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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 09.12.2008
Aktenzeichen: 2 M 115/08
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4
Ist der Antragsteller in einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren Beschwerdeführer, muss der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 erforderliche Beschwerdeantrag auch ein Sachbegehren enthalten.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

2 M 115/08

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Schulrecht

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 9. Dezember 2008 in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 4. Kammer - vom 01.09.2008 wird verworfen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antragsteller ist Schüler der 7. Klasse der Antragsgegnerin, einer kooperativen Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe. Durch Beschluss vom 01.09.2008 hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, dem Antragsteller "Nachteilsausgleich und Notenschutz für alle Leistungsbewertungen einschließlich Zeugnis und Abschlussprüfung zu gewähren".

Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers ist nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO als unzulässig zu verwerfen, weil sie keinen bestimmten Antrag im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO enthält.

Ist - wie hier - der Antragsteller in einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren Beschwerdeführer, muss der Beschwerdeantrag stets auch ein Sachbegehren enthalten. Es genügt daher nicht, wenn lediglich die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt wird (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.09.2005 - 10 CE 05.2604 -, zit. nach juris). Der für eine Beschwerde nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO notwendige Antrag soll sicherstellen, dass das Gericht nicht etwas anderes als vom Beschwerdeführer Gewolltes ausspricht und darüber hinaus erschöpfend über die Beschwerde entscheidet. Weil das Gesetz einen bestimmten Antrag verlangt, muss der Beschwerdeführer hinreichend deutlich machen, in welchem Umfang und mit welchem Ziel die erstinstanzliche Entscheidung geändert bzw. aufgehoben werden soll (vgl. Guckelberger in Sodan/Ziekow VwGO 2. Aufl. § 146 Rn. 67 m.w.N.). Nach der Neufassung des § 146 Abs. 4 VwGO ist eine Antragstellung unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschwerde. Dem Antrag kommt die Aufgabe zu, das verfolgte Rechtsschutzziel unmissverständlich zu formulieren und verbindlich festzulegen. Anders als nach § 86 Abs. 3 VwGO ist es hier nicht Aufgabe des Gerichts auf sachdienliche Anträge hinzuwirken und etwaige Unklarheiten zu beseitigen (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 12.04.2002 - 7 S 653/02 -, zit. nach juris). Nach der Rechtsprechung des Senats ist allerdings ein ausdrücklicher Antrag nicht zwingend geboten. Dem Formerfordernis eines bestimmten Antrags ist auch dann genüge getan, wenn sich das Rechtsschutzziel des Beschwerdeführers aus den innerhalb der Frist für die Begründung der Beschwerde eingegangenen Schriftsätzen durch Auslegung unzweifelhaft ermitteln lässt (vgl. Beschl. v. 21.11.2005 - 2 M 105/05 -).

Die Anwendung dieser Maßstäbe führt hier zu dem Ergebnis, dass die Beschwerde unzulässig ist, weil es an einem bestimmten Antrag im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO fehlt.

Zwar hat der Antragsteller schon mit der Einreichung der Beschwerdeschrift einen ausdrücklichen Antrag formuliert. Dieser enthält aber kein Sachbegehren, sondern beschränkt sich - abgesehen von einem Kostenantrag - darauf, dass die erstinstanzliche Entscheidung "aufgehoben" werden soll. Einen von einem Rechtsanwalt eindeutig formulierten Antrag umzudeuten, ist dem Gericht aber grundsätzlich verwehrt. Ob ausnahmsweise etwas anderes gelten kann, etwa wenn es sich um ein offensichtliches Versehen handelt, kann hier auf sich beruhen, da der Fall so nicht liegt.

In der Beschwerdebegründung vertritt der Antragsteller die Auffassung, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass hier "eine nicht zuständige Behörde" handele. Zu einer Entscheidung über den sonderpädagogischen Förderbedarf sei "nur die zuständige Schulaufsichtsbehörde berechtigt". Danach ist aber nicht ohne weiteres klar, ob überhaupt noch eine Sachentscheidung gegen die Antragsgegnerin angestrebt wird. Dazu steht allerdings in gewissem Widerspruch, dass mit Schriftsatz vom 07.11.2008 (Eingangsdatum; die Datierung "26.09.2008" ist ein offensichtliches Versehen) ausdrücklich der Hilfsantrag formuliert wird, die Antragsgegnerin zu verpflichten, "den für den Antragsteller erforderlichen Förderumfang nach § 34 SchulG M-V zu ermitteln". Dieser Schriftsatz ist aber erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingereicht worden, sodass er hier ohnehin nicht mehr zu berücksichtigen ist.

Auch aus anderen Gründen ist es hier nicht ohne weiteres möglich, es als unzweifelhaft anzusehen, dass der Antragsteller an seinem in erster Instanz gestellten Sachantrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufzugeben, dem Antragsteller mit Beginn des Schuljahres 2008/2009 am 01.09.2008 einen Nachteilsausgleich und Notenschutz für alle Leistungsbewertungen einschließlich Zeugnis und Abschlussprüfung zu gewähren, auch für das Beschwerdeverfahren festhält.

Das Verwaltungsgericht hat, soweit das Begehren über das Schuljahr 2008/2009 hinausgeht, bereits den Anordnungsgrund verneint. Darauf geht die Beschwerdebegründung aber nicht ein. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Begehrens im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Anordnungsanspruch verneint. Insoweit hat aber das Gericht bereits zu erkennen gegeben, dass das Begehren des Antragstellers nicht konkret genug ist, um die begehrte einstweilige Anordnung erlassen zu können. Es sei nicht genügend dargelegt, dass dem Antragsteller im Schuljahr 2008/2009 sowohl Nachteilsausgleich als auch Notenschutz versagt würden. Die "pauschale" Behauptung, ihm sei nicht ausreichend Nachteilsausgleich und Notenschutz gewährt worden, genüge nicht. Bei dieser Ausgangslage wäre es Sache des Antragstellers gewesen, durch den Antrag im Beschwerdeverfahren festzulegen, was er konkret im Wege der einstweiligen Anordnung erreichen will. Sollte dies derzeit deshalb nicht möglich sein, weil der in seinem Fall erforderliche Förderumfang noch nicht ermittelt worden ist, wäre dies möglicherweise - wie auch im bereits erwähnten Schriftsatz vom 07.11.2008 anklingt - vorzuschalten. Die am 13.10.2008 zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin getroffene Vereinbarung spricht allerdings dafür, dass das Begehren des Antragstellers - anders als dieser es in der Beschwerdebegründung einschätzt - doch konkret spezifizierbar ist. Im Hinblick auf die Vereinbarung ist im Übrigen anzumerken, dass die Unbestimmtheit des Antrags es auch unmöglich macht, festzustellen, ob bzw. inwieweit sich das Begehren des Antragstellers durch die Vereinbarung erledigt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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