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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 15.07.2003
Aktenzeichen: 1 M 60/03
Rechtsgebiete: KV M-V, Beitragssatzung, KAG M-V, VwGO, GKG


Vorschriften:

KV M-V § 22 Abs. 3 Nr. 11
Beitragssatzung § 4
Beitragssatzung § 3 Abs. 2
Beitragssatzung § 3 Abs. 4f
KAG M-V § 8 Abs. 9
KAG M-V § 8 Abs. 8
VwGO § 80 Abs. 4 Satz 3
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 154 Abs. 1
GKG § 13 Abs. 1
GKG § 14 Abs. 1
GKG § 20 Abs. 3
Ein erkennbar für das konkret veranlagte Grundstück gezahlter so genannter Baukostenzuschuss ist nicht als "Zuschüsse Dritter" im Rahmen der Beitragskalkulation zu verbuchen.

Die Frage, welche Wirkungen ein Fehler bei der Kalkulation kommunaler Beiträge und Gebühren nach sich zieht, ist vorrangig eine Frage des Landesrechts.

An der bisherigen ständigen Rechtsprechung, wonach das Nichtvorliegen einer Abgabenkalkulation in der Regel zur Nichtigkeit der Satzung führt, wird festgehalten. Die gerichtliche Überprüfung einer Abgabenkalkulation bezieht sich nicht nur auf eine bloße rechnerische "Ergebniskontrolle" (so genannte Ergebnisrichtigkeitstheorie). Es ist vielmehr der Inhaltsrichtigkeitstheorie zu folgen.

Das Landesrecht Mecklenburg-Vorpommerns schränkt den Prognosespielraum des Ortsgesetzgebers durch § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V, wonach "die Ermittlung des Satzes der öffentlichen Abgaben und die Festsetzung allgemeiner privatrechtlicher Entgelte" in die ausschließliche Zuständigkeit der Vertretungen fallen, ein. Damit ist ein Element des Satzungsverfahrens verselbstständigt und unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.

Die landesrechtliche Regelung des § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V und die o.g. Auslegung des Landesrechts stehen mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung) in Einklang.

Die Frage des Deckungsgrades, d.h. dass der Ortsgesetzgeber bei seiner Beschlussfassung über die Beitragssatzung einen Beitragssatz unterhalb des möglichen 100%igen Satzes beschlossen hat, ist für die Frage, ob eine Kalkulation vorliegen muss, rechtlich irrelevant.

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Maßstab als zulässig anzusehen ist, ist stets auf die Verhältnisse im jeweiligen Geltungsbereich der (Beitrags-)Satzung abzustellen.


....

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin werden die Ziffern 1 und 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 10. April 2003 - 3 B 364/03 - geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. November 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2003 wird angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 45.201,06 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist (Mit-)Eigentümerin des Grundstückes Flurstücke 15/13, 15/15, 15/16 der Flur 1 in der Gemarkung S.-dorf. Pächter dieses Grundstücks ist die O.-C. S.-dorf GmbH, die dort einen Campingplatz betreibt.

Durch "Rechnung" vom 23. August 1996 forderte der Antragsgegner von der O.-Camp S.-dorf GmbH einen Baukostenzuschuss in Höhe von 250.000,00 DM für das Vorhaben "Abwasserentsorgung U.". In den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners wurde die GmbH als "Beitragspflichtige" geführt. Der Betrag wurde - soweit ersichtlich - gezahlt.

Am 18. September 2001 beschloss die Verbandsversammlung des Antragsgegners die Schmutzwasserbeseitigungssatzung für Anlagen ohne dritte Reinigungsstufe - Beitragssatzung. Bei der Beschlussfassung lag der Verbandsversammlung die Schmutzwasserbeitragskalkulation 1992 bis 2009 vor. Diese ermittelte eine 100%ige Deckung bei einem Beitragssatz von 5,39 Euro/m2, eine 80%igen Deckung bei 4,31 Euro/m2. In § 4 der Beitragssatzung wurde ein Beitragssatz von 4,30 Euro/m2 festgelegt. Die Satzung wurde im Amtsblatt des Landkreises R. Nr. 75 vom 18. Oktober 2001 veröffentlicht. Ihr In-Kraft-Treten wurde zum 01. Januar 2002 bestimmt (§ 13 Beitragssatzung).

Bereits vor In-Kraft-Treten der o.g. Beitragssatzung beschloss die Verbandsversammlung am 12. Dezember 2001 eine Satzungsänderung. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Änderung des § 3 Abs. 2, der nunmehr einen ab dem zweiten Vollgeschoss linearen Maßstab vorsieht. Ferner wurde § 3 Abs. 4f Beitragssatzung geändert. Unter anderem bei Campingplätzen wird -statt 50% der Grundstücksfläche - nunmehr 50% der genutzten Grundstücksfläche in Ansatz gebracht. Bei der Beschlussfassung der Verbandsversammlung lag ihr keine (neue) Kalkulation vor. Das In-Kraft-Treten der Änderungssatzung wurde gleichfalls auf den 01. Januar 2002 bestimmt. Die Änderungssatzung wurde im Amtsblatt des Landkreises Rügen Nr. 77 vom 17. Dezember 2001 veröffentlicht.

Durch Bescheid vom 19. November 2002 zog der Antragsgegner die Antragstellerin zu einem Schmutzwasserkanalbaubeitrag für die Anlage S.-dorf, das heißt für die Flurstücke 15/13, 15/15 und 15/16 der Flur 1 in Gemarkung S.-dorf heran. Der Antragsgegner ermittelte den Beitrag in folgender Weise: Er brachte zunächst die Flächen der drei Flurstücke von insgesamt 84.095 m2 in Ansatz. Dann reduzierte er unter Anwendung des § 3 Abs. 4f Beitragssatzung diese Fläche auf die Hälfte und multiplizierte sie mit dem Beitragssatz von 4,30 Euro/m2, sodass sich ein Beitrag in Höhe von 180.804,25 Euro ermittelte.

Unter dem 02. Dezember 2002 legte die Antragstellerin Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

Zur Begründung des Widerspruches legte die Antragstellerin im Wesentlichen dar: Die der Beschlussfassung über die Änderungssatzung vom 12. Dezember 2001 zugrunde liegende Kalkulation hätte aktualisiert werden müssen, da neben der Regelung für Campingplätze auch der bisherige Vollgeschossmaßstab durch den Satzungsbeschluss erheblich verändert worden sei. Zu klären bleibe, ob die Beitragsschuld für das herangezogene Grundstück nicht bereits vor In-Kraft-Treten der Satzung abgelöst worden sei. Es werde auf das Schreiben vom 23. August 1996 verwiesen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2003 wies der Antragsgegner den Widerspruch als zulässig, aber unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, eine Aktualisierung der Kalkulation sei nicht erforderlich gewesen, weil keine erheblichen Veränderungen im Vergleich zu der Satzung in der Ursprungsfassung erfolgt seien. Zum einen seien die Flächenänderungen nur geringfügig. Zum anderen habe die beschlossene Beitragssatzung einen ohnehin nur "gekappten" Teil des rechnerisch richtigen Beitragssatzes berücksichtigt. Zur Rechnung vom August 1996 sei auszuführen: Eine Ablösung des Beitrages könne lediglich durch eine Zahlung, nicht aber durch eine Rechnungstellung erfolgt sein. Zudem lege § 8 Abs. 9 KAG nahe, dass Ablösungsvereinbarungen nur mit dem späteren Beitragspflichtigen möglich seien. Schließlich seien zwar in der Tat Zahlungen der O.-Camp S.-dorf GmbH geflossen. Diese erreichten jedoch nicht die Höhe des in Rede stehenden Beitrages und seien zudem buchhalterisch als Zuschüsse Dritter zu behandeln gewesen, was auch geschehen sei. Der Aussetzungsantrag werde zurückgewiesen.

Am 25. Februar 2003 hat die Antragstellerin Klage zur Hauptsache erhoben, die unter dem Aktenzeichen 3 A 363/03 noch beim Verwaltungsgericht anhängig ist. Zugleich hat sie um die Gewährung vorläufigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht.

Zur Begründung ihres Aussetzungsantrages hat die Antragstellerin unter anderem vertieft, dass der Verbandsversammlung bei ihrer Beschlussfassung am 12. Dezember 2001 keine Beitragskalkulation vorgelegen habe. Bei diesem Satzungsbeschluss handele es sich um mehr als eine so genannte "redaktionelle Änderung" i.S. der Rechtsprechung des OVG Greifswald. Zur Glaubhaftmachung, dass bei der Beschlussfassung am 12. Dezember 2001 keine Beitragskalkulation vorgelegen habe, legt die Antragstellerin eine eidesstattliche Versicherung des Assessor jur. C. P. vor. Zudem verweist die Antragstellerin darauf, dass der Antragsgegner für die Abwasserentsorgung des streitigen Grundstückes bereits einen Betrag von 250.000,00 DM von der Betreiberin des Campingplatzes eingefordert habe.

Durch Beschluss vom 10. April 2003 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beitragssatzung in der am 12. Dezember 2001 beschlossenen Fassung sei gültig. Dies gelte insbesondere für den Vollgeschossmaßstab in § 3 Abs. 2.

Der Beitragssatz von 4,30 Euro/m2 beruhe auf der Schmutzwasserbeitragskalkulation 1992 bis 2009. Soweit die Antragstellerin ohne nähere Begründung bestreite, dass ein von der Firma O.Camp S.-dorf GmbH an den Antragsgegner gezahlter Baukostenzuschuss in Höhe von 250.000,00 DM in der Kalkulation berücksichtigt worden sei, sei dieses Vorbringen zu unsubstanziiert, um im Rahmen des Eilverfahrens Beachtung zu finden. Der Antragsgegner habe im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dieser Betrag sei als "Zuschüsse Dritter" im Rahmen der Kalkulation aufwandsmindernd berücksichtigt worden.

Der Beitragssatz sei auch nicht durch den Beschluss der Änderungssatzung fehlerhaft geworden. Die Kammer gehe zwar davon aus, dass die Kalkulation der Verbandsversammlung bei der am 12. Dezember 2001 erfolgten Beschlussfassung der Änderungssatzung nicht erneut vorgelegen habe. Auch wenn durch die Änderungssatzung Regelungen des Beitragssatzes modifiziert worden seien, so hätten die veränderten Maßstabsregelungen nur geringfügige Auswirkungen auf die Anzahl der Beitragseinheiten. Zu berücksichtigen sei, dass die Verbandsversammlung einen Deckungsgrad von lediglich 80% beschlossen habe. Die Kammer verkenne dabei nicht, dass die dargestellte Rechtsauffassung nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des OVG Greifswald stehe (Urteil vom 15.11.2002 - 4 K 8/99 -). Die Kammer gehe jedoch davon aus, dass dieser Entscheidung durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.04.2002 - 9 CN 1.01 -) der Boden entzogen sei.

Der Antrag wäre aber auch dann abzulehnen, wenn mit der Antragstellerin davon auszugehen sei, dass der Beitragssatz in Folge der Veränderung der Maßstabsregelungen fehlerhaft geworden sei. Dann sei zwar die Änderungssatzung, nicht aber die am 18. September 2001 beschlossene Ursprungssatzung fehlerhaft. Auch der in der Ursprungssatzung gewählte Vollgeschossmaßstab sei rechtlich zulässig. Anhaltspunkte dafür, dass im Geltungsbereich der Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung für Anlagen ohne dritte Reinigungsstufe im Außenbereich (§ 35 BauGB) gelegene Campingplätze vorhanden seien, mit der Folge, dass die Regelung des § 3 Abs. 4f in der Ursprungsfassung unvollständig und in diesem Sinne fehlerhaft wäre, seien ebenfalls nicht ersichtlich.

Der Beschluss ist der Antragstellerin am 16. April 2003 zugestellt worden.

Die Antragstellerin hat am 29. April 2003 Beschwerde eingelegt und diese mit zwei innerhalb der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen begründet:

Zunächst rügt die Antragstellerin formale Fehler der Bescheiderteilung wie auch die fehlerhafte Bekanntmachung der Beitragssatzung. Alsdann vertieft sie ihre Rechtsansicht, dass die am 12. Dezember 2001 beschlossene Beitragssatzung mangels Vorliegens einer Kalkulation unwirksam sei. Das Vorliegen einer Kalkulation sei erforderlich, weil Veränderungen des Beitragsmaßstabes vorgenommen worden seien. Die Antragstellerin setzt sich ferner mit dem o.g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. April 2002 auseinander. Sie ist zudem der Rechtsansicht, dass die Bescheide im Ergebnis zu beanstanden seien, obwohl der geltend gemachte Beitragssatz nicht Gefahr liefe, den höchstzulässigen Beitragssatz zu überschreiten. Dies gelte auch in Ansehung der von der Verbandsversammlung beschlossenen nur 80%igen Deckung: Denn immer dann, wenn der Satzungsgeber Beitragskappungen beschließe, sei erst recht die Kalkulation zur Kenntnis zu nehmen.

Ihre Ausführungen - so führt die Antragstellerin weiter aus - zu der Zahlung der O.-Camp S.-dorf GmbH seien nicht unsubstanziiert geblieben. Zudem stelle sich die Lage im Hinblick auf das konkret veranlagte Grundstück wie folgt dar: Von der Grundstücksgröße (84.095 m2) sei von der Nutzung nach dem Pachtvertrag eine Fläche von 31.554 m2 ausgenommen, da es sich um einen großen landschaftsgeschützten Waldstreifen inmitten des Geländes handele. Nach § 3 Abs. 4f Beitragssatzung in der Fassung der Änderungssatzung vom 12. Dezember 2001 werde der Beitragsmaßstab nach der zugrunde liegenden Grundstücksfläche berechnet. Bei Campingplätzen seien 50% der genutzten Grundstücksfläche ansatzfähig. Daraus folge, dass die genannten 31.554 m2 vorab abzuziehen gewesen wären.

Zudem seien nach dem verbundenen Zuordnungsbescheid der OFD Berlin vom 30. Januar 2003 Flächen des streitigen Grundstücks der Antragstellerin und der Gemeinde U. sowie der Antragstellerin und dem Land Mecklenburg-Vorpommern zu Miteigentum übertragen worden. Es werde daher angeregt, die angefochtenen Beitragsbescheide aufzuheben und gegen sämtliche der vorgenannten Eigentümer neue Bescheide zu erlassen. Die Antragstellerin sei nur zu ca. 1/4 Miteigentümer der streitigen Flächen.

Der Antragsgegner tritt dem Vorbringen entgegen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zu ändern. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 19. November 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2003 ist anzuordnen.

Nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die aufschiebende Wirkung angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides bestehen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, sodass das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung anzuordnen hat.

Bei der im vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage stellt sich die Abgabenfestsetzung als rechtswidrig dar.

1. Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ergeben sich zum einen aus dem - auch mit der Beschwerde geltend gemachten (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - rechtlichen Gesichtspunkt, dass es fraglich erscheint, ob die Beitragspflicht für das streitige Grundstück nicht entweder bereits abgelöst worden ist (§ 8 Abs. 9 KAG M-V), oder ob der von der Pächterin geleistete Betrag von umgerechnet ca. 127.823,00 Euro nicht als Vorausleistung i.S. von § 8 Abs. 8 KAG M-V angesehen werden muss, die gegebenenfalls von dem angeforderten Beitrag abzuziehen wäre. Jedenfalls erscheint es nicht nahe liegend, dass die Pächterin des Campingplatzes - gleichsam wie eine staatliche Stelle - als Fördermittelgeber auftreten wollte und durch ihren Baukostenzuschuss (Rechnung vom 23. August 1996) die Gesamtheit der Beitragspflichtigen im Verbandsgebiet des Antragsgegners hat begünstigen wollen (zur Berücksichtigung von Fördermitteln bei Anschlussbeiträgen vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 06.12.2001 - 1 M 72/01 u.a. -, Überblick 2002, 89). Erkennbar ist der geleistete so genannte Baukostenzuschuss für das konkrete, im vorliegenden Fall veranlagte Grundstück gezahlt worden. Er ist daher nicht als "Zuschüsse Dritter" im Rahmen der Beitragskalkulation zu verbuchen.

Die weitere rechtliche Bewertung des Baukostenzuschusses wird das Verwaltungsgericht im Verfahren der Hauptsache vorzunehmen haben. Gegebenfalls wird das Verwaltungsgericht die so genannte absolute Missbilligungsgrenze (Verhältnis des Ablösungsbetrages zur Beitragshöhe) im Anschlussbeitragsrecht zu bestimmen haben (vgl. zu Erschließungsbeiträgen Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 22 Rn. 4, m.w.N.).

2. Der Abgabenbescheid erweist sich - wie die Beschwerde zurecht geltend macht - deshalb teilweise als rechtswidrig, weil der Antraggegner bei der Flächenberechnung die Beitragssatzung in der am 18. September 2001 beschlossenen Fassung, nicht aber in der Änderungsfassung vom 12. Dezember 2001 angewandt hat: Bei dem streitigen Campingplatz hätte nur die als Campingplatz genutzte Fläche als Grundstücksgröße angesetzt werden dürfen, weil die Beitragssatzung insoweit in § 3 Abs. 4f eine Abweichung vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff vorsieht.

3. Mangels Entscheidungserheblichkeit kann es der Senat im vorliegenden Fall offen lassen, ob die Heranziehung der Antragstellerin auch deshalb rechtswidrig ist, weil die Satzung vom 12. Dezember 2001 sich als nichtig erweist, weil der Verbandsversammlung bei ihrer Beschlussfassung keine Kalkulation vorgelegen hat.

a) Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts hält der Senat im Grundsatz an seiner Rechtsprechung fest. Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des für Normenkontrollen zuständigen 4. Senat des OVG Greifswald (vgl. Urteil vom 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, VwRR MO 2001, 175 = ZKF 2001, 160 = KStZ 2001, 174 = LKV 2001, 516 = DÖV 2001, 610 = DVBl. 2001, 1376 = FiWi 2002, 251) und des beschließenden Senates gilt:

Das Nichtvorliegen einer Abgabenkalkulation bei der Beschlussfassung führt in der Regel zur Nichtigkeit der Satzung.

Auch ein möglicher Ausnahmefall wurde im Urteil vom 15. November 2000 erörtert, nämlich der Sachverhalt, dass der Ortsgesetzgeber lediglich redaktionelle Änderungen der Beitragssatzung vornimmt. Daher sei die Frage, ob auch bei einer solchen Fallgestaltung stets eine Kalkulation (sei es auch die "alte") vorzuliegen habe, bislang nicht abschließend geklärt. Der Senat schließe es nicht aus, dass bloße "redaktionelle Änderungen" von Vorschriften, die in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Kalkulation des Beitrages ständen (z.B. eine Änderung der Regelung über die Fälligkeit bereits festgesetzter Abgaben), auch ohne das Vorliegen einer Kalkulation vom Vertretungsgremium wirksam beschlossen werden könnten. So beurteilte der Normenkontrollsenat allerdings den Sachverhalt, der dem Urteil vom 15. November 2000 zugrunde lag, nicht. Im dortigen Fall modifizierte die Änderungssatzung jedenfalls 7 Paragrafen der Kanalbaubeitragssatzung, die sich unter anderem mit dem Beitragsmaßstab befassten.

An dieser Rechtsprechung hat der Normenkontrollsenat im Urteil vom 03. Juli 2002 - 4 K 35/01 - festgehalten und entschieden: Die gerichtliche Überprüfung einer Abgabenkalkulation beziehe sich nicht nur auf eine bloße rechnerische "Ergebniskontrolle" des Abgabensatzes. Von der genannten Rechtsprechung ist auch im vorliegenden Fall und vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. April 2002 - 9 CN 1/01 -, NJW 2002, 2807 = NordÖR 2002, 511 = DVBl. 2002, 1409, nicht abzurücken.

Durch dieses Urteil ist die Diskussion der Frage belebt worden, welche Kontrolldichte bei der gerichtlichen Überprüfung einer Beitrags- oder Gebührenkalkulation besteht (vgl. insoweit auch Aussprung in NordÖR 2002, 500; ferner Aussprung in Überblick 2003, 65; Sendler, DVBl. 2002, 1412; Schmidt LKV 2003, 71; Wiesemann, NWVBl 2002, 430).

Das Bundesverwaltungsgericht bejaht in dem von ihm entschiedenen Fall einen Verstoß gegen Bundesrecht, weil das OVG Bautzen den der Behörde bei der Gebührenkalkulation für eine Marktsatzung zustehenden Prognose- und Beurteilungsspielraum teilweise außer acht gelassen habe. Bei der Kalkulation von Abgaben stehe dem kommunalen Satzungsgeber ein Prognosespielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sei. Nicht unproblematisch erscheint in diesem Zusammenhang, dass das Bundesverwaltungsgericht bei dem Prognosespielraum ausführt, es mache keinen Unterschied, ob dieser vom Bundesrecht oder vom Landesrecht statuiert werde. Mit dieser Begründung wird aus einem Fehler, der vorrangig die Auslegung des sächsischen Kommunalabgabengesetzes betrifft (so wohl auch Sendler, DVBl. 2002 S. 1412, 1414), zugleich ein Verstoß gegen Bundesrecht.

Bedeutsam für die Anwendung des Kommunalabgabenrechts sind zudem die Ausführungen, die das Bundesverwaltungsgericht zur gerichtlichen Überprüfung einer Kalkulation macht: Es nimmt an, dass es gegen Bundesrecht verstoße, wenn das Oberverwaltungsgericht allein wegen eines einzelnen Kalkulationsfehlers die Gebührenregelung insgesamt für nichtig erkläre, ohne zu prüfen, ob und in welchem Umfang sich dieser Kalkulationsirrtum auf die Gebührenhöhe ausgewirkt habe. Dabei verkenne das OVG den mit dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 GG verbundenen Umfang des Satzungsermessens.

Die höchst umstrittene Frage, welche Wirkungen ein Fehler bei der Kalkulation kommunaler Beiträge und Gebühren nach sich zieht, ist vorrangig eine Frage des Landesrechts, das sich seinerseits aber im Rahmen des Bundesrechts halten und insbesondere die Vorgaben des Art. 28 GG beachten muss. In Literatur und Rechtsprechung werden zwei Theorien vertreten (vgl. die Nachweise bei Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 8 Erl. 4.2.1 sowie bei Schulte/Wiesemann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand 9/02, § 6 Rn. 115 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht zitiert in seiner Entscheidung nur Oberverwaltungsgerichte oder Verwaltungsgerichtshöfe, die der sog. Ergebnisrichtigkeitstheorie (vgl. Schulte/Wiesemann, a.a.O., Rn. 119 ff.) folgen. Die Gegenauffassung, die auch die Inhaltsrichtigkeit prüft und die neben dem OVG Bautzen auch von dem VGH Mannheim, dem OVG Lüneburg und dem OVG Greifswald vertreten wird (vgl. die Nachweise bei Schulte/Wiesemann, a.a.O., Rn. 115 ff.), findet in der Entscheidung keine Beachtung. In der o.g. Passage lässt das Bundesverwaltungsgericht - mehr oder weniger deutlich - Tendenzen erkennen, dass es - für das sächsische Landesrecht - der so genannten Ergebnisrichtigkeitstheorie folgt.

Die Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts sind zum sächsischen Landesrecht ergangen. Sie lassen sich im Hinblick auf den Prognosespielraum, der dem Satzungsgeber zusteht, nicht ohne Weiteres auf Mecklenburg-Vorpommern zu übertragen. Dies gilt nicht nur wegen der zahlreichen Besonderheiten des sächsischen Kommunalabgabengesetzes, sondern jedenfalls deshalb, weil das Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern den Prognosespielraum eingeschränkt hat.

In Kenntnis der Rechtsprechung des OVG Greifswald, begründet durch Urteil vom 15. März 1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996 S. 114 = RAnB 1995 S. 229 = FiWi 1995 S. 259 = NJ 1995 S. 448 = MDR 1995 S. 972 = ZKF 1995 S. 230 = DVBl. 1995 S. 1146, und seitdem ständige Rechtsprechung, ist die Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern geändert worden. Nach § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V n.F. fallen "die Ermittlung des Satzes der öffentlichen Abgaben und die Festsetzung allgemeiner privatrechtlicher Entgelte" in die ausschließliche Zuständigkeit der Vertretungen. Damit ist die Rechtsprechung des OVG Greifswald gesetzlich nachvollzogen und abgesichert worden, wonach dem Vertretungsgremium bei seiner Beschlussfassung eine gültige Kalkulation vorliegen muss. Ohne eine solche Kalkulation ist nämlich die Ermittlung des Satzes der öffentlichen Abgabe nicht möglich. Damit wird - anders als vom Bundesverwaltungsgericht angenommen - ein Element des Satzungsverfahrens verselbstständigt. Eine ordnungsgemäße Kalkulation muss als Voraussetzung für eine wirksame Satzung vorliegen und von der Gemeindevertretung mit beschlossen werden. Dieser Punkt ist daher (selbstständig) Gegenstand (auch) einer Normenkontrolle.

In diesem Zusammenhang ist auf den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 21. Februar 1997 zu verweisen (Landtagsdrucksache 2/2358, S. 65). Dort heißt es: "Die Neufassung der bisherigen Nr. 12 (neue Nr. 11) trägt der Tatsache Rechnung, dass nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes die Festsetzung öffentlicher Abgaben nur durch Satzung möglich ist und daher bereits Nr. 6 unterfällt. Durch die Neufassung wird erreicht, dass - entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung - auch die Beschlussfassung über die Kalkulation beispielsweise von Gebühren zwingend durch die Gemeindevertretung vorzunehmen ist". Deutlicher als in dieser Gesetzesbegründung lässt sich der gesetzgeberische Wille wohl kaum formulieren.

Die landesrechtliche Regelung des § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V und die dargestellte Auslegung des Landesrechts durch den beschließenden Senat stehen mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, d.h. der Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung (vgl. auch Sendler, a.a.O.), in Einklang. Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht wird nach dem genannten Artikel nur "im Rahmen der Gesetze" gewährt. Ein solches allgemeines Gesetz ist in Mecklenburg-Vorpommern die Kommunalverfassung. Die Regelung des § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V betrifft nicht den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung (Kernbereichsgarantie).

Entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (für das sächsische Landesrecht) liegt auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht vor. Das Bundesverwaltungsgericht führt insoweit lediglich aus, es gehe nicht an, die rechtlichen Anforderungen an die Gebührenkalkulation so zu verschärfen, dass der Versuch, eine gültige Satzung zu erlassen, für jede sächsische Kommune ein unkalkulierbares Wagnis werde und die betreffende Kommune im vorliegenden Fall mit dem dritten Anlauf gescheitert wäre.

Zwar sind unverhältnismäßige Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung verfassungswidrig (Pieroth in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 28, Rn. 22, m.w.N.). Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird sich für Sachverhalte der vorliegenden Art aber kaum ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit herleiten lassen: Die vom Bundesverfassungsgericht hierzu entschiedenen Fälle (betreffend den Entzug der Planungshoheit) sind vom Tatsächlichen her nicht vergleichbar (vgl. hierzu im Einzelnen Aussprung in NordÖR 2002, 500). Die Organisationshoheit der Gemeinden ist nur relativ gewährleistet. Die Befugnis des Gesetzgebers, den Gemeinden Vorgaben zu ihrer Organisation zu machen, verschafft diesem mittelbar auch Einfluss auf die Aufgabenerledigung. Als eine solche Vorgabe ist in Mecklenburg-Vorpommern § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V zu beachten. Das bedeutet, dass selbst wenn die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts für Sachsen tragfähig wäre, dies so im Hinblick auf die Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern nicht gilt. Das Verwaltungsgericht wird die Frage der Gültigkeit der Beitragskalkulation gegebenenfalls in dem Hauptsacheverfahren unter Einbeziehung der o.g. und der zwischenzeitlich veröffentlichten Publikationen zu treffen haben.

b) Auch wenn der Senat im Grundsatz an seiner Rechtsprechung festhält, ist eine Konstellation, wie sie dem vorliegenden Sachverhalt zugrunde liegt, vom Senat allerdings bislang noch nicht entschieden worden.

Die Sachlage stellt sich hier nämlich so dar, dass bei der Beschlussfassung über die Ursprungsfassung der Satzung am 18. September 2001 sehr wohl eine Kalkulation vorgelegen hat. Bevor diese Satzung in Kraft getreten ist, hat der Satzungsgeber einen überholenden Satzungsbeschluss dergestalt gefasst, dass die sich noch im Verfahren befindende Satzung geändert werden sollte. Beide Satzungen sind zeitgleich zum 01. Januar 2002 in Kraft getreten. Daher wird das Verwaltungsgericht im Verfahren der Hauptsache die Frage zu prüfen haben, ob es sich nicht in Wirklichkeit um nur ein Beschlussfassungsverfahren handelt, das durch die am 01. Januar 2002 in Kraft getretene einheitliche Satzung seinen rechtlichen Abschluss gefunden hat. In diesem einheitlichen Verfahren hat immerhin bei der Beschlussfassung in der Verbandsversammlung am 18. September 2001 eine Kalkulation zugrunde gelegen. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich damit von den Konstellationen, in denen eine Satzung zunächst beschlossen und in Kraft gesetzt wird, und nach ihrem In-Kraft-Treten - mag es auch zeitnah sein - der Satzungsgeber eine Änderung der Rechtsnorm ins Verfahren bringt.

4. Mangels Entscheidungserheblichkeit können auch die weiteren mit der Beschwerde geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkte dahinstehen.

Die Frage des Deckungsgrades, d.h. dass der Ortsgesetzgeber bei seinen Beschlussfassungen über die Beitragssatzung einen Beitragssatz von lediglich 80% des möglichen 100%igen Satzes beschlossen hat, ist für die Frage, ob eine Kalkulation vorliegen muss, rechtlich irrelevant, weil nicht der so genannten Ergebnisrichtigkeitstheorie, sondern der Inhaltsrichtigkeitstheorie zu folgen ist.

Der von der Beitragssatzung in der Beschlussfassung vom 12. Dezember 2001 verwendete Vollgeschossmaßstab ist nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ebenso ein rechtlich zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab wie der in der Satzung vom 18. September 2001 verwendete Maßstab, die allerdings nie in Kraft getreten ist. Eine genauere Prüfung der Vollgeschossmaßstäbe bleibt aber einem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Es wäre dann anhand der konkreten im Veranlagungsgebiet anzutreffenden Fallgruppen zu prüfen, ob sich der eine bzw. der andere Maßstab als zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab herausstellt. Nach Auffassung des Senates ist für die Beantwortung der Frage, ob ein Maßstab als zulässig anzusehen ist, stets auf die Verhältnisse im jeweiligen Geltungsbereich der (Beitrags-)Satzung abzustellen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 20 Abs. 3, 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 GKG. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senates in abgabenrechtlichen Eilverfahren, den Streitwert mit 1/4 des festgesetzten Betrages anzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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