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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 02.06.2005
Aktenzeichen: 1 A 2271/03.PVL
Rechtsgebiete: LPVG NRW, LVerf NRW


Vorschriften:

LPVG NRW § 73 Nr. 6
LPVG NRW § 94 Abs. 6
LVerf NRW Art. 65
LVerf NRW Art. 66
LVerf NRW Art. 71
Zu den Rechtsproblemen, die durch die fehlerhafte Ausfertigung und Verkündung eines vom Landtag beschlossenen Gesetzes aufgeworfen werden (hier: betreffend die Vorschrift des § 94 Abs. 6 LPVG NRW).
Tatbestand:

Die Beteiligten stritten über die Frage, ob dem Antragsteller bei der Durchführung von Ausschreibungsverfahren mit dem Ziel der Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern trotz der Regelung des § 94 Abs. 6 LPVG NRW ein Mitwirkungsrecht zusteht. Der Antragsteller ist der Auffassung, § 94 Abs. 6 LPVG NRW sei kein vom Landtag wirksam beschlossenes Gesetz.

§ 94 LPVG NRW ist durch das Gesetz zur Weiterentwicklung von Schulen (Schulentwicklungsgesetz) geändert worden. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen hatten unter dem 11.5.2001 einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der in erster Lesung in der Sitzung des Landtages vom 18.5.2001 beraten wurde. In dem Gesetzentwurf war u.a. in Art. 2 Nr. 3 vorgesehen, § 94 LPVG NRW so zu ändern, dass neben einer Änderung des Absatzes 3 neue Absätze 4, 5 und 6 mit eigenständigen Neuregelungen angefügt werden sollten. Der Gesetzentwurf wurde nach Beratung an den federführenden Ausschuss für Schule und Weiterbildung sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik, den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Ausschuss für innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform überwiesen.

Nachdem der Ausschuss für Schule und Weiterbildung nach einer ersten Beratung am 23.5.2001 in seiner Sitzung am 29.8.2001 eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen und Verbänden zum Verhandlungspunkt "Selbstständige Schule" durchgeführt hatte, legten die Vertreter der Regierungsfraktionen in der Sitzung des Ausschusses am 7.11.2001 einen Änderungsantrag ohne Begründung als Tischvorlage vor, der zu Artikel 2 Nr. 3 des Gesetzentwurfs folgende Formulierung enthielt:

"Artikel 2 Nr. 2 erhält folgende Fassung:

a) § 94 wird wie folgt geändert:

aa) Absatz 3 erhält folgende Fassung:

(3) (...)

bb) Die Absätze 4 und 5 erhalten folgende Fassung:

(4) (...)

(5) (...)

b) In § 90 Abs.1 (...) werden (...) eingefügt."

Absatz 6 des § 94 LPVG der Entwurfsfassung wurde in dem Änderungsantrag - ebenso wie sonstige unverändert gebliebene Vorschriften des Gesetzentwurfs - nicht erwähnt.

Zu einer inhaltlichen Beratung der vorgeschlagenen Änderungen zum Schulentwicklungsgesetz kam es in der Ausschusssitzung abgesehen von einer Kurzvorstellung ihres Inhalts, bei der die Änderungen des Personalvertretungsgesetzes nicht erwähnt wurden, nicht; es wurde lediglich über das Beratungsverfahren als solches diskutiert. Der Änderungsantrag wurde in der Ausschusssitzung am 7.11.2001 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der Grünen angenommen.

Die zweite Lesung des Gesetzentwurfs fand in der Landtagssitzung am 14.11.2001 statt. Dabei lag das Dokument "Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Schule und Weiterentwicklung vom 9.11.2001" vor, das neben dem Änderungsantrag selbst dessen Begründung enthielt sowie eine Gegenüberstellung des geltenden Rechts, des Gesetzentwurfs und der vom Ausschuss beschlossenen Änderungen. In der Änderungsbegründung war § 94 Abs. 6 LPVG NRW wiederum nicht erwähnt; in der Synopse war er in der Darstellung des Gesetzentwurfs enthalten, während bei der Darstellung des Änderungsantrags eine Aussage zu § 94 Abs. 6 LPVG NRW wiederum fehlte.

Das Landtagsplenum beriet den Gesetzentwurf einschließlich Änderungsantrag, wobei die Regelung des § 94 Abs. 6 LPVG NRW - ebenso wie die meisten anderen Regelungen - keine selbstständige Erwähnung in der Beratung fand, sondern nur am Rande und allgemein vom Abbau von Mitbestimmungsrechten die Rede war. Der Landtag stimmte nach Beendigung der Beratung über die "Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung Drucksache 13/1746" ab, den "Gesetzentwurf Drucksache 13/1173 in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung" anzunehmen. Die Beschlussempfehlung und der Gesetzentwurf wurden mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.

Der Landtagspräsident übersandte dem Ministerpräsidenten alsdann eine textliche Fassung des beschlossenen Schulentwicklungsgesetzes zum Zwecke der Ausfertigung und Verkündung. In dieser Fassung fehlte § 94 Abs. 6 LPVG NRW. Bei der nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien vorgeschriebenen Überprüfung der Gesetzesausfertigung durch das federführende Ministerium wurden Beanstandungen nicht geltend gemacht. Daraufhin wurde das ausgefertigte Gesetz im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes NRW vom 7.12.2001 ohne § 94 Abs. 6 LPVG NRW verkündet.

Als das federführende Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung den im Gesetz- und Verordnungsblatt erschienenen Wortlaut des Schulentwicklungsgesetzes überprüfte, fiel das Fehlen des betreffenden Absatzes auf. Nach Durchführung eines Berichtigungsverfahrens, das auch die Gesetzesausfertigung umfasste, wurde § 94 Abs. 6 LPVG NRW als berichtigte Gesetzesfassung im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW vom 28.1.2002 veröffentlicht.

Gründe:

Die Vorschrift des § 94 Abs. 6 LPVG NRW ist ein wirksam zustande gekommenes Gesetz. Andauernde, die Existenz der genannten Norm durchgreifend in Frage stellende Verfahrensfehler sind weder im Initiativstadium, noch im Beratungsstadium und Erlassstadium des Gesetzgebungsverfahrens zu verzeichnen.

Vgl. zu den Stadien des Gesetzgebungsverfahrens Achterberg, Parlamentsrecht, § 17 2. (S. 349 ff.).

Insbesondere verstößt das Gesetzgebungsverfahren, mit dem § 94 Abs. 6 LPVG NRW initiiert, beraten und erlassen worden ist, nicht gegen die insoweit einschlägigen Art. 65, 66 und 71 LVerf NRW.

1. Das in Art. 65 LVerf NRW und ergänzend in den §§ 74, 75 und 87 der Geschäftsordnung des Landtages Nordrhein-Westfalen vom 9.5.2001 (LT-Drs. 13/1200) - GO LT - geregelte Verfahren der Gesetzgebungsinitiative ist eingehalten worden. Der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Schulentwicklungsgesetz, Gesetzentwurf zum Gesetz zur Weiterentwicklung von Schulen (Schulentwicklungsgesetz) vom 11.5.2001 - LT-Drs. 13/1173 -, wurde im Sinne des Art. 65 LVerf NRW "aus der Mitte des Landtags" in den Landtag eingebracht. Der Entwurf enthielt als Artikelgesetz eine Reihe von Änderungsvorschlägen für diverse Gesetze mit Schulbezug, so unter anderem für § 94 LPVG NRW, der bis dahin lediglich drei Absätze umfasst hatte und dessen Regelungsgegenstand die Beteiligung des Personalrats bei Versetzungen und Abordnungen von Lehrern war. Mit dem Gesetzentwurf wurde eine Änderung des § 94 Abs. 3 LPVG NRW und eine Ergänzung der Vorschrift um die Absätze vier, fünf und sechs eingebracht, mit denen bestehende Mitwirkungsrechte des bei der (schulübergreifenden) Dienststelle gebildeten Personalrats zugunsten einer (anderweitig geregelten) stärkeren Mitwirkung des an der einzelnen Schule bestehenden Lehrerrates modifiziert bzw. verkürzt werden sollten. Dem Gesetzentwurf war des weiteren eine Begründung beigefügt, aus der sich die Hintergründe und Zielsetzungen der vorgeschlagenen Änderungen mit Blick auf das Projekt "selbstständige Schule" ergaben. Auch der Regelungsvorschlag zu § 94 Abs. 6 LPVG NRW wurde ausdrücklich in die Begründung einbezogen. Damit haben die genannten Fraktionen als Träger der Gesetzesinitiative ihr Initiativrecht inhaltlich und in verfahrensfehlerfreier Form ausgeübt.

Vgl. zur Ausgestaltung des Initiativrechts im Bundestag Bryde, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 30 Rdnrn. 14 und 24.

2. Auch das Beratungsverfahren, das mit dem in Art. 66 Satz 1 LVerfG geregelten Gesetzesbeschluss endet und das in den Vorschriften der §§ 77 ff. GO LT nähere Ausgestaltung erfahren hat, ist rechtsfehlerfrei durchgeführt worden. Der Landtag hat § 94 Abs. 6 LPVG NRW als Teil des Schulentwicklungsgesetzes in rechtlich nicht zu beanstandender Weise beschlossen. Weder war der Ablauf des Beratungsverfahrens fehlerhaft (a), noch fehlt es inhaltlich an einem Gesetzesbeschluss zu § 94 Abs. 6 LPVG NRW (b):

a) Nach der ersten Lesung des Gesetzentwurfs in der Sitzung des Landtages am 18.5.2001, vgl. das Plenarprotokoll 13/31 vom 18.5.2001, in dem der Gesetzentwurf begründet und erläutert wurde sowie die Vertreter der Opposition Gelegenheit zur Stellungnahme erhielten, wurde der Gesetzentwurf einstimmig an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung sowie weitere Ausschüsse überwiesen (vgl. § 78 Abs. 1 und 2 GO LT). Nach Durchführung einer öffentlichen Anhörung (vgl. § 32 GO LT) im federführenden Ausschuss für Schule und Weiterbildung, vgl. den Ausschussbeschluss vom 23.5.2001 (Ausschussprotokoll 13/309) über die Durchführung einer Anhörung zum Thema "Selbstständige Schule" und das Ausschussprotokoll 13/335 vom 29.8.2001 über die öffentliche Anhörung von Sachverständigen und Verbänden, legten die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Ausschusssitzung am 7.11.2001 einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf "Schulentwicklungsgesetz" vor. Dieser Änderungsantrag, der (u.a.) für § 94 LPVG NRW eine gegenüber dem Gesetzentwurf geänderte Fassung der Absätze 3, 4 und 5 enthielt, führte ausschließlich diejenigen im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Neuregelungen auf, welche durch den Änderungsantrag modifiziert werden sollten.

Vgl. die Anlage zum Ausschussprotokoll 13/413.

Der Änderungsantrag entsprach damit § 87 Abs. 4 GO LT, wonach Änderungsanträge (u.a.) nur zulässig sind, wenn sie den Gegenstand des ursprünglichen Entwurfs nicht auswechseln. Gemeint ist damit, dass ein Änderungsantrag sich formell auf eine bestehende Gesetzesvorlage beziehen und inhaltlich an diese anknüpfen muss, ohne dass der Antrag eine eigene, andere Gesetzesvorlage darstellt. Letzterenfalls handelt es sich nämlich nicht um einen Änderungsantrag, sondern um einen neuen Gesetzentwurf.

Vgl. dazu Trossmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, § 81 Rdnr. 3.

In der genannten Ausschusssitzung wurde zunächst der vorgelegte Änderungsantrag mehrheitlich angenommen; in derselben Sitzung wurde alsdann der Gesetzentwurf Drucksache 13/1173 vom Ausschuss "in der soeben beschlossenen Fassung " mehrheitlich angenommen.

Vgl. das Ausschussprotokoll 13/413.

Angenommen hatte der Ausschuss damit den Gesetzentwurf also mit § 94 Abs. 6 LPVG NRW unter Einschluss der Modifikationen, die er durch den Änderungsantrag erfahren hatte.

In der Landtagssitzung am 14.11.2001 fand die zweite Lesung des Gesetzentwurfs Drucksache 13/1173 statt (vgl. § 79 GO LT). Dabei lag den Abgeordneten (u.a.) das Schriftstück "Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Schule und Weiterbildung" vom 9.11.2001 zu dem Gesetzentwurf Drucksache 13/1173 vor.

Vgl. Plenarprotokoll 13/40 und LT-Drs. 13/1746.

Der Beschlussempfehlung beigefügt waren der Änderungsantrag vom 7.11.2001, die - nunmehr erstellte - Begründung zum Änderungsantrag und eine Gegenüberstellung der Regelungen des geltenden Rechts, des - vollständigen - Gesetzentwurfs sowie des Änderungsantrages, wie ihn der Ausschuss beschlossen hatte. Die Anfertigung einer Gegenüberstellung der Regelungen des Gesetzentwurfs einerseits und der im Ausschuss beschlossenen Änderungen andererseits entspricht der Sollvorschrift des § 79 Abs. 1 Satz 2 GO LT, wonach die Gegenüberstellung von der Präsidentin/dem Präsidenten des Landtags zu veranlassen ist. Sonstige inhaltliche Anforderungen an die Gegenüberstellung enthält § 79 Abs. 1 Satz 2 GO LT nicht.

Im Anschluss an die in § 79 Abs. 1 Satz 1 GO LT vorgesehene Beratung des Gesetzentwurfs stimmte der Landtag über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung Drucksache 13/1746 ab, den Gesetzentwurf Drucksache 13/1173 in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung anzunehmen.

Vgl. Plenarprotokoll 13/40, S. 3959.

Als Ergebnis der Abstimmung wurde im Protokoll festgehalten, dass die Beschlussempfehlung und der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden waren. Verfahrensfehler im Ablauf des Beratungsverfahrens liegen damit nicht vor.

b) Der in der Sitzung des Landtags am 14.11.2001 gefasste Beschluss ist wirksam. Er erstreckt sich seinem Inhalt nach auch auf die Vorschrift des § 94 Abs. 6 LPVG NRW.

Ein Gesetzesbeschluss ist nur dann nicht wirksam, wenn die Entscheidung so schwerwiegend fehlerhaft ist, dass sie als nichtig, das heißt als nicht getroffen angesehen werden muss. Bei sachlichen Fehlern unterhalb der Nichtigkeitsgrenze ist der Gesetzesbeschluss - auch trotz etwaigen Irrtums des Gesetzgebungsorgans im Sinne eines Abweichens des Beschlossenen vom Gewollten - gültig und ohne neue Gesetzesinitiative seitens des Parlaments nicht mehr zu ändern (Grundsatz der Unverrückbarkeit von Gesetzesbeschlüssen).

Vgl. zum Ganzen Trossmann, a.a.O., Anhang A zu § 54 GOBT, Rdnr. A 5; Stern, in: Bonner Kommentar Band 9, Art. 100, Rdnr. 62.

Ein solcher schwerwiegender Fehler, der dazu führen müsste, den vom Landtag gefassten Beschluss als nichtig oder "Nichtbeschluss" anzusehen, haftet dem Gesetzesbeschluss nicht an. Dabei mag dahinstehen, ob sich die einzelnen Abgeordneten bei der Beschlussfassung des Gesetzesinhalts in jeder Hinsicht bewusst waren oder ob sie ggf. über den zu beschließenden Inhalt des § 94 LPVG NRW im Irrtum waren. Darauf kommt es nämlich für die Frage der Nichtigkeit des Gesetzesbeschlusses nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass der gefasste Beschluss einen klaren und eindeutigen Inhalt hatte, der sich aus einer klaren und eindeutigen Vorlage entnehmen lässt. Das war hier auch hinsichtlich der Änderung des § 94 LPVG NRW der Fall.

Das Landtagsplenum hat in einem einzigen Akt über den gesamten Gesetzentwurf des Schulentwicklungsgesetzes in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung abgestimmt. Während § 94 Abs. 6 LPVG NRW in dem Gesetzentwurf enthalten war, wurde er in dem Änderungsantrag, den der Ausschuss für Schule und Weiterbildung angenommen hatte, nicht erwähnt. Das beruhte aber entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht etwa darauf, dass die Regelung im Änderungsantrag gestrichen werden sollte. Stattdessen enthielt der Änderungsantrag, wie bereits gezeigt, im Einklang mit den Vorschriften der GO LT über die Tätigkeit der Ausschüsse sowie über Inhalt und Form von Änderungsanträgen nur diejenigen Vorschriften des Gesetzentwurfs, die einer textlichen Änderung unterzogen worden waren. Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen sind unselbstständige Anträge. Sie können nur zu bestehenden Gesetzentwürfen gestellt werden und diese inhaltlich modifizieren, indem sie den Entwurf verkürzen, erweitern oder im Wortlaut ändern.

Vgl. Kabel, in: Schneider/Zeh, a.a.O., § 31 Rdnrn. 64 ff.

Der Änderungsantrag selbst ist kein Gesetzentwurf, das heißt, er ist ausschließlich in Verbindung mit dem Gesetzentwurf zu lesen, er erhält seine Bedeutung nur im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf und kann nur in Verbindung mit dem Gesetzentwurf Gegenstand einer gesetzgebenden Beschlussfassung sein. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass auch ein Änderungsantrag formal so verschriftlicht werden darf, dass er den Gesetzentwurf vollständig wiederholt und lediglich in geeigneter Weise kenntlich macht, welche Änderungen gegenüber dem Ursprungsentwurf enthalten sind. Dies ist im gegebenen Fall allerdings nicht erfolgt. Der Änderungsantrag des Ausschusses für Schule und Weiterbildung enthält nicht den gesamten Gesetzentwurf (mit Ausnahme von § 94 Abs. 6 LPVG NRW), sondern legt ausschließlich die angestrebten Änderungen schriftlich nieder. Insbesondere enthält der Änderungsantrag nicht die - üblicherweise ausdrücklich formulierte - inhaltliche Aussage, die im Gesetzentwurf enthaltene Vorschrift des § 94 Abs. 6 LPVG NRW sei zu streichen. Erst und nur dann wäre § 94 Abs. 6 LPVG NRW nicht mehr Bestandteil des Gesetzentwurfs in der vom Ausschuss vorgeschlagenen Fassung.

Vgl. zu diesem Aspekt allgemein Trossmann, a.a.O., § 81 GOBT Rdnr. 4.

Soweit der Änderungsantrag hinsichtlich des § 94 LPVG NRW die einleitende Formulierung

"Artikel 2 Nr. 3 erhält folgende Fassung:

a) § 94 wird wie folgt geändert: (...)"

verwendet, wird damit nicht die Aussage getroffen, die nachfolgende Textdarstellung im Änderungsantrag sei eine vollständige Aufführung der Vorschrift, wie sie dem Landtag zur Beschlussfassung vorgelegt werden solle. Der Änderungsantrag beschränkt sich auf die textliche Erwähnung derjenigen Regelungen bzw. Regelungsteile des Gesetzentwurfs, hinsichtlich derer eine Änderungsabsicht gegenüber dem Gesetzentwurf besteht. Dies ist schon daraus ersichtlich, dass nur diejenigen Vorschriften des Gesetzentwurfs textlich dargestellt werden, die geändert werden sollen (es fehlen etwa die nicht von Änderungsvorschlägen betroffenen Vorschriften des Entwurfs Artikel 2 Nr. 1 oder Artikel 2 Nr. 2 a)), aber auch daraus, dass in den zu ändernden Vorschriften mit Fettdruck gekennzeichnet ist, welche Änderungen vorgeschlagen werden. Der einleitende Satz zu Art. 2 Nr. 3 des Gesetzentwurfs ("§ 94 wird wie folgt geändert") ist im Änderungsantrag mit aufgeführt, weil er - als Änderung gegenüber dem Gesetzentwurf - mit dem Gliederungsbuchstaben "a)" versehen worden ist. Der Änderungsantrag enthält nämlich unter dem neuen Gliederungsbuchstaben "b)" eine zusätzliche und im Gesetzentwurf nicht enthaltene Änderung der §§ 90 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NRW. Insofern war die textliche Übernahme der Formulierung des Gesetzentwurfs "§ 94 wird wie folgt geändert" erforderlich, um die Einfügung des Gliederungspunkte "a)" kenntlich zu machen. Die Überschrift zu diesem Abschnitt im Änderungsantrag "Artikel 2 Nr. 3 erhält folgende Fassung" dient lediglich der Verdeutlichung dessen, dass dieser Passus des Gesetzentwurfs von dem Änderungsantrag betroffen ist; gleichlautende Formulierungen finden sich zu jedem Passus, auf den der Änderungsantrag (überhaupt) eingeht.

Da mithin der Änderungsantrag nur Wortlautänderungen in Bezug auf einzelne Vorschriften des Gesetzentwurfs enthielt, hatte der Gesetzentwurf im Übrigen - das heißt, soweit der Wortlaut der einzelnen Vorschriften nicht von Änderungen betroffen war - auch in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung Bestand. Gegenstand der Beschlussfassung im Landtag war daher auch inhaltlich der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen in der Gestalt, die er durch den Änderungsantrag des Ausschusses für Schule und Weiterbildung erhalten hatte. § 94 Abs. 6 LPVG NRW war von diesen Änderungen nicht betroffen und somit Gegenstand der Beschlussfassung im Landtag.

Wenn der Landtag vor diesem Hintergrund über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung Drs. 13/1746 abgestimmt hat, den Gesetzentwurf Drs. 13/1173 in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung anzunehmen, war namentlich mit der Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung über § 94 Abs. 6 LPVG NRW in dem Sinne entschieden, dass diese Norm Geltung haben sollte. Denn Initiative, Beratung und Änderung machten diese Vorschrift eindeutig und ohne Änderung zum Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens. Daran ändert nichts der Umstand, dass während der Beratungen und Anhörungen zum Gesetzentwurf Drs. 13/1173 einschließlich der Begründung zu seinen Änderungen die eine oder andere Unklarheit zu Tage trat. Denn diese waren von vornherein nicht geeignet, den Abstimmungsgegenstand rechtlich relevant zu beeinflussen.

Im Einzelnen ist dazu Folgendes zu bemerken:

Die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 94 Abs. 6 LPVG NRW hob darauf ab, dass durch den Wegfall der Mitbestimmung bei Stellenausschreibungen für Einstellungen in den Schuldienst eine Straffung und Kürzung von Besetzungsverfahren erreicht und die Selbstverantwortung der jeweiligen Schule durch ortsnahe Entscheidungen gestärkt werde.

Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf Schulentwicklungsgesetz, LT-Drs. 13/1173.

Verteidigte die zuständige Ministerin in den Anfängen der Ausschussberatungen den Gesetzentwurf ebenfalls in dieser Richtung, vgl. Ausschussprotokoll 13/309 vom 23.5.2001, S. 2 und 6, so gingen die abschließenden Beratungen des Ausschusses für Schule und Weiterbildung über den dort erstmals von den Vertretern der Koalitionsfraktionen vorgestellten Änderungsantrag inhaltlich kaum noch auf einzelne Vorschriften des Gesetzentwurfs oder des Änderungsantrages ein. Im Vordergrund dieser Beratungen standen ausschussinterne Verfahrensfragen sowie im Rahmen einer kursorischen Erläuterung des Änderungsantrags die Begrenzung des Projektes "Selbstständige Schule" auf zunächst sechs Jahre und die Modalitäten der Mitbestimmung durch den örtlichen Lehrerrat. Auf die in der öffentlichen Anhörung von Sachverständigen und Verbänden geäußerten Bedenken gegen eine Beschneidung von Mitbestimmungsrechten nach dem nordrhein-westfälischen Landespersonalvertretungsgesetz gingen die Ausschussmitglieder in der Aussprache in der Sitzung am 7.11.2001 nicht ein.

Vgl. zum Ganzen Ausschussprotokoll 13/413 vom 7.11.2001, S. 24; zu den geäußerten Bedenken im Anhörungstermin Ausschussprotokoll 13/335 vom 29.8.2001, S. 14, 75 f., 80, 83, 88 f.

Die erst zur zweiten Lesung des Gesetzentwurfs im Landtag erstellte Begründung des Änderungsantrages geht - insoweit folgerichtig - auf § 94 Abs. 6 LPVG NRW nicht ein, sondern begründet nur die Änderungen zum Entwurf des § 94 Abs. 3, 4 und 5 LPVG NRW.

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Schule und Weiterbildung vom 9.11.2001 - LT-Drs. 13/1746, Anlage 1, S. 8 -.

Die in der Begründung gewählte Eingangsformulierung

"c) Zu Ziffer 2 c): Ziffer 2 c) regelt die notwendige Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes"

deutet allerdings zunächst darauf hin, dass ausschließlich die sodann folgenden Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes - § 94 Abs. 3, 4 und 5 - geändert werden sollten. Dies kann zu Missverständnissen Anlass geben, wenn man den Begründungstext als Begründung des Gesetzentwurfs auffasst. Denn in diesem Fall würden die gegenüber der bis dato geltenden Gesetzesfassung (§ 94 Abs. 1 bis 3 LPVG NRW) ins Auge gefassten Änderungen des nordrhein-westfälischen Landespersonalvertretungsgesetzes begründet. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Begründung bezieht sich allein auf den Änderungsantrag und nicht zugleich auf den Gesetzentwurf. Damit beschreibt die genannte Formulierung nicht eine Änderung des bisher geltenden Rechts, sondern eine Änderung gegenüber dem Gesetzentwurf. In diesem sollte die entworfene Fassung der Absätze 3, 4 und 5 des § 94 LPVG NRW aus den im Begründungstext näher dargelegten Gründen geändert werden.

In der Aussprache während der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs im Landtag in der Sitzung am 14.11.2001 erläuterte der Abgeordnete Degen u.a. die Inhalte des Änderungsantrages. Hierzu heißt es im Plenarprotokoll 13/40, S. 3940:

"Lassen Sie mich nun zu den Änderungen zur zweiten Lesung etwas sagen. (...)

Ehe ich jetzt auf den Kernpunkt der Neuerung, nämlich auf die Beteiligung der Ausschüsse an der Ausformulierung der Rechtsverordnung, eingehe, will ich der Vollständigkeit halber zwei Dinge erwähnen, die in Artikel 2 neu geregelt sind. Zum einen kann auch die Lehrerkonferenz (...) beraten. (...) Zum anderen haben wir noch im Sinne einer Verstärkung der Mitwirkung die Rolle des Lehrerrates präzisiert: Bei Einstellungen in befristete Arbeitsverhältnisse zur Sicherung eines unvorhersehbaren Vertretungsunterrichts ist die Zustimmung des Lehrerrates erforderlich. Dieser Artikel 2 bezieht sich auf alle Schulen. Dann wird noch geregelt, was ist, wenn der Lehrerrat nicht tätig wird usw. Das sind die Änderungen."

Aus diesen Äußerungen wird deutlich, dass der Änderungsantrag keine nach dem Dafürhalten der Ausschussmitglieder wesentlichen Änderungen des § 94 LPVG NRW in der Fassung des Gesetzentwurfs enthielt. Die Streichung eines ganzen Absatzes, dessen selbstständiger Regelungsgegenstand die Mitwirkung des (Gesamt-)Personalrates bei einem Teil des Stellenbesetzungsverfahrens ist, könnte kaum als unwesentliche Änderung des Gesetzentwurfs aufgefasst und in der Darstellung unterschlagen worden sein, zumal auch sonstige Streichungen vollständiger Absätze einer Vorschrift in dem Änderungsantrag nicht enthalten waren, die Streichung also Ausnahmecharakter besessen hätte.

Weitere Anhaltspunkte bietet die Aussprache im Landtag nicht; gestritten wurde hauptsächlich über das unter zeitlichem Druck vorangetriebene Verfahren im Beratungsstadium.

Schließlich steht einer Wirksamkeit des Landtagsbeschlusses auch die unvollständige bzw. fehlerhafte Gegenüberstellung von geltendem Recht, Gesetzentwurf und Änderungsantrag, die der Beschlussempfehlung des Schulausschusses beigefügt war, nicht entgegen. Die vom Schulausschuss erstellte Synopse ist insofern unvollständig, als bei der tabellarischen Gegenüberstellung von Gesetzentwurf und Änderungsantrag in Bezug auf § 94 Abs. 6 LPVG NRW in der Rubrik Änderungsantrag keine Angaben gemacht wurden. Bei den übrigen unverändert gelassenen Vorschriften des Gesetzentwurfs vermerkt die tabellarische Gegenüberstellung unter der Rubrik Änderungsantrag dagegen stets "unverändert". Da die Synopse auf der anderen Seite an dieser Stelle aber auch nicht "gestrichen" vermerkt, fehlt es schlicht an einer Darstellung der Tatsache, dass der Änderungsantrag Bestehen und Wortlaut des § 94 Abs. 6 LPVG NRW der Entwurfsfassung unverändert gelassen hat. Hieraus entstehende denkbare Missverständnisse mögen bei einzelnen Abgeordneten - sofern sie sich bei ihrem Abstimmungsverhalten an der Synopse orientiert haben sollten - zu einer Fehlvorstellung vom neuen Inhalt des § 94 LPVG NRW geführt haben. Die Gültigkeit des Gesetzesbeschlusses in der dargestellten Form, also unter Einschluss des § 94 Abs. 6 LPVG NRW, würde davon jedoch nicht berührt. Die Synopse ist nämlich nicht Gegenstand der Abstimmung (vgl. § 79 Abs. 4 GO LT), sondern fungiert allein als Verständnishilfe (vgl. § 79 Abs. 1 Satz 2 GO LT). Abgestimmt wird vielmehr über den Gesetzentwurf bzw. die Änderungsanträge selbst. Diese waren in Bezug auf § 94 LPVG NRW nicht widersprüchlich, unvollständig oder sonst schwerwiegend fehlerbehaftet.

Fehler im Beratungsstadium, welche die Gültigkeit des Schulentwicklungsgesetzes berühren könnten, sind damit auszuschließen. Das Schulentwicklungsgesetz - hier namentlich § 94 Abs. 6 LPVG NRW in der Fassung dieses Gesetzes - ist nicht unter Verstoß gegen Art. 66 LVerf NRW beschlossen worden.

3. § 94 Abs. 6 LPVG NRW ist als Teil des Schulentwicklungsgesetzes zunächst nicht ausgefertigt und erlassen (verkündet) worden und damit entgegen dem Landtagsbeschluss zunächst nicht geltendes Recht (existent) geworden. Hierin lag ein Verstoß gegen Art. 71 LVerf NRW (nachfolgend a)). Dieser Verstoß ist jedoch geheilt worden (nachfolgend b)).

a) Der Erlass des Schulentwicklungsgesetzes war zunächst mit einem sich fortsetzenden und rechtlich beachtlichen Fehler behaftet: Das vom Landtag beschlossene Schulentwicklungsgesetz ist nämlich zunächst unter Verstoß gegen Art. 71 Abs. 1 Satz 1 LVerf NRW erlassen worden. Nach dieser Bestimmung ist das vom Landtag beschlossene Gesetz auszufertigen und zu verkünden. Diese Akte obliegen gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 1 LVerf NRW der Landesregierung. Dabei hat sie "das Gesetz" auszufertigen und zu verkünden: Gegenstand der Ausfertigung und Verkündung ist also das Gesetz in der vom Landtag beschlossenen Fassung. Gegen dieses Verfassungsgebot verstießen die erstmalige Ausfertigung und Verkündung des Schulentwicklungsgesetzes, weil beide Akte wegen Fehlens von § 94 Abs. 6 LPVG NRW das Gesetz nicht vollständig erfasst haben.

Dies ergibt sich aus dem Verfahrensablauf: Zum Zweck der Ausfertigung übersendet der Landtagspräsident dem Ministerpräsidenten nach § 109 Abs. 1 GO LT den Gesetzesbeschluss des Landtages. Das weitere Ausfertigungs- und Verkündungsverfahren ist in § 31 der Geschäftsordnung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen (GO LR) idF der Bekanntmachung vom 30.11.1993, GMBl. NRW S. 1876 geregelt. Ergänzend dazu gelten gemäß § 33 GO LR die Vorschriften der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Nordrhein-Westfalen (GGO), Bekanntmachung des Innenministeriums vom 16.5.1991 - V A 2 -, GMBl. 1991, S. 840 ff., dort insbesondere die Bestimmungen der §§ 94 bis 96 GGO.

Wie sich aus den an die Bezirksregierung gerichteten Hinweisen des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12.10.2002 ergibt, war bereits die Beschlussfassung, die dem Ministerpräsidenten vom Landtagspräsidenten zugestellt wurde (§ 109 Abs. 1 GO LT), fehlerhaft, weil sie sich an der Darstellung der Synopse orientiert hatte und den mitbeschlossenen § 94 Abs. 6 LPVG NRW nicht aufführte. Dieser Fehler manifestierte sich im weiteren Ausfertigungs- und Verkündungsverfahren: Weder dem Chef der Staatskanzlei als für die Gesetzesausfertigung, d.h. die Herstellung der urkundlichen Urschrift, zuständigem Organ (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 GO LR, §§ 94 Abs. 3, 95 GGO) noch dem federführenden Ministerium, das berechtigt ist, Bedenken gegen den Gesetzesbeschluss geltend zu machen (vgl. § 94 Abs. 1 GGO, § 31 Abs. 1 Satz 2 GO LR, Art. 67 LVerf NRW), fiel die Unvollständigkeit der übersandten Gesetzesfassung auf. Daher wurde das Schulentwicklungsgesetz ohne § 94 Abs. 6 LPVG NRW ausgefertigt und gemäß § 96 Abs. 1 GGO im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes verkündet.

Vgl. GV. NRW 2001, S. 811 ff.

Erst bei der nachfolgenden Kontrolle des Gesetz- und Verordnungsblatts durch das federführende Ministerium (vgl. § 96 Abs. 3 GGO), bei dem der Wortlaut der Veröffentlichung erneut und letztmals auf seine Richtigkeit überprüft werden muss, fiel auf, dass § 94 Abs. 6 LPVG NRW nicht verkündet worden war. Daraufhin wurde ein Berichtigungsverfahren entsprechend § 96 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GGO eingeleitet; im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes vom 28.1.2002 wurde schließlich die berichtigte Fassung des Gesetzes - also § 94 Abs. 6 LPVG NRW als Art. 2 Nr. 3 Buchstabe a des Schulentwicklungsgesetzes vom 27.11.2001 - veröffentlicht.

Vgl. GV. NRW 2002, S. 22.

b) Die vorgenommene Berichtigung war rechtlich zulässig. Der Verstoß gegen Art. 71 LVerf NRW ist dadurch geheilt worden.

Gemäß § 96 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GGO wird nach Verkündung eines Gesetzes ein Berichtigungsverfahren durchgeführt, wenn der veröffentlichte Wortlaut des Gesetzes Druckfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten enthält. Das Fehlen des vom Landesparlament als zuständigem Gesetzgebungsorgan beschlossenen Absatzes der in Rede stehenden gesetzlichen Vorschrift in der ausgefertigten und verkündeten Fassung des Gesetzes betrifft hier eine offenbare Unrichtigkeit, die im Wege des Berichtigungsverfahrens nach § 96 Abs. 3 GGO korrigiert werden konnte, ohne dass es dafür eines erneuten konstitutiven gesetzgeberischen Aktes bedürfte.

Dabei ist zunächst Folgendes zu sehen: Das BVerfG hat die Frage behandelt, unter welchen Umständen und inwieweit Gesetzesbeschlüsse einer Berichtigung durch die Regierung unterliegen können.

Vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 17.7.2002 - 1 BvF 2/01 -, BVerfGE 105, 313 ff., Beschluss vom 15.2.1978 - 2 BvL 8/74 -, BVerfGE 48, 1 ff.; Trossmann, a.a.O., Anhang zu § 88; Achterberg, a.a.O., S. 647 f.

Dabei geht es um die Frage, inwieweit Fehler eines Gesetzgebungsaktes der Legislative von der Exekutive berichtigt werden können, ohne dass dadurch gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Unverrückbarkeit von Gesetzesbeschlüssen bzw. letztlich gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoßen wird.

Für diese Frage, inwieweit nämlich die Berichtigung von Gesetzesbeschlüssen möglich ist, hat das BVerfG als maßgebliche Grenze festgelegt, dass mit der Berichtigung nicht der rechtlich erhebliche materielle Gehalt der beschlossenen Norm und mit ihm seine Identität angetastet werden darf. Innerhalb dieser Grenze sind Berichtigungen des Gesetzesbeschlusses zulässig, wenn es sich um offensichtliche Unrichtigkeiten in der Druckfassung handelt. Ob es sich bei festgestellten Fehlern um offensichtliche Unrichtigkeiten handelt, kann anhand des Normtextes selbst sowie darüber hinaus unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs und der Materialien des Gesetzes festgestellt werden.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.7.2002 - 1 BvF 2/01 -, a.a.O., S. 335.

Im vorliegenden Fall geht es dagegen nicht um eine erfolgte Berichtigung eines Gesetzesbeschlusses, sondern um die Berichtigung eines sich fortsetzenden Fehlers im Erlassstadium des Gesetzgebungsverfahrens. Der Erlass des Gesetzes, das heißt die Vornahme der Handlungen, die dazu führen sollen, das Gesetz in Geltung zu setzen, obliegt nach der Landesverfassung - obwohl Teil des Rechtsetzungsaktes - nicht mehr dem Parlament, sondern der Regierung.

Vgl. Mann, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 71 Rdnr. 4.

Bei der Frage, inwieweit und von wem Fehler in diesem postparlamentarischen Stadium des Gesetzgebungsverfahrens berichtigt werden können, geht es daher im Grundsatz nicht um Kompetenzabgrenzungen zwischen Parlament und Regierung und auch nicht um eine Veränderung des vom Parlament gefassten Beschlusses, sondern allein darum, einen Verfahrensfehler eines Exekutivorgans durch dasselbe oder ein anderes Exekutivorgan zu korrigieren, um dem Gesetzesbeschluss des Parlaments umfassende Geltung zu verschaffen.

Vgl. Mann, a.a.O., Rdnr. 25.

Die Berichtigung eines so gearteten Fehlers ist daher als Beseitigung offenbarer Unrichtigkeit veranlasst, wenn die ausgefertigte und/oder veröffentlichte Gesetzesfassung offenbar - das heißt, für einen Textkundigen ohne weiteres erkennbar - nicht dem Gesetzesbeschluss entspricht.

Vgl. zur Unterscheidung zwischen offenbar Unrichtigem und offensichtlichen (= für jedermann erkennbaren) Fehlern: Severin, Das Bundesgesetzblatt, S. 61.

Dies war hier zunächst der Fall, weil § 94 Abs. 6 LPVG NRW zwar beschlossen, aber weder ausgefertigt noch verkündet worden war. Das Berichtigungsverfahren selbst ist gesetzlich nicht geregelt, aber grundsätzlich zulässig und unterliegt nur im Ausgangspunkt einer verfassungsrechtlich gebotenen Einschränkung: Es muss sich um offenbare Unrichtigkeiten handeln, damit der Berichtigende sich nicht im Wege der Interpretation oder Veränderung des Gesetzesbeschlusses an die Stelle des Parlaments setzt. Die Berichtigung der Verkündung und die Berichtigung der Ausfertigung wirken zurück, weil sie nur auf diese Weise ihre Aufgabe, das beschlossene Gesetz inhaltlich umfassend und zum gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt in Geltung zu setzen, sinnvoll erfüllen können. Auf die Reihenfolge der Berichtigung von Ausfertigung und Verkündung kommt es nicht an, wenn jedenfalls im Ergebnis eine mit dem Gesetzesbeschluss übereinstimmende berichtigte Ausfertigung und Verkündung vorliegt.

Nach diesen Maßgaben ist das Berichtigungsverfahren im gegebenen Fall ohne beachtliche Rechtsfehler durchgeführt worden mit der Folge, dass § 94 Abs. 6 LPVG NRW als von Anfang an gültige Rechtsnorm anzusehen ist. Der zu Beginn des Erlassstadiums aufgetretene und sich fortsetzende Fehler wurde nach Maßgabe der Verfahrensvorschriften der GGO korrigiert; diese sind Ausprägung der allgemein anerkannten Regeln der tradierten Gesetzgebungspraxis, die sich entsprechend den oben genannten Vorgaben herausgebildet haben.

Vgl. Ramsauer, in: Alternativkommentar zum Grundgesetz, 2. Aufl., Art. 82 Rdnr. 32, m.w.N.

Zuständig für die Veranlassung der Berichtigung der Verkündung war nach § 96 Abs. 3 GGO das Innenministerium im Einvernehmen mit dem federführenden Schulministerium. Dem steht nicht entgegen, dass der ursprüngliche Fehler schon in der unvollständigen Übersendung des beschlossenen Gesetzestextes durch den Präsidenten des Landtages lag und sich dieser Fehler über die Ausfertigung bis hin zur Verkündung des Gesetzes fortgesetzt hat. Zwar ist nach § 94 Abs. 2 Satz 1 GGO für die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten in der vom Landtag mitgeteilten Fassung des Gesetzes die Staatskanzlei im Einvernehmen mit der Landtagsverwaltung zuständig. Ist das Gesetz aber in der fehlerhaften Form bereits verkündet worden, gilt § 96 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GGO: Das federführende Ministerium benachrichtigt das Innenministerium, welches wiederum die Berichtigung im Einvernehmen mit dem federführenden Ministerium veranlasst.

Vgl. ebenso, aber wohl verkürzt: Dästner, Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2. Aufl. 2002, Art. 71 Rdnr. 3, der auch bei Verkündungsfehlern grundsätzlich allein die Staatskanzlei im Einvernehmen mit dem Landtagspräsidenten als für Berichtigungen zuständig hält; wie hier Mann, a.a.O., Art. 71 Rdnr. 26.

Die Berichtigung der Verkündung erfolgt - wie hier am 28.1.2002 geschehen - durch Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt.

Neben der Berichtigung der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt bedurfte es auch einer Berichtigung der ausgefertigten Urschrift des Gesetzes. Denn diese war aufgrund des unvollständigen gesetzlichen Urtextes fehlerhaft und musste deshalb korrigiert werden. Auch diese Berichtigung ist entsprechend der dafür geltenden Regelung des § 94 Abs. 2 GGO erfolgt. Nachdem das Kabinett durch Beschluss vom 19.3.2002 festgestellt hatte, dass § 94 Abs. 6 LPVG NRW Teil des vom Landtag beschlossenen Gesetzes war, hat es den Beschluss zur Ausfertigung des Gesetzes durch erneute Beschlussfassung bestätigt. Kabinettsbeschluss und eine Ablichtung der Veröffentlichung des zuvor fehlenden Absatzes wurden alsdann mit der Ausfertigungsurkunde durch Band und Siegel verbunden, sodass nunmehr eine (berichtigte) korrekte Ausfertigung des vollständigen Gesetzesbeschlusses vorliegt.

Dass die Berichtigung der Verkündung zeitlich der Berichtigung der Ausfertigung vorgelagert war, ist unerheblich. Berichtigend veröffentlicht worden ist nämlich nicht, dass die Ausfertigung berichtigt worden ist, sondern dass die erstmalige Verkündung des Gesetzesbeschlusses fehlerhaft war und berichtigt wird. Gegenstand der berichtigten Verkündung ist der Gesetzesbeschluss, nicht aber seine Ausfertigung. Einer Veröffentlichung dessen, dass auch die Gesetzesausfertigung berichtigt worden ist, bedurfte es nicht. Die ausgefertigte Urschrift eines Gesetzes enthält die Beurkundung des Gesetzestextes und die Feststellung, dass dieser mit dem vom Landtag beschlossenen Gesetzestext übereinstimmt.

Vgl. Dästner, a.a.O., Art. 71 Rdnr. 1.

Die Berichtigung der Ausfertigung erfolgt - wie hier geschehen - allein durch Bearbeitung der Urkunde selbst. Einer Verkündung oder sonstigen Veröffentlichung ist die Urkunde nicht zugänglich, vgl. § 96 Abs. 2 GGO.

Da das Schulentwicklungsgesetz sonach mit dem durchgeführten Berichtigungsverfahren seinem vom Landtag beschlossenen Wortlaut und Inhalt nach in Geltung gesetzt worden ist, wurde der zunächst begangene Verstoß gegen Art. 71 LVerf NRW geheilt.

Ende der Entscheidung

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