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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 30.09.2009
Aktenzeichen: 10 A 1676/08
Rechtsgebiete: BauGB, LEPro


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 4
BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 1 Abs. 8
LEPro § 24
§ 24a LEPro enthält keine Ziele der Raumordnung, weil die Vorschrift keinen eigenständigen räumlichen oder sachlichen Regelungsgehalt hat. Ohne gemeindliche Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen geht die Vorschrift ins Leere. Ob die Gesetzgebungszuständigkeit des Landes NRW für die in § 24a LEPro getroffenen Regelungen gegeben ist, bleibt offen.

Ein Flächennutzungsplan darf grundsätzlich nicht derart detaillierte Darstellungen enthalten, dass für eine planerische Entwicklung im Bebauungsplanverfahren kein Raum bleibt.

Die Genehmigung eines Flächennutzungsplans darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht versagt werden, wenn ihre Erteilung unter Auflagen oder Maßgaben möglich ist.


Tatbestand:

Die Klägerin, eine kreisangehörige Stadt im westlichen Münsterland mit ca. 20.000 Einwohnern, begehrte die Feststellung, dass die 78. Änderung ihres Flächennutzungsplanes als genehmigt gilt, hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Genehmigung. Im Jahre 2003 hatte der Rat der Klägerin die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Ansiedlung eines sog. Factory Outlet Center - FOC - geschaffen. Die Klägerin, die Beklagte und der Investor schlossen einen raumordnerischen und städtebaulichen Vertrag zur Realisierung der Ansiedlung und des Betriebes eines FOC. In diesem Vertrag wurden die zulässigen Sortimente bestimmt und die Verkaufsfläche auf 3500m² begrenzt. Mit der am 2.11.2006 beschlossenen 78. Änderung des Flächennutzungsplans soll nunmehr eine Verkaufsfläche von 11.500 m² Verkaufsfläche ermöglicht werden. Die Beklagte versagte mit Bescheid vom 13.2.2007 die beantragte Genehmigung der Flächennutzungsplanänderung unter Hinweis auf den Entwurf der Landesregierung NRW betreffend das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm - LEPro). Der Gesetzentwurf sah in § 24 a Abs. 1 Satz 4 LEPro vor, dass Herstellerdirektverkaufszentren ab 5000 m² Verkaufsfläche ausschließlich in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern zulässig sind. Hierbei handele es sich um ein in der Aufstellung befindliches Ziel der Landesplanung, das auch hinreichend konkretisiert sei.

Das VG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte mit dem Hilfsantrag im Wesentlichen Erfolg.

Gründe:

I.

Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet. Die Voraussetzungen für die Feststellung, dass die Genehmigung der 78. Änderung des Flächennutzungsplans der Klägerin durch die Beklagte nach § 6 Abs. 4 Satz 4 BauGB als erteilt gilt, liegen nicht vor. Gemäß § 6 Abs. 1 BauGB bedarf der Flächennutzungsplan der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. Über die Erteilung der Genehmigung ist innerhalb von drei Monaten zu entscheiden, § 6 Abs. 4 Satz 1 BauGB. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe von Gründen abgelehnt wird.

Die Beklagte hat die beantragte Genehmigung mit innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung am 14.11.2007 begründetem Bescheid vom 13.2.2007, zugestellt am selben Tag, versagt. Damit hat die Beklagte der gesetzlichen Obliegenheit genügt, sodass für den Eintritt der Genehmigungsfiktion kein Raum mehr ist. Das Erfordernis der Angabe von Gründen soll vorsorglichen Versagungen zur Vermeidung des Fiktionseintritts vorbeugen. Als Angabe von Gründen zählen nicht pauschale, formelhafte, nicht nachvollziehbare Begründungen. Die Gründe müssen sich auf konkrete Umstände beziehen und den Rechtsfehler unter Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm benennen. Diesen Anforderungen genügt die Begründung des Versagungsbescheides.

Die gesetzliche Genehmigungsfiktion ist auch nicht - wie die Klägerin vorträgt - deshalb eingetreten, weil ihrer Klage bzw. ihrem Widerspruch gegen den Versagungsbescheid aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO zukäme. Die Klägerin verkennt, dass die Regelung des § 80 Abs. 1 VwGO, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, nicht einschlägig ist. Die Art des vorläufigen Rechtsschutzes bestimmt sich nach der in der Hauptsache in Betracht kommenden Klage, vgl. auch § 123 Abs. 5 VwGO. Vorläufigen Rechtsschutz hätte die Klägerin nur durch einen Antrag nach § 123 VwGO erreichen können, weil in der Hauptsache keine Anfechtungsklage, sondern eine Verpflichtungsklage statthaft ist. Besonderheiten sind bei einer Verpflichtungsklage in Gestalt einer Versagungsgegenklage nur dort denkbar, wo die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts eine über sie hinausreichende Belastungswirkung entfaltet.

Vgl. Beispiel bei Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 Rdnr. 12: Mit der Ablehnung eines Antrags erlischt die vorher bestehende gesetzliche Fiktion einer aufenthaltsrechtlichen Erlaubnis.

Eine vergleichbare Situation liegt hier nicht vor. Die Klägerin will vielmehr mit der vermeintlichen aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Versagungsbescheid den Eintritt einer zuvor nicht gegebenen gesetzlichen Fiktion erreichen, was ersichtlich nicht dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 4 Satz 4 BauGB entspräche. Aus den vorstehenden Erwägungen kommt auch die isolierte Aufhebung des Versagungsbescheides nicht in Betracht.

II.

Die Klage hat aber mit dem Hilfsantrag im Wesentlichen Erfolg.

Der angefochtene Versagungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.

1.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung der 78. Änderung des Flächennutzungsplans nach Maßgabe der folgenden Gründe.

Die für den Flächennutzungsplan nach § 6 Abs. 1 BauGB erforderliche Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde darf nach Abs. 2 dieser Vorschrift nur versagt werden, wenn der Flächennutzungsplan nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder dem Baugesetzbuch oder den auf Grund dieses Gesetzbuchs erlassenen oder sonstigen Rechtsvorschriften widerspricht. Bei der Genehmigung handelt es sich um eine Rechtskontrolle und nicht um eine fachaufsichtliche Entscheidung. Die Genehmigungsprüfung erstreckt sich also nicht auf die Zweckmäßigkeit des Flächennutzungsplans oder auf Überlegungen der höheren Verwaltungsbehörde, wie etwa anders oder besser hätte geplant werden können.

Vgl. Reidt, in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 7. Aufl., Rdnr. 770 ff.

Nach § 216 BauGB erstreckt sich die Verpflichtung der Beklagten auch auf die Überprüfung solcher Vorschriften, deren Verletzung sich nach den §§ 214 und 215 BauGB auf die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans nicht auswirken würde.

Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich. So darf die höhere Verwaltungsbehörde einen Flächennutzungsplan, der einem während des Genehmigungs- oder gerichtlichen Verfahrens in Kraft getretenen Ziel der Raumordnung widerspricht, nicht genehmigen und hierzu auch nicht verpflichtet werden.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.3.2005 - 4 B 75.05, BRS 70 Nr. 2.; Reidt, a. a. O., Rdnr. 772

Für die Beurteilung der Abwägungsentscheidung kommt es hingegen auf den Zeitpunkt des Ratsbeschlusses an, § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

2.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ergeben sich aus dem Vortrag der Beklagten keine Gründe, die eine Versagung der begehrten Genehmigung der Flächennutzungsplanänderung rechtfertigen.

2.1

Die Klägerin hat nicht auf ihr Planungsrecht verzichtet. Der raumordnerische und städtebauliche Vertrag zur Realisierung der Ansiedlung und des Betriebes eines Factory-Outlet-Center (FOC) vom 17.10.2003 beinhaltet keinen Verzicht auf ein Planungsrecht. Vielmehr ergibt sich aus § 1 Abs. 5 des Vertrages lediglich, dass sich aus einer Änderung des Bebauungsplans bezogen auf das FOC ein Anspruch der Parteien auf Anpassung des Vertrages ergibt. Die Einhaltung sämtlicher Rechtsvorschriften, insbesondere der Raumordnung und der Bauleitplanung, bleibt danach ausdrücklich unberührt. Soweit die Beklagte vorträgt, eine Anpassung sei nicht erfolgt, verkennt sie, dass diese erst nach einer wirksamen Änderung des Bebauungsplans stattzufinden hat.

Abgesehen davon sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB die Bauleitpläne von den Gemeinden in eigener Verantwortung aufzustellen. Diese Vorschrift, die Ausfluss des den Gemeinden durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Selbstverwaltungsrechts und der daraus folgenden Planungshoheit ist, verbietet es, das Ob und Wie künftiger Planungen vertraglich oder durch einseitige Erklärung vom Willen anderer Gebietskörperschaften abhängig zu machen. Die Gemeinde kann sich weder zu einem bauplanungsrechtlichen Tun noch - spiegelbildlich - zu einem Unterlassen verpflichten. Die Entscheidung über den Erlass oder Nichterlass eines Bebauungsplans hat sich in erster Linie an der städtebaulichen Erforderlichkeit der Planung zu orientieren (§ 1 Abs. 3 BauGB). Sie ist einem gesetzlich bestimmten, mit zahlreichen Sicherungen ausgestatteten Rechtssetzungsverfahren zugewiesen, welches gewährleistet, dass die weitgehend in die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde gestellte Bauleitplanung den rechtsstaatlichen Anforderungen an eine angemessene Abwägung und an einen hinreichend durchschaubaren Verfahrensgang gerecht wird. Vertragliche Gestaltungen im Zusammenhang mit der Bauleitplanung dürfen weder an die Stelle der Entwicklungs- und Ordnungsfunktion der Bauleitplanung treten, noch dürfen sie die Planungshoheit zu einer formalen Hülse werden lassen. Eine vertragliche Verpflichtung zur Nichtplanung, insbesondere wenn sie ungeachtet zukünftiger Planungsbedürfnisse auf eine dauerhafte Unterlassung der Planung gerichtet ist, ist danach nicht nur unzulässig, sondern auch unwirksam. Eine solche Zielrichtung widerspräche der Planungshoheit der Gemeinde.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.12.2005 - 4 BN 40.05 -, BRS 69 Nr. 1; vorgehend OVG NRW, Urteil vom 6.6.2005 - 10 D 145/04.NE -, BRS 69 Nr. 2 m. w. N.

Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, der in Rede stehende Vertrag sei anders konzipiert, er solle die konzeptgetreue Umsetzung des ursprünglichen Bebauungsplans im städtebaulichen und regionalplanerischen Interesse sichern und die Rücksichtnahme auf die Belange von Nachbargemeinden und die Raumverträglichkeit gewährleisten, überzeugt nicht. Er erläutert damit Motive oder Hintergründe des Vertragsschlusses. Weshalb daraus abweichend von den oben dargelegten Grundsätzen im vorliegenden Verfahren ein Anspruch auf Unterlassung der Planung gegenüber der Klägerin folgen könnte, ist nicht nachvollziehbar. Das Verbot des § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB wird - wie das BVerwG ausgeführt hat - auch durch das interkommunale Abstimmungsgebot gemäß § 2 Abs. 2 BauGB nicht modifiziert.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.12.2005 a. a. O.

2.2.

Auch die städtebauliche Erforderlichkeit der Planung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB ist gegeben. Was im Sinne dieser Vorschrift erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Die angesprochene Planrechtfertigung ist gegeben, wenn der Bauleitplan nach seinem Inhalt auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung ausgerichtet und nach der planerischen Konzeption der zur Planung berufenen Gemeinde als Mittel hierfür erforderlich ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 - IV C 50.92 -, BRS 28 Nr. 4 und Urteil vom 14.2.1995 - IV C 21.74 -, BRS 29 Nr. 6.

Nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Davon ist beispielsweise auszugehen, wenn eine planerische Festsetzung lediglich dazu dient, private Interessen zu befriedigen, oder eine positive städtebauliche Zielsetzung nur vorgeschoben wird.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.10.1996 - 4 B 180.96 -, BRS 58 Nr. 3.

Die hier streitige Planänderung ist städtebaulich gerechtfertigt. Die mit der Planänderung verfolgten Interessen sind der Planbegründung zu entnehmen. Nach Ansicht des Rates ist durch die Ansiedlung des FOC ein Strukturwandel vollzogen worden, ausgehend von einer innerstädtischen, teilweise ungenutzten Industriebrache mit mehreren Baudenkmälern hin zu einer zukunftsweisenden und die Innenstadt aufwertenden Folgenutzung für die vorhandenen Flächen und Gebäude. Die Stadt strebe die weitere Entwicklung der Geschäftsbereiche angrenzend an die historische Innenstadt an. Die Erweiterung mit einer Dependance südlich der M.-straße verbessere die Anbindung an die historische Innenstadt. Das sind beachtliche städtebauliche Belange, die im Rahmen der Bauleitplanung berücksichtigt werden und ein Planungserfordernis begründen können.

Ob die allgemeinen Planziele auch in ihrer konkreten Umsetzung von § 1 Abs. 3 BauGB gedeckt sind, hängt davon ab, ob die einzelnen Regelungen des Bauleitplans im Rahmen der Gesamtkonzeption "vernünftigerweise geboten" sind bzw. ob sie "einer geordneten städtebaulichen Entwicklung dienen".

Vgl. BVerwG, Urteile vom 6.6.2002 - 4 CN 4.01 -, BRS 65 Nr. 78 und vom 17.9.2003 - 4 C 14.01 -, NVwZ 2004, 220.

Auch insoweit bestehen keine Bedenken. Bei dem "Wie" der Planung hat die Gemeinde ein weites Planungsermessen, dessen Ausübung sich maßgebend nach ihren eigenen städtebaulichen Vorstellungen richtet. Es entspricht dem ausdrücklichen Willen der Klägerin, die Geschäftsbereiche angrenzend an die historische Innenstadt weiter zu entwickeln und das FOC "als Tor zur Innenstadt" zu erweitern.

Das Vorbringen der Beklagten, der Flächennutzungsplan sei vor dem Hintergrund des raumordnerischen und städtebaulichen Vertrages nicht erforderlich, ist aus den oben dargelegten Gründen unzutreffend. Die angeführte Rechtsprechung zu einer aus § 1 Abs. 3 BauGB hergeleiteten gemeindlichen Erstplanungspflicht im unbeplanten Innenbereich betrifft eine andere Fallgestaltung. Danach kann sich das Planungsermessen der Gemeinde zu einer Planungspflicht verdichten, wenn qualifizierte städtebauliche Gründe, wozu auch das interkommunale Abstimmungsgebot gehören kann, vorliegen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.9.2003 - 4 C 14.01 -, BRS 66 Nr. 1.

Entscheidend ist vielmehr, dass die Pflicht, einen Bebauungsplan mit den betroffenen benachbarten Gemeinden abzustimmen, voraussetzt, dass die Gemeinde gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB überhaupt befugt ist, einen Bebauungsplan aufzustellen oder einen bestehenden Bebauungsplan zu ändern.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.12.2005, a. a. O.

Soweit die Beklagte meint, zumindest der Investor sei einem vertraglichen Unterlassungsanspruch ausgesetzt, ist dies für die Frage der städtebaulichen Rechtfertigung des Flächennutzungsplans gemäß § 1 Abs. 3 BauGB von vornherein irrelevant. Was den Bebauungsplan angeht, sei daher lediglich darauf hingewiesen, dass dieser zwar auf eine Investorenplanung zugeschnitten sein mag, tatsächlich jedoch als Angebotsplanung ausgestaltet ist.

Auch der Einwand, die Erforderlichkeit der Planung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB falle weg, falls die Stadt H. einen Anspruch auf Genehmigung ihrer Flächennutzungsplanänderung habe, ist unzutreffend. Für den Zeitpunkt des Ratsbeschlusses gilt dies schon deshalb, weil der Rat der Stadt H. die Flächennutzungsplanänderung erst in seiner Sitzung am 23.1.2008 beschlossen hat. Aber auch für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geht die Beklagte offenbar selbst davon aus, dass (auch) der Stadt H. ein Genehmigungsanspruch nicht zustehe. Deren Berufungsverfahren ist jedenfalls noch anhängig, ohne dass die Beklagte erklärt hat, sie entspreche dem Begehren der Stadt H. Abgesehen davon könnte allein eine wirksame Flächennutzungsplanänderung der Stadt H. die Rechtfertigung der vorliegenden Planung nicht in Frage stellen. Insoweit handelt es sich wiederum nicht um eine Frage der Planrechtfertigung, sondern um das Erfordernis einer interkommunalen Abstimmung und damit um eine Frage der Abwägung. Schließlich würde sich - ausgehend von der Argumentation der Beklagten - die Frage stellen, ob nicht der zeitlich nachrangig gestellte Antrag der Stadt H. auf Genehmigung der Flächennutzungsplanänderung wegen mangelnder Planrechtfertigung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB zu versagen ist.

2.3

Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen § 1 Abs. 4 BauGB, wonach Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen sind.

Was als ein Ziel im Sinne des Raumordnungsrechts anzusehen ist, wird durch das Bundes-Raumordnungsgesetz - ROG - bestimmt. Ob eine Planaussage Zielqualität hat, ist allein vom Bundesrecht her zu beurteilen.

Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung oder Sicherung des Raums. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine landesplanerische Abwägung zwischen den durch die Grundsätze der Raumordnung (§ 3 Nr. 3 ROG) verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planziels Zurückhaltung zu üben und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene schonen. Von einer Zielfestlegung kann allerdings keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt.

Erfüllt eine landesplanerische Regelung nicht die vorbeschriebenen inhaltlichen Voraussetzungen, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anders lautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = BRS 66 Nr. 5, OVG NRW, Urteil vom 6.6.2005, a. a. O.

Der 78. Änderung des Flächennutzungsplans steht danach kein Ziel der Raumordnung entgegen, weil die nachfolgend zu prüfenden Regelungen entweder keine bindenden Planungsvorgaben beinhalten oder weil die Planänderung der jeweiligen Vorgabe entspricht.

2.3.1

Der Flächennutzungsplan verstößt nicht gegen § 24a Abs. 1 Satz 4 LEPro in der Fassung vom 5.7.2007, wonach Hersteller-Direktverkaufszentren mit mehr als 5.000 m² Verkaufsfläche nur ausgewiesen werden dürfen, wenn sich der Standort in einer Gemeinde mit mehr als 100.000 Einwohnern befindet.

Der VerfGH für das Land Nordrhein-Westfalen hat diese Bestimmung mit Urteil vom 26.8.2009 - VerfGH 18/08 - für verfassungswidrig erklärt, weil die Regelung gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Willkürverbot verstößt und dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung nicht angemessen Rechnung trägt.

2.3.2

Ein Verstoß gegen ein sonstiges Ziel der Raumordnung ist nicht gegeben.

§ 24a Abs. 1 Satz 3 LEPro stellt kein Ziel der Raumordnung dar. Nach dieser Vorschrift dürfen Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO bzw. die in ihnen zulässigen Nutzungen weder die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in benachbarten Gemeinden noch die wohnungsnahe Versorgung der Bevölkerung in ihrem Einzugsbereich beeinträchtigen.

Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob die Gesetzgebungszuständigkeit des Landes für die Neuregelung des § 24a LEPro gegeben ist. Es spricht sehr viel dafür, dass die Vorschrift nicht der Materie der Raumordnung im Sinne des Art. 74 Nr. 31 GG, sondern dem Bereich des Bodenrechts nach Art. 74 Nr. 18 GG zuzuordnen ist, für das der Bund unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zur Materie Bodenrecht gehören nach dem Rechtsgutachten des BVerfG vom 16.6.1954 - 1 PBvV 2/52 - (BVerfGE 3, 407 ff.) solche Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung haben, also die rechtlichen Beziehungen des Menschen zum Grund und Boden regeln. Gegenstand des Bodenrechts ist insbesondere auch das Planungsrecht. Demgegenüber ist Raumordnung nach diesem Rechtsgutachten eine zusammenfassende, übergeordnete Planung und Ordnung des Raumes. Regele der Gesetzgeber eine solche überörtliche Planung, so ordne er die Verwaltungsaufgabe als solche, nicht das rechtliche Schicksal des Grund und Bodens. Erst da, wo die Pläne in dem örtlichen Planungsraum der Gemeinde konkretisiert würden, wo also die Stufe der städtebaulichen Planung erreicht sei, sei jene unmittelbare rechtliche Beziehung der Planung zum Grund und Boden erreicht, die die Gesetzgebung über diese Planung zu einem Teil des Bodenrechts mache.

Vgl. Koch/Hendler, Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 5. Auflage, Rdnr 9 ff.

Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei § 24a LEPro im Kern um eine bodenrechtliche Regelung. § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro bestimmt, dass Kerngebiete sowie Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO nur in zentralen Versorgungsbereichen ausgewiesen werden dürfen. Die Sätze 2 und 3 des Abs. 1 zu den "in ihnen" zulässigen Nutzungen, die die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in benachbarten Gemeinden nicht beeinträchtigen dürfen, stehen dazu in einem unmittelbaren Zusammenhang. Bei diesen Bestimmungen handelt es sich um städtebauliche Regelungen. Entsprechendes gilt auch für die weiteren Absätze, insbesondere die Bestimmung in Abs. 5, wonach vorhandene Standorte für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO außerhalb von zentralen Versorgungsbereichen (nur) unter Beschränkung auf den vorhandenen Bestand als Sondergebiete ausgewiesen werden dürfen. Schon durch die mehrfache Anknüpfung an die Regelung des § 11 Abs. 3 BauNVO wird deutlich, dass der Gesetzgeber mit § 24a LEPro städtebauliche Planung betreibt.

Der Bundesgesetzgeber hat jedoch in dem Bereich des Bodenrechts, zu dem auch das Städtebaurecht gehört, von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz mit dem BauGB und der BauNVO umfassend Gebrauch gemacht , sodass die Länder insoweit für eine eigene Gesetzgebung gesperrt sind.

Vgl. Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, Einl. Rdnr. 10

Auf die Frage, ob § 24 a LEPro aus diesem Grund insgesamt verfassungswidrig ist, kommt es letztlich aber nicht an. Deshalb kommt auch eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 2 GG nicht in Betracht. § 24a Abs. 1 LEPro hat jedenfalls keinen eigenständigen räumlichen oder sachlichen Regelungsgehalt, gegen den die vorliegende Planung verstoßen könnte. Es fehlt an dem für ein Ziel der Raumordnung charakteristischen Verbindlichkeitsanspruch in räumlicher und /oder sachlicher Hinsicht sowie der erforderlichen abschließenden Abwägung durch den zuständigen Träger der Landesplanung. Nach der Regelung des § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro dürfen die genannten Kerngebiete sowie Sondergebiete nur in zentralen Versorgungsbereichen ausgewiesen werden. Die Ausweisung dieser Baugebiete setzt im Rahmen der Bauleitplanung zwingend voraus, dass die Gemeinde vorab nach Maßgabe des § 24a Abs. 2 Satz 1 LEPro ein gestuftes System zentraler Versorgungsbereiche festlegt. Ohne diese Festlegung kann die Kernaussage, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereich zu verweisen, ihren Verbindlichkeitsanspruch weder in räumlicher noch in sachlicher Hinsicht entfalten. Haben die Gemeinden die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen unterlassen, geht § 24a Abs. 1 LEPro ins Leere. Mithin handelt es sich bei § 24a Abs. 1 Sätze 1 bis 3 LEPro in Verbindung mit § 24a Abs. 2 LEPro nur um eine Vorgabe an die Kommunen für eine gestufte Planung. Daraus folgt, dass der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms keine abschließende Entscheidung treffen kann, die der kommunalen Bauleitplanung vorgelagert ist. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, soll auf der kommunalen Planungsebene getroffen werden. Die Gemeinde ist insoweit nicht an vorgelagerte raumordnerische Zielfestlegungen, sondern (lediglich) an ihre Zentrenkonzepte gebunden. Die Gemeinde kann zudem ihr Zentrenkonzept jederzeit ändern und damit auch die Möglichkeiten für ihre kommunale Bauleitplanung unterschiedlich ausgestalten. Bei einer Zielfestlegung, die eine Gemeinde aufgrund ihrer Anpassungspflicht gemäß § 1 Abs. 4 BauGB hinzunehmen hat, wäre dies gerade nicht der Fall. Die Qualifizierung des § 24a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 LEPro als bloßer Grundsatz der Raumordnung wirkt sich unmittelbar auch auf andere Regelungen des § 24a LEPro aus, die - wie Abs. 1 Satz 3 - an eine Festlegung zentraler Versorgungsbereich anknüpfen.

Vgl. Reidt/Wahlhäuser, Die "Indienstnahme" von Gemeinden bei der Festlegung von Raumordnungszielen - Anmerkungen zur (fehlenden) Zielqualität des § 24a LEPro NRW, UPR 2008, 169; Maidowski/Schulte, Einzelhandel: Quo vadis?, BauR 2009, 1380.

Darüber hinaus genügt § 24a Abs. 1 Satz 3 LEPro auch nicht den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit eines Ziels der Raumordnung. Eine Konkretisierung des Begriffs der Beeinträchtigung, etwa eine Einschränkung auf erhebliche oder wesentliche Beeinträchtigungen, lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen.

Die weiteren u. a. bereits im Gesetzgebungsverfahren erhobenen Bedenken,

vgl. z.B. Grotefels, Stellungnahme zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Landesentwicklung vom 29.3.2007, LT-Stellungnahme 14/0964; Kuschnerus im Rahmen der Öffentlichen Anhörung von Sachverständigen am 18.4.2007, Landtag Nordrhein-Westfalen, Ausschussprotokoll APr 14/387,

und die von der Klägerin im Einzelnen begründeten Zweifel an der Wirksamkeit bzw. Zielqualität einzelner Regelungen des § 24a LEPro können daher im vorliegenden Verfahren ebenso dahinstehen wie die von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erwogene Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift.

2.4

Die angegriffene Flächennutzungsplanänderung verstößt nicht gegen das in § 2 Abs. 2 BauGB verankerte interkommunale Abstimmungsgebot. Danach sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Die Gemeinden können sich nach Satz 2 auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

2.4.1

Das Gebot des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen, steht in engem sachlichen Zusammenhang mit § 1 Abs. 7 BauGB. Das interkommunale Abstimmungsgebot stellt sich als eine besondere Ausprägung des Abwägungsgebots dar.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = BRS 65 Nr. 10 = ZfBR 2003, 38 (FOC - Zweibrücken).

Hiervon ausgehend führt der Vortrag der Beklagten, in einem Fall paralleler Planungen mit erheblichen kumulierenden Auswirkungen sei es nicht ausreichend, wenn die betroffene Gemeinde nur angehört werde, es müsse vielmehr eine inhaltliche Abstimmung versucht werden, nicht zur Annahme eines Verstoßes gegen das Abstimmungsgebot. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass insbesondere unter Beteiligung bzw. auf Betreiben der Beklagten während des Aufstellungsverfahren über das in den §§ 4, 4a BauGB vorgesehene Verfahren hinaus Abstimmungsgespräche mit der Klägerin und der Stadt H. stattgefunden haben. Zum anderen bedeuten unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf eine Nachbargemeinde nicht, dass das interkommunale Abstimmungsgebot verletzt ist. Kern der Abstimmungspflicht ist die gerechte Abwägung der gegenläufigen Interessen der Nachbargemeinde. Missachtet die planende Gemeinde durch einen Verstoß gegen das Abwägungsgebot ihre materielle Abstimmungspflicht zu Lasten der Nachbargemeinde, so wird diese in ihren Rechten verletzt. Daraus folgt, dass das durch § 2 Abs. 2 BauGB geschützte Interesse der Nachbargemeinde von der planenden Gemeinde in angemessenem Umfang in ihre Abwägung einbezogen werden muss.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.5.1994 - 4 NB 18.94 - BRS 56 63; Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, Rdnr. 668 ff.

Befinden sich benachbarte Gemeinden objektiv in einer Konkurrenzsituation, so darf keine von ihrer Planungshoheit rücksichtslos zum Nachteil der anderen Gebrauch machen. Der Gesetzgeber bringt dies in § 2 Abs. 2 BauGB unmissverständlich zum Ausdruck. Diese Bestimmung verleiht dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, besonderes Gewicht. Das Gebot, die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen, ist als gesetzliche Ausformung des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts zu verstehen. § 2 Abs. 2 BauGB liegt die Vorstellung zugrunde, dass benachbarte Gemeinden sich mit ihrer Planungsbefugnis im Verhältnis der Gleichordnung gegenüberstehen. Die Vorschrift verlangt einen Interessenausgleich zwischen diesen Gemeinden und fordert dazu eine Koordination der gemeindlichen Belange. Die Nachbargemeinde kann sich unabhängig davon, welche planerischen Absichten sie für ihr Gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf dem benachbarten Gemeindegebiet zur Wehr setzen. Maßgebend ist die Reichweite der Auswirkungen. Rein wettbewerbliche bzw. wirtschaftliche Auswirkungen reichen hierfür allerdings nicht aus. Das interkommunale Abstimmungsgebot schützt nicht den in der Nachbargemeinde vorhandenen Einzelhandel vor Konkurrenz, sondern nur die Nachbargemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft und Trägerin eigener Planungshoheit. Die befürchteten Auswirkungen müssen sich folglich auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung in der Nachbargemeinde beziehen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 -, a. a. O.; OVG NRW, Urteil vom 6.6.2005 a. a. O. m.w.N.

Städtebauliche Konsequenzen einer Planung zeigen sich etwa dann, wenn eine Schädigung des Einzelhandels in der Nachbargemeinde die verbrauchernahe Versorgung der dortigen Bevölkerung in Frage stellt oder die Zentrenstruktur der Nachbargemeinde nachteilig verändert. Im Zusammenhang mit der Planung von Einzelhandelsprojekten kann insoweit der Abfluss bislang in der Nachbargemeinde absorbierter Kaufkraft einen wesentlichen Indikator darstellen. Der Kaufkraftabfluss ist typischerweise die Kerngröße, anhand derer die Intensität der Belastung der Nachbarkommunen ermittelt werden kann. Allerdings handelt es sich bei dem Kriterium "Kaufkraftabfluss" zunächst um eine wirtschaftliche Bezugsgröße, deren städtebauliche Bedeutung sich erst bei Überschreiten der städtebaulichen Relevanzschwelle ergibt. Nichts anderes gilt für den Umstand, dass sich das wirtschaftliche Umfeld des Einzelhandels in der Nachbargemeinde verändert und sich dessen Konkurrenzsituation verschlechtert. Überschritten ist die städtebauliche Relevanzschwelle erst dann, wenn ein Umschlag von rein wirtschaftlichen zu städtebaulichen Auswirkungen stattzufinden droht.

Vgl. grundsätzlich: BVerwG, Urteile vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 -, a. a. O. und vom 8.9.1972 - IV C 17.71 -, BVerwGE 40 323 = DÖV 1973, 200; OVG NRW; Urteil vom 6.5.2005, a. a. O., m. w. N.

Ein bestimmter "Schwellenwert" für einen städtebaulich beachtlichen Kaufkraftabfluss ist gesetzlich nicht vorgegeben. Auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung wird die Frage, ob und gegebenenfalls bei welchen Prozentsätzen ein prognostizierter Kaufkraftabzug den Schluss auf negative städtebauliche Folgen für die davon betroffene Gemeinde zulässt, mit unterschiedlichen Ergebnissen diskutiert. Der Bandbreite der angenommenen Werte, die von mindestens 10 % bis hin zu etwa 30 % reicht, ist allerdings die Tendenz zu entnehmen, dass erst Umsatzverluste ab einer Größenordnung von mehr als 10 % als gewichtig angesehen werden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6.6.2005, a. a. O.

Es ist nicht ersichtlich, dass die von dem Prozessbevollmächtigen der Beklagten so benannten "abwägungsdirigierenden gesetzgeberischen Festlegungen und Neuakzentuierungen" zu einem anderen Beurteilungsmaßstab führen könnten.

2.4.2

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für derartige unzumutbare Auswirkungen.

Ob die durch die Planänderung ermöglichte Erweiterung des FOC für die Nachbarstädte im Zusammenhang mit einem möglichen Kaufkraftabfluss mit unzumutbaren Auswirkungen verbunden ist, hat die Klägerin auf der Grundlage eines von dem Büro K. und L. erstellten Gutachtens beurteilt. Im Rahmen einer solchen Untersuchung lassen sich die Auswirkungen naturgemäß nicht exakt vorherbestimmen und qualifizieren. Das Gutachten stellt lediglich eine Prognose dar.

Eine Prognose hat das Gericht nur darauf zu prüfen, ob diese mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Das Gericht überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe des Gerichts, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht erarbeiteten Prognose als solches darauf zu überprüfen, ob die prognostizierte Entwicklung mit Sicherheit bzw. größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit eintreten wird oder kann.

Vgl. BVerwG, Urteil v. 8.7.1998 - 11 A 53.97 -, DVBl 1998, 1188 = Buchholz 442.40 § 10 LuftVG Nr. 8; Beschluss vom 26.6.1992 - 4 B 1-11/92 -, NVwZ 1993, 572.

Die vorbeschriebenen Anforderungen erfüllt das Gutachten von K. und L. Anhaltspunkte dafür, dass das Sachverständigengutachten lückenhaft, in sich widersprüchlich ist oder von falschen Voraussetzungen ausgeht, der Sachverständige nicht hinreichend fachkundig ist, begründete Zweifel an seiner Neutralität bestehen, eine neue Sachlage gegeben ist oder neuere Forschungsergebnisse vorliegen, sind nicht ersichtlich und ergeben sich auch nicht aus dem Vortrag eines Beteiligten.

Die umfangreiche und ins Detail gehende Untersuchung lässt keine methodischen oder kalkulatorischen Fehler erkennen. Der Senat hält sie für plausibel. Auch der Beklagte hat im Versagungsbescheid gegen das Gutachten keine konkreten Einwände erhoben. In seiner Klageerwiderung vom 24.4.2007 führt er aus, dass die Gründe in der Versagungsverfügung nicht gegen das Gutachten als solches und seinen Inhalt gerichtet seien, sondern vielmehr auf den sich daran anschließenden Abwägungsvorgang. Die Klägerin habe es unterlassen, in einigen Punkten, zu denen das Gutachten keine ausreichenden Aussagen treffe, einen erforderlichen eigenen Abwägungsvorgang durchzuführen. Erstmals mit Schriftsatz vom 19.9.2009 macht die Beklagte fehlerhafte Prämissen bzw. Ermittlungsfehlannahmen geltend. Dieser Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten lässt jedoch jegliche Substanz und eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem sich aus den Aufstellungsvorgängen ergebenden Sachverhalt vermissen.

Nicht nachzuvollziehen ist die Darstellung der Beklagten, die Gutachter hätten einen falschen Ansatz gewählt. Sie seien davon ausgegangen, dass eine flächendeckende Geschäftsaufgabe vorliegen müsse, um von einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines Versorgungsbereichs sprechen zu können. Unter 5.2 des Gutachtens gehen die Sachverständigen ausdrücklich insbesondere von der oben dargestellten Rechtsprechung des Senats aus und legen - wie bereits unter 2.2 des Gutachtens - dar, dass die 10%-Marke der Umsatzumverteilung weder in die eine noch in die andere Richtung als "Demarkationslinie" zu sehen sei. Sie stellen zutreffend darauf ab, dass schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche erst dann zu erwarten sind, wenn die absatzwirtschaftlichen Auswirkungen in negative städtebauliche Auswirkungen umschlagen. Insbesondere stellt das Gutachten auch nicht - wie die Beklagte vorgibt - unterschiedliche Auffassungen zur Frage dar, wann eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs anzunehmen ist. Es gibt lediglich Beispiele dafür wieder, wie in der Literatur eine städtebauliche schädliche Umsatzumverteilung definiert wird.

Das Gutachten untersucht die sich nach einer Realisierung der Planung durch eine mögliche Umverteilung der Umsätze ergebenden städtebaulichen Auswirkungen für die im projektrelevanten Einzugsbereich liegenden zentralen Versorgungsbereiche innerhalb der Stadt P. sowie in umliegenden Kommunen. Soweit die Beklagte rügt, die Gutachter hätten bei den Nachbargemeinden abfragen müssen, welche zentralen Versorgungsbereiche bestünden, wie diese abgegrenzt seien und welchen Planungen zur Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche bestünden, lässt sie wiederum eine Durchdringung des Sach- und Streitstandes und der vorliegenden gutachterlichen Stellungnahmen vermissen. Der unter Bezugnahme auf das Urteil des VerfGH erfolgte Vortrag, es sei widersprüchlich, vom planenden Land bei der raumstrukturellen Steuerung mehr Differenzierung abzuverlangen als von der planenden Gemeinde bei der Einwirkung auf die Planungshoheit der Gemeinden im Bereich der räumlichen Auswirkungen ihres Vorhabens, liegt neben der Sache und nimmt die umfangreichen gutachterlichen Ermittlungen im Aufstellungsverfahren nicht zur Kenntnis. Welche konkreten Planungen nicht berücksichtigt worden sein könnten und welche Auswirkungen dies auf die vorliegende Beurteilung haben könnte, wird nicht im Ansatz dargelegt. Warum "zwischenzeitliche", also wohl nach der Abwägungsentscheidung entwickelte Einzelhandelskonzepte zu berücksichtigen sein könnten, ist nicht ersichtlich und ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Beklagten.

Schließlich bietet auch der ständig wiederkehrende Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf einen demographischen Wandel bzw. ein "Anwachsen der alten Menschen" keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Tauglichkeit des vorliegenden Gutachtens. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass durch den demographischen Wandel bedingte Veränderungsprozesse in den Prognosedaten nicht berücksichtigt worden seien, ein Sachverständigengutachten einzuholen, war deshalb abzulehnen. Er ist insbesondere auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten in der mündlichen Verhandlung unsubstantiiert geblieben und zudem unerheblich. Dies ergibt sich insbesondere aus der von den Vertretern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreichten "Modellrechnung zur zukünftigen Bevölkerungsentwicklung in den NRW-Gemeinden 2008-2030". Diese Prognose geht davon aus, dass in den aufgeführten Gemeinden im Untersuchungsraum die Bevölkerungszahl bis zum Jahre 2030 insgesamt um 1 % wachsen wird.

Das Gutachten erläutert ferner mit nachvollziehbaren und überzeugenden Erwägungen die bestehende und die nach der Erweiterung zu erwartende Marktposition des FOC sowie die prognostizierte Umsatzverteilung für den Einzelhandel in der Region. Es prüft ferner die möglichen Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche in den betroffenen Städten. Zur gegenwärtigen Marktbedeutung legt das Gutachten dar, dass das FOC unter Berücksichtigung aktueller Größenordnungen der bestehenden oder auch in der konkreten Erweiterung/Planung befindlichen FOC in Deutschland wie auch in Europa über eine deutlich unterhalb der offensichtlich als Mindestgröße funktionierenden Verkaufsfläche von 10.000 m² liege. Die mikroräumlichen Standortrahmenbedingung seien unter städtebaulichen Gesichtspunkten wesentlich positiver einzuordnen als bei nahezu alle anderen FOC. Als östlicher "Pol" des Entwicklungsbereichs FOC/M.-straße sei dieser Standort als Bestandteil des zentralen Versorgungsbereichs der Innenstadt zu bewerten, zumal die funktionale Verknüpfung Richtung Fußgängerzone in den letzten Jahren deutlich verbessert worden sei und sich weitere Vorhaben im unmittelbaren Umfeld des FOC in der Planungs- und Realisierungsphase befänden. Unter Berücksichtigung von Kennwerten zu Flächenproduktivitäten, die für die jeweiligen Sortimente ermittelt werden, sowie der anzunehmenden Verkaufsflächenaufteilung könne - bei einer Verkaufsfläche von 13.000 m² - ein Umsatz von 46,6 bis 51,8 Mio. Euro veranschlagt werden.

Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag, durch ein Sachverständigengutachten solle ermittelt werden, von welcher Prognosebasis bei Ansiedlung eines Herstellerdirektverkaufszentrums in der Größe von 11.500 m² Verkaufsfläche im ländlichen Raum auszugehen sei, von Streu- und Touristenumsatz von 40 % wie im H-Gutachten oder von 25 % wie im Gutachten von K. und L. sowie von Umverteilungen im Deutschen Untersuchungsgebiet von 31 - 42 % im I.-Gutachten oder im Gutachten von K. und L. von 50 - 65 %, war abzulehnen. Er ist nicht hinreichend bestimmt, unsubstantiiert, weil auf Ausforschung gerichtet, und unerheblich. Zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens sieht der Senat keinen Anlass. Ins Blaue hinein, ohne Auseinandersetzung mit den konkreten Annahmen des Gutachtens, das zudem von Erfahrungswerten des seit 2004 betriebenen FOC ausgehen konnte, trägt die Beklagte vor, die Werte des Gutachtens erscheinen gegriffen, es könnten genauso 80 % der Kunden aus dem Kerneinzugsbereich angezogen werden wie 20 %. Zudem setzt sich die Beklagte mit der letztgenannten Annahme in Widerspruch zu ihrem eigenen Vortrag, die Kunden würden überwiegend aus der näheren Umgebung angezogen werden.

Das Gutachten hat nachvollziehbar den Untersuchungsraum auf die zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinden innerhalb eines Entfernungsradius von bis zu rd. 35 Minuten Anfahrtszeit beschränkt. Dieser Untersuchungsraum umfasse rund 0,7 Mio. Einwohner mit einem relevanten Kaufkraftpotential von knapp 610 Mio. Euro. Der Kundenanteil aus dem Untersuchungsraum betrage nach erhobenen Daten rund 65 %. Zur Bewertung der räumlichen Ausstrahlung des FOC unter dem Gesichtspunkt der Kundenherkunft fand in der Zeit von Juni 2004 bis Februar 2006 im c. shop im FOC eine Postleitzahlenzählung der kaufenden Kunden, eine Wohnort- und Umsatzerfassung im Zeitraum von Mai bis August 2005 an jeweils zwei Tagen in der Woche sowie eine Kfz-Kennzeichen-Erfassung im Zeitraum von April 2004 bis August 2005 zweimal täglich statt. Ferner liegt der Prognose eine verkehrsinfrastrukturelle Bewertung zugrunde. Das Gutachten nimmt auf dieser Grundlage nachvollziehbar ein im Vergleich mit üblichen Einzelhandelsstandorten großes Einzugsgebiet des FOC - Bevölkerungspotenzial von rd. 15,6 Mio. Personen mit einer relevanten Kaufkraft von 13 Mrd. Euro aufgeteilt in drei Zonen - an. Dabei fließt in die Bewertung ein, dass wegen der spezifischen Angebots- und Preisstruktur eines FOC deutlich längere Anfahrtswege in Kauf genommen werden, weil die günstigen Produkte die "Transaktionskosten" aufwögen. Dass für die Eingrenzung des Einzugsgebietes in erster Linie der Herkunftsort der Kunden von Bedeutung ist, liegt auf der Hand. Die Ansätze des Gutachtens erscheinen vertretbar. Das Gutachten hat folglich zugrunde gelegt, dass die Kunden weit überwiegend aus der näheren Umgebung stammen. Dass die Zahlen auf der sicheren Seite liegen, wird - auch wenn es sich bei dem FOC in H. um ein anderes Vorhaben handelt - dadurch bestätigt, das in dem I.-Gutachten für H. lediglich ein Anteil von 42 % der Kunden aus der näheren Umgebung zugrunde gelegt worden ist. Weiterhin erscheint die Annahme des Gutachtens nahe liegend, dass sich bei einer Verkaufsflächenerweiterung der Kundenanteil von außerhalb des Untersuchungsraumes wegen der erhöhten "Strahlkraft" des Vorhabens erhöhen wird. Es ist daher unverständlich, wenn die Beklagte vorträgt, die höhere Strahlkraft eines konzeptionell veränderten und deutlich vergrößerten FOC sei nicht beachtet worden.

2.4.3

Die Auswirkungen der Erweiterung auf 11.500 m² prognostiziert das Gutachten unter Berücksichtigung der aktuellen Umsatzzahlen im Untersuchungsraum, die anhand der Verkaufsflächen für die jeweiligen Sortimente sowie durchschnittlicher Umsatzkennwerte für die jeweiligen Versorgungsbereiche ermittelt werden. Für das einzelhandelsrelevante Kaufkraftpotential bezogen auf die unterschiedlichen Warengruppen greift das Gutachten auf bundesweit ermittelte und fortgeschriebene Marktforschungsdaten zurück (insgesamt 610 Mio. Euro). Der errechnete Einzelhandelsumsatz wird der sortimentsspezifischen Kaufkraft gegenübergestellt. Das Gutachten legt dann in nicht zu beanstandender Weise die Umsatzumverteilungen bezogen auf die Stadt P. und das untersuchte Umland dar. Im Umland kommt es danach zu erheblichen Umsatzumverteilungen im Bereich Bekleidung in N. von über 15 % und in anderen Gemeinden von jeweils knapp unter 10 %. Die Sachverständigen untersuchen auf dieser Grundlage die möglichen negativen städtebaulichen Auswirkungen dieser Umsatzumverteilungen auf bestimmte zentrale Versorgungsbereiche, die betroffen sein könnten. Hierzu werden diese zentralen Versorgungsbereiche in Bezug auf Lage im Stadtgefüge, Struktur, Atmosphäre, städtebauliche Qualität, Qualität der Läden, des Straßenraumes, die Handelsdichte und Magnetbetriebe untersucht. Des Weiteren stellt das Gutachten die Funktion von Mittel- und Grundzentren in die Betrachtung ein. Auf dieser Grundlage wird im Einzelnen ausführlich und plausibel dargestellt, dass für keine der untersuchten Gemeinden mit einem Umschlagen von absatzwirtschaftlichen in städtebaulich negative Auswirkungen zu rechnen ist. Eine wesentliche Beeinträchtigung der verbrauchernahen Versorgung in den Nachbarkommunen durch eine konkurrenzbedingte Schließung von Einzelhandelsbetrieben in deren Versorgungszentren ist danach bei Umverteilungseffekten in der ermittelten Größenordnung nicht zu befürchten. Sonstige außerhalb der Umleitung von Kaufkraftströmen liegende Gründe, aus denen die Planung mit städtebaulich relevanten unzumutbaren Auswirkungen für die Nachbarkommunen verbunden sein könnte, sind nicht ersichtlich.

Auch die Kritik des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dass Gutachten habe nicht hinreichend die Umsatzumverteilungen berücksichtigt, die im mittelzentralen Bereich dadurch einträten, dass überörtliche Versorgungsfunktionen beeinträchtigt würden, geht fehl. Er beruft sich hierbei auf eine Stellungnahme der I. vom 8.9.2006 und verkennt dabei, dass es sich hierbei um eine Erwiderung auf eine Kritik von K. und L. an der Analyse für H. handelt, dass die von der I. dargestellte Umsatzherkunft nicht mit dem dargestellten Umverteilungsvolumen übereinstimme.

2.4.4

Die in dem angefochtenen Versagungsbescheid bzw. im gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Bewertung der Auswirkungen auf einzelne Gemeinden erhobenen Einwände der Beklagten führen ebenfalls zu keiner anderen Bewertung.

Die Beklagte rügt hinsichtlich der Gemeinde J. zu Unrecht, dass aufgrund des Fehlens quantitativer Angaben im Gutachten keine Berechnung der Umsatzumverteilungsquote und daran anschließend keine Detailbetrachtung des zentralen Versorgungsbereichs erfolgt sei. Die Umsatzumverteilungen seien entscheidend, da selbst der vom Gutachter als nicht nachweisbar eingestufte Wert von bis zu 100.000 Euro im Jahr in verschiedenen Branchen schon einen Umsatzverlust von 33 % bedeute. Demgegenüber geht das Gutachten überzeugend davon aus, es sei Stand der Wissenschaft, dass sich Umsatzumverteilungsbeträge und dementsprechend auch -quoten für einzelne Einzelhandelslagen unterhalb einer Umsatzumverteilung von 100.000 Euro bei einer "modellbasierenden Wahrscheinlichkeitsrechnung" nicht mehr hinreichend genau ermitteln lassen. Dies hatte auch die Beklagte nicht in Abrede gestellt, worauf die Klägerin unter Bezug auf einzelne Vermerke in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen zutreffend hinweist. Der Gutachter hat hierzu im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt, dass die Bestimmung der Einkaufswahrscheinlichkeit eines Konsumenten abhängig ist von verschiedenen Faktoren (Attraktivität, Transferaufwand, Konkurrenzintensität). Zwar sei das Gutachten wegen der aktuellen Datenbasis und der Erfahrungen des Gutachters im Raum Münsterland sehr belastbar, die Darstellungen von Auswirkungen auf Einzelbetriebe jedoch nicht möglich. Besonderheiten wie Image, Geschäftspolitik, aktuelle Liquidität, Flexibilität des Unternehmers führten bei der Darstellung von Einkaufsbeziehungen, Umsätzen und Umsatzverteilungen zu hohen Unsicherheiten. Der Gutachter hat darüber hinaus - wenn auch nach Satzungsbeschluss - ausgeführt, dass in J. lediglich ein kleiner Bekleidungsanbieter vorhanden sei. Ein städtebaulicher Zusammenhang des Zentrums sei nicht immer ablesbar. Der einzelne Betrieb habe keine lageprägende Bedeutung. Aus einer möglichen Betriebsaufgabe resultierten keine strukturell-städtebaulich negativen Folgen. Diesem Fachgeschäft komme auch keine schützenswerte Grundversorgungsbedeutung zu. Darüber hinaus plane die Gemeinde J. selbst die Ansiedlung von weiterem Einzelhandel außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs.

Die Einschätzung von K. und L. steht zudem in Übereinstimmung mit der Bewertung der I. in der Standortanalyse für ein FOC in H. Darin heißt es, dass die Untersuchung der Angebotsstruktur in den umliegenden Grundzentren zeige, dass diese überwiegend durch Betriebe der Nahversorgung (vor allem Nahrungs- und Genussmittel) gekennzeichnet sei. Einzelne kleinstrukturierte Ladengeschäfte aus den untersuchungsrelevanten Branchen Bekleidung, Schuhe usw. besäßen keine strukturprägende Bedeutung. Soweit sie vorhanden seien, komme ihnen lediglich eine lokale Versorgungsfunktion zu. Überschneidungen mit dem hochwertigen Angebotsspektrum eines FOC seien sehr gering oder nur auf einzelbetrieblicher Ebene vorhanden. Das heiße, dass Umsatzrückgänge bei einem Einzelbetrieb nicht automatisch städtebauliche oder raumordnerische Belange berührten. Etwas umfangreichere Angebotsstrukturen seien nur in drei Gemeinden vorhanden, aber auch hier seien die konkreten Sortimentsüberschneidungen sehr gering. Mit den Mitteln der mathematischen Prognostik könnten keine Modellrechnungen analog zu den Mittelzentren durchgeführt werden. Die Analyse der tatsächlichen Sortimentsstrukturen in den Grundzentren zeige, dass faktisch zwischen den FOC-Sortimenten und dem Angebotsspektrum der Grundzentren im Textil- und Schuhbereich kaum Überschneidungen vorhanden seien. Städtebauliche Auswirkungen in den Grundzentren könnten "weitestgehend" ausgeschlossen werden.

Auch im Hinblick auf die vorstehenden - im Kern übereinstimmenden und nachvollziehbaren Ausführungen der beiden Sachverständigenbüros - sind die Rügen der Beklagten in Bezug auf die Untersuchung der übrigen Grundzentren unbegründet. Zwar geht das Gutachten K. und L. davon aus, dass in X. aufgrund der besonderen, lokalen Gegebenheiten auch bei einer Umsatzumverteilungsquote in der Warengruppe Bekleidung von unter 10 % städtebaulich negative Auswirkungen zu erwarten seien. Die Annahme des Gutachtens, durch eine deutliche Reduzierung der Verkaufsfläche im Bereich Bekleidung könnten die städtebaulichen Auswirkungen auf X. reduziert werden, erscheint nach den oben dargelegten Grundsätzen nachvollziehbar. Die Klägerin hat den Vorschlag in dem Flächennutzungsplan durch eine Reduzierung der Verkaufsfläche für Bekleidung umgesetzt. Zu der weiter angesprochenen Warengruppe Schuhe erübrigen sich Ausführungen. Das Schuhgeschäft ist nach den eigenen Feststellungen der Beklagten anlässlich einer Ortsbesichtigung im Januar 2007 aufgegeben worden.

Auch für N. macht die Beklagte geltend, dass eine Ermittlung der Bedeutung der Warengruppe Bekleidung für die Grundversorgung der Bevölkerung notwendig gewesen wäre. Eine solche hat jedoch stattgefunden. Der Vortrag im gerichtlichen Verfahren, nach dem Gutachten seien zumindest "teilweise" Geschäftsaufgaben zu erwarten, stellt das Ergebnis des Gutachtens und die Abwägung nicht konkret in Frage.

2.4.5

Ebenfalls unzutreffend ist die Kritik, es fehle eine städtebauliche Analyse der Auswirkungen auf die Gemeinde H. Vielmehr geht das Gutachten nach den für H. ermittelten Umsatzumverteilungen im Bereich Bekleidung und Schuhe von jeweils unter 5 % davon aus, dass unvertretbare städtebauliche Auswirkungen auf die Innenstadt von H. nicht zu erwarten seien. Anhaltspunkte dafür, dass diese Annahmen unzutreffend sein könnten, bestehen nicht.

Eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots liegt auch nicht im Hinblick auf die Planungen der Stadt H. für ein FOC vor. Der Rat der Stadt H. hat erst in seiner Sitzung am 23.1.2008 und damit mehr als ein Jahr später als der Rat der Klägerin die entsprechende Änderung ihres Flächennutzungsplans beschlossen. Zudem hat die Beklagte auch der Stadt H. die Genehmigung ihres Flächennutzungsplans versagt. Das VG hat die Klage der Stadt H. auf Genehmigung ihres Flächennutzungsplans mit Urteil vom 3.2.2009 abgewiesen. Das von der Stadt H. geführte Berufungsverfahren ist unter dem Aktenzeichen 10 A 470/09 beim Senat anhängig. Berücksichtigt man ferner, dass in P. bereits seit 2004 ein FOC in Abstimmung mit der Beklagten mit einer zulässigen Verkaufsfläche von 3.500 m² betrieben wird, die Planungen der Stadt P. dahin gehen, dieses bestehende FOC am Rande ihres zentralen Versorgungsbereichs "als Tor zur Innenstadt" zu erweitern, die Gutachter und sämtliche Beteiligte davon ausgehen, dass eine Neuerrichtung eines FOC in H. und eine Erweiterung des FOC in P. für die Region als nicht verträglich angesehen werden, spricht alles dafür, dass allein die Planungen der Stadt H. das interkommunale Abstimmungsgebot verletzen könnten.

2.5.

Ein Verstoß gegen das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltenen Abwägungsgebot liegt auch im Übrigen nicht vor.

Das Abwägungsgebot verpflichtet den Träger der Bauleitplanung dazu, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss und weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt, noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zu objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301.

Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots auf die Frage, ob die Gemeinde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat. Diese Grundsätze hat die Klägerin beachtet. Es ist ihr weder ein Fehler im Abwägungsvorgang noch im Abwägungsergebnis unterlaufen.

2.5.1

Der Rat hat das erforderliche Abwägungsmaterial zusammengestellt. Er hat sich ferner mit den von den Trägern öffentlicher Belange und Bürgern vorgebrachten Anregungen und Einwänden umfassend auseinandergesetzt und diese - soweit er ihnen nicht gefolgt ist - nach eingehender Abwägung und ohne Abwägungsfehler zurückgewiesen.

Der Einwand der Beklagten, die von der Stadt T. und der Provinz P. im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung geltend gemachten Einwendungen, die diese nicht im Rahmen der Offenlage wiederholt hätten, seien nicht in die abschließende Abwägung durch den Rat einbezogen worden, führt zu keiner anderen Bewertung. Insoweit besteht nicht einmal die entfernte Möglichkeit, dass der angeführte Mangel sich auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt haben könnte.

Vgl. zu diesem Ansatz: Quaas/Kukk, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl., § 216 Rdnr. 2

Wie die Klägerin insoweit zutreffend dargelegt hat, sind die von der Provinz P. und der Stadt T. angesprochenen Gesichtspunkte im Übrigen in der Sache aufgrund von anderweitig erhobenen Bedenken und Einwendungen abgehandelt worden. Die für T. ermittelte Umsatzumverteilung liegt nach dem Gutachten bei weniger als 100.000 Euro und ist damit - wie ausgeführt - nicht mehr sicher nachweisbar.

2.5.2

Ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot liegt weder im Hinblick auf die Raumverträglichkeit der geplanten Erweiterung noch hinsichtlich der auf das eigene Stadtgebiet bezogenen Auswirkungen vor.

Als öffentlichen Belang der Raumordnung hat die Klägerin den zum Zeitpunkt des Beschlusses des Flächennutzungsplans geltenden § 24 Abs. 3 LEPro NRW a. F. als Grundsatz der Raumordnung gem. § 3 Nr. 3 ROG in die Abwägung eingestellt. Grundsätze der Raumordnung enthalten allgemeine Vorgaben in Rechtsvorschriften oder Raumordnungsplänen für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen über raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen. Grundsätze sind damit Abwägungsdirektiven. Sie sind öffentliche Belange, die in Abwägungs- und Entscheidungsprozesse einzustellen, durch Abwägung oder Ermessensentscheidung aber überwindbar sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003 - 4 CN 20/02 -, a. a. O.

Die Abwägung der Klägerin zur Frage der Raumverträglichkeit der Planung ist danach nicht zu beanstanden. Mit dem zentralörtlichen Gliederungssystem soll die Funktion der zentralen Orte sichergestellt werden. Für die Frage einer möglichen Gefährdung des Gefüges der zentralen Orte kommt es nicht auf die Einhaltung bestimmter Zentralitätsziffern oder Kaufkraftbindungsquoten an. Eine Kaufkraftbindung im Bereich von Gütern des mittel- und langfristigen Bedarfs ist, wenn es sich hierbei um eine Gemeinde mit raumordnerischer Zentralitätsfunktion handelt, grundsätzlich aufgaben- und wirkungskreiskonform. Gleichwohl kann die raumordnerische Aufgabenzuweisung nach den tatsächlichen Umständen bei der Abwägung von Bedeutung sein

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 6.6.2005, a. a. O.

Der Rat der Klägerin ist danach zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin im Landesentwicklungsplan für das Land Nordrhein-Westfalen als Mittelzentrum dargestellt ist. Insbesondere zu den maßgeblichen Kriterien, wie sie sich etwas aus den in § 24 Abs. 3 LEPro NRW a.F. niedergelegten Grundsätzen ergeben, ist die städtebauliche Verträglichkeitsanalyse von K. und L. zum Gegenstand des Aufstellungsverfahrens gemacht worden. Maßgeblich ist dabei nicht die Gefahr einzelner Betriebsschließungen im Bereich anderer zentraler Orte, sondern die für diese Orte bestehende Gefahr der wesentlichen Beeinträchtigung der verbrauchernahen Versorgung, der Verödung der Stadtzentren und damit des Verlustes zentralörtlicher Funktionen. Demzufolge kommt es in diesem Zusammenhang entscheidend darauf an, ob durch die mit der Planänderung ermöglichte Erweiterung des FOC nicht nur die Konkurrenzfähigkeit einzelner Geschäfte in den Nachbarkommunen, sondern die ganzer Branchen in Frage gestellt wird und dadurch das Konkurrenzproblem in ein Strukturproblem umschlägt. Auf der Grundlage des Gutachtens ist ein solches "Umschlagen" nicht anzunehmen. Nach den Ergebnissen der Begutachtung werden durch die Erweiterung des FOC weder die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung in den benachbarten Mittel- und Oberzentren in Frage gestellt noch die Funktionsfähigkeit ihrer Innenstädte wesentlich beeinträchtigt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu § 2 Abs. 2 BauGB Bezug genommen. Die Entscheidung des Rates, die Planung als raumverträglich einzustufen, ist folglich nicht zu beanstanden.

2.5.3

Die Klägerin hat sich auch hinreichend mit den Auswirkungen der geänderten Planung auf das eigene Stadtgebiet auseinandergesetzt.

Für die Klägerin stellt der Gutachter fest, dass sich seit dem Markteintritt des FOC die Einzelhandelslandschaft nicht erkennbar negativ entwickelt habe, wobei allerdings die bisher geringe Verkaufsfläche und geringe Sortimentsmischung zu berücksichtigen sei. Dies werde sich bei der Realisierung des Vorhabens ändern. Auswirkungen auf innerstädtische Angebotsstrukturen seien zu erwarten, weil die vorhandenen Textil- und Schuhmärkte überwiegend in der 400 m entfernten Fußgängerzone an der X.-Straße und an der C.-straße lägen. Für dieses Areal seien nur bedingt Synergieeffekte mit dem FOC zu erwarten.

Der Rat der Klägerin hat sich mit dem Gutachten auseinandergesetzt und insbesondere die Einschätzungen des Gutachtens, dass in der Innenstadt P. im Bereich der angebotenen Sortimente mit einer Umsatzumverteilung von 6,6 bis 34,1 % zu rechnen sei, seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Die Ausführungen in der Planbegründung lassen erkennen, dass die möglichen städtebaulichen Auswirkungen der Erweiterung auf das eigene Stadtgebiet gesehen wurden. Der Rat hat in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass der FOC-Standort sich als integriert darstellt, weil er dem Siedlungsschwerpunkt Innenstadt räumlich und funktional zugeordnet ist. Seine Erwägung, soweit Funktionen im Bereich der gewachsenen Handelslage des historischen Stadtkerns durch die Entwicklung an der M.-straße verloren gehen sollten, werde dieses Defizit durch das FOC mehr als nur kompensiert, erscheint abwägungsgerecht. Dass sich der Rat im Ergebnis dafür ausgesprochen hat, den Standort des FOC weiter auszubauen und zu stärken, beruht auf dem planerischen Willen, vorhandene ehemalige Industrieanlagen am Rand der historisch gewachsenen Innenstadt einer sinnvollen Folgenutzung zuzuführen, vorhandene infrastrukturelle Einrichtungen zu nutzen, Baudenkmale zu erhalten, zu sanieren und in das gewachsene Hauptgeschäftszentrum zu integrieren. Handelt es sich hierbei um abwägungsbeachtliche Belange, ist es nicht abwägungsfehlerhaft, wenn sich der Rat für eine bewusste Verschiebung der Zentralität innerhalb des Stadtgebietes entscheidet, um einen wirtschaftlich bereits etablierten und nach seiner Ansicht für die Stadt bedeutsamen Standort durch städtebauliche Maßnahmen weiter zu fördern und seine wirtschaftliche Schubkraft positiv zu nutzen, auch wenn damit negative Auswirkungen auf die bisherigen Stadtzentren verbunden sein könnten.

3.

Die Darstellungen im Flächennutzungsplan sind teilweise nicht von einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen gedeckt. Diese Rechtsverstöße sind beachtlich, auch wenn die Beklagte sie nicht erkannt und ihre Versagungsentscheidung hierauf nicht gestützt hat.

3.1

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist im Flächennutzungsplan für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Der Flächennutzungsplan hat somit die Aufgabe, ein städtebauliches Konzept für das ganze Gemeindegebiet darzustellen. Er steckt den Rahmen für die Bebauungspläne ab, die in der Regel nur für Teilgebiete aufgestellt werden. Die Gemeinde soll ihre städtebauliche Entwicklung durch Bebauungspläne auf der Grundlage einer in sich stimmigen Grundkonzeption für das ganze Gemeindegebiet steuern.

Vgl. Gaentzsch, Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 8 Rdnr. 8 m.w.N.

Insbesondere können nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 BauNVO im Flächennutzungsplan die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen), nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) sowie nach dem allgemeinen Maß der baulichen Nutzung dargestellt werden. Die Gemeinde kann danach insbesondere statt der Bauflächen auch Baugebiete darstellen, und zwar die in der BauNVO genannten und nach allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen typisierten Baugebiete sowie von ihr selbst nach Zweckbestimmung und zulässigen Nutzungen zu definierende Sondergebiete.

Aus dem Begriff der Grundzüge in § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB ergeben sich keine starren, von der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde unabhängigen Grenzen für Inhalt, Regelungstiefe und Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans. Die Befugnis, in einem Flächennutzungsplan ins Einzelne gehende Darstellungen aufzunehmen, folgt bereits aus dem Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB. Zulässig sind danach auch Planaussagen, die nicht oder jedenfalls nicht wesentlich weniger detailliert und konkret als Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind. Welche Darstellungen noch zu den Grundzügen gehören, hängt nicht vom Grad der Bestimmtheit, sondern davon ab, ob sie den Bezug zur jeweiligen Konzeption für das ganze Gemeindegebiet wahren. Der Flächennutzungsplan soll ein umfassendes Gesamtkonzept für die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung der Gemeinde darstellen. Dazu gehört es in der Regel, die einzelnen Bauflächen und die von Bebauung freizuhaltenden Gebiete einander zuzuordnen. Darstellungen gehören ungeachtet ihres Bestimmtheitsgrades zu den Grundzügen der Art der Bodennutzung, wenn sie der Bewältigung eines Nutzungskonflikts dienen, der eine über die unmittelbar betroffenen Flächen hinausgehende Bedeutung für das dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende gesamträumliche Entwicklungskonzept haben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.8.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 = BRS 69 Nr. 32

Für den Umfang und die Arten der Darstellungen ist der Gemeinde im Rahmen des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BauGB ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsrahmen gegeben. Allerdings muss der Flächennutzungsplan mit seinen jeweiligen Darstellungen für das Entwickeln durch Bebauungspläne nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB zwar einen bestimmten Rahmen geben, hierfür aber zugleich einen ausreichenden Gestaltungsspielraum lassen.

Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 5 Rdnr. 12

Ins Einzelne gehende Darstellungen - z.B. bedingte oder befristete Nutzungen, Höhenlagen - setzen im Allgemeinen eine Auseinandersetzung mit insbesondere projektbezogenen Details voraus, für die im Flächennutzungsplan grundsätzlich kein Raum ist. Der Flächennutzungsplan darf nicht so detaillierte Darstellungen enthalten, dass für planerische Gestaltung in der verbindlichen Bauleitplanung zu wenig Raum bleibt.

Vgl. Gaentzsch, a. a. O, § 5 Rdnr. 20

Ein bestimmter Konkretisierungsgrad ist allerdings z. B bei der Darstellung einer Sonderbaufläche im Flächennutzungsplan erforderlich. Die Darstellung einer Sonderbaufläche ohne nähere Angabe des Nutzungszwecks ist unbestimmt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 - 4 C 4.92 -, BVerwGE 95, 123 = BRS 56 Nr. 2

Zur Lösung möglicher Nutzungskonflikte können im Flächennutzungsplan zwar bestimmte Ansätze gemacht werden wie Darstellungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB oder durch eine Differenzierung nach Baugebieten. Dies ist aber nicht die eigentliche Aufgabe des Plans. So sind nach § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO Differenzierungen bei den Baugebieten nur dem Bebauungsplan gestattet.

Vgl. Gaentzsch, in Berliner Kommentar, § 5 Rdnr. 24

Diesen Anforderungen genügen die textlichen Darstellungen im Flächennutzungsplan nur teilweise.

Die Darstellung des FOC im Flächennutzungsplan ist nicht zu beanstanden.

Nach § 1 Abs. 2 Nr. 10 BauNVO können in Bebauungsplänen Sondergebiete als Art der baulichen Nutzung festgesetzt werden. Sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden, § 11 Abs. 1 BauNVO. Für sie sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung festzusetzen, § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO. § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO zählt beispielhaft auf, welche Gebiete als sonstige Sondergebiete in Betracht kommen. Genannt sind dort Ladengebiete, Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe.

Danach hat die Klägerin zulässigerweise Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel mit der Zweckbestimmung Herstellerdirektverkaufszentrum (FOC) im Flächennutzungsplan dargestellt. Ein FOC ist typischerweise als Einkaufszentrum im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO zu qualifizieren. Es handelt sich um eine private Versorgungseinrichtung mit einer speziellen Verkaufsform, die durch eine räumliche Konzentration, ein zugrunde liegendes gemeinsames Konzept und eine Verbundenheit der verschiedenen Einzelhandelsbetriebe durch Kooperation gekennzeichnet ist.

BVerwG, Urteil vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 - BRS 65 Nr. 10 (Designer Outlet Zweibrücken), Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, Rdnr. 140

Zulässig und geboten sind nach den dargelegten Grundsätzen neben der Festlegung der Zweckbestimmung auch die Angaben zur maximalen Verkaufsfläche insgesamt und der einzelnen Sortimente. Es handelt sich zwar um eine sehr detaillierte Darstellung. Sie wahrt jedoch den erforderlich Bezug zur städtebaulichen Konzeption "für das ganze Gemeindegebiet" (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Die vorgesehene Art der Bodennutzung - das FOC - kann sich - wie auch der Rat der Klägerin erkannt hat - in das Konzept für das gesamte Gemeindegebiet nur dann einfügen, wenn die maximalen Verkaufsflächen festgelegt sind. Die Angaben zu den Verkaufsflächen dienen der Bewältigung eines Nutzungskonfliktes von über die unmittelbar betroffenen Flächen hinaus gehender Bedeutung und bilden daher erst die Grundlage für eine sachgerechte Abwägung der maßgeblichen Belange. Der Flächennutzungsplan kann seine Aufgabe, den bestehenden Nutzungskonflikt zu lösen, nur gerecht werden, wenn eine derartige Verkaufsflächenbeschränkung im Flächennutzungsplan zulässig ist.

3.2

Im Übrigen sind die Darstellungen unter "II. Zeichenerklärung" nach den dargelegten Grundsätzen unzulässig. Die einzelnen textlichen Darstellungen des Flächennutzungsplans entsprechen nahezu wörtlich den Festsetzungen des im Parallelverfahren aufgestellten Bebauungsplans und werden damit den vorstehenden Anforderungen nicht gerecht. Sie stellen nicht mehr die Art der Bodennutzung im Gemeindegebiet in den Grundzügen dar und lassen eine weitere Entwicklung nicht mehr zu. Dies betrifft die zu den Mischbauflächen MI und MI 1 aufgeführten Nutzungsausschlüsse nebst Ausnahmen und die Absätze 2, 4, 5 und 6 der Darstellungen zu dem Sondergebiet SO 5. Abgesehen davon gelten die § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO nur für Bebauungspläne, so dass auch deshalb Einzelhandels- und sonstige Ausschlüsse für gemischte Bauflächen oder Sonderbauflächen unzulässig sind.

3.3

Die vorstehenden Mängel des Flächennutzungsplans rechtfertigen allerdings nicht die Versagung der beantragten Genehmigung. Die Beklagte ist unter Beachtung der dargelegten Rechtsauffassung verpflichtet, der Klägerin die Genehmigung mit Maßgaben zu erteilen.

Die Aufsichtsbehörde ist nicht nur befugt, sondern auch verpflichtet, vor einer Versagung der Genehmigung eines Flächennutzungsplans zu prüfen, ob und wie Versagungsgründe ausgeräumt werden können. In Betracht kommen insoweit neben dem Ausnehmen von Teilen des Flächennutzungsplans von der Genehmigung gemäß § 6 Abs. 3 BauGB die Erteilung von Auflagen bzw. die Genehmigung mit Maßgaben.

Auflagen nach § 36 VwVfG NRW sind zulässig, soweit sie mit dem Charakter des Bauleitplans vereinbar sind und gewährleisten, dass die strengen verfahrensrechtlichen Vorschriften der §§ 2 bis 13 BauGB eingehalten werden.

Insbesondere kann unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit einer Auflage oder Maßgabe eine inhaltliche Korrektur gefordert werden, um eine Versagung der Genehmigung zu vermeiden. Anerkannt ist insoweit die Forderung nach einer Verkleinerung des Baugebiets, von zusätzlichen Anpflanzungen, einer inhaltlichen Ergänzung der Begründung oder einer Streichung von Ausnahmetatbeständen.

Vgl. Schrödter, BauGB, 7. Aufl., § 6 Rdnr. 19

Die Aufsichtsbehörde erklärt damit verbindlich, dass die Gemeinde den Plan ohne erneute Vorlage in Kraft setzen darf, wenn sie die Auflagen erfüllt. Nach dem Grundsatz, dass sich der Inhalt des Bauleitplans mit dem Feststellungsbeschluss nach § 5 BauGB decken muss, darf die Gemeinde den Plan erst in Kraft setzen, wenn der Rat die Auflagen durch einen Beitrittsbeschluss erfüllt hat und der Plan entsprechend geändert wurde.

Vgl. Schrödter ebenda.

So liegt der Fall hier. Die dargestellten Mängel lassen sich durch eine Streichung der unzulässigen textlichen Darstellungen beseitigen, weil dadurch die Grundkonzeption der Planung nicht in Frage gestellt wird. Eine vollständige Versagung der Genehmigung wäre damit unverhältnismäßig.



Ende der Entscheidung

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