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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: 2 M 174/08
Rechtsgebiete: LHG M-V


Vorschriften:

LHG M-V § 21 Abs. 2
LHG M-V § 37 Abs. 3
Läuft eine Frist für die Wiederholung einer Prüfung in der Zeit einer Beurlaubung nach § 21 LHG M-V ab, verschiebt sich das Fristende um die Zeit der Beurlaubung.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

2 M 174/08

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Prüfungsrecht

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 14. Januar 2009 in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 26.11.2008 wird bezüglich der Ziffer 1. geändert:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig zum Prüfungsverfahren im Studiengang Sozialwissenschaften zuzulassen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Antragstellerin ist Studentin im Bachelor-Studiengang Sozialwissenschaften, hat einen Teil der für die Bachelor-Prüfung erforderlichen Prüfungsleistungen erbracht und begehrt eine einstweilige Anordnung, um die Prüfung fortsetzen zu können.

Der Antragsgegner hatte durch im Hauptsacheverfahren 3 A 1517/08 angefochtene Bescheide vom 15.05.2008 bzw. 20.10.2008 festgestellt, dass die Antragstellerin ihren Prüfungsanspruch endgültig verloren habe.

Durch Beschluss vom 26.11.2008 hat das Verwaltungsgericht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Antragstellerin habe keine Möglichkeit mehr, die Prüfung insgesamt zu bestehen.

Die dagegen eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet.

Der Anordnungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 1 VwGO ist ohne weiteres zu bejahen. Der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, die laufende Prüfung bis zur Beendigung des gerichtlich anhängigen Hauptsacheverfahrens zu unterbrechen, sodass der in der Beschwerdebegründung enthaltene knappe Hinweis auf die im Februar 2009 anstehenden nächsten Prüfungstermine ausnahmsweise ausreicht, um dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu genügen (vgl. Beschl. des Senats vom 07.02.2006 - 2 M 36/06 -).

Auch der Anordnungsanspruch ist gegeben. Der Antragsgegner verweigert der Antragstellerin zu Unrecht die weitere Teilnahme am Prüfungsverfahren. Sie hat weder letztmalige Fristen zur Anfertigung der Bachelor-Arbeit (wie der Antragsgegner in den genannten Bescheiden meint) noch zur Ableistung von Modulprüfungen, die Voraussetzung zur Zulassung zur Bachelor-Arbeit sind (wie das Verwaltungsgericht meint), versäumt.

Dem Antragsgegner mag insoweit beizupflichten sein, als er annimmt, dass die Antragstellerin, nachdem ein erster Versuch zur Anfertigung der Bachelor-Arbeit als nicht bestanden gewertet worden ist, grundsätzlich gemäß § 37 Abs. 3 LHG M-V bzw. analog § 15 Abs. 3 PrO gehalten war, die Wiederholungsprüfung innerhalb eines halben Jahres bzw. innerhalb des anschließenden Semesters zu unternehmen.

Der Ablauf dieser Frist konnte aber entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht in das Sommersemester 2008 fallen, da die Antragstellerin in diesem Semester beurlaubt war.

Läuft eine Frist für die Wiederholung einer Prüfung (vgl. § 37 Abs. 3 Satz 1 LHG M-V) in der Zeit einer Beurlaubung nach § 21 Abs. 2 LHG M-V ab, verschiebt sich das Fristende um die Zeit der Beurlaubung.

Nach § 21 Abs. 2 Satz 5 LHG M-V können Prüfungs- und Studienleistungen während der Beurlaubung nur in Ausnahmefallen mit Genehmigung der Hochschulleitung erbracht werden. Die Regelung stellt es dem Studenten frei, von der Möglichkeit, während der Beurlaubung Prüfungsleistungen zu erbringen, Gebrauch zu machen oder nicht. Er kann die Entscheidung darüber aber nicht allein treffen, sondern benötigt, um Prüfungsleistungen erbringen zu dürfen, die Genehmigung der Hochschulleitung. Auf die Entscheidung über den Genehmigungsantrag sind die Einwirkungsmöglichkeiten der Hochschule aber beschränkt. Sie kann nicht aus eigener Initiative vom beurlaubten Studenten verlangen, während der Beurlaubung Prüfungsleistungen zu erbringen. Die Genehmigung der Beurlaubung führt zu einer automatischen Verschiebung des Ablaufs von Prüfungsfristen. Dies gilt für sämtliche Prüfungsleistungen, die ohne die Beurlaubung in dem betreffenden Zeitraum anstehen würden. Die Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 5 LHG M-V unterscheidet nicht zwischen erstmaliger Prüfung und Wiederholungsprüfung. Der Student benötigt für die spätere Erbringung auch von Wiederholungsprüfungen keine Nachfristen im Sinne von § 37 Abs. 3 Satz 1 LHG M-V. In der Gewährung der Beurlaubung ist die Gewährung der Nachfrist bereits enthalten.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 21 Abs. 2 Satz 4 LHG M-V, wonach die Rechte und Pflichten der Studierenden während der Beurlaubung unberührt bleiben. Diese Vorschrift tritt - was Prüfungsleistungen angeht - hinter die bereits zitierte nachfolgende zurück, die sich ihr gegenüber insoweit als Spezialnorm darstellt. An dieser Rechtslage ändert auch die - untergesetzliche - Vorschrift des § 7 Abs. 4 PrO nichts. Darin sind die Folgen von Fristüberschreitungen geregelt, während es im vorliegenden Verfahren - wie ausgeführt - um die Auswirkung der Beurlaubung auf den Ablauf von Fristen geht.

Die Anwendung dieser Maßstäbe führt zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin die Bachelor-Arbeit nicht im Sommersemester 2008 anzufertigen brauchte, weil sie in diesem Semester beurlaubt war.

An der Wirksamkeit der Beurlaubung bestehen keine Zweifel. Es mag allerdings zutreffen, dass -wie der Antragsgegner meint - eine Beurlaubung während eines Prüfungsverfahrens im Hinblick auf das Gebot der Chancengleichheit für alle Prüflinge bedenklich sein kann. Es wäre allerdings Sache des Antragsgegners gewesen, solchen Bedenken vor der Gewährung der Beurlaubung nachzugehen. Der insoweit relevante Sachverhalt war dem Antragsgegner aus den Prüfungsunterlagen der Antragstellerin bekannt; außerdem hat die Antragstellerin ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge bereits im Februar 2008 mitgeteilt, dass sie das Urlaubssemester beantragen wolle, weil sie in ihrer "momentanen Lage" die Situation nicht "gemeistert" bekomme (siehe Bl. 84 Beiakte A). Ob die Beurlaubung rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist, braucht aber hier nicht weiter geprüft zu werden, insoweit folgt der Senat dem Verwaltungsgericht, das bereits zutreffend festgestellt hat, dass es lediglich auf das Vorliegen einer wirksamen Beurlaubung ankommt.

Nicht zu folgen ist allerdings dem Verwaltungsgericht, soweit es der Auffassung ist, die Antragstellerin habe aus anderen Gründen keine Möglichkeit mehr, die Prüfung insgesamt zu bestehen.

Die für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 Nr. 2 PrO, d.h. für die Zulassung zur Bachelor-Arbeit erforderlichen Modulprüfungen hat die Antragstellerin abgelegt, wie auch im Widerspruchsbescheid ausdrücklich bestätigt worden ist. Wegen der Einzelheiten kann auf Seite 5 f. der Beschwerdebegründung bzw. die darin erwähnten Anlagen A9 und A10 Bezug genommen werden.

Soweit das Verwaltungsgericht meint, die Antragstellerin könne die Bachelor-Prüfung nicht mehr bestehen, weil sie die nach § 25 Abs. 2 II A PrO erforderlichen 48 Leistungspunkte bislang nicht erreicht habe, berücksichtigt es nicht genügend, dass diese Punktzahl erst nach Beendigung des Prüfungsverfahrens erreicht sein muss und für die Antragstellerin auch noch erreichbar ist. Durch bereits erfolgreich absolvierte Prüfungsleistungen hat die Antragstellerin in diesem Wahlpflichtmodul bislang 30 Leistungspunkte erreicht. Dies ergibt sich aus ihrer Darstellung in der Beschwerdebegründung, der der Antragsgegner in der Beschwerdeerwiderung insoweit nicht entgegengetreten ist. Weitere 6 Leistungspunkte würde das Modul "Demographie" erbringen, was vom Verwaltungsgericht auch nicht verkannt worden ist. Wenn es aber zu dem Ergebnis kommt, dass die Antragstellerin die erforderlichen weiteren 12 Leistungspunkte, die das Modul "Volkswirtschaftslehre III" erbringen würde, nicht mehr erzielen könne, weil der Regelprüfungstermin hierfür bereits im fünften Fachsemester gelegen habe, übersieht das Verwaltungsgericht, dass der Antragstellerin, die zu dem ersten Prüfungsversuch, der spätestens im sechsten Semester zu unternehmen gewesen wäre (vgl. § 7 Abs. 1 PrO) nicht angetreten war, sodass dieser Prüfungsversuch nach § 7 Abs. 3 PrO als nicht bestanden zu werten war, nach § 15 Abs. 1 PrO eine Prüfungswiederholung zusteht. Diese wäre regelmäßig im Folgesemester (vgl. § 15 Abs. 3 PrO), d.h. im Sommersemester 2008 gewesen, hat sich aber wegen der Beurlaubung auf das laufende Semester verschoben. Wegen der rechtlichen Auswirkungen der Beurlaubung auf Prüfungstermine kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Für die im Februar 2009 anstehenden Prüfungen hat sich die Antragstellerin angemeldet, diese Anmeldung ist aber (bislang) zurückgewiesen worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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