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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 25.04.2002
Aktenzeichen: 1 A 5449/00.A
Rechtsgebiete: GG, GVG


Vorschriften:

GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2
GVG § 21 g
Zur Zulässigkeit einer Regelung in dem Geschäftsverteilungsplan eines Spruchkörpers, nach der die Verteilung der eingehenden Verfahren auf die einzelnen Richter in der Reihenfolge ihrer Registrierung erfolgt.
Gründe:

Die im Rahmen der Besetzungsrüge nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 1 VwGO erhobenen Einwände zum Verfahren der Verteilung der Angola betreffenden Asylverfahren bei deren Übergang von der 10a. Kammer auf die 4a. Kammer des VG zum 1.1.1999 lässt einen Anhalt für eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts nicht hervortreten.

Dies gilt schon deshalb, weil ein etwaiger Fehler bei der Verteilung der Verfahren auf die einzelnen Berichterstatter aus dem Jahre 1999 und/oder eine etwaige Ungenauigkeit des für diese Verteilung maßgeblichen Geschäftsverteilungsplans für das Geschäftsjahr 1999 für die im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Frage der vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts nicht (mehr) relevant ist. Denn der wegen des Zeitpunkts der Entscheidung allein maßgebliche Geschäftsverteilungsplan der 4. und 4a. Kammer für das Geschäftsjahr 2000 bestimmt ausdrücklich, dass die bis zum Ablauf des 31.12.1999 den jeweiligen Dezernaten zugeordneten Verfahren weiterhin in diese fallen. Damit sind mögliche Fehler bei der Verteilung der Verfahren in der Zeit vor dem Geschäftsjahr 2000 unerheblich geworden. Denn mit der Wendung "den Dezernaten ... zugeordneten Verfahren" sind diejenigen gemeint, die bis zum Ablauf des 31.12.1999 faktisch in das jeweilige Dezernat gelangt waren. Verfassungs- oder einfachrechtliche Bedenken gegen eine solche Regelung bestehen nicht. Mit ihr wird in sachangemessener Weise sichergestellt, dass die Arbeit im Spruchkörper geordnet, stetig und sinnvoll abläuft, dass also die Rechtsprechungstätigkeit des Spruchkörpers reibungslos und effektiv gestaltet wird. Eine derartige Regelung dient erkennbar dazu, die Kontinuität in der Bearbeitung der Streitsachen sicherzustellen, insbesondere einen Richterwechsel zu vermeiden.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 25.1.1999 - 4 A 3619/98.A -, NWVBl. 1999, 268.

Im Übrigen ist im Zusammenhang mit der Übernahme der Angola betreffenden Asylverfahren von der 10a. Kammer auf die 4a. Kammer des VG zum 1.1.1999 kein eine Besetzungsrüge begründender Mangel erkennbar. Die in dem Geschäftsverteilungsplan der Kammer für das Geschäftsjahr 1999 getroffenen Regelungen über die Verteilung, die sich an den Endnummern der Eingangsregister der Kammer orientiert, stellen eine den Anforderungen aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG hinreichend genügende abstrakt-generelle Vorausbestimmung der zur Entscheidung berufenen Richter dar. Im Interesse einer gleichmäßigen Auslastung der Kammermitglieder stellt diese Art der Aufgabenverteilung im so genannten "Rotationssystem", d.h. die Aufteilung neuer Verfahren in der Reihenfolge ihres Eingangs bzw. nach ihrer Registrierung - entgegen der Auffassung des Klägers - im Grundsatz ein zulässiges Kriterium für die Geschäftsverteilung dar.

Vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 12.11.1998 - 8 SN 49/98/8 M 30/98 -, NJW 1999, 594; BGH, Urteil vom 10.7.1963 - VIII ZR 204/61 -, BGHZ 40, 91 = NJW 1963, 2071; Kissel, GVG, 3. Aufl., 2001, § 21e Rn. 154.

Da diesem Verteilungssystem - worauf der Kläger zu Recht hinweist - jedoch insofern eine erhöhte Gefahr der Manipulation und bestimmenden Einflussnahme auf die Richterbestellung immanent ist, als der mit der Eingangsregistrierung befasste Geschäftsstellenverwalter durch die Festlegung der Eingangsreihenfolge der Verfahren letztlich über die Zuteilung des gesetzlichen Richters befindet, bedarf es namentlich für den Fall des gleichzeitigen Eingangs mehrerer Streitsachen zusätzlicher flankierender Vorkehrungen gegen sachfremde Einflüsse auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters von Seiten der Geschäftsstelle.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 8.2.1983 - 9 CB 698.82 u.a. -, BVerwGE 66, 359 = Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 42 = NJW 1983, 2154; OVG Berlin, Beschluss vom 12.11.1998 - 8 SN 49/98/8 M 30/98 -, a.a.O.; BGH, Urteil vom 10.7.1963 - VIII ZR 204/61 -, a.a.O.; Kissel, a.a.O., § 21 e Rn. 154.

Im Hinblick auf die durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gebotene normative Vorprägung sind auch insofern detaillierte, abstrakt-generelle Regelungen hinsichtlich des Vorgehens bei der Registrierung im Falle des Eingangs mehrerer Verfahren erforderlich. Diese Regelungen müssen indes nicht notwendig im Geschäftsverteilungsplan selbst enthalten sein. Es reicht vielmehr aus, wenn sonstige Verwaltungsanordnungen bzw. Dienstanweisungen sicherstellen, dass die neu eingehenden Sachen verwaltungsgemäß behandelt und "blindlings" - vgl. zu diesem Begriff BVerfG, Beschluss vom 8.4.1997 - 1 PBvU 1/95 - in dem Verfahren - 1 BvR 1644/94 -, BVerfGE 95, 322 = DVBl. 1997, 765 = NJW 1997, 1497 - an den abstrakt festgelegten Richter gelangen.

Vgl. BGH, Urteil vom 10.7.1963 - VIII ZR 204/61 -, a.a.O.

Solche Missbrauchsvorkehrungen sind aber vorliegend beanstandungsfrei getroffen worden. Nach dem Vermerk des Vorsitzenden der 4. und 4a. Kammer richtete sich die Reihenfolge der Endnummern in den Eingangsregistern der 4. und 4a. Kammer nach der Reihenfolge des Eingangs der Verfahren bei Gericht, was der Abfolge der Aktenzeichen entspricht. Zur Beachtung dieser Verfahrensregel bei der Führung des Eingangsregisters sind die Bediensteten der Geschäftsstelle der 4. und 4a. Kammer ausdrücklich angewiesen. Die Vergabe der Kammernummern in dem Eingangsregister der Geschäftsstelle erfolgt demnach in Abhängigkeit zu der allgemeinen Eingangsregistrierung im Register des Gerichts, namentlich in der durch die vorher von der Verwaltungsgeschäftsstelle als zentrale Eingangsstelle vergebenen Registernummern bzw. Aktenzeichen vorgegebenen nummerischen Reihenfolge. Durch dieses System der voneinander abhängenden Registriernummernvergabe, das auch für den vorliegenden Fall der Übernahme von Verfahren von einer anderen Kammer gilt, wird ein willkürliches Vorgehen des Geschäftsstellenverwalters bei der Vergabe der Kammerendnummern ausgeschlossen. Die übernommenen Verfahren werden ebenso wie die neu eingehenden Verfahren nach einem festen Rangfolgesystem - gleichsam mechanisch - dem nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen gesetzlichen Richter zugewiesen. Dabei macht allein die abstrakt bestehende Möglichkeit des Missbrauchs eine Geschäftsverteilungsregelung weder gesetzwidrig noch verfassungswidrig.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 8.2.1983 - 9 CB 698.82 u.a. -, a.a.O.; OVG Berlin, Beschluss vom 12.11.1998 - 8 SN 49/98/8 M 30/98 -, a.a.O.; BGH, Urteil vom 10.7.19963 - VIII ZR 204/61 -, a.a.O.

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