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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 24.09.2008
Aktenzeichen: 8 L 120/07
Rechtsgebiete: BPersVG, PersVG M-V


Vorschriften:

BPersVG § 104
PersVG M-V § 64 Abs. 3
Die oberste Dienstbehörde ist auch dann berechtigt, von einer Empfehlung der Einigungsstelle abzuweichen, wenn in den einzelnen Stufen des Beteiligungsverfahrens keine umfassende Unterrichtung der Personalvertretung erfolgt ist.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

8 L 120/07

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Personalvertretungsrecht der Länder

hat der Fachsenat für Personalvertretungsrecht des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung am 24. September 2008 in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 29.03.2007 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Antragsteller, der Lehrerhauptpersonalrat beim (beteiligten) Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern und der Lehrerbezirkspersonalrat beim Staatlichen Schulamt Greifswald machen Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit der Abordnung von Lehrkräften innerhalb der beruflichen Schulen des Staatlichen Schulamts Greifswald geltend.

Nachdem zunächst der Antragsteller zu 2. gegenüber dem Staatlichen Schulamt Greifswald und sodann der Antragsteller zu 1. im Stufenverfahren gegenüber dem Beteiligten seine Zustimmung zu den beabsichtigten Abordnungen verweigert hatten, endete das in dieser Angelegenheit durchgeführte Mitbestimmungsverfahren durch den am 29.08.2006 gefassten Beschluss der Einigungsstelle, dessen Tenor folgendermaßen lautet:

Die Zustimmung zu den Abordnungen wird durch die Empfehlung der Einigungsstelle nicht ersetzt.

Der Beteiligte hat die Abordnungen - abweichend vom vorgenannten Beschluss - durchgeführt.

Das Verwaltungsgericht hat den von den Antragstellern in erster Instanz (zuletzt) gestellten Antrag,

festzustellen, dass das Abweichen des Beteiligten vom Beschluss der Einigungsstelle rechtswidrig ist,

durch Beschluss vom 29.03.2007 abgelehnt. In den Gründen heißt es u.a.: Bei den Abordnungen handele es sich um eine Maßnahme der obersten Dienstbehörde, die nur den Antragsteller zu 1. betreffen könne. Aber auch dessen Antrag sei unzulässig, da der Beteiligte seine Organisations- und Personalhoheit ausgeübt habe, die allein dem Dienstherrn zustehe. Die Personalvertretung könne zu dieser Frage nicht mehr in ihren Rechten betroffen sein. Der Beschluss der Einigungsstelle sei nur eine Empfehlung, von der der Beteiligte habe abweichen dürfen.

Gegen die ihnen am 20.04.2007 zugestellte Entscheidung haben die Antragsteller am 21.05.2007 - einem Montag - Beschwerde eingelegt und diese am 20.06.2007 begründet. Die Antragsteller halten die Abordnungsentscheidung des Beteiligten für rechtswidrig, weil beiden Antragstellern gegenüber im Mitbestimmungsverfahren keine rechtzeitige und umfassende Information stattgefunden habe.

Da die Abordnungen bis zum 31.07.2007 befristet waren, beantragen die Antragsteller nunmehr,

die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern und festzustellen, dass das beteiligte Ministerium im Fall einer beabsichtigten Abordnung auch unter Beachtung des § 64 Abs. 3 Satz 4 LPersVG M-V nicht befugt ist, von einer die Zustimmung zu dieser Abordnung nicht erteilenden Empfehlung der Einigungsstelle abzuweichen und die beabsichtigte Abordnung umzusetzen, wenn im Rahmen des vorherigen Beteiligungs- und Stufenverfahrens weder der örtliche Personalrat noch die Stufenvertretung noch die Einigungsstelle rechtzeitig und umfassend im Sinne der §§ 62 Abs. 2, 4 Satz 2, 60 LPersVG M-V über die beabsichtigte Abordnung unterrichtet worden sind und die Einigungsstelle ihren Spruch auf diesen Umstand stützt.

Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beteiligte vertritt die Auffassung, dass sein Letztentscheidungsrecht von eventuellen Fehlern im Mitbestimmungsverfahren unberührt bleibe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und den vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, ohne dass es darauf ankommt, ob der Antragsteller zu 2. überhaupt gegenüber dem Beteiligten antragsbefugt ist und ob sich die Antragsteller nach Ende der Abordnungen für die Fortsetzung des Verfahrens auf ein Feststellungsinteresse entsprechend § 256 Abs. 1 ZPO berufen können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.07.2008 - 6 P 13/07 -, zit. nach juris).

Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Der Beteiligte ist auch dann berechtigt, sich über eine die Zustimmung zu einer Abordnung nicht erteilende Empfehlung der Einigungsstelle hinwegzusetzen, wenn in den einzelnen Verfahrensstufen keine rechtzeitige und umfassende Unterrichtung der Personalvertretung erfolgt ist und die Einigungsstelle ihren Spruch auf diesen Umstand gestützt hat.

Dies ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetz. Wenn die Einigungsstelle - wie hier - eine Empfehlung ausgesprochen hat, entfällt die nach § 64 Abs. 3 Satz 3 PersVG M-V vorgesehene Bindungswirkung der Einigungsstellenentscheidung. Vielmehr entscheidet "die oberste Dienstbehörde... endgültig" (vgl. § 64 Abs. 3 Satz 5 PersVG M-V).

Die Vorschrift schränkt das Recht der obersten Dienstbehörde, von der Empfehlung der Einigungsstelle abzuweichen, nicht ein, d.h. es ist auch nicht davon abhängig, mit welcher Begründung die Einigungsstelle die Zustimmungsverweigerung beschlossen hat. Dieses Verständnis der Norm ist auch nach ihrem Sinn und Zweck geboten, der darin besteht, dass Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwohl wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, nicht den Stellen entzogen werden dürfen, die der Volksvertretung verantwortlich sind (vgl. auch § 104 BPersVG). Im vorliegenden Fall geht es um die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung an Schulen. Dies bedeutet aber nicht, dass der von der Einigungsstelle gegebenen Begründung gar keine Bedeutung beizumessen wäre. Mit dieser Begründung hat sich die oberste Dienstbehörde zu befassen und muss ihrerseits gegenüber der Einigungsstelle darlegen, weshalb sie der Empfehlung nicht gefolgt ist.

Um die Einhaltung dieser in § 64 Abs. 3 Satz 6 PersVG M-V geregelten Begründungspflicht durch den Beteiligten geht es im vorliegenden Beschlussverfahren aber nicht. Die Antragsteller haben bei Einleitung des Verfahrens selbst das an die Einigungsstelle gerichtete und die Abweichung begründende Schreiben des Beteiligten vom 08.09.2006 vorgelegt. Dass das Schreiben den Anforderungen des § 64 Abs. 3 Satz 6 PersVG M-V nicht genügen würde, ist dabei nicht geltend gemacht worden.

Zu Unrecht befürchten die Antragsteller, dass die hier vertretene Auffassung dazu führen könnte, dass sie im Hinblick auf ihre Informationsansprüche (vgl. §§ 60, 62 Abs. 2 PersVG M-V) keine effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten hätten. So wäre es ihnen unbenommen gewesen, im Hinblick auf ihre (vermeintlichen) Informationsansprüche gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.01.1994 - 6 P 21.92 -, E 95, 73). Auf diesem Wege hätte sich beispielsweise klären lassen, ob der Personalvertretung bei Abordnung von Lehrkräften auch die fächerbezogene Bedarfssituation an der abgebenden und der aufnehmenden Schule darzustellen ist. In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, dass der Beteiligte bereits in dem erwähnten Schreiben vom 08.09.2006 angekündigt hat, die staatlichen Schulämter anzuweisen, "bereits die Zuarbeiten zu den Stufenverfahren... umfangreicher und aussagekräftiger zu gestalten...".

Außerdem neigt der Senat zu der Auffassung, dass ein Personalrat nicht über ein Mitbestimmungsersuchen zu entscheiden braucht, so lange er nicht ein Mindestmaß der ihm zustehenden Informationen erhalten hat und die Frist, bei deren Nichteinhaltung die Zustimmung fingiert wird, erst mit Zugang dieser Informationen zu laufen beginnt. Auch in diesem Punkt wäre im Streitfall effektiver Rechtsschutz gegeben.

Einer Kostenentscheidung bedarf es im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht (vgl. Beschl. des Senats vom 29.11.2006 - 8 L 426/05 -, m.w.N.).

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne von §§ 87 Abs. 2 PersVG M-V, 92 Abs. 1 Satz 1, 72 Abs. 2 ArbGG vorliegen.

Ende der Entscheidung

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