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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 31.07.2002
Aktenzeichen: 2 M 34/02
Rechtsgebiete: TzBfG, BGB


Vorschriften:

TzBfG § 3 Abs. 1
TzBfG § 14 Abs. 1
TzBfG § 21
BGB § 158 Abs. 2
Ein sachlicher Grund für eine auflösende Bedingung in einem Arbeitsverhältnis kann auch in einem Konkurrentenstreit um die fragliche Stelle liegen.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluß

Az.: 2 M 34/02

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Stellenbesetzung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 31. Juli 2002 in Greifswald durch

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Schwerin - 1. Kammer - vom 08.03.2002 geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf € 16.684,04 festgesetzt.

Gründe:

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Rahmen eines Konkurrentenverfahrens um eine vom Antragsgegner beabsichtigte Stellenbesetzung.

Gegen die (stattgebende) erstinstanzliche Entscheidung richten sich die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen.

Die Beschwerden haben Erfolg. Dem Antragsteller ist die begehrte einstweilige Anordnung zu versagen.

Die Beschwerdeführer rügen zu Recht, daß es an dem erforderlichen Anordnungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO fehlt, ohne daß es darauf ankommt, ob sich dies erst durch den entsprechenden Vortrag im Beschwerdeverfahren herausgestellt hat. Ob der Anordnungsgrund vorliegt, ist in jedem Stadium des Verfahrens zu prüfen.

Eine Regelungsanordnung kann nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Diese Tatbestandsmerkmale, in denen zum Ausdruck kommt, daß die begehrte Regelung für den Antragsteller dringlich sein muß, werden zusammengefaßt auch als Anordnungsgrund bezeichnet. Um den Anordnungsgrund zu bejahen, genügen die zeitlichen Nachteile, die üblicherweise mit einem - durch mehrere Instanzen geführten - Hauptsacheverfahren verbunden sind, nicht. Das Interesse einer vorläufigen Regelung muß vielmehr über das allgemeine Interesse an einem raschen Verfahrensende hinausreichen. Es muß so erheblich sein, daß es als unzumutbar erscheint, den Antragsteller auf den rechtskräftigen Abschluß des Hauptsacheverfahrens zu verweisen, wobei insbesondere der aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitende Anspruch auf effektiven Rechtsschutz zu berücksichtigten ist (vgl. Beschluß des Senats vom 17.02.1993 - 2 M 37/92 -).

Nach diesen Maßstäben kann der Anordnungsgrund hier nicht bejaht werden.

Im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Untersagung einer Planstellenbesetzung fehlte der Anordnungsgrund allerdings von vorn herein, da - wie sich auch bereits aus der erstinstanzlichen Entscheidung ergibt - der Antragsgegner nicht zu erkennen gegebenen hat, daß er die umstrittene Stelle unter Ernennung der Beigeladene oder einer anderen Person zur Ministerialrätin bzw. zum Ministerialrat endgültig und im statusrechtlichen Sinne besetzen wolle. Falls der Antragsgegner in der Zukunft doch beamtenrechtliche Personalmaßnahmen konkret beabsichtigten sollte, durch die die fragliche Stelle endgültig besetzt würde, stünde dem Antragsteller immer noch wirksamer Rechtsschutz zur Verfügung. Er könnte eine einstweilige Anordnung beantragen, mit dem Ziel, die konkret beabsichtigte Stellenbesetzung zu untersagen. Vorsorglich wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß der übergangene Bewerber um eine bestimmte Stelle einen Anspruch auf Mitteilung der beabsichtigten Ernennung eines Mitbewerbers hat, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, den beschriebenen vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 19.09.1989 - 2 BvR 1576.88 -, DVBl. 1990, 106). Ein solches Verfahren läßt sich durch das hier vorliegende nicht vorwegnehmen. Abgesehen davon, daß es - wie ausgeführt - für ein abstraktes Besetzungsverbot an einem Anordnungsgrund fehlt, ist auch ungewiß, ob sich die Frage der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung in der im vorliegenden Verfahren diskutierten Form überhaupt stellen würde.

Im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht ebenfalls untersagte Dienstpostenbesetzung fehlt es deshalb an einem Anordnungsgrund, weil die Stelle der Beigeladenen lediglich im Angestelltenverhältnis übertragen werden soll und zwar mit der Maßgabe, daß das Arbeitsverhältnis endet, wenn der Antragsgegner (rechtskräftig) verpflichtet würde, die Stelle mit dem Antragsteller zu besetzen.

Gegen die Wirksamkeit einer solchen arbeitsvertraglichen Regelung bestehen keine Bedenken.

Zunächst handelt es sich nicht - wie der Antragsteller meint - um eine Befristung, sondern - wie vom Antragsgegner zutreffend ausgeführt - um eine auflösende Bedingung. Befristet beschäftigt ist ein Arbeitnehmer mit einem auf bestimmte Zeit geschlossenen Vertrag (§ 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und zur Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen - TzBfG - vom 21.12.2000, BGBl. I Seite 1966). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Befristung kalendermäßig bestimmt ist oder sich anders ergibt (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 TzBfG). Davon unterscheidet sich das auflösend bedingte Arbeitsverhältnis in der Weise, daß es auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist und die Frage, ob und wann es endet, von dem Eintritt einer Bedingung abhängt (vgl. § 158 Abs. 2 BGB). Typisches Merkmal der Bedingung ist, daß bei Vertragsabschluß ungewiß ist, ob bzw. wann das Ereignis eintritt. Darum geht es hier. Wenn der Antragsgegner und die Beigeladene im Arbeitsverhältnis vereinbaren, daß es enden soll, wenn der Antragsteller die fragliche Stelle erfolgreich erstreitet, so ist aus der Sicht der vertragschließenden Parteien ungewiß, ob und gegebenenfalls wann dieses Ereignis eintritt.

Auflösende Bedingungen in Arbeitsverhältnissen sind schon nach bisherigem Recht unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig angesehen worden (vgl. BAG, Urteil vom 09.07.1981 - 2 AZR 788/78 -, NJW 1982, 788). Soweit es dagegen Bedenken gegeben hat, sind diese nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 21 TzBfG als überholt anzusehen. Voraussetzung für die auflösende Bedingung ist gemäß §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG, daß sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund kann auch darin liegen, daß ein Konkurrentenstreit um die fragliche Stelle anhängig ist. Der Abschluß eines auflösend bedingten Arbeitsverhältnisses trägt den Interessen aller Beteiligten und darüber hinaus auch der Allgemeinheit in angemessener Form Rechnung. Der (bislang) übergangene Bewerber hat die Sicherheit, daß sein etwaiges Obsiegen im Hauptsacheverfahren nicht deshalb in Leere geht, weil die Stelle inzwischen definitiv vergeben ist. Der ausgewählte Bewerber kann die Stelle sofort einnehmen. Für ihn besteht zwar die Ungewißheit, ob er die Stelle je nach Ausgang des Konkurrentenstreits wieder räumen muß. Aber seine Position ist immerhin wesentlich besser, als wenn auch er in der Schwebezeit die Stelle nicht erhalten würde. Der Arbeitgeber kann die Stelle sofort besetzen und damit dafür sorgen, daß die anfallenden Aufgaben - auch im Interesse der Allgemeinheit - erledigt werden. Soweit in der Vergangenheit Bedenken gegen auflösende Bedingungen geäußert wurden, die das Risiko einseitig auf den Arbeitnehmer (hier: die Beigeladene) abwälzen (vgl. BAG, aaO.), greifen diese hier nicht. Der Grund für die auflösende Bedingung ist von vorn herein schon in den um die Stelle konkurrierenden Personen angelegt, da es im Kern um die Frage geht, welcher von ihnen am besten geeignet ist. Außerdem sind alle auch an dem Konkurrentenstreitverfahren beteiligt und können - sei es als Antragsteller, Antragsgegner oder Beigeladener - auf dessen Ausgang Einfluß nehmen.

Bereits die Verneinung des Anordnungsgrundes führt im vorliegenden Fall zur Ablehnung der begehrten einstweiligen Anordnung, so daß es auf die zwischen den Beteiligten ebenfalls streitige Frage des Vorliegens des Anordnungsanspruchs nicht mehr ankommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 4 GKG.

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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