahrnehmung einer höherwertigen Tätigkeit in keinem Fall zum Anlass für das Erteilen einer Ausnahme von § 25 Abs. 2 S. 2 BremBG genommen. Dies entspreche auch der Praxis der Unabhängigen Stellen und Landespersonalausschüsse in anderen Bundesländern. Zur Stützung ihrer Auffassung legt die Beklagte die jeweils letzten Geschäfts- bzw. Tätigkeitsberichte der Landespersonalausschüsse Bayerns, Berlins, Nordrhein-Westfalens, des Saarlandes, Niedersachsens, Rheinland-Pfalz sowie des Bundespersonalausschusses vor.

Schließlich sei bedeutsam, dass die Versagung einer Ausnahme lediglich eine verwaltungsinterne Entscheidung darstelle, die nach Sinn und Zweck der Regelung nur auf Antrag der zuständigen Stelle in Betracht komme.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen vom 08.02.2001 aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben wurde und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.

Außerdem beantragt die Klägerin, die am 01.10.2001 zur Studiendirektorin befördert worden ist, im Wege der Anschlussberufung,

die Beklagte unter entsprechender Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 08.02.2001 zu verpflichten, die Klägerin zum 01.10.2002 zur Oberstudiendirektorin zu befördern unter gleichzeitiger Einweisung in eine entsprechende Planstelle.

Die Klägerin hat diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Protokoll gestellt.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte hat den Fall nach dem erstinstanzlichen Urteil der Unabhängigen Stelle zur Entscheidung vorgelegt. Diese hat am 25.07.2001 entschieden, sie vertage ihre Entscheidung bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte verwiesen. Die Personalakte der Klägerin und der dieses Verfahren betreffende Verwaltungsvorgang haben dem Senat vorgelegen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, soweit er im Urteil verwertet worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Anschlussberufung der Klägerin ist begründet (I.), die Berufung der Beklagten unbegründet (II.).

I.

Die Anschlussberufung ist zulässig.

Maßgebend ist das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Recht, denn die erstinstanzliche mündliche Verhandlung ist vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden (vgl. § 194 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.d.F. des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20.12.2001 (BGBl. I, 3987).

Nach § 127 VwGO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung können sich der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten auch im Laufe der mündlichen Verhandlung, selbst wenn sie auf die Berufung verzichtet haben, der Berufung anschließen.

Die Anschlussberufung kann in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt werden (vgl. Senatsurteil vom 12.12.2001, Az. 2 A 261/00). Eine schriftliche Antragstellung sah das Gesetz in § 127 VwGO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung nicht vor (anders § 127 Abs. 3 VwGO n. F.).

Die Anschlussberufung ist auch begründet.

1.

Die Parteien streiten nicht darüber, ob die Klägerin (überhaupt) zur Oberstudiendirektorin zu befördern ist. Uneinig sind sie sich nur über den Zeitpunkt, zu dem diese Beförderung zu erfolgen hat.

Die Beklagte meint, die allgemeinen Beförderungsgrundsätze nach § 25 Abs. 2 und Abs. 3 BremBG, nämlich das Verbot der Sprungbeförderung (Abs. 2) und die Einhaltung einer Mindestwartezeit (Abs. 3) seien zu beachten. Zudem müsse auch im Falle der Klägerin berücksichtigt werden, dass die Mindestwartezeit durch Senatsbeschluss vom 11.02.1997 auf zwei Jahre erhöht worden sei.

Soweit es um die Einhaltung der in § 25 Abs. 2 und Abs. 3 BremBG festgelegten Grundsätze geht, hat sich der Rechtsstreit zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt. Die Klägerin ist mit Wirkung vom 01.10.2001 zur Studiendirektorin befördert worden, so dass ein Amt nicht mehr übersprungen werden muss. Wenn die Klägerin zum 01.10.2002 zur Oberstudiendirektorin befördert wird, ist auch die in § 25 Abs. 3 BremBG gesetzlich vorgeschriebene einjährige Wartezeit eingehalten.

Angesichts dessen hat der Senat nicht mehr darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen durch (verwaltungsinterne) Einschaltung der Unabhängigen Stelle Ausnahmen von § 25 Abs. 2 und Abs. 3 BremBG zu machen sind.

2.

Soweit die Beklagte verlangt, dass die Klägerin vor einer Beförderung zur Oberstudiendirektorin auch (noch) die zweijährige Wartezeit gemäß dem Senatsbeschluss vom 11.02.1997 erfüllt - was zur Folge hätte, dass sie erst zum 01.10.2003 befördert werden könnte - kann dem nicht gefolgt werden.

a)

Allerdings stehen der Forderung nach Erfüllung dieser Wartezeit nicht schon die Vorschriften der §§ 67 ff. BremSchulVwG über die Bestellung von Schulleitern entgegen.

Nach diesen Vorschriften erfolgt nach Durchführung eines Ausschreibungs-, eines Findungs- und eines Beteiligungsverfahrens die vorläufige Bestellung des ausgewählten Bewerbers (§ 71 BremSchulVwG). Hat die Behörde nach Ablauf der Bewährungszeit die Bewährung festgestellt, wird dem Bewerber die Funktion endgültig übertragen (§ 72 Abs. 1 BremSchulVwG).

Der Senat hat zu dem Verfahren nach §§ 71, 72 BremSchulVwG festgestellt, dass die nach der Erprobung zu treffende Bewährungsfeststellung im Sinne der Bestenauslese der Absicherung der zunächst getroffenen Auswahlentscheidung diene. Die Bewährungsfeststellung habe sich an den Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung zu orientieren. Ein erneuter Vergleich mit den (früheren) Mitbewerbern sei dabei nicht anzustellen (vgl. Senatsbeschluss vom 18.07.1997 - 2 B 66/97 -). Demjenigen, der sich bewährt habe, sei regelmäßig auch das mit der Funktionsstelle verbundene statusrechtliche Amt zu übertragen (vgl. Senatsbeschluss vom 19.01.1999 - 2 BB 399/98 -).

Damit ist nicht etwa gesagt, dass die Vorschriften der §§ 71, 72 BremSchulVwG - insbesondere § 72 Abs. 1 BremSchulVwG - eine Ausnahmeregelung von den Bestimmungen über die Wartezeit (insbesondere § 25 Abs. 3 BremBG) enthalten. Zur Frage, zu welchem Zeitpunkt das statusrechtliche Amt zu übertragen ist, hat der Senat in den erwähnten Entscheidungen nicht Stellung genommen. Das war in jenen Fällen nicht erforderlich und diese Frage läßt sich auch nicht aufgrund der Regelungen in §§ 71, 72 BremSchulVwG beantworten. Denn diese Vorschriften beziehen sich lediglich auf die Übertragung des Amtes im funktionellen Sinne. Im übrigen bestehen im vorliegenden Fall Besonderheiten, weil die Klägerin zum Zeitpunkt der Feststellung ihrer Bewährung in der Funktion einer Oberstudiendirektorin als Leiterin einer zweizügig voll ausgebauten Oberstufengymnasiums erst das statusrechtliche Amt einer Lehrerin für die Sekundarstufe II (Bes.Gr. A 13) inne hatte. Diese besondere Konstellation war nicht Gegenstand der früheren Entscheidungen des Senats.

Dem Erfordernis der Erfüllung einer Mindestwartezeit kann auch nicht mit dem Hinweis darauf entgegengetreten werden, dass es sich bei dem von der Klägerin begehrten Amt einer Oberstudiendirektorin nicht um ein Laufbahnamt handele. § 17 Nr. 1 BremBG bestimmt, dass zu einer Laufbahn alle Ämter derselben Fachrichtung gehören, die eine gleiche Vorbildung und Ausbildung voraussetzen, sowie der Vorbereitungsdienst und die Probezeit. Auch das Amt des Oberstudiendirektors gehört zur Fachrichtung höheres Lehramt, die für alle Inhaber dieser Ämter ein Lehramtsstudium voraussetzt. Das entspricht der Regel, wonach Beamte auf Lebenszeit grundsätzlich einer Laufbahn angehören (vgl. BVerwGE 109,292 ff.).

b)

Die Erfüllung einer weiteren Wartezeit kann von der Klägerin jedoch aus folgenden Gründen nicht verlangt werden:

aa)

In § 18 S. 1 BBesG ist festgelegt, dass die Funktionen der Beamten nach den mit ihnen verbundenen Anforderungen sachgerecht zu bewerten und Ämtern zuzuordnen sind. Aus dieser normativen Verknüpfung zwischen dem Amt im funktionellen und dem Amt im statusrechtlichen Sinne folgt nicht, dass ein Beamter, dem eine höherwertige Funktion übertragen worden ist, auch einen Anspruch auf zeitgleiche Übertragung des dieser Funktion zugeordneten statusrechtlichen Amtes hat. Vielmehr ist insoweit in § 19 Abs. 2 BBesG ausdrücklich bestimmt, dass dann, wenn einem Amt gesetzlich eine Funktion zugeordnet ist oder sich die Zuordnung eines Amtes zu einer Besoldungsgruppe nach einem gesetzlich festgelegten Bewertungsmaßstab richtet, die Erfüllung dieser Voraussetzungen allein keinen Anspruch auf die Besoldung aus diesem Amt gibt.

Diese Vorschrift korrespondiert mit § 18 S. 1 BBesG und stellt klar, dass die Erfüllung der Funktionsmerkmale allein noch keinen Anspruch auf die Übertragung des Amtes gibt (vgl. Schwegmann/Summer, Bundesbesoldungsgesetz, Kommentar, § 19 BBesG Rdnr. 11).

Hiernach kann der Dienstherr einen Beamten für gewisse Zeit in einer höher bewerteten Funktion beschäftigen, ohne dass sich daraus eine Verpflichtung zur Beförderung des Beamten ergibt.

Dies gilt indes nicht uneingeschränkt. Eine Begrenzung ergibt sich aus der dem Dienstherrn gegenüber dem Beamten obliegenden Fürsorgepflicht (vgl. Schinkel/Seifert, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, in Fürst GKÖD, Band III, K § 19 Rdnr. 19; Schwegmann/Summer a.a.O. § 19 BBesG Rdnr. 12).

Auch das Bundesverwaltungsgericht hat anerkannt, dass ausnahmsweise als Inhalt der Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten auch die Verpflichtung des Dienstherrn auf Schaffung einer Beförderungsmöglichkeit in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U. v. 24.01.1985 - 2 C 39.82 - = ZBR 1985, 195; BVerwG, U. v. 17.10.1974 - 2 C 40.72 - = Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 51). Dies könne etwa der Fall sein, wenn es sich um Maßnahmen der Exekutive handele, der nur noch die Verwirklichung des bereits anderweitig geäußerten Willen des Gesetzgebers oblägen, und wenn nur die Beförderung dieses Beamten in Betracht komme (BVerwG, U. v. 17.10.1974 a.a.O.).

Der VGH Baden-Württemberg hat im Falle eines Schulleiters die Wahrnehmung der höherwertigen Funktion für eine Zeitdauer von 2 Jahren und 8 Monaten als noch vertretbar angesehen, und zwar maßgeblich deshalb, weil sich abzeichnete, dass der Betroffene die höherwertige Funktion - wegen einer Zusammenlegung von Schulen - alsbald wieder verlieren würde (U. v. 02.12.1975 - IV 483/74 - = ZBR 1976, 155).

bb)

Für den vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass der Bundesgesetzgeber in der Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz festgelegt hat, dass das Amt eines Oberstudiendirektors als "Leiter eines zweizügig voll ausgebauten Oberstufengymnasiums" der Bes.Gr. A 16 angehört. Der Bundesgesetzgeber hat sich nicht auf die abstrakte Bezeichnung des Amts beschränkt, sondern eine Funktionsbeschreibung hinzugesetzt und damit deutlich gemacht, dass gerade die Wahrnehmung dieser Funktion eine Besoldung nach Bes.Gr. A 16 begründet.

Die Klägerin ist für die Schulleiterstelle in einem aufwendigen Ausschreibungs-, Findungs- und Beteiligungsverfahren gemäß §§ 67 ff. BremSchulVwG ausgewählt worden, hat sich in einem zweijährigen Zeitraum bewährt und wurde bereits mit Wirkung vom 01.05.1999 endgültig zur Schulleiterin bestellt. Nach der endgültigen Bestellung kommt nur noch die Klägerin für eine Beförderung zur Oberstudiendirektorin an ihrer Schule in Betracht; Mitbewerber sind nicht mehr zu berücksichtigen.

Auch die Beklagte bestreitet nicht, dass ein besetzbare Planstelle der Bes.Gr. A 16 zur Verfügung steht.

Die in § 25 Abs. 2 und Abs. 3 BremBG festgelegten allgemeinen Beförderungsgrundsätze sind - wie erwähnt - beachtet. Die Klägerin ist bereits Studiendirektorin und die einjährige Wartezeit nach § 25 Abs. 3 BremBG ist bei einer Beförderung zum 01.10.2002 eingehalten.

Am 01.10.2002 hat die Klägerin - zusätzlich zur zweijährigen Bewährungszeit - die Funktion der Leiterin eines zweizügig voll ausgebauten Oberstufengymnasiums weitere 3 Jahre und 5 Monate wahrgenommen, ohne die der Funktion zugeordnete Besoldung erhalten zu haben. Wie lange die Klägerin ohne amtsangemessene Besoldung höherwertig beschäftigt werden durfte, braucht der Senat nicht zu vertiefen. Jedenfalls nach Ablauf eines derart langen Zeitraums ist die Beklagte gehalten, der Klägerin, die allein für die haushaltsrechtlich zur Verfügung stehende Stelle in Betracht kommt, das der Funktion entsprechende statusrechtliche Amt zu verleihen. Auf fiskalische Gründe kann sie sich demgegenüber ebensowenig berufen wie auf den Senatsbeschluss vom 11.02.1997, der keine Rechtsnorm darstellt und im übrigen Ausnahmen in Härtefällen vorsieht. Sonstige erwägenswerte Gründe für eine weitere Verzögerung sind von der Beklagten (auch) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht vorgetragen worden. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Fürsorgepflicht, die zu den verfassungsrechtlich abgesicherten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört (Art. 33 Abs. 5 GG; vgl. Maunz-Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 33 Rdnr. 68), begrenzt nunmehr den Entscheidungsspielraum der Beklagten und führt ausnahmsweise zu einem Anspruch der Klägerin auf Beförderung zur Oberstudiendirektorin zum 01.10.2002 und Einweisung in eine entsprechend bewertete Planstelle.

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Ist die Beklagte nach den vorstehenden Ausführungen sogar zur Beförderung der Klägerin verpflichtet, so kann ihre Berufung gegen das sie (lediglich) zur Neubescheidung verpflichtende Urteil des Verwaltungsgerichts keinen Erfolg haben. Ihrer auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Auffassung, dass die Klägerin vor einer Beförderung zur Oberstudienrätin die durch den Senatsbeschluss vom 11.02.1997 verlängerte Mindestwartezeit von zwei Jahren erfüllen müsse, kann aus den dargelegten Gründen nicht gefolgt werden.

Zutreffend ist allerdings die Auffassung der Beklagten, dass das Verfahren vor der Unabhängigen Stelle lediglich verwaltungsinterne Bedeutung hat. Das zeigt § 22 Abs. 1 BremLV, wonach die Unabhängige Stelle "auf Antrag der obersten Dienstbehörde" tätig wird.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im Urteil vom 19.01.1967 (Az. VI C 73.64 = BVerwGE 26, 31 ff.) mit der Frage des Rechtsschutzes gegen Entscheidungen des Bundespersonalausschusses (Unabhängige Stelle des Bundes) auseinandergesetzt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Entscheidungen dieses Ausschusses vom Beamten grundsätzlich nicht selbständig angefochten werden können. Der Beamte müsse sich an die für ihn zuständige Dienstbehörde halten und könne (nur) diese Behörde bzw. die von ihr repräsentierte Körperschaft verklagen. In diesem Prozess sei einheitlich über den "Anspruch" zu befinden, wer auch immer im vorangegangenen Verwaltungsverfahren von der nach außen hin handelnden Behörde vor ihrer Entscheidung zu beteiligen gewesen sei (Seite 40).

Das Bundesverwaltungsgericht stellt zur Begründung maßgeblich darauf ab, dass die Entscheidung des Bundespersonalausschusses nur auf Antrag der obersten Dienstbehörde eingeholt werden könne. Dem Beschluss der nach außen hin nicht zum Handeln berufenen und auch nicht in Erscheinung getretenen Stelle komme der Charakter eines Verwaltungsaktes nicht zu. Die Ausgangsbehörde habe für die Entscheidung auch insoweit einzustehen, als sie auf dem Beschluss des Bundespersonalausschusses beruhe. Es sei in der Rechtsordnung keineswegs ohne Beispiel, dass eine Körperschaft für Ermessensentscheidungen geradezustehen habe, die von weisungsungebundenen Stellen getroffen werden (Seite 42).

Dementsprechend wird auch in der Literatur betont, dass die Genehmigung oder Versagung einer Ausnahme durch die Unabhängige Stelle lediglich eine verwaltungsinterne Entscheidung sei (Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 110 Rdnr. 5; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, § 98 Rdnrn. 2 und 3). Der Beschluss der Unabhängigen Stelle habe keine selbständige Wirkung gegenüber dem Betroffenen, sondern lediglich eine innerdienstliche im Sinne einer Freistellung oder Nichtfreistellung der Ernennungsbehörde von einer gesetzlichen Regelvorschrift (Schütz a.a.O. § 110 Rdnr. 5).

Hiernach hatte das Verwaltungsgericht zu prüfen, ob die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf frühzeitigere Beförderung hat. Im Rahmen dieser Prüfung war inzidenter zu untersuchen, ob u. U. eine Verpflichtung der Unabhängigen Stelle zur Erteilung einer Ausnahme von den Beförderungsgrundsätzen des § 25 Abs. 2 und Abs. 3 BremBG und vom Senatsbeschluss vom 11.02.1997 - insbesondere aufgrund der Fürsorgepflicht - besteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 2 und § 155 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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