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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 05.03.2009
Aktenzeichen: 1 A 2560/07
Rechtsgebiete: BeamtVG, GG


Vorschriften:

BeamtVG § 53 Abs. 1
BeamtVG § 53 Abs. 7
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 5
Die Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge gemäß § 53 Abs. 1 BeamtVG erfolgt unabhängig davon, ob die Erwerbstätigkeit erstmals nach Eintritt in den (vorzeitigen) Ruhestand aufgenommen wird oder sich als Fortsetzung bereits während des aktiven Dienstes als Beamter oder Richter ausgeübter (genehmigter) Nebentätigkeit darstellt.

§ 53 Abs. 1, 2 i. V. m. Abs. 7 BeamtVG verstößt nicht gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein Gleichheitsverstoß liegt weder darin, dass außerhalb des öffentlichen Dienstes erzieltes Erwerbseinkommen (aus Nebentätigkeiten) bei aktiven Beamten und Richtern im Gegensatz zu den Pensionären nicht auf die Bezüge angerechnet wird, noch darin, dass der Gesetzgeber in § 53 Abs. 7 Satz 2 BeamtVG nur ganz bestimmte Tätigkeiten (schriftstellerische, wissenschaftliche, künstlerische und Vortragstätigkeit) von der Ruhensregelung ausgenommen hat.


Tatbestand:

Die Beteiligten stritten um die Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge. Der Kläger war während seiner aktiven Dienstzeit als Arbeitsgerichtsdirektor - mit entsprechender Nebentätigkeitsgenehmigung - als Vorsitzender verschiedener Einigungsstellen nach Betriebsverfassungsrecht tätig. Nachdem er auf seinen Antrag mit 63 Jahren vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden war, setzte er diese Tätigkeit fort. Die dabei erzielte Vergütung führte dazu, dass der Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers nach § 53 BeamtVG bis auf den Mindestbelassungsbetrag zum Ruhen brachte. Der dagegen gerichteten Klage hat das VG stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das OVG das angefochtene Urteil geändert und die Klage abgewiesen.

Gründe:

Die Voraussetzungen der Ruhensregelung des § 53 Abs. 1 BeamtVG liegen vor. § 53 Abs. 1 BeamtVG bestimmt, dass ein Versorgungsberechtigter, der Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen i. S. d. Abs. 7 bezieht, daneben seine Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze erhält (wird ausgeführt).

Die demnach im gegebenen Zusammenhang (Einkünfte aus der Wahrnehmung des Vorsitzes in "privaten" Einigungsstellen betreffend) vorzunehmende Anwendung der in Rede stehenden Ruhensregelung durch Anrechnung privatwirtschaftlichen Erwerbseinkommens auf die Versorgungsbezüge ist verfassungsgemäß. Insbesondere ist verfassungsrechtlich weder eine Einschränkung der Anrechnung nach § 53 Abs. 1 BeamtVG noch eine Ausdehnung der Privilegierung des § 53 Abs. 7 Satz 2 BeamtVG auf andere Tätigkeiten zugunsten des Klägers geboten.

1. § 53 Abs. 1, 2 i. V. m. Abs. 7 BeamtVG steht in Einklang mit den durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Dazu zählt u. a. das Alimentationsprinzip.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11.6.1958 - 1 BvR 1/52, 46/52 -, BVerfGE 8, 1 (16 ff.), vom 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 -, BVerfGE 76, 256 (294) = DVBl. 1988, 191 (193) = NVwZ 1988, 329 und juris, Rn. 90 m. w. N., und vom 11.12.2007 - 2 BvR 797/04 -, DVBl. 2008, 184 (185) = ZBR 2008, 91 (92) und juris, Rn. 18.

Es verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten bzw. Richter und seine Familie lebenslang - und damit auch nach Beendigung des aktiven Dienstes - angemessen zu alimentieren.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15.5.1985 - 2 BvL 24/82 -, BVerfGE 70, 69 (80), und vom 11.12. 2007 - 2 BvR 797/04 -, a. a. O.

Ein das Alimentationsprinzip prägender Grundsatz besteht darin, dass die Versorgung unabhängig von der Bedürftigkeit des Ruhestandsbeamten zu gewähren ist. Daraus folgt, dass die Alimentation grundsätzlich ohne Rücksicht darauf zu gewähren ist, ob und inwieweit der (Ruhestands-) Beamte bzw. der (pensionierte) Richter seinen Lebensunterhalt aus seinem Vermögen oder aus Einkünften bestreiten kann, die nicht aus öffentlichen Kassen stammen.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11.4.1967 - 2 BvL 3/62 -, BVerfGE 21, 329 (347) = NJW 1967, 1851 (1853), vom 7.5.1974 - 2 BvR 276/71 -, BVerfGE 37, 167 (179), und vom 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 -, a. a. O., m. w. N.; OVG NRW; Urteil vom 18.8.2005 - 1 A 5012/04 -, ZBR 2006, 206 (209 f) und juris, Rn. 108; Bay. VGH, Urteil vom 31.7.2006 - 15 B 05.3302 -, ZBR 2007, 167 = BayVBl 2007, 469.

Allerdings gibt es keinen verfassungsrechtlich geschützten hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, demzufolge einem vor dem Erreichen der allgemeinen Altersgrenze in den Ruhestand versetzten Beamten oder Richter die Versorgungsbezüge ungekürzt neben einem außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielten Erwerbseinkommens belassen werden müssten. Frühere Anrechnungsbestimmungen und verfassungsrechtliche Diskussionen zeigen, dass sich ein derartiger Grundsatz nicht herausgebildet hat.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.5.1974 - 2 BvR 276/71 -, a. a. O.; OVG NRW, Urteil vom 27.9. 1996 - 6 A 4826/95 -, OVGE 46, 53 (54 f); OVG NRW, Urteil vom 18.8.2005 - 1 A 5012/04 -, a. a. O. und juris, Rn. 123.

Der Gesetzgeber hat bei der Konkretisierung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentierung einen weiten Gestaltungsspielraum, innerhalb dessen er das Besoldungs- und Versorgungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen und hierbei verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf. Demzufolge darf er auch Ausnahmen von dem Grundsatz der Nichtanrechenbarkeit privatwirtschaftlicher Einkünfte auf die Alimentation zulassen, wenn dies unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.12.2007 - 2 BvR 797/04 -, DVBl. 2008, 184 (186) = ZBR 2008, 91 (92), m. w. N., und juris, Rn. 23.

Das ist hier der Fall. Zwar liegen der Vorschrift des § 53 BeamtVG vor allem fiskalische Erwägungen zugrunde, die für sich genommen die Anrechnungsregelung nicht zu rechtfertigen vermögen. Als der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 53a BeamtVG zum 1.1.1992 erstmals die Anrechnung von außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielten Erwerbseinkommens auf das Ruhegehalt regelte, stand dabei die Überlegung im Vordergrund, den zunehmenden Finanzbedarf für die Beamten- und Richterversorgung auf Grund steigender Lebenserwartung, sinkender Geburtenhäufigkeit und dadurch schrumpfender Quote der erwerbsfähigen Bevölkerung sowie vermehrt zu beobachtender Eintritte in den Ruhestand vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Griff zu bekommen. Einen Beitrag dazu sollte die erweiterte Anrechnung von außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielten Erwerbseinkommen bis zum 65. Lebensjahr bei vorzeitiger Pensionierung leisten.

Vgl. BT-Drs. 11/5372, S. 22.

Dem Gesetzgeber kam es bei der Schaffung der Anrechnungsregelung allerdings nicht nur auf die Ersparnis von Versorgungsaufwendungen an. Als zum 1.1.1999 die Anrechnung von Einkommen eines Versorgungsempfängers aus privaten und öffentlichen Kassen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erstmals gemeinsam und identisch innerhalb einer Vorschrift - § 53 BeamtVG a. F. - geregelt wurde, kam ein weiterer Aspekt hinzu: Aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass die bislang geltenden Vorschriften als unzureichend empfunden wurden, weil sie als geeignet erachtet wurden, Frühpensionierungen zu begünstigen. Die Hinzuverdienstmöglichkeiten aus privater Tätigkeit sollten bis zum Erreichen der allgemeinen Altersgrenze begrenzt werden, die wirtschaftliche Attraktivität der Frühpensionierung reduziert werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers war es nicht Ziel der Vorschriften über den vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand, dem Beamten eine andere Erwerbstätigkeit zu eröffnen.

Vgl. BT-Drs. 13/9527, S. 40.

Neben den finanziellen Erwägungen ist die Anrechnung privatwirtschaftlichen Erwerbseinkommens des Ruhestandsbeamten bzw. pensionierten Richters somit durch den Gedanken des Vorteilsausgleichs gerechtfertigt. Dem Gesetzgeber ging es darum, als unbegründet erkannte Vorteile abzuschöpfen, die einzelne Beamte oder Richter aus ihrer vorzeitigen Zurruhesetzung haben können.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.12.2007 - 2 BvR 797/04 -, DVBl. 2008, 184 (187) = ZBR 2008, 91 (93), m. w. N., und juris, Rn. 27 ff.

Bei der vorzeitigen Zurruhesetzung eines Beamten oder Richters ist die Leistungsbeziehung in dem gegenseitigen Pflichtenverhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn gestört. Mit dem Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand fällt die Pflicht des Beamten bzw. Richters, seine Arbeitskraft dem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen, vorzeitig weg. Dieser vorzeitige Wegfall der Dienstleistungspflicht kann auf Seiten des Beamten bzw. Richters Arbeitskraft freisetzen und ihm ermöglichen, (in erheblichem Umfang) außerhalb des öffentlichen Dienstes erwerbstätig zu sein. Daraus kann er gegebenenfalls zusammen mit seinem Ruhegehalt ein Einkommen erzielen, welches die vollen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge übersteigen kann. Dadurch stünde er in wirtschaftlicher Hinsicht besser, als wenn er im aktiven Dienst verblieben wäre. Die vorzeitige Zurruhesetzung soll aber gerade nicht bezwecken, dem Beamten oder Richter die Aufnahme einer anderen, umfänglichen Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Sie beruht vielmehr regelmäßig auf der im Fürsorgegedanken wurzelnden Erwägung, dass der Beamte bzw. Richter zur Wahrnehmung seiner Dienstpflichten nicht mehr in der Lage ist. Den geschilderten Vorteilen, die der Beamte bzw. Richter aus seiner vorzeitigen Zurruhesetzung ziehen kann, stehen typischerweise Nachteile des Dienstherrn gegenüber: Ihm geht infolge der vorzeitigen Zurruhesetzung nicht nur die Arbeitskraft des Beamten oder Richters verloren, sondern er ist gleichzeitig - unbeschadet etwaiger Abschläge hinsichtlich der Höhe des Ruhegehalts - über einen längeren Zeitraum hinweg zur Erbringung von Versorgungsleistungen verpflichtet.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.12.2007 - 2 BvR 797/04 -, a. a. O., m. w. N., und juris, Rn. 31; BVerwG, Urteil vom 17.12.2008 - 2 C 26.07 -, juris, Rn. 11.

Darüber hinaus wird er in der Regel zusätzlich für die Kosten der Nachbesetzung des Dienstpostens aufkommen müssen. Das Pflichtengefüge im Beamtenverhältnis verschiebt sich somit bei einer vorzeitigen Pensionierung zu Lasten des Dienstherrn. Dieses Missverhältnis rechtfertigt den Ausgleich durch eine Anrechnungsregelung, wie § 53 BeamtVG sie vorsieht. Erst bei Erreichen der allgemeinen Altersgrenze, mit deren Festlegung der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hat, welches zeitliche Verhältnis von aktivem Dienst und Ruhestand er als angemessen ansieht, vgl. BVerwG, Urteile vom 17.12.2008 - 2 C 26.07 -, a. a. O., Rn. 12, und vom 27.1.2005 - 2 C 39.03 -, NVwZ-RR 2005, 488 (489) = DÖD 2006, 61 (62) und juris, Rn. 19, endet das Missverhältnis und damit die Anrechnung des Erwerbseinkommens auf die Versorgungsbezüge, es sei denn, es handelt sich um Verwendungseinkommen (§ 53 Abs. 8 Satz 1 BeamtVG).

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Nebentätigkeit erstmals nach Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand aufgenommen wird oder ob sie schon während des aktiven Dienstes - mit entsprechender Nebentätigkeitsgenehmigung - ausgeübt wurde. Der insoweit eindeutige und klare Gesetzeswortlaut des § 53 Abs. 1 BeamtVG sieht eine derartige Differenzierung nicht vor. Sie würde auch nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen: So hieß es bereits in der Gesetzesbegründung zu der alten Regelung des § 53a BeamtVG, dass die nach Beginn des Ruhestandes erzielten Einkommen auch dann angerechnet werden, wenn die Beschäftigung oder Tätigkeit bereits vor dem Beginn des Ruhestandes ausgeübt wurde.

Vgl. BT-Drs. 11/5136, S. 25; s. a. Tz. 53.1.1 der Verwaltungsvorschriften zu § 53 BeamtVG be-treffend Verwendungseinkommen.

Die gesetzgeberische Intention war schließlich auch darauf gerichtet, Einkommen eines Versorgungsberechtigten aus einer weiteren Verwendung im öffentlichen Dienst und Einkommen aus privatwirtschaftlicher Tätigkeit gleichermaßen auf die Versorgung anrechnen zu lassen.

Vgl. BT-Drs. 13/9527, S. 40.

Infolgedessen wird in § 53 Abs. 1 BeamtVG zwischen diesen beiden Erwerbsarten - was die grundsätzliche Anrechenbarkeit auf die Versorgungsbezüge anbelangt - nicht differenziert. Da Verwendungseinkommen auf die Versorgungsbezüge ohne Rücksicht darauf anzurechnen ist, ob es nach Eintritt in den (vorzeitigen) Ruhestand erstmals erzielt wird oder ob sich die entsprechende Tätigkeit als Fortführung einer bereits zu Zeiten des aktiven Dienstes ausgeübten Nebentätigkeit darstellt, kann für das außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielte Erwerbseinkommen nichts anderes gelten.

Die Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge beruht dabei auch bei Fortführung der Tätigkeit im Ruhestand gleichwohl ursächlich auf der ruhestandsbedingten "Freistellung" vom Dienst. Nichts anderes ergibt sich aus der vom Kläger zitierten und von der ersten Instanz herangezogenen Entscheidung des Bay. VGH vom 31.7.2006.

Bay. VGH, Urteil vom 31.7.2006 - 15 B 05.3302 -, a. a. O.

Soweit das Gericht darin Ursächlichkeitserwägungen für die Anrechnung von Erwerbseinkommen nach § 53 BeamtVG anstellt, sind diese nicht im streng naturwissenschaftlichen Sinne zu verstehen - wofür das Gesetz auch keine Anhaltspunkte bietet -, sondern vielmehr im Sinne einer typisierend wertenden Kausalitätsbetrachtung, wonach die Möglichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit während des vorzeitigen Ruhestandes als regelmäßig wesentlich durch den Wegfall der Dienstleistungspflicht begünstigt erachtet wird. Die Ruhensregelung ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen tatsächlich die gewonnene freie Zeit Anlass für die Aufnahme bzw. die Fortführung der Tätigkeit ist. Die vom Gesetzgeber angestellten und oben dargestellten Erwägungen für die Anrechnungsregelung treffen gerade auch die Fälle einer Erwerbstätigkeit in Fortsetzung einer bereits während des aktiven Dienstes begonnenen Nebentätigkeit. Bei einer vorzeitigen Zurruhesetzung entfällt die Doppelaufgabe von Hauptamt und Nebenamt. Nicht zu verkennen ist dabei der Aspekt, dass diese Doppelbelastung in jüngeren Jahren problemlos verkraftet werden kann, mit zunehmendem Alter aber durchaus zu einer Überlastung führen kann, welche bei vorzeitiger Zurruhesetzung wegfiele. Gerade dadurch ergibt sich ein Anreiz, ab einem Alter von 63 Jahren nur noch (oder eben auch erstmals) die Nebentätigkeit auszuüben. Auch der Zugewinn an Freizeit aufgrund des Wegfalls der Dienstleistungspflicht birgt Anreize, sich nach der Pensionierung nunmehr nur noch der bereits früher aufgenommenen Nebentätigkeit zu widmen, welche dann - was ertragbringende Beschäftigungen anbelangt - sogar den Charakter einer Hauptbeschäftigung bekommt. Diesen Anreizen zur Frühpensionierung begegnet der Gesetzgeber mit der pauschalen Regelung des § 53 BeamtVG, die in gleicher Weise bei wegen Dienstunfähigkeit zur Ruhe gesetzten Beamten und Richtern Anwendung findet sowie bei solchen, die sich nicht mehr in der Lage sehen, ihren Dienst zu verrichten, ohne bereits im Sinne der einschlägigen gesetzlichen Regelungen dienstunfähig zu sein.

Die Anrechnungsregelung des § 53 BeamtVG, mit der in geeigneter Weise Frühpensionierungen verhindert werden sollen, wobei mildere Mittel nicht ersichtlich sind, ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ist zunächst zu betonen, dass dem Pensionär das Erwerbseinkommen in voller Höhe belassen wird, d. h. vom Erwerbseinkommen muss nichts abgeführt werden. Bis zum Erreichen der Höchstgrenze i. S. d. § 53 Abs. 2 BeamtVG wird zudem auch das Ruhegehalt in keiner Weise gemindert. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Kläger ohne Anrechnung soviel hinzuverdienen könnte, bis er innerhalb eines Monats durch die Summe von Ruhegehalt und Erwerbseinkommen insgesamt den Betrag erreicht, den er als Arbeitsgerichtsdirektor im aktiven Dienst bezogen hätte (§ 53 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG); der anrechnungsfreie Hinzuverdienst entspricht in etwa dreißig Prozent seiner Dienstbezüge als aktiver Richter. Erst bei Überschreiten der Höchstgrenze erfolgt eine Anrechnung des Erwerbseinkommens auf das Ruhegehalt. Die Angemessenheit dieser Regelung zeigt sich demnach daran, dass Anrechnungen erst ab einer gewissen Höhe des Erwerbseinkommens vorgenommen werden. Darüber hinaus verbleibt dem Pensionär unabhängig von der Höhe des Erwerbseinkommens in jedem Fall ein Mindestbelassungsbetrages in Höhe von 20 % seiner Versorgungsbezüge, sofern es sich nicht um Verwendungseinkommen handelt (§ 53 Abs. 5 BeamtVG).

Die amtsangemessene Versorgung bleibt stets gewährleistet, weil bei Wegfall oder (erheblicher) Verringerung des Erwerbseinkommens der Anspruch auf Auszahlung des (vollen) Ruhegehalts ohne Weiteres nach Maßgabe von § 53 Abs. 1 und 2 BeamtVG wieder auflebt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2008 - 2 C 26.07 -, a. a. O., Rn. 18.

2. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Art. 14 GG scheidet als Prüfungsmaßstab aus, da Art. 33 Abs. 5 GG, soweit - wie hier - die Kürzung von Versorgungsbezügen im Streit steht, lex specialis ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.9.1987 - 2 BvR 933/82 -, a. a. O. und juris, Rn. 83, m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 18.8.2005 - 1 A 5012/04 -, a. a. O. S. 212 und juris, Rn. 161.

3. Die Anrechnungsregelung des § 53 Abs. 1 und 2 BeamtVG verstößt auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG (wird ausgeführt).

4. Die Regelung des § 53 Abs. 1, 2 i. V. m. Abs. 7 BeamtVG verstößt auch nicht gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein Gleichheitsverstoß liegt insbesondere weder darin, dass Erwerbseinkommen (aus Nebentätigkeiten) bei aktiven Beamten und Richtern im Gegensatz zu den Pensionären nicht auf die Bezüge angerechnet wird (a), noch darin, dass die Einkünfte aus bestimmten Tätigkeiten nach § 53 Abs. 7 Satz 2 BeamtVG im Gegensatz zu der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit keiner Anrechnung unterliegen (b). Auch die Nichtanrechnung von Einkünften aus Kapitaleinsatz sowie aus Vermietung und Verpachtung auf die Versorgungsbezüge verletzt nicht das Gleichheitsgebot (c).

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er ist verletzt, wenn ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung sich nicht finden lässt, sodass die Bestimmung als objektiv willkürlich bezeichnet werden muss. Der Gleichheitssatz gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Dabei ist der Gesetzgeber grundsätzlich befugt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 9.12.2008 - 2 BvL 1/07 u.a. -, NJW 2009, 48 (49 f) = DVBl. 2009, 111 f = EuGRZ 2009, 732 (737 f) und juris, Rn. 56, m. w. N.

a) Gemessen daran ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, die Gruppe der aktiven Beamten und Richter anders zu behandeln als die pensionierten Beamten und Richter. Aufgrund der Unterschiedlichkeit ihres Status handelt es sich hierbei nicht um zwei wesentlich gleiche Gruppen, welche in gleicher Weise behandelt werden müssten. Es gibt keinen Verfassungsrechtssatz, wonach aktive und vorzeitig zur Ruhe gesetzte Beamte bzw. Richter einkommensmäßig gleichzubehandeln wären. Dem steht insbesondere bei vorzeitig zur Ruhe gesetzten Beamten und Richtern das oben beschriebene aus dem Gleichgewicht geratene Pflichtengefüge entgegen. Der entscheidende Unterschied zwischen aktiven und zur Ruhe gesetzten Beamten bzw. Richtern besteht darin, dass Erstere ihre Arbeitskraft dem Dienstherrn zur Verfügung stellen, was bei den Pensionären nicht mehr der Fall ist. Die Versorgung Letzterer beruht auf ihren Leistungen in der Vergangenheit, hingegen beruht die Besoldung auf den Leistungen in der Gegenwart. Da der Ruhestandsbeamte bzw. -richter keine gegenwärtigen Leistungen mehr erbringt, ist nicht erforderlich, dass der Betrag des Versorgungsbezuges den Betrag der Dienstbezüge erreicht.

Vgl. Strötz, in: Fürst, GKÖD, Loseblattkommentar, Stand: Februar 2009, § 14 BeamtVG Rn. 9.

Demzufolge werden diese beiden Gruppen hinsichtlich ihrer Bezüge in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise unterschiedlich behandelt, indem den pensionierten Richtern und Beamten keine vollen Dienstbezüge mehr zustehen, sondern lediglich ein prozentualer Anteil derselben (vgl. § 14 BeamtVG).

Dies findet seine Rechtfertigung zudem darin, dass hinsichtlich der Versorgungsempfänger im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise davon ausgegangen wird, dass deren finanzieller Bedarf geringer ist als derjenige eines aktiven Beamten bzw. Richters.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.9.2005 - 2 BvR 1387/02 -, DVBl. 2005, 1441 (1447) = NVwZ 2005, 1294 (1299).

Wenn jedoch schon hinsichtlich der Bezüge in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zwischen aktiven und Ruhestandsbeamten bzw. -richtern differenziert werden darf, dann müssen diese beiden Gruppen auch nicht im Hinblick auf die Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die jeweiligen Bezüge gleich behandelt werden. Unter Gleichheitsgesichtspunkten ist es daher nicht zu beanstanden, dass der Kläger während seiner aktiven Zeit als Arbeitsgerichtsdirektor weder verpflichtet war, die Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Einigungsstellenvorsitzender abzuführen, noch deren Anrechnung auf seine Dienstbezüge hinnehmen musste.

Aus Art. 3 Abs. 1 GG ableitbare Anhaltspunkte dafür, dass nur das Einkommen aus Tätigkeiten, die erst nach der Zurruhesetzung aufgenommen werden, auf die Versorgungsbezüge angerechnet werden dürfte, sind nicht ersichtlich. Sie ergeben sich - wie gezeigt - namentlich nicht aus dem Umstand, dass die aufgrund einer Nebentätigkeit erzielten Einkünfte während des aktiven Dienstes anrechnungsfrei bleiben. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Gestaltungsspielraums pauschalierend jegliche Einkünfte im Ruhestand durch Anrechnung erfassen, und zwar unabhängig davon, ob die dem zugrundeliegende Tätigkeit lediglich nach der Zurruhesetzung fortgeführt oder erstmals aufgenommen wird. Angesichts der notwendigerweise pauschalierenden Regelung sind etwaige Benachteiligungen, Friktionen und Härten hinzunehmen. Daher ist - gemessen am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG - auch kein Raum für die vom Kläger vertretene einschränkende Auslegung des § 53 Abs. 1 BeamtVG. Eine derartige Reduktion der Vorschrift kommt nur in Betracht, wenn der Gesetzgeber bei verfassungsrechtlich gebotener Sicht etwa hinsichtlich der Gleichbehandlung gezwungen gewesen wäre, den Fall des Klägers abweichend von der pauschalierenden Regelung zu behandeln. Hierfür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich. Das wäre nur dann der Fall, wenn es in grober Weise gegen das Gerechtigkeitsempfinden verstoßen würde, den Kläger wie diejenigen zu behandeln, die erstmals nach der vorzeitigen Zurruhesetzung eine Tätigkeit aufnehmen. Namentlich der Umstand, dass er während seiner Dienstzeit ohne Abführungspflichten und ohne Anrechnung auf seine Bezüge (mit entsprechender Nebentätigkeitsgenehmigung) seinen Erwerbstätigkeiten nachgehen konnte, spricht nicht dafür, dass ihm diese Möglichkeit in gleicher Weise im Ruhestand eröffnet sein müsste. Die - unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs stehende - pauschale Gleichbehandlung des Falles des Klägers mit den sonstigen pauschal erfassten Fallgestaltungen rechtfertigt sich vielmehr schon daraus, dass die Wahrnehmung der Erwerbstätigkeit unter den im Ruhestand bestehenden Voraussetzungen und unter den gegenüber den während der Berufsausübung veränderten Bedingungen erfolgt, namentlich in Nutzung der insoweit bestehenden Freiräume der Disposition über die dem Dienstherrn nunmehr "entzogene" Dienstzeit. Ob dem Dienstherrn zu aktiven Zeiten vergleichbare Dienstzeit verloren ging, zwang den Gesetzgeber nicht zu einer Differenzierung.

b) Unter Gleichheitsgesichtspunkten kann der Kläger darüber hinaus nicht erfolgreich rügen, dass die von ihm erzielten Einkünfte als Einigungsstellenvorsitzender im Gegensatz zu den Einkünften aus schriftstellerischer, wissenschaftlicher, künstlerischer oder Vortragstätigkeit gemäß § 53 Abs. 7 Satz 2 BeamtVG a. F. i. V. m. § 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BRRG als anrechenbares Erwerbseinkommen behandelt werden. Der Gesetzgeber hat insoweit eine begrenzte und gewollte Auswahl an Nebentätigkeiten vorgenommen, die in den Genuss der Privilegierung geraten. Diese von ihm getroffene Auswahl ist nicht willkürlich, denn die genannten Tätigkeiten genießen einen besonderen Grundrechtsschutz (Art. 5 Abs. 1 und 3 GG); ihre Ausübung liegt in einem dringenden öffentlichen Interesse.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 2 C 32.04 -, BVerwGE 124, 347 (355) = NJW 2006, 1538 (1540) = DVBl. 2006, 637 (640) = RiA 2006, 226 (228) und juris, Rn. 27.

Damit setzt sich im Rahmen der Anrechnungsvorschrift des § 53 BeamtVG die Privilegierung fort, die diese Tätigkeiten bereits im Nebentätigkeitsrecht der aktiven Beamten und Richter genießen, indem sie nicht genehmigungspflichtig sind und auch keiner Abführungspflicht unterliegen.

Eine Ausweitung der Privilegierung auch auf die Tätigkeit des Klägers als Einigungsstellenvorsitzender ist nach dem Vorstehenden verfassungsrechtlich nicht geboten. Dafür gibt es angesichts des klaren Wortlauts zudem auch keine Anhaltspunkte. Die konkrete Aufzählung nur ganz bestimmter Tätigkeiten macht deutlich, dass der Gesetzgeber eine Ausdehnung dieser Privilegierung auch auf andere Nebentätigkeiten gerade nicht gewollt hat. Andernfalls hätte er weitere Tätigkeiten ausdrücklich in § 53 Abs. 7 Satz 2 BeamtVG aufgenommen.

Im Übrigen könnte das aus der Tätigkeit des Klägers erzielte Erwerbseinkommen selbst dann nicht von der Privilegierung des § 53 Abs. 7 Satz 2 BeamtVG einbezogen werden, wenn diese willkürlich wäre. Denn in einem solchen Fall wäre der Gesetzgeber aufgefordert, den Verstoß gegen das Gleichheitsgebot zu beseitigen, wobei es ihm überlassen bliebe, auf welche Weise er den Verfassungsverstoß ausräumt.

c) Schließlich stellt es keinen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot dar, dass zwar Erwerbseinkommen, nicht aber Einkünfte aus Kapitaleinsatz sowie aus Vermietung und Verpachtung auf die Versorgungsbezüge anzurechnen sind. Namentlich bei Kapitalanlagen an der Börse steht nicht die aufgewendete Arbeitszeit, sondern der Kapitaleinsatz im Vordergrund; ohne Letzteren lassen sich an der Börse keine Gewinne erzielen. Das eingesetzte Kapital steht in keinem Zusammenhang mit der (vorzeitigen) Freistellung des Ruhestandsbeamten von der Dienstleistungspflicht. Der Zusammenhang zwischen der Erzielung von Erwerbseinkommen und der Freistellung von der Dienstleistungspflicht ist aber der für die Anrechnung des Erwerbseinkommens allein rechtfertigende Grund. Mithin liegt ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der beiden Arten von Einkünften vor.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.8.2005 - 1 A 5012/04 -, juris (Rn. 178); Bay. VGH, Urteil vom 31.7.2006 - 15 B 05.3302 -, a. a. O.; Plog/Wiedow/Groepper/Tegethoff, BBG, Loseblattkommentar, Stand: Dezember 2008, § 53 BeamtVG Rn. 39 f.

Gleiches gilt hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

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