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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 13.03.2003
Aktenzeichen: 1 A 3635/00
Rechtsgebiete: AuslVZV, BBesG, BRKG


Vorschriften:

AuslVZV § 1
AuslVZV § 2
BBesG § 58 a
BRKG § 2 Abs. 2
BRKG § 20
Die "besondere Verwendung" im Ausland gemäß §§ 58 a BBesG, 1 ff. AuslVZV erfordert als Anspruchsvoraussetzung für den Auslandsverwendungszuschlag jedenfalls in aller Regel eine Verlegung des Ortes der allgemeinen Dienstleistung ins Ausland, und zwar durch eine das bisherige konkret-funktionelle Amt des betroffenen Beamten oder Soldaten - zumindest für einen vorübergehenden (Dauer-)Zeitraum - ändernde Personalmaßnahme wie eine Kommandierung oder Abordnung.

Die Durchführung von Unterstützungs- und Versorgungsflügen vom Heimatstandort zu einer Einsatzbasis im Ausland (hier: zur Versorgung der AWACS-Besatzungen im Rahmen einer NATO- oder UN-Mission) unterfällt diesen Voraussetzungen grundsätzlich auch dann nicht, wenn derartige Flüge in bestimmten Abständen immer wieder und insgesamt gesehen in großer Zahl durchgeführt werden. Auch dann liegt nur eine Vielzahl einzelner - ggf. nach dem Reisekostenrecht erstattungsfähiger - Auslandsdienstgeschäfte vor.


Tatbestand:

Der Kläger, ein Berufssoldat der Bundeswehr, führte im Zusammenhang mit einer AWACS-Luftraumüberwachungsmaßnahme im Rahmen einer NATO-Mission im UN-Auftrag zur Befriedung des ehemaligen Jugoslawien Vorsorgeflüge zwischen dem in Deutschland gelegenen Stationierungsort des beteiligten NATO-Verbandes und im Ausland (u. a. Italien, Griechenland) gelegenen sog. vorgeschobenen Operationsbasen durch. Er beanspruchte hierfür einen Auslandsverwendungszuschlag, der ihm von der beklagten Bundesrepublik versagt wurde. Seine Klage hatte weder vor dem VG noch in der Berufungsinstanz Erfolg.

Gründe:

Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Bewilligung eines Auslandsverwendungszuschlags kommt allein § 58 a BBesG i.V.m. den Bestimmungen der Auslandsverwendungszuschlagsverordnung (AuslVZV) - hier noch anwendbar in der Fassung vom 25.9.1995 (BGBl. I S. 1226, bereinigt S. 1502) - in Betracht.

Wesentliche Anspruchsvoraussetzung ist hiernach die besondere Verwendung eines Beamten, Richters oder Soldaten, die im Ausland oder außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes auf Schiffen oder in Luftfahrtzeugen im Rahmen einer humanitären oder unterstützenden Maßnahme, welche die Bundesregierung auf Grund einer über- oder zwischenstaatlichen Vereinbarung beschlossen hat, stattfindet. Vorliegend fehlt es bereits daran, dass der Kläger mit Blick auf die vom Antrag erfassten Flüge am 25.3.sowie 7. und 8.4.1997 in dem besonderen Sinne der anspruchsbegründenden Vorschriften im Ausland "verwendet" worden ist.

Unter Verwendung i.S.d. §§ 58 a BBesG, 1 AuslVZV ist nur eine solche Dienstleistung zu verstehen, welche generell - und dabei i.d.R. vollumfänglich - im Ausland bzw. auf Schiffen oder in Luftfahrtzeugen außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes erbracht wird. In Abgrenzung dazu reicht es nicht aus, wenn - ohne Überstellung zur allgemeinen Dienstleistung an eine an einer Maßnahme i.S.v. §§ 58 a Abs. 1 und 2 BBesG, 1 Abs. 1 Satz 1 AuslVZV mitwirkende Einheit bzw. Dienststelle - nur bestimmte, sei es auch regelmäßig wiederkehrende oder häufig vorkommende Dienstgeschäfte als Unterstützungshandlungen für die im Rahmen von Maßnahmen der in Rede stehenden Art abgestellten Kontingente (teilweise) im Ausland erbracht werden.

Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 24.3.1998 - 10 A 12142/97 -, DÖD 1998, 217, und Urteil vom 1.6.2001 - 10 A 12100/00 -, IÖD 2001, 231 = Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/C I 1.7 Nr. 8; Schwegmann/Summer, BBesG, § 58 a Rn. 3.

In den letztgenannten Fällen bleibt nämlich die allgemeine Dienstleistungspflicht gegenüber und bei der im Inland befindlichen (Stamm-)Dienststelle bestehen. Es werden lediglich bestimmte dienstliche Aufgaben zur Erledigung außerhalb des Dienstortes - hier im Ausland - übertragen, wie es für (Auslands-)Dienstreisen typisch ist (§§ 2 Abs. 2, 20 Abs. 1 BRKG). Demgegenüber setzt das generelle Abstellen eines Beamten oder Soldaten für Zwecke einer humanitären oder unterstützenden Maßnahme jedenfalls in aller Regel eine das zuvor innegehabte konkret-funktionelle Amt - sei es auch ggf. nur für eine kurze Zeit - verändernde Personalmaßnahme wie eine Abordnung oder Kommandierung voraus.

Vgl. z. B. Schwegmann/Summer, a.a.O., § 58 a Rn. 3 und 4.

Durch eine solche Maßnahme wird die vorübergehende Verlagerung der allgemeinen - vollen - Dienstleistung des Betroffenen an eine andere (Dienst-)Stelle angeordnet. Infolgedessen ist er in deren Dienstbetrieb grundsätzlich voll integriert und untersteht regelmäßig auch der Dienstaufsicht und Disziplinargewalt der für die Dienststelle (Einheit) vor Ort handelnden Funktionsträger.

Vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 1.6.2001 - 10 A 12100/00 -, a.a.O.

Die zuvor mittels einer Abgrenzung herausgearbeitete Reichweite des anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmals der (besonderen) Verwendung fußt auf einer entsprechenden Auslegung der anspruchsbegründenden Normen.

Schon der allgemeine Wortsinn des Begriffs "Verwendung" in §§ 58a BBesG, 1 AuslVZV legt eine Auslegung in dem dargestellten Sinne nahe. Verwendung bezeichnet üblicherweise die Gesamtheit der - allgemein - wahrgenommenen Aufgaben im Rahmen einer (beruflichen) Tätigkeit bzw. eines Amtes. Die Art der Einzelaufgaben und erst recht das einzelne Dienstgeschäft treten dabei in den Hintergrund. Die Verwendung entspricht sonach in aller Regel dem innegehabten Dienstposten, d. h. dem Amt im konkret-funktionellen Sinne. Dieser Dienstposten ist seinerseits einer bestimmten Organisationseinheit wie einer Dienststelle oder einem militärischen Verband (ggf. auch dem verselbständigten bzw. ausgegliederten Teil eines solchen) zugeordnet. Zur Bedeutung auch solcher organisationsrechtlichen Zuordnungsaspekte lässt sich im vorliegenden Zusammenhang unterstützend § 1 Abs. 2 Satz 2 AuslVZV heranziehen, wonach anspruchsberechtigend regelmäßig nur Verwendungen "in einem Verband, einer Einheit oder Gruppe ..." sind. Das spricht in dem gegebenen Zusammenhang für eine erforderliche Eingliederung des anspruchsberechtigten Personenkreises in bestehende besondere Organisations- und Kommandostrukturen am Einsatzort unter entsprechender - zumindest temporärer - Ausgliederung aus den entsprechenden bisherigen Organisations- und Kommandostrukturen im Inland.

Gesetzessystematisch ist ferner zu berücksichtigen, dass der Auslandsverwendungszuschlag nach § 58 a BBesG Bestandteil der Besoldung (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 BBesG) ist. Besoldungsrechtliche Leistungen kennzeichnet, dass sie an das innegehabte Amt sowie ggf. zusätzlich an die Art der allgemeinen Dienstleistung anknüpfen, nicht hingegen an die Besonderheiten bestimmter einzelner Dienstgeschäfte.

Vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 24.3.1998 - 10 A 12142/97 -, a.a.O.

Die teleologische Auslegung gebietet kein hiervon abweichendes Ergebnis. Die Zweckbestimmung des Auslandsverwendungszuschlags geht dahin, die mit der für seine Gewährung erforderlichen besonderen Verwendung verbundenen - materiellen und (insbesondere) immateriellen - Belastungen und Erschwernisse abzugelten, darunter namentlich auch Gefahren für Leib und Leben (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 BBesG, § 1 Abs. 2 Satz 1 und § 2 AuslVZV). Derartige Belastungen und Erschwernisse treffen in erster Linie diejenigen Beamten oder Soldaten, deren Aufgabenbereich - wenn auch nur für begrenzte Zeit - vollumfänglich in das betreffende "Krisengebiet" verlagert wird. Nehmen dagegen Beamte oder Soldaten neben im Inland verbliebenen Aufgaben nur einzelne Dienstgeschäfte in dem ausländischen "Krisengebiet" wahr, so unterscheidet sich - selbst bei einer gewissen Häufigkeit bzw. Regelmäßigkeit solcher Einsätze - ihre Belastung und Gefährdung in aller Regel graduell von derjenigen der zuvor angeführten Vergleichsgruppe. Der Gesetz- und Verordnungsgeber war daher vor dem Hintergrund einer in gewissen Grenzen zulässigen Generalisierung und Typisierung bei der Gewährung von (ergänzenden) Besoldungsleistungen sowie auch nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, auch solche Unterstützungsmaßnahmen, bei denen die Erbringung der allgemeinen Dienstleistung keinen Zuordnungswechsel erfährt und es demgemäß nicht zu einer "Vollintegration" in eine Maßnahme nach §§ 58 a BBesG, 1 AuslVZV kommt, in die Anspruchsberechtigung für einen Auslandsverwendungszuschlag einzubeziehen. Das gilt unbeschadet dessen, dass auch die in die Planung einbezogene, aus dem Inland erfolgende Unterstützung der unmittelbar vor Ort eingesetzten Kontingente - z. B. zu deren Versorgung und zur Abwicklung des Personalaustausches - wesentlich zum Gelingen der gesamten internationalen Hilfsaktion mit beiträgt, möglicherweise sogar unverzichtbar ist.

Ausgehend von diesem Verständnis der anspruchsbegründenden Normen steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf einen Auslandsverwendungszuschlag nicht zu. Die von ihm mit Trainer Cargo Aircraft (TCA) durchgeführten Versorgungsflüge zu verschiedenen vorgeschobenen, im Ausland gelegenen Operationsbasen des NATO E-3A-Verbandes wie T. in Italien und P. in Griechenland, die dem Austausch von Personal sowie dem Transport von Ersatzmaterial dienten, standen zwar in einem logistischen Zusammenhang mit einer Maßnahme i.S.d. § 58 a BBesG, nämlich einer AWACS-Luftraumüberwachung im Rahmen einer NATO-Mission im UN-Auftrag zur Befriedung des ehemaligen Jugoslawien. Anders als die vorübergehend auf den vorgeschobenen Operationsbasen stationierten AWACS-Besatzungen, welche die Luftraumüberwachung unmittelbar durchführten, sowie das zugehörige ebenfalls dort stationierte Bodenpersonal wurde der Kläger aber bei seiner Tätigkeit nicht im Rahmen einer solchen humanitären oder Unterstützungsmaßnahme i.S.d. § 58 a BBesG in besonderer Weise "verwendet". Denn sein allgemeiner Aufgabenbereich eines Ladungsmeisters bei dem NATO E-3 A-Verband in G. wurde in diesem Zusammenhang nicht - auch nicht vorübergehend - ins Ausland verlegt. Die in Rede stehenden, jeweils nur eintägigen Versorgungsflüge (Hin- und Rückflug) stellten vielmehr einzelne Dienstgeschäfte in Form von Dienstreisen ins Ausland dar, was sich auch daran zeigt, dass - soweit aus dem Vortrag der Beteiligten und dem sonstigen Inhalt der Akten ersichtlich - weder eine Kommandierung zu einer anderen Einheit noch irgendeine andere, die vorübergehende Verlegung des Ortes der allgemeinen Dienstleistung ins Ausland betreffende Personalmaßnahme gegenüber dem Kläger erfolgt ist. Insbesondere wurde er nicht - auch nicht für eine begrenzte Zeit - bei einem verselbständigten Truppenteil seines Verbandes im Ausland wie den hier in Rede stehenden vorgeschobenen Operationsbasen "stationiert".

Die vom Kläger mit 120 angegebene Gesamtzahl der vorgenommenen einzelnen Dienstgeschäfte wie auch der Gesamtzeitraum, über den sich diese Geschäfte erstreckten, sind in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht von Bedeutung. Denn diese Umstände vermögen auch dann, wenn - wie vom Kläger im Berufungsverfahren in Bezug auf die von ihm durchgeführten Versorgungsflüge vorgetragen wurde - solche Dienstgeschäfte über ca. drei Jahre in regelmäßiger ständiger Abfolge ausgeführt worden sind, an der fehlenden Verlegung seines Ortes der allgemeinen Dienstleistung ins Ausland, zumal einer solchen auf der Grundlage einer entsprechenden Personalmaßnahme, nichts zu ändern. Das dürfte selbst dann noch gelten, wenn der Kläger nicht nur sehr oft, sondern nahezu täglich Versorgungsflüge der hier in Rede stehenden Art in nahezu unmittelbarer Abfolge vorgenommen und daneben praktisch keine oder kaum noch andere Aufgaben erfüllt hätte. So würde es selbst in einem solchen Extremfall nämlich (schon) an einem zumindest kurzen, etwa mit der i.d.R. vierzehntägigen Stationierungszeit der AWACS-Besatzungen vergleichbaren zusammenhängenden Daueraufenthalt in dem betreffenden mit besonderen Erschwernissen und Gefahren verbundenen "Krisengebiet" fehlen. Vielmehr konnte der Kläger, wie die drei vom Verwaltungsverfahren erfassten Fälle zeigen, regelmäßig am gleichen Tage des Hinflugs wieder nach Deutschland zurückkehren. Er wurde deshalb von den Belastungen und erschwerenden Besonderheiten i.S.d. § 2 AuslVZV, auf die auch die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung sinngemäß abgehoben hat, nicht in vergleichbarer Weise erfasst wie die bei den vorgeschobenen Einsatzbasen des Verbandes stationierten Soldaten.

Die vom Kläger unter Hinweis auf die Auffassung des Dienstältesten Deutschen Offiziers beim NATO E-3A-Verband weiter geltend gemachte "Unmittelbarkeit" der von ihm geleisteten Versorgungseinsätze betreffend die Nutzung besonderer Flugrouten sowie im Hinblick auf eine kostensparende und effiziente Erfüllung der gesamten NATO- bzw. UN-Mission hat für die Beantwortung der Frage, ob hier ein einzelnes Dienstgeschäft bzw. eine Vielzahl solcher (wiederkehrender) Dienstgeschäfte oder aber eine besondere Verwendung i.S.d. § 58 a BBesG vorliegt, im Verhältnis zu den vom Senat zugrunde gelegten Abgrenzungskriterien keine entscheidende Relevanz. Entsprechendes gilt für die vom Kläger angeführten Auszeichnungen, die er für die Teilnahme am Auslandseinsatz der Bundeswehr im Rahmen der IFOR- bzw. SFOR-Mission im ehemaligen Jugoslawien erhalten hat. Dass der Kläger - in einem weiteren Sinne - von der Bundesrepublik Deutschland als "Teilnehmer" an diesen Friedensmissionen angesehen wurde, wie die ins Verfahren eingeführten Urkunden aus 1996 und 1998 belegen, besagt nichts für die Auslegung und Anwendung der hier im Streit stehenden besoldungsrechtlichen Vorschriften.

Ende der Entscheidung

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