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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 22.05.2008
Aktenzeichen: St 1/07
Rechtsgebiete: BremWG


Vorschriften:

BremWG § 39 Abs. 2
1. Das Bremische Wahlgesetz hat den Landeswahlleiter als einen notwendigen Mitwirkenden des Wahlprüfungsverfahrens bestimmt. Eine Beschränkung dieser Mitwirkung auf einzelne Typen von Wahlprüfungsverfahren, auf bestimmte Abschnitte oder auf bestimmte Verfahrenshandlungen sieht das Gesetz nicht vor. Auf die Beteiligtenfähigkeit des Landeswahlleiters nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung kommt es dabei nicht an.

2. Prüfungsmaßstab im Wahlprüfungsverfahren sind auch die Vorschriften der Bremischen Landeswahlordnung, obwohl § 39 Abs. 2 BremWG sie nicht ausdrücklich erwähnt. Die Landeswahlordnung enthält die zur Durchführung des Wahlgesetzes notwendigen Konkretisierungen des Gesetzes. Ein gewichtiger Verstoß gegen einzelne Bestimmungen der Landeswahlordnung beeinträchtigt den Vollzug des gesetzgeberischen Willens, eine ordnungsgemässe Wahl sowie ein zutreffendes und nachvollziehbares Wahlergebnis zu gewährleisten. Er stellt daher zugleich auch eine Verletzung des Gesetzes selbst dar.

3. Das Recht, innerhalb eines Monats nach Bekanntmachung des endgültigen Wahlergebnisses die Wahlprüfung zu verlangen (§ 38 BremWG), erfordert eine substantiierte Begründung der Behauptung von Wahlfehlern innerhalb dieser Frist. Ein knappes Wahlergebnis rechtfertigt keine Lockerung dieses Substantiierungsgebots. Eine Erstreckung der Nachzählung des Wahlergebnisses auf Wahlbezirke, deren Wahlergebnisse nicht substantiiert gerügt worden sind, ist nur ausnahmsweise unter besonders engen Voraussetzungen möglich.

4. Werden in einem Wahlbezirk gravierende Wahlfehler festgestellt, die auf Verstößen gegen solche Bestimmungen der Wahlordnung beruhen, die für die Ermittlung des Wahlergebnisses konstitutive Bedeutung haben, und können diese Wahlfehler nicht durch bloße Nachzählung der Stimmen geheilt werden, so ist eine Wiederholungswahl in diesem Wahlbezirk erforderlich. Zu den Bestimmungen von konstitutiver Bedeutung für die Ermittlung des Wahlergebnisses gehört insbesondere das Transparenzgebot, durch welches das Vertrauen in die Integrität der Ergebnisermittlung der Wahl gewährleistet werden soll.

5. Das aus den Unterlagen der Meldebehörde gebildete Wählerverzeichnis (§ 15 Abs. 1 BremWG) hat - im Gegensatz zum verwaltungsinternen Melderegister - eine für den Status der Bürger und die demokratische Integrität der Wahl bedeutsame Öffentlichkeitsfunktion. Die Öffentlichkeit des Wählerverzeichnisses soll die sachliche Richtigkeit der Herleitung der öffentlichen Gewalt aus dem Willen der Bürgerschaft gewährleisten. Soweit kein Einspruch gegen die Richtigkeit des Wählerverzeichnisses erhoben wird, bestehen der Geltungsanspruch und die Richtigkeitsgewähr des Wählerverzeichnisses daher unabhängig von der tatsächlichen Kenntnisnahme durch die Bürger.


STAATSGERICHTSHOF DER FREIEN HANSESTADT BREMEN

Urteil vom 22. Mai 2008

- St 1/07 -

in dem Wahlprüfungsverfahren betreffend die Wahl zur 17. Bremischen Bürgerschaft am 13. Mai 2007

Tenor:

1. Der Beschluss des Wahlprüfungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 19. November 2007 wird aufgehoben.

2. Die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft (Landtag) vom 13. Mai 2007 ist im Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) des Wahlbereichs Bremerhaven ungültig. Sie ist innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten seit Verkündung dieses Urteils zu wiederholen.

3. Die Wahlergebnisse in den Wahlbezirken 131/02 (DRK-Geschäftsstelle) und 136/01 (Elbe-Weser-Werkstätten) des Wahlbereichs Bremerhaven sind nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung zu berichtigen.

4. Aufgrund dieser Berichtigung und des Ergebnisses der Wiederholungswahl im Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) hat der Landeswahlleiter das Wahlergebnis im Wahlbereich Bremerhaven neu festzustellen.

5. Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Gegenstand des Verfahrens ist die Gültigkeit der Wahl zur 17. Bremischen Bürgerschaft (Landtag) vom 13. Mai 2007.

I.

Nach der amtlichen Bekanntmachung des endgültigen Wahlergebnisses zur Bremischen Bürgerschaft (17. Wahlperiode) durch den Landeswahlleiter am 8. Juni 2007 (Brem.ABl. S. 611) entfielen von den im Wahlbereich Bremerhaven abgegebenen 44.336 gültigen Stimmen auf die Liste "Bürger in Wut" (BIW) 2.216 Stimmen; das entspricht einem Anteil von 4,998%. Wäre im Wahlbereich Bremerhaven nur eine einzige gültige Stimme mehr abgegeben worden und wäre diese auf die Liste der BIW entfallen, so hätte sie 5,000% erreicht und damit einen Anspruch auf Vertretung in der Bürgerschaft mit einem Abgeordneten gehabt.

Die Beschwerdeführerin zu 1. ist die Wählervereinigung "Bürger in Wut" (BIW). Sie reichte im Wahlbereich Bremerhaven Wahlvorschläge für die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft (Landtag) sowie zu der am selben Tag stattfindenden Wahl zur Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bremerhaven ein. Die Beschwerdeführer zu 2. und 3. waren Listenkandidaten der Beschwerdeführerin zu 1. für die Bürgerschaftswahl, die Beschwerdeführerin zu 3. zugleich auch Listenkandidatin für die Wahl zur Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung. Der Beschwerdeführer zu 4. ist Wahlberechtigter, der am Tag der Wahl in seinem Wahlbezirk zurückgewiesen wurde, da er nicht im Wählerverzeichnis eingetragen war und keinen Wahlschein besaß.

1. Die Einspruchs- und Beschwerdeführer haben beim Wahlprüfungsgericht Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl erhoben. Sie haben verschiedene Verstöße gegen das Wahlrecht gerügt und geltend gemacht, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung der Wahl die Liste "Bürger in Wut" (BIW) mindestens 5% der Stimmen im Wahlbereich Bremerhaven erhalten und infolgedessen mit einem Abgeordneten in der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) vertreten wäre. Im Einzelnen haben sie vorgetragen:

a) Der Beschwerdeführer zu 4. sei zu Unrecht vom Wahlvorstand seines Wahlbezirks zurückgewiesen und daran gehindert worden, sein Wahlrecht auszuüben. Als er am Wahltag in dem für seinen gemeldeten Wohnsitz zuständigen Wahllokal erschienen sei, um unter Vorlage seines Personalausweises mit der zutreffenden Wohnadresse seine Stimme abzugeben, sei festgestellt worden, dass er nicht im Wählerverzeichnis eingetragen sei. Rückfragen hätten ergeben, dass er ohne sein Wissen aus dem - dem Wählerverzeichnis zugrunde liegenden - Melderegister gestrichen worden sei, obwohl er ununterbrochen und nach außen erkennbar unter der auch im Personalausweis vermerkten Adresse in Bremerhaven gewohnt habe. Die noch am Wahltage mögliche Korrektur dieses Fehlers der Meldebehörde durch Ausstellung eines Wahlscheines sei ihm rechtswidrig verweigert worden. Hätte der Beschwerdeführer zu 4. wählen dürfen, so hätte er seine Stimme sowohl bei der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft wie zur Bremerhavener Stadtverordnentenversammlung für die BIW abgegeben.

b) Die Bremische Wahlordnung benachteilige durch ihre Regeln über die Ungültigerklärung abgegebener Stimmen solche Parteien und Wählervereinigungen, deren Wählerinnen und Wähler sich vor allem aus den unteren sozialen Schichten rekrutierten. Die Regelung des § 73 Abs. 1-3 BremWO sehe vor, dass die Briefumschläge und die Stimmzettel für die Wahl zur Bürgerschaft aus blauem, die für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven aus gelbem Papier bestehen sollen. Habe ein Wähler die von ihm in der Wahlkabine ausgefüllten Stimmzettel in einen farblich nicht übereinstimmenden Umschlag getan, so ordne der § 75a Abs. 1 Nrn. 1-3 BremWO die Ungültigkeit jener Stimmen an. Viele Wähler seien durch diese Anforderung häufig intellektuell überfordert und würden durch diese Regel faktisch von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen. Es sei daher davon auszugehen, dass wegen der Ungültigkeitsregel des § 75a Abs. 1 BremWO besonders viele für die BIW abgegebene Stimmen für ungültig erklärt worden seien, jedenfalls so viele, dass die Einspruchs- und Beschwerdeführerin zu 1. mindestens 5% der gültigen Stimmen erhalten hätte, wenn jene Regel nicht existierte. Da es zu ihr durchaus weniger bedenkliche Alternativen gebe, sei sie verfassungswidrig.

c) Bei der Ermittlung des Wahlergebnisses seien ausweislich der Wahlniederschriften zum Teil erhebliche Verfahrensfehler aufgetreten, die ernsthafte Zweifel an der korrekten Ermittlung des Wählerwillens rechtfertigten. Die Beschwerdeführer haben dies für 23 Wahlbezirke behauptet:

aa) Wahlbezirk 123/02 (Gemeindehaus der Lukaskirche): Hier seien laut Wahlniederschrift 541 blaue Wahlumschläge abgegeben worden, während es im Wählerverzeichnis 543 Stimmabgabevermerke gebe. In der Erläuterung zu dieser Differenz finde sich in der Wahlniederschrift der Vermerk in Zeile 1 "blauer Stimmzettel im gelben Umschlag", in Zeile 2 befinde sich ein Fragezeichen, darunter in roter Schrift und anderer Handschrift die Bemerkung "Vermutlich nicht abgegeben".

bb) Wahlbezirk 131/02 (DRK-Geschäftsstelle): Hier hätten sich unter Verstoß gegen § 53 Abs. 1 BremWO sämtliche Mitglieder des Wahlvorstandes an der Auszählung der Stimmzettel beteiligt, obwohl diese Aufgabe nur den Beisitzern obliege, während der Wahlvorsteher und sein Stellvertreter die Ordnungsmäßigkeit der Stimmenzählung zu überwachen hätten.

cc) Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld): In diesem Wahlbezirk seien verschiedene gravierende Verfahrensfehler vorgekommen. So gebe es eine Wahlniederschrift 1, in der lediglich auf Seite 1 die Namen der Mitglieder des Wahlvorstandes eingetragen seien, sowie eine weitgehend ausgefüllte Wahlniederschrift 2, in der aber - bis auf die nunmehr als Beisitzerin geführte Vorsitzende des in des Niederschrift 1 aufgeführten ursprünglichen Wahlvorstandes - ein völlig neu zusammengesetzter Wahlvorstand eingetragen sei. Auf der ersten Seite dieser Niederschrift befinde sich der handschriftliche Vermerk "Neuauszählung". Wie sich später nach Auskunft des Vorsitzenden dieses zweiten Wahlvorstandes herausgestellt habe, sei es dem ursprünglichen Wahlvorstand nicht gelungen, das Ergebnis der Wahl korrekt zu ermitteln. Aus diesem Grunde habe die Vorsitzende des ursprünglichen Wahlvorstandes die Wahlunterlagen eingepackt und sei unbegleitet mit dem Fahrrad in die etwa 3 km entfernt liegenden Räumlichkeiten der Wahlbehörde Bremerhaven gefahren. Eine ausreichende Sicherung der Wahlunterlagen gegen Manipulationen habe es auf diesem Transport nicht gegeben. Außerdem verletze dieser Transport das Gebot des § 51 Abs. 1 BremWO, das Wahlergebnis nach Abschluss der Wahlhandlung "ohne Unterbrechung" festzustellen. In den Räumen der Wahlbehörde sei dann ein neuer Wahlvorstand gebildet und eine erneute Auszählung vorgenommen worden, obwohl das geltende Recht die Ersetzung eines bestehenden Wahlvorstandes durch einen anderen nach Beginn der Wahlhandlung nicht zulasse. Infolgedessen sei dieser neue Wahlvorstand auch nicht befugt gewesen, die Auszählung vorzunehmen sowie das Ergebnis zu ermitteln und festzustellen. Da nur die Vorsitzende des ursprünglichen Wahlvorstandes den Wahlablauf während des gesamten Wahlzeitraumes habe verfolgen können, habe kein Mitglied des neuen Wahlvorstandes der in § 32 BremWG festgelegten Pflicht nachkommen können, über "alle bei der Wahlhandlung ... sich ergebenden Anstände" zu entscheiden. In der Wahlniederschrift 2 fehle ein nach der Bremischen Wahlordnung vorgeschriebener Vermerk über die Aushändigung der Wahlunterlagen durch den Wahlvorstand an die Gemeindebehörde. In ihr fänden sich Vermerke, die nach Schriftfarbe und Handschrift von den anderen Eintragungen abwichen und vermutlich nach Aushändigung der Unterlagen an die Gemeindebehörde entgegen den Vorschriften des § 60 Abs. 2 Satz 3 BremWO vom Wahlamt eingefügt worden seien. Darüber hinaus lasse die Tatsache, dass das Ergebnis der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung vor dem Ergebnis der Wahl zur Bürgerschaft im Internet veröffentlicht wurde, nur den Schluss zu, dass die in § 75a Abs. 1 BremWO vorgeschriebene Reihenfolge 1. Bürgerschaftswahl, 2. Stadtverordnetenwahl nicht eingehalten worden sei.

Das vorläufige amtliche Ergebnis für den Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) sei erst mehr als fünfeinhalb Stunden nach Schließung der Wahllokale und nach Auszählung von 94 der 95 Wahlbezirke bekanntgegeben worden. Erst aufgrund des in diesem Wahlbezirk festgestellten Wahlergebnisses sei der Anteil der BIW, der nach Auszählung der übrigen 94 Wahlbezirke bei 5% der gültigen Stimmen gelegen habe, auf 4,998% gesunken. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Kenntnis der Wahlergebnisse in den übrigen 94 Wahlbezirken die Feststellung des Ergebnisses für den Wahlbezirk 132/02 in irgendeiner Form beeinflusst haben könnte. Auffällig sei die in diesem Wahlbezirk vergleichsweise hohe Quote von ungültigen Stimmzetteln. Während der Anteil dieser Stimmen im gesamten Wahlbereich Bremerhaven 1,56% betragen habe, seien im Wahlbezirk 132/02 1,94% der abgegebenen Stimmen als ungültig gewertet worden, d.h. 25% mehr. Weil nicht auszuschließen sei, dass dem neuen Wahlvorstand bei der Ermittlung des Wahlergebnisses mandatsrelevante Fehler unterlaufen oder Bewertungsentscheidungen nicht nach objektiven Kriterien, sondern nach der Mehrheitsregel getroffen worden seien, sowie auch wegen der erheblichen Bedeutung dieser Auszählung für das Gesamtergebnis der BIW im Wahlbereich Bremerhaven bedürfe es speziell in diesem Wahlbezirk einer gesonderten Überprüfung der Auszählungsergebnisse.

dd) Wahlbezirk 133/01 (Zwinglischule, Haus 2): Hier sei in der Wahlniederschrift die Zahl der ungeöffneten Wahlumschläge von zunächst 506 mit roter Schrift auf 508 berichtigt worden. In der Erläuterung sei vom Schriftführer der Vermerk "2 fehlende Umschläge" eingetragen worden. Dieser Vermerk sei nachträglich in roter Schrift mit Namenszeichen und Datum "30. 05. 2007" durchgestrichen worden. Die unter Ziffer 4, Buchstabe B ursprünglich angegebene Gesamtzahl von 506 Wählern sei rot durchgestrichen und durch die Zahl 508 ersetzt worden. Unter Ziff. 4 Buchstabe C sei die Zahl der ungültigen Stimmen in gleicher Form von 8 auf 10 berichtigt worden. Die Datumsangabe "30. 05. 2007" zeige, dass diese Berichtigungen der Wahlniederschrift nicht von einem Mitglied des Wahlvorstandes, sondern erst nach Übergabe der Wahlunterlagen durch die Gemeindebehörde vorgenommen worden seien.

ee) Wahlbezirk 136/01 (Elbe-Weser-Werkstätten): Hier habe eine nicht zum Wahlvorstand gehörende Person, eine im Wahllokal anwesende Mitarbeiterin eines Meinungsforschungsinstituts, an der Auszählung teilgenommen. Diese Person habe beobachtet, dass ein weibliches Mitglied des Wahlvorstandes die von ihm geöffneten gelben Wahlumschläge nach Entnahme des Stimmzettels nicht, wie in § 53 Abs. 1 BremWO vorgeschrieben, auf dem Wahltisch gestapelt, sondern auf den Fußboden geworfen habe. Auch seien entgegen § 75a Abs. 1 BremWO die blauen Briefumschläge für die Wahl zur Bürgerschaft zeitgleich mit den gelben Briefumschlägen für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung geöffnet worden. An der Auszählung hätten sich auch der Wahlvorsteher und dessen Stellvertreter beteiligt, obwohl diese die Zählung durch die Beisitzer zu beaufsichtigen hätten, um Unregelmäßigkeiten auszuschließen. Schließlich sei wegen des Fehlens zweier Stimmzettel eine Nachzählung durchgeführt worden. Diese sei zwar in der Wahlniederschrift vermerkt worden; nicht aber sei, wie § 53 Abs. 6 BremWO vorschreibe, auch der Grund für die Nachzählung angegeben worden.

ff) In Bezug auf die übrigen Wahlbezirke haben die Beschwerdeführer verschiedene weitere Fehler geltend gemacht, so die Unvollständigkeit der Wahlniederschriften und deren Ungereimtheiten (Wahlbezirke 136/01, 135/03, 135/05, 215/01), in ihrer Zulässigkeit zweifelhafte nachträgliche Ergänzungen und Korrekturen der Wahlniederschriften durch das Wahlamt (Wahlbezirke 133/01, 133/02, 211/01, 211/04, 212/02), entgegen der Vorschrift der Bremischen Wahlordnung nicht ausschließlich vom Schriftführer ausgefüllte Wahlniederschriften (132/05, 134/01, 135/03, 136/02, 142/02, 142/04), Verstöße gegen die Vorschriften über die Art und Weise der Eintragungen in die Wahlniederschrift (122/02, 134/03) sowie Abweichungen von der vorgeschriebenen Wahlzeit (131/01, 141/02, 142/03). In einer von den Beschwerdeführern nicht näher spezifizierten Zahl von Wahlbezirken des Wahlbereichs Bremerhaven hätten die Wahlvorstände die in § 75a BremWO bestimmte Reihenfolge der Auszählung beider Wahlen nicht eingehalten: Dies könne durch den Vergleich der Uhrzeiten der Übermittlung der Schnellmeldungen für die beiden Wahlen an den Landeswahlleiter festgestellt werden.

d) Des Weiteren haben die Beschwerdeführer vorgetragen, die formularmäßige Vorstrukturierung der Wahlniederschriften durch das gemäß § 56 Abs. 1 BremWO zu verwendende Muster der Anlage 16a verhindere, dass der tatsächliche Ablauf der Wahl in einem Wahlbezirk dokumentiert werde. Wahlvorstände, die sich in Bremerhaven überwiegend aus Bediensteten der Stadt zusammensetzten, würden - schon wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Stadt als ihrem Arbeitgeber - kaum Neigung verspüren, die in dem Formular vorgegebenen Angaben zu modifizieren, da das bedeuten könnte, dass das vorgeschriebene Verfahren nicht oder nur unvollständig eingehalten worden sei. Die Vorschrift des § 56 in Verbindung mit Anlage 16a BremWO beraube die Wahlniederschrift ihrer Aussagekraft, verstoße gegen das verfassungsrechtliche Gebot einer transparenten und nachvollziehbaren Stimmauszählung und sei in diesem Punkt nichtig, jedenfalls aber könnte den Wahlniederschriften kein Beweiswert dafür zugesprochen werden, dass die Vorschriften des § 53 Abs. 1, 2 und 4 BremWO über das Verfahren der Stimmauszählung eingehalten worden seien.

e) Angesichts dieser Häufung von Wahlfehlern und der Tatsache, dass die BIW den Einzug in die Bürgerschaft mit einem Abgeordneten nur um eine einzige Stimme verfehlt habe, sei eine Nachzählung der Stimmen im gesamten Wahlbereich Bremerhaven geboten. Aufgrund der ihnen vom Wahlamt eingeräumten zu geringen Zeit zur Einsichtnahme in die Wahlunterlagen sei es ihnen unmöglich gewesen, ihre Rechte im Wahlprüfungsverfahren effektiv wahrzunehmen. Sie haben daher beantragt, das Wahlprüfungsgericht möge die Beiziehung der Wahlniederschriften nebst Anlagen, der ungültigen Stimmen und der Schnellmeldungen im Wahlbereich Bremerhaven beschließen, ihnen die Einsichtnahme sowie eine angemessene Frist für die weitere Begründung des Einspruchs gewähren. Ferner haben sie die beiden der SPD angehörenden Bürgerschaftsabgeordneten, die als ehrenamtliche Richter dem Wahlprüfungsgericht angehören, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Bei einem Erfolg ihres Einspruchs würde eine Änderung der Mandatszuteilung zu Lasten der Fraktion der SPD in der Bremischen Bürgerschaft erforderlich. Dadurch würde die Fraktion für die vierjährige Wahlperiode einen Verlust von über 150.000 Euro an Fraktionsgeldern erleiden. Zugleich würden die Interessen im Wahlprüfungsgericht mitwirkenden Fraktionsmitglieder berührt, insbesondere die jenes Richters, der Mitglied des Vorstands der SPD-Fraktion sei.

Die Einspruchs- und Beschwerdeführer haben beantragt, das amtlich festgestellte Ergebnis der Bürgerschaftswahl vom 13. Mai 2007 für den Wahlbereich Bremerhaven für ungültig zu erklären.

2. Der Präsident der Bremischen Bürgerschaft und der Landeswahlleiter haben beantragt, die Einsprüche zurückzuweisen.

Der Landeswahlleiter hat den Ausführungen der Einspruchs- und Beschwerdeführer widersprochen und erklärt, dass keine die Gültigkeit der Wahl berührenden Wahlfehler aufgetreten seien.

a) Der Beschwerdeführer zu 4. sei am Wahltag zu Recht zurückgewiesen worden. Er hätte dem Grund dafür nachgehen müssen, warum er keine Wahlbenachrichtigungskarte erhalten hatte, und dann die Wohnsitzfrage mit der Meldebehörde klären können. Wegen dieses Versäumnisses habe es keine wahlrechtliche Grundlage gegeben, ihm nach Verstreichen der Antragsfrist für die Berichtigung des Wählerverzeichnisses einen Wahlschein noch am Wahltag auszustellen. Ohne Vorlage eines Wahlscheines habe der Wahlvorstand ihn zwingend zurückweisen müssen.

b) Unnötige Wahlhürden hätten nicht vorgelegen. Die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 75a Abs. 1 Nr. 1 BremWO, nach der ein Umschlag, in dem sich ein farblich nicht passender Wahlzettel befindet, als "leer" zu kennzeichnen sei, könne vom Wahlprüfungsgericht nicht geprüft werden.

c) Die Einwände der Einspruchsführer hinsichtlich der geltend gemachten Wahlfehler seien unbegründet. Die Wahlniederschriften würden von geschulten Beauftragten des Wahlamtes Bremerhaven auf Vollständigkeit überprüft; offensichtlich fehlende Angaben oder Unrichtigkeiten würden bereits vom Wahlvorsteher in Zusammenarbeit mit den Beauftragten des Wahlamtes beseitigt. Beginnend mit dem Tage nach der Wahl prüfe der Wahlbereichsleiter die Wahlniederschriften der Wahlvorstände gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 BremWO auf Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit; notwendige Ergänzungen oder Korrekturen würden durch rote Schrift kenntlich gemacht. Keiner der von den Beschwerdeführern gerügten Wahlfehler bei der Ermittlung des Wahlergebnisses sei für den Ausgang der Wahl erheblich gewesen.

d) In dem von den Beschwerdeführern als besonders bedeutsam angesehenen Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) sei eine Wahlniederschrift vom ursprünglichen Wahlvorstand nicht gefertigt worden, weil dieser nach konträren Diskussionen nicht mehr in der Lage gewesen sei, ein plausibles Ergebnis zu erstellen. Die Wahlvorsteherin habe sich daher entschieden, die übrigen Mitglieder des Wahlvorstandes zu entlassen und die kompletten Unterlagen dem Wahlamt zu übergeben. Es gebe nicht den geringsten Zweifel daran, dass die Wahlvorsteherin die Wahlunterlagen vollständig verpackt und entsprechend gut gesichert dem Wahlamt übergeben habe. Die Zulässigkeit der neuen Auszählung durch einen - bis auf die Vorsitzende des ursprünglichen Wahlvorstandes - neu zusammengesetzten Wahlvorstand folge aus der in § 60 Abs. 1 BremWO normierten Verantwortung des Wahlbereichsleiters für die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl in seinem Wahlbereich, die es ihm erlaube, sich der Unterstützung besonders geeigneter Personen zu bedienen. Eine Änderung der Reihenfolge bei der Erfassung der Wahlergebnisse sei durch programmtechnische Vorkehrungen ausgeschlossen. Im Wahlbezirk 131/02 (DRK-Geschäftsstelle) habe der Wahlvorstand das Wahlergebnis ordnungsgemäß ermittelt und festgestellt, die Wahlniederschrift sei plausibel. Im Wahlbezirk 136/01 (Elbe-Weser-Werkstätten) habe sich die Teilnahme der nicht zum Wahlvorstand gehörenden Mitarbeiterin eines Meinungsforschungsinstituts bei der Auszählung darauf beschränkt, die bereits gestapelten Stimmzettel eines Wahlvorschlages nochmals zu zählen und in Zehnerstapel zu ordnen. Diese Zehnerstapel seien anschließend noch einmal von Mitgliedern des Wahlvorstandes gezählt und von der Wahlvorsteherin kontrolliert worden. Die Schriftführerin habe vergessen, die Mitwirkung dieser als Hilfskraft fungierenden Person in die Wahlniederschrift einzutragen. Die Mitwirkung habe sich nicht konstitutiv auf die Ermittlung des Ergebnisses ausgewirkt.

3. Das Wahlprüfungsgericht hat durch Beschluss vom 19. November 2007 (WK 1819/07) den Einspruch zurückgewiesen, soweit beantragt worden war, die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft (Landtag) vom 13. Mai 2007 für den Wahlbezirk Bremerhaven für ungültig zu erklären. Im Übrigen hat es eine öffentliche Neuauszählung im Wahlbereich Bremerhaven und erforderlichenfalls die Berichtigung des Wahlergebnisses angeordnet.

a) Zuvor hatte das Wahlprüfungsgericht durch Beschluss vom 28. September 2007 den Ablehnungsantrag der Beschwerdeführer gegen die beiden der SPD-Fraktion der Bürgerschaft angehörenden ehrenamtlichen Richter zurückgewiesen. Das Bremische Wahlgesetz sehe die Mitwirkung von Abgeordneten der Bürgerschaft an der Wahlprüfung vor und akzeptiere die damit notwendig einhergehende Selbstbetroffenheit der beteiligten ehrenamtlichen Richter. Durch denselben Beschluss hatte es den Antrag der Beschwerdeführer auf Beiziehung der Wahlniederschriften nebst Anlagen, der ungültigen Stimmen und der Schnellmeldungen im Wahlbereich Bremerhaven, auf Gewährung der Einsichtnahme sowie auf Einräumung einer angemessenen Frist für die weitere Begründung des Einspruchs abgelehnt, soweit sie sich nicht auf bisher schon vorgetragene Wahlanfechtungsgründe bezögen. Die Frist für die Geltendmachung neuer, nicht bereits vorgetragener Wahlanfechtungsgründe sei abgelaufen. Es handele sich um eine Ausschlussfrist. Da neue Gründe nicht mehr nachgeschoben werden könnten, erübrige sich die Beiziehung der angeforderten Unterlagen.

b) Die von den Einspruchs- und Beschwerdeführern für 23 Wahlbezirke geltend gemachten Wahlmängel hätten sich, soweit sie sich auf die Verletzung der Vorschriften zur Stimmauszählung und Ermittlung des Wahlergebnisses bezögen, jedenfalls für die Wahlbezirke 131/02 (DRK Geschäftsstelle), 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) und 136/01 (Elbe-Weser-Werkstätten) vollständig oder teilweise bestätigt. Im Wahlbezirk 131/02 (DRK Geschäftsstelle) habe sich der Wahlvorsteher entgegen der Vorschrift des § 53 Abs. 1 und 4 BremWO an der Öffnung der Wahlumschläge, der Bildung von Stimmzettelstapeln und der Zählung der Stimmen beteiligt. Im Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) erscheine zwar die Bildung eines neuen Wahlvorstandes aufgrund eines Einvernehmens zwischen Wahlbereichsleiter, Leiterin des Wahlamtes und ursprünglicher Wahlvorsteherin vertretbar, nachdem sich der ursprüngliche Wahlvorstand nicht in der Lage gesehen habe, ein stimmiges Ergebnis zu ermitteln. Solle aber ein bislang nicht vorliegendes Ergebnis durch einen neuen Wahlvorstand ermittelt werden, dann müsse dieser die wahlrechtlichen Vorschriften vollständig beachten. Dies gelte um so mehr, als in der Wahlniederschrift des ursprünglichen Wahlvorstandes keine konkreten Angaben und verwertbaren Aufzeichnungen über mögliche Zwischenergebnisse vorgelegen hätten; es habe allenfalls von der Vorsitzenden des ursprünglichen Wahlvorstandes stammende Zahlen über "Wahlberechtigte" und "Zahl der Wähler" in dem der Erstellung der Schnellmeldung dienenden Protokoll gegeben. Die Nichtberücksichtigung der in der Wahlurne im Wahllokal zurückgebliebenen Briefumschläge bei der Neuauszählung im Wahlamt habe gegen § 52 Brem-WO verstoßen, der vorschreibe, dass die ungeöffneten Wahlumschläge zu zählen und mit der Zahl der Stimmabgabevermerke im Wählerverzeichnis und der eingenommenen Wahlscheine auf Übereinstimmung zu überprüfen seien. Die in der Wahlniederschrift eingetragene Zahl von 774 Wahlumschlägen sei von dem neuen Wahlvorstand aus den ihm vorgelegten Stimmzetteln ermittelt worden. Darüber hinausgehende Wahlfehler habe das Gericht in diesem Wahlbezirk nicht feststellen können. Ausweislich der Ergebnisse der Beweisaufnahme rechtfertige der Umstand, dass die Wahlvorsteherin die in den dafür vorgesehenen Beuteln verpackten Wahlunterlagen mit dem Fahrrad vom Wahllokal in die Räumlichkeiten des Wahlamtes transportiert habe, keinerlei Verdacht auf gewollte oder ungewollte Unregelmäßigkeiten, die zur Annahme eines relevanten Wahlfehlers führten. Entsprechenden Befürchtungen und Zweifeln der Einspruchsführer fehle die erforderliche Substanz.

c) Im Wahlbezirk 136/01 (Elbe-Weser-Werkstätten) sei das Wahlergebnis verfahrensfehlerhaft festgestellt worden, da eine dem Wahlvorstand nicht angehörende Person an der Auszählung teilgenommen habe, ohne hierzu legitimiert und ohne auf ihre Verpflichtung zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit hingewiesen worden zu sein. Außerdem seien die Zählungen zur Bürgerschaftswahl und zur Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven unter vorschriftswidriger Teilnahme der Wahlvorsteherin entgegen der Vorschrift des § 75a BremWO zeitgleich durchgeführt worden.

d) Ob sich diese festgestellten Mängel auf das Wahlergebnis und die Mandatszuteilung ausgewirkt hätten, könne nur durch eine Nachzählung ermittelt werden. Die in den Wahlbezirken 123/02 (Gemeindehaus Lukaskirche) und 133/01 (Zwinglischule) festgestellten und von den Einspruchsführern gerügte Differenz zwischen der Zahl der blauen Wahlumschläge und der Stimmabgabevermerke sei vom Landeswahlleiter nicht plausibel erklärt worden und lasse sich möglicherweise durch eine neue Zählung der Wahlumschläge nebst Abgleich aufklären. Bereits die Tatsache, dass im vorliegenden Falle die abweichende Zählung oder Wertung nur einer Stimme zu einer Änderung der Sitzverteilung in der Bremischen Bürgerschaft führen könne, spreche für eine Ausdehnung der Neuauszählung auf alle Wahlbezirke des Wahlbereichs Bremerhaven. Hinzu komme, dass die vom Gericht festgestellten Wahlmängel teilweise von schwerwiegender Natur seien und daher die Vermutung nicht völlig von der Hand zu weisen sei, dass ähnliche, auf einer oberflächlichen Anwendung der maßgeblichen Vorschriften beruhende Fehler auch in anderen Wahlbezirken stattgefunden hätten.

e) Weitere Wahlfehler, die im Falle ihres Vorliegens zur Ungültigkeit der Wahl führen könnten, lägen nicht vor. Die Nichtzulassung des Einspruchs- und Beschwerdeführers zu 4. zur Wahl sei kein Wahlfehler. Er sei zu Recht zurückgewiesen worden, da er es versäumt habe, sich angesichts des Ausbleibens einer Wahlbenachrichtigung rechtzeitig um die Richtigkeit des Wählerverzeichnisses zu kümmern. Die Frist, innerhalb der ein Wahlschein beantragt werden könne, sei nicht bloße Ordnungsvorschrift, sondern zwingende Verfahrensnorm. Die Regelung der §§ 73, 75a Abs. 1 BremWO, nach der die Wähler die jeweils durch verschiedene Farben gekennzeichneten Stimmzettel in die farblich übereinstimmenden Briefumschläge zu stecken hätten, damit ihre Stimmen als gültig gezählt werden, sei keine unzumutbar hohe Wahlhürde.

Ebensowenig sei die Verwendung vorformulierter Wahlniederschriften rechtlich zu beanstanden, da es durchaus möglich sei, notwendige Ergänzungen zu den formularmäßigen Angaben auf gesonderten Blättern niederzulegen und als Anlagen der Niederschrift beizufügen.

In der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2007 hat das Wahlprüfungsgericht über die Vorgänge in den Wahlbezirken 131/02 (DRK-Geschäftsstelle), 136/01(Elbe-Weser-Werkstätten) und 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) Beweis durch Vernehmung von Zeugen erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

II.

Gegen diesen Beschluss haben der Landeswahlleiter am 28. Dezember 2007 sowie die Beschwerdeführer zu 1.-4. am 31. Dezember 2007 Beschwerde eingelegt.

1. Der Landeswahlleiter trägt vor:

a) Die Entscheidung des Wahlprüfungsgerichts könne nur auf Gültigkeit oder Ungültigkeit der Wahl lauten. Eine Wahl sei ungültig, wenn sie aufgrund mandatsrelevanter Wahlfehler ganz oder teilweise aufgehoben und wenn das Wahlergebnis - der Mandatserwerb - korrigiert werden müsse. Das Wahlprüfungsgericht habe die Nachzählung nicht an den Landeswahlleiter delegieren dürfen, sondern selbst klären müssen, in wieweit eine Neuauszählung zu einem anderen Ergebnis führe.

b) Die vom Wahlprüfungsgericht festgestellten Wahlverfahrensfehler lägen nicht vor, jedenfalls seien sie nicht mandatsrelevant.

aa) Im Wahlbezirk 131/02 (DRK-Geschäftsstelle) seien keine die Sitzverteilung beeinflussenden Wahlfehler aufgetreten. Der Wahlvorsteher dieses Wahlbezirks habe seine Aufsichts- und Kontrollfunktion im Sinne des Gesetzes wahrgenommen.

bb) Entgegen den Feststellungen des Wahlprüfungsgerichts sei auch das Zählverfahren im Wahlbezirk 136/01 (Elbe-Weser-Werkstätten) nicht fehlerhaft gewesen. Die Hinzuziehung einer nicht seit Beginn der Wahlhandlung dem Wahlvorstand angehörenden Person zur Auszählung sei zulässig gewesen. Der Wahlvorstand habe in Wahrnehmung seiner ihm in § 32 BremWG zugewiesenen Kompetenz zur Entscheidung "über alle bei der Wahlhandlung und bei der Ermittlung des Wahlergebnisses sich ergebenden Anstände" eine im Wahllokal anwesende Person in analoger Anwendung des § 6 Abs. 8 Brem-WO entweder als Beisitzerin oder gemäß § 6 Abs. 9 als Hilfskraft hinzugezogen. Deren Tätigkeit - Öffnung zunächst blauer, später gelber Wahlbriefe sowie Nachzählung von Wahlumschlägen - sei über Hilfsfunktionen nicht hinausgegangen. Dass sie entgegen § 6 Abs. 9 BremWO dem Wahlvorstand nicht von der Gemeindebehörde zur Verfügung gestellt worden sei, sondern ihre Hilfe selbst angeboten habe, sei nicht als gravierender Wahlfehler zu werten. Auch ein Verstoß gegen die in § 75a BremWO vorgeschriebene Reihenfolge der Auszählung habe nicht vorgelegen. Es sei sichergestellt gewesen, dass die Öffnung der Wahlumschläge und die Zählung der Stimmen unter der Aufsicht der Wahlvorsteherin stattgefunden habe und die in § 53 Abs. 4 vorgeschriebene Zählfolge nach pflichtgemäßem Ermessen der Wahlvorsteherin festgestellt worden sei. Diese sei trotz zum Teil vorgenommener vereinzelter Zählaktivität in ihrer Aufsichtsfunktion nicht beeinträchtigt gewesen. Ein die Sitzverteilung beeinflussender Wahlfehler habe in dem beanstandeten Verhalten nicht gelegen.

cc) Das Wahlergebnis im Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) sei ebenfalls verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Der Fall des vollständigen Ausfalls eines Wahlvorstandes sei im Bremischen Wahlgesetz und der Landeswahlordnung nicht geregelt. Um dem Wahlbereichsleiter Bremerhaven die Ermittlung des vollständigen Wahlergebnisses im Wahlbereich zu ermöglichen, habe das Wahlamt als zuständige Gemeindebehörde eine Maßnahme in einem Fall ergriffen, den das Bremische Wahlrecht nicht regele; daher könne in dieser Maßnahme auch kein Verstoß gegen wahlrechtliche Bestimmungen liegen. Der neue Wahlvorstand habe das Wahlergebnis ermittelt und in der Wahlniederschrift dokumentiert. Es liege kein Zählfehler vor. Der Wahlbereichsausschuss Bremerhaven habe keinen Grund gesehen, in diesem Falle von seiner in § 32 BremWG festgelegten Befugnis Gebrauch zu machen, die vom Wahlvorstand getroffenen Entscheidungen über die Gültigkeit der abgegebenen Stimmen und über alle bei der Wahlhandlung und bei der Ermittlung des Wahlergebnisses sich ergebenden Anstände nachzuprüfen. Wahlvorstand und Wahlbereichsausschuss als die allein zur Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlbereich befugten Wahlorgane hätten ihre Entscheidungen nach pflichtgemäßem Ermessen getroffen. Die anfangs ermittelte Differenz zwischen der Anzahl der Stimmabgabevermerke im Wählerverzeichnis und der Summe der gültigen und ungültigen Stimmen sei aufgrund früherer Erfahrungen damit erklärt worden, dass der Schriftführer versehentlich einen Abgabevermerk zu viel eingetragen habe. Da alle Wahlorgane keinen Grund zur weiteren Nachprüfung gesehen hätten, bestehe kein Anlass, am rechtmäßigen Zustandekommen des Wahlergebnisses zu zweifeln.

dd) Die hinsichtlich der übrigen 20 Wahlbezirke vom Wahlprüfungsgericht getroffene pauschale Feststellung, "die Vermutung ähnlicher Fehler" lasse sich "nicht von der Hand weisen", sei unsubstantiiert und vor dem Hintergrund der Regelungen in § 34 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit Abs. 3 Nr. 3 BremWG sowie § 37 Abs. 1 Satz 1 BremWG und Art. 41 Abs. 1 Satz 2 GG bzw. Art. 75 Abs. 1 Satz 2 BremLV unzulässig. Eine solche Pauschalisierung würde dazu führen, dass ein Wahlergebnis in zeitnaher und rechtmäßiger Weise bestandsgeschützt nicht ermittelt werden könnte. Auftretende Differenzen zwischen der Schnellmeldung, anhand derer das vorläufige Wahlergebnis ermittelt und bekanntgegeben werde, und den Wahlniederschriften beruhten in der Regel auf Missverständnissen, Fehlern bei der telefonischen Übermittlung oder bei der maschinellen Erfassung für die Datenverarbeitung; sie würden in der Praxis durch die Angaben in den Wahlniederschriften ersetzt bzw. ergänzt.

ee) Ein Wahlergebnis sei stets nur insoweit zu korrigieren, wie der Wirkungsbereich des Wahlfehlers reiche. Folge man der Auffassung des Wahlprüfungsgerichts, so wäre das Wahlergebnis jedenfalls nur in diesen Wahlkreisen zu korrigieren bzw. die Wahl nur in diesen Wahlkreisen für ungültig zu erklären. Es sei der Grundsatz des größtmöglichen Bestandsschutzes der aus einer Wahl hervorgegangenen Volksvertretung zu beachten. Ein knappes Wahlergebnis sei kein Indiz für Unregelmäßigkeiten. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Wahlumschläge nach der Wahl vernichtet worden seien, da sie keine Wahlunterlagen im Sinne des § 103 Abs. 3 BremWO seien. Sie stünden daher für eine Nachzählung nicht mehr zur Verfügung.

Der Landeswahlleiter beantragt,

1. unter Abänderung des Beschlusses des Wahlprüfungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 19. 11. 2007 diesen insoweit aufzuheben, als eine öffentliche Neuauszählung im Wahlbereich Bremerhaven angeordnet wird, und den Einspruch insgesamt zurückzuweisen;

2. hilfsweise,

die Entscheidung des Wahlprüfungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 19. 11. 2007 insoweit aufzuheben, als eine öffentliche Neuauszählung im Wahlbereich Bremerhaven angeordnet wird und die Sache zur Neuauszählung der drei Wahlbezirke 131/02, 132/02 und 136/01 zur Auszählung an das Wahlprüfungsgericht - unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts - zurückzuverweisen;

3. hilfsweise,

die Entscheidung des Wahlprüfungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 19. 11. 2007 insoweit aufzuheben, als eine öffentliche Neuauszählung im Wahlbereich Bremerhaven angeordnet wird und die Sache zur Neuauszählung an das Wahlprüfungsgericht - unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts - zurückzuverweisen.

2. Die Beschwerdeführer zu 1.-4. tragen vor:

a) Der Landeswahlleiter sei nicht beschwerdebefugt. Gemäß § 38 Abs. 1 BremWG könne er Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl nur einlegen, soweit er im öffentlichen Interesse handele. Habe er aber keinen Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl eingelegt und werde der Einspruch ausschließlich von einzelnen Bürgern, Parteien oder Wählervereinigungen erhoben, so sei er nicht Beteiligter im Sinne des § 63 VwGO, der gemäß § 38 Abs. 4 BremWG auf das Wahlprüfungsverfahren anwendbar sei. Infolgedessen könne er auch keine Beschwerde einlegen.

b) Die angefochtene Entscheidung des Wahlprüfungsgerichts verletze die Beschwerdeführer in ihrem in Art. 3 Abs. 1 gewährleisteten Grundrecht der Wahlrechtsgleichheit und missachte das aus dem Demokratiegebot des Art. 20 Abs. 2 GG bzw. 65 Bremische Landesverfassung folgende Gebot einer dem Wählerwillen entsprechenden Sitzverteilung in der Bremischen Bürgerschaft.

aa) Für die vom Wahlprüfungsgericht ausgesprochene Anordnung einer Neuauszählung gebe es keine Rechtsgrundlage. Das bremische Wahlgesetz regele nur die Befugnis des Wahlprüfungsgerichts, die Wahl ganz oder teilweise für ungültig zu erklären. Die vom Gericht angeordnete Neuauszählung setze die Ungültigkeitserklärung des amtlichen Wahlergebnisses in den neu auszuzählenden Teilen voraus; diese Rechtsfolge aber habe das Wahlprüfungsgericht ausdrücklich zurückgewiesen. Die in den Gründen des Beschlusses festgelegte Zuständigkeit des Landeswahlleiters für die Neuauszählung sei rechtlich fehlerhaft, da die Prüfung der Gültigkeit der Wahl allein dem Wahlprüfungsgericht zustehe. Eine Übertragung der Durchführung der Neuauszählung an den Wahlbereichsleiter Bremerhaven sei unzulässig.

bb) Eine Neuauszählung könne nur solche Wahlfehler heilen, die bei der Stimmenauszählung aufgetreten seien und durch erneute Zählung behoben werden könnten. So seien die bereits vor dem Wahlprüfungsgericht geltend gemachten mandatsrelevanten Differenzen zwischen den im Wählerverzeichnis eingetragenen Stimmabgabevermerken und der Zahl der abgegebenen blauen Briefumschläge von je zwei Stimmen in den Stimmbezirken 123/02 (Gemeindehaus der Lukaskirche) und 133/01 (Zwinglischule, Haus 2) vermutlich auch durch nachträgliche Zählung nicht aufzuklären.

cc) Auch im Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) liege eine mandatsrelevante Differenz zwischen der Zahl der Abgabevermerke und der Stimmzettel vor, da der zweite Wahlvorstand die Wahlumschläge nicht gezählt und die Angaben entweder aus der Zahl der ermittelten Stimmzettel oder aus Angaben der Vorsitzenden des ursprünglichen Wahlvorstandes abgeleitet habe. Die in der Begründung des Beschlusses enthaltene Beschränkung der im Tenor angeordneten Neuauszählung auf die gültigen und ungültigen Stimmzettel schließe die Zählung der Wahlumschläge aus und sei rechtswidrig. Das Gericht habe lediglich die Neuauszählung der gültigen und ungültigen Stimmen angeordnet, nicht aber - was geboten sei - auch eine Überprüfung der der Zählung vorausliegenden Bewertung einzelner Stimmzettel als ungültig. Die vom Wahlprüfungsgericht geäußerte Auffassung, die Bildung eines neuen Wahlvorstandes für den Wahlbezirk 132/02 in den Räumen des Wahlamtes sei vertretbar gewesen, finde in der Bremischen Wahlordnung keine Grundlage. Bereits die Unterbrechung der Auszählung und Ermittlung des Wahlergebnisses sei rechtswidrig gewesen. Darüber hinaus habe es weitere gravierende Verstöße gegen Verfahrensgrundsätze gegeben. Die Unterbrechung der Auszählung, der ungesicherte Transport der Wahlunterlagen in das Wahlamt und die Neuauszählung unter Ausschluss der Öffentlichkeit hätten Möglichkeiten der Manipulation eröffnet und einen bösen Anschein geschaffen, zumal die Beschwerdeführerin zu 1. erst nach der Stimmermittlung dieses zuletzt ausgezählten Wahlbezirks unter die 5%-Hürde gefallen sei. Das Wahlprüfungsgericht habe es versäumt, der Aufklärung der Geschehnisse in diesem Wahlbezirk mit dem erforderlichen Nachdruck nachzugehen. Die Auffassung des Wahlprüfungsgerichts, den von den Einspruchsführern vorgetragenen Hinweisen auf die Möglichkeit von gewollten oder ungewollten Unregelmäßigkeiten bei dem ungesicherten Transport der Wahlunterlagen durch die Wahlvorsteherin des Wahlbezirks 132/02 fehle die erforderliche Substanz, überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast der Einspruchsführer.

dd) Der Ausschluss des Beschwerdeführers zu 4. von der Wahl sei rechtswidrig und mandatsrelevant. Die Auffassung des Wahlprüfungsgerichts, er habe es trotz Ausbleibens einer Wahlbenachrichtigung versäumt, das Wählerverzeichnis einzusehen und fristgemäß Einspruch zu erheben, stelle einen weit überzogenen Sorgfaltsmaßstab auf. Der Beschwerdeführer zu 4. habe mit seiner ordnungsgemäßen Anmeldung alles getan, was man von einem Durchschnittsbürger erwarten könne, um von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Es könne ihm nicht als Verschulden angelastet werden, dass er die in einer Zeitung amtlich bekannt gemachte Versendung von Wahlbenachrichtigungskarten und von Einspruchsfristen nicht zur Kenntnis genommen habe, zumal er als ALG-II-Empfänger wirtschaftlich nicht in der Lage sei, sich das Abonnement der betreffenden Zeitung zu leisten. Zum Beleg seiner Behauptung, dass seine im September 2006 erfolgte Löschung im Melderegister der Stadt Bremerhaven rechtswidrig war, legt der Beschwerdeführer zu 4. den Widerspruchsbescheid des Senators für Inneres und Sport vom 30. Januar 2008 vor, durch den das Bürger- und Ordnungsamt der Stadt Bremerhaven zur Berichtigung des Melderegisters in Bezug auf die Person des Beschwerdeführers zu 4. mit Wirkung vom 14. September 2006 verpflichtet wird.

ee) Die §§ 73, 75a Abs. 1 BremWO, die die Durchführung einer gleichzeitigen Doppelwahl für die Bremische Bürgerschaft (Landtag) und die Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven vorsähen, errichteten unnötig hohe Wahlhürden, indem sie dem Wähler ein kompliziertes Verfahren abverlangten, das für die ordnungsgemäße Doppelwahl nicht erforderlich sei. Diese Bestimmungen seien von der Ermächtigungsgrundlage des Bremischen Wahlgesetzes nicht mehr gedeckt, weil sie gegen die verfassungsrechtlichen Gebote zur Durchführung demokratischer und gleicher Wahlen verstießen. In einer mandatsrelevanten Anzahl von Fällen seien Stimmzettel für ungültig erklärt worden, weil sie in einen verschiedenfarbigen Briefumschlag gesteckt worden seien.

ff) Die Behinderung der Beschwerdeführer bei der Einsichtnahme in die Wahlunterlagen durch den Landeswahlleiter sei ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes. Ebenso verletze die Entscheidung des Wahlprüfungsgerichts die verfassungsrechtliche Rechtsschutzgarantie, weil es ihnen auch nicht während des laufenden Wahlprüfungsverfahrens Einsicht in die von ihnen noch nicht eingesehenen Wahlunterlagen gewährt habe. Sie hätten einen Anspruch auf Abhilfe wegen Verletzung ihres verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Rechtsschutz durch Beiziehung ihnen bislang verweigerter Unterlagen und Ladung von Zeugen. Hierzu haben sie einen Beweisantrag gestellt, wegen dessen Inhalt auf die Verfahrensakten Bezug genommen wird.

Die Beschwerdeführer zu 1. - 4. beantragen,

1. die Beteiligtenstellung des Beschwerde führenden Landeswahlleiters aufzuheben und seine Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen,

2. die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft (Landtag) vom 13.05.2007 im Wahlbereich Bremerhaven für ungültig zu erklären.

3. Der Landeswahlleiter hat unter Hinweis auf § 38 Abs. 2 und 4 BremWG die von den Einspruchs- und Beschwerdeführern geäußerten Zweifel an seiner Beschwerdebefugnis zurückgewiesen.

4. Der Präsident der Bremischen Bürgerschaft hat sich nicht geäußert.

Der zur Teilnahme berechtigte Senator für Justiz und Verfassung hat durch Schreiben vom 14. Februar 2008 mitgeteilt, dass er von einer Äußerung absehe.

III.

Durch Beweisbeschluss vom 10. April 2008 hat der Staatsgerichtshof eine öffentliche Nachzählung für die Wahlbezirke 131/02 (DRK Geschäftsstelle) und 136/01 (ElbeWeser-Werkstätten) durch zwei beauftragte Richter des Staatsgerichtshofs angeordnet. Die Nachzählung ergab, dass in beiden Wahlbezirken je ein ungültiger Stimmzettel mehr abgegeben wurde, als im amtlichen Wahlergebnis festgestellt worden ist. Im Wahlbezirk 131/02 erhielt der Wahlvorschlag der CDU, im Wahlbezirk 136/01 der Wahlvorschlag der Liste Deutschland eine Stimmen weniger als im amtlichen Wahlergebnis ausgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das gerichtliche Protokoll vom 21. April 2008 Bezug genommen.

Die Wahlniederschriften für die 23 Wahlbezirke, für die die Einspruchs- und Beschwerdeführer Wahlfehler geltend gemacht haben, haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

B. I.

Die Beschwerde des Landeswahlleiters ist zulässig. Das Bremische Wahlgesetz räumt dem Landeswahlleiter in § 38 Abs. 1 nicht nur die Befugnis zur Einleitung des Wahlprüfungsverfahrens durch Erhebung eines Einspruchs ein, sondern bestimmt ihn in Absatz 2 auch zum Adressaten aller Einsprüche, die von anderen Einspruchsbefugten eingelegt werden. Nach Absatz 3 hat er diese Einsprüche mit seiner Stellungnahme dem Wahlprüfungsgericht vorzulegen. Das Bremische Wahlgesetz hat damit den Landeswahlleiter als einen notwendigen Mitwirkenden an sämtlichen Wahlprüfungsverfahren bestimmt. Eine Beschränkung dieser Mitwirkung auf einzelne Typen von Wahlprüfungsverfahren, auf bestimmte Abschnitte oder auf bestimmte Verfahrenshandlungen sieht das Gesetz nicht vor. Es entspricht der ständigen Praxis des Staatsgerichtshofs, dass der Landeswahlleiter als Beteiligter mit eigenen Antragsrechten im Verfahren der Wahlprüfungsbeschwerde mitwirkt (BremStGHE 4, 111, 113, 119; 5, 100, 103; 6, 253, 256, 258; 7, 141, 149). Auf die Beteiligtenfähigkeit nach § 63 VwGO kommt es daher nicht an.

Die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1.- 4. ist zulässig. Sie ist form- und fristgemäß eingelegt.

II.

Die Beschwerde des Landeswahlleiters und die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 1.- 4. sind teilweise begründet.

Der angegriffene Beschluss des Wahlprüfungsgerichts verletzt das Bremische Wahlgesetz (§ 39 Abs. 2 BremWG).

Prüfungsmaßstab für eine ordnungsgemäße Wahl sind auch die Vorschriften der Bremischen Landeswahlordnung, obwohl § 39 Abs. 2 BremWG neben Grundgesetz und Landesverfassung nur das Wahlgesetz erwähnt. Die aufgrund der Ermächtigung des § 58 BremWG vom Senator für Inneres, Kultur und Sport erlassene Landeswahlordnung enthält die zur Durchführung des Wahlgesetzes notwendigen Konkretisierungen des Gesetzes. Die gesetzmäßige Durchführung allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahlen nach § 5 Abs. 1 BremWG erfolgt durch die in der Landeswahlordnung vorgenommene Aufgliederung der Wahl in eine Vielzahl rechtlich festgelegter Verfahrensschritte. Diese müssen verlässlich, vorhersehbar und transparent sein. Ein gewichtiger Verstoß gegen einzelne Bestimmungen der Landeswahlordnung verstößt gegen den im Sinne des Gesetzes ordnungsgemäßen und regelhaften Ablauf der Wahl und damit gegen die Gewährleistung eines nachvollziehbaren und zutreffenden Wahlergebnisses. Solche Verstöße beeinträchtigen den Vollzug des gesetzgeberischen Willens für eine ordnungsgemäße Wahl. Sie stellen daher auch eine Verletzung des Gesetzes selbst dar.

1. Der Beschluss des Wahlprüfungsgerichts ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil an ihm zwei der SPD-Fraktion angehörende Mitglieder der Bürgerschaft mitgewirkt haben. Im Hinblick auf die Besonderheiten der Wahlprüfung kann eine Befangenheit der ehrenamtlichen Richter nicht aus der bloßen Tatsache ihrer Mitgliedschaft in der Bürgerschaft abgeleitet werden. In der Freien Hansestadt Bremen wird die Wahlprüfung in den §§ 37 ff. BremWG geregelt. Die Zusammensetzung des Wahlprüfungsgerichts aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts sowie fünf Mitgliedern der Bürgerschaft, die unter Berücksichtigung der Stärke der Parteien und Wählervereinigungen von der Bürgerschaft zu wählen sind, weist es als eine Mischform zwischen Parlamentsausschuss und Gericht und damit als eine materiell verfassungsrechtliche Institution sui generis aus. Trotz der Bezeichnung als "Gericht" ist das Wahlprüfungsgericht kein Organ der rechtsprechenden Gewalt im Sinne der Art. 135 BremLV und Art. 92 GG (vgl. BVerfGE 103, 111, 135 m. w. N.; BremStGHE 1, 218, 232; 6, 30, 42).

Die Mitwirkung von Mitgliedern der Bürgerschaft am Wahlprüfungsverfahren kann als solche daher kein Grund für die Ausschließung dieser Richter wegen Besorgnis der Befangenheit sein. Der Staatsgerichtshof hält daran fest, dass ein verfassungskonformes und dem Wahlgesetz entsprechendes Wahlprüfungsverfahren durch das Wahlprüfungsgericht überhaupt nicht durchgeführt werden könnte, wenn die bloße Tatsache des Abgeordnetenmandats einen Grund zur Ausschließung wegen Befangenheit führen würde (BremStGHE 1, 218, 233; bestätigt in BremStGHE 5, 94, 96; 6, 30, 42; 6, 249, 252). Eine Ausschließung von Richtern wegen Besorgnis der Befangenheit kann daher nur dann in Betracht kommen, wenn unabhängig von der bloßen Mitgliedschaft in der Bürgerschaft aufgrund konkreter und individueller Umstände besondere Gründe vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

Gründe dieser Art haben die Beschwerdeführer zu 1.-4. nicht vorgetragen. Die Behauptung, im Falle des Erfolges ihres Wahleinspruchs würde die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft ein Mandat verlieren und dies würde sich negativ auf die Höhe der ihr zustehenden Fraktionsgelder auswirken, ist lediglich eine Umformulierung der ebenso zutreffenden wie unerheblichen Feststellung, dass die mitwirkenden Abgeordneten kraft ihrer Mitgliedschaft in der Bürgerschaft - die gemäß Art. 77 BremLV ganz überwiegend auch eine Mitgliedschaft in einer Fraktion ist - in eigener Sache urteilen.

2. Der Beschluss des Wahlprüfungsgerichts verstößt jedoch gegen § 37 Abs. 1 Satz 1 BremWG und ist deshalb aufzuheben.

Die öffentliche Neuauszählung der Stimmen ist als mögliche Rechtsfolge einer wahlprüfungsgerichtlichen Entscheidung im Bremischen Wahlgesetz nicht vorgesehen. Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 BremWG entscheidet das Wahlprüfungsgericht über die Gültigkeit der Wahl oder von Teilen der Wahl, über den Verlust des Mandates eines Mitgliedes der Bürgerschaft nach § 34 Abs. 3 Nr. 2 des BremWG infolge des Wegfalls einer Voraussetzung der Wählbarkeit, der Ungültigkeit seiner Wahl oder einer nachträglich festgestellten Änderung des Wahlergebnisses, sowie über die Rechtmäßigkeit der Feststellungen des Vorstandes der Bürgerschaft, des Präsidenten der Bürgerschaft und des Landeswahlleiters nach §§ 34 bis 36 BremWG. Danach kann das Wahlprüfungsgericht eine Wahl (oder Teile der Wahl) für ungültig erklären oder infolge einer nachträglichen Korrektur des Wahlergebnisses den Verlust des Mandates eines Mitgliedes der Bürgerschaft feststellen. Das Wahlprüfungsgericht kann zwar eine Änderung des Wahlergebnisses aufgrund einer Neuauszählung feststellen, dies aber nur als Zwischenschritt zur Vorbereitung seiner Entscheidung darüber, ob ein Mitglied der Bürgerschaft infolge einer nachträglich festgestellten Änderung des Wahlergebnisses seinen Sitz verliert (§ 34 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. Abs. 3 Nr. 2 BremWG). Nach der gesetzlichen Regelung ist die Neuauszählung ein Erkenntnismittel des Gerichts zur Herbeiführung einer der nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BremWG zulässigen Entscheidungsinhalte, nicht selbst zulässiger Inhalt einer das Verfahren abschließenden Entscheidung. Das Gericht hatte diese Entscheidung selbst zu treffen und hätte infolgedessen die von ihm für erforderlich gehaltene Nachzählung im Wege der gerichtlichen Beweiserhebung in eigener Verantwortung durchführen müssen. Eine Delegation der gerichtlichen Beweiserhebung an den Landeswahlleiter lässt das Bremische Wahlgesetz nicht zu.

3. Die für den Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) festgestellten Wahlfehler führen zur Ungültigkeit der Wahl in diesem Wahlbezirk mit der Folge, dass die Wahl zur Bürgerschaft (Landtag) dort zu wiederholen ist (§ 41 Abs. 1 BremWG). Diese Rechtsfolge ergibt sich daraus, dass die Wahlfehler für die Zusammensetzung der Bürgerschaft bedeutsam sein können. Eine Heilung der Wahlfehler durch Nachzählung der bei der Wahl vom 13. Mai 2007 in diesem Wahlbezirk abgegebenen Stimmen ist nicht möglich.

a) Die Ungültigkeit der Wahl im Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) folgt allerdings nicht daraus, dass für ihn ein neuer Wahlvorstand gebildet wurde, nachdem sich der ursprünglich eingesetzte ohne Erledigung seiner Aufgaben aufgelöst hatte. Dem Wahlprüfungsgericht kann im Ergebnis darin gefolgt werden, dass die Bildung eines neuen Wahlvorstandes als rechtlich vertretbare Lösung eines außergewöhnlichen Geschehens angesehen werden kann, das in der Bremischen Landeswahlordnung nicht geregelt ist. Unter diesen Umständen erscheint eine entsprechende Anwendung des § 57 Abs. 1 BremWO vertretbar. Diese Vorschrift sieht vor, dass der Wahlvorstand die Stimmzettel, leer abgegebenen Wahlumschläge und eingenommenen Wahlscheine an die Gemeindebehörde übergibt, sobald er "seine Aufgabe erledigt" hat. Angesichts der Regelungslücke in der Bremischen Wahlordnung ist die von der Vorsteherin des ersten Wahlvorstandes gewählte Lösung, die Unterlagen dem Wahlamt zu übergeben, rechtlich nicht zu beanstanden. Denn dadurch wurde die Verantwortung des Wahlamtes für die Integrität des Wahlverfahrens am besten gewahrt.

b) Ebenfalls zutreffend hat das Wahlprüfungsgericht einen Wahlfehler darin gesehen, dass der neu gebildete Wahlvorstand es versäumt hat, zumindest die bereits geöffneten Wahlumschläge zu zählen und mit den Stimmabgabevermerken im Wählerverzeichnis sowie den eingenommenen Wahlscheinen abzugleichen (vgl. § 52 Satz 2 BremWO). Fehlt diese Kontrolle, so ist es nicht möglich festzustellen, ob eine von einem Wähler abgegebene Stimme im Verlauf der Auszählung verloren gegangen ist. Tatsächlich beruhte die von dem zweiten Wahlvorstand festgestellte und in die Wahlniederschrift eingetragene Zahl von 774 Wahlumschlägen nicht auf einer Zählung der ihm gar nicht vorliegenden Wahlumschläge, sondern wurde aus der Zahl der ihm vorliegenden Stimmzettel abgeleitet.

c) Das Wahlprüfungsgericht hat indessen zu Unrecht angenommen, dass es im Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) keine weiteren Wahlfehler gegeben hat. Es hat verschiedenen von ihm selbst festgestellten Abweichungen von den Vorschriften der Landeswahlordnung nicht das ihnen für die rechtliche Bewertung zukommende Gewicht gegeben.

aa) Das gilt zunächst für das Fehlen einer ordnungsgemäßen Wahlniederschrift des ursprünglichen Wahlvorstandes. Zwar erwähnt das Wahlprüfungsgericht, dass die ursprüngliche Wahlniederschrift keine konkreten Angaben in den Rubriken 2 bis 5 - Wahlhandlung, Feststellung des Wahlergebnisses, Wahlergebnis der Bürgerschaftswahl, Abschluss der Wahlergebnisfeststellung - enthält; es bewertet dies jedoch nicht. Damit wird die für die Feststellung des Wahlergebnisses konstitutive Bedeutung der in § 56 Abs. 1 BremWO bestimmten Pflicht des Schriftführers verkannt, eine von den Mitgliedern des Wahlvorstandes zu genehmigende und zu unterzeichnende Wahlniederschrift zu fertigen. Diese Pflicht gilt auch, wenn der Wahlvorstand wie im vorliegenden Fall wegen Unvermögens der Auftragserfüllung seine Tätigkeit einstellt. Denn es handelt sich hierbei um ein besonderes Vorkommnis, das nach § 56 Abs. 1 BremWO in der Niederschrift zu vermerken ist. Dieses Versäumnis hat nicht lediglich den Charakter der Verletzung einer Ordnungsvorschrift. Es ist für die Ermittlung des Wahlergebnisses bedeutsam, da der neu gebildete Wahlvorstand ohne eine auf Zählung beruhende Dokumentation der abgegebenen Wahlumschläge und deren Inhalt und ohne Kenntnis der Umstände, die zum Abbruch der Auszählung führten, nicht feststellen konnte, ob im Verlaufe der ungewöhnlichen Ereignisse zwischen der Schließung des Wahllokals und seiner eigenen Zählung Veränderungen der Zahl der abgegebenen Wahlumschläge und der Stimmzettel vorgenommen worden sind oder sein könnten.

bb) Diese Ungewissheit über die Verlässlichkeit der dem neu gebildeten Wahlvorstand vorliegenden Wahlunterlagen wird noch durch die Art ihrer Aufbewahrung und des Transportes in dem Zeitraum zwischen dem Abbruch der Tätigkeit des ursprünglichen Wahlvorstandes und der Stimmenzählung durch den neu gebildeten Wahlvorstand verstärkt. Dem Wahlprüfungsgericht kann nicht darin gefolgt werden, dass hierin kein Wahlfehler zu sehen sei. Gemäß § 57 Abs. 1 BremWO hat der Wahlvorstand nach Erledigung seiner Aufgabe die dort aufgeführten Wahlunterlagen getrennt zu verpacken, zu versiegeln und mit Inhaltsangabe zu versehen, und zwar geordnet nach Stimmzetteln, die ihrerseits nach Wahlvorschlägen und ungekennzeichneten Stimmzetteln zu bündeln sind, weiterhin nach leer abgegebenen Wahlumschlägen und nach eingenommenen Wahlscheinen. Obwohl der Fall der Selbstauflösung des ursprünglichen Wahlvorstandes nicht als "Erledigung seiner Aufgabe" angesehen werden kann, muss mangels einer ausdrücklichen Regelung eines solchen Vorkommnisses in der Landeswahlordnung diese Regelung entsprechend angewendet werden. Denn die Notwendigkeit einer sicheren, gegen Manipulationen geschützten Aufbewahrung der Wahlunterlagen ist im Falle der Unterbrechung der Stimmenauszählung noch dringender als im Falle eines normalen Ablaufs des Verfahrens der Auszählung. Das Versäumnis einer getrennten Verpackung und Versiegelung der Stimmzettel, der leer abgegebenen Wahlumschläge und der eingenommenen Wahlscheine stellt daher einen erheblichen Wahlfehler dar, da es die Kontrolle über die für die Feststellung des Wahlergebnisses relevanten Unterlagen lockert.

cc) Die Kontrolle über die Wahlunterlagen durch die gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Personen entfiel sogar vollkommen, als die Vorsteherin des ursprünglichen Wahlvorstandes das Wählerverzeichnis und die Stimmzettel in einer unbegleiteten Fahrt von etwa 3 km mit dem Fahrrad vom Wahllokal in die Räume des Wahlamtes transportierte. Dadurch wurde die Kette der nachvollziehbaren und stets unter Zeugen zu vollziehenden einzelnen Schritte der Ermittlung des Wahlergebnisses unterbrochen. Zwar enthält die Landeswahlordnung keine Regelungen über den Transport der Wahlunterlagen von den Wahllokalen zu den Amtsräumen der Gemeinde, doch sind die einzelnen Verfahrensschritte der Stimmenzählung und Ermittlung des Wahlergebnisses durchgängig so geordnet, dass stets mehrere Personen anwesend sind und sich wechselseitig kontrollieren (vgl. z.B. §§ 6 Abs. 7 [Anwesenheit von mindestens drei Mitgliedern des Wahlvorstandes während der Wahlhandlung], 42 [Öffentlichkeit des Wahlraumes während der Wahlhandlung sowie der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses], 53 [Zählung der Stimmen in Anwesenheit des Wahlvorstandes, mehrere Beisitzer]). Die Transparenz des Wahlverfahrens soll das Vertrauen in die Integrität des Verfahrens der Ergebnisermittlung der Wahl gewährleisten.

Im vorliegenden Fall ist dieser Gesichtspunkt von besonderer Bedeutung, weil eine in einer Wahlniederschrift dokumentierte Zählung der Stimmen vor dem Transport noch nicht vorlag und somit der neu gebildete Wahlvorstand keine Gewissheit haben konnte, dass die ihm vorgelegten Stimmzettel vollzählig waren und sich in einem unveränderten Zustand befanden. Die Regelung des § 56 Abs. 3 BremWO legt für die Verfahrensphase nach dem Abschluss der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses fest, dass Wahlvorsteher, Gemeindebehörde und Wahlbereichsleiter sicherzustellen haben, dass die Wahlniederschriften mit den Anlagen Unbefugten nicht zugänglich sind. Der ordnungsgemäßen Verwahrung der Wahlunterlagen kommt wegen ihrer Unverzichtbarkeit für die Nachprüfung der Wahlergebnisfeststellung durch die legitimierten Wahlorgane eine "fundamentale Bedeutung" zu (Schreiber Handbuch des Wahlrechts, 7. Aufl. 2002, § 37 Rdnr. 4). In noch viel höherem Maße gilt das Erfordernis einer strikten und transparenten Überwachung der Wahlunterlagen für die hier in Rede stehende Verfahrensphase vor der Stimmenauszählung. Seine Missachtung stellt einen gravierenden Wahlfehler dar.

d) Die festgestellten Verstöße gegen die Vorschriften der Landeswahlordnung betreffen nicht lediglich formelle Ordnungsvorschriften, sondern Verfahrensnormen, die die materielle Richtigkeit der Feststellungen des Wahlergebnisses gewährleisten sollen. Ihre Missachtung erhöht die Fehleranfälligkeit der Vorgänge, die zur Ergebnisfeststellung führen und beeinträchtigt damit die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit dieses Ergebnisses selbst. Im vorliegenden Fall hat der Verstoß gegen wesentliche das Verfahren der Stimmenauszählung steuernde Rechtsnormen - das Fehlen aller wesentlichen Angaben, insbesondere der Zählergebnisse des ursprünglichen Wahlvorstandes sowie der Gründe für die Einstellung seiner Tätigkeit in der Wahlniederschrift, die unversiegelte Verwahrung und der unbeobachtete Transport der noch nicht gezählten Stimmzettel in die Räume des Wahlamtes - ein Kontrollvakuum geschaffen, das die Integrität und Zuverlässigkeit des festgestellten Wahlergebnisses in diesem Wahlbezirk grundlegend in Frage stellt. Der Ausfall wesentlicher Elemente der Verfahrenskontrolle hat Möglichkeiten von Zählfehlern und auch der Manipulation geschaffen, die durch den Hinweis auf die persönliche Integrität der an der Ermittlung des Wahlergebnisses für diesen Wahlbezirk beteiligten Personen nicht ausgeglichen werden können. Das Verfahren zur Feststellung des Wahlergebnisses in diesem Wahlbezirk leidet daher an so wesentlichen Mängeln, dass es die Richtigkeit des Ergebnisses selbst in Frage stellt. Dies gilt jedenfalls für den hier vorliegenden Fall eines äußerst knappen Wahlergebnisses im Wahlbereich Bremerhaven. Der Staatsgerichtshof hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass im Wahlprüfungsverfahren nur solche Fehler bedeutsam sind, die zu einer unrichtigen, d. h. dem Volkswillen nicht entsprechenden Zusammensetzung des Parlaments geführt haben können. Infolgedessen kann das Wahlprüfungsgericht die Ungültigkeit der Wahl oder von Teilen der Wahl gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 BremWG nicht aussprechen, wenn die bloß theoretische Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen Wahlfehler und Sitzverteilung erkennbar ist. Es muss vielmehr eine "in greifbare Nähe gerückte Möglichkeit der Beeinflussung der Sitzverteilung" bestehen (BremStGHE 1, 218, 237; vgl. auch 6, 89, 109 ff.; 7, 112, 123; 7, 141, 160). Diese Konstellation liegt hier vor, da bereits die fehlerhafte Nichtberücksichtigung einer einzigen für die Beschwerdeführerin zu 1. abgegebenen gültigen Stimme dazu geführt haben könnte, dass sie die 5%-Hürde für den Einzug in die Bürgerschaft (Landtag) nicht überwinden und durch einen Abgeordneten repräsentiert sein konnte. Das für den Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) festgestellte Wahlergebnis kann daher keinen Bestand haben.

e) Die in diesem Wahlbezirk aufgetretenen Wahlfehler können nicht durch bloße Nachzählung der Stimmen geheilt werden. Eine Prüfung der Richtigkeit des Wahlergebnisses durch Nachzählung setzt voraus, dass etwaige Fehler allein beim Zählen stattgefunden haben, nicht bei den Vorgängen, die der Zählung vorausliegen und deren rechtliche Fehlerfreiheit vorausgesetzt wird (z. B. die Richtigkeit der Wählerverzeichnisse oder die Einhaltung der rechtlich verbindlichen Regeln eines fairen Wahlwettbewerbs). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Angesichts der dargelegten Manipulationsmöglichkeiten in dem Zeitraum zwischen dem Aufbruch der ursprünglichen Wahlvorsteherin zum Wahlamt und der Auszählung durch den zweiten Wahlvorstand gibt es keine Gewissheit darüber, dass diese Stimmzettel identisch sind mit jenen, die die Wähler am Wahltag in dem Wahllokal des Wahlbezirks 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) abgegeben haben. Eine Nachzählung könnte daher nur auf der Grundlage der vom zweiten Wahlvorstand gezählten, mit einem Makel der möglichen Manipulation behafteten Stimmzettel stattfinden und würde etwaige Fehler nicht heilen können. Deshalb ist die Wahl in diesem Wahlbezirk zu wiederholen.

4. Im Wahlbezirk 131/02 (DRK Geschäftsstelle) hat ein Wahlfehler bei der Auszählung stattgefunden, der Zweifel an der Richtigkeit des festgestellten Wahlergebnisses rechtfertigt. Entgegen der Vorschrift des § 53 Abs. 1 und 4 BremWO beteiligte sich der Wahlvorsteher an der Öffnung der Wahlumschläge, der Bildung von Stimmzettelstapeln und der Zählung der Stimmen. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass der Vorgang der Auszählung stets unter der Aufsicht einer Person stattfindet, die selbst nicht in den Zählvorgang eingebunden und sich daher auf die Einhaltung der Regeln konzentrieren kann, die einen ordnungsmäßigen Ablauf der Auszählung gewährleisten sollen. Wenn bei der Auszählung in diesem Wahlbezirk diese Aufsicht gefehlt hat, so hat das die Fehleranfälligkeit des Zählverfahrens und damit das Risiko einer falschen Zählung erhöht. Es handelt sich hierbei um einen Wahlfehler, der die Richtigkeit des festgestellten Ergebnisses in Frage stellt. Er führt allerdings nicht zur Ungültigkeit der Wahl in diesem Wahlbezirk, weil er durch Nachzählung geheilt werden kann. Die durch Beweisbeschluss des Gerichts angeordnete Nachzählung ergab einen Zählfehler. Eine Stimme, die in der amtlichen Feststellung des Wahlergebnisses als für die CDU abgegeben gezählt wurde, ist als ungültig zu werten. Insoweit ist das amtliche Wahlergebnis nachträglich zu ändern.

5. Im Wahlbezirk 136/01 (Elbe-Weser-Werkstätten) haben mehrere Wahlfehler im Verlaufe der Stimmenauszählung stattgefunden, von denen bereits jeder für sich geeignet ist, die Richtigkeit des festgestellten Wahlergebnisses in Frage zu stellen.

a) Die Mitwirkung einer nicht zum Wahlvorstand gehörenden und auch sonst nicht legitimierten Person - der Mitarbeiterin eines Meinungsforschungsinstitutes - an der Auszählung verstößt gegen die Vorschrift des § 51 Abs. 1 Brem-WO. Danach besitzt allein der Wahlvorstand die Befugnis zur Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlbezirk. Dies wird durch die ins Einzelne gehenden Regelungen der Stimmenauszählung in § 53 BremWO bekräftigt, die sich ausschließlich auf die Mitglieder des Wahlvorstandes beziehen. Die Landeswahlordnung definiert abschließend den aus mindestens fünf, höchstens sieben Personen bestehenden Kreis der für diese Aufgabe Verantwortlichen (§ 6 Abs. 1 BremWO), die gemäß § 6 Abs. 4 BremWO durch die Gemeindebehörde über ihre Aufgaben unterrichtet werden und gemäß § 6 Abs. 7 BremWO bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses stets vollzählig anwesend sein sollen. Der Wahlvorsteher und sein Stellvertreter werden darüber hinaus vor dem Beginn der Wahlhandlung von der Gemeindebehörde auf eine unparteiische Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit über die ihnen bei ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten verpflichtet. Alle diese Vorkehrungen sollen die Zuverlässigkeit und Integrität der Feststellung des Wahlergebnisses sicherstellen. Dies ist nur möglich, wenn sie in allen Einzelheiten beachtet werden. Die Auffassung des Landeswahlleiters, die dem Wahlvorstand nicht angehörende Person könne als Hilfskraft i. S. des § 6 Abs. 9 BremWO angesehen werden, trifft nicht zu, da Hilfskräfte nur Aufgaben außerhalb des Zähl- und Ergebnisermittlungsverfahrens übernehmen können (vgl. Schreiber aaO, § 37, Rdnr. 2). Wie der Begriff "Hilfskräfte" bereits ausdrückt, dürfen sie an den Hauptfunktionen des Wahlvorstandes, zu denen die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses im Anschluss an die Wahlhandlung gehört, nicht teilnehmen. Zwar erlaubt § 6 Abs. 8 BremWO die nachträgliche Ergänzung des Wahlvorstandes durch einen Wahlberechtigten für den Fall, dass dieser andernfalls beschlussunfähig wäre. Doch lag diese Voraussetzung hier erkennbar nicht vor. Es war offenbar auch gar nicht die Absicht des Wahlvorstehers des Wahlbezirks 136/01, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, denn er machte keinerlei Anstalten, die zur Auszählung hinzugezogene Person in Vertretung der Gemeindebehörde (§ 6 Abs. 4 BremWO) über ihre Aufgaben im Vorstand zu belehren und sie entsprechend der Vorschrift des § 6 Abs. 8 Satz 3 BremWO auf ihre Verpflichtung zu politischer Zurückhaltung hinzuweisen.

b) Die gleichzeitige Auszählung der Stimmen für die Wahl zur Bürgerschaft und zur Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven widerspricht § 75a BremWO. Nach dieser Vorschrift werden zuerst die Stimmen zur Bürgerschaftswahl und danach die zur Stadtverordnetenwahl gezählt. Während eine Zählung in umgekehrter Reihenfolge eine bloße Ordnungswidrigkeit wäre, gefährdet die gleichzeitige Auszählung die Richtigkeit des Wahlergebnisses. Die Größe des Wahlvorstandes und die Zuweisung der Aufgaben bei der Stimmenzählung und Ergebnisfestsetzung an die einzelnen Mitglieder sind nach der Landeswahlordnung auf die Auszählung jeweils einer Wahl ausgerichtet. Angesichts der üblicherweise in den Wahllokalen nach dem Ende der Wahlhandlung herrschenden Hektik sind die in der Regel mit den Förmlichkeiten von Verwaltungsverfahren unvertrauten Mitglieder des Wahlvorstandes vollauf mit der Bewältigung der Ermittlung des Wahlergebnisses einer Wahl ausgelastet, die nicht nur das Zählen, sondern auch immer wieder Entscheidungen über die Anerkennung eines Stimmzettels als gültig sowie die Führung eines Wahlprotokolls erfordert. Die gleichzeitige Auszählung einer zweiten Wahl erhöht jedenfalls das Risiko von Zählfehlern nicht unerheblich und ist daher nicht als bloße formale Ordnungswidrigkeit, sondern als Wahlfehler zu betrachten.

c) Die Teilnahme der Wahlvorsteherin an der Auszählung ist aus den Gründen, die oben zum Wahlbezirk 131/02 (DRK Geschäftsstelle) ausgeführt wurde, ein Wahlfehler (vgl. II. 4).

d) Diese für den Wahlbezirk 136/01 festgestellten Verstöße gegen die Landeswahlordnung sind geeignet, das Ergebnis der Stimmenzählung zu beeinflussen und das Vertrauen in die Integrität des Verfahrens der Feststellung des Wahlergebnisses sowie dessen Richtigkeit zu untergraben. Sie stellen daher gravierende Wahlfehler dar. Auch diese Wahlfehler haben jedoch nicht die Ungültigkeit der Wahl in diesem Wahlbezirk zur Folge, weil sie durch Nachzählung geheilt werden konnten. In allen drei Fällen ergab sich die Zweifelhaftigkeit des festgestellten Wahlergebnisses aus der nicht fern liegenden Möglichkeit, dass sich wegen der Missachtung der das Verfahren der Stimmenauszählung steuernden Vorschriften der Bremischen Landeswahlordnung Fehler bei der Zählung ergeben haben konnten. Wie die vom Gericht durchgeführte Nachzählung ergab, ist bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlbezirk 136/01 tatsächlich ein Zählfehler aufgetreten. Es wurde eine zusätzliche ungültige Stimme gezählt, die irrtümlicherweise als gültig gewertet und zu Gunsten des Wahlvorschlags der Liste Bündnis für Deutschland gezählt worden war. Auch insoweit ist das amtliche Wahlergebnis nachträglich zu ändern.

6. Das Wahlprüfungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass in den restlichen 20 der 23 Wahlbezirke, hinsichtlich derer die Beschwerdeführer zu 1.-4. innerhalb der Einspruchsfrist Wahlfehler geltend gemacht haben, keine für das Wahlergebnis relevanten Wahlfehler aufgetreten sind.

a) Die für den Wahlbezirk 123/02 (Gemeindehaus der Lukaskirche) gerügte Diskrepanz zwischen laut Wahlniederschrift abgegebenen 541 blauen Wahlumschlägen und 543 Stimmabgabevermerken im Wählerverzeichnis lässt keine Wahlfehler erkennen, welche die Gültigkeit der Wahl in Frage stellen oder eine Nachzählung erforderlich machen. Nach der Eintragung in der Wahlniederschrift unter Abschnitt 4. sind elf ungültige und 530 gültige, insgesamt also 541 Stimmen gezählt worden; diese Zahl stimmt mit der Zahl der abgegebenen Wahlumschläge überein. Da bei der gleichzeitig stattgefundenen Stimmabgabe zur Stadtverordnetenversammlung übereinstimmend jeweils 545 (von 543 deutschen und von zwei ausländischen Unionsbürgern) abgegebene Stimmen, Wahlumschläge und Stimmabgabevermerke gezählt wurden, lassen sich die beiden überzähligen Stimmabgabevermerke für die Bürgerschaftswahl plausibel damit erklären, dass in zwei Fällen ein Stimmabgabevermerk für einen Wähler, der nur einen gelben, für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung bestimmten Wahlumschlag in die Wahlurne gelegt hat, infolge eines Versehens des Schriftführers auch in die direkt daneben stehende Spalte der Stimmabgabevermerke für die Bürgerschaftswahl eingetragen wurde. Da die Differenz zwischen Abgabevermerken und abgegebenen Wahlumschlägen als solche feststeht, könnte eine Nachzählung keine neuen Erkenntnisse erbringen. Die bloße Tatsache einer nur hypothetisch aufklärbaren Zähldifferenz zwischen Abgabevermerken und Wahlumschlägen bei gleichzeitiger Übereinstimmung von Wahlumschlägen und Stimmzetteln in einem Wahlbezirk begründet keinen Wahlfehler, der die Gültigkeit der Wahl in diesem Wahlbezirk in Frage stellt oder eine Nachzählung erforderlich macht. Dies wäre nur der Fall, wenn konkrete Umstände vorlägen, aufgrund derer die nicht fernliegende Möglichkeit von verfälschenden Unregelmäßigkeiten oder Manipulationen bei der Auszählung angenommen werden müsste. Die Beschwerdeführer zu 1.-4. haben solche Umstände nicht geltend gemacht; sie sind auch nicht erkennbar.

b) Die nachträglich vom Wahlbereichsleiter vorgenommene Korrektur der in der Wahlniederschrift für den Wahlbezirk 133/01 (Zwinglischule) dokumentierten Differenz zwischen 506 Wahlumschlägen und 508 Stimmabgabevermerken begründet keinen Wahlfehler. Nach der unkorrigierten Wahlniederschrift gab es 506 ungeöffnete Wahlumschläge (= Wähler) und 506 Stimmen (8 ungültige, 498 gültige). Diese Übereinstimmung spricht dafür, dass die Stimmen aller Wähler gezählt wurden und das in der Niederschrift ausgewiesene Wahlergebnis daher richtig war. Jedenfalls gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass noch vor der Zählung der ungeöffneten Wahlumschläge zwei von ihnen verloren gingen und damit die Diskrepanz zwischen 508 Stimmabgabevermerken und 506 Wahlumschlägen zu erklären ist. Eine Manipulationsabsicht ist schon deshalb auszuschließen, weil in der Phase der Auszählung der ungeöffneten Wahlumschläge nicht bekannt sein konnte, für welchen Wahlumschlag der darin befindliche Stimmzettel abgegeben wurde oder ob sich darin überhaupt ein Stimmzettel befand. Wirklichkeitsnäher lässt sich die Diskrepanz zwischen den Stimmabgabevermerken und den Wahlumschlägen, wie der Landeswahlleiter in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, daraus erklären, dass der Schriftführer bei zwei Wählern zur Stadtverordnetenversammlung aus Versehen jeweils ein Häkchen auch in der daneben stehenden Spalte für die Wähler zur Bürgerschaft gesetzt hat. Falsch war danach nicht die Zahl von 506 Wahlumschlägen, sondern die von 508 Abgabevermerken. Die gemäß § 60 Abs. 1 BremWO vom Wahlbereichsleiter am 30. Mai 2007 vorgenommene Korrektur der Wahlniederschrift und deren Begründung beruht offensichtlich auf einem Irrtum. Die in den Anlagen zur Wahlniederschrift vorgefundenen zwei blauen Wahlumschläge mit gelben Stimmzetteln sind nicht geeignet, die Diskrepanz zwischen Abgabevermerken und ungeöffneten Wahlumschlägen zu erklären, da es sich bei ihnen um Wahlumschläge handeln muss, die bereits in den 506 gezählten ungeöffneten Wahlumschlägen einbeschlossen waren; denn ihre durch den Wahlvorstand vorgenommene Aussonderung und getrennte Verwahrung aus dem Grunde, dass sie "Anlass zu Bedenken gegeben hatten" (§ 53 Abs. 1 Satz 2 BremWO), war erst nach der Öffnung der zuvor bereits 506 gezählten ungeöffneten Wahlumschläge möglich. Mit der fast drei Wochen nach der Auszählung vom Wahlbereichsleiter vorgenommenen Korrektur der Wahlniederschrift hat der Landeswahlleiter die Zahl der ungültigen Stimmen in diesem Wahlbezirk irrtümlicherweise von acht auf zehn erhöht; die Zahl der gültigen Stimmen blieb dagegen unverändert. Diese Korrektur hatte somit keine Auswirkung auf die Richtigkeit des vom Wahlvorstand am Wahlabend zutreffend festgestellten Zählergebnisses hinsichtlich der gültigen Stimmen, auf die es bei der Berechnung des prozentualen Anteils der Beschwerdeführerin zu 1. ankommt.

c) Die für die übrigen Wahlbezirke von den Beschwerdeführern zu 1.-4. erhobenen Rügen betreffen Ordnungsverstöße, die keinen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt haben können.

7. Entgegen der Auffassung des Wahlprüfungsgerichts besteht kein Grund, zusätzlich zu den Wahlbezirken (131/02 DRK-Geschäftsstelle) und 136/01 (Elbe-WeserWerkstätten) alle übrigen Wahlbezirke des Wahlbereichs Bremerhaven im Wege der gerichtlichen Beweisaufnahme nachzuzählen. Die Beschwerdeführer zu 1.-4. haben innerhalb der Monatsfrist des § 38 Abs. 2 BremWG Rügen in Bezug auf 23 der insgesamt 95 Wahlbezirke des Wahlbereichs Bremerhaven erhoben. Zwar haben sie geltend gemacht, dass sie bei der Aufdeckung von Fehlern bei der Stimmenauszählung vom Landeswahlleiter behindert worden seien und es ihnen daher unmöglich gewesen sei, innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist in substantiierter Weise Rügen für weitere Wahlbezirke vorzutragen. Ob diese Behauptung zutrifft, kann offen bleiben, da das Bremische Wahlgesetz keine Möglichkeit einer Fristverlängerung für die substantiierte Begründung des Wahleinspruchs vorsieht und in § 55 Abs. 2 BremWG selbst die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausdrücklich ausschließt. (zu § 55 Abs. 2 BremWG vgl. das Urteil des Staatsgerichtshofs vom 22.5.2008 in der Wahlprüfungssache St 1/08).

Die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 1991 (BVerfGE 85, 149, 160 f.) anerkannte Möglichkeit, eine Nachzählung in einem Wahlbezirk, in dem gerügte Verfahrensfehler festgestellt worden sind, unter bestimmten Umständen, insbesondere im Falle eines knappen Wahlergebnisses, auf alle Stimmbezirke zu erstrecken, aus denen sich das beanstandete Wahlergebnis errechnet, besteht im vorliegenden Falle nicht. Eine solche Möglichkeit liefe auf eine Lockerung der strikten Frist zur Erhebung eines substantiiert begründeten Wahleinspruchs hinaus. Das Substantiierungsgebot ist ein wesentliches Element der Wahlprüfung; es soll sicherstellen, dass die Legitimität des aus Wahlen hervorgegangenen Parlaments nicht durch Spekulationen über fernliegende Möglichkeiten von Wahlfehlern beschädigt wird. Aus diesem Grunde kann die Erstreckung der Nachzählung auf Wahlbezirke, deren Wahlergebnisse nicht substantiiert gerügt worden sind, nur ausnahmsweise unter besonders engen Voraussetzungen ermöglicht werden.

In dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Falle stand aufgrund einer im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens vom nordrhein-westfälischen Wahlprüfungsausschuss angeordneten Nachzählung aller Wahlbezirke eines Wahlkreises fest, dass es in einem von der Einspruchsführerin nicht gerügten Wahlbezirk mandatsrelevante Wahlfehler bei der Stimmenauszählung zu Lasten des unterlegenen Wahlbewerbers der SPD gegeben hatte. Der Landtag berichtigte daraufhin das Wahlergebnis mit der Folge des Mandatsverlusts der Wahlbewerberin der CDU, der das Mandat zugesprochen worden war. Diese Entscheidung hob der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof auf die Beschwerde der Wahlbewerberin der CDU u .a. mit der Begründung auf, dass die Nachzählung sämtlicher Wahlbezirke des Wahlkreises unzulässig gewesen sei, da nur Wahlfehler berücksichtigt werden dürften, die innerhalb der Einspruchsfrist substantiiert gerügt worden seien (NRWVerfGH, NVwZ 1991, 1175, 1178 f.). In dem Beschluss über die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde des durch diese Entscheidung seines Mandates verlustig gegangenen Wahlbewerbers der SPD hält das Bundesverfassungsgericht an dem wahlprüfungsrechtlichen Grundsatz fest, dass Wahlbeanstandungen, "die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, ... als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (dürfen)" (BVerfG aaO., S. 160). Besondere Umstände könnten jedoch eine Abweichung von diesem Grundsatz gebieten. Von "wesentlicher Bedeutung" könne ein knappes Wahlergebnis sein (aaO., S. 161). Das Gericht lässt es offen, ob der Umstand eines knappen Wahlergebnisses allein ausreicht, eine Abweichung von dem wahlprüfungsrechtlichen Gebot der fristgerechten Substantiierung von behaupteten Wahlfehlern zu rechtfertigen. In dem entschiedenen Fall kam jedenfalls der bedeutsame Umstand hinzu, dass aufgrund der dann später vom Verfassungsgerichtshof für unzulässig erklärten Nachzählung aller Wahlbezirke mandatsrelevante Wahlfehler feststanden. Hätte das Gericht in diesem Falle auf dem Grundsatz der Beschränkung der Nachzählung auf die fristgemäß und substantiiert gerügten Wahlbezirke beharrt, so wäre es gezwungen gewesen, sehenden Auges ein offensichtlich falsch zusammengesetztes Parlament zu sanktionieren und damit das Verfassungsziel einer dem Wählerwillen entsprechenden richtigen Zusammensetzung des Parlaments zugunsten eines formalen Verfahrensprinzips des Wahlprüfungsrechts aufzuopfern. Dieser Umstand trat zu dem knappen Wahlergebnis hinzu und rechtfertigte die Nachzählung aller Wahlbezirke. In diesem Falle verlangte das "aus dem Demokratieprinzip folgende Gebot einer dem Wählerwillen entsprechenden Sitzverteilung" (BVerfG aaO., S. 158) Vorrang vor dem Substantiierungsgebot. Ein allgemeines Prinzip, dass bei knappem Wahlausgang stets eine Nachzählung aller Wahlbezirke, aus denen sich das beanstandete Wahlergebnis errechnet, geboten sei, lässt sich daraus jedoch nicht ableiten.

Eine solche oder ähnliche Ausnahmekonstellation liegt hier indessen nicht vor. Unter den 23 Wahlbezirken, für die die Beschwerdeführer zu 1.-4. Wahlfehler gerügt haben, weist lediglich einer so gravierende Wahlfehler auf, dass die Wahl für ungültig erklärt werden muss. In zwei weiteren Wahlbezirken lagen Wahlfehler vor, die eine Nachzählung erforderlich machten. Die weiteren 20 Wahlbezirke, zu denen Rügen vorgetragen sind, geben keine Veranlassung zu Zweifeln an den festgestellten Wahlergebnissen. Hinsichtlich der übrigen 72 Wahlbezirke gibt es lediglich Vermutungen über ähnliche Wahlfehler. Diesen Vermutungen steht die Vertrauenswürdigkeit der Mitglieder der Wahlvorstände jener Wahlbezirke gegenüber. Ihre Tätigkeit kann ohne konkrete Anhaltspunkte nicht unter den unsubstantiierten Generalverdacht der Fehlerhaftigkeit gestellt werden. Zudem bietet die Öffentlichkeit der Auszählung einen Schutz sowohl gegen etwaige Manipulationen wie auch gegen Fehler bei der Auszählung der Stimmen. Nicht zuletzt aus der grundlegenden Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit und der Transparenz für alle Phasen der Wahlhandlung rechtfertigt sich der Gedanke, dass "die sich auf der Grundlage der Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses ergebende Zusammensetzung des Parlaments nicht vorschnell in Frage gestellt wird und dadurch Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit geweckt werden" (BVerfGE 85, 148, 159; Schreiber aaO., § 49, Rdnr. 17 m. w. N.). Jedenfalls reicht die bloße Tatsache eines knappen Wahlergebnisses nicht aus, die Integrität des Wahlprozesses unsubstantiiert in Frage zu stellen.

8. Das Wahlprüfungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Zurückweisung des Beschwerdeführers zu 4. durch den Wahlvorstand des für ihn zuständigen Wahllokals am Wahltag rechtmäßig war und keinen Wahlfehler darstellte. Das folgt aus der Regelung des Bremischen Wahlgesetzes, das die Ausübung des Wahlrechts daran knüpft, dass der Wahlberechtigte in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat (§ 3 Abs. 1). Der Beschwerdeführer zu 4. war weder im Wählerverzeichnis eingetragen noch besaß er einen Wahlschein, so dass er gemäß § 44 Abs. 6 Nr. 1 BremWO vom Wahlvorstand zurückgewiesen werden musste. An der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung ändert auch nichts die Tatsache, dass der Beschwerdeführer zu 4. zu Unrecht aus dem Melderegister gestrichen und in der Folge nicht in das auf dem Melderegister beruhende Wählerverzeichnis aufgenommen wurde. Die Landeswahlordnung sieht zwar vor, dass ein Wahlberechtigter, der nicht in das Wählerverzeichnis eingetragen ist, noch bis 15.00 Uhr des Wahltages einen Wahlschein erhalten kann; doch setzt dieser Anspruch den Nachweis voraus, dass er es "ohne sein Verschulden" (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 BremWO) versäumt hat, eine Berichtigung des Wählerverzeichnisses innerhalb der festgelegten Frist (§ 16 Abs. 1 BremWO i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 4 BremWG) zu bewirken.

Diese Voraussetzung erfüllte der Beschwerdeführer zu 4. nicht. Ihm kann zwar darin gefolgt werden, dass er ohne eigenes Verschulden nicht wusste, dass er zu Unrecht aus dem Melderegister gestrichen worden war. Doch bezieht sich das Merkmal "ohne sein Verschulden" auf die Frist für den Einspruch gegen die Richtigkeit des Wählerverzeichnisses, nicht des Melderegisters. Das Wählerverzeichnis wird zwar gemäß § 15 Abs. 1 BremWG aus den Unterlagen der Meldebehörde gebildet, hat aber einen grundlegend anderen Status als das Melderegister. Während es sich beim Melderegister um ein für behördliche Zwecke bestimmtes verwaltungsinternes Register handelt, ist das Wählerverzeichnis ein - innerhalb der Auslegungsfrist - öffentlich einsehbares und damit der Kontrolle der Bürger zugängliches Register der Wahlberechtigten. Ihm kommt eine bedeutsame Funktion für den Status eines Bürgers zu, da nur diejenigen Bürger ihr Wahlrecht ausüben können, die im Wählerverzeichnis eingetragen sind. Diese Einschränkung dient der demokratischen Integrität der Wahl, denn sie soll u. a. sicherstellen, dass jeder Wahlberechtigte seine Stimme nur einmal abgibt. Die Öffentlichkeitsfunktion des Wählerverzeichnisses wird dadurch unterstrichen, dass es vom 16. bis zum 20. Tage vor der Wahl öffentlich auszulegen (§ 15 Abs. 1 Satz 4 BremWG) und seine Einsehbarkeit für jedermann öffentlich bekannt zu machen ist (§ 14 BremWO). Hinzu kommt, dass in der öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung des Wählerverzeichnisses auch die Mitteilung enthalten ist, dass die von Amts wegen in das Wählerverzeichnis eingetragenen Wahlberechtigten innerhalb der nächsten drei Tage eine Wahlbenachrichtigung erhalten (§ 14 Nr. 3 BremWO).

Die darin zum Ausdruck kommenden Besonderheiten des Wählerverzeichnisses unterscheiden es deutlich von dem innerbehördlichen Melderegister. Während letzteres der effizienten Erfüllung der Aufgaben der Verwaltung dient, ist die Öffentlichkeit des Wählerverzeichnisses auf die bürgerschaftliche Kontrolle der staatlichen Tätigkeit gerichtet. Es soll die sachliche Richtigkeit der Herleitung der öffentlichen Gewalt aus dem Willen der Bürgerschaft gewährleisten. Sachverhalte, die aufgrund gesetzlicher Anordnung öffentlich bekannt gemacht werden, gelten als der Allgemeinheit bekannt und können zum Anknüpfungspunkt von Rechten, Pflichten oder Lasten der Bürger gemacht werden. Aus diesem Grunde binden ordnungsgemäß verkündete Gesetze und auf ihrer Grundlage ergangene Verpflichtungen und Feststellungen auch den Bürger, der das Gesetz tatsächlich nicht kennt.

Da es somit für die Geltung und Verbindlichkeit von Sachverhalten, die in rechtlich einwandfreier Weise öffentlich verkündet worden sind, nicht auf die empirische Kenntnisnahme durch jeden einzelnen Bürger ankommt, ist die Unkenntnis des Beschwerdeführers zu 4. hinsichtlich der Unrichtigkeit des Wählerverzeichnisses rechtlich anders zu bewerten als die Unkenntnis seiner Löschung im Melderegister. Die öffentliche Bekanntmachung des Wahltermins, der Auslegungsfrist des Wählerverzeichnisses sowie die Ankündigung einer Wahlbenachrichtigung der in das Wählerverzeichnis aufgenommenen Wahlberechtigten begründen einen rechtserheblichen öffentlichen Tatbestand, durch den der Status der Bürger in Bezug auf ihr Wahlrecht konkretisiert wird. Die daran geknüpften rechtlichen Folgen treten unabhängig von ihrer Kenntnis ein. Da die Ausübung des Wahlrechts im Rahmen eines rechtlich geordneten Verfahrens stattfindet, verlangt es ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit für dessen Anforderungen. Es ist der Sinn öffentlicher Bekanntmachungen, die Bürger über sie als Bürger betreffende Angelegenheiten zu informieren. Dies gilt in besonderem Maße im Wahlverfahren, in dem sich die Legitimität des demokratischen Gemeinwesens durch die aktive Teilnahme der Bürgerinnen und Bürger periodisch erneuert. Hier bilden öffentliche Bekanntmachungen einen bedeutsamen Teil des Prozesses, von dem das demokratische Gemeinwesen lebt.

Im Lichte der Öffentlichkeitsfunktion des Wahlverfahrens ist die Gleichgültigkeit des Beschwerdeführers zu 4. gegenüber dem Ausbleiben der Wahlbenachrichtigung als ein Versäumnis in Bezug auf die ihm als wahlberechtigtem Bürger treffenden Obliegenheiten zu werten. Er musste sich daher das Versäumnis der fristgerechten Geltendmachung der Unrichtigkeit des Wählerverzeichnisses als sein Verschulden im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 BremWO zurechnen lassen. Damit entfiel ein Anspruch auf Erteilung eines Wahlscheines noch bis 15.00 Uhr des Wahltages. Seine Zurückweisung und der Ausschluss von der Wahlhandlung am 13. Mai 2007 begründeten daher keinen Wahlfehler.

9. Die Gültigkeit der Bürgerschaftswahl vom 13. Mai 2007 wird durch die in der Landeswahlordnung bestimmten Regeln über die Gleichzeitigkeit der Wahl zur Bürgerschaft (Landtag) und zur Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven nicht in Frage gestellt. Gemäß § 44 Satz 1 BremWG findet die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung am Tag der Wahl zur Bürgerschaft statt. Der Gesetzgeber mutet es den Wahlberechtigten Bremerhavens zu, an ein- und demselben Tag ihre Stimme zu zwei verschiedenen Vertretungskörperschaften abzugeben. Diese gesetzliche Regelung lässt keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht erkennen. Auf der Grundlage dieser Entscheidung hat der Gesetzgeber in § 58 BremWG den Senator für Inneres, Kultur und Sport zum Erlass einer Landeswahlordnung ermächtigt, in der u. a. Rechtsvorschriften über "Form und Inhalt des Stimmzettels und über den Wahlumschlag" getroffen werden (Nr. 7). Der Erlass dieser Verordnung ist durch Art. 124 BremLV gedeckt. In welcher Weise die beiden Wahlen sowohl in Bezug auf die Wahlhandlung wie auf die Stimmenzählung und Ergebnisermittlung von einander getrennt werden, ist eine Frage der verwaltungsmäßigen Praktikabilität. § 73 BremWO legt fest, dass die Wahlumschläge und die Stimmzettel für die beiden Wahlen jeweils durch verschiedene Farben und durch entsprechende Aufdrucke deutlich zu kennzeichnen sind. Nach den Regelungen des § 75a Abs. 1 BremWO werden Stimmzettel, die vom Wähler nicht in einen gleichfarbigen Wahlumschlag eingelegt worden sind, als ungültig gewertet; befinden sich zwei verschiedenfarbige Stimmzettel in einem Wahlumschlag, so wird nur der Stimmzettel als gültig gewertet, dessen Farbe mit der Farbe des Wahlumschlags übereinstimmt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer zu 1.-4. errichtet diese vom Verordnungsgeber gewählte Methode der Trennung der beiden Wahlen keine Hürden, die die effektive Ausübung des Wahlrechts der Wahlberechtigten gefährden. Die strikt formale Ausgestaltung des Wahlverfahrens als eines Massenverwaltungsverfahrens rechtfertigt ein hohes Maß an Schematisierung, das für differenzierende Erwägungen wenig Raum lässt, wenn der Charakter der Wahl als Ausübung eines allgemeinen und gleichen staatsbürgerlichen Rechts nicht gefährdet werden soll. Auch ist es im Hinblick auf den oben dargelegten aktiv-bürgerschaftlichen Charakter des Wahlrechts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass die Teilnahme am Wahlverfahren erhöhte, aber sicherlich nicht überdurchschnittlich anspruchsvolle Anforderungen an Sorgfalt und Aufmerksamkeit bei der Wahlhandlung stellt. Die Regelungen der §§ 73, 75a BremWO sind daher rechtmäßig.

10. Die von den Beschwerdeführern zu 1.- 4. behaupteten Behinderungen bei der Aufdeckung von Fehlern bei der Stimmenauszählung haben, wenn man die Richtigkeit der Behauptung unterstellt, nach Abschluss der Auszählung der Stimmen und der Ergebnisermittlung stattgefunden. Sie sind aus diesem Grunde nicht Gegenstand des Wahlprüfungsverfahrens, das ausschließlich solche Ereignisse untersucht, die Einfluss auf den Wahlausgang und die Zusammensetzung der Bürgerschaft gehabt haben können. Das ist für Ereignisse nach Abschluss der Wahl ausgeschlossen.

C.

Der von den Beschwerdeführern zu 1.-4. gestellte Beweisantrag (Vernehmung von Zeugen und Beiziehung von Wahlunterlagen) wird zurückgewiesen. Soweit er darauf gerichtet ist, den Antragstellern neue tatsächliche Grundlagen für die Begründung ihres Wahleinspruchs zu verschaffen, ist er unzulässig. Da die Monatsfrist des § 38 Abs. 2 BremWG zur Substantiierung eines Wahleinspruchs verstrichen ist, ist das Vorbringen neuer Tatsachen nicht mehr möglich. Ob die Beschwerdeführer, wie sie behaupten, während der Einspruchsfrist durch den Landeswahlleiter an der Substantiierung ihres Wahleinspruchs gehindert worden sind, kann offen bleiben, da das Bremische Wahlgesetz, wie oben dargelegt, in § 55 Abs. 2 eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausdrücklich ausschließt. Über die Möglichkeiten anderweitigen, subjektiven Rechtsschutzes ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden. Soweit sich der Beweisantrag auf die Vorgänge im Wahlbezirk 132/02 (Freizeittreff Eckernfeld) bezieht, hat er sich erledigt, da die Wahl in diesem Wahlbezirk ungültig ist. Soweit er sich auf den Wahlbezirk 133/01 (Zwinglischule, Haus 2) bezieht, ist der Sachverhalt nach Einsicht in die Wahlniederschrift aufgeklärt.

D.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Verfahren gebührenfrei ist und Auslagen nicht erstattet werden (§§ 39 Abs. 3 BremWG, 19 Abs. 1 Satz 1 BremStGHG).

E.

Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.

Ende der Entscheidung

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