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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 29.09.2004
Aktenzeichen: 1 A 4194/02.PVB
Rechtsgebiete: BPersVG


Vorschriften:

BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 1
Verabredet die Dienststelle mit dem/der Beschäftigten eine Wochenarbeitszeit im Umfang von insgesamt 15 Stunden und Arbeitsphasen von 19,25 Stunden wöchentlich, die mit bestimmten Tagen des Jahres sog. Freizeitausgleichs wechseln (bis zu 34 Tage hintereinander) und werden die Tage Montag bis Donnerstag einvernehmlich als Tage festgelegt, an welchen die Arbeitsleistung zu erbringen ist, so unterliegt die hierin liegende Maßnahme der Dienststellenleitung nicht der Mitbestimmung über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG.
Tatbestand:

Die Beteiligten stritten um die Frage, ob die Mitbestimmung über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG greift, wenn die Dienststellenleitung mit einem/einer einzelnen Beschäftigten insgesamt 15 Wochenstunden Teilzeitarbeit und Arbeitsphasen von 19,25 Wochenstunden im Wechsel mit auf bestimmte (bis zu 34) Tage des Jahres festgelegten sog. Freizeitausgleich verabredet sowie die Tage von Montag bis Donnerstag als Arbeitstage - einvernehmlich - bestimmt.

Die Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen des VG hat die Anträge abgelehnt. Der Fachsenat des OVG NRW wies die Beschwerde zurück.

Gründe:

Der mit der Beschwerde weiter geführte Antrag erster Instanz zu 1. ist unzulässig, soweit er sich auf den konkreten Vorgang bezieht, welcher die - einverständliche - Regelung zwischen der Dienststellenleitung und der Beschäftigten M. zu deren Arbeitszeiten im Jahre 2002 betrifft. Dieser Vorgang hat durch Zeitablauf seine Erledigung gefunden: Eine Mitbestimmung an dieser das Jahr 2002 betreffenden Arbeitszeitregelung könnte eine Veränderung der Maßnahmen nachträglich nicht mehr herbeiführen. Die Möglichkeit, im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren mit gerichtlicher Hilfe personalvertretungsrechtliche Kompetenzen feststellen zu lassen, besteht unter Rechtsschutzgesichtspunkten indes nur, um der Personalvertretung eine ggf. veranlasste nachträgliche Wahrnehmung ihrer Kompetenzen einzuräumen. Kann in dem betreffenden konkreten Einzelfall auf diese Weise die Wahrnehmung der Kompetenz mit gerichtlicher Hilfe nicht mehr verschafft werden, weil entweder die umstrittene Maßnahme nicht mehr fortwirkt oder aus anderen - z. B. rechtlichen - Gründen nicht mehr nachträglich beeinflusst werden kann, verbleibt der Personalvertretung lediglich noch die Option, die hinter dem streitanlassgebenden konkreten Ausgangsfall etwa stehende abstrakte Rechtsfrage gerichtlich klären zu lassen. Die Zulässigkeit eines entsprechenden Antrags hängt wegen der genannten Zielsetzung des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens und des Verbots der Erstellung von Rechtsgutachten durch das Gericht davon ab, ob die zur Entscheidung gestellte Rechtsfrage hinreichend konkret an den streitanlassgebenden Ausgangsfall anknüpft und ob mit mehr als nur geringfügiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass in der Dienststelle auch in Zukunft über das Bestehen von Beteiligungsrechten in vergleichbaren Fallgestaltungen Streit entstehen wird.

Soweit der Antrag erster Instanz zu 1. dementsprechend darauf gerichtet ist, die hinter ihm stehende abstrakte Rechtsfrage klären zu lassen,

ob die Beteiligung des Antragstellers gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1, § 69 BPersVG veranlasst ist, wenn die Dienststellenleitung mit einer/einem Beschäftigten eine Wochenarbeitszeit im Umfang von insgesamt 15 Stunden und darüber hinaus Arbeitsphasen von 19,25 Stunden wöchentlich mit auf bestimmte Tage des Jahres festgelegtem sog. Freizeitausgleich - bis zu 34 Tage hintereinander - vereinbart und als Arbeitstage Montag bis Donnerstag je Woche verabredet,

ist er zulässig, weil die genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen unter den obwaltenden Umständen vorliegen.

Dieser Antrag ist aber nicht begründet.

Die hier zur Entscheidung anstehende abstrakte Rechtsfrage betrifft keinen Anwendungsfall von § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG. Nach dieser Norm hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung - wie hier - nicht besteht, ggf. durch Abschluss von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.

Der Anwendungsbereich der Norm erstreckt sich (ist insoweit allerdings auch zugleich darin erschöpft) - die tägliche Arbeitszeit betreffend - ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut entsprechend auf Regelungen dazu, wann, d. h. aber um welche Uhrzeit der einzelne Beschäftigte je Arbeitstag mit seiner Arbeit zu beginnen und wann er mit ihr aufzuhören hat.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.8.2002 - 6 P 17.01 -, PersR 2002, 473 = ZfPR 2002, 298 = PersV 2003, 192; OVG NRW, Beschluss vom 25.10.2001 - 1 A 599/98.PVL -; Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, Komm., Stand: März 2004 § 75 BPersVG Rn. 74; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 10. Aufl. 2004, § 75 Rn. 84; Rehak in Lorenzen/Etzel/Gerhold/ Schlattmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, Komm. Stand: Mai 2004, § 75 Rn. 115.

Die Lage der Pausen betrifft dem eindeutigen Sinngehalt der Norm entsprechend nur den jeweiligen Arbeitstag. Die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage betrifft die kollektive oder einzelvertragliche Verabredung/Anordnung zu der Frage, an welchen Wochentagen die Arbeitsleistung in welchem Umfang zu erbringen ist. Wenn demgegenüber der Umfang der Arbeitszeit insgesamt mit 15 Wochenstunden festgelegt wird, so liegt hierin offensichtlich kein Sachverhalt, der von § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG erfasst ist.

Vgl. insoweit zur ganz herrschenden Meinung BVerwG, Beschluss vom 20.7.1984, BVerwGE 70, 1 = ZBR 1984, 379 = PersV 1985, 71 und beispielhaft für alle Ilbertz/Widmaier, a.a.O., § 75 Rn. 81 und 82.

Gleiches gilt für die weitere Verabredung einer Blockung auf 19,25 Wochenstunden im Wechsel mit der Einräumung von Freizeitausgleich an bestimmten Arbeitstagen des Jahres. Namentlich liegt hierin weder die Regelung von Pausen noch die Regelung dazu, an welchen Tagen der Woche die/der Beschäftigte mit welcher Stundenzahl Arbeit zu verrichten hat. Die in Rede stehende Vereinbarung fügt sich insoweit vielmehr für die Fragen nach Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Pausen, der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage in die in der Dienststelle praktizierten Regelungen über die flexibilisierte Arbeitszeit zwanglos ein. Soweit dem Antragsteller mit der Vorlage der Dienststelle vom 22.4.2002 weiter die Information zugekommen ist, die Arbeitszeit solle von Montags bis Donnerstags abgeleistet werden, ist namentlich diese Regelung nicht zur Mitbestimmung gestellt, weil diese durch Abschnitt II. Nr. 2 der Dienstvereinbarung bereits verbraucht ist, wonach die Arbeitszeit sich auf fünf Tage je Kalenderwoche von Montag bis Freitag verteilt (Satz 1) und individuelle Regelungen bei Teilzeitbeschäftigten unberührt bleiben (Satz 2). Zudem ist mit dieser Regelung wie bereits oben angedeutet nicht die Arbeitszeit (konkret) auf die einzelnen Wochentage verteilt worden, wie das Gesetz es voraussetzt. Es sind vielmehr lediglich die Wochentage benannt worden, an denen die 19,25 Stunden abzuleisten sind. Daraus ergibt sich keineswegs zwingend, wie die Arbeitszeit sich in Wahrnehmung der Regelungen der Dienststelle über die flexible Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage verteilt.

Unabhängig davon greift § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG in Fallgestaltungen, welche vom Antrag zu 1. in seiner abstrakten Fassung erfasst sind, auch deswegen nicht, weil die genannte Vorschrift nur dann einschlägig ist, wenn eine generelle Regelung in Rede steht.

Vgl. auch insoweit für die ganz herrschende Meinung beispielhaft: Rehak, a.a.O., § 75 BPersVG Rn. 114 a sowie Ilbertz/Widmaier, a.a.O., Rn. 78, 79, 81 zu § 75 BPersVG.

Eine derartige Regelung liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die gesamte oder Teile der Belegschaft oder eine bestimmte Gruppe von der Arbeitszeitregelung betroffen ist. Sind hingegen nur einzelne oder ein einzelner betroffen, so kommt es darauf an, ob die Arbeitszeitregelung unmittelbar Auswirkungen auf andere Beschäftigte hat. Insoweit ist vor allem von Belang, ob die Interessen der anderen Beschäftigten gerade mit Blick auf die zeitliche Verteilung ihrer Arbeitszeit je Arbeitstag und/oder Wochentag berührt werden. Namentlich unerheblich ist, in welcher Weise sich die einen einzelnen Beschäftigten betreffende Arbeitszeitregelung auf den Umfang der Arbeitszeit eines anderen Beschäftigten oder etwa die Frage auswirkt, wann dieser Urlaub nehmen kann. Die so umschriebenen Auswirkungen können, müssen aber nicht eintreten, wie der streitanlassgebende Ausgangsfall belegt. In ihm hat der Antragsteller nicht nachvollziehbar darzulegen vermocht, worin konkret die Auswirkungen der in Rede stehenden Maßnahmen hinsichtlich Beginn und Ende der Arbeitszeit, der Pausen und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage für die übrigen Beschäftigten als zwangsläufige gelegen haben könnten.

Vgl. dazu, dass es nur auf derartige Auswirkungen ankommt: OVG NRW, Beschluss vom 21.7.2004 - 1 A 3554/02.PVL -.

Dass ein anderer Beschäftigter die 4,25 Stunden wöchentliche Arbeitszeit etwa im Vertretungsfalle ausfüllen konnte, betrifft den Tatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht, sondern auch hinsichtlich dieses Beschäftigten lediglich die Frage des Umfangs von dessen Arbeitszeit insgesamt, zu dessen Festlegung die Mitbestimmung nicht eingeräumt ist.



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