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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 20.07.2004
Aktenzeichen: 2 B 203/04
Rechtsgebiete: BremPolLV


Vorschriften:

BremPolLV § 6 Abs. 1
Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Polizeibehörde einen Bewerber zur Auswahlprüfung für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Bremen deshalb nicht zuläßt, weil er die Ausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst in einem anderen Bundesland wegen mangelnder Bewährung nicht erfolgreich hat beenden können.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen

OVG: 2 B 203/04

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch die Richter Nokel, Dr. Grundmann und Alexy am 20.07.2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen - 6. Kammer - vom 09.06.2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 4.000,00 Euro festgesetzt.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt... für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Zulassung zum Prüfungsverfahren für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Bremen zum 01.10.2004.

Der 1978 geborene Antragsteller erwarb im Juli 1999 an der Fachoberschule Osnabrück, Fachrichtung "Verwaltung und Rechtspflege", die Fachhochschulreife. Zum 01.10.1999 nahm er die Ausbildung zum gehobenen Polizeivollzugsdienst in Hamburg auf. Er führte diese Ausbildung nicht zu Ende, sondern wurde auf eigenen Antrag mit Ablauf des 30.09.2000 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen.

Am 01.10.2001 begann der Antragsteller in Nordrhein-Westfalen mit der Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst. Durch Bescheid vom 24.09.2002 wurde er wegen mangelnder Bewährung aus dem Vorbereitungsdienst der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen entlassen. Die sofortige Vollziehung der Entlassung wurde angeordnet.

Der Antragsteller legte Widerspruch gegen die Entlassung ein. Sein Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Entlassungsverfügung wieder herzustellen, wurde vom Verwaltungsgericht Minden abgelehnt (B. v. 10.10.2002, Az. 4 L 1135/02). Die Beschwerde blieb erfolglos (OVG Münster, B. v. 18.11.2002, Az. 6 B 2143/02). Danach wies die Direktion für Ausbildung der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen den Widerspruch gegen die Entlassungsverfügung vom 24.09.2002 durch Widerspruchsbescheid vom 13.12.2002, der rechtsbeständig geworden ist, zurück.

Der Antragsteller bewarb sich sodann um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Antragsgegnerin zum 01.10.2003. Der von ihm im Auswahlverfahren erreichte Rangplatz (172. Stelle) reichte für eine Einstellung nicht aus.

Im November 2003 bewarb sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin erneut für den gehobenen Polizeivollzugsdienst. Die Antragsgegnerin lehnte diese Bewerbung mit Schreiben vom 25.11.2003 ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Senator für Inneres und Sport mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2004 zurück. Er verwies insbesondere darauf, dass der Antragsteller die Ausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst in Nordrhein-Westfalen nicht bestanden habe und deshalb für den bremischen gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht geeignet sei. Daraufhin hat der Antragsteller Klage erhoben.

Seinen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihm die Teilnahme am Prüfungsverfahren zur Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Bremen zum 01.10.2004 zu gestatten, hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Dagegen richtet sich die Beschwerde.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründe, die das Oberverwaltungsgericht nur zu prüfen hat (vgl. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), führen zu keiner abweichenden Entscheidung.

Die Aufnahme eines Bewerbers in den Vorbereitungsdienst des gehobenen Polizeivollzugsdienstes steht im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörden (vgl. § 6 Abs. 1 BremPoLV). Die Behörden sind allerdings gehalten, dass sog. Leistungsprinzip zu beachten, wonach die Auslese der Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen ist (vgl. § 9 BremBG). Dieses Prinzip gilt als allgemein hergebrachter Grundsatz des Beamtenrechts und insbesondere aufgrund des Art. 33 Abs. 2 GG nicht nur bei Beförderungen, sondern auch bei Auswahlverfahren.

Bei der Überprüfung der Frage, ob die rechtlichen Auswahlmaßstäbe eingehalten worden sind, durch die Verwaltungsgerichte ist allerdings zu beachten, dass die Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein Akt wertender Erkenntnis bleibt, der gerichtlicher Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglich ist. Die Gerichte haben die Behördenentscheidung daraufhin zu überprüfen, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrundegelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen der Behörde ist es auch überlassen, welchen (sachlichen) Umständen sie bei ihrer Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimißt und in welcher Weise sie den Grundsatz des gleichen Zugangs zu dem Beförderungsamt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 19.02.1999 - 2 B 11/99 - = ZBR 2001, 221; Senatsbeschluss vom 20.01.2004 - 2 B 444/02 - m.w.N.).

Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hält die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Antragsteller nicht am Prüfungsverfahren zur Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zum 01.10.2004 zuzulassen, stand.

Maßgeblich ist der Widerspruchsbescheid (vgl. § 126 Abs. 3 BRRG, § 79 Abs. 1 VwGO). Den Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 24.03.2004 ist zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin die Bewerbung des Antragstellers maßgeblich deshalb abgelehnt hat, weil er den Ausbildungsabschnitt I der Ausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst in Nordrhein-Westfalen nicht bestanden hat. Dabei waren für die Widerspruchsbehörde auch die Umstände bedeutsam, die zu dem Mißerfolg geführt haben. Im Widerspruchsbescheid wird ausdrücklich erwähnt, dass die Leistungen des Antragstellers in vier Fächern mit "mangelhaft" bewertet worden waren und die Ausbildungskonferenz festgestellt hatte, dass des Antragstellers "... Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten so mangelhaft sind, dass auch nach Verlängerung der Ausbildung nicht damit gerechnet werden kann, dass das Ziel des Ausbildungsabschnitts 1 erreicht wird". Auch wird darauf hingewiesen, dass der Eilantrag des Antragstellers vor dem Verwaltungsgericht Minden und dem Oberverwaltungsgericht Münster keinen Erfolg hatte.

Wenn die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung all dieser Umstände zu der Feststellung gelangt, dass der Kläger für den bremischen gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht geeignet sei, so hält sie sich damit innerhalb des ihr zustehenden Entscheidungsspielraums.

Der Antragsteller kann demgegenüber nicht mit Erfolg vorbringen, die Ausbildungen in den verschiedenen Bundesländern seien nicht miteinander vergleichbar. Abgesehen davon, dass es insoweit an hinreichender Substantiierung fehlt, muss sich der Antragsteller entgegenhalten lassen, dass er in Nordrhein-Westfalen in einem ca. ein Jahr dauernden Ausbildungsabschnitt für den mittleren Polizeivollzugsdienst in gravierender Weise versagt hatte und (gerade) das Ausmaß seines Versagens Schlüsse auf seine Eignung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in Bremen zuläßt.

Es ist jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Antragsgegnerin diesem gravierenden Mißerfolg entscheidendes Gewicht beimißt, und zwar auch größeres Gewicht als dem Umstand, dass der Antragsteller in Hamburg zum Fachhochschulstudium zugelassen worden war und nach seinem Vortrag die Zwischenprüfung bestanden hatte. In diesem Zusammenhang ist auch nicht außer Acht zu lassen, dass der Antragsteller die Ausbildung in Hamburg aus Gründen, die in seinem Verantwortungsbereich lagen, abgebrochen hatte.

Der Antragsteller kann ferner nicht darauf verweisen, dass er mit Erfolg an der Auswahlprüfung für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Bremen zum 01.10.2003 hatte teilnehmen können. Die Direktionskonferenz der Polizei Bremen hatte nämlich am 02.09.2003 beschlossen, Bewerber, die aus fachlichen oder charakterlichen Gründen in anderen Bundesländern abgelehnt worden waren, aufgrund der derzeitigen Bewerberlage nicht mehr einzustellen. Dieser Beschluss war vor Beginn des Auswahlverfahrens für die Einstellung zum 01.10.2004 gefasst worden und galt nach Angaben der Antragsgegnerin für alle, die sich zu diesem Einstellungstermin beworben hatten. Dass dieses Erfordernis nicht ausdrücklich im Ausschreibungstext enthalten oder in den Bewerbungsunterlagen publiziert worden war, steht nicht entgegen. Maßgebend ist insoweit die Verwaltungspraxis und dass der Antragsteller danach gegenüber anderen Bewerbern benachteiligt worden ist, kann nicht festgestellt werden. Der Senat hat keine Anhaltspunkte, die diesbezüglichen Angaben der Antragsgegnerin zu bezweifeln.

Hinzu kommt noch, dass der Antragsgegnerin der Mißerfolg des Antragstellers in Nordrhein-Westfalen nicht bekannt war, als sie den Antragsteller zur Auswahlprüfung für den Einstellungstermin 01.10.2003 zuließ. Der Antragsteller hatte die Antragsgegnerin bei seiner Bewerbung darüber nicht unterrichtet. Auch deshalb kann er sich auf die frühere Zulassung zur Auswahlprüfung in Bremen nicht berufen.

Der Antragsteller kann auch nicht geltend machen, nach dem Leistungsprinzip komme es auf das aktuelle Leistungsbild an und der Mißerfolg in Nordrhein-Westfalen liege zu lange zurück. Zwischen der Entlassungsverfügung aus Nordrhein-Westfalen (24.09.2002) und dem Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin (25.11.2003) liegen 1 Jahr und 2 Monate; bis zum Widerspruchsbescheid (24.03.2004) sind 1 1/2 Jahre verstrichen. Bei diesen Zeiträumen kann noch von einem hinreichend aktuellen Leistungsbild gesprochen werden. Der gravierende Mißerfolg des Antragstellers in Nordrhein-Westfalen liegt nicht etwa derart lange zurück, dass die Antragsgegnerin darauf bei Beachtung des Leistungsprinzips nicht mehr abstellen darf.

Der Antragsteller wird durch die Ablehnung seiner Bewerbung auch nicht in rechtswidriger Weise gegenüber den Bewerbern benachteiligt, die noch keine Polizeiausbildung begonnen hatten und denen im Prüfungsverfahren die Möglichkeiten gegeben wird, ihre Eignung nachzuweisen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht gegeben, weil insoweit unterschiedliche Sachverhalte vorliegen, die eine differenzierende Behandlung zu rechtfertigen vermögen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 S. 2 GKG a.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 (BGBl. I, 718).

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt... war abzulehnen, weil für die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den vorstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestand (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 ZPO).

Ende der Entscheidung

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