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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 10.10.2007
Aktenzeichen: 1 L 256/06
Rechtsgebiete: GG, KAG M-V, BauNVO


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
KAG M-V § 7 Abs. 1 Satz 2
KAG M-V § 9
KAG M-V § 12
BauNVO § 17
Eine anschlussbeitragsrechtliche Maßstabsregelung, die im Rahmen eines kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabes den auf lediglich untergeordneten Teilflächen (hier: 10 %) des Grundstücks beschränkten Vorteil einer baulichen Ausnutzbarkeit in Gestalt der maximalen Firsthöhe (hier: 75 m) als anschlussbeitragsrechtlichen Vorteil für die um ein vielfaches größere Gesamtfläche definiert, ist mit Blick auf die besondere Situation der Grundstücke der Klägerin (Werftbetrieb) in einem Maße nicht mehr vorteilsgerecht, das nicht mehr aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität unter den Gesichtspunkten erforderlicher Pauschalierung und Typisierung gerechtfertigt werden kann.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern IM NAMEN DES VOLKES Urteil

1 L 256/06

verkündet am 10.10.2007

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Kanalbaubeiträge

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern auf Grund der mündlichen Verhandlung

am 10. Oktober 2007

in Greifswald

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 21. Juni 2006 - 3 A 561/04 - geändert:

Die Beitragsbescheide des Beklagten vom 26. August 2003 - Nrn. 60262103 (Flurstück 7/1), 60262096 (Flurstück 4/1), 60262129 (Flurstück 15/0,16/0 und 17/0) und 60262111 (Flurstück 14/0) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 08. März 2004 sowie die Beitragsbescheide vom 01. März 2004 - Nrn. 60212645 (Flurstück 8/3) und 60212637 (Flurstück 1/49) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Mai 2004 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Kanalbaubeiträgen (Schmutzwasser).

Die Klägerin betreibt in der Hansestadt Stralsund ein Schiffbauunternehmen. Sie ist seit dem Jahre 2000 Eigentümerin - mit Ausnahme von öffentlichen Flächen - aller im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Hansestadt Stralsund Nr. 30a für das Industriegebiet im ehemaligen Werftbereich der V...werft... gelegenen Grundstücke. Ihre Rechtsvorgängerin war die O... GmbH.

Bei den im Eigentum der Klägerin stehenden bzw. in der Gemarkung Stralsund, Flur 38, gelegenen Flurstücken, verzeichnet im Grundbuch von Stralsund Blatt 12600, handelt es sich unter anderem um

das Flurstück 7/1 (52.385 m²),

das Flurstück 4/1 (1.785 m²),

die Flurstücke 15/0, 16/0 und 17/0 (1.151 m² + 4 m² + 1.961 m² = 3.116 m²),

das Flurstück 14/0 (58.373 m²),

das Flurstück 1/49 (218.526 m²) und

das Flurstück 8/3 (12.763 m²).

In den Jahren 2004 bzw. 2006 wurden

das Flurstück 7/1 in die Flurstücke 7/2 bis 7/6,

das Flurstück 14/0 in die Flurstücke 14/1 bis 14/5,

das Flurstück 17/0 in die Flurstücke 17/1 und 17/2 und

das Flurstück 1/49 in die Flurstücke 1/52 bis 1/58 sowie letzteres wiederum in die Flurstücke 1/59 und 1/60 zerlegt,

wobei die neu entstandenen Flurstücke jeweils unter derselben laufenden Nummer des grundbuchlichen Bestandsverzeichnisses wie zuvor geführt werden (aus Gründen der Übersichtlichkeit werden im Folgenden die ursprünglichen Flurstücksbezeichnungen verwandt). Die Grundstücke/Flurstücke liegen im Bereich des betriebsfertigen Teils der Abwasseranlage der Hansestadt Stralsund.

Die Flächen sind im B-Plan allesamt als Industriegebiet (GI) ausgewiesen. Es gilt eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,8. Weiter sieht der B-Plan Nr. 30a auf Teilflächen Firsthöhen von 35 m und 75 m, im Übrigen - der weit überwiegenden Fläche - von 26 m vor; für die weiteren Einzelheiten wird insoweit auf den bei den Verwaltungsvorgängen vorhandenen B-Plan Nr. 30a verwiesen, darüber hinaus auf dessen zur Gerichsakte gereichte Begründung. In dem Bereich dieses B-Planes, in dem eine Firsthöhe von 75 m zugelassen ist, wurde eine Schiffbauhalle (Halle 290) mit eben dieser Firsthöhe errichtet. Die Halle 270 weist eine Firsthöhe von 33 m, bei einer zulässigen Höhe von 35 m auf. In dem Bereich, in dem eine Bebauung mit einer Firsthöhe von 26 m zulässig ist, befindet sich das alte Verwaltungsgebäude der V...werft mit 11 Stockwerken. Nach Maßgabe der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten farbigen Kartendarstellung (Beiakte M) der anteilig betroffenen Flächen werden vom Flurstück 1/49 25.887 m² durch die Festsetzung einer Firsthöhe von 75 m, vom Flurstück 7/1 4.952 m² und vom Flurstück 14/0 6.119 m² erfasst. Auf einer Teilfläche von 7.033 m² ist auf dem Flurstück 1/49 eine Firsthöhe von 35 m zulässig, auf dem Flurstück 7/1 auf einer Teilfläche von 13.218 m².

Mit Bescheiden vom 26. August 2003 zog der Beklagte die Klägerin zu Kanalbaubeiträgen

für das Flurstück 7/1 in Höhe von 1.070.880,36 Euro (Beitragsbescheid Nr. 60262103),

für das Flurstück 4/1 in Höhe von 12.911,80 Euro (Beitragsbescheid Nr. 60262096),

für die Flurstücke 15/0, 16/0 und 17/0 in Höhe von 22.539,58 Euro (Beitragsbescheid Nr. 60262129)

und für das Flurstück 14/0 in Höhe von 1.193.290,05 Euro (Beitragsbescheid Nr. 60262111)

heran. Dabei legte er hinsichtlich der Flurstücke 7/1 und 14/0 nach Maßgabe insbesondere von § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 der Satzung der Hansestadt Stralsund über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und -behandlung (Kanalbaubeitragssatzung - KBS) vom 28. Mai 2002 i.d.F. der Ersten Änderungssatzung vom 10. Januar 2003 die Zahl von 21 Vollgeschossen zugrunde, im Übrigen die Zahl von sieben Vollgeschossen.

Nach Zustellung dieser Bescheide jeweils am 28. August 2003 legte die Klägerin jeweils am 26. September 2003 hiergegen Widerspruch ein. Jeweils mit Widerspruchsbescheid vom 08. März 2004 (Az. 60262096-Wb/pg, 60262103-Wb/pg, 60262111-Wb/pg und 60262129-Wb/pg) - zugestellt am 10. März 2004 - wies der Beklagte die Rechtsbehelfe zurück. Am 17. März 2004 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Greifswald hinsichtlich der vorgenannten Bescheide zum Az. 3 A 561/04 Anfechtungsklage erhoben.

Bereits mit weiteren Bescheiden vom 01. März 2004 hatte der Beklagte die Klägerin zu Kanalbaubeiträgen

für das Flurstück 8/3 in Höhe von 92.321,16 Euro (Beitragsbescheid Nr. 60212645) und

für das Flurstück 1/49 in Höhe von 4.467.217,76 Euro (Beitragsbescheid Nr. 60212637)

herangezogen. Dabei legte er hinsichtlich des Flurstücks 1/49 wiederum die Zahl von 21 und für das Flurstück 8/3 die Zahl von sieben Vollgeschossen zugrunde.

Ihre nach Zustellung der Bescheide jeweils am 01. März 2004 hiergegen gerichteten, beim Beklagten am 23. März 2004 eingegangenen Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 13. Mai 2004 (Az. 60212645-Wb/pg und 60212637-Wb/pg) zurück. Die Widerspruchsbescheide wurden der Klägerin am 14. Mai 2004 zugestellt. Zugleich lehnte er in dem das Flurstück 1/49 betreffenden Widerspruchsbescheid auch den Erlass der Beitragsforderung für das Grundstück ab. Am 07. Juni 2004 hat die Klägerin hinsichtlich der Beitragsbescheide vom 01. März 2004 zu den Aktenzeichen 3 A 1300/04 und 3 A 1301/04 Anfechtungsklagen erhoben, die das Verwaltungsgericht Greifswald zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem Verfahren Az. 3 A 561/04 verbunden hat.

Am 04. Juni 2004 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Ablehnung des Beitragserlasses für das Grundstück Flurstück 1/49 ein und beantragte zugleich einen (teilweisen) Beitragserlass für die Grundstücke Flurstück 7/1 und 14/0. Mit Widerspruchsbescheid (Az. 6021263 7-billwb-pg) vom 19. Juli 2004 - zugestellt am 21. Juli 2004 - wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung des Beitragserlasses für das Grundstück Flurstück 1/49 zurück. Am 20. August 2004 hat die Klägerin insoweit zum Az. 3 A 1919/04 Verpflichtungsklage erhoben. Ebenfalls mit Bescheiden vom 19. Juli 2004, zugestellt am 21. Juli 2004, lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf (teilweisen) Beitragserlass für die Flurstücke 7/1 und 14/0 ab. Mit Widerspruchsbescheiden vom 02. September 2004 wies der Beklagte die dagegen gerichteten, am 20. August 2004 eingegangenen Widersprüche zurück. Die Widerspruchsbescheide wurden der Klägerin am 06. September 2004 zugestellt. Am 15. September 2004 hat die Klägerin insoweit zum Az. 3 A 2186/04 Verpflichtungsklage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. Januar 2005 mit dem Verfahren Az. 3 A 1919/04 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Anschließend hat das Verwaltungsgericht das Verfahren Az. 3 A 1919/04 mit dem Verfahren Az. 3 A 561/04 unter letztgenanntem Aktenzeichen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Auf eine entsprechende Aufklärungsverfügung des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 07. Juni 2005 u.a. ausgeführt, die Geschossflächenzahl betrage hinsichtlich der Flurstücke 14/0, 7/1 und 1/49 jeweils 16,8 (GRZ 0,8 x 21 Vollgeschosse = 16,8), hinsichtlich der Flurstücke 4/1,15/0, 16/0,17/0 und 8/3 jeweils 5,6 (GRZ 0,8 x 7 Vollgeschosse = 5,6).

Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, ihre Heranziehung zu Kanalbaubeiträgen sei mangels wirksamer Rechtsgrundlage bzw. Kanalbaubeitragssatzung rechtswidrig. Die Satzung weise eine fehlerhafte Maßstabsregel auf, soweit sie für die Ermittlung der Vollgeschosse auf die höchstzulässige Gebäudehöhe abstelle und diese durch 3,5 dividiere. Es hätte eine gesonderte, der Nutzungsart und dem Vorteil angemessene Regelung gefunden werden müssen. Die Anknüpfung an den grundbuchrechtlichen Grundstückbegriff verstoße gegen das Vorteilsprinzip. Denn die Anwendung des grundbuchrechtlichen Grundstücksbegriffs führe dazu, dass für eine Fläche von insgesamt 329.284 m² (Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0) von 21 Vollgeschossen ausgegangen werden müsse, obwohl der Bebauungsplan die maßgebende Firsthöhe mit 75 m (= 21 Geschosse) nur für eine Fläche von insgesamt 33.660 m² zulasse. Besonders deutlich werde das Missverhältnis bei dem Flurstück 7/1.

Ungeachtet dessen sei der festgesetzte Beitrag überhöht. Die Schiffbauhalle ermögliche lediglich ein witterungsunabhängiges Arbeiten und erhöhe die Arbeitssicherheit für die Mitarbeiter. Gäbe es die Halle nicht, so würden die Schiffe unter freiem Himmel auf einer Helling gebaut. Der Sache nach sei die Schiffbauhalle zu behandeln wie Kirchen, die ungeachtet ihrer Firsthöhe nur ein Vollgeschoss aufwiesen. Bei der Fläche des Schiffsliftes handele es sich nicht um eine Land-, sondern eine Wasserfläche.

Schließlich führe die Höhe der Festsetzungen zu einer unbilligen Härte, die durch einen Teilerlass in bestimmter Höhe zu beseitigen sei. Jedenfalls habe der Beklagte über die Erlassanträge der Klägerin nicht ermessensfehlerfrei entschieden.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beitragsbescheide des Beklagten vom 26.08.2003 - Nrn. 60262103 (Flurst. 7/1), 60262096 (Flurst. 4/1), 60262129 (Flurst. 15/0, 16/0 und 17/0) und 60262111 (Flurst. 14/0) - in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 08.03.2004 sowie seine Bescheide vom 01.03.2004 - Nrn. 60212645 (Flurst. 8/3) und 60212637 (Flurst. 1/49) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.05.2004 aufzuheben;

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung seiner Ablehnungsbescheide vom 13.05.2004 und 19.07.2004 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.07.2004 und 02.09.2004 zu verpflichten, den Kanalbaubeitrag für das Grundstück Flurstück 1/49 in Höhe eines Teilbetrages von mindestens € 2.477.210,20, für das Grundstück Flurstück 7/1 in Höhe eines Teilbetrages von mindestens € 645.250,22 und für das Grundstück Flurstück 14/0 in Höhe eines Teilbetrages von € 697.078,55 zu erlassen;

ganz hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung der im Hilfsantrag genannten Bescheide zu verpflichten, über die Erlassanträge der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat die angegriffenen Bescheide verteidigt und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Teilurteil vom 21. Juni 2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage im Hauptantrag und im ersten Hilfsantrag abgewiesen, die Kostenentscheidung dem Endurteil vorbehalten und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Im dem Rechtsstreit ergehe ein Teilurteil im Sinne des § 110 VwGO, weil er nur in Ansehung eines Teils des Streitgegenstandes, nämlich des Hauptantrages und des ersten Hilfsantrages, entscheidungsreif sei.

Die im Haupt- und im ersten Hilfsantrag zulässige Klage sei unbegründet. Die streitgegenständlichen Beitragsbescheide seien rechtmäßig. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erlass der Beitragsschuld für die Grundstücke Flurstück 1/49, 7/1 und 14/0 in der jeweils geltend gemachten Höhe zu.

Die angefochtenen Bescheide fänden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderliche Rechtsgrundlage in der Kanalbaubeitragssatzung vom 28. Mai 2002 i.d.F. der Ersten Änderungssatzung vom 10. Januar 2003. Die Satzung sei wirksam. Die Maßstabsregelung in Gestalt eines abgestuften Vollgeschossmaßstabes begegne keinen Bedenken. Dies gelte insbesondere für die Bestimmung in § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 1 und 2 KBS, wonach als Zahl der Vollgeschosse, die im verbindlichen Bauleitplan festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse bzw. - wenn im verbindlichen Bauleitplan statt der Vollgeschosse die Höhe der baulichen Anlagen festgesetzt sei - die durch 3,5 geteilte höchstzulässige Gebäudehöhe auf ganze Zahlen abgerundet gelte. Mit der letztgenannten Bestimmung werde dem beitragsrechtlich relevanten Vorteil insbesondere bei gewerblich oder industriell genutzten Hallen mit großen Geschosshöhen hinreichend Rechnung getragen. Nicht zu beanstanden sei, dass die Verteilungsregel an die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse anknüpfe. Dies beruhe auf der Erwägung, dass der von der beitragsfähigen Maßnahme vermittelte Vorteil mit dem Maß der baulichen Nutzung des Grundstücks steige. Dabei sei nicht nur das Maß der aktuellen baulichen Nutzung in den Blick zu nehmen. Denn mit dem Kanalbaubeitrag werde der in der Schaffung einer gesicherten Schmutzwasserableitung liegende Dauervorteil und damit auch eine mögliche künftige Entwicklung abgegolten. Das Anknüpfen der Verteilungsregel an die höchstzulässige Geschosszahl sei auch dann nicht zu beanstanden, wenn es - wie hier - dazu führe, dass bei Grundstücken, für die der Bebauungsplan unterschiedliche Geschosszahlen festsetze, die höchste gelte. Dies beruht auf dem Umstand, dass im Anschlussbeitragsrecht der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff gelte, von dem vorliegend nicht abzuweichen sei, auch nicht mit Blick auf das einschränkende Merkmal "grundsätzlich" im Sinne des § 3 Abs. 3 KBS. Der Einwand der Klägerin, die Verknüpfung des Vollgeschossmaßstabes mit dem bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff führe dazu, dass auch Grundstücke voll veranschlagt würden, bei denen das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit nur auf verhältnismäßig geringen Teilflächen hoch und im Übrigen deutlich geringfügiger sei, vermöge die Zulässigkeit der Maßstabsregel nicht in Frage zu stellen. Dies sei nämlich weniger ein Problem der Norm als ein Problem des Grundstückszuschnitts und damit des Lebenssachverhalts, auf den die Norm anzuwenden sei. Die Klägerin müsse sich fragen lassen, warum sie am vorgefundenen Zuschnitt der Grundstücke Flurstücke 7/1, 1/49 und 14/0 festgehalten habe, nachdem festgestanden habe, dass die Schiffbauhalle nach den Festsetzungen des Bebauungsplans "grenzüberschreitend" auf Teilflächen dieser Grundstücke zu errichten gewesen sei. Sie bzw. ihre Rechtsvorgängerin hätten mehrere Jahre Zeit gehabt, die Grundstückszuschnitte den Festsetzungen des Bebauungsplanes anzupassen, ohne dass darin ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne der §§ 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. 42 Abs. 1 AO zu erblicken gewesen wäre. Dann wäre ein erheblicher Teil der Beitragslast nicht entstanden. Die von der Klägerin vermisste Normierung einer Sonderregelung für "überhohe" Gebäude sei nicht erforderlich; dies folge nicht aus dem Vorteilsprinzip. Ebensowenig sei es zu beanstanden, wenn keine Begrenzung der Anzahl der beitragsrelevanten Vollgeschosse normiert sei. Eine "Kappungsgrenze" sei jedenfalls nicht geboten. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang meine, unabhängig vom Vorteilsprinzip erfordere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Sonderregelung für ihre Grundstücke, treffe dies ebenfalls nicht zu. Denn das Vorteilsprinzip sei die spezifisch beitragsrechtliche Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Aufnahme einer Sonderregelung für die Werftgrundstücke in die Kanalbaubeitragssatzung auch nicht zur Vermeidung einer unbilligen Härte erforderlich. Zwar fordere das dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG innewohnende Prinzip der materiellen Gerechtigkeit ein Höchstmaß an Ausgewogenheit und Angemessenheit der Norm. Dies dürfe aber nicht den Blick darauf verstellen, dass es bei der Normierung einer generell-abstrakten Regelung - wozu auch eine kommunale Beitragsatzung gehöre - unmöglich sei, jede bei der Rechtsanwendung im Einzelfall auftretende Spannung vorherzusehen und bereits in der Satzung zu bewältigen. Dies treffe trotz oder gerade wegen der Einzigartigkeit ihrer Bebauung auch auf die Grundstücke der Klägerin zu. Denn den (vermeintlichen) Sonderfall zu erkennen, heiße noch nicht, ihn auch angemessen lösen zu können. Berücksichtige man nun noch, dass die von der Klägerin geforderte Härtefallregelung allenfalls bei drei von ca. 10.000 beitragspflichtigen Grundstücken im Gebiet der Hansestadt Stralsund erforderlich sei, so zeigt dies, dass die Lösung des Problems außerhalb der Satzung erfolgen könne. Daher liege in den Fällen, in denen ein nach oben offener Vollgeschossmaßstab im konkreten Einzelfall zu einem Ergebnis führe, das über das vom Ortsgesetzgeber gewollte Ziel "hinausschieße", eine unbeabsichtige Härte vor, die außerhalb der Satzung abzumildern sei. Bereits die Existenz der §§ 163, 227 AO spreche dafür, dass die Problembewältigung nicht innerhalb der Satzung erfolgen müsse.

Die Rechtsanwendung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin darauf hinweise, das Grundstück Flurstück 14/0 dürfe nicht vollständig berücksichtigt werden, weil es sich dabei teilweise um die Wasserfläche des Schiffsliftes handele, treffe dies nicht zu. Denn maßgebend sei der grundbuchrechtliche Grundstücksbegriff. Da das Grundstück als Buchgrundstück erfasst sei, unterliege es bei gegebener Vorteilslage ungeachtet seiner geophysikalischen Beschaffenheit der Beitragspflicht. Die die Grundstücke Flurstücke 7/1, 1/49 und 14/0 betreffenden Bescheide seien auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie sich nicht zu der Frage eines Beitragserlasses verhielten. Denn beim Erlassverfahren handele es sich um ein gesondertes Verwaltungsverfahren.

Ein Anspruch auf (Teil-)Erlass der Beitragsforderungen in der jeweils geltend gemachten Höhe bestehe ebenfalls nicht. Nach § 227 1. Halbs. AO stehe es im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten, über die Höhe eines gegebenenfalls zu gewährenden Billigkeitserlasses zu entscheiden. Mangels Ermessensreduktion scheide ein Anspruch der Klägerin auf einen Teilerlass in bestimmter Höhe aus.

Nach Zustellung des angefochtenen Urteils am 04. Juli 2006 hat die Klägerin am 03. August 2006 dagegen Berufung eingelegt. Auf den am 31. August 2006 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Antrag wurde die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 18. September 2006 verlängert. Mit am 18. September 2006 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin ihre Berufung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die gesamte beitragsfähige Fläche der Hansestadt Stralsund umfasse 11.146.205 m². Durch die Beitragsbescheide würden Grundstückflächen der Klägerin in einer Größe von 346.948 m², also 3,1127 % der beitragsfähigen Fläche veranlagt. Der Beklagte kalkuliere ein Beitragsaufkommen im Schmutzwasserbereich von DM 77.631.525,49 = Euro 39.692.368,71. Hiervon seien der Klägerin mit den angefochtenen Bescheiden Euro 6.859.160,71 in Rechnung gestellt worden. Dies entspreche 17,28 % des Beitragsaufkommens.

Der Kläranlage, die der Beklagte betreibe, seien im Jahr 2004 insgesamt 4.906.169 m³ und im Jahr 2005 5.165.800 m³ Abwasser zugeführt worden. Die von der Klägerin dem Kanalnetz zugeführte Abwassermenge habe 26.652 m³ oder 0,54 % im Jahr 2004 und 28.592 m³ oder 0,55 % im Jahr 2005 betragen. Lege man die über Abwassergebührenbescheide durch die R... abgerechneten Abwassermengen zugrunde, würde der Anteil der Klägerin an dem gesamten Abwasseraufkommen 1,052 % für das Jahr 2004, 1, 138 % für das Jahr 2005 und 1,167 % für das Jahr 2006 betragen. Für die Einzelheiten wird insoweit auf die mit Schriftsatz der Klägerin vom 09. Oktober 2007 überreichten Anlagen verwiesen.

Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Bescheide rechtmäßig seien.

Es bestünden bereits ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Kalkulation wegen unrichtiger Angaben der auf die Bebauungspläne 30a, 30b und 30c entfallenden Flächen sowie Fehlern bei der Berechnung der Beitragseinheiten, die zu einer Überdeckung des Aufwandes führten.

Mit der den Beitragsbescheiden zu Grunde liegenden Satzung verstoße der Beklagte gegen den Grundsatz der Typengerechtigkeit, der verlange, im vorliegenden Fall die Besonderheiten im Bereich der Bebauungspläne 30a, 30b und 30c in der Beitragssatzung gesondert zu berücksichtigen.

Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei zu schließen, dass jedenfalls dann, wenn mehr als 10 % der Fälle von der generellen Regelung abwichen, eine gesonderte Beitragsregelung nach dem Grundsatz der Typengerechtigkeit als Ausfluss des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG erforderlich sei. Der Anzahl der betroffenen Grundstücke allein könne dabei keine entscheidende Bedeutung zukommen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit verlange vielmehr dann eine gesonderte Regelung, wenn der von der Norm abweichende "Typ" mehr als 10 % der Fläche oder mehr als 10 % der Beiträge ausmache. Dieser Regelungsbedarf könne nicht mit dem Bedürfnis nach einer generell-abstrakten Norm bei Seite geschoben werden. Hier sei der Regelungsbedarf für die betroffenen Grundstücke offenkundig. Die Klägerin solle dafür, dass sie die Abwasserbeseitigungsanlagen zu weniger als 1 % der Gesamtnutzung in Anspruch nehme, fast 18 % der gesamten Herstellungskosten der Anlage aufbringen. Hierin liege ein Verstoß gegen das gesetzliche Willkürverbot.

Die Regelung in § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 1 und 2 KBS begegne insoweit Bedenken, als sie unbeschränkt auch für überhohe Bebauungsmöglichkeiten eines Grundstücks gelte, wenn die errichteten oder zu errichtenden Gebäude darüber hinaus trotz ihrer Überhöhe lediglich eingeschossig genutzt würden. Die im Bereich der Bebauungspläne 30a, 30b und 30c vorhandene überhohe Bebauung würde durchweg lediglich eingeschossig genutzt. Es handele sich erkennbar um eine mit den örtlichen Gegebenheiten zusammenhängende Situation, die sich aus der maritimen Nutzung der Grundstücke ergebe und die Lage gebunden und für jedermann offenkundig sei. Der Satzungsgeber hätte dies berücksichtigen müssen, weil es sich insoweit nicht lediglich um eine quantitativ zu vernachlässigende Einzelheit handele, sondern um eine Konstellation, die sich quantitativ erheblich auf die Gesamtkalkulation auswirke und damit die Schwelle überschreite, die im Rahmen einer typisierenden Betrachtung ggfs. vernachlässigt werden könne. Aus der Tatsache, dass die Gebäude besonders hoch seien, ergebe sich für die Klägerin kein entsprechender Vorteil.

Das Anknüpfen der Verteilungsregel an die höchstzulässige Geschosszahl sei rechtswidrig. Gehe man mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass es offensichtlich sei, dass der Vorteil, den ein angeschlossenes Grundstück biete, größer werde, wenn die zulässige Bauhöhe zunehme, werde klar, das bei unterschiedlichen Bauhöhen von 75 Metern, 35 Metern und 26 Metern das Grundstück nicht den Vorteil eines Grundstücks mit 75 Metern Bauhöhe biete, wenn von 58.373 m² (Flurstück 14/0) nur ca. 3.000 m² 75 Meter hoch bebaut werden dürften, während die übrige Fläche im Bebauungsplan eine zulässige Firsthöhe von 35 m bzw. 26 m aufweise. Eine Verteilungsregelung, die gleichwohl an die höchstzulässige Firsthöhe anknüpfe, verstoße offensichtlich gegen den Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit. Das Verwaltungsgericht könne sich auch nicht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht vom 30.01.1987 - 8 C 9.86 - stützen. Das Bundesverwaltungsgericht halte die Berücksichtigung der höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse bei einem kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab mit einem höchstzulässigen Faktor von 2,0 für zulässig. Es werde also maximal die doppelte Grundstücksfläche in Ansatz gebracht. Damit sei zur Zulässigkeit einer Verteilungsregel, die wie hier ausschließlich an die höchstzulässige Anzahl der Vollgeschosse anknüpfe, nichts gesagt.

Der in § 3 Abs. 3 KBS verwandte Begriff "grundsätzlich" bedeute schon vom Wortsinn her, dass es Ausnahmen vom Grundsatz gebe. Für die vom Gericht vorgenommene Beschränkung auf bestimmte Bereiche gebe weder der Satzungstext noch die Entstehungsgeschichte etwas her.

Mit der Erwägung, die Klägerin müsse sich fragen lassen, warum sie den Zuschnitt ihrer Grundstücke nicht verändert habe, bestätige das Verwaltungsgericht geradezu, dass die von ihm als rechtmäßig angesehene Beitragskalkulation auf puren Zufälligkeiten beruhe. Denn offensichtlich im Rahmen einer Kontrollüberlegung werde darauf hingewiesen, dass die Klägerin die konkrete Beitragserhebung "selbst verschuldet" habe, weil sie nicht bzw. nicht schnell genug die Grundstückssituation auf dem Werftgelände umgestaltet habe. Wenn im Hinblick auf diese "Gestaltungsmöglichkeiten" vom Verwaltungsgericht ausdrücklich attestiert werde, dass ohne weiteres eine ganz erhebliche Beitragsminderung hinsichtlich derjenigen Flächen hätten erreicht werden können, bestätige das Gericht, dass hinsichtlich dieser Flächen gerade aus dem maßgeblichen Vorteilsgesichtspunkt heraus eine höhere Veranlagung nicht geboten sei.

Dem Verwaltungsgericht könne nicht darin gefolgt werden, wenn es die Notwendigkeit einer sogenannten Kappungsgrenze verneine. Dies gelte auch hinsichtlich der Verneinung eines Anspruchs auf Teilerlass. Die Klägerin habe in den Erlassanträgen, in den dazugehörigen Widersprüchen und den Klagebegründungen die Höhe des aus ihrer Sicht gebotenen Teilerlasses im Einzelnen dargelegt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beitragsbescheide des Beklagten vom 26. August 2003 - Nr. 60262103 (Flurstück 7/1), Nr. 60262096 (Flurstück 4/1), Nr. 60262129 (Flurstück 15/0, 16/0, 17/0) und Nr. 60262111 (Flurstück 14/0) - in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 08. März 2004 sowie seine Bescheide vom 01. März 2004 - Nr. 60212645 (Flurstück 8/3) und Nr. 60212637 (Flurstück 1/49) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Mai 2004 aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung seiner Ablehnungsbescheide vom 13. Mai 2004 und 19. Juli 2004 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19. Juli 2004 und 02. September 2004 zu verpflichten, den Kanalbaubeitrag für das Grundstück Flurstück 1/49 in Höhe eines Teilbetrages von 2.477.210,20 Euro, für das Grundstück Flurstück 7/1 in Höhe eines Teilbetrages von 645.250,22 Euro und für das Grundstück Flurstück 14/0 in Höhe eines Teilbetrages von 697.078,55 Euro zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt im Wesentlichen aus,

das Verwaltungsgericht habe die Klage im Hauptantrag und im ersten Hilfsantrag zu Recht abgewiesen, und macht sich dessen Argumentation zu eigen. Die Beitragskalkulation sei fehlerfrei.

Er verteidigt insbesondere die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS und führt ergänzend aus, zum einen könne, bezogen auf den beitragsrechtlich relevanten Vorteil, von einer lediglich eingeschossigen Nutzung nicht die Rede sein. Denn die Halle werde von der Klägerin in voller Höhe genutzt. Schon von daher wäre es nicht sachgerecht, die Schiffbauhalle der Klägerin beitragsrechtlich wie ein eingeschossiges Einfamilienhäuschen zu behandeln. Zum anderen stünde selbst dann, wenn die Klägerin damit recht hätte, dass zur Zeit von einer eingeschossigen Nutzung der Werfthalle auszugehen wäre, dies der Rechtmäßigkeit der Regelungen in § 4 Abschnitt I Abs. 4 Nr. 1,2 KBS nicht entgegen. Denn wie ausgeführt sei im B-Plangebiet nicht nur das Maß der aktuellen baulichen Nutzung, sondern auch die nach den Festsetzungen des B-Plans mögliche künftige Entwicklung maßgebend. Hier sei es aufgrund der Festsetzung der Höhe von 75 m der Klägerin auf Dauer möglich, die Schiffbauhalle gegebenenfalls auch anders zu nutzen und dafür der Höhe entsprechende Geschosse in die Halle einzuziehen.

Ergänzend zu den Erwägungen des Verwaltungsgerichts führt der Beklagte aus, er habe vor der Schwierigkeit gestanden, zu bestimmen, wo denn gegebenenfalls die Grenze hätte verlaufen sollen, ab der der Vorteil wegen der steigenden Anzahl der Vollgeschosse nicht mehr zunehme. Sachliche Anhaltspunkte dafür seien bei der im Stadtgebiet der Hansestadt Stralsund vorhandenen Bebauung nicht ersichtlich gewesen.

Das Vorbringen der Klägerin, die Schiffbauhalle der Klägerin welche so gravierend von der übrigen Bebauung der Hansestadt Stralsund ab, dass bereits der äußere Eindruck eine gesonderte (beitragsmäßige) Behandlung verlange, überzeuge nicht. Denn der äußere Eindruck der Schiffbauhalle lasse keinen Schluss darauf zu, dass die maßgeblichen Anknüpfungsmerkmale für die Aufwandsverteilung, insbesondere die Ausnutzbarkeit des Grundstück, hier ungeeignet wären. Allein aus der Tatsache, dass sich für die Klägerin ein besonders hoher Beitrag errechne, lasse sich ebenfalls nicht erschließen, dass hier eine differenzierende Verteilungsregelung hätte getroffen werden müssen. Eine einheitliche Verteilungsregelung sei nicht zu beanstanden, wenn entweder nicht mehr als 10% der betroffenen Grundstücke oder nicht mehr als 10% der gesamten Grundstücksflächen als untypische Fälle von der Norm abwichen. Hier liege sowohl die Zahl der Grundstücke der Klägerin als auch deren Anteil an den gesamten beitragsfähigen Flächen weit unter 10%.

Schließlich habe das Verwaltungsgericht zu Recht den ersten Hilfsantrag abgewiesen. Ein Anspruch auf einen Teilerlass in der geltend gemachten Höhe scheide ebenfalls aus, weil jedenfalls keine Ermessensreduzierung "auf Null" auf einen Teilerlass in bestimmter Höhe gegeben sei.

Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren betreffend die Beitragsbescheide vom 26. August 2003 - 3 B 3491/03 - haben die Beteiligten vor dem Verwaltungsgericht Greifswald einen Vergleich geschlossen, in dem sich die Klägerin verpflichtet hat, 3.000.000,00 € an den Beklagten zu zahlen. Der Beklagte hat im Gegenzug erklärt, die sofortige Vollziehung aller gegen die Klägerin gerichteten Beitragsbescheide bis zur Rechtskraft der Hauptsacheentscheidungen auszusetzen. Erstattungsansprüche im Falle einer Aufhebung der Bescheide seien nicht ausgeschlossen.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Gerichtsakten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg.

Die Berufung der Klägerin ist im Hauptantrag begründet, das angegriffene klageabweisende Teilurteil des Verwaltungsgerichts folglich entsprechend abzuändern.

I. Ihre mit dem Hauptantrag verfolgte - zulässige - Anfechtungsklage ist begründet. Die angefochtenen Beitragsbescheide des Beklagten vom 26. August 2003 - Nr. 60262103 (Flurstück 7/1), Nr. 60262096 (Flurstück 4/1), Nr. 60262129 (Flurstück 15/0,16/0 und 17/0) und Nr. 60262111 (Flurstück 14/0) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 08. März 2004 sowie vom 01. März 2004 - Nr. 60212645 (Flurstück 8/3) und Nr. 60212637 (Flurstück 1/49) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Mai 2004 sind rechtswidrig, verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und sind deshalb aufzuheben. Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass die Aufhebung nicht den im Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2004 (Az. 60212637-Wb/pg) betreffend das Flurstück 1/49 unter B) getroffenen weiteren "Bescheid über eine Sachentscheidung nach § 12 KAG M-V i.V.m.. §§ 163, 227 Abgabenordnung" erfasst.

Die angefochtenen Beitragsbescheide sind mangels einer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderlichen wirksamen Rechtsgrundlage für die Erhebung der Abgabe rechtswidrig. Die Satzung der Hansestadt Stralsund über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und -behandlung (Kanalbaubeitragssatzung - KBS) vom 28. Mai 2002 i.d.F. der Ersten Änderungssatzung vom 10. Januar 2003, auf die die angefochtenen Beitragsbescheide gestützt sind, ist unwirksam. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V muss die Satzung insbesondere den Maßstab angeben. Der Kanalbaubeitragssatzung fehlt eine wirksame Maßstabsregelung.

Soweit der Senat in der Vergangenheit verschiedentlich die Wirksamkeit dieser Kanalbaubeitragssatzung bejaht hat, steht dies der vorliegend getroffenen Entscheidung nicht entgegen. In jenen Verfahren bestand jeweils keine Veranlassung, die Satzung unter den aktuell aufgeworfenen Fragestellungen zu untersuchen. Gegenstand der rechtlichen Überprüfung war im Wesentlichen lediglich die in § 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 3 KBS enthaltene Tiefenbegrenzungsregelung (vgl. z.B. Beschlüsse vom 20. November 2003 - 1 M 180/03 -, 29.0ktober 2003 - 1 M 62/03 - und vom 08. September 2004 - 1 L 254/04 -). Die im Mittelpunkt dieses Verfahrens stehende Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS war demgegenüber bislang nicht Gegenstand einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat.

Die Maßstabsregelung in § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS ist nicht vorteilsgerecht im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V, verstößt gegen das Äquivalenz- und Gleichheitsprinzip, und ist folglich nicht mit höherrangigem Recht vereinbar und unwirksam.

Das Maßstabssystem der Kanalbaubeitragssatzung insgesamt, in das die Maßstabsregelung eingebettet ist, stellt sich wie folgt dar:

§ 4 Abschn. I Abs. 1 KBS bestimmt, dass der Anschlussbeitrag für die Schmutzwasserbeseitigung nach einem nutzungsbezogenen Flächenmaßstab (Vollgeschossmaßstab) berechnet wird. Dabei wird die nach Absatz 3 ermittelte Grundstücksfläche mit dem nach Absatz 2 zu ermittelnden Vollgeschossfaktor vervielfacht. § 4 Abschn. I Abs. 2 KBS regelt hieran anknüpfend, dass der Faktor für das erste Vollgeschoss 0,25 beträgt (Satz 1), für jedes weitere Vollgeschoss wird ein Faktor von 0,15 hinzugerechnet (Satz 2). Als Vollgeschosse gelten alle Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind (Satz 3). Ist die Geschosszahl wegen der Besonderheit des Bauwerks nicht feststellbar, werden jeweils 3,50 m Höhe des Bauwerks als ein Vollgeschoss gerechnet (Satz 4).

§ 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 1 KBS legt - vorliegend interessierend - fest, dass als Grundstücksfläche nach Abs. 1 bei Grundstücken, die insgesamt im Geltungsbereich eines verbindlichen Bauleitplanes (Bebauungsplan, Vorhaben- und Erschließungsplan, vorhabenbezogener Bebauungsplan) liegen, die Gesamtfläche des Grundstücks gilt. Grundstück im Sinne der Satzung ist nach § 3 Abs. 3 KBS grundsätzlich das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne.

§ 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS sieht schließlich vor, dass als Zahl der Vollgeschosse nach Absatz 2 bei Grundstücken, für die im verbindlichen Bauleitplan statt der Zahl der Vollgeschosse die Höhe der baulichen Anlagen festgesetzt ist, die durch 3,5 geteilte höchstzulässige Gebäudehöhe auf ganze Zahlen abgerundet gelte.

Die Anwendung des danach in der Kanalbaubeitragssatzung geregelten kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabes in seiner konkreten Ausformung in § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS führt bezogen auf die Grundstücke in Gestalt der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 zu einer nicht mehr vorteilgerechten Beitragserhebung, die gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitsgrundsatz verstößt:

Die genannten Flurstücke wie auch die übrigen von den streitgegenständlichen Beitragsbescheiden betroffenen Flurstücke/Grundstücke liegen insgesamt im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 30a und damit im Geltungsbereich eines verbindlichen Bauleitplanes der Hansestadt Stralsund im Sinne von § 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 1 KBS; als beitragsfähige Grundstücksfläche gilt folglich jeweils die Gesamtfläche des Grundstücks im bürgerlich-rechtlichen Sinne (§ 3 Abs. 3 KBS).

Der Bebauungsplan Nr. 30a enthält keine Festsetzung der höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse, so dass die Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 1 KBS nicht einschlägig ist. Der Bebauungsplan setzt vielmehr statt der Zahl der Vollgeschosse für bestimmte Teilflächen die Höhe der baulichen Anlagen fest, wobei die höchstzulässige Gebäudehöhe 75 m beträgt. Diesen Fall erfasst die Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS. Sie ordnet insoweit an, dass diese höchstzulässige Gebäudehöhe von 75 m zur Ermittlung einer fiktiven Vollgeschosszahl durch 3,5 zu teilen und das Ergebnis der Division auf ganze Zahlen abzurunden ist; der Divisor von 3,5, der für eine angenommene Vollgeschosshöhe von 3,5 m steht, begegnet dabei keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - IV C 61.75 u.a. -, BVerwGE 57, 240 - zitiert nach juris; vgl. auch § 21 Abs. 4 BauNVO). Daraus ergibt sich bezogen auf die Grundstücke in Gestalt der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 eine Zahl von 21 Vollgeschossen (75 : 3,5 = 21,43, abgerundet 21), die jeweils für die gesamte Grundstücksfläche gilt. Auf dieser Basis hat der Beklagte für das Grundstück in Gestalt des Flurstücks 7/1 den Beitrag in Höhe von 1.070.880,36 Euro, für das Grundstück in der Gestalt des Flurstücks 14/0 den Beitrag in Höhe von 1.193.290,05 Euro und für das Grundstück in Gestalt des Flurstücks 1/49 den Beitrag in Höhe von 4.467.217,76 Euro errechnet.

Nach Maßgabe der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten farbigen Kartendarstellung (Beiakte M) der anteilig betroffenen Flächen werden jedoch lediglich 25.887 m² des insgesamt 218.526 m² großen Flurstücks 1/49 (entspricht 11,85 %), lediglich 4.952 m² des insgesamt 52.385 m² großen Flurstücks 7/1 (entspricht 9,45 %) und lediglich 6.119 m² des insgesamt 58.373 m² großen Flurstücks 14/0 (entspricht 10,48 %) durch die Festsetzung einer Firsthöhe von 75 m und des entsprechenden Vorteils der baulichen Ausnutzbarkeit erfasst.

Die Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS ist damit in diesen Anwendungsfällen bzw. mit Blick auf die besondere Situation der Grundstücke der Klägerin dadurch, dass sie den auf lediglich untergeordnete Teilflächen der Grundstücke beschränkten Vorteil einer baulichen Ausnutzbarkeit in Gestalt der maximalen Firsthöhe von 75 m als anschlussbeitragsrechtlichen Vorteil für die um ein Vielfaches größere Gesamtfläche der Grundstücke definiert, in einem Maße nicht mehr vorteilsgerecht, das nicht mehr aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität unter den Gesichtspunkten erforderlicher Pauschalierung und Typisierung gerechtfertigt werden kann. Eine Lösung im Erlassverfahren nach den §§ 163, 227 AO kommt nicht in Betracht.

Bei der rechtlichen Beurteilung des Maßstabssystems der Kanalbaubeitragssatzung ist allerdings zunächst davon auszugehen, dass ein abgestufter Vollgeschossmaßstab, wie er in § 4 Abschn. I Abs. 1, 2 geregelt ist, als solcher keinen rechtlichen Bedenken begegnet; insoweit kann auf die zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, das insbesondere Rechtsprechung des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern in Bezug nimmt, verwiesen werden. Nichts anderes gilt grundsätzlich für einen kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab, wie er auch vorliegend vom Ortsgesetzgeber gebildet worden ist (vgl. für das Erschließungsbeitragsrecht BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - IV C 61.75 u.a. -, BVerwGE 57, 240 - zitiert nach juris; Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 -, NVwZ 1987, 420; vgl. für das Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen OVG Bautzen, Urt. v. 21.10.1999 - 2 S 551/99 -, SachsVBl. 2000, 65, 68 m.w.N.).

Ebenso steht § 3 Abs. 3 KBS in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern dazu, dass im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen ist (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260; Beschl. v. 12.05.2006 - 1 M 53/06 -; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 26.04.1989 - 9 L 7/89 - NVwZ 1989, 1088 - zitiert nach juris). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Ein einheitliches Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinn ist somit nicht das einzelne Flurstück, sondern das oder die Flurstücke, die unter einer Bestandsnummer im Bestandsverzeichnis eines Grundstücks aufgeführt wird bzw. werden (vgl. Aussprung, in: Aussprung Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 7 Anm. 13.1). Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 20.6.1973 - IV C 62.71 -, BVerwGE 42, 269 - zitiert nach juris; Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 26.04.1989 -9 L 7/89 -, NVwZ 1989, 1088 - zitiert nach juris). Abweichungen vom Begriff des Buchgrundstücks, die wie der Begriff der wirtschaftlichen Einheit auf die tatsächliche Nutzung abstellen, sind kaum eindeutig abgrenzbar und unterliegen laufenden Veränderungen, die Feststellungen für die Vergangenheit erschweren. Die Grundbucheintragung ist demgegenüber eindeutig feststellbar und dies auch für die Vergangenheit (vgl. zum Ganzen OVG Lüneburg, a.a.O.). Ob danach der Beklagte bei den streitgegenständlichen Beitragsbescheiden ggfs. vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff zu Gunsten der Klägerin abgewichen sein könnte, mag dahinstehen, da die Klägerin dadurch jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt worden wäre.

Der Formulierung in § 3 Abs. 3 KBS, Grundstück im Sinne der Satzung sei "grundsätzlich" das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, kommt - das hat das Verwaltungsgericht zutreffend gewürdigt - keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Jedenfalls lässt sich diesem Begriff nicht entnehmen, er erlaube im Einzelfall ein Abweichen vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff. Denn der Begriff "grundsätzlich" ist für sich betrachtet gänzlich konturenlos und zu unbestimmt, um eine Abgabenerhebung determinieren zu können; lediglich insoweit, als die Satzung selbst mögliche Ausnahmefalle hinreichend konkret definiert, kommt eine Abweichung in Betracht. Für ein Abrücken vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff besteht auch angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles aber kein Bedürfnis.

Nimmt man die einschlägige Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS in den Blick, hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 -, NVwZ 1987, 420, 422) zwar ausgeführt, für die Ermittlung des Nutzungsfaktors, mit dem bei Anwendung des kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabs zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der baulichen Nutzung der erschlossenen Grundstücke deren Flächen zu multiplizieren sind, dürfe in einer Erschließungsbeitragssatzung bestimmt werden, dass auf die im Bebauungsplan für ein Grundstück jeweils festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse abzustellen sei.

Hieraus folgt jedoch nicht, dass ein derartiger kombinierter Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab in jeder denkbaren Ausprägung und in allen Situationen mit höherrangigem Recht im Einklang stehen würde. Das Bundesverwaltungsgericht geht in der genannten Entscheidung davon aus, dass das Bundesrecht dem Ortsgesetzgeber insoweit ein weites Bewertungsermessen einräume, macht aber zugleich deutlich, dass die Ausübung dieses Ermessens sich in sachlich vertretbarer Weise am Umfang der Vorteile zu orientieren habe, die einem Grundstück (bzw. dessen Eigentümer) durch die Inanspruchnahmemöglichkeit beitragsfähiger Erschließungsanlagen vermittelt werden. Wenn ein Ortsgesetzgeber anordne, bei unterschiedlichen Vollgeschosszahlen sei für die Bestimmung des Nutzungsfaktors auf die jeweils höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse abzustellen, bewerte er den für das entsprechende Grundstück vermittelten Vorteil beitragsrechtlich in einer Weise, die von dem ihm eingeräumten Ermessen gedeckt sei. Denn mit steigenden Geschosszahlen wüchsen nach der Tabelle des § 17 Abs. 1 BauNVO (a.F.) die Geschossflächenzahlen, die einen Rückschluss auf das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit zuließen. Die jeweils höchstzulässige Geschosszahl habe deshalb vom Ansatz her einen besonderen Aussagewert für die bauliche Ausnutzbarkeit eines erschlossenen Grundstücks, von der ihrerseits das Ausmaß der diesem Grundstück vermittelten Erschließungsvorteile abhänge. Hiervon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht in dem von ihm entschiedenen Fall das Abstellen des Ortsgesetzgebers auf die jeweils höchstzulässige Vollgeschosszahl als sachgerecht beurteilt.

Dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich folglich lediglich entnehmen, dass grundsätzlich ein derartiger Beitragsmaßstab vorteilsgerecht sein kann. Gleichzeitig macht sie jedoch deutlich, dass die Anknüpfung an die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse zwar im Grundsatz zulässig ist, aber im konkreten Geltungsbereich einer Satzung dennoch sachlich vertretbar sein muss. Für die vorliegend aufgeworfene Frage, ob der Ortsgesetzgeber in Abweichung von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Anknüpfung an die höchstzulässige Gebäudehöhe bzw. fiktive Zahl der Vollgeschosse mit Blick auf die von seiner Kanalbaubeitragssatzung erfassten Fälle für atypische Situationen ausnahmsweise gehalten war, eine Modifizierung dieses Maßstabs vorzunehmen, gibt die Entscheidung gerade nichts her.

Diese zentrale Frage ist vielmehr ausgehend vom beitragsrechtlichen Vorteilsprinzip (dazu unter 1.) auch unter Berücksichtung der grundsätzlich für den Ortsgesetzgeber eröffneten Möglichkeit zur Pauschalierung und Typisierung (dazu unter 2.) dahingehend zu beantworten, dass die Regelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS hinsichtlich der von ihr erfassten Fälle eine Modifizierung dieses Maßstabs erfordert hätte. Die vom Verwaltungsgericht bevorzugte Berücksichtigung der besonderen Situation der Grundstücke der Klägerin auf der Ebene der Rechtsanwendung in Gestalt eines möglicherweise in Betracht zu ziehenden Teilerlasses der Beitragsforderung nach Maßgabe des § 227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V kommt nicht in Betracht (dazu unter 3.).

1. Die Beitragserhebung auf der Grundlage des Beitragsmaßstabes des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS ist im Fall der konkreten Beitragserhebung für die drei Grundstücke in der Gestalt der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 nicht vorteilsgerecht.

a) Der beitragsrelevante Vorteil, auf den der Maßstab der Beitragserhebung ausschließlich bezogen sein darf, besteht in der Erhöhung des Gebrauchswertes eines Grundstücks, so dass bei der Maßstabsfindung für Anschlussbeiträge von diesem Ansatz her auf den Umfang der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung abgestellt werden muss. Hierfür bietet die bauliche Ausnutzbarkeit eines Grundstückes einen hinreichenden und anerkannten Aussagewert. Denn unter dem zulässigen Nutzungsmaß ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dasjenige zu verstehen, was unter Berücksichtigung etwaiger öffentlichrechtlicher Baubeschränkungen verwirklicht werden darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.02.1989 - BVerwG 8 C 66.87 -, BVerwGE 81, 251). Zwar ist diese Rechtsprechung zum Erschließungsbeitragsrecht ergangen. Gleichwohl kann sie auf das Kanalanschlussbeitragsrecht angewandt werden. In beiden Fällen ist der Anknüpfungspunkt der baurechtliche Zulässigkeitsbegriff, so dass eine unterschiedliche Handhabung des "zulässigen Nutzungsmaßes" nicht gerechtfertigt ist (vgl. zum Ganzen OVG Schleswig, Urt. v. 21.12.1993 - 2 L 135/92 -, KStZ 1994, 236 - zitiert nach juris).

Auch wenn naturgemäß ein Wirklichkeitsmaßstab den gerechtesten Maßstab zur Abbildung des beitragsrechtlichen Vorteils darstellen würde, darf dabei der Maßstab für die Verteilung der Anschlussbeiträge ein sogenannter Wahrscheinlichkeitsmaßstab sein. Eine Bemessung nach einem Wirklichkeitsmaßstab ließe sich, sofern das überhaupt möglich wäre, allenfalls mit einem unzumutbaren und damit unvertretbaren Verwaltungsaufwand erreichen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.02.1987 - 8 B 106/86 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 28 - zitiert nach juris).

Jedoch müssen auch Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe der typischen Nutzungsmöglichkeit bzw. dem Vorteil Rechnung tragen und einen hinreichend sicheren Schluss darauf zulassen, dass im allgemeinen die wirtschaftlichen Vorteile, die die Möglichkeit des Anschlusses eines Grundstücks an eine kommunale Einrichtung bietet, den Kriterien des Maßstabs entsprechen. Mit anderen Worten: Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab muss in einer hinreichend nahen Beziehung zur Wirklichkeit der durch die abzurechnenden Anlagen vermittelten Vorteile stehen; der durch den Maßstab abgebildete Vorteil muss "wahrscheinlich" der Wirklichkeit entsprechen. Dabei genügt es, wenn sich der Ortsgesetzgeber für einen sachbezogenen Wahrscheinlichkeitsmaßstab entscheidet, der geeignet ist, auf praktikable Weise und ohne unvertretbaren Verwaltungsaufwand den angestrebten Vorteilsausgleich gerecht herbeizuführen. Nach allgemeiner Ansicht ist es dem Satzungsgeber gestattet, an typische Regelfälle eines Sachbereichs anzuknüpfen und die Besonderheiten des Einzelfalles außer Betracht zu lassen. Eine derartige pauschalierende Regelung, die sich aus dem Gesichtspunkt der Praktikabilität rechtfertigt, verletzt als solche auch nicht den Gleichheitssatz. Fehlt es etwa an der ausschließlichen Vorteilsbezogenheit des Maßstabs, so führt dies zwangsläufig auch zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes und des Äquivalenzprinzips. Nach dem Gleichheitssatz muss für die Bemessung des Beitrags ein Maßstab gewählt werden, der bei etwa gleicher Inanspruchnahme etwa gleich hohe Beiträge und bei unterschiedlicher Inanspruchnahme diesen Unterschieden in etwa angemessene Beiträge zur Folge hat. Das Äquivalenzprinzip sagt, dass ein Beitragsmaßstab gefunden werden muss, durch den zwischen Leistung (hier die Schaffung der Anschlussmöglichkeit) und Gegenleistung ein angemessenes Verhältnis hergestellt wird. Der Beitrag darf in keinem Missverhältnis zur Leistung der öffentlichen Hand stehen. Der Gleichheitssatz betrifft somit das Verhältnis der Beitragsschuldner untereinander, das Äquivalenzprinzip das Verhältnis zwischen dem einzelnen Beitragsschuldner und der Gemeinde. Beide Grundsätze sind eng miteinander verknüpft, weil nur ein leistungsgerechter Beitrag auch zu einer gleichmäßigen Belastung der Beitragsschuldner führt. Leistungsbezogen kann ein Beitrag aber nur dann sein, wenn er sich nach den durch die Anschlussmöglichkeit an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung gebotenen Vorteilen bemisst (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Urt. v. 30.06.1980 - II 812/79 -, KStZ 1981, 231, zitiert nach juris).

b) Es ist offensichtlich, dass die betroffenen Grundstücke nicht in ihrer ganzen Fläche mit einer Gebäudehöhe von 75 m durch eine entsprechende Bebauung ausgenutzt werden können. Ebenso offensichtlich ist damit unmittelbar die Frage des beitragsrechtlichen Vorteils angesprochen. Nun ist es aber im Ansatz nichts Außergewöhnliches, dass ein Grundstück nicht mit seiner gesamten Fläche einer - maximalen - baulichen Nutzung zugeführt werden kann; dies ist sogar eher die Regel und ändert nichts daran, dass ein Abstellen auf die in Teilbereichen mögliche höchstzulässige Nutzung als Grundlage der Beitragsbemessung regelmäßig im Sinne der erwähnten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorteilsgerecht und hinreichend wirklichkeitsnah sein kann. Es ist deshalb zugespitzt auf den Beitragsmaßstab des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS zu klären, in welchen Fällen einer beschränkten baulichen Ausnutzbarkeit eine Grenze überschritten wird, ab der die Beitragserhebung nicht mehr als vorteilsgerecht gelten kann bzw. der gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab sich so weit von der Wirklichkeit entfernt hätte, dass er nicht mehr den hinreichend sicheren Schluss auf einen entsprechend angemessenen von der beitragspflichtigen Anlage vermittelten Vorteil zuließe.

c) aa) Nicht mehr vorteilsgerecht ist es in der Tendenz zunächst, wenn eine untergeordnete Teilfläche, für die jedoch bauplanungsrechtlich die höchstzulässige Nutzung - vorliegend in Gestalt der Gebäudehöhe - festgelegt ist, die beitragsrechtlich beachtliche Ausnutzbarkeit der Gesamtfläche bestimmen soll. Je untergeordneter (= kleiner im Verhältnis zur übrigen nutzbaren Fläche) die betreffende Teilfläche ist, umso weniger ist zur Ermittlung des Vorteils der - im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich mögliche - Rückschluss auf das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks im Ganzen gerechtfertigt. Dies ist im Sinne einer Grenzwertbetrachtung umso offensichtlicher, je weiter diese Teilfläche gegen Null geht. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab entfernt sich entsprechend immer mehr von der Wirklichkeit bzw. wird unwahrscheinlicher. In Prozentzahlen quantifizierbar ist der Begriff "untergeordnet" im vorliegenden Kontext nur schwer, schon gar nicht im Sinne einer absoluten Grenze, da - wie die folgenden Erwägungen zeigen - weitere prägende Aspekte eine Rolle spielen (können), die eine solche Grenze in die eine oder andere Richtung verschieben würden. Dem Senat drängt sich jedoch die Annahme auf, dass jedenfalls in dem vorliegenden untypischen Fall einer ca. 300.000 m² großen Gesamtfläche auf der Grundlage der vom Beklagten ermittelten Flächenanteile für die höchstzulässige Gebäudehöhe von 75 m im Bereich zwischen 9,45 % und 11,85 % im vorstehenden Sinne von "untergeordneten" Teilflächen gesprochen werden kann.

bb) Ebenfalls ist es in der Tendenz nicht mehr vorteilsgerecht bzw. wirklichkeitsfern, wenn die Differenz der auf Teilflächen eines Grundstücks verschieden bauplanungsrechtlich festgelegten höchstzulässigen Nutzungen - vorliegend in Gestalt der Gebäudehöhe - sehr groß ist und dennoch ausschließlich das höchste Maß die beitragsrechtlich beachtliche Ausnutzbarkeit der Gesamtfläche bestimmen soll.

Je größer diese Differenz ist, umso weniger ist zur Ermittlung des Vorteils der - im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich mögliche - Rückschluss auf das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks im Ganzen ausschließlich anknüpfend an die -fiktive - höchstzulässige Vollgeschosszahl gerechtfertigt. Dies ist im Sinne einer Grenzwertbetrachtung umso offensichtlicher, je größer die Differenz ist. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab entfernt sich auch insoweit entsprechend immer weiter von der Wirklichkeit bzw. wird unwahrscheinlicher.

cc) Diese tendenzielle Entfernung vom wirklichen durch die beitragspflichtige Anlage vermittelten Vorteil potenziert sich, wenn beide vorstehend erörterten Kriterien einer Vorteilsbewertung nach Maßgabe der Maßstabsregelung kombiniert auftreten: Je größer der Unterschied zwischen der auf einer bloß untergeordneten Teilfläche höchstzulässigen und der auf der im Übrigen weit überwiegenden Fläche eines Grundstücks zulässigen - niedrigeren - Gebäudehöhe ist, umso mehr liegt es auf der Hand, dass eine derartige Kombination von sehr kleiner Teilfläche und sehr großer Differenz verschiedener baulicher Ausnutzbarkeit - hier: Gebäudehöhe - im Ergebnis zu einer nicht mehr vorteilsgerechten Beitragsbemessung führt. Das Ergebnis der Anwendung der Maßstabsregelung stünde nicht mehr in einer hinreichend engen Beziehung zur Wirklichkeit.

Mit Blick auf die Anwendung des Maßstabes des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS auf die angesprochenen Grundstücke der Klägerin, ist - wie gesagt - bereits die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass die Teilflächen der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0, für die die höchstzulässige Firsthöhe von 75 m festgesetzt ist, jeweils flächenbezogen untergeordnet sind. Hinzu kommt die erhebliche Differenz zwischen den unterschiedlich festgesetzten zulässigen Firsthöhen auf den verschiedenen Teilflächen der Flurstücke: Die Differenz beträgt entweder rund 114 % (35 m zu 75 m) für kleinere oder gar 189 % (26 m zu 75 m) für die größeren Restflächen. Die höchst zulässige Firsthöhe ist teilweise mehr als doppelt so hoch, überwiegend fast dreimal so hoch wie in den übrigen Bereichen.

Jedenfalls die Kombination beider Gesichtspunkte führt hier im vorstehenden Sinne zu einer nicht mehr vorteilsgerechten Beitragsbemessung. Diese steht nicht mehr in Einklang mit dem Äquivalenzprinzip: Die Anwendung des Beitragsmaßstabes führt dazu, dass zwischen Leistung (hier die Schaffung der Anschlussmöglichkeit) und Gegenleistung kein angemessenes Verhältnis hergestellt wird. Daraus resultiert zugleich eine mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbarende ungleichmäßige Belastung der Beitragsschuldner im Allgemeinen und der Klägerin im Besonderen.

dd) Die weitere Überlegung, dass die Anknüpfung an die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse prinzipiell umso eher sachgerecht erscheint, je kleiner die betroffenen Grundstücke bzw. "normale" Baugrundstücke betroffen sind, führt erst recht zu dem vorstehend gefundenen Ergebnis: Für eine vergleichsweise kleine Grundstücksfläche spiegeln sich Konstellationen der vorstehend erörterten Art in der absoluten Beitragshöhe naturgemäß tendenziell weniger wider, als es bei atypisch großen Grundstücken wie im Fall der Klägerin anzutreffen ist. Es ist jedoch nicht mehr hinnehmbar, wenn sich ein derartig wirklichkeitsferner Maßstab in der absoluten Beitragshöhe in der Dimension von Millionenbeträgen auswirkt. Hier liegt auch ein wesentlicher Unterschied zu dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1986 - 8 C 9/86 - (a.a.O.) zugrunde liegenden Sachverhalt. Dort betrug die gesamte Grundstücksfläche lediglich 3203 m²; die nur auf einer Teilfläche höchstzulässige Geschosszahl konnte sich schon von daher in der absoluten Beitragshöhe nicht in einem Maße auswirken, das mit dem vorliegenden vergleichbar wäre.

ee) Auch eine Einbeziehung der Regelung des § 17 BauNVO in die Prüfung der Vorteilsgerechtigkeit bestätigt das gefundene Ergebnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 -, a.a.O., zu § 17 BauNVO a.F.). Das Bundesverwaltungsgericht stellt unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsgerechtigkeit maßgeblich darauf ab, dass mit steigenden Geschosszahlen die Geschossflächenzahlen steigen würden. § 17 Abs. 1 BauNVO regelt Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung, die - abgesehen von den in Abs. 2 und 3 geregelten Fällen - nicht überschritten werden dürfen. Die Norm sieht u.a. für Industriegebiete eine Obergrenze von 2,4 für die Geschossflächenzahl (GFZ) vor; ein derartiges Industriegebiet setzt der Bebauungsplan Nr. 30a fest.

Nach Maßgabe der vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 07. Juni 2005 angestellten Berechnung führt die der Beitragsberechnung zugrunde liegende Anwendung der streitigen Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS für die Flurstücke/Grundstücke 14/0, 7/1 und 1/49 jeweils zu einer - fiktiven - GFZ von 16,8 und für die Flurstücke/Grundstücke 4/1, 15/0, 16/0, 17/0 und 8/3 zu einer GFZ von 5,6. Aus der Anwendung der Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS auf die Flurstücke 14/0, 7/1 und 1/49 folgt demnach eine GFZ, die das Siebenfache der nach der BauNVO zulässigen Obergrenze, von der nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von § 17 Abs. 2, 3 BauNVO abgewichen werden kann, beträgt. Selbst wenn man die Obergrenzen nach der BauNVO - worauf schon die möglichen Ausnahmen hindeuten - nicht für die Bildung des anschlussbeitragsrechtlichen Beitragsmaßstabes und die Ergebnisse seiner Anwendung als "zentimetergenau" bindend betrachten kann, können sie doch jedenfalls als grobe Orientierungshilfe im Rahmen einer Überprüfung der vorteilsgerechten Beitragsbemessung Berücksichtigung finden, da sie das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit nicht unwesentlich begrenzen. Hiervon ausgehend drängt sich die Schlussfolgerung geradezu auf, dass eine - fiktive - Überschreitung der Obergrenze nach der BauNVO um 600 % schlicht "den Rahmen sprengt" und auch insoweit der Wahrscheinlichkeitsmaßstab der Satzung eine hinreichende Anbindung an die Realität der baulichen Ausnutzbarkeit bzw. des vermittelten Vorteils verloren hat.

ff) Schließlich vermitteln sowohl die vom Beklagten zur Gerichtsakte gereichte Begründung des Bebauungsplanes Nr. 30a wie auch die in dem Plan selbst enthaltenen Festsetzungen dem Senat den Eindruck, dass dieser in einer Weise individuell auf die Bedürfnisse der Klägerin und ihres Werftbetriebs zugeschnitten ist, die es ausschließt, dass der Ortsgesetzgeber bei der Beschlussfassung über den Plan von der Vorstellung ausgegangen sein könnte, zukünftig könnte die Klägerin - unter dem Blickwinkel eines durch den Bebauungsplan vermittelten Dauervorteils - selbst oder an ihrer Stelle ein Dritter mit Blick auf die höchstzulässige Gebäudehöhe von 75 m tatsächlich ein Gebäude mit 21 echten, nicht lediglich fiktiven Vollgeschossen errichten und einen entsprechenden Vorteil baulicher Ausnutzung verwirklichen. Insbesondere die Ausführungen unter 7.1 der Begründung zeigen vielmehr, dass dem Ortsgesetzgeber erkennbar Werfthallen vor Augen standen, für die offensichtlich nicht ohne weiteres von einer Steigerung des abwasserbeitragsrechtlichen Vorteils mit zunehmender Höhe der jeweiligen Halle ausgegangen werden kann, weil sie im Wesentlichen lediglich Luft umbauen. Noch plakativer wird dieser Sachverhalt im Teil B Textliche Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 30a unter Ziff. 7 verdeutlicht: Danach gilt für Fassaden oberhalb von 35 m über Oberkante Kaimauer, dass Fenster und andere lichtdurchlässige Fassadenöffnungen unzulässig sind, wobei hiervon abweichend maximal vier Treppentürme mit Lichtbändern zulässig sind (Abs. 1). In den GI-Gebieten mit einer festgesetzten Firsthöhe von 75 m sind Werbeanlagen nur dergestalt zulässig, dass an jeder Längsseite der Gebäude ein Schriftzug "V...werft..." nach näherer Spezifizierung angebracht werden darf (Abs. 2). Dies alles verbietet - entgegen den Ausführungen des Beklagten - die Annahme, der Ortsgesetzgeber habe mit der Festsetzung der maximalen Firsthöhe von 75 m dem betroffenen Grundstückseigentümer einen Vorteil der baulichen Ausnutzbarkeit dergestalt vermitteln wollen, dass dort echte 21 Vollgeschosse im Sinne der Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS zulässig errichtet werden könnten. Verhält es sich aber so, dann "passt" die Maßstabsregelung auch insoweit nicht bzw. ist sie auch insoweit nicht vorteilsgerecht. Der Ortsgesetzgeber hätte insoweit die an die Situation und Bedürfnisse der Klägerin angepasste Bauleitplanung durch einen entsprechenden Maßstab auch anschlussbeitragsrechtlich vorteilsgerecht "fortschreiben" müssen.

d) Wenn demgenüber das Verwaltungsgericht zur Frage der Vorteilsgerechtigkeit meint, es liege weniger ein Problem der Norm als vielmehr ein Problem des Grundstückszuschnitts vor, die Klägerin hätte mehrere Jahre Zeit gehabt, die Grundstückszuschnitte den Festsetzungen des Bebauungsplanes anzupassen, ohne dass darin ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 42 Abs. 1 AO zu erblicken gewesen wäre, kann dem schon im Ansatz nicht gefolgt werden.

Die Klägerin hat einen gesetzlichen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) und durch das Willkürverbot verfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch darauf, dass die ihr gegenüber erfolgende Beitragserhebung vorteilsgerecht ist. Stellt sich die Beitragserhebung gegenüber der Klägerin nicht als vorteilsgerecht dar - immerhin sieht auch das Verwaltungsgericht hier ein "Problem", auch wenn es "weniger" ein Problem der Norm sein soll -, ist es nicht ihre Aufgabe als Beitragspflichtige, durch einen entsprechenden Zuschnitt ihrer Grundstücke dafür zu sorgen, dass der Beklagte entsprechend seiner diesbezüglichen gesetzlichen Bindung vorteilsgerecht Beiträge erheben kann. Im Gegenteil muss der vom Beklagten zugrunde gelegte Beitragsmaßstab eine möglichst wirklichkeitsnahe und vorteilsgerechte Abgabenbelastung der Klägerin gewährleisten. Insoweit bestehen ausschließlich Rechtspflichten der Abgaben erhebenden Körperschaft. Eine - vom Verwaltungsgericht wohl im Sinne einer Obliegenheit formulierte - Verpflichtung der Klägerin, den Grundstückszuschnitt zu verändern, existiert nicht.

Zu bedenken ist ferner, dass - was das Verwaltungsgericht gesehen hat - die der Klägerin angesonnene Umgestaltung die Vorschrift des § 42 Abs. 1 AO i.V.m. § 12 AO auf den Plan ruft. Die "Umgestaltung" könnte durchaus als "Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts" bewertet werden (vgl. die entsprechenden Überlegen im Bereich des Beklagten im Vorfeld der Satzung, BA Bl). Selbst wenn man eine "Umgestaltung" nicht von vornherein als missbräuchlich bewerten wollte, wäre die Klägerin doch insoweit einem unkalkulierbaren Risiko unterlegen, ob diese Umgestaltung letztlich rechtlich in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Sinne zulässig sein würde. Schon unter diesem Blickwinkel konnte von der Klägerin eine derartige Umgestaltung nicht erwartet werden.

Mit Blick auf die Geltung des bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs dürfte sich zudem ein veränderter Zuschnitt der Flurstücke beitragsrechtlich nicht auswirken können, wenn - was nahe liegt - die neugebildeten Flurstücke weiter unter einer laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis des Grundbuches stünden. Schließlich hätte eine Umgestaltung - mit ungewissem Erfolg - für die Klägerin nicht unerhebliche Kosten verursacht (Neuvermessung, Grundbuchanpassung, etc.).

2. Auch der Gesichtspunkt, dass der Ortsgesetzgeber im Abgabenrecht grundsätzlich pauschalieren und typisieren darf, rechtfertigt nicht die Annahme, es handele sich bei den nicht vorteilsgerechten Auswirkungen der Regelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS auf die Grundstücke der Klägerin um einen hinzunehmenden Sonderfall, der die Wirksamkeit des Beitragsmaßstabes nicht berührte.

a) Als Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit vom Normgeber die Gleichbehandlung der Abgabenpflichtigen und fordert für Differenzierungen wesentlich gleicher oder die Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte einen sachlich einleuchtenden und hinreichend gewichtigen Grund (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 28.03.1995 - 8 N 3.93 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 75 - zitiert nach juris). Dabei ist für das Abgabenrecht anerkannt, dass Typisierungen und Pauschalierungen - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt sein können (BVerwG, Beschl. v. 28.03.1995 - a.a.O.; vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 29.09.2004 - 10 C 3/04 -, NVwZ 2005, 332 - zitiert nach juris).

Dem (Orts-)Gesetzgeber ist es bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen gestattet, in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 - 8 C 48.81 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 45 und v. 25.08.1982 - 8 C 54.81 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 20 - jeweils zitiert nach juris). Im Abgabenrecht gilt insoweit der Grundsatz der Praktikabilität im Sinne einer unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu verstehenden Unzumutbarkeit für den Satzungsgeber. Nach dem Grundsatz der Praktikabilität darf der Satzungsgeber im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes berücksichtigen, dass seine Satzungsregelungen den praktischen Erfordernissen der Verwaltung Rechnung tragen müssen, damit die Abgabengerechtigkeit und die Genauigkeit der Abgabenbemessung einerseits sowie der Verwaltungsaufwand, der zur Verwirklichung dieses Zieles erforderlich ist, andererseits in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Die Rechtfertigung hierfür wird hergeleitet aus der Notwendigkeit, Massenvorgänge des Wirtschaftslebens angemessen verwaltungsmäßig zu bewältigen und zum anderen aus besonderen, unverhältnismäßigen Schwierigkeiten, vor allem technischer oder wirtschaftlicher Art, in manchen Bereichen die Abgabe nach einem individuellen, allen Gegebenheiten der Einzelsachverhalte Rechnung tragenden Wirklichkeitsmaßstab zu bemessen. Zu diesen Massenvorgängen zählen auch die Beitragsermittlung und Beitragserhebung für Anschlüsse an die öffentliche Abwasseranlage, weil sie sämtliche Grundstücke innerhalb eines Gemeindegebietes betrifft (vgl. zum Ganzen OVG Schleswig, Urt. v. 21.12.1993 - 2 L 135/92 -, KStZ 1994, 236 - zitiert nach juris).

Eine Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte ist vor diesem Hintergrund nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unerheblich, wenn bei ihrer Bewertung eine der beiden davon betroffenen Fallgruppen deshalb vernachlässigt werden dürfte, weil sie bei der unvermeidbar typisierenden Betrachtung nicht ins Gewicht fallt (sog. Grundsatz der Typengerechtigkeit). Dieser Grundsatz der Typengerechtigkeit gestattet dem (Orts-)Gesetzgeber, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfalle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.1982 - 8 C 54.81 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 20 - zitiert nach juris; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 18.05.1971 - 1 BvL 7/69 u. 1 BvL 8/69 -, BVerfGE 31, 119 - zitiert nach juris). Dieser Grundsatz vermag die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte indessen nur so lange zu rechtfertigen, als nicht mehr als 10 v.H. der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231 - zitiert nach juris).

Ein Maßstab ist aber dann rechtswidrig, wenn die Vorteile der typisierenden Betrachtungsweise nicht mehr in einem vertretbaren Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.05.1971 - 1 BvL 7/69 u. 1 BvL 8/69 -, a.a.O.; vgl. auch Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 2 Anm. 3.3.3).

b) Zur Frage der Verwaltungspraktikabilität ist zunächst anzumerken, dass ein Maßstab, der den Aspekt der "untergeordneten" höchstzulässigen Nutzung eines Grundstücks aufgreift und berücksichtigt, nicht wegen des damit einhergehenden zusätzlichen Prüfungsbedarfs unpraktikabel sein dürfte. Die Kanalbaubeitragssatzung selbst verwendet den Begriff "untergeordnet" auch in § 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 5 und Abs. 4 Nr. 8 KBS und verlangt folglich auch dort entsprechende Prüfungen.

Zu der im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Typengerechtigkeit zunächst maßgeblichen Frage, wieviele Grundstücke im Satzungsgebiet die Situation aufweisen, dass verschiedene zulässige Vollgeschosszahlen oder Gebäudehöhen festgesetzt worden sind, wobei die höchstzulässige Vollgeschosszahl oder Gebäudehöhe eine untergeordnete Teilfläche betrifft und der Unterschied der entsprechenden baulichen Ausnutzbarkeit sich in etwa so darstellt, wie im vorliegenden Fall, liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Hierauf kommt es letztendlich jedoch auch nicht an.

Der Senat ist nämlich im Hinblick auf den Grundsatz der Typengerechtigkeit - entsprechend dem Vorbringen der Klägerin - der Auffassung, dass die insoweit maßgebliche 10 % - Grenze nach Sinn und Zweck dieses Grundsatzes vorliegend jedenfalls hinsichtlich des durch die Beitragserhebung gegenüber der Klägerin betroffenen Anteils am Gesamtbeitragsaufkommen für die abgerechnete Anlage nach Maßgabe der entsprechenden Kalkulation überschritten worden ist: Die Beitragskalkulation der Hansestadt Stralsund legt ein Gesamtbeitragsaufkommen im Bereich der Schmutzwasserbeseitigung von 77.631.525,49 DM = 39.692.368,71 Euro zugrunde. Hiervon entfallen nach Maßgabe der angefochtenen Bescheide auf die Klägerin Beiträge in Höhe von insgesamt 6.859.160,71 Euro, was 17,28 % und damit deutlich mehr als 10 % des gesamten Beitragsaufkommens entspricht. Selbst wenn man den Blick insoweit auf die Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 verengen muss, ist ein Beitragsvolumen von 6.731.388,17 Euro betroffen, was 16,96 % entspricht. Insoweit kann offensichtlich keine Rede davon sein, diesem Sachverhalt komme kein Gewicht bei. Dem Grundsatz der Typengerechtigkeit ist deshalb derart Geltung zu verschaffen, dass eine Maßstabsregelung nicht für etwa 17 % des gesamten Beitragsaufkommens keinen vorteilsgerechten Maßstab enthalten darf. Deshalb kann die Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit keinen Bestand haben.

Unabhängig hiervon stehen die Vorteile der typisierenden Betrachtungsweise in Anbetracht der Erwägungen zur fehlenden Vorteilsgerechtigkeit, insbesondere auch der Dimensionen des von der Klägerin für die betreffenden Grundstücke erhobenen Beitrags der absoluten Höhe nach und dessen Anteil am Gesamtbeitragsaufkommen nicht mehr in einem vertretbaren Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung. Dem Gebot der Abgabengleichheit kann zwar - wie ausgeführt - im Prinzip durch Auswahl eines gröberen bzw. ungenaueren Verteilungsmaßstabes wie insbesondere eines kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabes hinreichend Rechnung getragen werden; dieser muss im Hinblick auf eine unterschiedliche Bebauung in dem abzurechnenden Gebiet jedoch entsprechende Sonderregelungen enthalten, die die dargestellten erheblichen Abweichungen in der baulichen Nutzbarkeit der Grundstücke dennoch zu erfassen und dem Differenzierungsgebot entsprechend zu berücksichtigen vermögen (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 21.10.1999 - 2 S 551/99 -, VwRR MO 2000, 91, 95; VG Gera, Beschl. v. 10.03.2007 - 5 E 1569/96.GE - juris). Dabei sind an die Genauigkeit der Differenzierungsmerkmale grundsätzlich um so höhere Anforderungen zu stellen, je unterschiedlicher das durch die Anlage erschlossene Gebiet bebaubar bzw. nutzbar ist (vgl. VG Gera, Beschl. v. 10.03.2007 - 5 E 1569/96.GE - Juris). Ungenauigkeiten, die bei der Ausgestaltung des Beitragsmaßstabes unter Praktikabilitätsgesichtspunkten und unter Berücksichtung des dem Ortsgesetzgeber zukommenden Ermessens im Prinzip unschädlich sind, sind nur soweit hinnehmbar, als sie kein Ausmaß annehmen, das einen hinreichend engen Bezug zwischen typischerweise zu erwartendem Abwasseranfall und als beitragsrelevant angesehener baulicher Ausnutzbarkeit verloren gehen ließe (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 29.11.1996 - 9 L 1151/95 -, juris; VG Gera, Beschl. v. 10.03.2007 - 5 E 1569/96.GE -, juris; vgl. auch die Senatsentscheidung vom 13.12.2005 - 1 M 277/04 -, juris, zum Ausbaubeitragsrecht). Das Ausmaß der aus der Anwendung des in Rede stehenden Beitragsmaßstabes folgenden Ungleichbehandlung bzw. der Unvereinbarkeit mit dem Äquivalenzprinzip im Falle der betreffenden Grundstücke der Klägerin kann insoweit nach Maßgabe der Ausführungen zur Verletzung des Vorteilsprinzips nicht mehr als unschädliche bloße Ungenauigkeit hingenommen werden.

Dass die Ungleichbehandlung unvertretbar ist, gilt umso mehr, berücksichtigt man im Vergleich zum Anteil der Klägerin am Gesamtbeitragsaufwand zusätzlich, dass die Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 lediglich 329.284 m² und damit nur 2,95 % der gesamten beitragsfähige Fläche der Hansestadt Stralsund von - ausweislich der Beitragskalkulation - 11.146.205 m² umfassen. Der Kläranlage hat die Klägerin in den Jahren 2004 bis 2006 lediglich in der Größenordnung von gut 1 % der Gesamtabwassermenge, die über Abwassergebührenbescheide abgerechnet worden sind, eigenes Abwasser zugeführt. Auch wenn grundsätzlich zur Bestimmung des abgabenrechtlich relevanten Vorteils nicht nur auf die aktuelle tatsächliche Ausnutzung eines Grundstücks abgestellt werden kann, ist auch unter Berücksichtigung des durch den Bebauungsplan Nr. 30a vermittelten Dauervorteils - wie ausgeführt - zu beachten, dass die baurechtliche Zulässigkeit einer anderen als der aktuellen Nutzung durch die Klägerin und insbesondere einer abwasserintensiveren doch erheblichen Zweifeln unterliegt.

3. Die vom Verwaltungsgericht bevorzugte Berücksichtigung der atypischen Situation der Grundstücke der Klägerin auf der Ebene der Rechtsanwendung in Gestalt eines möglicherweise in Betracht kommenden Teilerlasses der Beitragsforderung nach Maßgabe des § 227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V kommt nicht in Betracht.

Erstens würde eine für die Klägerin positive Erlasslösung dazu führen, dass in Höhe des Erlasses der allgemeine Haushalt der Hansestadt Stralsund belastet und damit Herstellungskosten der Abwasserentsorgung der Allgemeinheit aufgebürdet würden. Dies ist zwar, wie schon der Verweis des § 12 Abs. 1 KAG auf die §§ 163, 227 AO zeigt, an sich grundsätzlich unbedenklich. Da jedoch der im Raum stehende (Teil-)Erlass etwa 17 % des gesamten Beitragsaufkommens bzw. ein Beitragsvolumen in Millionenhöhe betrifft, erscheint es systemwidrig, in einem derartigen Umfang dann alle Einwohner der Hansestadt Stralsund, also nicht nur die Beitragspflichtigen, für den erlassenen Teilbetrag aufkommen zu lassen. Ein theoretischer Erlass in diesem Umfang stünde nicht im Einklang mit dem Prinzip, dass der Herstellungsaufwand durch Anschlussbeiträge gedeckt werden soll (§ 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V).

Zweitens setzt eine wirksame Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung eines Beitrages voraus, dass der Ortsgesetzgeber den eigentlichen Abgabentatbestand in der Abgabensatzung umschreibt (§ 2 Abs. 1 KAG M-V). Das bedeutet, dass der Ortsgesetzgeber gewissermaßen im Sinne einer abgabenrechtlichen "Wesentlichkeitstheorie" alle für die Deckung des Herstellungsaufwandes wesentlichen Regelungen in der Satzung selbst regeln muss. Dies besagt im Prinzip auch der Grundsatz der konkreten Vollständigkeit, demzufolge eine Abgabensatzung für alle Beitragsfalle im Beitragsgebiet einen wirksamen Maßstab vorsehen muss. Der Ortsgesetzgeber kann dann aber nicht ein Beitragsvolumen von etwa 17 % des gesamten Beitragsaufkommens einer durch ihn nicht weiter determinierten Verwaltungsentscheidung im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung überantworten, sondern muss diese wesentliche Frage für die Deckung des Herstellungsaufwandes durch Beiträge der Beitragspflichtigen in einer entsprechenden Maßstabsregelung mit den daran anknüpfenden Folgen insbesondere für den Beitragssatz bzw. die Verteilung der Beitragslasten selbst entscheiden. Es geht nicht an, Entscheidungen mit derartig gravierenden Folgen für die Refinanzierung der kommunalen Einrichtung der Verwaltung zu überlassen, ohne sie ortsrechtlich hinreichend zu determinieren. Dies zeigen auch die kommunalverfassungsrechtlichen Bestimmungen zur Haushaltsplanung bzw. Haushaltssatzung (vgl. §§ 46 ff. KV M-V).

Abgesehen davon, dass fraglich ist, ob die Voraussetzungen der §§ 163 und 227 AO erfüllt wären - die Materialien zur Entstehungsgeschichte der Satzung zeigen, dass der Satzungsgeber das Ergebnis der Satzungsanwendung für die klägerischen Grundstücke gesehen und gewollt hat -, räumen diese Vorschriften der Verwaltung drittens Ermessen hinsichtlich der Erlassentscheidung ein, was - auch wenn das Ermessen durch die Billigkeitsentscheidung geprägt wird (vgl. Rüsken, in: Klein, AO, 9. Aufl., § 163 Rn. 118, § 227 Rn. 17) - jedenfalls mit Blick auf die in Rede stehenden Beträge dem Grundsatz der gesetzlichen Bindung der Beitragserhebung widerspricht.

4. Da der unwirksame Beitragsmaßstab des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS allen angefochtenen Beitragsbescheiden zugrundeliegt, waren sämtliche Bescheide aufzuheben.

Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen kommt es auf die Fragen der ordnungsgemäßen Beitragskalkulation, einer Zulässigkeit oder Erforderlichkeit einer sog. Kappungsgrenze, der Vergleichbarkeit einer Werfthalle mit einer Kirche und die im Zusammenhang mit der Rechtsanwendung aufgeworfenen Fragen nicht mehr an.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Klage im Hauptantrag erfolgreich war und folglich damit die Rechtshängigkeit des zweiten Hilfsantrages, der nicht vom Teilurteil des Verwaltungsgerichts erfasst ist, weggefallen ist, hatte der Senat auch eine Kostenentscheidung zu treffen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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