Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 23.06.2004
Aktenzeichen: 2 S 183/04
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 122
Ist nur für einen Teil des Streitgegenstandes Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden, so sind die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen für die anwaltliche Tätigkeit nach dem Wert des Teils zu ermitteln, für den Prozesskostenhilfe bewilligt ist (anders OVG Bremen, B. v. 14.07.1989 - 1 B 47/89 - = JurBüro 1989, 1689).
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen

OVG: 2 S 183/04

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Dreger, Richter Nokel und Richter Dr. Grundmann am 23.06.2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen - Einzelrichter der 3. Kammer - vom 14.05.2004 aufgehoben. Die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden unter Abänderung der Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 16.04.2004 auf 100,05 Euro festgesetzt.

Das Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrte mit der von ihr beim Verwaltungsgericht eingereichten Klage verschiedene Leistungen der Sozialhilfe.

Mit Beschluss vom 17.02.2004 bewilligte das Verwaltungsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., soweit mit der Klage die Auskehrung eines Betrages von 42,20 Euro (für Wohnungsnebenkosten) sowie Beihilfen für Vorhänge geltend gemacht wurden.

Im Termin vom 25.03.2004 verglichen sich die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts. Nach dem Vergleich trägt die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5 der Kosten des Verfahrens.

Den Streitwert für das gesamte Verfahren setzte das Verwaltungsgericht zum Zwecke der Kostenberechnung durch Beschluss vom 25.03.2004 auf 850,00 Euro fest, und zwar 150,00 Euro für die Nebenkostenabrechnung und die Vorhänge und 700,00 Euro für den Mehrbedarfszuschlag.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte auf Antrag der Klägerin die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen am 16.04.2004 auf 49,88 Euro fest. Bei einem (Gesamt-) Streitwert von 850,00 Euro betrügen die Anwaltskosten insgesamt 249,40 Euro. Unter Berücksichtigung der Teilbewilligung von Prozesskostenhilfe sei lediglich 1/5 davon als Erstattungsbetrag festzusetzen.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin berechnete daraufhin mit Schreiben vom 21.04.2004 seine Kosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 150,00 Euro neu und begehrte die Festsetzung eines Erstattungsbetrages von 100,05 Euro.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle wertete dieses Schreiben als Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Das Verwaltungsgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 14.05.2004 zurück. Dagegen richtet sich die Beschwerde.

Die Beschwerde hat Erfolg.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hätte die aus der Staatskasse zu zahlenden (Anwalts-) Gebühren und Auslagen entsprechend dem Begehren der Klägerin im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.04.2004 auf 100,05 Euro festsetzen müssen.

Nach § 122 Abs. 1 BRAGO bestimmt sich der Anspruch des Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist.

Durch Beschluss vom 17.02.2004 hatte das Verwaltungsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... bewilligt, "soweit sie mit ihrer Klage die Auskehrung eines Betrages von 42,20 Euro sowie Beihilfen für Vorhänge geltend macht".

Den Streitwert für diesen Teil der Klage hat das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 25.03.2004 nachvollziehbar mit 150,00 Euro bewertet und dies ist auch von den Beteiligten nicht angegriffen worden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat dementsprechend seiner Berechnung im Schriftsatz vom 21.04.2004 einen Gegenstandswert von 150,00 Euro zugrundegelegt und ohne Rechtsfehler einen Erstattungsbetrag von 100,05 Euro ermittelt.

Soweit der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und das Verwaltungsgericht meinen, als Erstattungsbetrag seien 1/5 der Anwaltskosten nach einem (Gesamt-) Streitwert von 850,00 Euro festzusetzen - vorliegend 49,88 Euro - vermag der Senat dem nicht zu folgen. Nach der gesetzlichen Regelung in § 122 Abs. 1 BRAGO ist - wie erwähnt - für den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts der Prozesskostenhilfebeschluss maßgebend. Dieser enthält keine Quotelung, sondern kennzeichnet den Teil des Streitgegenstandes, für den das Gericht nach summarischer Prüfung eine hinreichende Erfolgsaussicht annimmt (vgl. § 114 ZPO). In Höhe dieses Teil soll die bedürftige Partei von der Zahlung der Anwaltskosten befreit sein. Diesem Anspruch der bedürftigen Partei wird nur entsprochen, wenn die anwaltliche Vergütung nach dem Streitwert des Teils, für den Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist, ermittelt und der aus der Staatskasse zu zahlende Betrag entsprechend festgesetzt wird (vgl. Philippi in Zöller, ZPO, 24. Auflage, § 121 Rdnr. 45 m.w.N.).

Für den Teil des Streitgegenstandes, für den Prozesskostenhilfe nicht bewilligt worden ist, verbleibt dem Rechtsanwalt ein Anspruch gegen die Partei selbst. Dieser Anspruch besteht nur noch in Höhe eines Ergänzungsbetrages, welcher in dem Unterschied der Gebühr nach dem Gesamtstreitwert und derjenigen nach seinem von der Prozesskostenhilfe erfassten Teil besteht.

Diese Sichtweise entspricht der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Auflage, Rdnr. 683 m.w.N.; Zöller, ZPO, 24. Auflage, § 121 ZPO Rdnr. 45 m.w.N.; Riedel/Sußbauer, BRAGO, Kommentar, 8. Auflage, § 13 Rdnr. 31 f.; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, Kommentar, 15. Auflage, § 122 Rdnr. 8 m.w.N.; grundlegend BHG, B. v. 02.06.1954 - Az. V ZR 99/53 - = NJW 1954, Seite 1406; OLG Oldenburg OLGReport 1998, 184 m.w.N.; OLG München JurBüro 95, 203).

Soweit der 1. Senat des OVG Bremen im Beschluss vom 14. Juli 1989 (Az. 1 B 47/89 = JurBüro 1989, 1689) eine abweichende Auffassung vertreten hat, wird dem nicht gefolgt.

Die Gebührenfreiheit dieses Verfahrens ergibt sich aus § 128 Abs. 5 BRAGO.

Ende der Entscheidung

Zurück