Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 09.02.2005
Aktenzeichen: 2 L 66/03
Rechtsgebiete: VwVfG, VwVfG M-V, BGB


Vorschriften:

VwVfG § 49 a
VwVfG M-V § 49 a
BGB § 197 a.F.
Zinsansprüche aus § 49 a Abs. 4 VwVfG M-V (bzw. § 49 a VwVfG) verjähren in Verfahren, für die noch die vor dem 01.01.2002 geltenden Bestimmungen anzuwenden sind, nach § 197 a.F. BGB in vier Jahren.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 L 66/03

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Subventionsrecht

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern ohne mündliche Verhandlung am 09. Februar 2005 in Greifswald durch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 11.10.2002 wird zurückgewiesen; insoweit werden die Kosten des Berufungsverfahrens dem Beklagten auferlegt.

Das von den Klägern betriebene Berufungsverfahren wird eingestellt; insoweit tragen sie die Kosten des Berufungsverfahrens.

Soweit der Beklagte mit Kosten belastet ist, ist die Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar; dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Es geht um Zinsansprüche, die das beklagte Ministerium gegenüber den Klägern geltend macht.

In den Jahren 1992 und 1993 erhielten die Kläger für ein Hotelbauprojekt aufgrund entsprechender Zuwendungsbescheide einen Zuschuss in Höhe von insgesamt 1.006.000,00 DM. Im Dezember 1994 zahlten sie entsprechend einer Aufforderung vom 28.11.1994 86.350,00 DM zurück, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Investitionsaufwand geringer war als vorgesehen.

Durch Bescheid vom 08.08.1997 machte der Beklagte gegenüber den Klägern einen Zinsanspruch in Höhe von 39.772,00 DM geltend.

Am 08.09.1997 haben die Kläger den Verwaltungsrechtsweg beschritten.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Beklagte erklärt, die Zinszahlung setze sich aus zwei Teilbeträgen zu 13.366,26 DM (Zinsen für die Erstattungsforderung) und 26.405,05 DM (Zinsen für die nicht fristgerechte Verwendung der Zuwendung) zusammen. Den zuletzt genannten Betrag hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf 24.688,15 DM und den geforderten Gesamtbetrag dementsprechend auf 38.054,41 DM reduziert.

Im Umfang der Teilabhilfe haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 11.10.2002 das Verfahren im Hinblick auf die teilweise Erledigung der Hauptsache eingestellt und den angefochtenen Bescheid vom 08.08.1997 in der in der mündlichen Verhandlung geänderten Fassung insoweit aufgehoben, als ein Zinsbetrag von mehr als 35.799,05 DM zu leisten ist und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist zunächst von beiden Seiten eingelegt worden. Die Kläger haben die von ihnen eingelegte Berufung mit Schriftsatz vom 16.06.2003 zurückgenommen.

Der Beklagte trägt zur Begründung seiner Berufung vor, das Verwaltungsgericht habe der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben. Auch im Hinblick auf den für das Jahr 1992 berechneten Betrag in Höhe von 2.255,36 DM sei keine Verjährung eingetreten, da die Frist hierfür nicht - wie das Verwaltungsgericht angenommen habe - vier, sondern 30 Jahre betrage.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 11.10.2002 teilweise zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit ihr stattgegeben worden ist.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

Die Beteiligten haben durch Schriftsätze vom 17.08.2003 und 08.09.2003 auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsverfahren ist einzustellen, soweit es um die von den Klägern eingelegte Berufung geht, da diese zurückgenommen worden ist.

Über die Berufung des Beklagten entscheidet der Senat gem. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil das Verwaltungsgericht der Klage zu Recht teilweise stattgegeben hat. Der angefochtene Bescheid ist bezüglich des für das Jahr 1992 geltend gemachten Zinsanspruchs rechtswidrig, weil insoweit Verjährung eingetreten ist. Zinsansprüche aus § 49 a Abs. 4 VwVfG M-V (bzw. § 49 a Abs. 4 VwVfG) verjähren in Verfahren, für die noch die vor dem 01.01.2002 geltenden Bestimmungen anzuwenden sind, nach § 197 a.F. BGB in vier Jahren. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen werden. Die Berufungsbegründung gibt Veranlassung zu folgenden Ergänzungen:

Wie das Verwaltungsgericht und der Kläger geht allerdings auch der Beklagte zu Recht davon aus, dass für die Frage der Verjährung des hier streitigen Anspruchs die Vorschriften des BGB entsprechend gelten und dass es vorliegend noch auf die vor dem 01.01.2002 geltenden Bestimmungen der §§ 194 ff. BGB ankommt (vgl. Schriftsätze vom 16.06.2003 und 21.08.2003). Ebenfalls stellt keine Seite infrage, dass auf die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 a.F. BGB nur dann zurückzugreifen ist, wenn nicht die Regelung des § 197 a.F. BGB zum Zuge kommt, d.h., wenn nicht die Verjährungsfrist von vier Jahren gilt.

Dem Beklagten ist aber nicht zu folgen, soweit er meint, die vom Verwaltungsgericht vertretene Anwendung des § 197 a.F. BGB basiere auf einer erweiternden Auslegung dieser Norm. Der Wortlaut des Gesetzes legt vielmehr dieses Ergebnis näher. Denn danach verjähren (u.a.) die Ansprüche auf Rückstände von "Zinsen" in vier Jahren. Bei dem Anspruch aus § 49a Abs. 4 VwVfG M-V (ebenso: § 49a Abs. 4 VwVfG) geht es aber - wie es im Gesetz ausdrücklich heißt -um "Zinsen". Unter Zinsen im Sinne beider Vorschriften versteht man Kapitalzinsen, die sich nach einem Prozentsatz des Kapitals bestimmen. Für § 197 a.F. BGB kommt es nicht darauf an, ob es um gesetzliche oder vertragliche Zinsansprüche geht, auch Bereitstellungszinsen fallen darunter (vgl. Grothe in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. § 197 Rdn. 2; OLG Stuttgart, Urteil vom 02.10.1985 - 13 U 32/85 -, NJW 1986, 436).

Es besteht auch keine Veranlassung, § 197 a.F. BGB einengend in dem Sinne auszulegen, dass Zinsen nach § 49a Abs. 4 VwVfG M-V nicht erfasst sind (vgl. zur erweiternden Auslegung: BVerwG, Urteil vom 18.04.1986 - 8 A 1.83 -, Buchholz 454.4, § 19 Abs. 2 WoBauG Nr. 1). Nach dieser Vorschrift können Zinsen, wenn eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet werden, für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung verlangt werden. Dies bedeutet, dass der Empfänger der Subvention zwischenzeitlich so behandelt wird, als habe er ein Darlehen erhalten, nur mit dem Unterschied, dass an die Stelle der Rückzahlung die zweckentsprechende Verwendung tritt. Solange der ausgezahlte Betrag nicht "für den bestimmten Zweck" verwendet ist, nimmt die die Subvention gewährende Behörde die Rolle eines Darlehensgebers ein. Die Subvention stellt sich in der Zwischenzeit für die Behörde als Kapitalanlage mit gesetzlich geregeltem Zinssatz dar (3 vom Hundert über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, vgl. § 49 a Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 a.F. VwVfG M-V, bzw. fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, vgl. § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG). Damit besteht zum einen die Möglichkeit, wirtschaftliche Vorteile des Empfängers abzuschöpfen, ohne dass es darauf ankommt, ob dieser selbst Zinsen in derselben Höhe eingenommen hat (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 7. Auflage § 49 a Rdn. 23; Knack, VwVfG, 7. Auflage § 49a Rdn. 24). Zum anderen soll aber auch ein Anreiz geschaffen werden, die Mittel so rasch wie möglich zweckentsprechend einzusetzen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O.). Diesem Beschleunigungsinteresse wird aber die kurze Verjährungsfrist besser gerecht, denn sie trägt zu einer schnelleren Geltendmachung der Ansprüche bei.

Auch der Zweck des § 197 a.F. BGB rechtfertigt die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist. Leistungen, die ihrer Natur nach nicht aus dem Kapitalvermögen des Schuldners, sondern aus seinen regelmäßigen Einkünften zu tilgen sind, sollen nicht zu einer solchen Höhe anwachsen, dass sie schließlich einen Betrag erreichen, dessen Aufbringung in einer Summe dem Schuldner immer schwerer fällt bzw. ihn sogar wirtschaftlich gefährden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 31.10.2001 - 2 C 61.00 -, E 115, 218 ff., und vom 29.08.1996 - 2 C 33.95 -, E 102, 33 ff.) Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es gehe bei den Zinsen nach § 49 a Abs. 4 VwVfG M-V gar nicht um regelmäßig wiederkehrende Leistungen. Beizupflichten ist ihm lediglich in dem gedanklichen Ansatz, dass der Gesetzgeber in § 197 a.F. BGB erkennbar davon ausgegangen ist, dass es sich bei den dort genannten Zinsen um regelmäßig wiederkehrende Leistungen handelt. Dies ergibt sich daraus, dass die Zinsen (wie auch Miete und Pacht) in § 197 a.F. BGB als Beispielsfall für regelmäßig wiederkehrende Leistungen aufgeführt sind. Für diese Einordnung des Anspruchs ist es aber unerheblich, ob der Gläubiger die ihm zustehenden Leistungen auch tatsächlich in regelmäßigen Abständen einfordert. Er könnte die kurze Verjährung nicht dadurch unterlaufen, dass er die anfallenden Beträge über eine beliebige Zahl von Jahren auflaufen ließe, um sie sodann in einer Summe geltend zu machen (so aber wohl: OVG Lüneburg, Urteil vom 19.02.1991 - 10 L 11/89 -). Die Rechtsposition des Beklagten im Hinblick auf die Verjährungsfrage bessert sich nicht deshalb, weil er die für mehrere Jahre entstandenen Einzelbeträge erst zusammengerechnet geltend gemacht hat, nachdem die zweckentsprechende Verwendung tatsächlich erfolgt war. Die gegenteilige Auffassung steht mit der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat teilt, nicht in Einklang.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass es keine Veranlassung gibt, den Zwischenzinsschuldner aus einem öffentlich-rechtlichen Subventionsverhältnis in der Verjährungsfrage schlechter zu stellen als den Empfänger eines privatrechtlichen Darlehens. Im Übrigen dürfte Letzterer kaum Veranlassung haben, darauf zu hoffen, dass er wegen seiner Zinsschulden nicht in Anspruch genommen würde, während bei § 49 a Abs. 4 VwVfG immerhin noch eine (wenn auch wohl eine intendierte) Ermessensentscheidung erforderlich ist; auch hierzu kann auf die insoweit von keiner Seite kritisierten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, da die vorliegende Entscheidung auf ausgelaufenem Recht beruht.

Ende der Entscheidung

Zurück