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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 11.02.2004
Aktenzeichen: 1 A 2138/01
Rechtsgebiete: BLV


Vorschriften:

BLV § 40
BLV § 41
Eine unter Hinweis auf einen einzelfallübergreifenden Quervergleich vorgenommene Herabsetzung des Gesamturteils einer Erstbeurteilung durch den abschließenden Beurteiler ist jedenfalls dann hinreichend begründet und plausibel gemacht, wenn zu dem genannten - an sich schon plausiblen - Hinweis eine nachvollziehbare und plausible einzelfallbezogene Begründung hinzutritt. Bei dieser Begründung kann sich der abschließende Beurteiler insbesondere auf solche Erkenntnisse stützen, die sich aus der Erstbeurteilung selbst ergeben oder der Leistungsentwicklung des zu Beurteilenden, namentlich einem Vergleich der Erstbeurteilung mit der Vorbeurteilung entnehmen lassen.
Tatbestand:

Der Kläger steht als Oberregierungsrat (A 14 BBesO) in den Diensten der Beklagten und wird im Bereich der Nachwuchsgewinnung eingesetzt. Im Februar 1999 fertigte der Erstbeurteiler des Klägers - sein militärischer Vorgesetzter - auf der Grundlage der zuletzt am 26.8.1998 geänderten "Bestimmungen über die dienstliche Beurteilung der Beamten und Arbeitnehmer im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung" eine Regelbeurteilung für den Kläger. Bei der Leistungsbeurteilung vergab der Erstbeurteiler hinsichtlich der Einzelmerkmale 13 x die Höchstbewertung - das ist die Note A bei insgesamt sechs Notenstufen, die mit "übertrifft die Leistungserwartungen in außergewöhnlichem Maße" definiert ist - und weitere 2 x die Note B. Gegenüber der Vorbeurteilung erreichte der Kläger damit 8 x die Höherstufung von B nach A, 1 x von C nach B (4.3) und 5 x von C nach A; bei einem Einzelmerkmal (schriftlicher Ausdruck) blieb die Bewertung mit B. Die Befähigung des Klägers beurteilte der Erstbeurteiler hinsichtlich aller vier Einzelmerkmale mit der Note A, der höchsten hier von vier Notenstufen; danach waren die aufgeführten Einzelmerkmale "besonders stark ausgeprägt". Das Gesamturteil lautete - bei insgesamt sechs Möglichkeiten - mit der besten Möglichkeit auf "überragend". Im August 1999 stufte der abschließende Beurteiler die Bewertung der Einzelmerkmale bei der Leistungsbeurteilung sowie das Gesamturteil um jeweils eine Note herab, so dass das Gesamturteil nun auf "übertrifft die Anforderungen deutlich" lautete; die Befähigungsbeurteilung und auch der Eignungs- und Verwendungsvorschlag des Erstbeurteilers erfuhren keine ausdrückliche Abänderung. Zur Begründung der Herabstufung des Gesamturteils führte er aus, dass der Erstbeurteiler einen zu milden, nicht dem wehrbereichsweit anzuwendenden Maßstab in der Besoldungsgruppe A 14 angewendet habe, und stützte diese Einschätzung auf die eigenen Erfahrungen, seinen größeren Überblick, seine größeren Vergleichsmöglichkeiten sowie seine besseren Kenntnisse über die Anforderungen der Ämter. In der vorherigen Regelbeurteilung (Vorbeurteilung) hatte der Kläger die Gesamtnote "übertrifft die Anforderungen deutlich" und bei der Leistungsbeurteilung der Einzelmerkmale - u. a. auch hinsichtlich des schriftlichen Ausdrucks - 9 x die Note B, 6 x die Note C und als Gesamtleistungsnote die Bewertung B erzielt. Den Abänderungsantrag des Klägers, der sich gegen die von dem abschließenden Beurteiler vorgenommenen Herabstufungen richtete, fasste die zuständige Wehrbereichsverwaltung als Widerspruch auf und wies diesen zurück. Die Klage hatte vor dem VG ebensowenig Erfolg wie die zugelassene Berufung vor dem OVG.

Gründe:

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die dienstliche Beurteilung beseitigt und dem Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum erteilt. Die dem Kläger erteilte Regelbeurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Dienstliche Beurteilungen sind verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar. Nur der Dienstherr bzw. der für diesen handelnde jeweilige Vorgesetzte sollen nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung - §§ 40, 41 BLV - ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den - ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden - zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber dieser Beurteilungsermächtigung darauf zu beschränken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, die anzuwendenden Begriffe oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrundegelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6.8.2002 - 2 BvR 2357/00 -, ZBR 2003, 31; Beschluss vom 29.5.2002 - 2 BvR 723/99 -, DÖD 2003, 82; BVerwG, Urteil vom 19.12.2002 - 2 C 31.01 -, DÖD 2003, 200, m.w.N.

Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen der Laufbahnverordnung über die dienstliche Beurteilung, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.2002, a.a.O., m.w.N.

Gemessen an diesen Maßstäben sind rechtliche Fehler der streitgegenständlichen Regelbeurteilung nicht festzustellen. Sie ist in Anwendung der "Bestimmungen über die dienstliche Beurteilung der Beamten und Arbeitnehmer im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung" (im Folgenden: BB) von Erstbeurteiler und abschließendem Beurteiler, gegen deren Zuständigkeit nach Nr. 13 Abs. 1, 15 Abs. 1 BB keine durchgreifenden Bedenken ersichtlich sind, unter Verwendung des nach Nr. 2 Satz 2 i.V.m. Anlage 1 BB zu verwendenden Formblattes erstellt worden.

Die von dem Kläger allein angegriffene Herabsetzung sämtlicher in der Erstbeurteilung in den einzelnen Merkmalen der Leistungsbeurteilung zuerkannten Bewertungen, der dortigen Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung und des dortigen Gesamturteils durch den abschließenden Beurteiler ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Befugnis des abschließenden Beurteilers zur maßstabswahrenden Herauf- oder Herabsetzung von Bewertungen des Erstbeurteilers folgt aus der Regelung in Nr. 15 Abs. 3 BB, hinsichtlich derer ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften nicht ersichtlich ist. Nach Nr. 15 Abs. 3 Satz 1 BB hat der abschließende Beurteiler alle für die einzelne Beurteilung bedeutsamen Erkenntnisse zu berücksichtigen und für die Wahrung des allgemeingültigen Maßstabes sowie für die Schlüssigkeit der Beurteilung Sorge zu tragen. Hierzu kann er nach Nr. 15 Abs. 3 Satz 2 BB die in der Erstbeurteilung in einzelnen Merkmalen der Leistungsbeurteilung und der Befähigungsbeurteilung zuerkannte Bewertung, die Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung und das Gesamturteil herauf- oder herabsetzen, wobei die Änderungen gemäß Nr. 15 Abs. 3 Satz 3 BB zu begründen sind.

Ein nach den obigen Ausführungen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegender Fehler bei der Herabsetzung der Bewertungen ist nicht gegeben.

1. Ein Begründungsmangel liegt nicht vor. Insbesondere ist die angegriffene Maßnahme entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht wegen einer Verletzung der Nr. 15 Abs. 3 Satz 3 BB rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift sind die (nach Nr. 15 Abs. 3 Satz 2 BB von dem abschließenden Beurteiler vorgenommenen) Änderungen zu begründen, d. h. mit der Angabe der für sie maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu versehen.

Bezieht sich die Abweichung - wie hier - allein auf Werturteile des Erstbeurteilers, die nicht auf konkreten und einzelnen Vorgängen, sondern auf einer unbestimmten Fülle von Einzeltatsachen beruhen (sog. reine Werturteile), und nimmt sie - wie vorliegend - auch selbst nicht ausdrücklich oder zumindest erkennbar auf bestimmte Einzelvorkommnisse Bezug, so stellt sich die Begründungspflicht aus Nr. 15 Abs. 3 Satz 3 BB bei streitiger Beurteilung der Sache nach (lediglich) als eine besondere Ausprägung der Plausibilisierungspflicht dar - vgl. Willems, NWVBl. 2001, 121 ff., 129 (zu Nr. 9.2 Abs. 2 der Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen, MBl. NRW 1996, 278) -, nach der der Dienstherr im Bestreitensfall die von ihm abgegebenen Werturteile bei der Eröffnung und Besprechung der dienstlichen Beurteilung, im Widerspruchsverfahren und grundsätzlich auch noch im Verwaltungsstreitverfahren näher erörtern und konkretisieren muss.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - 2 C 8.78 -, BVerwGE 60, 245.

Hiervon gehen im Übrigen auch die Durchführungshinweise zu Nr. 15 BB aus, nach deren Nr. 2 der abschließende Beurteiler die Herauf- oder Herabsetzung nach Nr. 15 Abs. 3 Satz 2 BB mit dem dort genannten Hinweis "rechtfertigen" kann.

Entscheidend für die - nach dem Vorstehenden auch hier zu fordernde - Plausibilisierung von Werturteilen ist, dass das Werturteil, das der abschließende Beurteiler abgegeben hat, keine formelhafte Behauptung bleibt, sondern dass es für den Beamten einsichtig und für außenstehende Dritte nachvollziehbar wird, dass der Beamte die Gründe und Argumente des Dienstherrn erfährt und für ihn der Weg, der zu dem Urteil geführt hat, sichtbar wird.

BVerwG, Urteil vom 26.6.1980, a.a.O., Beschluss vom 17.3.1993 - 2 B 25.93 -, DÖD 1993, 179 = ZBR 1993, 245, und Urteil vom 11.11.1999 - 2 A 6.98 -, DÖD 2000, 108 = ZBR 2000, 269.

Die inhaltlichen Anforderungen an diese Plausibilisierung müssen sich dabei - jedenfalls im Ausgangspunkt - an den Gründen orientieren, die den abschließenden Beurteiler zu einer abweichenden Beurteilung veranlasst haben. Liegt der maßgebliche Grund in einer anders lautenden Bewertung des individuellen Leistungs- und Befähigungsprofils des Beamten, so muss der Dienstherr die entsprechenden Wertungen - wie bei einer im einstufigen Beurteilungsverfahren erstellten Beurteilung auch - durch Angabe von Tatsachen oder zumindest von weiteren (Teil-)Werturteilen plausibel machen, die sich auf die individuellen Besonderheiten des Einzelfalles beziehen. Erfolgt die abweichende Bewertung indes aus einzelfallübergreifenden Erwägungen - ein solcher Fall ist hier gegeben, wie die allein auf den Zweck der Maßstabswahrung hinweisende Begründung belegt - so muss die Plausibilisierung mit Blick auf diesen Aspekt erfolgen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.12.1999 - 6 A 3593/98 -, DÖD 2000, 266 = ZBR 2001, 338, und Urteil vom 13.2.2001 - 6 A 2966/00 -, NWVBl. 2002, 351; Willems, NWVBl. 2001, 121 ff., 129.

Eine trennscharfe Abgrenzung beider Fälle und damit der jeweils an die Plausibilisierung zu stellenden Anforderungen ist dabei allerdings weder möglich noch notwendig, weil - einerseits - eine mit Blick auf das individuelle Leistungs- und Befähigungsprofil des Beamten erfolgende Abänderung der Erstbeurteilung zwingend zugleich auch aus Gründen der Maßstabswahrung vorgenommen wird und weil - andererseits - eine auf einen Quervergleich gestützte Korrektur der Erstbeurteilung notwendigerweise zugleich die individuelle Beurteilung des Beamten betrifft.

Die von dem Dienstherrn bzw. von dem diesen vertretenden abschließenden Beurteiler in der dienstlichen Beurteilung und im weiteren Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegebene bzw. zulässigerweise nachgeschobene - vgl. BVerwG, Urteil vom 26.6.1980, a.a.O. - Begründung der Herabsetzung der Gesamtnote sowie der - aus Gründen der Schlüssigkeit - zugleich erfolgten Änderung der Bewertungen der Leistungseinzelmerkmale genügt diesen Anforderungen.

Der abschließende Beurteiler hat zur Begründung der aus Gründen der Maßstabswahrung von ihm vorgenommenen Herabsetzung des Gesamturteils ausgeführt: Er stütze sich insoweit auf seine Erfahrungen, seinen größeren Überblick, seine größeren Vergleichsmöglichkeiten sowie auf seine besseren Kenntnisse über die Anforderungen der Ämter. Dabei habe er auch die Erfahrung berücksichtigt, dass militärische Erstbeurteiler bei der Beurteilung von Beamten regelmäßig einen zu milden Maßstab zugrundelegten. Ferner habe er in Rechnung gestellt, dass er von den Leistungen des Klägers Kenntnis erlangt hätte, wenn sie im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich derart herausragend gewesen wären, wie es sich aus der Erstbeurteilung ergibt. Berücksichtigung habe außerdem gefunden, dass die textlichen Bestandteile der Erstbeurteilung selbst eher auf Leistungen hinwiesen, die die Anforderungen deutlich überträfen, aber nicht "überragend" genannt werden könnten. Das gelte sowohl für den Beurteilungsbeitrag des Fachvorgesetzten, der eher auf die Gesamtnote B hindeute bzw. der Spitzennote sogar entgegenstehe, als auch für den Beurteilungsbeitrag des früheren Erstbeurteilers. Außerdem seien auch sämtliche Begründungen des Erstbeurteilers zu den mit der Note A bewerteten Einzelmerkmalen der Leistungsbewertung sprachlich steigerungsfähig. Schließlich zeige ein Vergleich zwischen der Bewertung der Einzelmerkmale in der Leistungsbeurteilung der Vorbeurteilung mit den entsprechenden Bewertungen in der vom abschließenden Beurteiler zu bewertenden Erstbeurteilung, dass der Kläger, träfe die Erstbeurteilung zu, sich innerhalb der letzten drei Jahre in ganz außerordentlicher Weise gesteigert haben müsste; die Vorbeurteilung enthalte indes keinen Anhaltspunkt für eine solche Steigerungstendenz, und der Erstbeurteiler habe eine solche Steigerung auch nicht dokumentiert und plausibel gemacht.

Die außerdem erfolgte Herabsetzung der Bewertungen der Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung hat der abschließende Beurteiler damit begründet, dass diese Bewertungen nach erfolgter Korrektur des Gesamturteils und mit Blick auf den gegebenen generellen Maßstabsfehler in gleicher Weise nach unten zu korrigieren gewesen seien.

Diese Ausführungen des Dienstherrn lassen die für die Herabstufungen maßgeblichen Erwägungen hinreichend nachvollziehbar werden und machen den Weg, der zu dieser Entscheidung geführt hat, in ausreichender Weise sichtbar.

Soweit der Dienstherr auf den größeren Überblick und die größeren Vergleichsmöglichkeiten des abschließenden Beurteilers im Vergleich zu dem Erstbeurteiler abhebt - vgl. insoweit auch die Durchführungsbestimmungen zu Nr. 15 BB, in deren Nr. 2 es heißt: "Der abschließende Beurteiler kann Herauf- und Herabsetzungen nach Nr. 15 Abs. 3 Satz 2 mit dem Hinweis auf die gebotene Aufrechterhaltung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes anhand eines Leistungsvergleichs (Gesamtschau, größerer Überblick, größere Vergleichsmöglichkeiten) rechtfertigen" -, ist dies ohne weiteres plausibel. Während nämlich der Erstbeurteiler bei der Regelbeurteilung 1999 lediglich vier Beamte mit der Besoldungsgruppe A 14 zu beurteilen hatte, lagen dem abschließenden Beurteiler insoweit 120 von unterschiedlichen Erstbeurteilern gefertigte Beurteilungen zur abschließenden Beurteilung vor. Allerdings handelt es sich bei dieser Begründung um eine solche, die wegen ihres fallübergreifenden Bezuges in gleicher Wortwahl auch in Beurteilungen anderer Beamter Verwendung finden könnte und sich nicht mit den Einzelumständen befasst, die im Vergleich mit den anderen Beamten zu der Herabsetzung der Bewertung durch den abschließenden Beurteiler geführt haben.

Zu einer vergleichbaren Begründung ebenso: OVG NRW, Beschluss vom 13.12.1999, a.a.O., und Urteil vom 13.2.2001, a.a.O.; Schnellenbach, ZBR 2003, 1 ff., 9 f.

Ob eine abweichende Bewertung durch den abschließenden Beurteiler trotz dieses Einwandes auch im gerichtlichen Verfahren stets schon allein mit dem bloßen, nicht näher belegten Hinweis auf einen einzelfallübergreifenden Vergleich gerechtfertigt bzw. hinreichend plausibel gemacht werden kann, - vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.12.1999, a.a.O., und Urteil vom 13.2.2001, a.a.O. unter Hinweis darauf, dass sich konkret-individuelle Abwägungsvergleiche mit allen anderen Beamten der Vergleichsgruppe oder zumindest mit denjenigen Beamten, denen die nächsthöhere Bewertung zuerkannt worden ist, wegen der Persönlichkeitsrechte dieser Beamten und wegen der damit korrespondierenden Fürsorgepflichten des Dienstherrn verböten - könnte zumindest zweifelhaft erscheinen, - vgl. insoweit auch Schnellenbach, ZBR 2003, 1 ff., 10, der insoweit einen beträchtlichen Rest an Unbehagen konstatiert -, weil der betroffene Beamte sich in diesem Fall mit einer bloßen Behauptung begnügen müsste und ihm faktisch jeder konkrete Ansatzpunkt für eine Überprüfung der Herabstufung entzogen wäre. Auch erschiene es zumindest bei einer hinreichend großen Vergleichsgruppe denkbar, anonymisierte dienstliche Beurteilungen anderer (besser) beurteilter Beamter zur Plausibilisierung der Herabstufung heranzuziehen. Das könnten im Übrigen entgegen der Auffassung des Klägers reine Leistungsranglisten nicht leisten, da sie nur den Standort des Klägers innerhalb einer Reihung, nicht aber die dafür maßgeblichen Gründe aufzeigen würden. Die aufgeworfene Frage muss hier aber nicht entschieden werden. Denn der Dienstherr des Klägers hat die Herabstufung der Bewertungen nicht allein mit dem Hinweis auf einen einzelfallübergreifenden Quervergleich zur Maßstabswahrung gerechtfertigt, sondern sie zugleich auch mit weiteren, auf den Einzelfall bezogenen Erkenntnissen begründet, die er insbesondere aus der Beurteilung selbst und mit Blick auf die Vorbeurteilung des Klägers gewonnen hat und die ihrerseits die Verwendung eines zu milden Maßstabes indizieren.

Vgl. insoweit auch Weiß/Niedermaier/Summer/ Zängel, Bayerisches Beamtengesetz, Komm., 1984, BayGB Art. 118 Erl. 6, die als Erkenntnisquellen insbesondere für eine Änderung einer dienstlichen Beurteilung neben den umfasserenden Vergleichsmöglichkeiten der vorgesetzten Dienstbehörde auch die dienstliche Beurteilung selbst anführen.

Eine solche "Doppelbegründung" genügt den Anforderungen an die Plausibilisierung jedenfalls dann, wenn die zu dem plausiblen Quervergleichsargument hinzutretende einzelfallbezogene Begründung ihrerseits nachvollziehbar ist. Das ist vorliegend der Fall. Gewisse Hinweise darauf, dass der Erstbeurteiler bei der Bewertung der Einzelmerkmale und bei der Gesamtbewertung der Leistung einen zu milden Maßstab angelegt hat, geben bereits dessen schriftliche Begründungen. In der Begründung der Gesamtbewertung wird der Kläger als im hohen Maße engagiert beschrieben; er nehme seine Tätigkeit auf der Grundlage langjähriger Berufserfahrung und herausragender Sachkompetenz wahr. Diese Einschätzungen rechtfertigen nicht die Annahme, dass der Kläger die Leistungserwartungen etwa hinsichtlich der Einzelmerkmale 1.1 (fachliches Wissen und Können) und 3.1, 3.2 (Eigenständigkeit und Initiative) "in außergewöhnlichem Maße" und nicht nur "erheblich" übertrifft. Entsprechendes gilt zumindest für erhebliche Teile der Begründung der Bewertung der Einzelmerkmale, hinsichtlich derer die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen hat, dass die dortigen Ausführungen sprachlich steigerungsfähig seien. Beispielsweise dürfte eine (nur) "hohe Termintreue" ebenso wenig zwingend die Spitzennote bei dem Einzelmerkmal 2.2 begründen wie dies eine (nur) "besondere Zuverlässigkeit" bei dem Einzelmerkmal 4.1 leistet. Auch der immerhin fünf Monate des Beurteilungszeitraums erfassende Beurteilungsbeitrag des früheren Erstbeurteilers deutet nicht darauf hin, dass der Kläger die Leistungserwartungen in außergewöhnlichem Maße übertroffen haben könnte, wenn es dort zu seiner Leistung heißt, dass er über ausgezeichnetes Fachwissen und umfassende berufliche Erfahrungen verfüge und konzentriert, detailgenau und termingerecht arbeite. Noch deutlichere, die Plausibilisierung gelingen lassende Hinweise auf eine gemessen am wehrbereichsweiten Maßstab zu gute Benotung des Klägers ergeben sich aus dem Beurteilungsbeitrag des Fachvorgesetzten, der mehr als die militärischen Vorgesetzten in der Lage sein dürfte, die (fachlichen) Leistungen des Klägers zu beurteilen. Der Beitrag enthält unter dem Punkt "Leistungen" neben sehr positiven Werturteilen ("absolute Zuverlässigkeit") auch solche, die keinesfalls die Vergabe der jeweiligen Spitzennote rechtfertigen. So qualifiziert der Fachvorgesetzte die Fachkenntnisse des Klägers lediglich als "sehr gut" und nicht etwa als "herausragend", "hervorragend" oder "exzellent"; außerdem spricht er von "Arbeitsergebnissen auf einem erheblich über dem Durchschnitt liegenden fachlichen Niveau", was ziemlich genau der Definition der Bewertungsstufe B entspricht. Ferner macht gerade der Blick auf die Vorbeurteilung des Klägers die Annahme des abschließenden Beurteilers plausibel, maßstabswahrend eingreifen zu müssen. Ein Vergleich der seinerzeit zu den Einzelmerkmalen vergebenen Noten mit denen, die der Erstbeurteiler dem Kläger in der streitgegenständlichen Beurteilung zuerkannt hat, zeigt, dass der Kläger sich bei neun Einzelmerkmalen um eine und bei fünf weiteren Einzelmerkmalen sogar um zwei Notenstufen (von C nach A) verbessert hat, also seine Leistung ganz außerordentlich gesteigert haben müsste. Die Tendenz zu einer solchen Leistungssteigerung ergibt sich aber weder aus der Vorbeurteilung noch lässt sie sich der Begründung des Erstbeurteilers in der streitigen dienstlichen Beurteilung entnehmen. Das gilt auch unter Berücksichtigung der seit November 1997 mit "gutem Erfolg" (Beurteilungsbeitrag des Fachvorgesetzten) wahrgenommenen und naturgemäß mit einer Mehrbelastung verbundenen, grundsätzlich aber von einem Beamten der Besoldungsgruppe A 14 zu erwartenden Vertretung eines Beamten der Besoldungsgruppe A 15. Schließlich ist auch der Hinweis des abschließenden Beurteilers plausibel, dass es ihm nicht verborgen geblieben wäre, wenn der Kläger im Beurteilungszeitraum derart herausragende Leistungen gezeigt hätte, wie sie ihm der Erstbeurteiler attestiert hat. Nachvollziehbar ist dieser Hinweis insbesondere deshalb, weil es mehr als nur nahe liegt, dass für den Zweitbeurteiler gerade die zahlenmäßig überschaubare und zugleich herausgehobene Gruppe der Beamten des höheren Dienstes, zu der der Kläger zählt, von besonderem Interesse ist und von ihm beobachtet wird. Entgegen der Ansicht des Klägers war es für den Zweitbeurteiler nicht erforderlich (vgl. Nr. 18 Abs. 2 BB), sich vor der Korrektur der Erstbeurteilung mit dem Erstbeurteiler in Verbindung zu setzen und ergänzend Nachfrage zu halten. Das gilt zum einen schon mit Blick auf die Gesamtheit der soeben dargelegten, eine maßstabswahrende Korrektur verlangenden Umstände. Zum anderen gilt es deshalb, weil der Zweitbeurteiler schon im Zuge eines Stellenbesetzungsverfahrens, nämlich Anfang Dezember 1998 eine auf die anstehende Regelbeurteilung bezogene Voreinschätzung des Erstbeurteilers erfragt bzw. eingeholt hatte und - auch mit Blick auf die übrigen ihm vorliegenden Voreinschätzungen und in Ansehung der Vorbeurteilung des Klägers - zu der Erkenntnis gelangt war, dass die für den Kläger abgegebene Voreinschätzung mit "A" zu milde, d. h. aber nicht maßstabsgerecht war.

2. Die Beurteilung leidet nicht an der Zugrundelegung eines unvollständigen oder falschen Sachverhalts, weil der abschließende Beurteiler die für seine Bewertung erforderlichen Beurteilungsgrundlagen vollständig und richtig ermittelt hat. Nicht erforderlich ist insoweit, dass der abschließende Beurteiler den Beurteilten selbst kennt oder seine Wertung aufgrund unmittelbaren Kontakts trifft - vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.4.1999 - 2 B 26.99 -, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 21; Kathke, in: Schütz/Maiwald, BeamtR, Komm., Stand: Januar 2004, C § 104 Rn. 332, m.w.N. -, was vorliegend mit Blick auf die überaus große Zahl der von dem abschließenden Beurteiler zu beurteilenden Beamten auch tatsächlich nicht erfüllbar wäre. Fehlende eigene Wahrnehmungen fallen insbesondere dann nicht entscheidend ins Gewicht, wenn der höhere Vorgesetzte sich - wie hier - bei seiner Beurteilung des Beamten auf seine größere Erfahrung, den größeren Überblick und die größeren Vergleichsmöglichkeiten sowie die bessere Kenntnis der Anforderungen der Ämter und Laufbahnen stützt, weil gerade dies zu einer gleichmäßigen, objektiven und gerechten Beurteilung beiträgt.

Vgl. Kathke, a.a.O., C § 104 Rn. 340 m.w.N. auf die Rechtsprechung des BVerwG.

3. Schließlich ist auch ein Verstoß gegen anerkannte oder allgemeingültige Bewertungsgrundsätze nicht gegeben. Die dienstliche Beurteilung leidet nicht an unlösbaren inneren Widersprüchen. Das Gesamturteil einer dienstlichen Beurteilung muss zwar mit den Einzelwertungen vereinbar sein, wird jedoch legitimerweise auch von Erwägungen beeinflusst, die in den Einzelbewertungen nicht zum Ausdruck kommen (können), so etwa von den Beurteilungsmaßstäben der obersten Dienstbehörde. Das bedeutet, dass im Streitfall nicht etwa eine - positive - Schlüssigkeitsprüfung stattzufinden hat; die Frage kann vielmehr nur - negativ - dahin lauten, ob das Gesamturteil in unlösbarem Widerspruch zu den Einzelwertungen steht.

Vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl. 2001, Rn. 459 m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 13.5.1965 - II C 146.62 -, BVerwGE 21, 127, und vom 16.10.1967 - VI C 44.64 -, ZBR 1968, 42.

Einen solchen unlösbaren Widerspruch hat der Kläger lediglich behauptet, nicht aber konkret aufgezeigt, und er ist auch sonst nicht ersichtlich. Das gilt auch bei Einbeziehung des Eignungs- und Verwendungsvorschlags und der textlichen Begründungen der Einzelbewertungen. Zur Begründung nimmt der Senat zunächst auf seine Ausführungen zur Plausibilisierung Bezug und führt ergänzend aus: Insbesondere die Bewertung der vier Befähigungseinzelmerkmale mit der Spitzennote "besonders stark ausgeprägt" steht nicht in einem unlösbaren Widerspruch zu dem Gesamturteil. Die Beklagte hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass die Befähigungsbeurteilung mit ihren nur vier Ausprägungsgraden innerhalb einer Notenstufe einen deutlich größeren Spielraum einräumt und eher prognostischer Natur ist. Außerdem, so ist hinzuzufügen, ist die Spitzennote im Befähigungsbereich gänzlich anders definiert als die A-Bewertung im Leistungsbereich.

Eine zur Aufhebung der dienstlichen Beurteilung führende Verletzung anerkannter oder allgemeingültiger Bewertungsgrundsätze liegt auch ansonsten nicht vor. Zwar mag es problematisch sein, wegen einer (zu Recht erfolgten) Herabstufung des Gesamturteils und der Gesamtbewertung der Leistungsbewertung zur Wahrung der Schlüssigkeit der dienstlichen Beurteilung gleichsam schematisch und offenbar ohne eine - nach dem zuvor Gesagten hier aber auch nicht erforderliche - Rücksprache mit dem Erstbeurteiler sämtliche Bewertungen der Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung um eine Notenstufe herabzusetzen, da eine einzelfallbezogene Würdigung der Einzelleistungen so nicht gewährleistet sein dürfte. So dürfte die Rückstufung des Klägers bei dem Einzelmerkmal "schriftlicher Ausdruck" gegenüber der Vorbeurteilung um eine Note nicht ohne weiteres zu rechtfertigen sein, wobei allerdings anzumerken ist, dass der Schematismus zugleich zu fünf Verbesserungen von der Note C auf B (Einzelmerkmale 1.3, 3.3, 3.4, 4.1 und 4.2) geführt hat, die der Kläger indes verständlicherweise nicht thematisiert hat. Ein möglicher Verstoß gegen die oben genannten Bewertungsgrundsätze führte aber jedenfalls nicht zur Aufhebung der dienstlichen Beurteilung, weil sich ausschließen lässt, dass sich der - unterstellte - Rechtsfehler auf das Beurteilungsergebnis ausgewirkt hat.

Zu diesem Maßstab nur beispielhaft: OVG NRW, Urteil vom 15.10.2003 - 1 A 2338/01 - und Urteil vom 13.2.2001 - 6 A 3438/00 -, NVwZ-RR 2001, 592.

Denn der abschließende Beurteiler hat, wie sich aus seiner Begründung und dem verfolgten Zweck der Abänderung ergibt, (zulässigerweise) das Gesamtergebnis und die Gesamtbewertung der von dem Erstbeurteiler schematisch gefertigten Leistungsbeurteilung korrigiert und erst daran anschließend zur Wahrung der Schlüssigkeit die schematische Herabstufung der Benotung der Einzelmerkmale der Leistungsbewertung vorgenommen. Es ist deshalb nicht denkmöglich, dass Fehler bei der Einzelbewertung auf das Gesamtergebnis durchgeschlagen haben könnten.

Ende der Entscheidung

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