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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 31.10.2005
Aktenzeichen: 1 B 1450/05
Rechtsgebiete: GG, BBG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
BBG § 8 Abs. 1 Satz 2
BBG § 23 Abs. 1
1. Ist einem Angestellten eine Stelle endgültig übertragen worden, um die er mit einem Beamten konkurriert hat, so fehlt es für das auf die Freihaltung dieser Stelle gerichtete Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich am Rechtsschutzbedürfnis (im Anschluss an BAG, Urteil vom 28.5.2002 - 9 AZR 751/00 -).

2. Ein Anspruch darauf, dass eine bereits besetzte Stelle wieder freigemacht wird, steht dem unterlegenen Konkurrenten ausnahmsweise dann zu, wenn ihm nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde, effektiven Rechtsschutz zu erlangen, oder wenn der Arbeitgeber und der Konkurrent, dem die Stelle übertragen wurde, kollusiv zusammengewirkt haben.

3. Um dem unterlegenen Bewerber zu ermöglichen, ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes einzuleiten, muss der Dienstherr mit der Besetzung der streitgegenständliche(n) Stelle(n) zwei Wochen warten. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn der unterlegene Bewerber über das Ergebnis der Auswahlentscheidung informiert wurde. Liegen besondere Umstände vor, kann eine kürzere Frist (hier: 13 Tage) ausreichen.


Tatbestand:

Ende Oktober 2004 schrieb die Antragsgegnerin zwei Stellen (Bes.-Gruppe A 11/ Verg.-Gruppe IVa Fg. 1 b BAT) aus. Auf diese Stellen bewarben sich u.a. der Antragsteller (Bes.-Gruppe A 10) und die Beigeladenen (Verg.-Gruppe IVb). Die Auswahl fiel auf die Beigeladenen. Am 11.3.2005 teilte der Dienststellenleiter dem Antragsteller das Ergebnis der Auswahlentscheidung mündlich mit. Letzterer legte am 18.3.2005 Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung ein. Im Widerspruchsschreiben heißt es u.a.: "Sollte uns bis zum 22.3.2005 nicht Ihre definitive Zusage vorliegen, dass Sie die von Ihnen getroffene Personalentscheidung zur Zeit nicht umsetzen, werden wir nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Aachen beantragen." Am 24.3.2005 wurde den Beigeladenen "mit sofortiger Wirkung" jeweils eine der streitgegenständlichen Stellen übertragen. Das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes leitete der Antragsteller am 31.3.2005 ein. Seinen Antrag, der Antragsgegnerin die anderweitige Übertragung der beiden Stellen zu untersagen, bevor über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden sei, lehnte das VG ab.

Die Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss des VG zu ändern und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Übertragung der zwei Stellen der Vergütungsgruppe BAT IVa auf die Beigeladenen rückgängig zu machen und ihr zu untersagen, diese beiden Stellen mit den Beigeladenen oder anderen Bewerbern zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden sei, war ohne Erfolg.

Gründe:

Der Antrag ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Das Verfahren hat sich aufgrund der Übertragung der streitgegenständlichen Stellen auf die Beigeladenen erledigt. Für den Fall, dass zwei oder mehrere Beamte um eine Beförderung konkurrieren, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass sich das auf die Verhinderung der Beförderung des ausgewählten Konkurrenten gerichtete Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erledigt, wenn dieser vom Dienstherr tatsächlich befördert worden ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370; OVG NRW, Beschluss vom 18.10.2005 - 1 B 1402/05 -; Nds. OVG, Beschluss vom 2.12.2003 - 2 ME 368/03 -, juris.

Dem entspricht in den Grundzügen die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, wonach für den Fall, das zwei oder mehrere Angestellte um eine Stelle konkurrieren, ein Anspruch des unterlegenen Konkurrenten auf Wiederholung der Auswahlentscheidung entfällt, wenn die streitgegenständliche(n) Stelle(n) endgültig besetzt ist bzw. sind. "Besetzt" ist eine Stelle, wenn dem ausgewählten Bewerber eine gesicherte Rechtsposition eingeräumt ist, d.h. wenn ihm die Stelle rechtswirksam auf Dauer übertragen wird. Ist dies der Fall, steht dem unterlegenen Konkurrenten kein Anspruch darauf zu, dass der Arbeitgeber die besetzte(n) Stelle(n) wieder freimacht. Die Stelle steht nach der erstrebten Wiederholung des Auswahlverfahrens nicht zur Disposition, weil der Arbeitgeber/Dienstherr an ihre endgültige Vergabe vertraglich gebunden ist.

Vgl. BAG, Urteile vom 28.5.2002 - 9 AZR 751/00 -, BAGE 101, 153, vom 22.6.1999 - 9 AZR 541/98 -, BAGE 92, 112, sowie vom 2.12.1997 - 9 AZR 668/96 -, BAGE 87, 171; Nds. LAG, Urteil vom 8.11.2004 - 5 Sa 576/04 -, juris.

Ein Anspruch darauf, dass eine bereits besetzte Stelle wieder freigemacht wird, steht dem unterlegenen Konkurrenten ausnahmsweise dann zu, wenn ihm nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde, effektiven Rechtsschutz zu erlangen, oder wenn der Arbeitgeber und der Konkurrent, dem die Stelle übertragen wurde, kollusiv zusammengewirkt haben.

Vgl. BAG, Urteil vom 28.5.2002 - 9 AZR 751/00 -, a.a.O.; Nds. LAG, Urteil vom 8.11.2004 - 5 Sa 576/04 -, a.a.O.

Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an und überträgt sie auf Fälle der Konkurrenz zwischen Beamten und Angestellten, bei denen die streitgegenständliche Stelle einem Angestellten übertragen wird. Allerdings ordnet der Senat den angesprochenen Problemkreis nicht dem materiellen Recht zu, vgl. BAG, Urteil vom 28.5.2002 - 9 AZR 751/00 -, a.a.O., sondern prüft diesen entsprechend der verwaltungsrechtlichen Systematik im Rahmen der Zulässigkeit beim Rechtsschutzbedürfnis.

Die Anwendung der vorstehend dargestellten Grundsätze führt zu dem Ergebnis, dass das Rechtschutzbedürfnis für den Hilfsantrag schon bei Einleitung des vorliegenden Verfahrens nicht (mehr) bestand, weil die streitsgegenständlichen Stellen den Beigeladenen bereits vorher rechtswirksam und auf Dauer übertragen worden waren. Entgegen der Ansicht des VG bedurfte es hierzu nicht noch des Abschlusses eines (schriftlichen) Arbeitsvertrages. Aufgrund der Tarifautomatik des § 22 Abs. 2 BAT richtet sich die Vergütungsgruppe der Angestellten im öffentlichen Dienst und damit ihr Einkommen nach der von ihnen tatsächlich ausgeübten Tätigkeit - und zwar auch dann, wenn in ihrem Arbeitsvertrag eine abweichende Vergütungsgruppe bestimmt ist.

Vgl. BAG, Urteil vom 8.8.1996 - 6 AZR 1013/94 -, ZTR 1997, 26; Clemens u.a., BAT, Stand: Juli 2005, Vorbemerkung 2 vor § 22.

Damit haben die Beigeladenen durch die formlose, nicht nur vorübergehende (vgl. § 22 Abs. 2 BAT) Übertragung ihrer jeweiligen Stelle eine rechtlich gesicherte Position, nämlich ihre Höhergruppierung erreicht, so dass die streitgegenständlichen Stellen i.S.d. vorstehend referierten Rechtsprechung des BAG endgültig besetzt sind.

Ein Anspruch darauf, dass die besetzten Stellen wieder freigemacht werden, steht dem Antragsteller nicht zu. Anhaltspunkte dafür, dass Antragsgegnerin und Beigeladene kollusiv zusammengewirkt haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Antragsteller hatte auch ausreichend Zeit, um vor der Übertragung der Stellen ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes einzuleiten. Hierfür hält der Senat unter Abwägung der Interessen der beteiligten Dienstherren bzw. Arbeitgeber an einer raschen Besetzung vakanter Stellen sowie den Interessen der betroffenen Bewerber, effektiven Rechtsschutz zu erlangen, grundsätzlich eine Frist von zwei Wochen für ausreichend.

Vgl. Schnellenbach, ZBR 1997, 169, 174 f.

Entsprechend seiner Angaben in der eidesstattlichen Versicherung vom 31.3.2005, die von der Antragsgegnerin bestätigt wurden, wurde der Antragsteller am 11.3.2005 über das Ergebnis der Auswahlentscheidung informiert. Die Übertragung der streitgegenständlichen Stellen erfolgte 13 Tage später, am 24.3.2005. Damit hat die Antragsgegnerin die Zweiwochenfrist geringfügig unterschritten. Hierdurch ist der Antragsteller jedoch nicht in seinen Rechten beschnitten worden. Denn er hat - ohne von der zwischenzeitlich erfolgten Stellenbesetzung Kenntnis zu haben - erst am 31.3.2005 und damit einige Tage nach Ablauf der Zweiwochenfrist das vorliegende Verfahren eingeleitet. Folglich wäre sein Antrag auch dann zu spät gekommen, wenn die Antragsgegnerin die volle Zweiwochenfrist abgewartet hätte. Daher ist die geringfügige Unterschreitung dieser Frist durch die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren unerheblich.

Aufgrund der im Widerspruchsschreiben vom 17.3.2005 enthaltenen Ankündigung, ein Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einzuleiten, wenn nicht bis zum 22.3.2005 eine Erklärung der Antragsgegnerin erfolge, auf die Übertragung der Stellen vorerst zu verzichten, war die Antragsgegnerin nicht gehalten, die Stellen nicht zu übertragen. Vielmehr durfte sie aufgrund der Diktion dieses Schreibens davon ausgehen, der Antragsteller werde unmittelbar nach Fristablauf ein solches Verfahren einleiten, zumal sie seinen Prozessbevollmächtigten am 22.3.2005 per Telefax mitgeteilt hatte, das Besetzungsverfahren fortzuführen.

Ende der Entscheidung

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