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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 27.08.2003
Aktenzeichen: 8 M 17/03
Rechtsgebiete: ArbGG, PersVG M-V, PersVG M-V


Vorschriften:

ArbGG § 85 Abs. 2
PersVG M-V § 68 Abs. 1 Nr. 20
PersVG M-V § 73 Abs. 1
PersVG M-V § 73 Abs. 2
PersVG M-V § 75 Abs. 2
PersVG M-V § 87 Abs. 2
Zur Beteiligung der Personalvertretung in ressortübergreifenden Angelegenheiten - hier: vorläufiger Rechtsschutz -
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

Az.: 8 M 17/03

In der Personalvertretungssache

wegen Verletzung von Mitbestimmungsrechten

hat der Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 27. August 2003 in Greifswald durch

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 18.12.2002 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller, Hauptpersonalrat bei dem beteiligten Innenministerium, begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Zusammenhang mit von ihm (auch) im Hauptsacheverfahren - 7 A 3404/02, VG Greifswald - geltend gemachten Beteiligungsrechten beim Erlass der Richtlinien über die dienstliche Beurteilung der Beamten und Angestellten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (BeurtRL) vom 23.07.2002 (Amtsblatt Seite 760).

Durch Beschluss vom 18.12.2002 hat das Verwaltungsgericht den Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur Entscheidung über den Hauptsacheantrag festzustellen, dass die BeurtRL soweit sie unter Nr. 10 für Angestellte für anwendbar erklärt worden sind, gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 20 PersVG M-V mitbestimmungspflichtig sind, abgelehnt. In den Gründen heißt es u.a., es fehle bereits an der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Eilbedürftigkeit.

Gegen diese, ihm am 02.01.2003 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am 03.02.2003 - einem Montag - Beschwerde eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist am 03.04.2003 begründet.

Der Antragsteller beantragt,

die angefochtene Entscheidung zu ändern und dem in erster Instanz gestellten Antrag stattzugeben

hilfsweise,

den Beteiligten im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten das Mitbestimmungsverfahren einzuleiten.

Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Verfahrensbeteiligten streiten auch über die Frage, ob dem Antragsteller das geltend gemachte Beteiligungsrecht deshalb nicht zusteht, weil es um eine sogenannte ressortübergreifende Angelegenheit geht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das Vorbringen der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akte und Beiakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Sein Begehren bleibt - unabhängig von der Formulierung des Antrags - auch in zweiter Instanz ohne Erfolg, weil es an einem Verfügungsgrund fehlt.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 87 Abs. 2 PersVG M-V iVm. § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Personalvertretungssachen statthaft. Eine einstweilige Verfügung kann nach den gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG maßgeblichen Vorschriften der Zivilprozessordnung ergehen, wenn der Antragsteller glaubhaft gemacht hat (vgl. § 920 Abs. 2 ZPO), dass ihm ein zu sichernder Anspruch zusteht (Verfügungsanspruch), zu dessen Sicherung eine gerichtliche Entscheidung erforderlich ist (Verfügungsgrund).

Gemäß § 935 ZPO sind einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsverfügung). Gemäß § 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung nötig erscheint (Regelungsverfügung). Beide Vorschriften machen deutlich, dass einstweilige Verfügungen unvertretbare Verzögerungen bei der gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche überbrücken sollen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Verfügungsgrund dann gegeben, wenn es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (vgl. Beschluss des Senats vom 23.11.2001 - 8 M 62/01 und 8 M 71/01 -). Die genannten Anforderungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (vgl. Beschluss des Senats vom 20.01.1999 - 8 M 95/98 -).

Die Anwendung dieser Maßstäbe führt im vorliegenden Fall zur Verneinung des Verfügungsgrundes; seinen Ausführungen zur Eilbedürftigkeit ist nicht zu folgen.

Der Antragsteller kann in weitem Umfang wirksamen Rechtsschutz erreichen. Soweit frühzeitiger Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht möglich ist, hat dies keine nicht hinnehmbaren Folgen. Zur Klärung der Frage, ob er an dem Erlass der Beurteilungsrichtlinien zu beteiligen ist oder war, kann der Antragsteller - wie bereits geschehen - ein personalvertretungsrechtliches Hauptsacheverfahren betreiben. Aus dem Vortrag des Antragstellers ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es für ihn unzumutbare Folgen hätte, müsste er eine eventuelle Rechtswidrigkeit seiner bisherigen Nichtbeteiligung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinnehmen. Das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren dient regelmäßig nicht der Verfolgung von Individualansprüchen, sondern der Klärung und Feststellung von personalvertretungsrechtlichen Zuständigkeiten und Befugnissen. Es ist davon auszugehen, dass sich ressortübergreifende Angelegenheiten wiederholen werden, so dass nicht zu erwarten ist, dass dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis für eine Fortsetzung des Hauptsacheverfahrens abzusprechen ist. Das Rechtsschutzbedürfnis ist außerdem unproblematisch wenn im Hauptsacheverfahren eine Entscheidung ergeht solange die umstrittenen Beurteilungsrichtlinien in Kraft sind. Danach kommt es nicht darauf an, ob der Verfügungsgrund sogar dann zu verneinen wäre, wenn es sich um einen Einzelfall ohne Wiederholungsgefahr handeln würde (so aber wohl: OVG Münster, Beschluss vom 14.01.2003 - 1 B 1907/02.PVL -, NWVBl. 2003, 219).

Allenfalls könnte es im Hauptsacheverfahren erforderlich werden, den Antrag umzustellen auf die Feststellung, dass die Richtlinien der Mitbestimmung des Antragstellers bedurften. Dass ihm eine solche Umstellung nicht zuzumuten wäre, ist nicht festzustellen, zumal der Antragsteller einen derartigen Antrag sinngemäß bereits im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gestellt hat.

Sein ursprüngliches Ziel, eine (vorläufige) Klärung der Frage, ob er zu beteiligten war, zu erwirken, bevor die Richtlinie angewendet wird, kann der Antagsteller ohnehin nicht mehr erreichen. Denn die Richtlinie ist schon am 01.01.2003 in Kraft getreten.

Ob es einen Grund für eine einstweilige Verfügung darstellt, wenn es von vornherein unbezweifeibar feststeht, dass der geltend gemachte Anspruch auf Mitbestimmung besteht, wenn also der Beteiligte gleichsam sehenden Auges Rechte des Antragstellers verletzt hätte, kann hier auf sich beruhen, da der Fall so nicht liegt. Die Frage, ob es bei ressortübergreifenden Angelegenheiten eine im Sinne von § 73 PersVG M-V zuständige Personalvertretung gibt, kann nicht als einfach bewertet werden (- wohl bejahend: Vogelgesang/Bieler/Schroeder-Printzen/Stange, Landespersonalvertretungsgesetz M-V, § 73 Rdn. 18; verneinend: Donalies/Neumann, PersVG M-V, § 75 Anm. 2; offen lassend: Beschluss des Senats vom 19.12.1996 - 8 L 62/96 -, PersR 1997, 259). Entscheidend dürfte es u.a. sein, ob die Absätze 1 und 2 des § 73 PersVG M-V derart aufeinander bezogen sind, dass sie für die Fälle, in denen die Mitbestimmung vorgesehen ist, lediglich regeln, ob der örtliche Personalrat oder die Stufenvertretung zuständig ist, oder ob die Norm auch den Ausschluss jeglicher Zuständigkeit bewirken kann, etwa wenn - wie hier - kein Gesamtpersonalrat zu bilden ist. Auch auf die Bedeutung des § 75 Abs. 2 PersVG M-V wird es in diesem Zusammenhang wohl ankommen.

Um den Verfügungsgrund zu bejahen, genügt es schließlich auch nicht lediglich zu behaupten, die Anwendung der Richtlinie sei geeignet, den "Betriebsfrieden" zu stören (vgl. Beschluss des Senats vom 25.03.1998 - 8 M 103/97 -). Dies gilt umso mehr, wenn der Beteiligte - wie in der Beschwerdeerwiderung geschehen - darauf hinweist, dass für die Beschäftigten gerade dann Probleme auftreten könnten, wenn es für eine vergleichende Beurteilung von Beamten und Angestellten zeitweilig keine einheitlichen Beurteilungskriterien geben würde.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 87 Abs. 2 PersVG M-V, §§ 92 Abs. 2 Satz 3, 85 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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