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Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 15.09.2004
Aktenzeichen: 1 L 106/02
Rechtsgebiete: BSHG, HumHAG


Vorschriften:

BSHG § 107
BSHG § 111
BSHG § 120 Abs. 5
HumHAG § 1
1. Die Vorschrift des § 107 BSHG ist auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Aufnahme- und Verteilungsverfahrens bei der Aufnahme jüdischer Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion in der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit der Umverteilung eines Hilfeempfängers im Verhältnis zweier Sozialhilfeträger zueinander anwendbar.

2. Jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen worden sind, können grundsätzlich nicht als "Kontingentflüchtlinge" im eigentlichen Sinne bezeichnet werden.

3. Dem Umstand, dass es sich bei den jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion im Grundsatz nicht um Kontingentflüchtlinge handelt, kommt im Zusammenhang mit der Frage der Anwendbarkeit des § 107 BSHG als solcher im Ergebnis keine rechtliche Bedeutung zu.

4. § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG ist auf jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen worden sind, anwendbar und nicht aufgrund spezieller auf Völkervertragsrecht beruhender bundesrechtlicher Vorschriften ausgeschlossen.

5. Mit der Durchführung des für die jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion vorgesehenen einvernehmlichen Umverteilungsverfahrens wird eine gegenüber dem Hilfeempfänger verfügte Wohnsitzauflage - zumindest schlüssig - aufgehoben bzw. im Sinne einer auflösenden Bedingung gegenstandslos und vermag jedenfalls im Verhältnis der Sozialhilfeträger zueinander insbesondere mit Blick auf eine Kostenerstattung keine rechtlichen Wirkungen mehr zu entfalten.


Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 1 L 106/02

Verkündet am: 15.09.2004

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 15. September 2004 in Greifswald

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 28. September 2001 - 6 A 2977/97 - geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.210,44 EURO nebst 4 % Zinsen pro Jahr darauf seit dem 15. Oktober 1997 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nur für das Berufungsverfahren erhoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages oder Hinterlegung abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für Sozialhilfe, die die Klägerin Herrn P. nach dessen Umzug aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten in ihren Zuständigkeitsbereich geleistet hat.

Der Hilfeempfänger wurde am 20. Juli 1958 in der früheren UdSSR geboren und besitzt die ukrainische Staatsangehörigkeit.

Am 28. Juni 1993 stellte ihm die deutsche Botschaft in K. ein Visum für die Bundesrepublik Deutschland aus. Er reiste daraufhin als jüdischer Emigrant in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seine Aufnahme erfolgte auf der Grundlage der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder am 09. Januar 1991 in Bonn sowie des Erlasses des Auswärtigen Amtes vom 25. März 1997, Az. 514-516.20/7, betreffend "Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen UdSSR" als humanitäre Hilfsaktion.

Unter dem 29. September 1993 wurde dem Hilfeempfänger von der Ausländerbehörde Schwerin eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt, die die Nebenbestimmung "Wohnsitznahme in M-V" aufwies.

Bereits zuvor hatte er unter dem 31. August 1993 beim Sozialamt der Beklagten einen Antrag auf Sozialhilfe gestellt. Er erhielt in der Folgezeit von der Beklagten Sozialhilfeleistungen und wohnte bis April 1995 in der Gemeinschaftsunterkunft A., in der zahlreiche "Aussiedler und Kontingentflüchtlinge" untergebracht waren.

Mit Schreiben vom 14. November 1994 bat der Hilfeempfänger - wie auch seine Eltern - das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern (Nachfolgend: Innenministerium) um Erlaubnis zur Übersiedlung zu seinen Eltern nach Hamburg zum ständigen Aufenthalt, weil diese seine Unterstützung benötigten. In einem Schreiben des Innenministeriums vom 28. November 1994 an die Ausländerbehörde der Beklagten heißt es dazu, es werde mit Blick auf den Antrag vorgeschlagen, dass die Ausländerbehörde u.a. den Hilfeempfänger vorladen solle, damit dieser einen Umverteilungsantrag stellen könne. Eine Umverteilung werde positiv begleitet.

Mit Schreiben vom 23. März 1995 stimmte die Klägerin/Landesamt für Aussiedler, Flüchtlinge und Lastenausgleich in Betreff "Übernahme von Kontingentflüchtlingen, Umschreibung der Aufnahme" der Umverteilung des Hilfeempfängers zu, wenn dessen Unterbringung in Hamburg gesichert sei. Unter dem 20. April 1995 teilte jener dem Sozialamt der Beklagten mit, dass er in Hamburg eine Wohnung gemietet habe. Er bitte, die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Miete für das Wohnheim für den Monat Mai nicht auf sein Konto zu überweisen. Mit Bescheid vom 03. Mai 1995 stellte das Sozialamt der Beklagten die Zahlung laufender Leistungen nach dem BSHG ein.

Mit internem Schreiben vom 08. Mai 1995 teilte die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales bei der Klägerin der dortigen Behörde für Inneres mit, dass der Hilfeempfänger vom Land Hamburg übernommen werde und die Umschreibung beim Bundesverwaltungsamt Köln veranlasst worden sei.

Unter dem 08. Mai 1995 übersandte die Ausländerbehörde der Beklagten dem Innenministerium zwecks Umschreibung der Aufnahme des Hilfeempfängers u.a. die Zustimmung der Klägerin sowie den Umverteilungsantrag und erklärte, dass sie den Antrag befürworte.

Mit Datum vom 15. Mai 1995 stimmte das Innenministerium gegenüber der Ausländerbehörde der Umverteilung in die Freie und Hansestadt Hamburg zu.

Die Klägerin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 26. Mai 1995 in der Folgezeit mit, dass der Sozialhilfeträger der Freien und Hansestadt Hamburg seit dem 01. Mai 1995 für den Hilfeempfänger Sozialhilfe nach den Bestimmungen des BSHG leiste, dieser sei am 01. Mai 1995 von Schwerin nach Hamburg verzogen. Gemäß § 107 BSHG werde gebeten, die Erstattungspflicht anzuerkennen.

Entsprechend bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 07. Juni 1995 den Eingang des Kostenerstattungsanspruchs nach § 107 BSHG vom 01. Mai 1995 und erkannte eine Kostenerstattungspflicht gemäß § 107 BSHG unter Beachtung der Regelung des § 111 BSHG an.

In einem Umverteilungsprotokoll des Bundesverwaltungsamtes vom 13. Juli 1995 ist die Umverteilung des Hilfeempfängers "nach Zusage aus Land Mecklenburg-Vorpommern" dokumentiert.

In der Gerichtsakte Az. 1 L 108/02 (dort Bl. 45 GA) findet sich ein Schreiben des Innenministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommern an die Hansestadt Wismar vom 26. August 1996. Darin heißt es in Betreff "Aufnahme und Unterbringung von jüdischen Emigranten, hier: Anträge auf Kostenerstattungen gemäß § 107 BSHG" zur Rechtsauffassung des Innenministeriums u. a.: In entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 3 HumHAG werde den in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommenen jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion durch die jeweils zuständige Ausländerbehörde eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Diese werde für die Dauer des Bezugs von Sozialhilfeleistungen mit der Auflage "Wohnsitznahme in Mecklenburg" versehen. Sinn der Auflage, die gleichermaßen auch von allen anderen Bundesländern verfügt werde, sei es, die Lasten, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen verbunden seien, gleichmäßig auf alle Bundesländer zu verteilen. Diese Auflage werde aufgehoben, wenn es zu einer zwischen den abgebenden und aufnehmenden Bundesländern einvernehmlich vereinbarten Umverteilung komme. In diesen Fällen werde durch das Bundesverwaltungsamt ein Quotenausgleich mit der Folge vorgenommen, dass der nunmehr zuständige örtliche Träger der Sozialhilfe des Aufnahmelandes die dort erforderlich werdende Sozialhilfe leisten müsse. Eine Kostenerstattung im Rahmen von § 107 BSHG finde nicht statt.

Mit Schreiben vom 12. September 1996 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das erteilte Kostenanerkenntnis auf der Grundlage des § 107 BSHG zurückgenommen werden müsse. Eine Kostenerstattung könne nicht erfolgen.

Hiergegen wandte sich die Klägerin gegenüber der Beklagten mit ihrem Schreiben vom 24. März 1997. Die Zugehörigkeit eines Hilfeempfängers zu einem Personenkreis, welcher zunächst der Verteilung innerhalb des Bundesgebietes unterliege, habe keinen Einfluss auf die Anwendung des § 107 BSHG. Als sich der Hilfeempfänger in den Bereich der Beklagten begeben habe, sei nicht absehbar gewesen, wie lange er dort bleiben würde. Es liege also ein Aufenthalt bis auf weiteres vor. Es sei ein Umzug vom Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes Schwerin erfolgt, sodass die Kostenerstattungspflicht der Beklagten nach § 107 BSHG gegeben sei.

Die Beklagte lehnte daraufhin nochmals die Kostenerstattung gemäß § 107 BSHG ab. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die Einreise und Aufnahme jüdischer Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion richte sich nach den Vorschriften des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfeaktionen aufgenommene Flüchtlinge. Die Verteilung auf die einzelnen Bundesländer erfolge in Anlehnung an den üblichen Verteilungsschlüssel. Die Klägerin bezöge sich darauf, dass eine Umverteilung erfolgt sei. Demzufolge sei ein Quotenausgleich erfolgt. Das bedeute, dass ab dem Tag des Umzuges die örtlich zuständige Sozialbehörde für die Leistungen der Sozialhilfe aufkommen müsse.

In der Behördenakte der Klägerin ist eine handschriftliche Aufstellung der an den Hilfeempfänger gewährten Leistungen nach dem BSHG vorhanden, wonach sich für den Zeitraum 5/95 bis 4/96 ein Betrag von 12.062,22 DM ergab, für den Zeitraum 5/96 bis 4/97 ein Betrag von 11.819,33 DM.

Die Klägerin hat am 15. Oktober 1997 Klage erhoben.

Sie hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt,

der Hilfeempfänger sei Kontingentflüchtling/jüdischer Emigrant aus der ehemaligen UdSSR. Hinsichtlich der ihm gewährten Sozialhilfe bestünde ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte aus § 107 BSHG. Es treffe zwar zu, dass der Hilfeempfänger als Kontingentflüchtling umverteilt worden sei. Diese Quotenumverteilung müsse jedoch hier außer Betracht bleiben. Der Hilfeempfänger beziehe unstreitig Leistungen nach dem BSHG. Er sei aus dem Bereich der Beklagten in denjenigen der Klägerin umgezogen und habe innerhalb eines Monats nach dem Umzug von der Klägerin ebenfalls Sozialhilfeleistungen erhalten. Regelungen in anderen Gesetzen, wie hier eine Quotenverteilung, spielten dabei für eine Kostenerstattung nach dem BSHG keine Rolle, weil insoweit das Gesetz selbst eine Einschränkung nicht vorsehe. Soweit die Beklagte darin eine ungerechtfertigte Belastung sehe, wäre es Sache der Ausländerbehörde bzw. des Gesetzgebers, hier eine anderweitige Lösung zu finden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könnten Spätaussiedler auch in einem Übergangswohnheim einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 107 BSHG begründen, wenn sie sich dort "bis auf weiteres" aufhielten. Dies gelte nicht nur für Spätaussiedler, sondern für alle Personenkreise, die in Sammelunterkünften untergebracht seien. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt gehabt, bestimmte Personenkreise von einer Erstattung auszunehmen, hätte das ausdrücklich im Gesetz - etwa entsprechend § 108 Abs. 6 BSHG - ausgewiesen werden müssen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Kostenerstattung für die Zeit vom 1. Mai 1995 bis 30. April 1997 in Höhe von 23.881,55 DM zu leisten.

Die Beklagte, die in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen war, hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage zurückzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen ausgeführt, die Einreise und Aufnahme jüdischer Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion richte sich nach den Vorschriften des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (HumHAG). Das Bundesverwaltungsamt verteile diese Personengruppe nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel auf die einzelnen Bundesländer, um die Lasten, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen verbunden seien, gleichmäßig auf alle Bundesländer zu verteilen. Bei Umverteilung auf ein anderes Bundesland nehme das Bundesverwaltungsamt einen Quotenausgleich vor. Das bedeute in der Praxis, dass das abgebende Bundesland zugunsten des aufnehmenden Bundeslandes im Ausgleich dafür (zusätzlich) Personen aufzunehmen und bei Sozialhilfebedürftigkeit zu versorgen habe. Bei Anwendung des § 107 BSHG würde das abgebende Bundesland gegenüber dem Aufnahmeland überproportional belastet. Das widerspreche jedoch dem Sinn und Zweck der Umquotierung. Dem - vom Wortlaut her einschlägigen - § 107 BSHG liege der Gedanke des Lastenausgleichs zugrunde. Von ihrem Sinn und Zweck könne diese Norm daher eben nicht zur Anwendung kommen, wenn dieser Lastenausgleich bereits dadurch vorgenommen werde, dass das Bundesverwaltungsamt die Person vom "Aufnahme-Ist" des abgebenden Landes abziehe und dem "Aufnahme-Ist" des aufnehmenden Landes gutschreibe. Der Hilfeempfänger sei auf das Land Hamburg mit der Folge umverteilt worden, dass ein Quotenausgleich zugunsten des Landes Hamburg vorgenommen worden sei. Hinsichtlich des Quotenausgleichs berief sich die Beklagte auf ein Schreiben des Bundesverwaltungsamtes vom 16. Januar 1992, hinsichtlich dessen Inhalt auf das bei der Gerichtsakte befindliche Schreiben verwiesen wird.

Die Beklagte hat weiter ausgeführt, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum gewöhnlichen Aufenthalt von Spätaussiedlern sei für den Personenkreis der jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion nicht einschlägig.

Mit dem angegriffenen Urteil vom 28. September 2001 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die erhobene Leistungsklage sei unbegründet, weil der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nach § 107 BSHG nicht zur Seite stehe. Diesem stehe § 111 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 120 Abs. 5 BSHG entgegen. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch sei nach § 111 Abs. 1 Satz 1 BSHG auf rechtmäßig gewährte Sozialhilfeleistungen beschränkt.

Nach § 111 Abs. 2 Satz 1 BSHG sei außerdem die Bagatellgrenze von 5.000,00 DM bezogen auf einen Zeitraum der Leistungsgewährung von 12 Monaten zu beachten.

Wenn danach nur das unabweisbar Gebotene rechtmäßig an Ausländer zu leisten sei, darin sei die Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG als Voraussetzung für ein erfolgreiches Kostenerstattungsbegehren hier nicht überschritten. Denn als unabweisbar Gebotenes würden regelmäßig nur Fahrtkosten übernommen, was eine Überschreitung des genannten Betrages von 5.000,00 DM nicht ergebe. Diese Einschränkungen würden auch für jüdische Emigranten gelten, denen die Auflage erteilt worden sei, ihren Wohnsitz im Land Mecklenburg-Vorpommern zu nehmen. Das Verwaltungsgericht schließe sich insoweit den Ausführungen des OVG Berlin in dessen Beschluss vom 05. Februar 2001 - 6 S 51.00 - zur Frage der Anwendbarkeit des § 120 Abs. 5 BSHG auf derartige Kontingentflüchtlinge an. Die allgemeine Anwendbarkeit dieser sozialhilferechtlichen Einschränkung auch für Kontingentflüchtlinge wie bei allen anderen Ausländern mit Ausnahme der anerkannten Konventionsflüchtlinge entspreche im Ergebnis auch den von Beklagtenseite vorgetragenen mündlichen Vereinbarungen der Ministerpräsidenten und den im Wesentlichen in anderen Ländern nicht durchgeführten Kostenerstattungsverfahren. Wenn letztlich aufgrund jener mündlichen Übereinkünfte den Kontingentflüchtlingen Sozialhilfe gewährt worden sei und werde, so tangiere dies nicht den Anwendungsbereich des § 120 Abs. 5 BSHG und führe so auch nicht zu einem Kostenerstattungsanspruch nach § 107 BSHG.

Unabhängig davon seien auch die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs nach § 107 BSHG nicht gegeben. Die Klägerin habe keine hinreichenden, den Sozialhilfefall betreffenden Verwaltungsvorgänge vorgelegt oder in anderer Weise Beweis für das Vorliegen der Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch geführt. Die Frage, ob der Hilfeempfänger nach § 107 BSHG innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedurft hätte und auch die Bagatellgrenze nach § 111 Abs. 2 BSHG von 5.000,00 DM innerhalb von 12 Monaten durch tatsächlich (rechtmäßig oder rechtswidrig) gewährte Sozialhilfe überschritten worden sei, sei nicht geklärt. Vielmehr ließen die bis zur Entscheidung vorgelegten Verwaltungsvorgänge erkennen, dass derartige Sozialhilfeleistungen in einer Frist von 12 Monaten gerade nicht erfolgt seien.

Ausweislich eines entsprechenden Eingangsstempels ist der unterschriebene Tenor am 12. Oktober 2001 auf der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Schwerin eingegangen, das vollständige, mit Gründen versehene und unterschriebene Urteil am 27. Februar 2002.

Das Urteil ist der Klägerin am 04. März 2002 zugestellt worden.

Auf den am 02. April 2002 eingegangenen Zulassungsantrag der Klägerin hin hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 04. Juni 2004 zugelassen.

Die Klägerin begründet ihre Berufung damit,

das Verwaltungsgericht habe § 111 Abs. 1 Satz 1 BSHG zugunsten der Beklagten angewendet, obwohl die Beklagte den Einwand, die Klägerin habe die Hilfe nicht rechtmäßig gewährt, gar nicht erhoben habe. Der Umfang des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs sei zu keinem Zeitpunkt unter den Parteien streitig gewesen.

Selbst wenn das Gericht von Amts wegen im Rahmen des § 107 BSHG auch den § 111 Abs. 1 BSHG i.V.m. § 120 Abs. 5 BSHG zu prüfen habe, sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts § 120 Abs. 5 BSHG im vorliegenden Fall nicht anwendbar. § 111 BSHG stehe dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Der Hilfeempfänger sei jüdischer Emigrant aus der ehemaligen Sowjetunion. Er sei als Kontingentflüchtling anerkannt und als solcher auf das Bundesland Hamburg umverteilt, worden. Als anerkannter Kontingentflüchtling sei der Hilfeempfänger zugleich Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Somit sei die Anwendung des § 120 Abs. 5 BSHG ausgeschlossen. Der Beschluss des OVG Berlin, auf den das Verwaltungsgericht seine Entscheidung stütze, sei unvereinbar mit der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung in gleichgelagerten Fällen. In den in Bezug genommenen Entscheidungen heiße es ausdrücklich, dass die jüdischen Emigranten aus der Sowjetunion Kontingentflüchtlinge im Sinne des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juni 1980 seien. Das Bundesverwaltungsgericht habe inzwischen bestätigt, dass der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 107 BSHG auch bei einem Umzug von Kontingentflüchtlingen bestehe und dass zu den Kontingentflüchtlingen auch die jüdischen Emigranten zählten. Aus dem einer der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vorausgehenden erstinstanzlichen Urteil sowie aus der Klageschrift dort gehe hervor, dass es sich bei den Hilfeempfängern um jüdische Emigranten aus der ehemaligen UdSSR gehandelt habe.

Was die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs betreffe, so habe sie, die Klägerin, ihren Kostenerstattungsanspruch bereits mit Schriftsatz vom 13. Oktober 1997 in Verbindung mit der zugleich übersandten Sozialhilfeakte spezifiziert.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin - Az. 6 A 2977/97 -, das auf die mündliche Verhandlung vom 28.09.2001 ergangen und der Klägerin am 04.03.2002 zugestellt worden ist, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Kostenerstattung für die Zeit vom 01.05.1995 bis zum 30.04.1997 in Höhe von 23.881,55 DM (entspricht 12.210,44 EURO) zu leisten, nebst 4 % Zinsen pro Jahr ab Klageerhebung.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, das angefochtene Urteil gehe in zutreffender Weise von der Anwendbarkeit des § 120 Abs. 5 BSHG aus.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, sowie auf die Gerichtsakte und die Gerichtsakte samt Beiakten im Verfahren Az. 1 L 107/02 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte und mit der Leistungsklage verfolgte Kostenerstattungsanspruch für die Zeit der Leistung von Sozialhilfe vom 01. Mai 1995 bis 30. April 1997 in Höhe von 12.210,44 € (= 23.881,55 DM) nebst 4 % Zinsen pro Jahr ab Klageerhebung, dem 15. Oktober 1997, gegen die Beklagte zu.

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 107 BSHG.

Nach § 107 Abs. 1 BSHG ist, wenn eine Person von dem Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts verzieht, der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende Hilfe außerhalb von Einrichtungen im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf.

Diese Voraussetzungen liegen vor.

Der Hilfeempfänger ist im April 1995 von Schwerin nach Hamburg verzogen.

Schwerin - genauer: die dortige Gemeinschaftsunterkunft A., bei der es sich nicht um eine Einrichtung gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG handelt, so dass § 109 BSHG nicht entgegen steht - war Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes des Hilfeempfängers im Sinne von § 107 Abs. 1 BSHG. Das ergibt sich maßgeblich aus dem Umstand der Dauer seines Aufenthaltes in der erwähnten Gemeinschaftsunterkunft, die von August 1993 bis Ende April 1995 gut eineinhalb Jahre betrug. Der Umstand, dass es sich bei der Gemeinschaftsunterkunft nicht um eine freiwillig begründete und auf Dauer angelegte, selbstgestaltete Häuslichkeit handelte, ist insoweit unerheblich.

Nach Maßgabe des einschlägigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1999 - 5 C 11/98 -, DVBl 1999, S. 1126 - zitiert nach JURIS) § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Zur Begründung eines "gewöhnlichen Aufenthalts" ist ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Hilfeempfänger sich an dem Ort oder in dem Gebiet "bis auf weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort, den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Bei der Beurteilung des Merkmals "bis auf weiteres" kann zudem maßgeblich auf das objektive Moment der Aufenthaltsdauer in dem Übergangswohnheim abgestellt werden. Auch in einem Übergangswohnheim - um eine solche Einrichtung handelt es sich ersichtlich bei der vom Hilfeempfänger in Schwerin bewohnten Unterkunft - kann ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne eines Aufenthalts "bis auf weiteres" begründet werden (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 18. März 1999 - 5 C 11/98 -, a.a.O.).

Diesen Erwägungen tritt die Beklagte auch unter Berücksichtigung ihres Schriftsatzes vom 02. Juli 1999 inhaltlich nicht entgegen. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, inwieweit hinsichtlich der vom Bundesverwaltungsgericht für die Unterbringung von Spätaussiedlern in Übergangswohnheimen bezogen auf die vorstehend erörterten Tatbestandsmerkmale des § 107 Abs. 1 BSHG entwickelten Rechtsprechung für die Gruppe der jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion und deren Unterbringung in ebensolchen Unterkünften etwas anderes gelten sollte; dies gilt jedenfalls für die Fälle, in denen die jüdischen Emigranten - wie vorliegend - ihren gewöhnlichen Aufenthalt entsprechend der Zuweisung im Verteilungsverfahren begründet haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1999 - 5 C 11/98 -, a.a.O.).

Das Tatbestandsmerkmal des "Verziehens" bzw. "Umzugs" im Sinne des § 107 Abs. 1 BSHG (bzw. der Überschrift) ist gleichfalls gegeben. Ein Umzug ist anzunehmen, wenn der Umziehende die bisherige Unterkunft und den gewöhnlichen Aufenthalt aufgibt und einen Aufenthaltswechsel in der Absicht vornimmt, an den bisherigen Aufenthaltsort (vorerst) nicht mehr zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1999 - 5 C 11/98 -, a.a.O.). Diese Voraussetzung ist mit dem Umzug des Hilfeempfängers von Schwerin nach Hamburg ohne Weiteres erfüllt.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 107 Abs. 1, 2 BSHG liegen vor. Der Hilfeempfänger hat am 01. Mai 1995 in Hamburg eine Wohnung bezogen, am 08. Mai 1995 - folglich binnen Monatsfrist - Sozialhilfe beantragt und diese ab dem 01. Mai 1995 erhalten.

Der Zeitraum, für den die Klägerin die Kostenerstattung begehrt - 01. Mai 1995 bis 30. April 1997, also zwei Jahre -, entspricht der Höchstgrenze des § 107 Abs. 2 Satz 2 BSHG, wonach die Verpflichtung zur Kostenerstattung spätestens nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Aufenthaltswechsel endet. Dass für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten keine Hilfe zu gewähren gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich; der Ausschlusstatbestand des § 107 Abs. 2 Satz 1 BSHG ist folglich nicht erfüllt.

Die Vorschrift: des § 107 BSHG ist auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Aufnahme- und Verteilungsverfahrens bei der Aufnahme jüdischer Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion in der Bundesrepublik Deutschland anwendbar.

Dieses Verfahren kann insbesondere nach Maßgabe der Stellungnahme des Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht mit Schriftsatz vom 22. September 2003 zu den beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesenen Verfahren Az. 5 C 22.02 und 5 C 23.02, dem Standardschreiben des Bundesministerium des Innern - Stand: September 2003 - sowie dem Schreiben des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 26. August 1996 an die Hansestadt Wismar zusammenfassend im Wesentlichen wie folgt beschrieben werden:

Die Aufnahme jüdischer Emigranten aus der früheren Sowjetunion beruht auf einem Beschluss der Regierungschefs des Bundes und der Länder (Ministerpräsidentenkonferenz) vom 09. Januar 1991 in Bonn. Bei dem Beschluss handelt es sich um eine Absprache auf politischer Ebene, wonach innerhalb der geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine einheitliche administrative Vorgehensweise in Fällen der Einreise jüdischer Emigranten vereinbart wurde. Dieser Beschluss sieht vor, die Einreise von jüdischen Emigranten aufgrund von Einzelfallentscheidungen in entsprechender Anwendung des "Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge" zu ermöglichen. Nach Maßnahme des Ergebnisprotokolls dieser Besprechung sollen die Einzelfallentscheidungen großzügig gehandhabt werden, wobei Fälle von Familienzusammenführung und sonstige Härtefälle im Vordergrund stehen sollen und auch der Gesichtspunkt der Erhaltung der Lebensfähigkeit jüdischer Gemeinden in Deutschland eine Rolle spielen soll. Die Verteilung auf die einzelnen Länder soll grundsätzlich entsprechend dem "Königsteiner Schlüssel" erfolgen, wobei allerdings Mehraufnahmen durch einzelne Länder nicht ausgeschlossen sein sollen.

Für die Aufnahme von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion haben Bund und Länder ein geordnetes Aufnahmeverfahren nach Maßgabe des Grundsatzerlasses des Auswärtigen Amtes vom 25. März 1997, Az. 514-516.20/7, vereinbart.

Zu den Grundlagen heißt es in dem Erlass, dass Bund und Länder nach einer Vereinbarung zwischen dem Zentralrat der Juden und dem Bundeskanzler im Januar 1991 der Einreise jüdischer Emigranten aus der früheren Sowjetunion ohne zahlenmäßige und zeitliche Begrenzung, aber entsprechend den Aufnahmekapazitäten der Länder zugestimmt haben. Die Aufnahme wird danach analog zum Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (KontingentflüchtlingsG) vom 22.07.1980 durchgeführt. Die Emigranten erhalten eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis sowie zahlreiche Leistungen, unter anderem Hilfe zum Lebensunterhalt. Geordnetes Verfahren bedeutet, dass sich die Einreise nach Deutschland im normalen Sichtvermerksverfahren vollzieht. Der Einreisebewerber muss bei der für seinen Wohnsitz zuständigen deutschen Auslandsvertretung ein Visum für den Zweck eines Daueraufenthalts in Deutschland beantragen. Eine weitere Voraussetzung für die Erteilung des Visums ist die vorherige Zustimmung des aufnehmenden Bundeslandes.

Jüdische Emigranten erhalten, wie sonst Personen, die nach dem Kontingentflüchtlingsgesetz (HumHAG) aufgenommen werden, Eingliederungshilfen. Die Kosten dafür trägt der Bund. Jüdische Zuwanderer sind sozialhilferechtlich Deutschen gleichgestellt. Die sozialhilferechtlichen Leistungen, die Zuwanderer nur erhalten, wenn sie nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können, regeln die Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes.

Mit Erlass des BMI wurde dem Bundesverwaltungsamt mit Wirkung vom 15. Februar 1991 die quotengerechte Verteilung der Anträge auf die Länder übertragen. Seit 01. Januar 2003 ist das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge dafür zuständig. Eine Vorgangsbearbeitung, respektive Prüfung der Antragsunterlagen findet nicht statt. Wird aus unterschiedlichen Gründen eine Umverteilung der jüdischen Zuwanderer erforderlich, ist der Bund lediglich hinsichtlich des Ab- bzw. Zutragens in der Quotenstatistik beteiligt. Abgebendes und aufnehmendes Land müssen sich im Vorfeld über die Umverteilung geeinigt haben.

Zur Praxis in Mecklenburg-Vorpommern besagt das genannte Schreiben des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommern, dass den in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommenen jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 3 HumHAG durch die jeweils zuständige Ausländerbehörde eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Diese wird für die Dauer des Bezugs von Sozialhilfeleistungen mit der Auflage "Wohnsitznahme in Mecklenburg-Vorpommern" versehen. Diese Auflage wird aufgehoben, wenn es zu einer zwischen den abgebenden und aufnehmenden Bundesländern einvernehmlich vereinbarten Umverteilung kommt. In diesen Fällen wird durch das Bundesverwaltungsamt ein sogenannter Quotenausgleich mit der Folge vorgenommen, dass der nunmehr zuständige örtliche Träger der Sozialhilfe des Aufnahmelandes die dort erforderlich werdende Sozialhilfe leisten muss. Darüber hinaus kann die Auflage gestrichen werden, wenn die jüdischen Emigranten den vor Ort zuständigen Ausländerbehörden durch Vorlage von Miet- und Arbeitsverträgen Wohnung und Arbeit in einem anderen Bundesland nachweisen und nach dort umziehen. In diesen Fällen findet der Quotenausgleich nicht mehr statt, da davon auszugehen ist, dass Sozialhilfe nicht beansprucht wird.

Zur Auflagenerteilung heißt es in den Ergebnissen der Ausländerreferentenbesprechung des Bundes und der Länder vom 28. bis 30. Januar 1991 in Fulda unter TOP 1, 1., 4. Spiegelstrich:

"Die unbefristete Aufenthaltserlaubnis wird zunächst - jedenfalls für die Dauer des Bezugs von Sozialhilfeleistungen und der Inanspruchnahme von -Eingliederungshilfen - räumlich auf das jeweilige Bundesland beschränkt.

Ggf. wird durch die Auflage zusätzlich aufgegeben, an einem bestimmten Ort den Wohnsitz zu nehmen. Die Beschränkungen und Auflagen enden grundsätzlich mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Die räumlichen und sonstigen Beschränkungen dürfen keinesfalls der Aufnahme einer legalen Erwerbstätigkeit entgegenstehen."

Dem auf das beschriebene Quotenverfahren bezogenen zentralen Argument der Beklagten, eine Kostenerstattung nach § 107 BSHG sei grundsätzlich ausgeschlossen, weil bei Anwendung des § 107 BSHG das abgebende Bundesland überproportional belastet werde, was dem Sinn und Zweck der Umquotierung widerspreche, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 02. Oktober 2003 - 5 C 22.02 und 5 C 23.02- (NVwZ-RR 2004, 358 <5 C 22.02>, zitiert nach JURIS) eine Absage erteilt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesen Entscheidungen, die jedenfalls im Verfahren Az. 5 C 22.02 ebenfalls jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion betrafen, klargestellt, dass die Kostenerstattungsregelung des § 107 BSHG auch in Fällen der Umverteilung von "Kontingentflüchtlingen" bzw. in den vom Bundesverwaltungsgericht zu entscheidenden Fällen gilt. Danach steht einer entsprechenden Anwendung des § 108 Abs. 6 BSHG mit dem Ziel, Kontingentflüchtlinge aus dem persönlichen Geltungsbereich des § 107 BSHG herauszunehmen, der grundlegende Unterschied zwischen dem Regelungsgegenstand und der gesetzlichen Zielsetzung beider Vorschriften sowie die Tatsache entgegen, dass der Gesetzgeber zwar in § 108 Abs. 6 BSHG, aber gerade nicht in § 107 BSHG eine auch für Kontingentflüchtlinge geltende Ausnahmeregelung getroffen hat.

Dem lässt sich auch nicht die von der Beklagten für ihren Rechtsstandpunkt geltend gemachte "überproportionale Mehrbelastung" für das Land Mecklenburg-Vorpommern entgegenhalten, die eintrete, wenn sie einer Erstattungspflicht aus § 107 BSHG ausgesetzt sei, zugleich aber nach einem Quotenausgleich aufgrund des entsprechenden Verteilungsschlüssels dem Land Mecklenburg-Vorpommern ein neuer jüdischer Emigrant zugewiesen werde könne. Es gibt es keinen zwingenden Grund dafür, solche "unbillig" erscheinenden Konsequenzen einer unzulänglichen Abstimmung zwischen dem System der §§ 103 ff. BSHG und den Regelungen hinsichtlich der Aufnahme der jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion ohne Anhalt im Gesetz gerade im Bereich des Erstattungsrechts des Bundessozialhilfegesetzes auszugleichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 02. Oktober 2003 - 5 C 22.02 -, NVwZ-RR 2004, 358 - zitiert nach JURIS).

Zum Argument der von der Beklagten befürchteten "überproportionalen" Mehrbelastung des Landes Mecklenburg-Vorpommern durch die Pflicht zur Kostenerstattung einerseits und die Quotenkorrektur andererseits ist ergänzend anzumerken, dass sie mit Blick auf § 107 Abs. 2 Satz 2 BSHG im Höchstfall für zwei Jahre zur Erstattung verpflichtet ist. Demgegenüber bestünde bei einem Verbleib der Hilfeempfänger in Mecklenburg-Vorpommern - der wohl zwangsläufig eintreten würde, würde sich die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung durchsetzen - die mit Blick auf den hiesigen Arbeitsmarkt nicht von der Hand zu weisende Gefahr, dass die Beklagte deutlich länger als zwei Jahre Sozialhilfe leisten müsste. Im Ergebnis ist es deshalb nicht unwahrscheinlich, dass trotz Kostenerstattungspflicht im Falle der Umverteilung ein positiver Saldo für das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Beklagte zu verzeichnen wäre.

Dem Bundesverwaltungsgericht ist allerdings ebenso wie den dortigen Vorinstanzen nicht darin zu folgen, wenn es - insbesondere mit Blick auf das Verfahren Az. 5 C 22.02 - in seinen Urteilen vom 02. Oktober 2003 ohne weitere Begründung annimmt, es handele sich bei den jüdischen Emigranten aus der Sowjetunion um ("anerkannte" - so die Formulierung im Tatbestand des Urteils des OVG Schleswig vom 16. Januar 2002 - 2 L 7/01) "Kontingentflüchtlinge".

Der Begriff des "Kontingentflüchtlings" knüpft an die als Kurzform für das Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057, zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Oktober 1997, BGBl. I S. 2584 <2588>) gebräuchliche Bezeichnung "Kontingentflüchtlingsgesetz" an (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1996 - 9 C 145/95 -, DVBl 1996, 624 - zitiert nach JURIS; deshalb nachfolgend: KontingentflüchtlingsG bzw. HumHAG). Diesem unterfallen die jüdischen Emigranten aus der Sowjetunion jedoch tatbestandlich jedenfalls nicht generell.

Das Kontingentflüchtlingsgesetz gilt nicht allgemein für Ausländer, sondern nur für ausländische Flüchtlinge, also für Ausländer, die sich in einer Verfolgungssituation befinden, wobei die Verfolgung nicht notwendig politischer Art sein muss, oder deren Lage durch ein Flüchtlingsschicksal gekennzeichnet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1996 - 9 C 145/95 -, DVBl 1996, 624 - zitiert nach JURIS; VG Augsburg, Urteil vom 11. Juli 2000 - Au 3 K 99.30656 -, NVwZ 2000, 1449, 1450; OVG Berlin, Beschluss vom 15. November 2002 - 8 SN 258.00 -, EZAR 018 Nr. 2, S. 4; VG Neustadt a.d.W., Urteil vom 06. Oktober 1999 - 8 K 37/99 -, NVwZ 2000, 1447, 1448). Verfahrenstechnisch entsteht die Rechtsstellung i.S.v. § 1 HumHAG dann mit der Aufnahme kraft Gesetzes; ein Anerkennungs- oder Feststellungsverfahren gibt es insoweit nicht (vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 26. November 1999 - 11 A 11523/99 -, DÖV 2000, 253 - zitiert nach JURIS; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1996 - 9 C 145/95 -, a.a.O.).

Eine danach erforderliche Verfolgungssituation bzw. Flüchtlingseigenschaft ergibt sich für die jüdischen Emigranten nicht aus dem bloßen Umstand, dass sie das geschilderte Aufnahmeverfahren durchlaufen haben.

Zum einen wird im Grundsatzerlass des Auswärtigen Amtes vom 25. März 1997 unter II 3 u. 4 deutlich gemacht, dass die Zuwanderungsberechtigung neben der Herkunft aus einem der Länder der ehemaligen Sowjetunion (nur) davon abhängt, ob eine Person jüdischer Nationalität ist oder von mindestens einem jüdischen Elternteil abstammt, und der Nachweis einer konkreten Verfolgung oder Diskriminierung gerade nicht Voraussetzung der Zugehörigkeit zum berechtigten Personenkreis ist. Ausweislich der Erläuterung der "Grundlagen" in dem genannten Erlass war zwar Motiv, Juden in der früheren Sowjetunion vor antisemitischen Pressionen zu schützen und ihnen eine Heimat zu bieten; wesentlicher Gesichtspunkt der Entscheidung war zudem aber die Stärkung der jüdischen Gemeinden in Deutschland. Im Ergebnisprotokoll der Ministerpräsidentenkonferenz vom 09. Januar 1991 wird der Aspekt einer Verfolgungssituation auch gar nicht erwähnt, sondern im Vordergrund auf Fälle der Familienzusammenführung, sonstige Härtefälle und die Erhaltung der Lebensfähigkeit jüdischer Gemeinden in Deutschland abgestellt. Ein nachgewiesenes persönlicher Verfolgungsschicksal führt (lediglich) zu einer bevorzugten Bearbeitung des Antrags und in Ausnahmefällen zum Absehen von bestimmten sonstigen Voraussetzungen. Eine Flüchtlingseigenschaft ist aber nicht Prüfungsgegenstand im Aufnahmeverfahren.

Ob bei den jüdischen Emigranten in der Regel die nach dem Kontingentflüchtlingsgesetz erforderliche Verfolgungssituation bzw. Flüchtlingseigenschaft tatsächlich nicht vorliegen (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 11. Juli 2000 - Au 3 K 99.30656 -, NVwZ 2000, 1449, 1450; OVG Berlin, Beschluss vom 15. November 2002 - 8 SN 258.00 -, EZAR 018 Nr. 2, S. 4; vgl. auch Rittstieg, Anm. zu VG München, Beschluss vom 24. September 1997 - M 6 S 97.5973 -, InfAuslR 1997, 479), kann insoweit offen bleiben.

Maßgeblich gegen einen Status der jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion als "Kontingentflüchtlinge" spricht zum anderen weiter, dass gemäß Ergebnisprotokoll der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder am 9. Januar 1991 und ausweislich des Grundsatzerlasses des Auswärtigen Amtes vom 25. März 1997 - Az. 514-516.20/7 - nur eine "entsprechende" Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes erfolgt (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 15. November 2002 - 8 SN 258.00 -, EZAR 018 Nr. 2, S. 4; VG Neustadt a.d.W., Urteil vom 06. Oktober 1999 - 8 K 37/99 -, NVwZ 2000, 1447, 1448; vgl. auch VG Kassel, Beschluss vom 15. April 1998 - 4 E 4222/95 (4) -, InfAuslR 1999, 313, 314). Dieses wird - so der "passende" Hinweis in dem erwähnten Schreiben des Vertreters des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht - "auf die jüdischen Zuwanderer in der Rechtsfolge entsprechend angewendet". Dass in der Besprechung des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten keine unmittelbare Anwendung eines tatbestandlich nicht einschlägigen Gesetzes beschlossen werden konnte, bedarf keiner weiteren Erörterung. Man kann insoweit auch nicht einfach "mit Rücksicht auf die außenpolitischen Erwägungen in Richtung Rußland und Israel (über dieses 'entsprechend') hinwegsehen und den betreffenden Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz als 'wirkliche' Aufnahme nach § 1 Abs. 1 HumHAG werten" (vgl. VG Kassel, Beschluss vom 15. April 1998 - 4 E 4222/95 (4) -, InfAuslR 1999, 313, 314).

Nach alledem können die jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion als Gruppe betrachtet nicht als "Kontingentflüchtlinge" im eigentlichen Sinne bezeichnet werden, sondern allenfalls in einem weiteren bzw. gewissermaßen "untechnischen" Sinne, es sei denn ein Verfolgungs- oder Flüchtlingsschicksal ist im Einzelfall nachgewiesen.

Weder den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 02. Oktober 2003 - 5 C 22.02 u. 5 C 23.02 - noch denen des Oberverwaltungsgerichts Schleswig vom 16. Januar 2002 - 2 L 7/01 - und des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 03. April 2000 - 10 A 81/98 - können vor diesem Hintergrund Feststellungen zu einem Verfolgungs- oder Flüchtlingsschicksal der dort betroffenen Hilfeempfänger entnommen werden. Deren Bezeichnung als "Kontingentflüchtlinge" ist folglich nicht nachvollziehbar; von "anerkannten" Kontingentflüchtlingen kann ohnehin nicht die Rede sein.

Auch im vorliegenden Verfahren besteht hinsichtlich der Person des Hilfeempfängers kein Anhaltspunkt für ein derartiges Schicksal.

Dem Umstand, dass es sich bei den jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion im Grundsatz nicht um Kontingentflüchtlinge handelt, kommt aber im Zusammenhang mit der Frage der Anwendbarkeit des § 107 BSHG als solcher im Ergebnis keine rechtliche Bedeutung zu. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, die sich ja auch gerade mit ihnen bzw. mit dem für sie vorgesehenen Aufnahmeverfahren befassen, gelten ohne Unterschied für Kontingentflüchtlinge im eigentlichen Sinne wie auch für sie. Es gibt keinen rechtlichen Grund, die jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion von der Kostenerstattungsregelung des § 107 BSHG auszunehmen. Es bleibt deshalb bei der Anwendbarkeit des § 107 BSHG.

Auf einem anderen Blatt steht allerdings die Frage, ob § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG eine Kostenerstattung im vorliegenden Fall - im Zusammenspiel mit § 111 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BSHG - ausschließt. Diese Frage ist im Ergebnis zu verneinen.

§ 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG bestimmt, dass Ausländern in den Teilen der Bundesrepublik Deutschland, in denen sie sich einer ausländerrechtlichen räumlichen Beschränkung zuwider aufhalten, von dem für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständigen Träger der Sozialhilfe nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe geleistet werden darf.

Hier ist zunächst auf das Verhältnis des § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG zu § 107 BSHG im Allgemeinen einzugehen und sodann im Besonderen die Anwendbarkeit des § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG auf die jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion zu erörtern. Daran anschließend ist zu klären, ob - bei Anwendbarkeit des § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG - dessen Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind oder nicht.

Die Frage nach dem Verhältnis des § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG zu § 107 BSHG im Allgemeinen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, klar dahingehend beantwortet, dass im Anwendungsbereich der "bereichsspezifischen Sonderregelung" (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 - 5 C 29.98 -, BVerwGE 111, 200, 206) des § 120 Abs. 5 BSHG die Anwendung des § 107 BSHG ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 2003 - 5 C 54.02 -, JURIS). Dies folgt aus dem Zweck des § 120 Abs. 5 BSHG, bei Ausländern, die die Voraussetzungen des § 120 Abs. 5 Satz 1 oder 2 BSHG erfüllen, eine Verlagerung von Sozialhilfelasten von einem Bundesland in ein anderes durch eine Binnenwanderung solcher Ausländer und eine daraus folgende Belastung einzelner Teile des Bundesgebietes, insbesondere der Ballungszentren, mit Sozialhilfekosten zu verhindern (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 2003 - 5 C 54.02 -, JURIS; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 - 5 C 29.98 -, a.a.O.).

Ebenso unzweifelhaft findet § 120 Abs. 5 BSHG auf Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ("Konventionsflüchtlinge") keine Anwendung, weil Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens vom 11. Dezember 1953 (BGBl. II 1956, S. 564) i.V.m. Art. 1 und 2 des Zusatzprotokolls zu diesem Abkommen vom 11. Dezember 1953 (BGBl. II 1956 S. 578) als Spezialvorschriften - im Sinne von § 120 Abs. 1 Satz 3 BSHG - dies ausschließen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 - 5 C 29.98 -, BVerwGE 111, 200; vgl. auch Birk, in: LPK-BSHG, 6. Aufl., § 120 Rn. 30).

Entsprechendes gilt für Kontingentflüchtlinge im - vorstehend erläuterten - eigentlichen Sinne, da diese gemäß § 1 Abs. 1 HumHAG die Rechtsstellung nach den Art. 2 bis 34 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953 S. 559) genießen (vgl. Birk, in: LPK-BSHG, 6. Aufl., § 120 Rn. 30).

Für jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion muss jedoch eine andere Beurteilung Platz greifen, da es sich bei ihnen - wie dargelegt - gerade nicht um Kontingentflüchtlinge handelt. § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG ist deshalb auf diese Gruppe anwendbar und nicht aufgrund spezieller auf Völkervertragsrecht beruhender bundesrechtlicher Vorschriften ausgeschlossen (ebenso OVG Berlin, Beschluss vom 15. November 2002 - 8 SN 258.00 -, EZAR 018 Nr. 2 und Beschluss vom 05. Februar 2001 - 6 S 51.00 -, DVBl 2001, 574, 575; a.A. Birk, in: LPK-BSHG, 6. Aufl., § 120 Rn. 30, und OVG Schleswig, Urteil vom 16. Januar 2002 - 2 L 7/01 -, jedoch jeweils ohne Begründung; VG Dessau, Urteil vom 02. Juni 1999 - A 2 K 178/97 - unter der Maßgabe, jüdische Emigranten seien Kontingentflüchtlinge <S. 5>). Daran ändert die nach Maßgabe des Ministerpräsidentenbeschlusses vom 09. Januar 1991 als Ausgangspunkt vorgesehene "entsprechende" Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes nichts. Die Rechtsstellung i.S. von § 1 Abs. 1 HumHAG entsteht kraft Gesetzes, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gesetzes vorliegen; ein Anerkennungs- oder Feststellungsverfahren ist nicht vorgesehen (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 11. Juli 2000 - Au 3 K 99.30656 -, NVwZ 2000, 1449). Da der Ministerpräsidentenbeschluss die gesetzlichen Voraussetzungen nicht zu erweitern vermag, die jüdischen Emigranten aber tatbestandlich nicht unter das Gesetz fallen, können sie auch nicht - kraft Gesetzes - die Rechtsstellung nach § 1 Abs. 1 HumHAG erlangen. Ebensowenig vermochten der Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten der Länder die Anwendung der ggf. tatbestandlich einschlägigen gesetzlichen Regelung des § 120 Abs. 5 BSHG für die Gruppe der jüdischen Emigranten ausschließen; dies hätte nur der Bundesgesetzgeber tun können.

Zu dem begrenzten Personenkreis der Spätaussiedler, der hier nach Auffassung des Senats zum Vergleich herangezogen werden kann, hat der Bundesgesetzgeber seit 1996 denen des § 120 Abs. 5 BSHG vergleichbare Beschränkungen zunächst für die Dauer von zwei Jahren nach Aufnahme des Spätaussiedlers vorgesehen, wenn dieser an einem anderen als dem ihm zugewiesenen Wohnort ständigen Aufenthalt nimmt (§ 3a Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler i.d.F. der Bekanntmachung vom 26. Februar 1996 <BGBl. I S. 225>: "Sie erhalten in der Regel von dem für den tatsächlichen Aufenthalt zuständigen Träger der Sozialhilfe nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz."; zur Dauer vgl. § 3a Abs. 2; vgl. zur Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Regelung sowie zu ihrem Hintergrund BVerfG, Urteil vom 17. März 2004 - 1 BvR 1266/00 -, EZAR 282 Nr. 1 - zitiert nach JURIS), um - so § 1 Abs. 1 des Gesetzes - einer Überlastung von Ländern, Trägern der Sozialhilfe sowie von Gemeinden durch eine angemessene Verteilung entgegenzuwirken. Eine entsprechende Regelung enthält auch § 3a Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes in der durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler vom 02. Juni 2000 (BGBl. I S. 775) begründeten Fassung, nunmehr allerdings mit einer dreijährigen Bindungsfrist (vgl. § 3a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 3, 2. Halbsatz des Gesetzes). Diese, der Zielsetzung des Verteilungsverfahrens und der dabei vorgesehenen Auflagenerteilung zur Wohnsitznahme entsprechende gesetzliche Regelung für die Gruppe der Spätaussiedler, spricht ebenfalls für eine Anwendbarkeit des § 120 Abs. 5 BSHG auf die Gruppe der jüdischen Emigranten. Zuletzt erscheint wesentlich, dass ohne die Sanktion des § 120 Abs. 5 BSHG die von den Ländern vorgesehene Verteilung und insbesondere die Auflagenerteilung leer liefe bzw. obsolet würde.

Ist damit geklärt, dass § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG vorliegend Anwendung findet, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm für die Einschränkung des Hilfeanspruchs zu prüfen.

Diese lagen im Zeitpunkt des Beginns der Hilfeleistung durch die Klägerin nicht (mehr) vor.

Zwar war die dem Hilfeempfänger erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis zunächst mit der Nebenbestimmung bzw. Auflage der "Wohnsitznahme in Mecklenburg-Vorpommern" versehen.

Rechtsgrundlage für die streitige Wohnsitzauflage ist § 14 Abs. 2 AuslG. Es handelt sich nicht um eine räumliche Beschränkung i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 2 AuslG. Die Bestimmung "Wohnsitznahme nur in Mecklenburg-Vorpommern" ist kein selbständiges Verbot, sich außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns aufzuhalten oder niederzulassen, sondern erlegt dem Hilfeempfänger neben der - räumlich unbeschränkten - Aufenthaltserlaubnis lediglich auf, seinen Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern zu nehmen (vgl. VG Schleswig, Urteil vom 27. Mai 2003 - 14 A 16/03 -, JURIS; OVG Berlin, Beschluss vom 15. November 2002 - 8 SN 258.00 -, EZAR 018 Nr. 2 und Beschluss vom 05. Februar 2001 - 6 S 51.00 -, DVBl 2001, 574, 575; VG Braunschweig, Beschluss vom 24.07.2001 - 5 B 199/01 - InfAuslR 2002, 127 ff. und VG München, Urteil vom 11.06.2002 - M 21 K 02.1729 -InfAuslR 2003, 30 ff.). Die Auflage soll nach Maßgabe der - vorstehend insoweit wiedergegebenen - Ergebnisse der Ausländerreferentenbesprechung des Bundes und der Länder vom 28. bis 30. Januar 1991 in Fulda in erster Linie im Fall des Sozialhilfebezuges verfügt werden. Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Auflage bestehen mit Blick auf ihre Zielsetzung bzw. das mit ihr verfolgte öffentliche Interesse keine Bedenken (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 1996 - 1 C 34/93 -, BVerwGE 100, 335 - zitiert nach JURIS; VG Schleswig, Urteil vom 27. Mai 2003 - 14 A 16/03 -, JURIS).

Bei der Wohnsitzauflage handelt es sich auch um eine ausländerrechtliche räumliche Beschränkung im Sinne von § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 15. November 2002 - 8 SN 258.00 -, EZAR 018 Nr. 2 und Beschluss vom 05. Februar 2001 - 6 S 51.00 -, DVBl 2001, 574, 575).

Die Wohnsitzauflage war jedoch im Zeitpunkt der Aufnahme der Hilfeleistung durch die Klägerin zumindest schlüssig aufgehoben oder jedenfalls weggefallen bzw. gegenstandslos geworden.

Dies ist die - im Einzelfall auch rückwirkende - Rechtsfolge des bezüglich des Hilfeempfängers, der sich mit Schreiben vom 14. November 1994 auch ausdrücklich an das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern mit der Bitte um Erlaubnis zur Übersiedlung nach Hamburg gewandt hatte, durchgeführten einvernehmlichen Umverteilungsverfahrens. Dies ergibt sich aus einer Reihe von Gesichtspunkten:

Nach Maßgabe der Ausführungen des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommern wird die Auflage aufgehoben, wenn es zu einer zwischen den abgebenden und aufnehmenden Bundesländern einvernehmlich vereinbarten Umverteilung kommt. Dies hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 12. September 1996 ebenso ausgeführt.

Diese Voraussetzung für die Aufhebung der Wohnsitzauflage ist im Falle des Hilfeempfängers erfüllt. Das Innenministerium hat - nachdem diese im Rahmen des dafür im Land Mecklenburg-Vorpommern vorgesehenen Verfahrens (vgl. dazu den Erlass des Innenministeriums vom 02. Januar 1995) auch von der Ausländerbehörde der Beklagten zuvor befürwortet worden ist - der Umverteilung mit Schreiben vom 15. Mai 1995 ausdrücklich zugestimmt. Die Umverteilung ist vom Bundesverwaltungsamt entsprechend protokolliert worden. Die Ausländerbehörde ist - wie erwähnt - in das Umverteilungsverfahren eingeschaltet gewesen; ihr gegenüber musste der Umverteilungsantrag gestellt werden. Die Ausländerbehörde kann nun nicht einerseits der Umverteilung, d.h. dem Wegzug des Hilfeempfängers nach Hamburg zustimmen, andererseits aber auf einem - formalen - Fortbestand der Wohnsitzauflage beharren. Das eine schließt das andere aus. Die Zustimmung zur einvernehmlichen Umverteilung durch die Ausländerbehörde kann deshalb mit Blick auf die Umverteilungsentscheidung ihrer Fachaufsichtsbehörde (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AuslBehZustVO) nichts anderes bedeuten, als dass die Ausländerbehörde nicht mehr an der Auflage festhält bzw. sie - zumindest schlüssig - aufhebt; alternativ - ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme - kann argumentiert werden, die Auflage stand unter der auflösenden Bedingung einer einvernehmlichen Umverteilung. Folgerichtig hat die Ausländerbehörde - nach telefonischer Auskunft der Beklagten - ihre den Hilfeempfänger betreffenden Akten an die Ausländerbehörde in Hamburg abgegeben. Dies hätte sie kaum tun können, wenn sie sich mit Blick auf eine fortbestehende Wohnsitzauflage weiter als zuständig hätte betrachten müssen. Vor diesem Hintergrund muss von einer zumindest schlüssig verfügten Aufhebung der Wohnsitzauflage ausgegangen werden. Sollte die Auflage nach dem Umzug des Hilfeempfängers noch in der Aufenthaltserlaubnis vermerkt gewesen sein, durfte die Ausländerbehörde in Hamburg diese nunmehr - gewissermaßen im Sinne einer Berichtigung bzw. einer Anpassung an den durch die Umverteilung bereits hergestellten ausländerrechtlichen Status - ohne weiteres streichen.

Diese Aufhebung entspricht angesichts der einvernehmlichen Umverteilung auch dem Sinn und Zweck des § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG bzw. der im standardisierten Aufnahmeverfahren verfügten Wohnsitzauflage. Diese ist aufzuheben bzw. wird - im Sinne einer auflösenden Bedingung - gegenstandslos, wenn ein durch sie geschütztes anderes Bundesland dem Umzug eines Hilfeempfängers in sein Gebiet zustimmt. Hamburg ist offensichtlich ein Ballungszentrum, dessen Schutz vor überproportionalem Zuzug von auf Sozialhilfe angewiesenen jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion die Verfügung einer Wohnsitzauflage bezweckt. Wenn die Klägerin auf den Schutz im Falle des Hilfeempfängers nach Abstimmung mit Mecklenburg-Vorpommern verzichtet, hat sich die Auflage bzw. das mit ihr dokumentierte öffentliche Interesse an einer geordneten Lastenverteilung insoweit erledigt. Einer förmlichen Aufhebung der Auflage - sollte eine solche nicht erfolgt sein - bedarf es insoweit nicht; mit der Durchführung des vorgesehenen einvernehmlichen Umverteilungsverfahrens wird sie - zumindest schlüssig - aufgehoben bzw. im Sinne einer auflösenden Bedingung gegenstandslos und vermag jedenfalls im Verhältnis der Sozialhilfeträger zueinander insbesondere mit Blick auf eine Kostenerstattung keine rechtlichen Wirkungen mehr zu entfalten; eine spätere Aufhebung ist insoweit im Prinzip lediglich deklaratorisch.

Es widerspräche in krasser Weise dem - auch im öffentlichen Recht und zumal zwischen Trägern öffentlich-rechtlicher Verwaltung Geltung beanspruchenden - Grundsatz von Treu und Glauben, wollte ein Träger der Sozialhilfe, dessen Ausländerbehörde bzw. Bundesland zwar einerseits der Umverteilung zustimmen und damit zunächst von der eigenen Leistungspflicht gegenüber dem Hilfeempfänger frei werden, sich andererseits aber auf eine durch die Ausländerbehörde des Sozialhilfeträgers unterlassene Aufhebung der Wohnsitzauflage berufen, um unter Hinweis auf § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG der Kostenerstattungspflicht nach § 107 BSHG zu entgehen.

Zudem würde der Hilfeempfänger durch dieses Verhalten in eine unzumutbare Situation gebracht: Stimmt ein Bundesland bzw. der Sozialhilfeträger der Umverteilung und deren Konsequenz, dem Umzug des Hilfeempfängers, zu und weist der bisherige Träger der Sozialhilfe nicht auf seinen Vorbehalt des Fortbestehens der Wohnsitzauflage hin, zieht dann aber infolgedessen der Hilfeempfänger tatsächlich um, so müsste ggf. der zuständige Träger der Sozialhilfe des aufnehmenden Bundeslandes mit Blick auf § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG eine Hilfeleistung, die über die Kosten für eine Rückkehr hinausgeht, verweigern. Dies hätte zur Folge, dass letztlich dem Hilfeempfänger nichts anderes übrig bliebe, als in das Bundesland seiner bisherigen Wohnsitznahme zurückzukehren. Dass dies widersinnig ist, wenn eine "einvernehmliche" Umverteilung erfolgt bzw. erfolgen soll, liegt auf der Hand. Die Umverteilung, der ja ausdrücklich zugestimmt worden ist, könnte nicht erfolgen, weil der Hilfeempfänger grundsätzlich im aufnehmenden Land keinen Sozialhilfeanspruch hätte, der über die Übernahme der Rückkehrkosten hinausgingen. Abgesehen davon wäre es ausgehend von dem Verständnis der Beklagten Pflicht ihres Sozialamtes, den Hilfeempfänger über diese rechtlichen Konsequenzen aufzuklären. Dann würde es voraussichtlich aber nicht zu einem Wegzug seinerseits kommen und folglich bei der - gegebenenfalls langfristigen - Hilfeleistungspflicht der Beklagten verbleiben.

Dass die Rechtswirkungen der Auflage mit positivem Abschluss des Umverteilungsverfahrens erstattungsrechtlich rückwirkend auf den Zeitpunkt des Beginns der Hilfeleistung durch den aufnehmenden Sozialhilfeträger entfallen, ergibt sich zum einen aus dem Gesichtspunkt der Einvernehmlichkeit des Verfahrens. Es ist kein einleuchtender Grund ersichtlich, warum die Rechtswirkungen der Auflage erst mit dem Abschluss des Umverteilungsverfahrens entfallen sollten, wenn die beteiligten Bundesländer und Behörden sämtlich und ggf. nachträglich mit dem Umzug eines Hilfeempfängers einverstanden sind. Zum anderen trägt dies dem Interesse der Hilfeempfänger Rechnung, nicht das ggf. langwierige Umverteilungsverfahren abwarten zu müssen. Alternativ sind die Hilfeleistungen, die nach dem Umzug des Hilfeempfängers jedoch vor Herstellung des Einvernehmens bzw. positivem Abschluss des Umverteilungsverfahrens erfolgt sind, für den zwischen diesen Eckpunkten liegenden Zeitraum als nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe im Sinne von § 120 Abs. 5 BSHG zu werten.

Im Ergebnis steht deshalb vorliegend § 120 Abs. 5 Satz 1 BSHG dem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin nicht entgegen.

Die Frist des § 111 SGB X, wonach der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen ist, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht, hat die Klägerin eingehalten. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Die Klägerin hat nach Aufnahme der Leistungen zum 01. Mai 1995 mit am 02. Juni 1995 bei der Beklagten eingegangenem Schriftsatz vom 26. Mai 1995 die Anerkennung der Erstattungspflicht erbeten. Auch wenn man auf den Zeitpunkt der Rücknahme des Kostenanerkenntnisses mit Schreiben vom 12. September 1996, bei der Klägerin am 04. Oktober 1996 eingegangen, abstellt, ist eine Geltendmachung fristgemäß mit am 01. April 1997 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 24. März 1997 erfolgt. "Geltend machen" im Sinne von § 111 SGB X ist sowohl die gerichtliche als auch die außerhalb eines förmlichen Verfahrens abgegebene Erklärung mit dem erkennbaren Willen der Rechtssicherung und dem ausreichend deutlich formulierten Erstattungsbegehren (vgl. v. Wulffen, in: ders., SGB X, 4. Aufl., § 111 Rn. 4). Die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind - hier die Hilfebedürftigkeit -, und der Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde - fortlaufend seit dem 01. Mai 1995 für längstens zwei Jahre - sind dabei hinreichend konkret mitgeteilt worden (vgl. zu den Anforderungen v. Wulffen, in: ders., SGB X, 4. Aufl., § 111 Rn. 4).

Der von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich daneben im Übrigen nicht bereits aus dem Anerkenntnis der Beklagten mit Schreiben vom 07. Juni 1995. Hierin kann kein schuldbegründendes und konstitutives Anerkenntnis, das unabhängig von den Voraussetzungen der §§ 107, 111 BSHG bzw. von dem bestehenden Schuldgrund eine neue selbstständige Verpflichtung schaffen sollte (vgl. dazu Sprau, in: Palandt, BGB, 63. Aufl., Rn. 2 zu § 781), erblickt werden.

Schon nach dem Wortlaut des Anerkenntnisses handelt es sich allenfalls um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Dies ergibt sich daraus, dass die Anerkennung unter den ausdrücklichen Vorbehalt des § 111 BSHG gestellt ist, also beschränkt sein sollte auf die Erstattung der aufgewendeten Kosten, soweit die Hilfe dem BSHG entsprach (vgl. § 111 Abs. 1 Satz 1 BSHG); dies aber war gerade zwischen den Beteiligten im Streit. Die Beklagte konnte ein allenfalls deklaratorisches Anerkenntnis insoweit auch frei widerrufen (vgl. W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002, Rn. 17 zu § 112; OVG Greifswald, Urteil vom 20. Mai 2003 - 1 L 226/01 -, S. 14 des Urteilsumdrucks; vgl. auch Schellhorn/Reinehr/Schwörer, Die Kostenerstattung zwischen den Trägern der Sozialhilfe, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge, S. 197). Dies hat sie mit Schreiben vom 12. September 1996 gegenüber der Klägerin getan.

Im Übrigen wäre ein Schuldanerkenntnis, auf das die Klägerin auch bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 107 BSHG ihren Zahlungsanspruch stützen könnte, unwirksam und hätte von der Beklagten in dem Sinne "widerrufen" werden können, dass sie sich - wie geschehen sinngemäß - auf diese Unwirksamkeit beruft. Das legt nicht nur § 112 SGB X nahe, wonach zu Unrecht erstattete Beträge zurückzuerstatten sind. Es ist darüber hinaus auch zu beachten, dass ein konstitutives Anerkenntnis im Sozialrecht nicht zulässig ist. Mit Blick auf die Grundsätze sparsamer Haushaltsführung, den Vorbehalt des Gesetzes nach § 31 SGB I sowie den im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnden Vorrang des Gesetzes ist es der Verwaltung untersagt, im Wege des Vertrages andere Rechtsfolgen zu setzen als sie gesetzlich vorgesehen sind (vgl. zum Ganzen VGH München, Urteil vom 23. September 2003 - 12 B 01.241 -, JURIS; zustimmend OVG Hamburg, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 4 Bf 355/01 -, JURIS). So läge der Fall aber hier, wenn man unterstellt, der Anspruch aus § 107 BSHG sei nicht gegeben.

Vor diesem Hintergrund ist das "Anerkenntnis" keine selbstständige und von § 107 BSHG unabhängige Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch der Klägerin: Entweder besteht der Anspruch nach § 107 BSHG, dann kommt es auf ein daneben erklärtes Anerkenntnis nicht an; oder der Anspruch besteht nicht, dann kann er aber nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen auch nicht unabhängig von § 107 BSHG bzw. selbständig durch ein Anerkenntnis begründet werden.

Der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch besteht in Haupt- und Nebenforderung ebenfalls der Höhe nach.

Die Klägerin hat ihre zweiseitige handschriftliche Leistungsaufstellung zwischenzeitlich durch den sogenannten "Sachstandsausdruck" untermauert. Die Beklagte hat hinsichtlich der Höhe der Forderung auch keine Einwände erhoben. Eine stichprobenartige Prüfung durch den Senat hat keine Unstimmigkeiten beider Zahlenwerke erkennen lassen.

Danach ist auch die Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG a.F. (5.000,00 DM - nunmehr 2.560,00 € - bezogen auf einen Zeitraum der Leistungsgewährung von bis zu zwölf Monaten) deutlich überschritten.

Der Zinsanspruch als Nebenforderung folgt nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze über die Verzinsung öffentlich-rechtlicher Ansprüche aus den §§ 288, 291 BGB (vgl. Bräutigam, in: Fichtner, Bundessozialhilfegesetz, 2. Aufl., § 111 Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2001 - 5 C 34/00 -, BVerwGE 114, 61 - zitiert nach JURIS; vgl. auch OVG Greifswald, Urteil vom 18. September 2003 - 1 L 124/03 -, S. 24 f. des Urteilsumdrucks). Die Erhöhung der Prozesszinsen durch Erhöhung des Zinsfußes in § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl I S. 330) spielt im vorliegenden Prozess keine Rolle. Weder hat die Klägerin höhere Zinsen als 4 v.H. beantragt noch stünden sie ihr zu; denn nach Art. 229 Abs. 1 Satz 3 EGBGB (eingefügt durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 30. März 2000) ist § 288 BGB n.F. erst auf alle Forderungen anzuwenden, die vom 1. Mai 2000 an fällig werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Aufgrund von § 194 Abs. 5 i.V.m. § 188 Satz 2 2. Halbsatz VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987) ist das nach dem 01. Januar 2002 beim Oberverwaltungsgericht eingegangene Berufungsverfahren nicht gerichtskostenfrei.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Revisionszulassungsründe sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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