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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 12.09.2006
Aktenzeichen: 10 A 1541/05
Rechtsgebiete: DSchG NRW


Vorschriften:

DSchG NRW § 2
DSchG NRW § 3
1. Die Unterschutzstellung eines Gebäudes als Baudenkmal umfasst das Gebäude regelmäßig in seiner Gesamtheit. Sie ist nur ausnahmsweise auf Teile der baulichen Anlage (§ 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW) zu beschränken.

2. Hat das Innere eines Wohngebäudes durch starke bauliche Veränderungen seine historische Aussagekraft verloren, so muss es von der Unterschutzstellung ausgenommen werden, um der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Eigentümerinteressen Rechnung zu tragen.

3. Die Unterschutzstellung eines Hausgartens als Bestandteil eines Baudenkmals setzt das Bestehen einer denkmalwerten funktionellen Einheit zwischen Wohnhaus und Garten voraus.


Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin eines 1.608 qm großen Grundstücks in K. Bei diesem Anwesen der Klägerin handelt es sich um ein im Jahre 1960 von dem Architekten B. erbautes Wohnhaus mit Garten. An der äußeren Gestalt des Gebäudes wurden Veränderungen vorgenommen. Im Inneren des Gebäudes wurden sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss Trennwände entfernt. Der Beklagte stellte das gesamte Wohnhaus einschließlich Garten unter Denkmalschutz. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren blieb auch die Klage gegen die Unterschutzstellung ohne Erfolg. Die Berufung der Klägerin führte zur Aufhebung der Eintragung ihres Anwesens in die Denkmalliste, soweit die Unterschutzstellung sich auf das Innere des Gebäudes und auf den Garten des Objekts erstreckt.

Gründe:

Das VG hat die zulässige Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen, soweit die grundsätzliche Einstufung des Objekts B.-Straße in K. als Denkmal betroffen ist (1.); die Berufung ist begründet, soweit die Unterschutzstellung sich auf das Innere des Gebäudes und auf den Garten des Objekts erstreckt (2. und 3.). In diesem Umfang ist das Urteil des VG abzuändern.

1. Der Beklagte hat das Wohnhaus der Klägerin in der B.-Straße in K. zu Recht als Denkmal eingestuft; die Eintragung des Objekts in die Denkmalliste findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 DSchG NRW.

Verfahrensrechtliche Bedenken hinsichtlich der Eintragung des Denkmals bestehen nicht, insbesondere ist diese unter Einbeziehung des der Eintragung beigefügten Katasterplans inhaltlich hinreichend bestimmt, § 37 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Aus dem vorgenannten Plan ergibt sich, dass das sich an die Garage anschließende Transformatorenhäuschen nicht am Denkmalschutz teilnimmt.

Auch die materiellrechtlichen Voraussetzungen der Unterschutzstellung liegen in dem hier noch zu präzisierenden (vgl. unten 2. und 3.) Umfang vor. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW sind Denkmäler in die Denkmalliste einzutragen. Denkmäler sind Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW). Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW).

Den einzelnen Merkmalen, aus denen sich die Bedeutung des Objekts ergeben soll, ist die Kategorie des Geschichtlichen gemeinsam. Die Bedeutung des Objekts folgt aus seinem Wert für die Dokumentation früherer Bauweisen und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die in dem Gebäude und seiner Bauweise zum Ausdruck kommen. Das Objekt muss in besonderem Maße geeignet sein, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen und zu erforschen.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2.4.1998 - 10 A 6950/95 -, UA S. 10, vom 17.12.1999 - 10 A 606/99 -, UA S. 11, und vom 28.4.2004 - 8 A 687/01 -, UA S. 12.

Nicht nur museumswürdige Objekte oder klassische Denkmäler sollen Schutz genießen, sondern auch solche Objekte, die unterhalb dieser Schwelle in besonderer Weise einen geschichtlichen Bezug aufweisen. Nicht zu verlangen ist, dass sich die Sache in Bezug auf die für eine Denkmaleigenschaft maßgebenden Kriterien als einzigartig oder hervorragend erweist und sich daher die Bedeutung auch jedem durchschnittlichen Betrachter unmittelbar aufdrängt. Das Tatbestandsmerkmal "bedeutend" hat in diesem Sinne vor allem die Funktion, aus dem Bereich des Denkmalschutzes solche Gegenstände auszuschließen, die zwar einen historischen oder städtebaulichen Bezug haben, jedoch deshalb nicht von Bedeutung sind, weil es sich um Massenprodukte handelt oder weil die Sache wegen zu weit greifender Veränderungen keinen geschichtlichen Aussagewert mehr hat.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17.12.1999 - 10 A 606/99 -, UA S. 12, und vom 28.4.2004 - 8 A 687/01 -, UA S. 13, m.w.N.

Hieran gemessen sind die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt.

Die Denkmaleigenschaft des Gebäudes kann durch den Senat auf Grund der ausführlichen Stellungnahmen des Beklagten, der Unteren Denkmalbehörde (Stadtkonservator) der Stadt K., bewertet werden. Bereits im Rahmen der Anhörung der Klägerin hat die Untere Denkmalbehörde der Stadt K. nachvollziehbar und in sich schlüssig die für die Beurteilung der Denkmaleigenschaft des Gebäudes erheblichen Tatsachen und (architektur-) geschichtlichen Zusammenhänge umfassend dargelegt. Diese Stellungnahme lag auch der Eintragung des Objekts in die Denkmalliste zugrunde. Darüber hinaus hat der Beklagte seine Stellungnahme im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren vertieft. Zweifel an der Sachkunde der Unteren Denkmalbehörde und an der fachlichen Qualität der von ihr erstellten Stellungnahmen bestehen nicht.

Der in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin gestellte Beweisantrag, zur (Nicht-) Denkmaleigenschaft des Objekts einschließlich Garten ein Sachverständigengutachten einzuholen, war danach abzulehnen, da der Senat die Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Objekts aus eigener Sachkunde beurteilen kann (vgl. § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO, der im Verwaltungsprozess entsprechend anzuwenden ist). Die Klägerin hat nicht dargetan, aus welchen Gründen dem Senat diese Sachkunde im vorliegenden Fall fehlen könnte.

Vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 11.2.1999 - 9 B 381/98 - und vom 27.3.2000 - 9 B 518/99 -, Juris. Wegen der in den Akten befindlichen sachkundigen Stellungnahmen des Beklagten bedarf es einer Verwertung des Gutachtens des Beigeladenen vom 25.2.2003 und seiner weiteren Stellungnahmen nicht, so dass auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob bei der Erstellung des Gutachtens ein Verstoß gegen § 97 VwGO vorgelegen hat, vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 12.4.2006 - 8 B 91/05 -, BauR 2006, S. 1451, nicht weiter zu prüfen ist. Der Senat weist aber darauf hin, dass § 97 VwGO hier nicht zur Anwendung kommt, weil das Gutachten des Beigeladenen nicht im Rahmen einer von § 97 VwGO vorausgesetzten gerichtlichen Beweiserhebung vorgelegt worden ist. Ein Beweisbeschluss ist nicht ergangen, eine Klarstellung des VG, dass die Anforderung des vorgenannten Gutachtens als Beweisaufnahme erfolgt, liegt ebenfalls nicht vor. Das Wohngebäude ist bedeutend für die Geschichte des Menschen, für die Erhaltung und Nutzung des Objekts liegen insofern wissenschaftliche Gründe vor (a), weiter ist das Gebäude bedeutend für Städte und Siedlungen, damit verbunden liegen für seine Erhaltung und Nutzung städtebauliche Gründe vor (b).

a) Bedeutung für die Geschichte des Menschen hat ein Objekt dann, wenn es einen Aussagewert für das Leben bestimmter Zeitepochen sowie für die politischen, kulturellen und sozialen Verhältnisse und Geschehensabläufe hat. Diese Bedeutung kann aus allen Zweigen der Geschichte hergeleitet werden. Bedeutend für die Geschichte des Menschen als Zeitdokument der Architekturgeschichte ist eine Sache dann, wenn ihr eine besondere - d.h. eine über "Massenprodukte" hinausgehende - Eignung zum Aufzeigen und zum Erforschen der Entwicklung der Baukunst zukommt.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 30.7.1993 - 7 A 1038/92 -, BRS 55 Nr. 135, vom 29.2.1996 - 10 A 366/92 -, BRS 58 Nr. 226, und vom 2.4.1998 - 10 A 6950/95 -, UA S. 11.

Das Gebäude der Klägerin erfüllt dieses Merkmal: Nach den Feststellungen des Beklagten gehört das Wohnhaus B.-Straße zu den qualitativ bedeutenden Bauten in K. der späten fünfziger und frühen sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Diesem Gebäude kommt u.a. deshalb eine besondere Eignung zum Aufzeigen und zur Erforschung der Entwicklung der Baukunst zu, weil es von dem Architekten B. aus K. geplant worden ist. Wegen seiner architektonischen Besonderheiten, die auch aus den durch die Berichterstatterin im Ortstermin gefertigten Fotografien ersichtlich sind, ist es deshalb nicht lediglich als einer unter vielen Wohnhausbauten der fünfziger bzw. sechziger Jahre zu qualifizieren. So verweist die raumgreifende Architektur mit der L-förmigen Flügelanlage auf die fünfziger Jahre. Ebenso handelt es sich bei den straßen- und gartenseitigen Säulenstellungen und die damit beabsichtigte Verschmelzung von Außen- und Innenraum, der auch die verglaste Front im Gartenbereich dient, um ein für die Architektur der fünfziger Jahre typisches gestalterisches Element. Gleichzeitig stehen die Säulenstellung und die raumbildende Wirkung der Portika gestalterisch bewusst im Kontrast zu der ansonsten flächigen und zurückgenommenen Gestaltung der übrigen Fassadenteile. Die Fensteröffnungen werden zu unterschiedlichen Gruppen zusammengefasst und sind als Dreiergruppen symmetrisch oder asymmetrisch angeordnet. Diese Asymmetrie wird weiter durch die Verschiebung des oberen kubischen Baukörpers nach Süden unterstrichen. Schließlich erwecken die sichtbar belassenen Betondecken der beiden Flachdachbauten den Eindruck von zwei übereinander gestapelten Flachbauten. Dies ist als Antwort auf die Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre weit verbreiteten Flachdachbungalows zu verstehen und von maßgeblicher Bedeutung für die Unterschutzstellung. Auch das Zeltdach als bewusstes gestalterisches Element unterstreicht die Abhebung von den gängigen Flachdachbungalows.

Aus der vorbeschriebenen architekturgeschichtlichen Bedeutung folgt zugleich, dass für die Erhaltung und Nutzung des Objekts wissenschaftliche Gründe vorliegen. Das streitbefangene Gebäude ist ein geeignetes und erhaltenswertes Objekt zur Erforschung und Dokumentation der Geschichte der Architektur der fünfziger und sechziger Jahre, weil es typische Gestaltungsmerkmale seiner Entstehungszeit zeigt. Überdies ist es bedeutend für die Erforschung und Dokumentation des Werkes des B., weil es als Wohnhaus einen weniger im Vordergrund stehenden Aspekt seiner Arbeit beleuchtet.

Es kann dahin stehen, ob darüber hinaus, auch künstlerische Gründe für die Erhaltung und Nutzung des Gebäudes B.-Straße sprechen. Derartige Gründe liegen vor, wenn gestalterische Lösungen neu geschaffen wurden, wenn das Objekt für eine bestimmte Künstlerpersönlichkeit charakteristisch oder für einen Bau- oder Dekorationsstil bezeichnend ist oder wenn es innerhalb einer Stilrichtung für Erfindungsreichtum spricht.

vgl. OVG NRW, Urteile vom 30.7.1993 - 7 A 1038/92 -, BRS 55 Nr. 135, und vom 23.8.1995 - 7 A 3702/93 -, UA S. 16. Der Frage, ob es sich bei dem streitbefangenen Gebäude um ein Objekt mit Symbolgehalt bzw. exemplarischem Charakter handelt, ist nicht näher nachzugehen. Aus einer Bejahung dieses Merkmals, das sich nur auf das äußere Erscheinungsbild des Objekts bezieht, ließen sich keine zusätzlichen denkmalrechtlichen Pflichten und Bindungen z.B. in Bezug auf die Erhaltung der Gestaltungsmerkmale des Gebäudes herleiten, die nicht schon aus der unter wissenschaftlichen, d.h. architekturgeschichtlichen Aspekten gegebenen denkmalrechtlichen Relevanz folgen.

b) Daneben erfüllt das Wohnhaus der Klägerin das Tatbestandsmerkmal "bedeutend für Städte und Siedlungen". In diesem Sinn kommt einer Sache besondere Bedeutung zu, wenn sie durch ihre Anordnung oder Lage in der Örtlichkeit, durch ihre Gestaltung für sich allein oder in Verbindung mit anderen Anlagen den historischen Entwicklungsprozess einer Stadt in nicht unerheblicher Weise dokumentiert.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 14.8.1991 - 7 A 1048/89 -, UA S. 11, und vom 29.2.1996 - 10 A 366/92 -, BRS 58 Nr. 226.

Das Gebäude B.-Straße ist als signifikantes Element der Erstbebauung des Malerviertels in K. geeignet, den Entwicklungsprozess dieses Bereichs in K. als Villenvorort am Rande K. zu dokumentieren. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Beklagten erfolgte seit der Eingemeindung von M. nach K. im Jahre 1888 die Erweiterung des Ortskerns von M. zunächst durch genossenschaftliche Arbeiterwohnungsbauten. Nördlich der A.-Straße und westlich des Äußeren Grüngürtels nahm im Laufe der Jahre die Tendenz zum Ausbau als Villen- und Künstlervorort zu. Nördlich des B.-Weges wurde erst in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg das als Malerviertel bezeichnete Wohnviertel erschlossen. Das streitbefangene Gebäude gehört zur Erstbebauung. Es liegt an der großräumigen Kreuzung der Straßen B. - und F.Straße und befindet sich nach dem Eindruck, den die Berichterstatterin im Ortstermin gewonnen und dem Senat vermittelt hat und der auch in dem der Unterschutzstellung beigefügten Katasterplan zum Ausdruck kommt, in exponierter Lage und wirkt als Blickfang.

Für die Nutzung und Erhaltung des auch in diesem Sinne bedeutenden Objekts liegen städtebauliche Gründe vor. Solche Gründe sind gegeben, wenn das Objekt in seinem konkreten Bestand aus der ihm innewohnenden funktionalen Einbindung in die gegebene städtebauliche bzw. siedlungsbezogene Situation nicht herausgelöst werden kann, ohne zugleich die erhaltenswerte Situation in ihrer denkmalrechtlich relevanten Aussagekraft wesentlich zu beeinträchtigen oder sogar zu zerstören.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.2.1996 - 10 A 366/92 -, BRS 58 Nr. 226.

Eine derartige Beeinträchtigung würde eintreten, wenn das Gebäude in seiner das Malerviertel prägenden Wirkung verändert würde.

2. Die denkmalrechtliche Unterschutzstellung des Wohnhauses muss im vorliegenden Fall jedoch im Hinblick auf die seit seiner Errichtung vorgenommenen Veränderungen eingeschränkt werden; dies betrifft nicht das Äußere des Gebäudes (a), wohl aber sein Inneres (b).

Die für die Denkmaleigenschaft erforderliche besondere Bedeutung im Sinne von § 2 Abs. 1 DSchG NRW entfiele infolge von Veränderungen nur dann, wenn die Sache insgesamt auf Dauer ihre ursprüngliche Identität verloren hätte bzw. verlieren würde und nur noch als Kopie des Originals zu erhalten wäre. Dies ist nicht der Fall, wenn das Denkmal nach der Durchführung erhaltensnotwendiger Renovierungsarbeiten mit seinem historischen Dokumentationswert und mit den die Denkmaleigenschaft begründenden Merkmalen im Wesentlichen noch vorhanden ist und die ihm zugedachte Funktion, Aussagen über bestimmte Vorgänge oder Zustände geschichtlicher Art zu dokumentieren, noch erfüllen kann. Ein Auswechseln und Ergänzen von einzelnen Materialteilen, das den Gesamteindruck der Sache unberührt lässt, ist hingegen für die Bewertung der Denkmaleigenschaft unerheblich. Die besondere Bedeutung ist gleichfalls nicht gegeben, wenn die Sache ohne Absicht einer Rekonstruktion, also Wiederherstellung des alten Zustands, in einer Weise verändert oder teilweise verändert wieder hergestellt wurde, dass als Folge ein Objekt entstanden ist, welches Gestalt und Charakter ganz wesentlich auch durch die neu errichteten Bestandteile erhalten hat.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 25.7.1996 - 7 A 1777/92- , UA S. 14, und vom 21.7.1999 - 7 A 3387/98 - UA S. 17.

a) Nach diesen Maßstäben lassen die von der Klägerin geltend gemachten und auch in der Anlage zur Denkmalliste überwiegend angeführten Veränderungen an der äußeren Gestalt des Gebäudes den für die Unterschutzstellung maßgeblichen Dokumentationswert nicht entfallen bzw. mindern diesen nicht in erheblichem Maße.

Zwar betreffen die vorgenommenen Veränderungen - Schieferverkleidung, Rollladenkästen, Wegfall von Holzverkleidungen unterhalb der Fenster, Einbau eines zusätzlichen raumhohen Verglasungselements - zum Teil Elemente, die auch auf die Entstehungszeit des Gebäudes und die damalige Architektur hinweisen. Nach wie vor vermittelt das Äußere des Wohnhauses jedoch ein klares Bild eines Wohnhauses der späten fünfziger und frühen sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit den von dem Architekten eingebrachten Besonderheiten. Es überwiegen die architektonischen Elemente der Entstehungszeit, die unverändert erhalten sind. Aus der vorhandenen Originalsubstanz im Übrigen kann die denkmalrechtliche Bedeutung für die Architekturgeschichte weiterhin abgelesen werden. So wird diese noch hinreichend durch die bereits oben angeführten Elemente dokumentiert: Sichtbar belassene Betondecke, Eindruck zweier aufeinander gesetzter eingeschossiger Flachdachbauten, Asymmetrie und Säulenstellung. Der Gesamteindruck wird durch die genannten Veränderungen nur unwesentlich beeinträchtigt.

Die Veränderung an der gartenseitigen Fensterfront hat zudem deshalb keine Auswirkungen auf den Denkmalwert, weil mit dieser Maßnahme kein neues, dem Gebäude fremdes Element in diese Fensterfront eingebracht wurde, auch vorher gab es bereits eine raumhohe Verglasung. Schließlich lässt auch der Austausch der Fenster, ohne die Fensteröffnungen selbst wesentlich zu verändern, im Laufe der jahrzehntelangen Geschichte eines Denkmals den Denkmalwert einer Sache nicht untergehen.

b) Eine Einschränkung der denkmalrechtlichen Unterschutzstellung ist jedoch geboten, soweit das Gebäudeinnere betroffen ist.

Die Rechtsprechung, nach der grundsätzlich die Unterschutzstellung lediglich der Fassade eines Gebäudes nicht in Betracht kommt, vgl. OVG NRW, Urteile vom 2.11.1988 - 7 A 2826/86 -, BRS 48 Nr. 117, vom 11.12.1989 - 11 A 2476/88 -, BRS 50 Nr. 136, vom 29.2.1996 - 10 A 366/92 -, UA S. 12, insoweit in BRS 58 Nr. 226 nicht abgedruckt, und vom 13.2.1998 - 7 A 958/96 -, UA S. 12, steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

Zwar wird im Regelfall ein hinsichtlich seines Äußeren denkmalwertes Gebäude insgesamt ein Baudenkmal darstellen, da das Äußere und das Innere eines Gebäudes grundsätzlich eine Einheit bilden und daher eine einheitliche Unterschutzstellung auch dann nahe legen, wenn das Innere des Gebäudes in seiner Bedeutung gegenüber dem Äußeren in gewissem Umfang - einer Vertiefung dieses Aspekts bedarf es hier nicht - zurücktritt. Der besonderen, durch die Unterschutzstellung auch des Gebäudeinneren bewirkten Belastung des Eigentümers kann durch den aus § 9 DSchG NRW folgenden Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Vornahme von Veränderungen ohne weiteres begegnet werden.

Anders kann dies insbesondere sein, wenn das Innere eines Gebäudes seit der Entstehungszeit so stark verändert worden ist, dass es seine historische Aussagekraft verloren hat und nicht etwa wiederum Zeugnis für eine für sich genommene dokumentierenswerte Nutzungs- und Umbaugeschichte des Objekts ablegt, und wenn das Äußere des Gebäudes einer eigenständigen denkmalrechtlichen Bewertung zugänglich ist. In einem solchen Fall entspräche eine uneingeschränkte Unterschutzstellung der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Eigentümerinteressen nicht.

Vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -, BRS 62 Nr. 214. Denn der Eigentümer wäre gezwungen, für jede von ihm geplante Veränderung im Gebäudeinneren ein präventives Prüfverfahren zu durchlaufen, obwohl wegen des im Gebäudeinneren nicht mehr vorhandenen historischen Aussagewerts von vornherein feststünde, dass ihm die beantragte Erlaubnis zu erteilen wäre.

Ein solcher Ausnahmefall, in dem die Unterschutzstellung auf das Äußere des Gebäudes beschränkt werden muss, ist aus den genannten Gründen hier gegeben. Das Gebäudeinnere hat durch mehrfache Umbauten seinen historischen Aussagewert - der vor allem auf die ursprüngliche und durch Kleinteiligkeit geprägte, für die fünfziger Jahre typische Raumaufteilung zurückzuführen war - verloren. Die von dem Beklagten hervorgehobene Ausgestaltung der Diele und der Treppe mit Natursteinboden sind zwar im Originalzustand verblieben, reichen jedoch für sich genommen nicht aus, die Erstreckung der Unterschutzstellung auf das Gebäudeinnere zu rechtfertigen. Die Entfernung von Trennwänden sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss hat dazu geführt, das Raumprogramm des Objekts völlig zu verändern und - insbesondere im Erdgeschoss - einen Raumeindruck hervorzurufen, der für die Entstehungszeit nicht mehr typisch oder sonst bemerkenswert ist.

Zur Klarstellung bemerkt der Senat, dass auch die Summation von Veränderungen im Inneren des Gebäudes und an seiner äußeren Gestalt die Unterschutzstellung in dem hier tenorierten Umfang nicht in Frage stellt, da die Veränderungen an der äußeren Form - wie dargestellt - unwesentlich sind. Schließlich ist zu beachten, dass die Unterschutzstellung nicht auf die bloße Fassade des Wohnhauses begrenzt ist, sondern sich auf die gesamte Kubatur des Gebäudes einschließlich der Gestaltung des Gebäudeäußeren erstreckt.

3. Auch die Unterschutzstellung des Gartens des Objekts B.-Straße ist nicht durch das Denkmalschutzgesetz gedeckt.

Für sich betrachtet weist der Garten keine Besonderheiten auf. Für ihn liegt keine - schriftlich fixierte - oder sonst erkennbare gestalterische Konzeption des Architekten vor. Weder bei isolierter Betrachtung noch im Zusammenwirken mit dem Wohnhaus erfüllt er die Eintragungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 DSchG NRW.

Garten und Haus der Klägerin bilden keine funktionelle Einheit, die es rechtfertigt, den Garten in die Unterschutzstellung mit einzubeziehen. Zwar handelt es sich auch dann um ein Baudenkmal im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW, wenn nicht alle Bestandteile - isoliert betrachtet - bauliche Anlagen sind. Schutzobjekt kann auch ein Baudenkmal aus Teilen von baulichen Anlagen und anderen Anlagen als eine Ganzheit sein, deren Bestandteil eine bauliche Anlage ist und zu der andere von Menschen gestaltete Landschaftsteile gehören, vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 DSchG NRW.

Die danach erforderliche Ganzheit oder auch funktionelle Einheit zwischen (Teilen von) baulichen Anlagen und anderen Anlagen, die zusammen eine denkmalrechtliche Bedeutung im Sinne des § 2 Abs. 1 DSchG NRW aufweisen, ist hier jedoch nicht gegeben. Das Wohngebäude gewinnt seinen typischen Charakter vielmehr in erster Linie aus sich selbst heraus, ohne dass die Verbindung mit dem umgebenden Garten für seine Denkmaleigenschaft konstitutiv wäre.

Eine Erstreckung der Unterschutzstellung auf den Garten kommt auch wegen der eigentumsrechtlichen Bedeutung einer Unterschutzstellung - der im Hinblick auf unbebaute Flächen besonders hohes Gewicht zukommt und zu einer strengen Prüfung einer Unterschutzstellung zwingt - nicht in Betracht. Zwar bilden nach den im Ortstermin von der Berichterstatterin vorgefundenen tatsächlichen Verhältnissen das Wohngebäude der Klägerin und der Garten aufgrund der Heckenbepflanzung und des ebenen Übergangs von der Terrasse auf die Rasenfläche eine Einheit. Dies allein rechtfertigt es jedoch nicht, dem Garten als Bestandteil des Baudenkmals Wohnhaus im Sinne einer funktionellen Einheit eine denkmalrechtliche Bedeutung zuzumessen. Die so beschriebene Einheit von Haus und Garten zeigt keine besondere Eignung zum Aufzeigen und Erforschen der Entwicklung der Architektur oder anderen Zweigen der Geschichte auf. Zwar hat der Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung nochmals ausgeführt, dass sich diese Anlegung von Haus und Garten von Vorkriegsbauten unterscheide. Zugleich hat er aber auch darauf hingewiesen, dass diese Anlegung der Gärten typisch für den Bau von Wohnhäusern sei, sie entspreche dem Zeitgeist der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Auch der weitere Hinweis, dass der Garten als "Pendant" zum Haus zu verstehen sei, kann danach eine funktionelle Einheit nicht begründen. Das Fehlen dieses besonderen Dokumentationswerts wird auch an dem von dem Beklagten zu den Akten gereichten Kopien aus Gartenbüchern der späten fünfziger und frühen sechziger Jahre deutlich: Diese Art der Gestaltung des Gartens mit einer ebenerdigen Terrasse, die die Einheit von Haus und Garten unterstreicht, und einer abschließenden Hecke ist als Massenphänomen der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu beschreiben.

Weiter kann allein die Tatsache, dass bei einem wohlhabenden Einfamilienhaus im Grünen in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts ein entsprechend großer Gartenraum dazugehört hat, eine über die grundsätzlich gegebene und nicht denkmalwerte Einheit von Haus und Garten hinausgehende wechselseitige Abhängigkeit nicht begründen.

Auch der Einwand, dass ein halbierter Garten die großzügige Parzellierung des Malerviertels als Villenvorort unterbrechen würde, rechtfertigt die einheitliche Unterschutzstellung von Wohngebäude und Garten nicht, da die großzügige Parzellierung des Malerviertels als Villenvorort nicht Gegenstand dieser Unterschutzstellung ist. Hinsichtlich des Erhalts der großzügigen Parzellierung des Gebiets stehen vielmehr die Instrumente der Bauleitplanung zur Verfügung.

Ende der Entscheidung

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