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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 15.11.2007
Aktenzeichen: 10 A 3015/05
Rechtsgebiete: BauO NRW


Vorschriften:

BauO NRW § 35 Abs. 5
BauO NRW § 35 Abs. 6
BauO NRW § 61 Abs. 1 S. 2
1.) Wegen besonderer Feuerübertragungsgefahr müssen Öffnungen in Dächern von aneinandergebauten giebelständigen Gebäuden nach § 35 Abs. 5 Satz 3 BauO NRW mindestens 2 m von dem Gebäudeabschluss entfernt sein.

2.) Eine geringere Entfernung zur gemeinsamen Grundstücksgrenze ist nur zulässig, wenn aufgrund einer entsprechenden Einigung der Nachbarn der erforderliche Mindestabstand von 4 m zu Öffnungen in der gegenüberliegenden Dachfläche dauerhaft gesichert ist.

3.) Eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 2 m verletzt auch dann Nachbarrechte, wenn sich im gegenüberliegenden Dach noch keine Öffnungen befinden.


Tatbestand:

Das Zweifamilienhaus der Kläger und ein südlich hiervon gelegenes Einfamilienhaus sind an der gemeinsamen Grundstücksgrenze versetzt traufseitig auf einer Länge von 7,25 m aneinandergebaut. Die beiden Häuser haben ein Satteldach und sind giebelständig zur Straße ausgerichtet. Die südliche Dachfläche des Wohnhauses der Kläger und die nördliche Dachfläche des benachbarten Gebäudes sind - soweit die Häuser aneinandergebaut sind - einander zugewandt. Im Januar 2003 bauten die Kläger nachträglich in die südliche Dachfläche ihres Hauses zur Belichtung ihres Bades ca. 50 cm von der Grundstücksgrenze und ca. 75 cm von der gegenüber liegenden Dachfläche entfernt ein Dachflächenfenster ein. Auf die Beschwerde der Nachbarin beim Beklagten gab dieser den Klägern auf, das eingebaute Dachflächenfenster zurückzubauen, die Dachhaut zu schließen und in der Feuerwiderstandsklasse F 30 wiederherzustellen. Widerspruch, Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Gründe:

Nach § 61 Abs. 1 BauO NRW haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, der Änderung, dem Abbruch, der Nutzung, der Nutzungsänderung sowie der Instandhaltung baulicher Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Sie haben in Wahrnehmung dieser Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Die angefochtene Ordnungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere hat die gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 3a BauO NRW zuständige Behörde gehandelt und es sind auch weder Verfahrens- noch Formverstöße ersichtlich.

Die Verfügung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat den Klägern zu Recht aufgegeben, das Dachfenster in der südlichen Dachhälfte ihres Hauses zurückzubauen, die Dachhaut zu schließen und in der Feuerwiderstandsklasse F 30 wiederherzustellen.

Die Voraussetzungen für ein Einschreiten liegen vor. Der Einbau des Dachfensters verstößt gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, nämlich gegen § 35 Abs. 5 Satz 3 in Verbindung mit Satz 2 BauO NRW.

Über das allgemeine Erfordernis einer harten Bedachung gemäß § 35 Abs. 1 BauO NRW hinaus können nach § 35 Abs. 5 BauO NRW an Dächer, bei denen aufgrund ihrer Anordnung die Übertragung von Feuer auf andere Gebäude oder Gebäudeteile zu befürchten ist, besondere Anforderungen gestellt werden. Bei aneinandergebauten giebelständigen Gebäuden ist das Dach für eine Brandbeanspruchung von innen nach außen in der Feuerwiderstandsklasse F 30 herzustellen. Öffnungen in Dachflächen müssen mindestens 2 m von dem Gebäudeabschluss entfernt sein; eine geringere Entfernung ist zulässig, wenn der Abstand zu Öffnungen in der gegenüberliegenden Dachfläche mindestens 4 m beträgt.

Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber der erhöhten Brandübertragungsgefahr begegnen, die insbesondere für aneinandergebaute giebelständige Gebäude besteht. Diese Gebäude, die mit ihren Giebelseiten zur Straße ausgerichtet sind, sind mit ihren Traufseiten aneinander gebaut. Bei solchen Häusern stoßen die Dächer im Bereich der gemeinsamen Traufe in erheblichem Maße unmittelbar aneinander.

Vgl. Gädtke/Temme/Heintz, BauO NRW, 10. Aufl. 2003, § 35 Rn. 16 f.; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Loseblatt-Kommentar, Stand: August 2007, § 35 Rn. 13 f.

Für diese Fallgruppe werden die Anforderungen an den Brandschutz in § 35 Abs. 5 Sätze 2 und 3 BauO NRW konkretisiert. Auch wenn die aneinandergebauten giebelständigen Gebäude ausdrücklich nur in Satz 2 genannt sind, gilt auch die Regelung des Satzes 3 für diese Gebäude. Das ergibt sich einerseits aus dem Gesamtzusammenhang insbesondere in Abgrenzung des § 35 Abs. 5 Satz 3 BauO NRW zur allgemeinen Regelung von Dachöffnungen in § 35 Abs. 6 BauO NRW und andererseits vor dem Hintergrund der anerkanntermaßen bestehenden erhöhten Brandübertragungsgefahr bei diesen Gebäuden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.2.1998 - 11 A 5331/97 -; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, a. a. O., § 35 Rn. 14 ff.; Gädtke/Temme/Heintz, a. a. O., § 35 Rn. 17 ff.

Die Regelungen des § 35 Abs. 5 Sätze 2 und 3 BauO NRW sind hier anwendbar, da das Haus der Kläger und das Nachbarhaus an der Traufe miteinander baulich verbunden und die Giebel zur Straße ausgerichtet sind.

Zur Abwehr der bei diesen Dächern erhöhten Brandgefahr fordert die nachbarschützende Bestimmung des § 35 Abs. 5 Satz 3 BauO NRW einen dauerhaften Mindestabstand von 4 m zwischen den Dachöffnungen verschiedener Gebäude, zu dem jeder Nachbar im Grundsatz 2 m beizutragen hat.

Dieser wird nach Halbsatz 1 dieser Bestimmung grundsätzlich dadurch erreicht, dass jedes Dachfenster zu seiner Grundstücksgrenze einen Abstand von 2 m einzuhalten hat. Bei dem hier streitigen Dachflächenfenster im Haus der Kläger handelt es sich um eine derartige Öffnung. Es erfüllt nicht die Feuerwiderstandsklasse F 30 und gewährleistet nicht die Schließung bei Brand. Es steht mit Halbsatz 1 nicht im Einklang, da dessen Entfernung bis zum Gebäudeabschluss geringer als 2 m ist. Nach der durch den Berichterstatter des Senats vorgenommenen Messung ist das Dachflächenfenster nur ca. 50 cm entfernt vom Gebäudeabschluss. Auch die ursprünglich vom Beklagten ermittelte Distanz von 60 - 70 cm liegt deutlich unterhalb der erforderlichen 2 m.

Auf die Ausnahmeregelung des Halbsatzes 2 dieser Bestimmung können sich die Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar befindet sich gegenwärtig in einem Abstand von 4 m vom Dachflächenfenster des Hauses der Kläger in der gegenüberliegenden Dachfläche keine Öffnung.

Von der Grundregel, dass ein Abstand von 2 m auf dem eigenen Grundstück einzuhalten ist, darf aus Gründen des Brandschutzes aber nur dann abgewichen werden, wenn aufgrund einer entsprechenden Einigung der Nachbarn dauerhaft eine Entfernung von 4 m zwischen den Öffnungen in den benachbarten Dachflächen gesichert ist.

An einer solchen Einigung der Kläger mit ihrer Nachbarin über die Einhaltung des Abstands fehlt es hier.

Der Wortlaut des § 35 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 BauO NRW zwingt - entgegen der Auffassung der Kläger - zu keinem anderen Verständnis.

Der in Art. 20 Abs. 3 GG als Element des Rechtsstaatsprinzips angeordnete Vorrang des Gesetzes bedeutet nicht, dass der Richter am Wortlaut einer Norm "haltzumachen" hat. Seine Bindung an das Gesetz bedeutet nicht Bindung an dessen Buchstaben mit dem Zwang zu wörtlicher Auslegung, sondern Gebundensein an Sinn und Zweck des Gesetzes. Zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der Richter der verschiedenen, insbesondere der systematischen und der teleologischen Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen. Sie stehen zur grammatischen Auslegung im Verhältnis gegenseitiger Ergänzung.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.6.1973 - 1 BvL 39/69 und 14/72 -, BVerfGE 35, 263 (278 f.); Beschluss vom 30.3.1993 - 1 BvR 1045/89, 1381/90 und 1 BvL 11/90 -, BVerfGE 88, 145 (166 f.).

Sinn und Zweck des § 35 Abs. 5 S. 3 Halbsatz 2 BauO NRW verlangen die Dauerhaftigkeit des nötigen Abstands aufgrund einer Einigung der Nachbarn. Wie oben dargelegt, ist es Zweck des § 35 Abs. 5 Sätze 2 und 3 BauO NRW, der erhöhten Brandübertragungsgefahr in den Fällen zu begegnen, in denen die Dächer der Nachbarhäuser im Bereich der Traufen unmittelbar aneinander stoßen. Insoweit ist es für den Nachbarschutz von besonderer Wichtigkeit, dass die Entfernung zwischen den für die Brandübertragung besonders gefährlichen Öffnungen in den Dächern dauerhaft mindestens 4 m beträgt. Dies wird in der Regel durch den in § 35 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 BauO NRW vorgesehenen Abstand von jeweils 2 m von dem Gebäudeabschluss erreicht. Hiervon will auch die Bestimmung des § 35 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 BauO NRW nicht abweichen. Der danach zulässige geringere Abstand als 2 m von dem Gebäudeabschluss erfordert aber eine entsprechende Einigung der Nachbarn. Denn für die Einhaltung des gesetzlich geforderten Mindestabstands von 4 m wird in einem solchen Fall das nachbarliche Grundstück in Anspruch genommen. Grundsätzlich müssen jedoch auf dem jeweiligen Baugrundstück selbst baurechtmäßige Verhältnisse herrschen. Dritte können nicht gezwungen werden, die Voraussetzungen für die Bebaubarkeit des Grundstücks zu schaffen.

Vgl. Boeddinghaus/Hahn/Schulte, a. a. O., § 83 Rn. 1; Gädtke/Temme/Heintz, a. a. O., § 6 Rn. 175.

Ohne eine entsprechende Einigung wird ansonsten unbefugt und damit rechtswidrig in die nachbarlichen Rechte eingegriffen. Zwar könnte der Nachbar nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 35 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 BauO NRW weiterhin in einem Abstand von 2 m zu seiner Grenze Dachflächenfenster einbauen. Der gesetzlich erforderliche Gesamtabstand von 4 m zur nächsten Öffnung wäre dann aber nicht sichergestellt und damit die besondere Brandübertragungsgefahr nicht ausgeschlossen. Der Nachbar müsste dann zur Vermeidung dieser Gefahr entweder sein Dachflächenfenster an einer anderen Stelle einbauen - sofern dies überhaupt möglich ist - oder abwarten, bis die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung des Dachflächenfensters auf dem angrenzenden Grundstück durchgesetzt hätte. Eine derartige Beschränkung der Rechte des Nachbarn durch den Erstbauenden widerspricht der Rechtsordnung.

Für eine restriktive Auslegung des § 35 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 BauO NRW spricht schließlich, dass es sich bei dieser Bestimmung um eine gesetzliche Ausnahmeregelung handelt, die nur in der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen geregelt ist. Eine derartige Ausnahmebestimmung von der Grundregel des ersten Halbsatzes findet weder in der Musterbauordnung 2002 noch in den anderen Bauordnungen der deutschen Länder eine Entsprechung.

Vgl. hierzu die Übersicht bei: Reichel/Schulte (Hrsg.), Handbuch Bauordnungsrecht, München 2004, 7. Kapitel, Teil 6 Rn. 70 f.

Überdies ergibt sich die Ausnahmestellung auch im Hinblick auf die Grundregelung in § 35 Abs. 6 BauO NRW. Denn hiernach sollen lichtdurchlässige Bedachungen - zu denen Dachöffnungen zu rechnen sind - grundsätzlich von der Gebäudeabschlusswand einen Mindestabstand von 1,25 m einhalten. Da diese Regelung für Dächer im Allgemeinen gilt, kann bei einer Öffnung von Dächern mit einer gesteigerten Brandübertragungsgefahr ein geringerer Abstand nur zugelassen werden, wenn ein hinreichender Abstand zum nächsten Fenster dauerhaft gegeben ist.

Der so durch Auslegung bestimmte Regelungsgehalt des § 35 Abs. 5 Satz 3 BauO NRW verstößt entgegen den Ausführungen der Kläger nicht gegen das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentumsrecht. Dieses wird nicht in seinem Wesensgehalt angetastet, vielmehr handelt es sich hierbei um eine zulässige Bestimmung der Schranken des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Es bestehen insoweit keine Bedenken gegen eine brandschutzrechtliche Regelung zur Einhaltung eines Abstands von Dachfenstern. Es ist im Hinblick auf das Eigentumsrecht auch nicht zu beanstanden, dass der erforderliche Abstand nur dann auf dem nachbarlichen Grundstück liegen darf, wenn die Nachbarn sich hierüber verständigt haben. Ansonsten stehen die Eigentumsrechte des Nachbarn an seinem Grundstück einer unbefugten Inanspruchnahme durch den Bauherrn entgegen.

Da es im vorliegenden Fall bereits an der Einigung der Nachbarn fehlt, bedarf es nicht der Klärung, ob es zur Sicherung des hier fraglichen Brandschutzabstandes einer Baulast bedarf oder nicht.

Einem Einschreiten steht nicht die Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung für das Dachfenster entgegen. Eine Genehmigung für dieses Fenster besteht nicht. Der Beklagte hat vielmehr unter Ziffer 9. der "Nebenbestimmungen spezieller Art" in der einem Rechtsvorgänger der Kläger erteilten Baugenehmigung für das Zweifamilienhaus geregelt, dass das seinerzeit vorgesehene Dachfenster im Bad entfallen müsse, weil der erforderliche Abstand zur Brandwand nicht eingehalten sei. Den gegen diese Nebenbestimmung eingelegten Widerspruch haben die Rechtsvorgänger der Kläger später zurückgenommen.

Für das materiell baurechtswidrige Dachflächenfenster besteht auch kein aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG herzuleitender Bestandsschutz. Hierfür hätte das Fenster jedenfalls zeitweise nach seinem Einbau materiell zulässig gewesen sein müssen. Dies ist aber nicht der Fall. Die maßgebliche Bestimmung des § 35 Abs. 5 Satz 3 BauO NRW galt bereits beim Einbau des Fensters im Jahre 2003.

Die Verfügung des Beklagten, die zutreffend gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 OBG NRW gegen die Kläger als Eigentümer des von der Verfügung betroffenen Grundstücks gerichtet ist, ist auch im übrigen nicht zu beanstanden.

Ermessensfehler des Beklagten im Sinne des § 114 VwGO sind nicht gegeben. Das Entschließungsermessen der Bauaufsichtsbehörde ist regelmäßig auf eine Pflicht zum Einschreiten reduziert, wenn die Baurechtswidrigkeit einer baulichen Anlage auf der Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Rechts beruht.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22.1.1996 - 10 A 1464/92 -, BRS 58 Nr. 115, und vom 22.8.2005 - 10 A 3611/03 -.

Dies ist hier der Fall, weil es sich bei der Bestimmung des § 35 Abs. 5 Satz 3 BauO NRW im Hinblick auf den beabsichtigten Schutz vor der Brandübertragungsgefahr um eine nachbarschützende Regelung handelt.

Gründe, die es dem Beklagten ermöglichten, ausnahmsweise von einem Einschreiten abzusehen, sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere steht einer Inanspruchnahme der Kläger kein Vertrauensschutz entgegen. Der Beklagte hat bereits mit der für das Haus der Kläger erteilten Baugenehmigung ausdrücklich den schon seinerzeit beabsichtigten Einbau eines Dachflächenfensters aus Brandschutzgründen wegen eines unzureichenden Abstands untersagt. Im übrigen fehlt es hier auch an tatsächlichen Umständen, die einen Vertrauensschutz begründen könnten. Es ist insbesondere keine entsprechende Praxis des Beklagten ersichtlich zur Zulässigkeit von Dachfenstern ohne eine Einigung der Nachbarn über die Einhaltung des erforderlichen Abstands.

Auch das vom Beklagten gewählte Mittel ist nicht zu beanstanden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist gewahrt. Die Verpflichtung zum Rückbau des Dachfensters zusammen mit der Schließung der Dachhaut - die gemäß § 35 Abs. 5 Satz 2 BauO NRW in der Feuerwiderstandsklasse F 30 zu geschehen hat - ist erforderlich, um den Verstoß gegen die Bestimmung des § 35 Abs. 5 Satz 3 BauO NRW zu beseitigen. Eine etwaige Verpflichtung der Kläger, das Fenster zurückzubauen, sobald der Nachbar seinerseits ein Fenster einbaut, stellt kein milderes Mittel dar. Denn aus den oben dargelegten Gründen tritt der Verstoß gegen § 35 Abs. 5 Satz 3 BauO NRW nicht erst durch einen möglichen Einbau des Fensters auf dem Nachbargrundstück ein. Vielmehr ist er bereits dadurch gegeben, dass die Kläger ohne eine entsprechende Einigung mit ihrer Nachbarin ein Fenster ohne die Einhaltung eines Abstands von 2 m zur Grenze eingebaut haben.

Der Eingriff ist auch nicht unangemessen. Es stellt auch unter Berücksichtigung von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG keine übermäßige Belastung dar, dass die Kläger wegen eines Verstoßes gegen eine brandschutzrechtliche Bestimmung ein Dachflächenfenster zurückbauen müssen. Der gesetzlich vorgesehene vorbeugende Brandschutz zu Gunsten der Nachbarn ist unabhängig von einer akuten Brandgefahr wichtiger als das wirtschaftliche Interesse der Kläger, keinen Rückbau des Fensters durchführen zu müssen.

Im übrigen weist der Senat darauf hin, dass die Kläger nach § 21 Satz 2 OBG NRW die Möglichkeit haben, ein konkretes Austauschmittel anzubieten. Durch das Angebot eines Austauschmittels wird aber die Rechtmäßigkeit einer verhältnismäßigen Ordnungsverfügung nicht berührt.

Ende der Entscheidung

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