Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 07.05.2003
Aktenzeichen: 4 K 30/02
Rechtsgebiete: VwGO, Verf M-V, SchulG M-V


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1
Verf M-V Art. 7 Abs. 1
Verf M-V Art. 15 Abs. 1
Verf M-V Art. 72 Abs. 1
SchulG M-V § 107
Zur Frage der Antragsbefugnis eines Schulträgers, der sich gegen Regelungen der Schulentwicklungsplanungsverordnung Mecklemburg-Vorpommern vom 04. Oktober 2000 wendet.

Der Erlass der Schulentwicklungsplanungsverordnung vom 04. Oktober 2000 wird von der Ermächtigungsgrundlage des § 107 Abs. 7 SchulG M-V erfasst.

§ 107 SchulG M-V beeinträchtigt den Schulträger nicht in seinen verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen.

Zur Frage der Zuständigkeit zur Aufstellung von Schulentwicklungsplänen in Mecklenburg-Vorpommern.

Die Aufstellung von Schulentwicklungsplänen gehört nach der Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern nicht zu den kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinden.


Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 4 K 30/02

Verkündet am: 07.05.2003

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Normenkontrolle - Schulrecht -

hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung am 30. April 2003,

verkündet am 07. Mai 2003 in Greifswald

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in der selben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit der Vorschriften der Verordnung des Antragsgegners über die Schulentwicklungsplanung in Mecklenburg-Vorpommern (Schulentwicklungsplanungsverordnung - SEPVO M-V -) vom 04. Oktober 2000 (GVBl. S. 525) und der ersten Verordnung zur Änderung der Schulentwicklungsplanungsverordnung vom 18. Februar 2003 (GVBl. S. 244), die die Antragstellerin mit ihrem am 02. Oktober 2002 eingegangenen und mit Schriftsatz vom 28. April 2003 erweiterten Normenkontrollantrag angreift.

Die Antragstellerin ist Schulträgerin der verbundenen Haupt- und Realschule bzw. Regionalschule (§ 143 Abs. 6 SchulG M-V i.d.F. des 6. ÄndG vom 17.06.2002, GVOBl. S. 394) in Putbus. Der Kreistag des Landkreises Rügen beschloss in seinen Sitzungen vom 06. Dezember 2001 (Beschluss KT 258-17./01) und vom 07. März 2002 (Beschluss KT 296-19./02) den Schulentwicklungsplan für die Schuljahre 2001 - 2006 mit einer Prognose bis 2015 (Teil 1 Allgemeinbildende Schulen). In dem Schulentwicklungsplan heißt es unter 3.2 "Veränderungen der Schulstandorte und Änderungen der Einzugsbereiche zum Ende des Prognosezeitraumes im Jahr 2015":

"3.2.3. Stadt Putbus: ... Im Sekundärbereich I werden die Haupt- und Realschüler der Stadt Putbus dem Einzugsbereich der verbundenen Haupt- und Realschule des Amtes Garz zugeordnet, die dadurch eine Zweizügigkeit erreicht."

Mit Bescheid vom 25. März 2002 genehmigte der Antragsgegner den Schulentwicklungsplan des Landkreises Rügen mit Auflagen.

Ziffer 8 dieses Bescheides lautet:

"Die verbundenen Haupt- und Realschulen Putbus und Sagard sollen im Planungszeitraum auslaufen. Nach den vorliegenden Schülerzahlen könnte die Mindestschüler zahl von 22 jedoch bereits früher als vorgesehen unterschritten werden. In diesem Fall ist eine rechtzeitige Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes erforderlich."

Gemäß dem Anhang zu § 2 der Satzung des Landkreises Rügen über die Festlegung von Schuleinzugsbereichen für Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen im Landkreis Rügen in der Fassung der 4. Änderung vom 03. April 2002 (Bekanntmachungen vom 08. Mai 2002 und 07. Oktober 2002) - Einzugsbereichssatzung - umfasst der Einzugsbereich der verbundenen Haupt- und Realschule Garz "die Haupt- und Realschüler der Klassenstufe 5 der Stadt Putbus und aller Ortsteile der Stadt falls weniger als 22 Schüler" und der Einzugsbereich der verbundenen Haupt- und Realschule der Stadt Putbus "die Klassenstufe 5 bei mindestens 22 Schülern".

Den bereits am 06. August 2002 gestellten Normenkontrollantrag gegen den genannten Schulentwicklungsplan des Landkreises Rügen (4 K 9/03) hat der Senat mit Urteil vom 07. Mai 2003 abgelehnt. Mit Urteil vom 21. Mai 2003 hat der Senat auf den entsprechenden Normenkontrollantrag der Antragstellerin § 2 der Satzung des Landkreises Rügen über die Festlegung von Schuleinzugsbereichen für Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen im Landkreis Rügen i.d.F. der 4. Änderung vom 03. April 2002 (Bekanntmachungen vom 08. Mai 2002 und 07. Oktober 2002) insoweit für nichtig erklärt, als im Anhang der Einzugsbereich der Verbundenen Haupt- und Realschule Garz "die Haupt- und Realschüler der Klassenstufe 5 der Stadt Putbus und aller Ortsteile der Stadt falls weniger als 22 Schüler" und der Einzugsbereich der Verbundenen Haupt- und Realschule der Stadt Putbus "die Klassenstufe 5 bei mindestens 22 Schülern" umfasst (4 K 18/02).

Die Antragstellerin hält ihren Normenkontrollantrag für zulässig. Insbesondere sei sie antragsbefugt, da sie die Verletzung ihrer Selbstverwaltungsrechte als Gemeinde nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) und Art. 72 Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Verf M-V) geltend mache. Die angegriffene Verordnung entfalte ihr als Schulträgerin gegenüber unmittelbare Außenwirkung. Die Beeinträchtigung in ihrem Recht auf Selbstverwaltung als Schulträgerin sei in der Verordnung selbst angelegt, auch wenn die auf der Grundlage der Schulentwicklungsplanungsverordnung aufgestellten Schulentwicklungspläne zu ihrer Umsetzung weiterer Folgeakte bedürften. Einen weiteren Eingriff in den Bereich ihrer kommunalen Selbstverwaltung stelle zudem der Entzug ihrer Schulentwicklungsplanung durch § 1 SEPVO M-V dar. Die Schulentwicklungsplanung zähle zu der Organisationshoheit, die den Gemeinden das Recht gewährleiste, ihre Verwaltungsorganisation nach eigenem Ermessen einzurichten. Ihre Antragsbefugnis sei ferner darin zu sehen, dass die Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V in ihr Selbstverwaltungsrecht im Zusammenhang mit ihrem Recht auf Organisationsentscheidungen im Sinne von § 108 SchulG M-V eingreife. Der Schulentwicklungsplan des Landkreises Rügen sehe die Schließung ihrer Verbundenen Haupt- und Realschule in Putbus vor. Eine solche Schulschließung bedürfe jedoch gemäß § 108 SchulG M-V eines Beschlusses durch sie als Schulträgerin.

Der Normenkontrollantrag sei auch begründet. Die angegriffene Verordnung verstoße gegen Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 72 Verf M-V. Die Schulentwicklungsplanung gehöre zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und damit zum Bereich der verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstverwaltung. Diese sei ihr durch die Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V entzogen, so dass in ihr Selbstverwaltungsrecht eingegriffen worden sei. Dieser Eingriff sei mit Art. 72 Verf M-V nicht zu vereinbaren und nicht gerechtfertigt. § 107 Abs. 5 SchulG M-V sei als Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V untauglich, da diese Vorschrift selbst mit Art. 72 Verf M-V nicht vereinbar sei. Sachliche oder wirtschaftliche Gründe, die es rechtfertigen könnten, den Gemeinden eine Aufgabe zu entziehen, die in den Schutzbereich des Art. 72 Verf M-V falle, lägen nicht vor. Zudem finde die Festlegung des Grundsatzes der Zweizügigkeit in § 4 Abs. 1 Nr. 3 SEPVO M-V im Schulgesetz M-V keine Stütze und sei daher rechtswidrig. Diese Regelung werde durch § 107 Abs. 7 SchulG M-V nicht gedeckt, weil dieser keine Ermächtigung dahingehend enthalte, Regelungen über die Mehr- oder Einzügigkeit einer Schule zu treffen. Entsprechende Regelungen enthalte auch das Schulgesetz M-V im Übrigen nicht. Es sei daher Sache des einzelnen Schulträgers, ob er eine Mehrzügigkeit oder Mindestschülerzahl an seiner Schule für erforderlich halte. § 4 Abs. 1 Nr. 3 SEPVO M-V verstoße ferner gegen § 16 Abs. 5 SchulG M-V. Aus dem Wortlaut ergebe sich, dass die Einzügigkeit nicht von der Mindestschülerzahl abhängig gemacht werden dürfte. Die Festlegung der Mindestschülerzahl auf 22 Schüler bei der Eingangsklasse 5 verstoße schließlich gegen § 107 Abs. 1 SchulG M-V. Der Schulentwicklungsplan solle nach dieser Vorschrift "im Benehmen" mit ihr - der Antragstellerin - aufgestellt werden. Hierin drücke sich der beratende Einfluss eines Schulträgers aus. Dieser Grundsatz des beratenden Einflusses sei durch § 4 Abs. 1 Nr. 3a und Nr. 3b SEPVO M-V entfallen. Die Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V verstoße zudem gegen das in § 107 Abs. 3 SchulG M-V zum Ausdruck kommende Abwägungsgebot. Raum- und landesplanerische Gesichtspunkte seien in den genannten Vorschriften der angegriffenen Verordnung überhaupt nicht berücksichtigt.

Die Antragstellerin beantragt,

die Verordnung über die Schulentwicklungsplanung in Mecklenburg-Vorpommern vom 04. Oktober 2000 und die Erste Verordnung zur Änderung der Schulentwicklungsplanungsverordnung vom 18. Februar 2003 für nichtig zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hält den Normenkontrollantrag für unzulässig. Der Antragstellerin fehle die Antragsbefugnis, da sie allenfalls mittelbar durch die Vorschriften der Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V aufgrund ihrer Stellung als Schulträgerin betroffen sei. Die Antragstellerin werde durch die angegriffene Verordnung nur faktisch und mehr oder weniger zufällig betroffen. Es bleibe den Landkreisen und den kreisfreien Städten selbstverständlich vorbehalten, festzulegen, an welchen Schulen und in welchen Kommunen aufgrund der Schülerzahlenentwicklung eine Klassenstufe nicht mehr fortgeführt werden könne.

Darüber hinaus sei der Normenkontrollantrag auch unbegründet. Die Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 107 Abs. 7 SchulG M-V gedeckt. Unter Berücksichtigung des Art. 57 Abs. 1 der Verf M-V sowie der zu Art. 80 Abs. 1 GG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei hier die Intensität des Eingriffs in die verfassungsrechtliche geschützte Rechtsposition der Antragstellerin aus Art. 72 Verf M-V und Art. 28 Abs. 2 GG als eher gering einzustufen. Auch eine Aufhebung der Schule der Antragstellerin sei keine zwingende Folge der Festlegung von Mindeststandards in der Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V. Sie sei vielmehr die Konsequenz der Entscheidung des Planungsträgers, der aufgrund der aktuellen Schülerzahlentwicklung gezwungen sei, im Rahmen des § 107 SchulG M-V und der Vorschriften der streitgegenständlichen Verordnung Schwerpunkte in der Schulentwicklungsplanung zu setzen. Ebenso wenig liege ein in Betracht zu ziehender Verstoß gegen § 16 Abs. 5 SchulG M-V a.F. vor. Gerade diese Regelung habe die Zweizügigkeit an Verbundenen Haupt- und Realschulen vorgesehen, da der Unterricht nämlich grundsätzlich getrennt nach Bildungsgängen erteilt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie die dazu eingereichten Behördenakten und der beigezogenen Verfahrensakten 4 K 18/02 einschließlich der dortigen Verwaltungsvorgänge sowie die Akten des beigezogenen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Greifswald 2 A 297/02 nebst Behördenakten und des abgeschlossenen Eilverfahrens 2 B 83 7/02 (Verwaltungsgericht Greifswald) Bezug genommen; sie waren sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).

I. Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V für eine Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht sind erfüllt; die Antragstellerin wendet sich mit dem vorliegenden Normenkontrollantrag gegen Vorschriften der vom Antragsteller erlassenen, im Range unter dem Landesgesetz stehenden Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO im Normenkontrollverfahren geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es erscheint jedenfalls nicht völlig ausgeschlossen, dass die Antragstellerin durch die angegriffene Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V bzw. deren Anwendung in eigenen Rechten verletzt ist bzw. in absehbarer Zeit verletzt wird. Dies gilt namentlich für ihre Rechtstellung als Schulträgerin und sich aufgrund dieser Stellung möglicherweise aus Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 72 Abs. 1 Verf M-V ergebende Planungs- und Dispositionsbefugnisse.

Gegen das Vorliegen des (besonderen) Rechtsschutzbedürfnisses der Antragstellerin spricht nicht, dass die Genehmigung des Schulentwicklungsplanes des Landkreises Rügen durch den Antragsgegner vom 25. März 2002 sowie die Genehmigung des Antragsgegners vom 19. August 2002 für die Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes bestandskräftig geworden sind. Im vorliegenden Normenkontrollverfahren besteht die Besonderheit, dass zwischen den Beteiligten bereits Unklarheiten über die Rechtsfolgen der Vorschriften der Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V für Entscheidungen der Schulträger nach § 108 SchulG M-V bestehen.

Schließlich ist der Normenkontrollantrag auch innerhalb der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangen.

II. Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet. Die angegriffene Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V und die Änderungsverordnung sind weder formell noch materiell zu beanstanden.

Die nach Art. 57 Abs. 1 Satz 1 Verf M-V erforderliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der angegriffenen Schulentwicklungsplanungsverordnung ist in § 107 Abs. 7 SchulG M-V zu sehen. § 107 Abs. 7 SchulG M-V ermächtigt die oberste Schulaufsichtsbehörde, das Nähere zur Aufstellung, Fortschreibung und zur Genehmigung der Schulentwicklungspläne durch Rechtsverordnung zu regeln. Nach Art. 57 Abs. 1 Satz 2 Verf M-V muss das Gesetz Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine gesetzliche Ermächtigung zur Normensetzung jedenfalls dann hinsichtlich ihres Inhalts hinreichend bestimmt, wenn sich aus dem Gesetz durch Auslegung ermitteln lässt, welche Fragen der Ermächtigungsverordnungsgeber regeln wollte (BVerfG Entscheidung vom 18.10.1966 - 2 BvL 28/64 -, BVerfGE 20, 296 ff., 3 04). Die in § 107 Abs. 7 SchulG M-V normierte Verordnungsermächtigung ist demnach im Zusammenhang mit den übrigen Vorschriften des Schulgesetzes M-V zu sehen. Insbesondere sind hier die Regelungen über die Schulentwicklungsplanung in den Absätzen 1 bis 6 des § 107 SchulG M-V, vor allem § 107 Abs. 2 und Abs. 5 SchulG M-V, heranzuziehen. Danach muss sich die Schulentwicklungsplanung hinsichtlich der Personalausstattung an der Bedarfs- und Finanzplanung des Landes orientieren (§ 107 Abs. 2 SchulG M-V) und sollen Schulen der Sekundarbereiche I und II eine Größe haben, die eine Differenzierung des Unterrichts ermöglicht und eine sinnvolle Unterrichts- und Erziehungsarbeit erlaubt § 107 Abs. 5 Satz 1 SchulG M-V. Diese im Schulgesetz M-V selbst vorgesehenen Vorgaben sind bei der Aufstellung, Fortschreibung und Genehmigung von Schulentwicklungsplänen inhaltlich zu berücksichtigen. Es liegt demnach auf der Hand, dass der durch § 107 Abs. 7 SchulG M-V ermächtigte Verordnungsgeber die nähere inhaltliche Ausgestaltung dieser gesetzlichen Vorgaben auch durch die von der Antragstellerin beanstandeten Mindestschülerzahlen und/oder Mindest-/Mehrzügigkeiten von weiterführenden Schulen in einer Verordnung soll regeln können.

Auch der Zweck der Ermächtigung in § 107 Abs. 7 SchulG M-V ist hinreichend kenntlich gemacht. Aus diesem Wortlaut sowie aus Sinn und Tragweite der sonstigen Regelungen des Schulgesetzes lässt sich mit genügender Deutlichkeit das Ziel umreißen, welches durch die streitgegenständliche Rechtsverordnung nach dem Willen des Gesetzgebers verwirklicht werden soll. Der Zweck der Ermächtigung in § 107 Abs. 7 SchulG M-V erschöpft sich nicht darin, den Verordnungsermächtigten das Aufstellungs-, Fortschreibungs- und Genehmigungsverfahren der Schulentwicklungspläne näher ausgestalten zu lassen. Die Verordnungsermächtigung dient auch dem Zweck, die vom Gesetzgeber gemachten inhaltlichen Vorgaben - wie z.B. die Orientierung der Personalausstattung der Schulen an der Bedarfs- und Finanzplanung des Landes (§ 107 Abs. 2 SchulG M-V) - näher zu regeln. Wie sich aus § 107 Abs. 1 Satz 1 SchulG M-V ergibt, bezieht sich zudem die Schulentwicklungsplanung für das Schulnetz des Landkreises bzw. des Gebietes der kreisfreien Stadt immer auf mehr als eine Schule und hat stets das Zusammenspiel von Bildungsangeboten mehrerer Schulträger zu koordinieren (vgl. dazu auch OVG M-V, Urteile vom 07. Mai 2003 - 4 K 8/03 und 4 K 9/03 -). Die in der Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V enthaltenen Regelungen, insbesondere auch zu Mindestschülerzahlen bei der Klassenbildung und Mindestzügigkeit von Schulen, dienen demzufolge dem vom Gesetzgeber für die Schulentwicklungsplanung verfolgten Zweck.

Schließlich ist die Verordnungsermächtigung in § 107 Abs. 7 SchulG M-V auch hinsichtlich ihres Ausmaßes eindeutig umgrenzt.

Zwar enthält das Schulgesetz M-V selbst keine ausdrücklichen Angaben zu der Frage nach Mindestschülerzahlen oder Mindest-/Mehrzügigkeiten von Schulen. Indessen ergibt sich das Ausmaß der Ermächtigung ebenfalls aus dem Zusammenspiel des § 107 Abs. 7 SchulG M-V mit den übrigen Vorschriften des Schulgesetzes M-V. Hier ist insbesondere § 107 Abs. 4 Satz 4 SchulG M-V von Bedeutung. Nach der genannten Vorschrift ist (bei der Schulentwicklungsplanung) die Entwicklung der Zahl der Schüler bei der Prognose des Schulbedarfs zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat dabei der Entwicklung der Schülerzahlen ein erhebliches Gewicht beigemessen. Auf der Grundlage der Entwicklung der Schülerzahlen ist der zukünftige Bestand an Schulangeboten unter Beachtung des Bestandes an Schulen abzuleiten (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung zu § 107 Abs. 4 SchulG M-V, Drs. 2/1185). Die Bewertung des Verhältnisses von Bildungsbedürfnis und Bildungsdeckung soll danach eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage bilden. In der Gesetzesbegründung ist hierzu darüber hinaus ausgeführt:

"... Die Schulentwicklungspläne sollen auch die zu regelnden gebietsübergreifenden Schwerpunkte erfassen. Die Planungsträger sollen dazu mit benachbarten Kreisen und kreisfreien Städten zusammenarbeiten, um uneffektive Überschneidungen von Bildungsangeboten zu vermeiden."

Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber die Ermächtigungsgrundlage des § 107 Abs. 7 SchulG M-V zu sachwidrigen Zwecken, etwa einer sachwidrigen Privilegierung einzelner Schulen genutzt hat, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Von der nicht zu beanstandenen Verordnungsermächtigung in § 107 Abs. 7 SchulG M-V wird insbesondere auch § 3 Abs. 3 Ziffer 4 SEPVO M-V umfasst. Nach § 3 Abs. 3 Ziffer 4 SEPVO M-V sind Schulen, die für die Schulart festgelegte Mindestgrößen nicht mehr erreichen, aufzuheben, soweit in erreichbarer Nähe eine Schule der entsprechenden Schulart vorhanden ist oder die gleichen Bildungsabschnitte in einer Schule einer anderen Schulart in erreichbarer Nähe erworben werden kann. Anders als die Antragstellerin § 3 Abs. 2 Ziffer 4 SEPVO M-V auszulegen sucht, ist die genannte Vorschrift im Zusammenhang mit § 107 Abs. 4 Satz 4 SchulG M-V zu sehen. Nach § 107 Abs. 4 Satz 1 SchulG M-V werden in den (Schulentwicklungs-) Plänen der gegenwärtige und zukünftige Schulbedarf sowie die Schulstandorte ausgewiesen. Dafür, dass § 3 Abs. 3 Ziffer 4 SEPVO M-V neben § 108 SchulG M-V eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage dahingehend enthalten soll, eine bestehende Schule ohne eine nach § 108 SchulG M-V zu treffende Entscheidung zu schließen, ist nichts ersichtlich.

Zweifel dahingehend, dass § 107 SchulG M-V seinerseits die Antragstellerin in verfassungsrechtlich geschützten oder anderweitig durch Gesetz eingeräumten Rechtspositionen beeinträchtigt, hat der Senat nicht. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Frage nach der Zuständigkeit für die Aufstellung von Schulentwicklungsplänen. Sie gehört - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - nach der Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern nicht zu den kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinden. Gemäß Art. 72 Abs. 1 Verf M-V sind die Gemeinden berechtigt und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, in ihrem Gebiet alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Ihnen ist ein grundsätzlich alle örtlichen Angelegenheiten umfassender Aufgabenbereich sowie die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich zuerkannt (BVerfG, Beschluss vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, BVerfGE 26, 228 ff.). Nach Art. 15 Abs. 1 der Landesverfassung M-V steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Landes. Diese Vorschrift hat Auswirkungen auf die Bestimmung des Bereichs kommunaler Selbstverantwortung (BVerfG, a.a.O.). Zur Schulaufsicht gehört jedenfalls die Befugnis des Staates zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet. Dem Staat steht die Schulplanung und die Möglichkeit der Einwirkung auf Errichtung, Änderung und Aufhebung der einzelnen öffentlichen Schulen zu. Der Landesgesetzgeber hat in Mecklenburg-Vorpommern die Wahrnehmung der Schulträgerschaft den Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden, Landkreise und kreisfreien Städte zugeordnet (§ 102 Abs. 1 SchulG M-V). Die Schulentwicklungsplanung hingegen hat er den Landkreisen und den kreisfreien Städten übertragen (§ 107 Abs. 1 SchulG M-V). Ein Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden ist hierin nicht erkennbar. Schulentwicklungspläne nach § 107 Abs. 1 SchulG M-V sind nach Satz 2 für das Schulnetz des Landkreises oder des Gebietes der kreisfreien Stadt aufzustellen. Demnach haben die Planungen alle dem Landkreis zugehörigen Gemeinden zu umfassen; sie sind also gerade nicht auf das Gebiet eines Schulträgers zu beschränken. Welche Anforderungen insofern an einen Schulentwicklungsplan zu stellen sind, folgt aus § 107 Abs. 2 bis 5 SchulG M-V i.V.m. den Vorschriften der streitgegenständlichen Schulentwicklungsplanungsverordnung M-V. Diese Bewertung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der in seiner Begründung zu § 107 SchulG M-V hierzu unter anderem ausgeführt hat, dass die Landkreise mit der Aufstellung von Schulentwicklungsplänen eine übergreifende Ordnungsfunktion übernehmen und das Land im Rahmen seiner Aufsicht über das Schulwesen über die Einhaltung der Grundsätze und Ziele nach Abs. 2 bis 5 (des § 107) zu wachen hat (Drs. 2/1185, S. 176 f.).

Der Umstand, dass der Landesgesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern die Schulentwicklungsplanung gerade nicht als Pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe ausgestaltet hat, ist der entscheidende Unterschied zu der Rechtslage in Brandenburg, die das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in seinem von der Antragstellerin zitierten Urteil vom 11. Juli 1997 zu überprüfen hatte (Verfassungsgericht Brandenburg - 1/97 -, LVerfGE 7, 74 ff.). Der dortige Landesgesetzgeber hatte die Schulentwicklungsplanung nämlich den Pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben zugeordnet. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Wahrnehmung der Schulträgerschaft in Mecklenburg-Vorpommern gemäß § 102 Abs. 1 SchulG M-V eine Pflichtaufgabe des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden, Landkreise und kreisfreien Städte ist. Bei der Aufstellung von Schulentwicklungsplänen handeln die Landkreise bzw. die kreisfreien Städte gerade nicht als Schulträger, sondern als "Planungsträger".

Die Vorschriften der angegriffenen Verordnungen verletzen die Antragstellerin auch nicht in ihrem sich aus Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 72 Abs. 1 Verf M-V ergebenden Selbstverwaltungsrecht, soweit sie die Aufgaben als Schulträgerin nach § 102 SchulG M-V wahrzunehmen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird der unantastbare Bereich der Selbstverwaltung nur dann berührt, wenn durch Einschränkung des Aufgabenbereichs oder durch übermäßige Einschränkung der eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte die Gefahr einer Aushöhlung der Selbstverwaltung herbeigeführt würde (BVerwG, Urteil vom 11.03.1966 - VII C 141.65 -, BVerwGE 23, 351 ff.).

Eine Aushöhlung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts der Antragstellerin als Schulträgerin ist insbesondere nicht in § 3 Abs. 3 Ziffer 4 SEPVO M-V zu sehen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wird den Schulträgern durch § 3 Abs. 3 Ziffer 4 SEPVO M-V nicht die Verpflichtung auferlegt, Schulen aufzuheben, die für die entsprechende Schulart festgelegte Mindestgrößen nicht mehr erreichen oder erreichen werden.

Hierbei ist zunächst insbesondere zu berücksichtigen, dass sich § 3 Abs. 3 SEPVO M-V an die Schulentwicklungsplanungsträger (also die Landkreise bzw. kreisfreien Städte, § 107 Abs. 1 SchulG M-V) wendet, die die Einzelheiten der sich im Planungszeitraum ergebenden Veränderungen in der Struktur einzelner Schulen sowie Änderungen der Einzugsbereiche im Schulentwicklungsplan anzugeben haben. Im Übrigen hat der Senat in seinen Urteilen vom 07. Mai 2003 in den Verfahren 4 K 8/03 und 4 K 9/03 die Auffassung vertreten, dass sich eine Pflicht zur Beachtung von Schulentwicklungsplänen für die Schulträger nicht unmittelbar aus dem Schulentwicklungsplan selbst ergibt.

Er hat hierzu weiter ausgeführt:

"Einschlägig ist in dieser Hinsicht vielmehr § 108 SchulG M-V. Nach dessen Satz 1 erfolgen Beschlüsse der Schulträger über Errichtung, Organisationsänderung und Aufhebung von Schulen auf der Grundlage eines genehmigten Schulentwicklungsplans. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ist zwar nicht unmittelbar zu entnehmen, dass die Schulträger bei einer Änderung des Schulentwicklungsplans entsprechende Beschlüsse hinsichtlich einer möglichen Aufhebung der Schulen oder sonstiger schulorganisatorischer Entscheidungen zu erwägen haben. Dies ergibt sich aber ohne weiteres aufgrund einer Auslegung des § 108 SchulG M-V unter Hinzuziehung der übrigen Vorschriften des Schulgesetzes. Gemäß § 108 Satz 2 SchulG M-V ist eine Genehmigung (der in Satz 1 genannten Beschlüsse) zu versagen, wenn der Beschluss mit dem Schulentwicklungsplan nicht vereinbar ist oder der ordnungsgemäßen Gestaltung des Schulunterrichts entgegensteht. Danach entspricht es unzweifelhaft dem Willen des Gesetzgebers, eine Verpflichtung der Schulträger zur Befassung mit möglichen schulorganisatorischen Entscheidungen dann anzunehmen, wenn ein genehmigter Schulentwicklungsplan dies aufgrund der dort getroffenen Prognose erforderlich macht. Eine solche Auslegung wird auch dem Spannungsverhältnis zwischen den staatlichen Herrschaftsbefugnissen zur Organisation, Planung, Leitung und Beaufsichtigung des Schulwesens einerseits und der gemäß § 102 Abs. 1 SchulG M-V normierten Wahrnehmung der Aufgaben der Schulträgerschaft als Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises andererseits auf dem Gebiet des Schulrechts gerecht. Denn nur dann, wenn die genehmigten Schulentwicklungspläne, die im Übrigen gemäß § 107 Abs. 1 Satz 1 SchulG M-V im Benehmen mit den Gemeinden aufzustellen sind, auch von den Schulträgern jedenfalls beachtet werden, kann das Ziel einer koordinierten Schulentwicklung erreicht werden. Dass der Gesetzgeber eine ausdrückliche Beachtenspflicht der Schulträger in § 108 SchulG M-V nicht aufgenommen hat, mag in der Gesetzeshistorie begründet sein. Die Gesetzesbegründung zu § 108 SchulG M-V (Drs. 2/1185) enthält nämlich lediglich den Hinweis, dass diese Vorschrift im Wesentlichen § 18 Abs. 6 SRG M-V entspricht. § 18 Abs. 6 SRG M-V sah die Zustimmung der Schulaufsichtsbehörde für die Errichtung, Änderung oder Auflösung einer Schule sowie die für die Durchführung von Schulversuchen vor. Vorschriften zu einer Schulentwicklungsplanung, wie sie das Schulgesetz in der jetzigen Fassung enthält, enthielt das Schulreformgesetz nicht."

Eine Verletzung des unantastbaren Kerns der Selbstverwaltung der Antragstellerin ist auch nicht in § 4 Abs. 1 Ziffer 3 und 5 SEPVO M-V zu sehen. Zu dem sich aus Art. 7 Abs. 1 GG ergebenen administrativen Bestimmungsrecht des Staates gehören auch organisatorische Maßnahmen wie die Festsetzung von Klassenstärken (BVerwG, a.a.O.). Dies folgt ohne Weiteres auch aus den in § 107 Abs. 2 und 5 SchulG M-V festgelegten Maßstäben, wonach sich die Schulentwicklungsplanung hinsichtlich der Personalausstattung an der Bedarfs- und Finanzplanung des Landes zu orientieren hat, mit der Folge, dass das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden, die Schulträger sind, gegenüber staatlichen Herrschaftsrechten auf dem Gebiet des Schulrechts zurückzutreten hat.

Die streitgegenständlichen Vorschriften sind auch mit den Regelungen des Schulgesetzes M-V im Übrigen vereinbar. Soweit die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 16 Abs. 5 SchulG M-V rügt, greift diese Rechtsauffassung nicht durch. Offensichtlich meint die Antragstellerin hier § 16 Abs. 5 SchulG M-V a.F., der aber im Grundsatz ebenfalls eine Mehrzügigkeit der Schule verlangte.

Weitere zur Nichtigkeit führende inhaltliche Mängel sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 711, 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 132 VwGO).

Ende der Entscheidung

Zurück