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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 28.04.2009
Aktenzeichen: 2 L 360/02
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO


Vorschriften:

VwGO § 54 Abs. 1
VwGO § 97 S. 1
VwGO § 98
ZPO § 42 Abs. 2
ZPO § 406 Abs. 1 S. 1
Zur Frage der Befangenheit eines Sachverständigen, der über einen von ihm durchgeführten Ortstermin nicht alle Verfahrensbeteiligten informiert.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

2 L 360/02

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Bestattungsrecht

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 28. April 2009 in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Ablehnung der Sachverständigen P. wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antrag auf Ablehnung der Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ist unbegründet.

Nach § 98 VwGO i. V. m. § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen abgelehnt werden, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Die Ablehnung nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 Satz 2 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit setzt voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit setzt nicht voraus, dass der Sachverständige tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen, hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftiger Weise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.10.2007 - 4 KSt 1004/07 u.a. -, zit. nach Juris). Zwar mag es für die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen in der Regel genügen, wenn er eine Ortsbesichtigung in Anwesenheit nur einer Partei durchführt, ohne die andere zu benachrichtigen (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 27.04.2007 - 5 B 107/07-34, 5 W 104/07 -, zit. nach Juris). Führt der Sachverständige aber eine Ortsbesichtigung, zu der er beide Parteien nicht lädt, durch, dürfte dies den Vorwurf der Parteilichkeit regelmäßig nicht begründen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.12.2008 - 8 W 57/08 -, zit. nach Juris).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt hier zu dem Ergebnis, dass der Antrag auf Ablehnung der vom Gericht beauftragten Sachverständigen keinen Erfolg hat.

Ob die Sachverständige entsprechend § 97 Satz 1 VwGO verpflichtet war, die Kläger über die auf dem Gelände, um dessen Nutzung als Friedhof im vorliegenden Verfahren gestritten wird, von ihr beabsichtigten Untersuchungen zu benachrichtigen, bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Selbst wenn der Sachverständigen insoweit ein Verfahrensfehler unterlaufen wäre, würde dieser nach den konkreten Umständen des Falles nicht die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen. Denn die Sachverständige hat es nicht nur unterlassen, die Kläger zu benachrichtigen. Auch der Beklagte ist nicht seitens der Sachverständigen (sondern durch die Beigeladenen) informiert worden. Hiervon kann auf Grund der insoweit übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen in ihrer Erklärung vom 05.03.2009 sowie des Beklagten im Schriftsatz vom 03.04.2009, deren Richtigkeit von keiner Seite in Zweifel gezogen worden ist, ausgegangen werden. Dass die Sachverständige Vertreter der Beigeladenen informiert hat, lässt demgegenüber nicht auf eine Parteilichkeit schließen. Diese Benachrichtigung ist ersichtlich deshalb erfolgt, weil eine entsprechende Bitte mit Schreiben vom 30.04.2008 geäußert worden war, die das Gericht an die Sachverständige mit Schreiben vom 19.05.2008 weitergegeben hatte. Hintergrund hierfür waren jedenfalls auch die auf dem Gelände erwogenen technischen Untersuchungen und die davon eventuell betroffenen religiösen Interessen. Dass seitens der bei dem Termin (zeitweilig) anwesenden Vertreter des Beklagten bzw. der Beigeladenen Einfluss auf die Tätigkeit der Sachverständigen selbst genommen worden wäre, kann nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen in ihrer Stellungnahme vom 05.03.2008 sowie der Beigeladenen und des Beklagten in den Schriftsätzen vom 16.03.2009 bzw. 03.04.2009 ausgeschlossen werden.

Auch dass die Sachverständige dem Ersuchen des Gerichts im bereits erwähnten Schreiben vom 19.05.2008, auch die Kläger vor Beginn der technischen Untersuchungen zu informieren, nicht nachgekommen ist, rechtfertigt nicht die Besorgnis der Parteilichkeit. Die Sachverständige hat eingeräumt, diese Benachrichtigung "schlechthin übersehen" zu haben. Daraus lassen sich nach den vorstehenden Ausführungen jedoch keine Rückschlüsse auf eine Parteilichkeit ziehen; ersichtlich ging es der Sachverständigen nicht darum, gerade die Kläger von Mitwirkungsmöglichkeiten auszuschließen. Derartige Möglichkeiten bestanden auch für die anderen Verfahrensbeteiligten nicht.

Der Ablehnungsantrag ist auch nicht deshalb erfolgreich, weil im Gutachten nicht aufgeführt worden ist, wer an den Untersuchungen vor Ort neben der Sachverständigen teilgenommen hat. Derartige Angaben sind nicht notwendiger Bestandteil des Gutachtens und vom Gericht auch nicht angefordert worden. Eine Absicht, über die Teilnahme etwas zu verschleiern, ist nicht erkennbar.

Die Besorgnis der Befangenheit lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Sachverständige ursprünglich im Gutachten vorhandene Zahlen (erkennbar) unlesbar gemacht hat. Korrekturen, Streichungen und ähnliche Änderungen, die der Sachverständige im Gutachten vornimmt, bevor er es dem Gericht übermittelt, lassen allein keine Rückschlüsse auf Parteilichkeit zu. Es müssen schon Umstände vorliegen, die darauf hinweisen, dass die Änderungen eine Partei begünstigen oder benachteiligen sollen. Derartige Anhaltspunkte gibt es hier nicht. Die Sachverständige hat in ihrer Erklärung vom 05.03.2009 erläutert, weshalb es auf die betreffenden Zahlenangabe nicht angekommen sei. Dem sind auch die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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