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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: 4 K 4/03
Rechtsgebiete: VwGO, KAG M-V, GG, KO, AO


Vorschriften:

VwGO § 47
KAG M-V § 2 Abs. 1
KAG M-V § 11
GG Art. 14
KO § 191
AO § 219
Voraussetzung für eine Haftung eines Wohnungsgebers für eine Kurabgabe ist, dass der Haftende eine Möglichkeit zur Einziehung hatte. Verweigert der Kurgast ihm gegenüber die Zahlung der Kurabgabe, ohne dass er die Möglichkeit hat, eine Pflicht zur Zahlung der Kurabgabe durchzusetzen, so wird eine Haftung in der Regelung zu verneinen sein.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

Az.: 4 K 4/03

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Normenkontrolle - Kurabgabe -

hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 27. Juli 2005 in Greifswald durch

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000, - Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin betreibt in der H.-straße # in S. das Hotel " # "; sie wendet sich gegen die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Kurabgabe in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 2002.

Seit dem 10. September 1998 ist die Antragsgegnerin ein staatlich anerkannter Erholungsort. Seit dem 01. März 2000 gilt im Stadtgebiet eine Satzung zur Kurabgabe.

Am 03. Dezember 2001 beschloß die Stadtvertretung der Antragsgegnerin die 2. Änderungssatzung zur Kurabgabesatzung. Diese beinhaltete im Wesentlichen die Umstellung der Abgabesätze auf Eurobeträge. Die Änderungssatzung wurde am 04. Dezember 2001 der Kommunalaufsichtsbehörde angezeigt und am 27. Dezember 2001 ausgefertigt. In der Wochenendausgabe der Ostsee-Zeitung am 11. Mai 2002 erschien ein Hinweis auf das Erscheinen des Amtlichen Bekanntmachungsblattes der Stadt S. "S. Stadtanzeiger" Nr. 05/2002 am 15. Mai 2002. Im S. Stadtanzeiger wurde an diesem Tage die vollständige Fassung der neu gefassten Kurabgabesatzung veröffentlicht.

Zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin kam es zu rechtlichen Meinungsverschiedenheiten über die Einziehung der Kurabgabe. Gegen die Antragstellerin bzw. ihren Ehemann wurden Bußgeldbescheide erlassen. Die entsprechenden Verfahren sind allerdings zwischenzeitlich eingestellt worden.

Am 14. Januar 2003 hat die Antragstellerin den Antrag auf Normenkontrolle gegen die Kurabgabesatzung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 2002 gestellt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:

Die Satzung sei nichtig, da sie einen unzulässigen Eingriff in den von ihr - der Antragstellerin - betriebenen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verursache und damit gegen Art. 14 GG verstoße. Die Satzung greife in einer Weise in den Betrieb ihres Beherbergungsunternehmens ein, die in der Praxis den Bestand des Betriebes gefährde.

Sie - die Antragstellerin - gehöre nicht zum Kreis der abgabepflichtigen Personen. Ihrem Betrieb würden aber durch §§ 7 bis 9 der Kurabgabesatzung zahlreiche Pflichten auferlegt. Dafür erhalte sie lediglich eine Aufwandsentschädigung von 3% der von ihr vereinnahmten Kurabgaben. Dies sei zu niedrig. Die Satzung bestimme die ansässigen Inhaber von Beherbergungsunternehmen zu Verwaltungshelfern und überbürde ihnen eine Vielzahl aufwändiger Rechtspflichten, ohne sie ihrerseits wirtschaftlich angemessen zu entschädigen. Die Beherberger seien für die ihnen überbürdeten Rechtspflichten unzureichend alimentiert und dadurch wirtschaftlich unzulässig benachteiligt.

Andererseits seien sie nicht - etwa durch Beleihungsakt - faktisch in die Lage zu versetzen, den Rechtspflichten nachzukommen. Denn soweit die Beherberger zum Einzug der Kurabgabe verpflichtet seien, fehle es ihnen an jeglicher Möglichkeit, die Beträge zwangsweise beizuziehen. Sie - die Antragstellerin - sei immer wieder gezwungen, Kurabgaben aus eigener Tasche zu zahlen. Es sei darauf zu verweisen, dass die Bezahlung der Kurabgabe von zahlreichen Gästen aus Gründen verweigert werde, die nicht im antragstellerischen Verantwortungsbereich begründet seien. Fakt sei, dass sich die Antragsgegnerin in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise für nicht gezahlte Kurabgaben bei ihr - der Antragstellerin - schadlos halte, ohne sie in die Lage zu versetzen, die entsprechenden Summen bei ihren Beherbergungsgästen in zumutbarer Weise einzutreiben. Diese Inanspruchnahme verletze damit Verfassungsrecht.

Der Kreis der Abgabepflichtigen sei in der Kurabgabesatzung falsch bestimmt worden. Die Regelungen der §§ 3, 4 und 6 verstießen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und damit gegen höherrangiges Recht. Dieser gebiete, solche Personen von der Beitragspflicht zu befreien, die objektiv und nachweisbar gehindert seien, die Einrichtungen zu benutzen. Daher seien etwa bettlägerig kranke oder durch Verletzung immobilisierte Personen ausdrücklich von der Beitragspflicht auszunehmen. Die Ermäßigungsregelung des § 8 Abs. 2 der angegriffenen Satzung (20%) sei insoweit nicht ausreichend.

Die angegriffene Satzung verstoße auch deshalb gegen höherrangiges Recht, weil die Antragsgegnerin offenbar eine unzulässige Vollfinanzierung anstreben dürfte. Es bestehe die Befürchtung, dass die Antragsgegnerin die vereinnahmten Kurabgaben entgegen der Zweckbestimmung verwende. Tatsächlich befänden sich die Kureinrichtungen, soweit solche überhaupt vorhanden seien, in einem verwahrlosten Zustand.

Die Antragstellerin beantragt,

die Satzung über die Erhebung einer Kurabgabe der Stadt S. in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 2002 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen entgegen. Zum einen verweist die Antragsgegnerin darauf, dass die der Erhebung der Kurabgabe zugrundeliegende Kalkulation ausweise, dass keineswegs eine Vollfinanzierung der Einrichtung angestrebt werde. Insgesamt seien die jährlichen Aufwendungen für die relevanten Einrichtungen mit 1.109.600, - Euro ermittelt worden. Die Einnahmen aus der Kurabgabe seien auf 296.600, - Euro kalkuliert worden, also 23, 1% des Gesamtaufwandes. Eine unangemessene Zweckbestimmung liege also nicht vor.

Die Kurabgabesatzung weise alle geforderten Merkmale des § 2 Abs. 1 KAG M-V auf. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liege nicht vor. Entsprechend dem Wortlaut der Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V sei die Formulierung in § 3 Abs. 1 der Satzung erfolgt. Danach ist nur kurabgabepflichtig, wer die Möglichkeit zur Benutzung bzw. Inanspruchnahme der Einrichtung habe. Die von der Antragstellerin herangezogen bettlägerig kranken oder durch Verletzung immobilisierten Personen fielen überhaupt nicht unter den Kreis der Beitragspflichtigen, da sie keine Möglichkeit hätten, die Einrichtung in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der Satzung bestehe nur eine Verpflichtung der Antragstellerin, die Kurabgabe von denjenigen Personen einzuziehen, die der Beitragspflicht unterlägen.

Ein Verstoß gegen Art. 14 GG liege nicht vor, da die Regelungen der Kurabgabesatzung keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin enthielten. § 11 Abs. 3 KAG M-V sehe ausdrücklich vor, dass die Antragstellerin für die Einziehung der Kurabgabe herangezogen werden könne und auch für die Abführung der Kurabgabe hafte. Es wäre sogar rechtlich möglich gewesen, der Antragstellerin für die Einziehung der Kurabgabe überhaupt keine Entschädigung zu gewähren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, die dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet - wie mit gerichtlicher Verfügung vom 26. Januar 2005 angekündigt - gemäß § 47 Abs. 5 VwGO durch Beschluss, denn er hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Rügen, die die Antragstellerin gegen die streitige Satzung erhebt, erfordern die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht.

Der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist nur teilweise zulässig, insgesamt aber unbegründet.

A. Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich gegen § 11 der Kurabgabesatzung richtet. Diese Regelung des Ordnungswidrigkeitenrechtes unterliegt nicht dem Verwaltungsrechtsweg und kann daher nicht Gegenstand einer Normenkontrolle sein (BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1995 - 7 NB 1/95 -, NVwZ 1996, 63).

Im Übrigen ist der Antrag zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. Danach ist ein Antrag auf Normenkontrolle innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen. Als maßgebliche Bekanntmachung sieht der Senat die Neubekanntmachung der Satzung in der Fassung vom 15. Mai 2002 an. Es kommt somit nicht entscheidend darauf an, dass es bereits zuvor die Kurabgabesatzung in ihrer Ursprungsfassung, in Kraft getreten am 01. März 2000, bzw. in der Fassung der 1. Änderungssatzung gegeben hat.

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO), obwohl sie nicht kurabgabepflichtig im Sinne des § 3 Abs. 1 der streitigen Satzung ist. Die Betroffenheit der Antragstellerin in eigenen Rechten ergibt sich insbesondere aus den Regelungen der §§ 7 und 9 der angefochtenen Satzung. § 7 belastet die Antragstellerin mit zahlreichen Handlungspflichten und § 9 Abs. 1 enthält einen Haftungstatbestand zulasten der Beherberger, zu denen die Antragstellerin unstreitig gehört.

B. Der Antrag ist insgesamt unbegründet.

1. Die angefochtene Satzung ist ordnungsgemäß beschlossen und veröffentlicht worden. Insbesondere befindet sich bei den Verwaltungsvorgängen eine Kalkulation, die der Senat inhaltlich als ausreichend ansieht. Weil auch die Antragstellerin in diesem Zusammenhang mit dem Verfahren keine substanziellen Einwände erhoben hat, sieht der Senat es nicht als geboten an, insoweit in eine vertiefte Prüfung einzutreten.

2. Die streitige Satzung ist auch inhaltlich wirksam. Sie findet in § 11 KAG M-V eine hinreichende Rechtsgrundlage. Nach dieser Vorschrift können die Gemeinden, die als Kur- oder Erholungsorte anerkannt sind, Kurabgaben erheben (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 KAG M-V).

Die Antragsgegnerin gehört unstreitig zu dem Kreis der berechtigten Gemeinden.

a) Die streitige Satzung erfüllt die Anforderungen des § 2 Abs. 1 KAG M-V. Insoweit ist zwischen den Beteiligten lediglich streitig, ob die Regelung über die Bestimmung des Kreises der Abgabepflichtigen mit höherrangigem Recht übereinstimmt. Die Antragstellerin meint insoweit, dass in der Satzung selbst eine Ausnahmeregelung z.B. für bettlägerig kranke oder immobile Personen hätte getroffen werden müssen. Dieser Rechtsauffassung schließt der Senat sich nicht an.

Nach der gesetzlichen Vorgabe des § 11 Abs. 2 KAG M-V wird die Kurabgabe von allen Personen erhoben, denen - neben anderen Voraussetzungen - die Möglichkeit zur Benutzung von öffentlichen Einrichtungen oder zur Teilnahme an Veranstaltungen geboten wird. Der streitige § 3 Abs. 1 der Kurabgabesatzung ist eine inhaltliche Wiedergabe des Gesetzestextes. Somit liegt gerade kein Verstoß gegen höherrangiges Recht vor.

Für die Benutzungsmöglichkeit spricht im Übrigen eine widerlegbare Vermutung. Zutreffend ist zwar der Einwand, dass bettlägerige oder immobile Personen nicht unter den Tatbestand der Kurabgabe fallen, wie die Antragsgegnerin zu Recht ausführt. Einer besonderen Ausnahmeregelung in der Satzung bedarf es hierfür aber nicht. Eine solche Forderung wird auch nicht von dem von der Antragstellerin zitierten Beschluss des OVG Lüneburg vom 30. Mai 2000 - 9 L 977/99 -, NvWZ-RR 2000, 830, postuliert.

Die Entscheidung der Frage, ob die Vermutung einer Benutzungsmöglichkeit im Einzelfall widerlegt ist, ist keine Frage, die sich auf der Satzungsebene stellt, sondern erst auf der Ebene der Rechtsanwendung. Daher ist der Satzungsgeber rechtlich nicht verpflichtet, einen diesbezüglichen Ausnahmetatbestand in seiner Satzung aufzunehmen (zur widerlegbaren Vermutung vgl. auch Holz in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 11 Erl. 2.2.3., m.w.N.).

Die Antragstellerin beruft sich somit zu Unrecht darauf, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz es gebiete, solche Personen von der Beitragspflicht zu befreien, die objektiv und nachweisbar gehindert seien, die Einrichtungen zu benutzen. Eine solche "Befreiung" ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz, da der Abgabentatbestand des § 11 KAG i.V.m. § 3 Abs. 1 der angefochtenen Kurabgabesatzung dann nicht erfüllt ist, wenn die Vermutung widerlegt worden ist.

b) Durchgreifende rechtliche Bedenken an der Zulässigkeit der Mitwirkungsregelungen, die § 7 der angefochtenen Kurabgabesatzung vorsieht, hat der Senat nicht. Bereits in seinem Urteil vom 30. November 2000 - 1 L 125/00 -, NordÖR 2001, 218 = NvWZ-RR 2001, 786, hat der Senat sich mit ähnlich gestalteten Mitwirkungspflichten befasst und diese von Rechts wegen nicht beanstandet. Die diesbezüglichen Satzungsregelungen haben ihre landesgesetzliche Grundlage nämlich in § 11 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V, wonach derjenige, der Personen beherbergt oder ihnen Wohnraum zu Erholungszwecken überlässt, verpflichtet werden kann, die beherbergten Personen zu melden, die Kurabgabe einzuziehen und abzuführen. § 7 der angefochtenen Satzung konkretisiert somit die im Kommunalabgabengesetz angelegte Verpflichtung.

§ 11 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V eröffnet die Möglichkeit, den Vollzug der Kurabgabesatzung durch die Heranziehung Dritter zu erleichtern. Es handelt sich dabei um die Indienstnahme Privater für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, durch die eine möglichst lückenlose Erfassung der kurabgabepflichtigen Personen angestrebt wird, ohne dass es dazu eines unvertretbaren Verwaltungsaufwandes bedarf. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist dabei nicht verletzt (vgl. Holz in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 11 Erl. 2.4., m.w.N.).

Einen unzulässigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin sieht der Senat hierin nicht. Die Aussage der Antragstellerin, ihr Betrieb sei wegen der einzuziehenden und abzuführenden Kurabgabe in seiner Existenz bedroht, ist unsubstanziiert geblieben. Zudem beruht die Aussage eventuell auf einem rechtlichen Missverständnis, das sich auf die Reichweite der Haftung für nicht abgeführte Kurabgaben bezieht - siehe hierzu unter d).

Der Senat schließt sich der Auffassung der Antragsgegnerin an, dass es im Grundsatz sogar möglich gewesen wäre, die Mitwirkungspflichten den Beherbergungsunternehmen unentgeltlich aufzuerlegen (vgl. Holz in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 11 Erl. 2.4.).

c) Der vorgelegten Kalkulation der Kurabgaben kann entnommen werden, dass die Antragsgegnerin lediglich Teile der Kosten ihrer bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen über Mittel der Kurabgaben refinanzieren will. Von einer unzulässigen Vollfinanzierung kann daher aus Sicht des Senates nicht die Rede sein. Da die Ausführungen der Antragstellerin insoweit nur oberflächlich geblieben sind, sieht der Senat keine Veranlassung, die Kalkulation einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Im Übrigen ist bei einer Kurabgabe, bei der von vornherein eine volle Kostendeckung nicht angestrebt wird, eine überschlägige Berechnung der Abgabe ausreichend, aus der sich insbesondere ergibt, dass lediglich abgabefähige Kosten eingestellt worden sind (VGH Mannheim, Urteil vom 04. Dezember 2003 - 2 S 2669/02 -, NVwZ-RR 2004, 293).

d) Das Kernanliegen der Antragstellerin geht dahin, dass sie es als unzulässig ansieht, dass sich die Antragsgegnerin bei ihr für nicht gezahlte Kurabgaben "schadlos hält". Dabei hat die Antragstellerin die Regelungen des § 9 Abs. 1 der streitigen Kurabgabesatzung im Blick, wonach der Beherberger für die Abgabenschuld seiner Kurgäste haftet.

Es ist von Rechts wegen zulässig, dass in der streitigen Kurabgabesatzung ein Haftungstatbestand normiert ist. Dies entspricht der gesetzlichen Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 2 KAG M-V, wonach derjenige, der Personen beherbergt oder ihnen Wohnraum zu Erholungszwecken überlässt, für die rechtzeitige und vollständige Einziehung und Abführung der Kurabgabe haftet. § 9 Abs. 1 der streitigen Kurabgabesatzung greift diese gesetzliche Regelung lediglich auf.

Verfassungsrechtliche Bedenken an dieser Regelung sieht der Senat nicht, da die Haftung der Antragstellerin weit weniger weit reicht als ersichtlich von den Beteiligten angenommen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie sich im Grundsatz bemüht, den ihr in § 9 Abs. 2 ff der Satzung bzw. durch das Melderecht auferlegten Pflichten nachzukommen.

Der Haftungstatbestand des Kommunalen Abgabengesetzes knüpft an die Verpflichtung zum Einzug und zur Abführung der Kurabgabe an. Damit ist für die Haftung ein Verstoß des Wohnungsgebers gegen die ihm auferlegten Pflichten Voraussetzung (vgl. OVG Schleswig, Urt. vom 25. August 1999 - 2 L 223/96 -, KStZ 2000, 55 = NVwZ-RR 2000, 635). Eine Haftung ist hingegen nicht gegeben, wenn der Kurgast die Zahlung der Abgabe gegenüber dem Vermieter verweigert, ohne dass dieser die Möglichkeit hat, die Pflicht zur Zahlung durchzusetzen (Holz, a.a.O., Erl. 2.4., m.w.N.). Voraussetzung für eine Haftung ist somit, dass der Haftende eine Möglichkeit zur Einziehung hatte. Verweigert daher der Kurgast ihm gegenüber die Zahlung der Kurabgabe, ohne dass er die Möglichkeit hat, eine Pflicht zur Zahlung der Kurabgabe durchzusetzen, so wird eine Haftung zu verneinen sein. Im entsprechenden Fall hat die den Haftungsanspruch geltend machende Gemeinde nachzuweisen, dass eine Möglichkeit zur Einziehung der Kurabgabe bestand. Dabei ist zu beachten, dass der zivilrechtliche Vertrag zwischen Kurgast und Beherberger (bzw. Wohnraumüberlasser, Campingplatzbetreiber oder Ähnlichem) grundsätzlich keine Regelung zur Zahlung der Kurabgabe enthält, ein vertraglicher Anspruch des Beherbergers also nicht besteht (Riehl in Dewenter/Habermann/Riehl/Stennbock/Wilke, KAG Schleswig-Holstein, § 10 Rn. 160). Die Kurabgabesatzung der Antragsgegnerin braucht insoweit keine ausdrücklichen Regelungen zu enthalten.

Ferner ist der systematische Zusammenhang zu sehen, in dem ein Haftungsbescheid nach § 191 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V steht. Die Heranziehung des Haftungsschuldners zur Zahlung ist von den in § 219 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V genannten Voraussetzungen abhängig (vgl. Rüsken in Klein, Abgabenordnung, 7. Aufl., § 191 Rn. 1). Nach § 219 AO darf, wenn nichts anderes bestimmt ist, ein Haftungsschuldner auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Diese Vorschrift enthält somit eine einschränkende Bestimmung für die Inanspruchnahme von Haftungsschuldnern auf Zahlung, also für den Erlass eines Leistungsgebotes bei Haftungsbescheiden. Es besteht somit nur eine sekundäre Inanspruchnahmemöglichkeit des Haftungsschuldners (Rüsken, a.a.O., Rn. 3).

Schließlich wird die Antragsgegnerin zu beachten haben, dass die Heranziehung eines Haftungsschuldners eine Ermessensentscheidung darstellt (vgl. Rüsken, a.a.O., Rn. 1 und 9). Im Rahmen der Ermessensausübung ist das Folgende zu beachten: Selbst wenn ein solcher Haftungsanspruch besteht, ist fraglich, ob die Gemeinde, die durch den Erlass eines Abgabenbescheides einfachere hoheitliche Möglichkeiten zur Geltungsmachung ihres Anspruchs gegen den Kurgast hat, vom Haftenden verlangen kann, dass er den Weg einer zivilrechtlichen Klage mit anschließender Vollstreckung geht, um seiner Einziehungspflicht Genüge zu tun. Dies ist nach Auffassung des Senates nicht ohne weiteres der Fall. Verlangt werden kann wohl nur die ernsthafte Aufforderung des Beherbergers an den Kurgast auf Zahlung der Kurabgabe an ihn. Jedenfalls ist dieser Gesichtspunkt bei der bei Haftungsbescheiden notwendigen Ermessensausübung angemessen zu berücksichtigen (vgl. Riehl, a.a.O., Rn. 162).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 72 Nr. 1 GKG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 132 VwGO).

Ende der Entscheidung

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