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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 30.06.2004
Aktenzeichen: 4 K 34/02
Rechtsgebiete: VwGO, GG, KAG M-V, KV M-V, KV-DVO


Vorschriften:

VwGO § 47
VwGO § 86 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
KAG M-V § 2 Abs. 1 Satz 2
KV M-V § 22 Abs. 3 Nr. 11
KV-DVO § 7
1. Die Verwendung unterschiedlicher Beitragssätze für altangeschlossene bzw. neu anschließbare Grundstücke ist im Grundsatz willkürlich und somit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

2. Die an einen Mischwasserkanal altangeschlossenen Grundstückseigentümer werden im konkreten Fall ohne sachlichen Grund bevorteilt; sie haben nur einen Beitrag nach dem Beitragssatz I zu entrichten und können dafür sowohl Schmutz- als auch Niederschlagswasser entsorgen. Schlechtergestellt werden demgegenüber die Fälle der Neuanschlüsse an einen Niederschlagswasserkanal. (Nur) hier entsteht zusätzlich auch ein Beitrag nach dem Beitragssatz II.


Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 4 K 34/02

Verkündet am 30.06.2004

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung der Stadt Barth vom 19. Dezember 2000

hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2004, verkündet am 30. Juni 2004 in Greifswald

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung der Stadt Barth (Kanalbaubeitragssatzung), beschlossen am 13. Dezember 2000, ausgefertigt am 19. Dezember 2000, wird - mit Ausnahme des § 11 (Ordnungswidrigkeiten) - für nichtig erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin ist Eigentümerin von ca. 200 Grundstücken, die im Bereich der Antragsgegnerin belegen sind und die mit Wohngebäuden bebaut sind. Dabei handelt es sich um komplexen Wohnungsbau, der zu DDR-Zeiten entstanden ist.

Nach einer Vorberatung in den entsprechenden Ausschüssen beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin am 13. Dezember 2000 die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung der Stadt Barth (Kanalbaubeitragssatzung). Die Beschlussfassung erfolgte unter Tagesordnungspunkt 11. Dieser war in Unterpunkte untergliedert. Unter Tagesordnungspunkt 11.1 beschloss die Stadtvertretung die Grundflächenzahlen für das Stadtgebiet von Barth als Grundlage zur Kalkulation für die Abwasserbeiträge und unter 11.2 die Kalkulation von Kanalbaubeiträgen für Schmutzwasser und Niederschlagswasser. Schließlich wurde Tagesordnungspunkt 11.3 mit folgendem Beschluss beendet:

"Die Stadtvertretung beschließt die vorliegende Satzung zur Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung der Stadt Barth mit folgenden Beitragssätzen:

Variante II/d: 75 % Umlage;

Beitragssatz I 7,49 DM = 3,83 EURO;

Beitragssatz II 14,20 DM = 7,26 EURO."

Die Satzung wurde am 19. Dezember 2000 ausgefertigt und am 09. Januar 2001 öffentlich bekannt gemacht. Ihre für das vorliegende Verfahren relevanten Bestimmungen lauten:

"§ 1 Grundsatz

(1) Die Stadt erhebt zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, die Verbesserung, die Erweiterung, Erneuerung sowie den Ausbau und Umbau der öffentlichen Abwasseranlagen Anschlußbeiträge.

(2) Die öffentliche Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung besteht aus dem Klärwerk mit den dazugehörigen Schmutzwasserleitungen bzw. Mischwasserleitungen einschließlich der Sonderbauwerke, soweit sie örtliche Ableitungsfunktionen für Grundstücke erfüllen sowie den Pumpstationen, Sammlern, Druckrohrleitungen, Klärteichen und Druckentwässerungsanlagen, die dem Klärwerk zuzuordnen sind und den jeweiligen Anschlußleitungen zu den einzelnen Grundstücken mit Nebeneinrichtungen, nicht jedoch aus den Hausanschlußleitungen auf den privaten Grundstücken mit Pumpstationen, Hebeanlagen und Reinigungsschächten zu deren Entwässerung.

(3) Die öffentliche Anlage zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung besteht aus den Niederschlagswasserleitungen und den dazugehörigen Sonderbauwerken sowie offenen und verrohrten Gräben, soweit sie örtliche Ableitungsfunktionen für die Grundstücksentwässerung erfüllen, wie Regenrückhaltebauwerke (z.B. Staukanäle, Regenrückhaltebecken, Regenrückhalteteiche), Regenauslaßbauwerke, Regenwasserbehandlungsanlagen und aus den Anschlußkanälen zu den einzelnen Grundstücken mit Nebeneinrichtungen, nicht jedoch aus den auf dem jeweiligen privaten Grundstück herzustellenden Grundstücksentwässerungsanlagen. Zu der öffentlichen Einrichtung gehören auch Anlagen und Anlagenteile, die nicht von der Stadt selbst, sondern von Dritten hergestellt und unterhalten werden, wenn sich die Stadt ihrer zur öffentlichen Niederschlagswasserbeseitigung bedient.

...

§ 2 Gegenstand der Beitragspflicht

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die über eine Anschlußleitung an die Abwasseranlage angeschlossen werden können und

a) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können

b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Stadt zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen

c) wenn sie bebaut sind.

(2) Wird ein Grundstück an die Abwasseranlage tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen.

(3) Grundstücke, die bereits vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern voll an eine öffentliche Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung angeschlossen waren, unterliegen zur Abgeltung des Vorteils, der ihrem Grundstück durch die Anschlußnahmemöglichkeit an die Anlage im Sinne des § 1 Abs. 2 dieser Satzung entsteht, ebenfalls der Beitragspflicht nach dieser Satzung. Es entsteht ein Herstellungsbeitrag (Beitragssatz I). Satz 1 und Satz 2 gelten entsprechend für Grundstücke, die bereits den Überlauf einer Grundstücksabwasseranlage an einen Mischwasserkanal angeschlossen hatten. Die vorstehenden Regelungen gelten ungeachtet dessen, dass Teile alter Abwasseranlagen noch weiter genutzt werden.

...

§ 3 Beitragsmaßstab

(1) Der Abwasserbeitrag wird nach einem nutzungsbezogenen Flächenbeitrag unter Berücksichtigung der Art und des Maßes der Bebaubarkeit des Grundstückes (Schmutzwasserbeitragsbemessungsfläche - SBF) beziehungsweise unter Berücksichtigung der Überbaubarkeit des Grundstückes (Niederschlagswasserbeitragsbemessungsfläche - NBF) errechnet. Für dasselbe Grundstück kann - auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten - sowohl ein Schmutzwasserbeitrag als auch ein Niederschlagswasserbeitrag entstehen.

(2) Als Grundstücksfläche gilt:

a) bei Grundstücken, die im Bereich eines Bebauungsplanes (B-Plan) liegen, die gesamte Fläche

b) bei Grundstücken, die über die Grenzen des B-Planes hinausreichen, die Fläche im Bereich des B-Planes, wenn für diese darin eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist

c) bei Grundstücken, für die kein B-Plan besteht oder der B-Plan die erforderlichen Festsetzungen nicht enthält und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) liegen die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 40 m dazu verlaufenden Parallelen, soweit diese Tiefenbegrenzungsregelung für eine sachgerechte Abgrenzung von Bauland zum Außenbereich erforderlich ist

d) bei Grundstücken nach Buchstabe c), die nicht an eine Straße angrenzen oder nur durch einen zum Grundstück gehörenden Weg mit einer Straße verbunden sind, die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 40 m dazu verlaufenden Parallelen.

...

§ 4 Beitragssätze

(1) Der Beitrag für die Herstellung, die Verbesserung, Erweiterung, Erneuerung und für den Aus- oder Umbau der zentralen öffentlichen Abwasseranlage bemißt sich nach den folgenden Vorschriften entsprechend der nach § 3 ermittelten nutzungsbezogenen oder überbaubaren Grundstücksfläche.

(2) Beitragssatz I beträgt für den Anschluß eines Grundstückes an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung 7,49 DM/3,83 EUR/qm SBF.

Beitragssatz II beträgt für den Anschluß eines Grundstückes an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Niederschlags-Wasserbeseitigung 14,20 DM/7,26 EUR/qm NBF.

...

§ 8 Vorauszahlung

Sobald mit der Durchführung einer Maßnahme begonnen wurde, kann die Stadt Vorauszahlungen in Höhe von 80 % auf die voraussichtliche Beitragsschuld verlangen. Eine Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht endgültig beitragspflichtig ist. Die geleisteten Vorauszahlungen werden von der Stadt nicht verzinst.

..."

Die wesentlichen Regelungen der Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die Abwasseranlage der Stadt Barth vom 08. Februar 1993 lauten:

"§ 1 Allgemeines

1. Der Stadt Barth obliegt die Sorge für die unschädliche Ableitung und Beseitigung der Abwässer, soweit sie Rechtsträger der abwassertechnischen Einrichtungen ist und im Rahmen der jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen.

2. Zur Erfüllung dieses Zweckes unterhält die Stadt Barth Abwasseranlagen mit den dazugehörigen Kläranlagen, Pumpwerken und sonstigen Anlagen. Die Abwasserbeseitigung erfolgt mittels zentraler Kanalisations- und Abwasserreinigungsanlagen im Trennverfahren bzw. im Trenn- und/oder Mischverfahren - zentrale Abwasseranlagen - oder mittels Einrichtungen und Vorkehrungen zur Abfuhr und Behandlung von Abwasser einschließlich Fäkalienschlamm - dezentrale Abwasseranlagen

3. Art, Lage und Umfang der öffentlichen Abwasseranlage (n) sowie den Zeitpunkt ihrer Herstellung, Erweiterung und Sanierung bestimmt die Stadt im Rahmen der ihr obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht.

4. Die Stadt kann sich zur Durchführung ihrer Aufgaben eines Dritten bedienen.

§ 2 Begriffsbestimmungen

1. Die Abwasserbeseitigung im Sinne dieser Satzung umfaßt das Sammeln, Fortleiten, Behandeln und Einleiten von Abwasser sowie die Beseitigung des in Hauskläranlagen anfallenden Schlamms und des in abflußlosen Gruben gesammelten Abwassers.

2. Abwasser im Sinne der Satzung ist Schmutzwasser und Niederschlagswasser.

Schmutzwasser ist:

a. das durch häuslichen Gebrauch verunreinigte Wasser (häusliches Abwasser),

b. das durch gewerblichen, industriellen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch verunreinigte oder sonst in seinen Eigenschaften veränderte Wasser (nicht häusliches Abwasser). Ausgenommen ist das durch landwirtschaftlichen Gebrauch entstehende Abwasser, das dazu bestimmt ist, auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht zu werden.

Niederschlagswasser ist:

das von Niederschlagen aus dem Bereich von bebauten und befestigten Flächen abfließende Wasser.

Als Abwasser gilt auch, gemäß § 2, Abs. 1 des Abwasserabgabengesetzes (AbwAG vom 06.11.1990), jedes sonstige in die Kanalisation eingeleitete Abwasser, das entsprechend genehmigt ist.

3. Grundstück im Sinne der Satzung ist das Grundstück im Sinne des Grundbuchrechtes. Mehrere Grundstücke gelten dann als ein Grundstück, wenn sie nur gemeinsam bebaubar bzw. wirtschaftlich nutzbar sind.

4. Grundstücksentwässerungsanlagen sind alle Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung.

5. a. Die öffentliche zentrale Abwasseranlage für Schmutzwasser (Trennkanalisation) endet hinter dem Revisionsschacht auf dem zu entwässernden Grundstück.

b. Die öffentliche zentrale Abwasseranlage für Niederschlagswasser endet hinter dem Revisionsschacht auf dem zu entwässernden Grundstück.

c. Die öffentliche zentrale Abwasseranlage (Mischkanalisation) endet hinter dem Revisionsschacht auf dem zu entwässernden Grundstück.

6. Zur zentralen öffentlichen Abwasseranlage gehören das gesamte öffentliche Entwässerungsnetz einschließlich aller technischen Einrichtungen wie

a. je nach den örtlichen Verhältnissen das Leitungsnetz mit getrennten Leitungen für Schmutzwasser und Niederschlagswasser (Trennverfahren) oder/und die gemeinsame Leitung für beide Abwasserarten (Mischverfahren), die Anschlußleitungen, Reinigungsschächte, Pumpstationen und Rückhaltebecken.

b. alle Einrichtungen zur Behandlung des Abwassers, das sind Klärwerke und ähnliche Anlagen, die im Eigentum der Stadt stehen.

c. offene und verrohrte Gräben und Wasserlaufe, soweit die wasserrechtliche Aufhebung der Gewässereigenschaft erfolgt ist und die Gräben bzw. Wasserläufe zur Aufnahme der Abwässer dienen.

7. Zur dezentralen öffentlichen Abwasseranlage gehören alle Vorkehrungen und Einrichtungen für Abfuhr und Behandlung von Abwasser aus abflußlosen Gruben und Kleinkläranlagen einschließlich Fäkalienschlamm außerhalb des zu entwässernden Grundstücks.

..."

Mit ihrer am 21. Oktober 2002 erhobenen Normenkontrolle begehrt die Antragstellerin, die Kanalbaubeitragssatzung für nichtig zu erklären.

Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor: Es werde gerügt, dass dem Gericht keine Originalveröffentlichung im Hinblick auf die Kanalbaubeitragssatzung eingereicht worden sei. Zu bezweifeln sei, dass die Hauptsatzung der Antragsgegnerin ordnungsgemäß bekannt gemacht worden sei. Insbesondere genügten die Bekanntmachungen vom 10. Juni 1995 und 28. April 1998 nicht den Vorschriften des § 7 KV-DVO.

Die Satzung beruhe nicht auf einer ordnungsgemäßen Kalkulation. Es werde bestritten, dass die Kalkulation dem Beschluss der Stadtvertretung zugrunde gelegen habe. Auch eine Genehmigung der Kalkulation durch die Stadtvertretung reiche nicht aus. Die Kalkulation hätte erörtert werden müssen.

Die Kalkulation wecke Zweifel an der Erforderlichkeit der Kosten im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG M-V. Die Antragsgegnerin habe sich nach den Erläuterungen in der Kalkulation eines Generalunternehmens bedient. Es werde bestritten, dass hier die Vorschriften zur öffentlichen Ausschreibung eingehalten worden seien. Auch werde bestritten, dass durch die fehlende öffentliche Ausschreibung keine erhöhten, unangemessenen Kosten verursacht worden seien.

Es stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar, dass die Grundstücke, die ihr - der Antragstellerin - gehörten und die bereits zu DDR-Zeiten an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossen worden seien, der Beitragspflicht unterlägen. Sie genössen keinen neuen Vorteil, sodass kein Anschlussbeitrag zu erheben sei. Der Anschlussbeitrag stelle eine zweimalige Zahlung dar. Es könne nicht auf die rechtliche Absicherung des Vorteils des Anschlusses ankommen. Auch zu DDR-Zeiten habe eine vertragliche Absicherung des Anschlussrechtes bestanden. Eine Beitragserhebung könne daher nur erfolgen, wenn eine Anlage völlig neu hergestellt werde und die Grundstücke erstmalig angeschlossen werden könnten.

Bei dem komplexen Wohnungsbau sei bereits zu DDR-Zeiten ein Beitrag für die Errichtung der Abwasseranlagen erhoben worden. Die Wohnblöcke seien zunächst von staatlichen Stellen (Landkreisen,

Bezirken etc.) errichtet worden. Sodann seien diese Wohngebäude den jeweiligen Wohnungsunternehmen der Städte übertragen worden, wobei diese dann auch die Kredite hätten übernehmen müssen, die für die Errichtung der Wohnblöcke angefallen seien. Hierbei handele es sich um so genannte Altschulden. Die Wohnungsunternehmen hätten davon ausgehen müssen, dass mit der Übernahme der Kreditverbindlichkeiten sämtliche Kosten der Errichtung der Wohnblöcke - dies betreffe auch die Abwasserbeseitigung - abgegolten seien.

Desweiteren sei eine Ungleichbehandlung darin zu sehen, dass als Grundstücksfläche bei Grundstücken, die im Bereich eines Bebauungsplanes lägen, die gesamte Fläche gelte, während bei Grundstücken, die im Innenbereich lägen, eine so genannte Tiefenbegrenzung vorgesehen sei.

Die Antragstellerin beantragt,

die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung der Stadt Barth (Kanalbaubeitragssatzung), beschlossen am 13. Dezember 2000, ausgefertigt am 19. Dezember 2000, mit Ausnahme des § 11 (Ordnungswidrigkeiten) für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass der Stadtvertretung bei der Beschlussfassung eine ordnungsgemäße Kalkulation vorgelegen habe, die zuvor in den Ausschüssen diskutiert und auch vor der Beschlussfassung in der Stadtvertretung ausgiebig erörtert worden sei.

Sowohl die Kanalbaubeitragssatzung als auch die Hauptsatzung seien ordnungsgemäß bekannt gemacht worden.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege auch im Hinblick auf die Beitragspflicht der so genannten altangeschlossenen Grundstücke nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten hat der Senat den innerhalb der Frist des § 116 Abs. 1 VwGO anberaumten Verkündungstermin aufgehoben und die Verkündung auf den 30. Juni 2004 verschoben.

B. Der Normenkontrollantrag ist zulässig (§ 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V). Die Regelungen über Ordnungswidrigkeiten (§ 11 Kanalbaubeitragssatzung) unterliegen zwar nicht der Normenkontrolle (BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1995 - 7 BN 1/95 -, BVerwGE 99, 88 ff.); die Antragstellerin ficht diese aber auch nicht an.

C. Der Antrag ist in vollem Umfang begründet. Die angefochtene Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserbeseitigung der Stadt Barth (Kanalbaubeitragssatzung) erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V (1.). Die in § 4 Kanalbaubeitragssatzung gewählten Beitragssätze verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG (2.). Weitere Satzungsregelungen erscheinen rechtlich problematisch (3.). Demgegenüber greifen die weiteren Einwendungen der Antragstellerin nicht durch (4.); gleichwohl ist die Satzung insgesamt für nichtig zu erklären, weil die verbleibenden Vorschriften für sich genommen keinen sinnvollen Regelungsgehalt mehr haben.

1. Zu den Mindestinhalten einer Abgabensatzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V gehört u.a. der die Abgabe begründende Tatbestand, d.h. hier die Umschreibung der öffentlichen Einrichtung, für die Beiträge entrichtet werden sollen. Der von der Antragsgegnerin gewählte Anlagenbegriff ist von Rechts wegen zu beanstanden.

Der Anlagenbetreiber kann und muss im Kanalbaubeitragsrecht den Umfang der von ihm betriebenen öffentlichen Einrichtung bestimmen, wobei ein weites Organisationsermessen besteht. Dabei ist vorrangig auf die Entwässerungssatzung abzustellen (OVG Greifswald, Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 24/99 -, NordÖR 2002, 171 = LKV 2002, 380 = DVBl 2002, 643 = ZKF 2002, 180). Die Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die Abwasseranlage der Stadt Barth - Entwässerungssatzung - vom 08. Februar 1993 der Antragsgegnerin korrespondiert aber nicht mit der Kanalbaubeitragssatzung.

§ 1 Abs. 2 Entwässerungssatzung legt fest, dass die Stadt Barth zur Erfüllung der Abwasserbeseitigung Abwasserbeseitigungsanlagen mit den dazugehörigen Kläranlagen, Pumpwerken und sonstigen Anlagen unterhält. Die Abwasserbeseitigung erfolge mittels zentraler Kanalisations- und Abwasserreinigungsanlagen im Trennverfahren bzw. Trenn- und/oder Mischverfahren - zentrale Abwasserbeseitigungsanlagen - oder mittels Einrichtungen und Vorkehrungen zur Abfuhr und Behandlung von Abwasser einschließlich Fäkalschlamm - dezentrale Abwasserbeseitigungsanlagen -. In § 2 Abs. 5 a bis c Entwässerungssatzung wird umschrieben, dass die öffentliche zentrale Abwasseranlage für Schmutzwasser (Trennkanalisation) hinter dem Revisionsschacht auf dem zu entwässernden Grundstück ende. Die öffentliche zentrale Abwasserbeseitigungsanlage für Niederschlagswasser ende hinter dem Revisionsschacht auf dem zu entwässernden Grundstück. Die öffentliche zentrale Abwasseranlage (Mischwasserkanalisation) ende hinter dem Revisionsschacht auf dem zu entwässernden Grundstück. Aus der zuletzt genannten Vorschrift folgt, dass die Antragsgegnerin im Bereich der zentralen Entwässerungseinrichtungen drei öffentliche Einrichtungen betreibt, nämlich eine Schmutz-, eine Niederschlags- und eine Mischwasserkanalisation.

Die Kanalbaubeitragssatzung, die Gegenstand der vorliegenden Normenkontrolle ist, hat die abgabenrechtlichen Konsequenzen aus der in der Entwässerungssatzung getroffenen Organisationsentscheidung zu ziehen. In § 1 Abs. 2 Kanalbaubeitragssatzung wird der Umfang der öffentlichen Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung umschrieben. In § 1 Abs. 3 Kanalbaubeitragssatzung erfolgt die Umschreibung der öffentlichen Anlage zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung. Eine Umschreibung der öffentlichen Anlage zur Mischwasserbeseitigung wird demgegenüber nicht getroffen.

Der Senat hat daher erwogen, ob es sich im vorliegenden Fall bei dieser Abweichung der Kanalbaubeitragssatzung zu der Entwässerungssatzung lediglich um eine Ungenauigkeit handelt, die nach dem Grundsatz der Normerhaltung durch Auslegung überwunden werden kann. So hat der Senat in seinem Urteil vom 15. März 1995 - 4 K 22/94 - (RAnB 1995, 229 = FiWi 1995, 259 = KStZ 1996, 114 = NJ 1995, 448 = MDR 1995, 972 = ZKF 1995, 230 = DVBl 1995, 1146 = Überblick 1995, 324) ausgeführt, es sei von Rechts wegen zulässig, eine Zusammenfassung von Schmutz-, Niederschlags- und gegebenenfalls Mischwasserkanalisation dann vorzunehmen, wenn Deckungsgleichheit der Entwässerungsgebiete bestehe. Das bedeute, dass ein Grundstück jeweils sowohl an den Schmutz- als auch an den Niederschlagswasserkanal oder aber an den Mischwasserkanal angeschlossen werden können muss. Dementsprechend hat der Senat in der dortigen Entscheidung die beitragsrechtliche Konsequenz als zwingend angesehen, dass die Teilbeiträge für Schmutz- und Niederschlagswasser in der Summe genauso hoch sein müssen wie ein Kanalbaubeitrag für den Mischwasserkanal. In beiden Fällen wird den Grundstücken jeweils der gleiche Vorteil geboten. Die Grundstücke haben die rechtlich gesicherte Möglichkeit, sämtliche Abwässer zu entsorgen.

Dabei sei es aus beitragsrechtlicher Sicht nicht relevant, dass in dem einen Fall die Entsorgung mittels Trennsystem und im anderen Fall mittels eines Mischsystems erfolge.

Auch diese im Urteil vom 15. März 1995 aufgestellten Grundsätze vermögen den Widerspruch, der im Ortsrecht der Antragsgegnerin besteht, nicht aufzulösen. Erforderlich wäre insoweit gewesen, dass die Kanalbaubeitragssatzung die beitragsrechtlichen Konsequenzen aus der Tatsache zieht, dass teilweise ein Mischsystem vorhanden ist. § 4 Kanalbaubeitragssatzung, der die Beitragssätze regelt, kennt den Beitragssatz I für den Anschluss eines Grundstücks an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung. Desweiteren ist in dieser Vorschrift der Beitragssatz II genannt, der für den Anschluss eines Grundstücks an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung zu entrichten ist.

Demgegenüber bestimmt § 2 Abs. 3 Kanalbaubeitragssatzung, dass Grundstücke, die bereits vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern voll an eine öffentliche Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung angeschlossen waren, den Beitragssatz I zu entrichten haben. Dies gelte entsprechend für Grundstücke, die bereits den Überlauf einer Grundstücksentwässerungsanlage an einen Mischkanal angeschlossen hatten. Dies bedeutet, dass an einen Mischkanal altangeschlossene Grundstücke lediglich den Beitragssatz I zu entrichten haben, der im Übrigen für einen Anschluss an die Schmutzwasserbeseitigung entsteht. Dies scheinen die im Rahmen der Kalkulationsvarianten vorgelegten Rechenbeispiele zu bestätigen, in denen bei Beispielsstraßen "Altanschluss" für Regenwasser jeweils mit "0,00" angesetzt ist.

2. Aus dem vorstehend genannten Sachverhalt ergibt sich, dass die an einen Mischwasserkanal altangeschlossenen Grundstückseigentümer ohne sachlichen Grund bevorteilt werden; sie haben nur einen Beitrag nach dem Beitragssatz I zu entrichten und können dafür sowohl Schmutz- als auch Niederschlagswasser entsorgen. Schlechtergestellt werden demgegenüber die Fälle der Neuanschlüsse an einen Niederschlagswasserkanal. (Nur) hier entsteht auch ein Beitrag nach dem Beitragssatz II. Die Beitragsregelungen des § 4 Kanalbaubeitragssatzung verstoßen somit gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot, denn nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Greifswald (Beschluss vom 21. April 1999 - 1 M 12/99 -, NordÖR 1999, 302 = VwRR MO 2000, 60 = LKV 2000, 161 = KStZ 2000, 118 = DVBl 1999, 1669 = Überblick 1999, 471) gilt: Allen Grundstückseigentümern wird durch die Möglichkeit des Anschlusses an eine öffentliche Kanalisation erstmalig ein rechtlich gesicherter Vorteil geboten. Die Verwendung unterschiedlicher Beitragssätze für altangeschlossene bzw. neu anschließbare Grundstücke ist im Grundsatz willkürlich und somit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Dies gilt auch dann, wenn der Betreiber der Abwasserbeseitigung eine Altanlage "übernommen" hat (vgl. auch OVG Greifswald, Beschluss vom 04. April 2001 - 1 M 21/00 -, NordÖR 2002, 43; Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 16/00 -, KStZ 2002, 132 = NVwZ-RR 2002, 687 = NordÖR 2002, 138 = DVBl 2002, 644 = DÖV 2002, 626 = Überblick 2002, 83). Daran ist - trotz der Einwendungen der Antragstellerin - auch im vorliegenden Fall festzuhalten. Das abweichende Urteil des OVG Magdeburg vom 04. Dezember 2003 - 1 L 226/03 - beruht auf einer anderen landesrechtlichen Lage; eine § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA vergleichbare Regelung fehlt im Kommunalabgabengesetz M-V.

3. Die Prüfung von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) hat Folgendes ergeben:

a) Problematisch erscheint die Regelung des § 3 Abs. 2b Kanalbaubeitragssatzung. Dort heißt es: Als Grundstücksfläche gilt bei Grundstücken, die über die Grenzen des Bebauungsplanes hinausreichen, die Fläche im Bereich des Bebauungsplanes, wenn für diese darin eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist. Eine Regelung für die Fälle, dass die Fläche, die über den räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplanes hinausreicht, im unbeplanten Innenbereich liegt, fehlt. Eine vergleichbare satzungsrechtliche Lage ist schon einmal Gegenstand einer Entscheidung des 1. Senates des OVG Greifswald gewesen (Beschluss vom 29.11.2001 - 1 M 66/02 -, NordÖR 2002, 81). Der Senat hat eine Anwendung der Regelungen für den überplanten Bereich und ergänzend der Regelungen für den unbeplanten Innenbereich (hier § 3 Abs. 2c) für ein und dasselbe Grundstück abgelehnt. Daher dürfte der Beitragsmaßstab für die nur teilweise im Bebauungsplangebiet liegenden Grundstücke diese unangemessen bevorteilen, weil die übrige, im unbeplanten Innenbereich liegende Grundstücksfläche beitragsfrei bliebe.

Es wird sich daher gegebenenfalls die Frage stellen, ob es im räumlichen Geltungsbereich der streitigen Kanalbaubeitragssatzung Grundstücke gibt, die teilweise im Bebauungsplan liegen und im Übrigen als unbeplanter Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB anzusehen sind. Nur wenn solche Grundstücke vorhanden sind, kann sich eine nichtige Regelung und damit eine eventuelle Satzungslücke vor dem Hintergrund des im Recht der leitungsgebundenen Einrichtung geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit als rechtlich problematisch darstellen und ggf. zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führen (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 15. März 1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114 = NJ 1995, 448 = Überblick 1995, 324). Danach muss eine Anschlussbeitragssatzung für alle in Betracht kommenden Veranlagungsgruppen eine gültige Maßstabsregelung enthalten. Fehlt eine erforderliche Maßstabsregelung, so führt das zur Unwirksamkeit der gesamten Maßstabsregelung und des Beitragssatzes. Ohne diese Elemente wiederum kann eine Abgabensatzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V nicht Grundlage für wirksame Beitragserhebungen sein.

b) Die Regelung des § 8 Kanalbaubeitrags Satzung, wonach Vorausleistungen in Höhe von 80 % erhoben werden können, ist zwar rechtlich problematisch - siehe OVG Greifswald, Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 16/00 -, (KStZ 2002, 132 = NVwZ-RR 2002, 687 = NordÖR 2002, 138 = DVBl 2002, 644 = DÖV 2002, 626 = Überblick 2002, 83). Danach kommt eine Vorausleistung in Höhe von 80 % nur dann in Betracht, wenn mit der baldigen Fertigstellung der betriebsfertigen Anlage vor dem Grundstück des betreffenden Vorausleistungspflichtigen zu rechnen ist. Die Regelungen im o.g. Urteil sowie im Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 24/99 - (NordÖR 2002, 171 = LKV 2002, 380 = DVBl 2002, 643 = ZKF 2002, 180) lauteten "bis zu 80 %" und sind von dem Senat einschränkend ausgelegt worden (vgl. auch Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 8 Erl. 2.11.2).

Auch die vorliegende Regelung des § 8 Kanalbaubeitragssatzung hielte für sich genommen aber einer Normenkontrolle stand, denn sie lässt sich nach dem Grundsatz der Normerhaltung in einer Weise auslegen, dass sie rechtlichen Bestand haben kann. Die Antragsgegnerin wird eine Vorausleistung im Einzelfall nur dann anfordern dürfen, wenn die öffentliche Einrichtung vor dem jeweiligen Grundstück im Hinblick auf ihre Fertigstellung einen solchen Ausbaustand erreicht hat, dass alsbald mit der Anschlussmöglichkeit gerechnet werden kann. Andererseits wird ein Vorausleistungsbescheid, der 80 % als Vorausleistung festsetzt, dann rechtswidrig sein, wenn der genannte Fertigstellungsgrad nicht erreicht ist. Damit wird aber nicht die Satzungsebene berührt, sondern (nur) die Ebene der Rechtsanwendung.

Die in § 8 Kanalbaubeitragssatzung enthaltene Formulierung, "sobald mit der Durchführung einer Maßnahme begonnen wurde", ist: somit dahingehend zu verstehen, dass damit die Durchführung einer Maßnahme in der räumlichen Nähe zu dem Vorausleistungspflichtigen Grundstück gemeint ist.

4. Die formellen Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch:

a) Die von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen lassen die Annahme zu, dass die Kanalbaubeitragssatzung in einem ordnungsgemäßen Verfahren zustandegekommen ist. Die Akten der Antragsgegnerin ergeben, dass umfangreiche Beschlussvorlagen vor dem Satzungsbeschluss am 13. Dezember 2000 erstellt worden sind. Diese haben in den Ausschüssen und dann schließlich auch in der Sitzung der Stadtvertretung vorgelegen. Dies gilt insbesondere für die Beschlussvorlage vom 24. November 2000, die ausreicht, um eine satzungsgeberische Entscheidung der Stadtvertretung über die Kalkulation auf der Basis des § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V zu ermöglichen.

Die vorgelegten Sitzungsvorlagen für den 13. Dezember 2000 sind sogar noch im Hinblick auf die Höhe des Beitragssatzes offen. Es werden verschiedene Varianten aufgelistet. Die Höhe des Beitragssatzes ist dann in der Stadtvertretung diskutiert worden. Diese hat die so genannte 75 %-Variante gewählt und einen Beitragssatz in dieser Höhe beschlossen. Damit hat der Ortsgesetzgeber ersichtlich von seinem ihm zustehenden Ermessen Gebrauch gemacht.

b) Die Kanalbaubeitragssatzung ist ordnungsgemäß in der Ostsee-Zeitung vom 09. Januar 2001 bekannt gemacht worden, und zwar in einem Rahmen unter der deutlich sichtbaren Überschrift "Amtliche Bekanntmachung in der Stadt Barth".

Auch die Hauptsatzung ist ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Die Antragsgegnerin legt zwei Zeitungsausschnitte vom 10. Juni 1995 und 28. April 1998 vor. Der Senat sieht damit die Voraussetzungen des § 7 KV-DVO vom 26. Januar 1995, in Kraft ab 18. Februar 1995, bzw. der inhaltsgleichen Fassung 1999 als erfüllt an. Nach dieser Vorschrift ist die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen in einer Tageszeitung zulässig, wenn in dieser im Impressum, in der Bezeichnung oder an anderer Stelle auf den amtlichen Bekanntmachungsteil hingewiesen wird.

Die Hauptsatzung in ihrer Ursprungsfassung vom 06. Juni 1995 ist am 10. Juni 1995 in der Ostsee-Zeitung bekannt gemacht worden. Dort ist unmittelbar darüber ein kurzer redaktioneller Hinweis vermerkt, dass wichtige Satzungen und Beschlüsse der Stadt Barth ab sofort auf dieser betreffenden Seite der Ostsee-Zeitung veröffentlicht werden. Zwar handelt es sich dabei eher um einen redaktionellen Beitrag der Ostsee-Zeitung. Allerdings wird der Leser der Ostsee-Zeitung den Sachverhalt, wie ab jetzt Veröffentlichungen erfolgen, ohne weiteres erkennen können. Für den Rechtsuchenden wird also die Möglichkeit, von den Veröffentlichungen der Stadt Barth Kenntnis zu erlangen, nicht erschwert. Nach § 7 KV-DVO ist lediglich erforderlich, dass z.B. "an anderer Stelle" auf den amtlichen Bekanntmachungsteil hingewiesen wird. Im konkreten Fall wird dieser zwar als "Anzeige" umschrieben. Andererseits ist die Hauptsatzung selbst durch einen Kasten abgegrenzt, sodass der andersartige Charakter einer amtlichen Veröffentlichung (hier der Hauptsatzung) durchaus optisch hervorgehoben ist.

Die fünfte Satzungsänderung der Hauptsatzung ist in einem Rahmen unter der Überschrift "Amtliche Bekanntmachung" am 28. April 1998 in der Ostsee-Zeitung veröffentlicht worden.

c) Die Rügen, die die Antragstellerin im Hinblick auf die Kalkulation vorbringt, sind substanzlos. Es wird - gleichsam ins Blaue hinein - die Erforderlichkeit von Kosten bestritten. Vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 -, BVerwGE 116, 188 = NJW 2002, 2807 = NVwZ 2002, 1123; Beschluss vom 01.12.2003 - 9 B 29.03 -) sieht der Senat in diesem Punkt keine Veranlassung, solchen pauschal erhobenen Rügen nachzugehen.

Ein evtl. Ausschreibungsfehler ist im Rahmen der Beitragskalkulation nicht relevant, wenn sich nicht feststellen lässt, dass das Kostenüberschreitungsverbot oder der Grundsatz der Erforderlichkeit verletzt sind (OVG Greifswald, Urteil vom 13. November 2001 - 4 K 24/99 -, a.a.O.). Dies ist nicht substanziiert dargelegt.

Im Übrigen ist eine Kalkulation in einem Normenkontrollverfahren von Amts wegen (nur) in den wesentlichen Ansätzen einer Überprüfung zu unterziehen (vgl. Urteil des Senates vom 02. Juni 2004 - 4 K 38/02 -). Inhaltlich geben die Kalkulationsunterlagen hier keinen Anlass zu weiteren Nachforschungen.

Der Bericht zur Kalkulation von Kanalbaubeiträgen der Stadt Barth für die Schmutzwasser- und Niederschlagswasserbeseitigung ist; zwar ersichtlich erst nach der Beschlussfassung über die Satzung endbearbeitet worden ist. Insoweit sei auf die S. 13 des Berichts verwiesen, wo es heißt: "Die Stadt Barth hat sich entschieden, eine 75 %-ige Deckung der Herstellungskosten über die Beiträge zu bewirken." Dies ist aber rechtlich unerheblich, weil - wie ausgeführt - der Stadtvertretung bei der Beschlussfassung die erforderlichen Unterlagen zur Ausübung des ortsgesetzgeberischen Ermessens vorgelegen haben.

d) Die satzungsmäßige Tiefenbegrenzungsregelung nach § 3 Abs. 2c bzw. § 3 Abs. 2d Kanalbaubeitragssatzung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Zweifeln. Insbesondere ist die 40-m-Linie nicht substanziiert von der Antragstellerin angezweifelt worden.

Der Senat geht daher davon aus, dass die mit 40 m ermittelte Tiefenbegrenzungslinie den örtlichen Verhältnissen in der Stadt Barth entspricht.

Rechtlich nicht entscheidend ist die Beantwortung der Frage nach der Bedeutung des Nachsatzes in § 3 Abs. 2 c Kanalbaubeitragssatzung "soweit diese Tlefenbegrenzungsregelung für eine sachgerechte Abgrenzung von Bauland zum Außenbereich erforderlich ist". Eine Auslegung dahingehend, dass die Tiefenbegrenzungsregelung nur dann zur Anwendung kommen soll, wenn die jenseits der 40 m-Linie liegenden Grundstücksflächen dem Außenbereich zuzuordnen sind, ist möglich. Mit dieser Auslegung ist die Satzungsregelung des § 3 Abs. 2c rechtlich bedenkenfrei.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 132 VwGO).

Ende der Entscheidung

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