Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 05.06.2009
Aktenzeichen: 10 A 2001/08
Rechtsgebiete: DSchG NRW, VwGO


Vorschriften:

DSchG NRW § 2
DSchG NRW § 3 Abs. 1 Satz 2
VwGO § 43 Abs. 2 Satz 1
Bestehen Unklarheiten über den Inhalt einer denkmalrechtlichen Unterschutzstellung, kann eine Feststellungsklage zur Klärung der Frage, ob ein bestimmtes Objekt in die Denkmalliste eingetragen ist, in Betracht kommen. Besteht das Klageziel darin, eine Unterschutzstellung zu beschränken oder zu erweitern, muss ggf. eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erhoben werden.
Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Umfang einer denkmalrechtlichen Unterschutzstellung.

Die Klägerin ist Erbpachtberechtigte des Grundstücks Gemarkung R.,Flurstück 94, auf dem sich die wesentlichen Teile einer aus dem 13. bis 16. Jahrhundert stammenden Wasserburg befinden; die Gräftenanlage der Burg erstreckt sich zusätzlich auf die Flurstück 95 und 214. Die Gesamtanlage steht im Eigentum der beklagten Stadt. Durch Bescheid vom 31.5.1985 wurde dem Rechtsvorgänger der Klägerin mitgeteilt, dass "die Burganlage samt Vorburg" auf dem Flurstück 94 in die Denkmalliste eingetragen sei; zum Umfang der Unterschutzstellung wurde auf einen Auszug aus der Denkmalkartei verwiesen. Darin wurde die Anlage mit der postalischen Bezeichnung "H. 2, 4, 6, 8" benannt. Einer Kartenskizze lässt sich die Anordnung der Gebäude entnehmen; die Kernburg sowie drei Gebäude der Vorburg sind typografisch hervorgehoben.

Im Zuge der Restaurierungsarbeiten - der Rechtsvorgänger der Klägerin sowie diese selbst ergänzten vorhandene Gebäudereste und fügten neue Gebäude hinzu - kam es zum Streit über den Umfang der Unterschutzstellung. Durch Bescheid vom 22.9.2004 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die "Vorburganlage der Wasserburg inklusive der Gräftenanlage, ... Flurstücke 94tw, 95tw und 214tw ... ergänzend zum Bescheid von 1985 in die Denkmalliste" eingetragen worden sei. In der Anlage zu diesem Bescheid ist - wie in der Karteikarte von 1985 - das zur Vorburg gehörende Gebäude Nr. 4 (Scheune) markiert; zusätzlich sind die Gräftenanlage und die an die Scheune anschließende Vorburgmauer farblich gekennzeichnet, nicht aber die Gebäude Nr. 2 und 6 (Werkstatt und Wohnhaus). Gegen die Unterschutzstellung der Gräftenanlage erhob der Beklagte Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.

Die Klägerin hat Klage erhoben mit dem Antrag,

festzustellen, dass die historische Wasserburganlage ... in ihrer Gesamtheit samt Vorburg (mit Ausnahme der Gräftenanlage) und in ihrem durch Wiederaufbau und Erneuerungen im 20. Jahrhundert geschaffenen Zustand als Baudenkmal ... in die Denkmalliste eingetragen ist.

Das VG hat die als zulässig erachtete Klage mit der Begründung abgewiesen, die Eintragung in die Denkmalliste sei unbestimmt, so dass die begehrte Feststellung nicht getroffen werden könne.

Gründe:

Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist - wie das VG zutreffend ausgeführt hat - statthaft und zulässig. Zwar kann im System des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzrechts eine Feststellungsklage nicht mit dem Ziel erhoben werden, die Denkmaleigenschaft von Gebäuden oder anderen möglicherweise denkmalwürdigen Objekten klären zu lassen. Dies kann im Hinblick auf § 3 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW vielmehr nur entweder durch eine gegen eine Eintragung gerichtete Anfechtungsklage oder durch eine auf Unterschutzstellung gerichtete Verpflichtungsklage geschehen. Eine Feststellungsklage ist jedoch dann statthaft, wenn Unklarheit über den Inhalt einer Unterschutzstellung besteht, d.h. darüber, ob die nach dem Landesrecht konstitutive Eintragung eines bestimmten Objekts erfolgt ist oder nicht. In einem solchen Verfahren spielt die Frage, ob die Voraussetzungen für die Eintragung (§ 2 DSchG NRW) vorliegen oder nicht, keine Rolle; falls die Denkmaleigenschaft eines von der Unterschutzstellung betroffenen Objekts fehlt oder die Denkmalwürdigkeit eines nicht erfassten Objekts anzunehmen ist, wäre dies eine Frage der materiellen Richtigkeit des Unterschutzstellungsbescheids und könnte nur - wie ausgeführt - Gegenstand einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage sein.

Danach ist die Feststellungsklage der Klägerin statthaft und zulässig. Denn der Beklagte als untere Denkmalbehörde und die Klägerin als Erbpachtberechtigte verstehen die Bescheide vom 31.5.1985 und 22.9.2004 unterschiedlich: Während die Klägerin der Ansicht ist, alle auf dem Flurstück 94 befindlichen Gebäude seien als Bestandteile der Wasserburganlage von der Unterschutzstellung erfasst, meint der Beklagte, dies treffe nur auf einzelne, nicht aber auf alle Gebäude zu. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO steht nicht entgegen. Denn die Anfechtung des Bescheids vom 22.9.2004 hätte die Unsicherheit hinsichtlich der Auslegung des Bescheids vom 31.5.1985 nicht beseitigt, und eine Verpflichtungsklage auf Erweiterung der Unterschutzstellung - die der Klägerin als Erbpachtberechtigter grundsätzlich offen stünde - wäre von ihrem Standpunkt, wonach alle Gebäude bereits von der Unterschutzstellung erfasst seien, unnötig gewesen.

Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Sie zielt nach der Antragsfassung (ausschließlich) darauf, dass die Burganlage in ihrer Gesamtheit (ohne Gräftenanlage) in die Denkmalliste eingetragen sei. Dies ist nicht der Fall. Den Bescheiden vom 31.5.1985 und 22.9.2004 lässt sich entgegen der Annahme des VG der Umfang der Unterschutzstellung durch Auslegung entnehmen. Danach ist die gesamte innere Burganlage einschließlich der durch Wiederaufbau und Erneuerungen geschaffenen Gebäude(teile) in die Denkmalliste eingetragen, während von der Vorburg lediglich das Rentmeisterhaus (Nr. 6) und die Scheune (Nr. 4) sowie die an die Scheune anschließende Vorburgmauer bis zum Wohnhaus als Teil u.a. des Stallgebäudes und der ehemaligen Werkstatt (Nr. 2) von der Unterschutzstellung erfasst sind. Ebenfalls Bestandteil der Unterschutzstellung ist die gesamte Gräftenanlage, während weitere Gebäude oder Gebäudeteile nicht in die Denkmalliste eingetragen sind.

Die Auffassung des VG, der Bescheid vom 31.5.1985 sei unbestimmt, so dass sich ihm - auch in Verbindung mit dem Bescheid vom 22.9.2004 - der Umfang der Unterschutzstellung nicht entnehmen lasse, teilt der Senat nicht. Zutreffend ist allerdings die Annahme des VG, dass eine denkmalrechtliche Unterschutzstellung unzweideutig erkennen lassen muss, welche Gebäude oder Gebäudeteile von der Unterschutzstellung erfasst sein sollen. Falls erforderlich muss auch präzise angegeben sein, welche Teile eines größeren Grundstücks von der Eintragung in die Denkmalliste betroffen sind und welche nicht; schließlich ist ggf. deutlich zu machen, ob sich die Unterschutzstellung nur auf die Kubatur eines Gebäude oder auf das gesamte Gebäude einschließlich der Raumaufteilung und aller fest eingebauten Ausstattungsgegenstände bezieht. Die danach unabdingbare Bestimmtheit der Unterschutzstellung muss bei einem aus mehreren Bestandteilen oder Gebäuden bestehenden Denkmal jedoch nicht notwendig durch eine Aufzählung aller von der Unterschutzstellung erfassten Gebäude(teile) erreicht werden, auch wenn dies in vielen Fällen klarer sein mag. Auch die pauschale Benennung eines Denkmals - etwa als "Burganlage ..." -, verbunden mit einer Parzellenbezeichnung, kann hinreichend bestimmt sein. In einem solchen Fall wären von der Unterschutzstellung alle zur Burganlage gehörenden Gebäude auf dem genannten Flurstück erfasst.

Im vorliegenden Fall hat die Untere Denkmalbehörde durch ihren Bescheid vom 31.5.1985 jedoch nicht den Weg einer pauschalen Bezeichnung des Denkmals gewählt. Sie hat durch die Beschreibung des Denkmals, die Angabe der Gebäudebezeichnungen im konstitutiven Teil der Denkmalkarteikarte (Straße "H." Nr. 2, 4, 6 und 8) und eine mit diesen Angaben übereinstimmende zeichnerische Darstellung den Umfang der Unterschutzstellung auf den Gebäudebestand der inneren Burg (Hauptburg) sowie drei Gebäude der Vorburg beschränkt. In die Denkmalliste eingetragen waren neben der Gesamtheit der zur inneren Burg gehörenden Gebäude und Gebäudeteile danach nur die 1916 restaurierte Scheune und das ehemalige Rentmeisterhaus. Soweit die Eintragung sich auch auf das ehemalige Werkstattgebäude (Straße H. Nr. 2) bezog, ging sie ins Leere, da dieses Gebäude zum Zeitpunkt der Eintragung bereits nicht mehr bestand; insoweit ist der Bescheid vom 31.5.1985 rechtswidrig, nicht aber unbestimmt. Der Umstand, dass zahlreiche Gebäude der Vorburg - Trafostation, Stellplätze, Wohnhaus, Remise - in der Auflistung der postalischen Anschriften fehlen und dementsprechend in der zeichnerischen Darstellung nicht hervorgehoben sind, führt ebenfalls nicht zur Unbestimmtheit der Unterschutzstellung, sondern ist lediglich dahin zu verstehen, dass diese Gebäude von der Unterschutzstellung nicht erfasst sind. Ob dies im Hinblick auf § 2 DSchG NRW rechtmäßig ist oder nicht, ist keine Frage der Bestimmtheit des Bescheids, sondern seiner Rechtmäßigkeit im Übrigen.

Dieser Bestand der Unterschutzstellung, der sich dem Bescheid vom 31.5.1985 durch Auslegung entnehmen lässt, ist durch den Bescheid vom 22.9.2004 klargestellt und erweitert worden. Die Erweiterung bezieht sich zum Einen auf die Einbeziehung der Gräftenanlage in den Bestand der Unterschutzstellung, zum Anderen auf die Unterschutzstellung der an die Scheune anschließenden Vorburgmauer in ihrer vollen Länge bis zum Wohnhaus. Die Klarstellung bezieht sich auf den Umstand, dass das ehemalige Werkstattgebäude nicht im Ganzen von der Unterschutzstellung erfasst wird, sondern nur insoweit, als es möglicherweise einen Teil der jetzt unter Schutz gestellten Vorburgmauer umfasst. An der Unterschutzstellung des ehemaligen Rentmeisterhauses hat der Bescheid vom 22. September 2004 nichts geändert, ebensowenig an der Einbeziehung der Scheune in die Unterschutzstellung; ihre zeichnerische Hervorhebung in der Anlage zum Bescheid bzw. die Unterlassung der Hervorhebung des Rentmeisterhauses sind nicht konstitutiv.

Der Umstand, dass in dem Bescheid vom 22.9.2004 die Flurstücke 95 und 214 erwähnt sind, führt entgegen der Annahme der Klägerin nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Denn dieser ist sowohl an die Eigentümerin der Gesamtanlage - die beklagte Stadt - als auch an die bezüglich eines Teils der Anlage erbpachtberechtigte Klägerin gerichtet und soll den Bestand des gesamten Denkmals - nicht nur des von der Klägerin genutzten Teils - in Verbindung mit dem Bescheid vom 31.5.1985 verbindlich festlegen. Dasselbe gilt auch für die Entscheidung der Unteren Denkmalbehörde, die Unterschutzstellung nicht insgesamt neu zu fassen - was allerdings einfacher und klarer gewesen wäre als etwa die Scheune im Bescheid vom 22.9.2004 erneut zu markieren, nicht aber das ehemalige Rentmeisterhaus -, sondern auf zwei Bescheide aufzuteilen. Denn aus der Zusammenschau beider Bescheide lässt sich - wie dargestellt - eine eindeutige Abgrenzung der Unterschutzstellung ableiten.

Die Auslegung der Bescheide vom 31.5.1985 und 22.9.2004 ergibt nach den vorstehenden Ausführungen, dass der Bestand der Unterschutzstellung des Denkmals "Burganlage H." hinreichend klar abgegrenzt ist und insbesondere die in den Bescheiden nicht genannten Gebäude nicht erfasst. Die auf die Feststellung der Unterschutzstellung des gesamten Gebäudebestandes gerichtete Feststellungsklage ist daher unbegründet und vom VG im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden. Für eine teilweise Stattgabe war im Hinblick auf das Feststellungsbegehren - Unterschutzstellung der Anlage in ihrer Gesamtheit ohne Gräftenanlage - kein Raum.

Die Frage, ob die von der Unterschutzstellung bisher nicht erfassten Gebäude als Bestandteil der Burganlage denkmalwert sind und ebenfalls in die Denkmalliste eingetragen werden müssten, kann offen bleiben, da eine Ausweitung der Unterschutzstellung - wie ausgeführt - im Rahmen einer Feststellungsklage nicht erreicht werden kann.

Ende der Entscheidung

Zurück