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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 02.02.2007
Aktenzeichen: 2 O 109/06
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 10 Abs. 3 Satz 2
§ 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG schließt die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Ablehnung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet nur dann aus, wenn das Bundesamt die Ablehnung sowohl hinsichtlich der Asylanerkennung als auch hinsichtlich der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt hat.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

2 O 109/06

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Ausländerrecht

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern

am 2. Februar 2007

in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 18. August 2006 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).

Dass dem Kläger gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zustehen könnte, ist nicht ersichtlich.

Allerdings steht § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden, sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt wurde. Maßgeblich hierfür ist der Bescheid des Bundesamtes. Insbesondere kommt es darauf an, ob die Begründung des Bescheides sich ausdrücklich auf § 30 Abs. 3 AsylVfG bezieht (vgl. Discher, in: GK-AufenthG, Stand: 11/06, § 10 Rn. 152 ff., m.w.N.). Eine Ablehnung des Asylantrages nach § 30 Abs. 3 AsylVfG liegt dabei nur dann vor, wenn die Entscheidung sowohl hinsichtlich der Asylanerkennung als auch hinsichtlich der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt ist. Denn gemäß § 13 Abs. 1 AsylVfG enthält der Asylantrag regelmäßig sowohl den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter als auch den Antrag auf Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Eine Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet darf nach § 30 Abs. 1 AsylVfG nur erfolgen, wenn sowohl die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter als auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1. AufenthG offensichtlich nicht vorliegen (vgl. hierzu Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 30 AsylVfG Rn. 7). Dem entsprechend ist auch der in § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorausgesetzte Fall der Ablehnung "des Asylantrages" nach § 30 Abs. 3 AsylVfG nur dann gegeben, wenn sowohl der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter als auch der Antrag auf Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, nach § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt worden ist. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

In seinem Bescheid vom 27.07.2004 hat das Bundesamt lediglich den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt, nicht aber den Antrag auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG. Zu dem Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter heißt es in dem Bescheid: "Klare und nachvollziehbare Angaben über die Umstände der Reise von seinem Wohnort bis in die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere zu allen Transitländern und Umständen der Grenzübertritte, hat der Antragsteller unter Verstoß gegen § 25 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG nicht gemacht, so dass sich die Anwendung von § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylVfG geradezu aufdrängt." (Seite 2 des Bescheides, Blatt 16 der Verwaltungsvorgänge). Hinsichtlich der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hat das Bundesamt die Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet hingegen auf § 30 Abs. 2 AsylVfG gestützt. Diese Rechtsgrundlage wird - nach allgemeinen Angaben zu den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG - ausdrücklich genannt (Seite 3 des Bescheides, Blatt 17 der Verwaltungs Vorgänge); auf diese Vorschrift beziehen sich auch die nachfolgenden Ausführungen. Hingegen lässt sich die weitere Begründung nicht mit einer der Fallgruppen des § 30 Abs. 3 AsylVfG in Verbindung bringen; diese Vorschrift wird auch nicht zitiert. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass es in dem Bescheid sodann heißt: "Das alles lässt nur den Schluss zu, dass sich der Antragsteller nicht wegen politischer Verfolgungsfurcht, sondern aus anderen Gründen in der Bundesrepublik Deutschland aufhält. Sein Asylantrag war daher nach § 30 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 5 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abzulehnen." Insoweit handelt es sich lediglich um die abschließende Zusammenfassung der Begründung der Entscheidung über den Asylantrag insgesamt, der - wie ausgeführt - hinsichtlich des Antrags auf Anerkennung als Asylberechtigter nach § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylVfG und hinsichtlich des Antrags auf Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, nach § 30 Abs. 2 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist.

Ob der Kläger zu Recht davon ausgeht, dass § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG keine Anwendung findet, wenn die qualifizierte Antragsablehnung vor In-Kraft-Treten des Aufenthaltsgesetzes am 01.01.2005 erfolgt ist, kann daher offen bleiben. Allerdings ist anzumerken, dass diese Auffassung sich wohl nicht auf den vom Kläger angeführten Beschluss des OVG Bremen vom 14.07.2005 - 1 B 176/05 (www.asyl.net/magazin/docs/2006/m-6/7659.pdf) stützen lässt, die den Fall einer vor In-Kraft-Treten des § 30 Abs. 3 AsylVfG ergangenen Entscheidung des Bundesamtes betrifft.

Die Klage hat gleichwohl deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil nicht erkennbar ist, dass zu Gunsten des Klägers - eines Armeniers yezidischer Religionszugehörigkeit, dessen Lebensgefährtin eine aus Berg-Karabach stammende aserische Volkszugehörige ist - die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt sein könnten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Der Kläger hat in seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 21.09.2005 (Blatt 173 der Verwaltungsvorgänge) jedoch keine Angaben gemacht, die auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen schließen lassen könnten. Soweit er auf die Asylverfahren der weiteren Familienmitglieder - der Lebensgefährtin und des gemeinsamen Sohnes - verwiesen hat, sind diese zwischenzeitlich durch die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 19.10.2006 zu den Aktenzeichen 4 A 57/05 und 4 A 175/05 rechtskräftig abgeschlossen worden. Soweit der Kläger weiter ausgeführt hat, es sei "auf nicht absehbare Zeit ausgeschlossen, dass eine Aufenthaltsbeendigung in einen einheitlichen Zielstaat erfolgen kann oder dass auch nur absehbar wäre, an welchem Ort der Erde diese Familie außerhalb Deutschlands ebenfalls als Familie zusammenleben kann", wird diese Einschätzung nicht näher begründet. Es ist aber nicht ohne weiteres ersichtlich, weshalb der Familie nicht eine gemeinsame Ausreise nach Armenien möglich sein sollte. Auch die Klagebegründung und die Beschwerdebegründung enthalten hierzu keine näheren Ausführungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 166 VwGO iVm. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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