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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 26.08.2008
Aktenzeichen: 10 A 3250/07
Rechtsgebiete: DSchG NRW, GG


Vorschriften:

DSchG NRW § 2 Abs. 1
DSchG NRW § 2 Abs. 2
DSchG NRW § 4 Abs. 3
DSchG NRW § 7
DSchG NRW § 27 Abs. 2
GG Art. 14 Abs. 1
1. Der Eigentümer hat einen Rechtsanspruch auf Löschung eines Objekts aus der Denkmalliste, wenn die Denkmaleigenschaft nach der Eintragung in die Denkmalliste weggefallen ist.

2. Vorrangiges Ziel des Denkmalschutzgesetzes NRW ist es, Denkmäler in ihrer historischen Substanz als "sichtbare Identitätszeichen" für historische Umstände zu bewahren.

3. Laufende Erhaltungsarbeiten an einem Baudenkmal führen regelmäßig nicht zum Verlust der Denkmaleigenschaft.

4. Die Zerstörung eines für sich genommen weniger bedeutenden Teils eines Baudenkmals kann zum Verlust der Denkmaleigenschaft insgesamt führen, wenn das Objekt schon bei seiner Unterschutzstellung nur über einen die Denkmaleigenschaft gerade noch begründenden Anteil an historischer Substanz verfügt hat. Dabei ist keine prozentuale, sondern eine qualitative Betrachtung jedes Einzelfalles vorzunehmen.

5. Die Rekonstruktion zerstörter Originalsubstanz kann denkmalrechtlich zulässig sein, wenn sie einer Gefährdung des noch vorhandenen Zeugnischarakters begegnet und nicht zur Zerstörung weiterer historischer Substanz führt. Wenn hingegen ohne die Rekonstruktion ein Torso ohne eigenständige Denkmalaussage verbliebe, vermag die Rekonstruktion den Wegfall der Denkmaleigenschaft nicht zu verhindern.

6. Einer Rekonstruktion kann als solcher eigenständiger Denkmalwert zukommen.


Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin zweier Grundstücke in der Innenstadt von C. Diese sind mit den Gebäuden des 1983 in die Denkmalliste der Beklagten eingetragenen Lichtspieltheaters Metropol bebaut. Die Klägerin begehrt die Löschung dieser Eintragung.

Das Metropol wurde 1929 als Großkino mit einem prächtigen Kuppelsaal für etwa 1.200 Zuschauer im Stil des Art Déco eröffnet. Es war den großen Theaterbauten mit Foyers, Garderoben, Café, Saal mit Rang, Bühne, Orchestergraben und Künstlergarderoben nachempfunden. Nach der Beseitigung von Kriegsschäden wurde es seit 1946 wieder für zahlreiche Veranstaltungen genutzt. 1983 wurde es in die Denkmalliste eingetragen, weil es als eines der wenigen historischen Großkinos in Deutschland den Übergang von der Stummfilmzeit zum Tonfilm repräsentierte; diese Entscheidung wurde durch ein rechtskräftiges Urteil des OVG NRW vom 14.4.1987 bestätigt. Zu dieser Zeit wurde das Kino grundlegend erneuert: Kuppel, großer Saal und ein Teil des Bühnenhauses mit Orchestergraben wurden abgebrochen und rekonstruiert, unterhalb der Gebäudesohle wurde ein weiteres Kellergeschoss errichtet und im Untergeschoss sowie oberhalb der Kuppel drei kleine Kinosäle eingerichtet. Auch nach der Entscheidung von 1987 erteilte die Stadt C Baugenehmigungen, durch die u. a. der Abriss und die Neuerrichtung weiterer noch im Original vorhandener Teile des Gebäudes ermöglicht wurde.

Das VG wies die Klage auf Löschung des Metropol-Lichtspiel-theaters ab. Das OVG änderte diese Entscheidung ab und gab der Klage statt.

Gründe:

Das Lichtspieltheater Metropol hat - mit Ausnahme der Fassade (dazu 2.) - infolge der nach dem 14.4.1987 genehmigten und durchgeführten Umbauarbeiten die Eigenschaft als Baudenkmal verloren. Aus diesem Grunde ist es nach § 3 Abs. 4 DSchG NRW aus den Denkmalliste zu löschen (dazu 1.).

1. Nach § 3 Abs. 4 DSchG NRW ist die Eintragung eines Objekts aus der Denkmalliste von Amts wegen zu löschen, wenn die Eintragungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen. Die Vorschrift ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass der Eigentümer eines Denkmals einen Rechtsanspruch auf Löschung aus der Denkmalliste hat, wenn die Denkmaleigenschaft des eingetragenen Objekts entfallen ist. Zwar normiert § 3 Abs. 4 DSchG NRW einen solchen Anspruch nicht ausdrücklich und sieht auch kein entsprechendes Antragsrecht vor. Die Fortdauer einer sachlich nicht mehr gerechtfertigten Eintragung wäre jedoch unverhältnismäßig, weil mit dem Wegfall des öffentlichen Interesses an der Erhaltung und Nutzung des Objekts auch die mit der Eintragung verbundene Eigentumsbeschränkung nicht mehr zu rechtfertigen ist. Allerdings bietet § 3 Abs. 4 DSchG NRW nicht die Möglichkeit, die Unterschutzstellung selbst einer erneuten Prüfung zu unterziehen, sondern ist auf Fälle beschränkt, in denen die Denkmalwürdigkeit eines in die Denkmalliste eingetragenen Objekts nach der Eintragung entfallen ist.

OVG NRW, Beschluss vom 12.3.2007 - 10 A 1544/05 -, Urteile vom 17.2.1995 - 10 A 830/92 -, BRS 57 Nr. 265, und vom 29.5.1995 - 7 A 2329/91 -, BRS 57 Nr. 266.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im vorliegenden Falle erfüllt; von den folgenden Ausführungen ist jedoch die zum N-platz weisende Fassade des Gebäudes ausgenommen (dazu unten 2.). Das öffentliche Interesse am Erhalt des Metropol Lichtspieltheaters ist entfallen, weil vielfache Veränderungen des Gebäudes unter erheblichem Verlust an historischer Substanz dazu geführt haben, dass das Gebäude den ihm vormals eigenen Zeugniswert für diejenigen historischen Umstände eingebüßt hat, die seinen Denkmalwert nach dem Bescheid über die Eintragung in die Denkmalliste vom 27.10.1983 begründet haben (dazu 1.2). Zeitlicher Bezugspunkt für diese wertende Entscheidung ist die letzte mündliche Verhandlung in dem gegen die Unterschutzstellung gerichteten Anfechtungsrechtsstreit (dazu 1.1). Der Umstand, dass große Teile des Gebäudes nach Aufnahme der historischen Befunde in Annäherung an den Zustand bei Eröffnung im Jahre 1929 rekonstruiert worden sind, erhält oder verleiht dem Objekt einen Denkmalwert im vorliegenden Fall nicht (dazu 1.3).

1.1 Der Senat stellt die Wertung, dass es sich bei dem Metropol Lichtspieltheater im Zeitpunkt der Eintragung in die Denkmalliste (27.10.1983) und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem OVG NRW um ein Denkmal im Sinne des § 2 Abs. 1, 2 Satz 1 DSchG NRW gehandelt hat, nicht in Frage. Denn er ist - abgesehen davon, dass § 3 Abs. 4 DSchG NRW dies nicht erlaubt - insoweit durch die rechtskräftige Entscheidung des erkennenden Gerichts vom 14.4.1987 - 7 A 794/86 - gebunden. Dies führt dazu, dass es für die Frage, ob ein Anspruch auf Löschung aus der Denkmalliste besteht, nicht darauf ankommt, ob die Denkmaleigenschaft des Metropol bei Eintragung bzw. im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung zu Recht angenommen worden ist, sondern allein darauf, ob diese Eigenschaft nachträglich weggefallen ist.

Dies ändert allerdings nichts daran, dass der Senat den Zustand des Denkmals zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung bzw. ihrer gerichtlichen Bestätigung im Berufungsverfahren zu berücksichtigen hat. Zwar unterfällt mit der Unterschutzstellung stets das Denkmal im Ganzen den Wirkungen des Denkmalschutzgesetzes. Eine Unterscheidung zwischen historischer, die Unterschutzstellung begründender Substanz und anderen Teilen des Baudenkmals, die eine Unterschutzstellung für sich genommen nicht rechtfertigen könnten, ist in diesem Zusammenhang - abgesehen von den Fällen einer teilweisen Unterschutzstellung - nicht möglich. Dennoch muss der Senat berücksichtigen, dass das Metropol Lichtspieltheater im Zeitpunkt der Unterschutzstellung bzw. am Tag der letzten gerichtlichen Tatsachenverhandlung bereits in hohem Maße als Denkmal gefährdet war, weil erhebliche Teile der historischen Substanz - insbesondere der große Kinosaal und die Kuppel sowie das Bühnenhaus - zerstört oder durch Abbruch weggefallen waren; der Wertung durch den Senat ist lediglich die Frage entzogen, ob die Unterschutzstellung des im damaligen Zeitpunkt vorhandenen Gebäudes zu Recht erfolgt ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für die Prüfung, ob die Denkmaleigenschaft nachträglich weggefallen ist, der Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenverhandlung am 14.4.1987 und nicht derjenige der letzten behördlichen Entscheidung maßgeblich. Die Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage eines geltend gemachten Rechtsschutzbegehrens maßgeblich ist, beantwortet sich nicht schematisch, etwa dahin, dass bei Anfechtungsklagen wie der Klage auf Aufhebung der Unterschutzstellung stets die letzte behördliche Entscheidung maßgeblich sei, sondern nach materiellem Recht. Deshalb kommt es hier auf die mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren an. Denn eine Aufrechterhaltung der eigentumsbeschränkenden Eintragung in die Denkmalliste trotz Wegfalls der Denkmaleigenschaft im Zeitraum zwischen der letzten behördlichen Entscheidung und der letzten Tatsachenverhandlung vor Gericht wäre verfassungsrechtlich nicht haltbar gewesen, da ein Eigentümer in der Lage sein muss, eine im Lauf des Verfahrens unverhältnismäßig gewordene Eigentumsbeeinträchtigung abzuwehren. Für das vorliegende Verfahren kommt es damit allein darauf an, ob die Denkmaleigenschaft des Metropol nach dem 14.4.1987 entfallen ist. Diese Frage ist zu bejahen.

1.2 Das Metropol hat durch vielfache Veränderungen unter erheblichem Verlust an historischer Substanz seine Identität als Denkmal eingebüßt, weil der Zeugniswert für diejenigen historischen Umstände, die seine Unterschutzstellung gerechtfertigt haben, in weitem Umfang entfallen ist.

Nach § 2 Abs. 1 DSchG NRW sind Denkmäler Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht, weil sie bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und weil für ihre Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen. Tragender Grund für die mit der Unterschutzstellung verbundenen weit reichenden Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse ist es, dass Denkmäler für geschichtliche Umstände und Entwicklungen Zeugnis ablegen. Sie halten das Wissen um die historische Dimension des Menschen und der Gesellschaft lebendig und bilden einen unersetzlichen Bestandteil der städtischen und ländlichen Umwelt des Menschen. Der Denkmalschutz als öffentliche Aufgabe ist nicht auf das Ziel beschränkt, über die Vergangenheit lediglich zu informieren, sondern will darüber hinaus körperliche Zeugnisse aus vergangener Zeit als "sichtbare Identitätszeichen" für historische Umstände bewahren und die Zerstörung historischer Substanz verhindern.

Vgl. LT-Drs 8/4492 vom 4.5.1979, Begründung zum Entwurf eines Denkmalschutzgesetzes, S. 1f., 27.

Deshalb entfällt nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts grundsätzlich das öffentliche Interesse an der Erhaltung einer denkmalwürdigen Sache, wenn ihre historische Substanz so weit verloren geht, dass sie ihre Funktion, Aussagen über geschichtliche Umstände oder Vorgänge zu dokumentieren, nicht mehr erfüllen kann. Hiervon zu trennen ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen durch die Rekonstruktion weggefallener historischer Substanz die Denkmaleigenschaft eines Objekts bewahrt werden kann (dazu 1.3).

Für die Frage, wann die historische Identität eines Baudenkmals entfällt, kommt es nicht auf eine schematische, an Zahlenwerten orientierte Betrachtungsweise an. Es lässt sich keine feste Regel darüber aufstellen, welcher relative Anteil an historischer Substanz eines Gebäudes wegfallen kann, ohne dass es zu einer Gefährdung oder zum Wegfall seiner Identität kommt. Erforderlich ist vielmehr eine qualitative Betrachtung, die die Gründe der Unterschutzstellung und alle Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt. Maßgeblich ist die Frage, ob ein Objekt trotz eingetretener Verluste an historischer Substanz noch die Erkennbarkeit der Aussage bewahrt hat, die zu seiner Eintragung in die Denkmalliste geführt hat.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 6.2.1996 - 11 A 840/94 -, BRS 58 Nr. 228, vom 25.7.1996 - 7 A 1777/92 -, und vom 21.7.1999 - 7 A 3387/98 -, BRS 62 Nr. 219.

Die Beantwortung der Frage, ob die Denkmaleigenschaft eines in die Denkmalliste eingetragenen Baudenkmals entfallen ist, muss daher von den Gründen für die Unterschutzstellung ausgehen und prüfen, ob die hierfür maßgeblichen Teile des Gebäudes in einem solchen Umfang zerstört worden oder sonst weggefallen sind, dass die verbliebene historische Substanz keinen Zeugniswert mehr besitzt. Die Prüfung dieser Frage führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Denkmaleigenschaft des Metropol Lichtspieltheaters nach der rechtskräftigen Entscheidung über seine Eintragung in die Denkmalliste verloren gegangen ist.

Maßgeblich für die 1983 erfolgte Eintragung in die Denkmalliste war nach dem an die Eigentümerin adressierten Bescheid über die Eintragung, dass das Metropol ein 1929 entstandenes Großkino mit allen baulichen Möglichkeit eines Theaterbetriebes darstellte, das dem Zuschauer durch sein Bauprogramm den Eindruck vermittelte, an Kulturveranstaltungen teilzunehmen, deren Rang denen des Theater-, Konzert- oder Opernbetriebes nicht nachstand. Das 1929 eröffnete Gebäude unterschied sich wegen dieser Zielsetzung von seinem seit 1911 geplanten und 1912 genehmigten Vorgängerbau in vielfacher Hinsicht: Es bot fast 1.200 statt unter 250 Zuschauerplätze und war nicht an einen - nach seiner Fläche den Schwerpunkt der Anlage bildenden - Restaurantbetrieb mit Festsaal und Bühne angegliedert, sondern stellte die wesentliche Nutzung des Gebäudes dar. Aus der Sicht der Zuschauer wurde der Charakter der Filmkunst als qualitativ ernst zu nehmendes Kulturangebot daran deutlich, dass sich das in Theaterbauten geläufige Bauprogramm im Lichtspieltheater wiederfand, auch wenn die einschlägigen preußischen Rechtsvorschriften - Polizeiverordnung über die bauliche Anlage, die innere Einrichtung und den Betrieb von Theateröffentlichen Versammlungsräumen vom 21.5.1909 einerseits, Polizeiverordnung betreffend die Sicherheit in Kinematographentheatern vom 13.5.1913 andererseits - zwischen beiden deutlich unterschied, etwa hinsichtlich der im Kino erheblich geringeren Zahl an Garderobenplätzen oder hinsichtlich der geringeren Nutzbarkeit der im Kino vorhandenen Bühnenfläche.

Der ebenso aus der Sicht der zeitgenössischen Zuschauer wie unter denkmalrechtlichen Gesichtspunkten wesentliche Unterschied zwischen dem Vorgängerbau und dem Metropol bestand allerdings darin, dass der einfache Saal des "Sonnen-Kinema" von 1912 durch einen prächtigen Kuppelsaal mit raffinierter Beleuchtung, Rang, großer Leinwand und zugehöriger Technik sowie Bühnenhaus, Guckkastenbühne und überaus leistungsfähiger Kinoorgel ersetzt wurde. Damit wurde einerseits die Aufführung von Stummfilmen unter Begleitung von Orgel oder Orchester sowie bühnengebundenem Begleit- und Pausenprogramm ermöglicht, andererseits Raum für eigenständige Variété-Veranstaltungen und für die Aufführung von Tonfilmen geschaffen. Der Umbruch von der Stummfilm- zur Tonfilmära sowie die Aufwertung der Filmkunst als eigenständige Kunstgattung sind mithin in erster Linie an der Raumstruktur und Ausstattung des großen Saales ablesbar, schon weil dieser - selbstverständlich - das eigentliche Ziel jedes Besuchers darstellte. Die umgebende Infrastruktur - Eingang, Kasse, Garderoben und Café - vervollständigten die erforderlichen Funktionen eines Großkinos und rundeten den gewünschten Eindruck der kulturellen Bedeutsamkeit und architektonischen Parallele zu großen Theaterbauten ab. Sie waren nach dem Bauprogramm des Metropol keineswegs gering zu achten, hatten jedoch dienende Funktion.

Die so zu verstehende historische Identität des Metropol-Gebäudes mag am 14.4.1987 noch erkennbar gewesen sein - wie ausgeführt, entzieht sich diese Frage der eigenständigen Bewertung durch den Senat -, doch ist sie jedenfalls im Anschluss an die Entscheidung des OVG NRW aus dem Jahr 1987 entfallen. Ein Vergleich der zum Entscheidungszeitpunkt am 14.4.1987 bestehenden und jetzt noch vorhandenen historischen Substanz des Metropol Lichtspieltheaters ergibt, dass sich der Schwerpunkt dessen, was von dem 1929 eröffneten Bau bewahrt werden konnte, auf den Bereich der baulichen Infrastruktur und damit auf Gebäudeteile reduziert hat, die zwar für den Gesamteindruck wichtig, für die Denkmalaussage jedoch nicht ausschlaggebend sind. Das bauliche Zentrum des Objekts, das den eigentlichen Grund für seine Errichtung und das Herzstück seiner Nutzung als Großkino darstellt - der große Saal mit Rang und Bühne sowie der für den Kinobetrieb erforderlichen Ausstattung - existiert als historisches Zeugnis nicht mehr.

Die Gründe hierfür lagen u.a. darin, dass der während der Bauzeit erfolgte mehrfache Wechsel der Nutzungsabsichten nicht nur die Rechtfertigung für den Wegfall historischer Substanz teilweise nachträglich entfallen ließ, sondern zu weiteren Eingriffen führte.

Vgl. hierzu etwa Kegel, Münch, Die Tragwerksplanung, in: WWK-Lebensversicherung (Hrsg.), Rekonstruktion und Neuplanung des Metropol-Theaters in C, Festschrift zur Wiedereröffnung, September 1990, S. 31ff.

Mit der Zerstörung von Bühnenportal und Emporenbrüstungen ist der wesentliche und für die Einstufung als Baudenkmal maßgebliche Teil des Lichtspieltheaters Metropol als historisches Bauwerk beseitigt. Abgesehen von den nur in einem Teilbereich des Ranges überhaupt wahrnehmbaren Außenmauern und der den Rang tragenden Betonkonstruktion sind sämtliche im Kinosaal vorhandenen Bauteile einschließlich der Aufständerung der Sitzreihen auf dem Rang nicht mehr historisch, sondern neu erbaut. Das bauliche Zentrum des Denkmals ist damit mangels denkmalwürdiger Substanz entfallen. Dies hat zur Folge, dass die Denkmaleigenschaft des Metropol insgesamt verloren gegangen ist.

Die noch in gewissem - nicht unbeträchtlichem - Umfang vorhandene historische Substanz im Bereich von Vorhalle, Foyer und innerer Erschließung des Gebäudes vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Denn der Schwerpunkt in der Wahrnehmung des Gebäudes als Denkmal liegt nicht im Bereich der inneren Erschließung - Garderoben, Treppen, Eingangs- und Kassenbereich -, sondern so gut wie ausschließlich im Bereich des großen Saals mit Rang und Bühne. Die Gestaltung der Erschließungsräumlichkeiten, insbesondere der zahlreichen Treppen und Umgänge, und die Kombination von Geschossen und Zwischengeschossen mit relativ niedriger Raumhöhe soll den Zuschauer für die Großartigkeit des Raumeindrucks im großen Saal empfänglich machen und ihm die Empfindung vermitteln, dass dort das Herzstück der gesamten Anlage zu finden ist. Dieses dem Gebäude zu Grunde liegende Konzept hat sich in der Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter des Senats eindrucksvoll bestätigt und führt zu dem Ergebnis, dass nach dem Wegfall des historischen Zentrums des Gebäudes die verbliebenen Bauteile trotz ihrer noch vorhandenen historischen Substanz einen eigenständigen Denkmalwert nicht aufweisen. Sie sind in ihrer Bedeutung dem großen Saal mit Rang und Bühne als dem zentralen Gebäudeteil so deutlich untergeordnet, dass ihr Fortbestand bei einer qualitativen Betrachtung im oben dargestellten Sinn die Denkmaleigenschaft des Gesamtgebäudes nicht aufrechtzuerhalten vermag. Aus diesem Grunde bedarf es auch keiner weiteren Aufklärung der Frage, wie hoch der Anteil historischer Substanz beispielsweise an der Kuppel der Kassenhalle oder im Bereich von Vorhalle und Eingang ist.

Im Übrigen haben weitere Eingriffe nach dem Abschluss des Verfahrens vor dem OVG NRW im Jahre 1987 dazu geführt, dass auch das innere Erschließungssystem des Gebäudes Einbußen hat hinnehmen müssen, die seine vorbeschriebene Funktion, den Zuschauer auf die Großartigkeit des ihn erwartenden Raumeindrucks vorzubereiten, in gewissem Umfang verloren hat. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 14.4.1987 war der große Saal auch aus der Perspektive des ihn erschließenden Umgangs mit zahlreichen Zugangstüren als groß dimensionierter und damit bedeutender Theatersaal erkennbar. Durch den Einbau einer Fahrstuhlanlage (vgl. denkmalrechtliche Erlaubnis vom 6.7.1988) und den damit verbundenen Wegfall mehrerer Saaltüren ist dieser Eindruck indes stark beeinträchtigt worden. Der Fahrstuhl ist an zentraler Stelle eingebaut worden und hat die Durchgängigkeit des Umgangs um den großen Saal im Erdgeschoss beseitigt; es besteht keine Möglichkeit mehr, die Dimensionen des Saales dadurch zu erfassen, dass der Umgang entlang der zahlreichen Saaltüren abgeschritten wird. An dieser Wertung ändert der Umstand, dass der Einbau eines Fahrstuhls zur Ermöglichung einer barrierefreien Nutzung selbstverständlich sinnvoll gewesen sein mag, schon deshalb nichts, weil die Einrichtung mehrerer Fahrstühle an weniger hervorgehobener Stelle eine - wenn auch kostenaufwändigere - Alternative dargestellt hätte, die den historisch gewollten Raumeindruck weniger geschädigt und dennoch ebenfalls zur Barrierefreiheit geführt hätte. Die Beeinträchtigung des historisch bedeutsamen Raumeindrucks prägt das Gebäude in seinem jetzigem, für die Beurteilung durch den Senat maßgeblichen Zustand, auch wenn durch eine Entfernung des Fahrstuhls der frühere Zustand unter geringfügiger Aufgabe historischer Substanz wieder hergestellt werden könnte.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass eine den Denkmalcharakter des Gebäudes begründende Aussage durch die noch vorhandene historische Substanz nicht mehr vermittelt wird. Die im Umfeld des großen Saales erhaltene historische Substanz trägt eine solche Aussage nicht. Die Erkennbarkeit des früher vorhandenen Großkinos und seiner Nutzung im Bereich von Saal, Rang und Bühne wird ausschließlich durch neu erbaute Gebäudeteile bewirkt, denen ein denkmalbegründender Zeugnischarakter nicht zukommt.

1.3 Die vorstehenden Ausführungen werden durch den Umstand, dass zahlreiche Bestandteile des Gebäudes nach Zerstörung oder Abbruch auf der Grundlage historischer Befunde rekonstruiert worden sind, nicht in Frage gestellt. Auch wenn insbesondere der große Saal mit Ranggeschoss, Kuppel, Orchestergraben, Bühnenrahmen und Bühnenhaus nach ihrer Neuerrichtung das historische Vorbild wieder erkennen lassen - hinsichtlich der Kuppel mit der Einschränkung, dass die historische Höhe um 0,4m unterschritten wird -, hat diese Teilrekonstruktion des Gebäudes den Verlust der Denkmaleigenschaft nicht verhindern können.

Die an dem Gebäude seit dem 14.4.1987 durchgeführten Arbeiten sind weit überwiegend nicht bloße Erhaltungsmaßnahmen. Denn unter Erhaltungsmaßnahmen sind nur solche Maßnahmen zu verstehen, mit denen eine noch vorhandene geschädigte Substanz wieder funktionsfähig gemacht und an den historischen, die Unterschutzstellung rechtfertigenden Zustand so weit wie möglich angenähert wird. Es versteht sich von selbst, dass bloße Erhaltungsmaßnahmen regelmäßig nicht zum Verlust der Denkmaleigenschaft führen. Der Eigentümer ist nach § 7 DSchG NRW dazu verpflichtet, sein Denkmal zu erhalten und ggf. auch von solchen Schäden zu befreien, die bereits vor der Unterschutzstellung vorgelegen haben. Arbeiten dieser Art sind mithin lediglich Ausdruck des selbstverständlichen Umstands, dass Baudenkmäler durch die Zeit gehen und laufender Unterhaltung bedürfen. Selbst wenn die einer bloßen Erhaltung in diesem Sinne zugänglichen Teile eines Gebäudes im Laufe der Zeit vollständig ausgetauscht werden, führt dies regelmäßig nicht zum Verlust der Denkmaleigenschaft, wenn nicht gerade die historische Substanz dieser Gebäudeteile - etwa eine historische Ledertapete, Dacheindeckung oder Raumausstattung - die Identität und damit den Denkmalwert des Gebäudes begründet. Aus diesen Gründen wäre insbesondere die Annahme abwegig, dass beispielsweise ein Jahrhunderte altes Gebäude spätestens dann seine Denkmaleigenschaft verliert, wenn im Laufe der Jahrhunderte der letzte noch aus der Erbauungszeit stammende Stein infolge zeitbedingter Verwitterungsschäden ausgetauscht worden ist.

Demgegenüber sind die im Metropol Lichtspieltheater durchgeführten Baumaßnahmen überwiegend als Konstruktionsmaßnahmen anzusehen, da sie nicht lediglich Schäden an historischen Bauteilen des Denkmals beseitigt und die laufende Bauunterhaltung sichergestellt, sondern in weiten Teilen nicht mehr vorhandene - oder sogar zum Zwecke der Rekonstruktion zerstörte - historische Substanz durch Neuerrichtung nach historischem Vorbild ersetzt haben. Dies gilt insbesondere für die Neuerrichtung der Kuppel, des Bühnenhauses einschließlich des Bühnenrahmens, des Saales einschließlich seiner Ausstattung, der Ranggeschossbrüstungen sowie des Cafés.

Rekonstruktionen sind im Hinblick auf Anlass, Ziel und Reichweite u.a. danach zu unterscheiden, ob sie im Sinne eines Wiederaufbaus der Beseitigung von Schäden durch Kriege oder Großschadensereignisse dienen, ob sie ein Baudenkmal im Ganzen oder nur Teile davon erfassen, ob sie eine exakte Kopie des verlorenen Originals oder eine optische oder abbildende Wiederholung bezwecken und mit Hilfe welcher Materialien sie durchgeführt werden.

Vgl. zu dem Begriff aus denkmalfachlicher Sicht Hanselmann, in: ders. (Hrsg.), Rekonstruktion in der Denkmalpflege, Texte aus Geschichte und Gegenwart, 2005, S. 5-19; sowie die weiteren Beiträge dieses Sammelbandes; HHHFischer, Rekonstruktionen - Ein geschichtlicher Rückblick, in: Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (Hrsg.), Rekonstruktion in der Denkmalpflege, Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees Band 57, 2. Aufl. 1998, S. 7ff.; Burmeister, Gedanken zum Begriff Rekonstruktion, a.a.O. S. 16ff.; Weiß, Rekonstruktion als Architektur der Gegenwart? Position und Alternativen aus der Sicht der Denkmalpflege, Vortrag im Paderborner Heinz-Nixdorf-MuseumsForum vom 16.9.2004; Hillmann, Das Prinzip Rekonstruktion, kunsttexte.de 1/2008, S. 1ff.; Kerkhoff, Das Prinzip Rekonstruktion, Die Denkmalpflege 2008, 47ff.

Der Senat muss allerdings weder entscheiden, ob Rekonstruktionen als Mittel der Wiederherstellung von Baudenkmälern denkmalfachlich erlaubt, sinnvoll oder geboten sind, noch muss er darüber befinden, wie die Rekonstruktion eines in Gänze zerstörten, also nicht mehr vorhandenen Gebäudes zu bewerten ist. Im vorliegenden Fall muss lediglich entschieden werden, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Rekonstruktion historischer Substanz die Identität des Baudenkmals bewahren kann, so dass die Unterschutzstellung des Gesamtgebäudes bestehen bleiben kann. Maßstab für diese Entscheidung ist nicht ein Kanon denkmalfachlicher Ge- oder Verbote, wie sie etwa die Charta von Venedig darstellt -

Internationale Charta über die Konservierung und Restaurierung von Denkmälern und Ensembles (Denkmalbereiche) von 1964, vgl. etwa Art. 3, 9 12 und 13 -, sondern das DSchG NRW. Es enthält, wie bereits ausgeführt, zwar kaum ausdrückliche Hinweise zu der hier maßgeblichen Problematik. Doch lässt sich der Entstehungsgeschichte des Gesetzes entnehmen, dass dieses in erster Linie den Schutz erhaltenswerter historischer Substanz vor Zerstörung und Verlust bezweckt; diese Annahme liegt auch der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts zu Grunde.

Vgl. LT-Drs 8/635 (Sicherung der denkmalwerten Substanz gegen Verfall als Ziel des Denkmalrechts); LT-Drs 8/4492 (Schutz wertvoller Bausubstanz in Denkmälern als sichtbare Identitätszeichen für die Dimension des Geschichtlichen vor Zerstörung); vgl. noch PlProt. 8/129 (zweite Lesung des Gesetzentwurfs) sowie LT-Drs 8/5625 (Ausschussbericht) ohne weitere Hinweise auf die Bestimmung des Denkmalbegriffs.

Als Mittel der Denkmalerhaltung wird die Rekonstruktion lediglich in § 27 Abs. 2 DSchG NRW erwähnt und auf den Fall beschränkt, dass jemand ein Denkmal schuldhaft zerstört; in diesem Fall kann er über § 7 DSchG NRW hinaus dazu verpflichtet werden, das Zerstörte wiederherzustellen. Daraus folgt, dass die Rekonstruktion eines bereits verlorenen Denkmals oder von verlorenen Teilen eines Denkmals der Rechtfertigung bedarf, insbesondere dann, wenn der Verlust nicht schuldhaft eingetreten ist, sondern auf fortschreitender Verschlechterung vor dem Zeitpunkt der Unterschutzstellung oder - wie im vorliegenden Fall - auf behördlichen Genehmigungen und Erlaubnissen beruht. Denn jedenfalls dann, wenn die Rekonstruktion das wesentliche Ziel des Gesetzes, den Schutz historischer Substanz zu bewirken, nicht mehr erfüllen kann, ist ihre denkmalrechtliche Unbedenklichkeit zweifelhaft.

Gemessen an diesen Maßstäben ergibt sich für die hier allein zu prüfende Teilrekonstruktion eines Baudenkmals Folgendes:

Die Ersetzung historischer Substanz eines Gebäudes, die insbesondere durch plötzliche Schadensereignisse oder bewusste, etwa behördlich genehmigte Abbruchmaßnahmen verloren gegangen ist, ist denkmalrechtlich nur dann unproblematisch, wenn sie dazu dient, die noch vorhandene denkmalrechtliche Aussage einer Sache zu erhalten, nicht aber dann, wenn sie ein verlorenes Original durch eine Nachbildung ersetzt. Daraus folgt, dass die Teilrekonstruktion nur in Ausnahmefällen ein nach dem DSchG NRW unbedenkliches Mittel der Denkmalpflege darstellen kann. Sie ist namentlich dann unbedenklich, wenn sie nur unwesentliche Teile des Baudenkmals betrifft, da sie in einem solchen Fall die durch Teilabbruch gefährdete - jedoch noch vorhandene - denkmalwürdige Aussage des Objekts nur abrundet und sichert. Demgegenüber ist eine Rekonstruktion, die den wesentlichen, die Denkmalaussage tragenden Teil eines Denkmals vollständig ersetzt, von der Zielsetzung des Denkmalschutzgesetzes nicht gedeckt. In einem solchen Fall ist - von dem sogleich anzusprechenden Ausnahmefall abgesehen - der Verlust der Denkmaleigenschaft durch eine Rekonstruktion nicht abzuwenden. Weitere Voraussetzung für die denkmalrechtliche Unbedenklichkeit einer Rekonstruktionsmaßnahmen ist es, dass sie grundsätzlich nicht dazu führen darf, weitere Teile der historischen Substanz preiszugeben; nur in seltenen Ausnahmefällen einer mit technischen Mitteln nicht aufzuhaltenden Zerstörung historischer Substanz mag dies anders sein.

Vgl. aus denkmalfachlicher Sicht auch Grunsky, Was ist ein Baudenkmal? Was sind denkmalwerte Strukturen?, in: Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.), Im Wandel der Zeit. 100 Jahre Westfälisches Amt für Denkmalpflege, 1992, S. 13ff. (14); Weiß a.a.O.: " Wenn die verlorenen Bauteile mit dem überwiegend noch vorhandenen Original eine Einheit gebildet haben und erst die Komplettierung die künstlerische oder inhaltliche Aussage der gesamten Gestalt erschließt, ist eine Rekonstruktion dieser Teile auch denkmalpflegerisch vertretbar."

In Fällen, in denen die Identität des Denkmals bereits weggefallen ist, weil die für die Denkmalaussage wesentlichen Bestandteile des Denkmals zerstört sind, kann die Teilrekonstruktion das verlorene historische Gebäude - dessen Erhalt Ziel des Denkmalschutzgesetzes ist - nicht mehr bewahren. Eine Teilrekonstruktion mag schließlich auch dann denkmalrechtlich unbedenklich sein, wenn sie selbst - gerade als Rekonstruktion - erhaltenswert im Sinne des § 2 Abs. 1 DSchG NRW ist, etwa weil sie dem Wiederaufbauwillen in einer bestimmten historischen Situation Ausdruck verleiht; über diese Frage ist im vorliegenden Fall allerdings nicht zu entscheiden.

Vgl. zum Beispiel der Kölner Kirchen und zum Goethehaus Frankfurt nach dem zweiten Weltkrieg Grosch, in: Hanselmann (Hrsg.), Rekonstruktion in der Denkmalpflege. Texte aus Geschichte und Gegenwart, 2005, S. 62ff., Weyres, aaO. S. 66ff. sowie die Beiträge von Dirks, Bartning, Hartmann und Heuss aaO. S. 88ff.; zur Dresdner Frauenkirche Magirius und Böhme, aaO. S. 106ff. und 113ff. sowie Tietz, Beliebte Fälschungen. Rekonstruktionen aller Arten, Die Denkmalpflege 2008 (Heft 1 als Sonderheft zum Thema Rekonstruktion), S. 68ff.

Im Regelfall jedoch entfällt mit dem Wegfall der historischen Substanz der Gegenstand der Unterschutzstellung, ohne dass eine Rekonstruktion daran etwas ändern könnte.

Die im vorliegenden Fall bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über den geltend gemachten Anspruch verwirklichten baulichen Maßnahmen führen nach diesen Grundsätzen nicht mehr dazu, die bloße Gefährdung eines grundsätzlich noch vorhandenen Zeugnischarakters zu beseitigen, sondern sollen die bereits verlorene Identität des Gebäudes durch eine Nachbildung ersetzen. Die Teilrekonstruktion des großen Saals mit Kuppel , des Bühnenhauses mit Bühnenportal, Orchestergraben und Rang einschließlich der Brüstung und der gesamten Innenausstattung sowie Farbgestaltung betrifft - wie ausgeführt - das bauliche Zentrum des Metropol Lichtspieltheaters, das den Denkmalwert der gesamten Anlage bis zu ihrer Beseitigung wesentlich begründet hat. Sie soll die so gut wie vollständig beseitigte Originalsubstanz ersetzen und wieder erlebbar machen. Damit geht sie über die bloße Unterstützung einer vorhandenen, wenn auch gefährdeten Denkmalaussage weit hinaus, denn ohne die Rekonstruktionsmaßnahmen verbliebe ein Torso, dem kein eigenständiger Aussagewert mehr zukäme. Einen eigenständigen Denkmalwert um ihrer selbst willen weist die Teilrekonstruktion, abgesehen davon, dass dies für die Unterschutzstellung keine Rolle gespielt hat, ebenfalls nicht auf. Auf die Frage, ob eine Rekonstruktionsmaßnahmen dem Eigentümer eines in die Denkmalliste eingetragenen Objekts wirtschaftlich zumutbar sind, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

2. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, soweit ihr Begehren auf Löschung der Eintragung in die Denkmalliste auch auf die dem N zugewandte Fassade des Metropol mit der postalischen Bezeichnung "N 24" erstreckt. Denn diese Fassade ist ein Baudenkmal (2.1), hat diese Eigenschaft durch nachträgliche Arbeiten nicht verloren (2.2) und ist einer gesonderten Unterschutzstellung fähig (2.3). Dabei ist unter dem Begriff Fassade die an der Grundstücksgrenze des Flurstücks 169 zum N aufstehende Gebäudeabschlusswand einschließlich ihrer Tuffsteinverblendung, der Balkone und Filmanzeigetafel sowie dem auf dem oberen Abschluss der Wand montierten Schriftzug "Metropol" zu verstehen, während die auf das Flurstück 169 zurückweichenden Gebäudeteile (halböffentliche Vorhalle) nicht mehr zur Fassade zählen.

2.1 Der Senat ist an die rechtskräftige Feststellung des OVG NRW im Urteil vom 14.4.1987, dass das Metropol Lichtspieltheater im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung als Baudenkmal einzustufen ist, gebunden. Diese Feststellung erstreckt sich auch auf die Fassade. Auf die Frage, ob diese - von den Verfahrensbeteiligten allerdings zu keinem Zeitpunkt bezweifelte - Feststellung zutreffend ist, kommt es hier nicht an.

2.2 Die Fassade des Metropol hat die Eigenschaft als Baudenkmal auch nicht durch die ab 1990 auf der Grundlage der denkmalrechtlichen Erlaubnis 8.3.1990 durchgeführten Sanierungsarbeiten verloren. Denn für die angefochtene Unterschutzstellung und damit den Denkmalwert der Fassade maßgeblich ist nicht die Verblendung der Fassade mit Tuffsteinplatten, die beim Bau des Lichtspieltheaters 1928/29 dort angebracht worden sind, sondern die Gestaltung der Fassade in der vom Bauhaus geprägten Formensprache der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts. Diese Gliederung der Fassade ist durch die Sanierungsarbeiten nicht verändert worden und hat ihren Aussagewert in vollem Umfang behalten. Die Sanierungsarbeiten stellen sich als bloße Renovierung und nicht als - die Identität des Denkmals möglicherweise in Frage stellende - Rekonstruktion dar. Denn Aufbau und Gliederung der Fassade werden durch die marktseitige Gebäudeabschlusswand des Metropol bestimmt, in deren Substanz nicht eingegriffen wurde. Das Aufbringen einer Wärmeisolierung und die materialgerechte Erneuerung der Fassadenverblendung in Naturtuffstein ändert daran im vorliegenden Fall nichts, weil nicht das Alter oder das Material der Fassadenverblendung die Identität der Fassade ausmachen, sondern ihr im Stil des Bauhaus gegliederter Aufbau, dessen Träger das aufstehende Mauerwerk ist. Wie hoch der Anteil der noch aus der Zeit der Erbauung stammenden Verblendungsmaterialien ist, spielt daher keine Rolle und bedarf auch keiner näheren Aufklärung.

2.3 Die marktseitige Fassade des Metropol ist einer gesonderten Unterschutzstellung zugänglich; deshalb kann - und muss - der Anspruch auf Löschung des Denkmals aus der Denkmalliste so beschränkt werden, dass die Unterschutzstellung der Fassade bestehen bleibt.

Die isolierte Unterschutzstellung nur der Fassade eines Gebäudes ist allerdings stets rechtfertigungsbedürftig. Denn regelmäßig bilden Fassade und Baukörper der zugehörigen baulichen Anlage eine Einheit, weil die Fassade den inneren Aufbau eines Gebäudes normalerweise erkennen lässt. Wenn ein ehemals denkmalwertes Gebäude im Inneren seine Identität als Denkmal verloren hat, erstreckt sich dieser Verlust deshalb regelmäßig auch auf die Fassade, wenn diese ohne das ihr zugeordnete denkmalwerte Gebäude eine eigene Aussage nicht aufweist. Wenn jedoch eine Fassade - ausnahmsweise - schon für sich genommen bedeutend im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW ist und die in der Vorschrift normierten Gründe für ihre Erhaltung und Nutzung sprechen, wächst ihr die Bedeutung eines eigenständigen Denkmals zu, dessen Erhalt unabhängig von dem ihr ursprünglich zugeordneten Gebäude geboten ist.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2.11.1988 - 7 A 2826/86 -, vom 23.2.1988 - 7 A 1937/86 -, EzD 2.1.2 Nr. 1, und vom 12.9.2006 - 10 A 1541/05 -; Eberl / Kapteina u.a., Entscheidungen zum Denkmalrecht (EzD), 2.1.2 Nr. 5.

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die marktseitige Fassade des Metropol ist das einzige Beispiel einer durch die Sachlichkeit und strenge Gliederung des Bauhausstils geprägten Bauweise an zentraler Stelle in C und eines der wenigen Beispiele dieses Stils in der gesamten Innenstadt. Damit ist sie jedenfalls aus architektur- und stadtbaugeschichtlichen Gründen bedeutend für die Stadt C; ihre Erhaltung liegt im öffentlichen Interesse (§ 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW). Ob ihr - abweichend vom Text der Unterschutzstellung - auch ein künstlerischer oder städtebaulicher Rang zukommt, kann offen bleiben. Die Bedeutung der Fassade wird durch den Wegfall der Denkmaleigenschaft des dahinter liegenden Gebäudes nicht beeinflusst. Denn die Fassade steht seit ihrer Errichtung nicht nur stilistisch in erheblichem Kontrast zu dem durch Elemente des Art Déco geprägten Kinobaus und wirkt deshalb eigenständig aus sich heraus, sondern lässt dessen Struktur nicht einmal ansatzweise erkennen. Weder das für den Kinobau schlechthin prägende Element des großen überkuppelten Saales noch das auf diesen Saal zugeschnittene Raumprogramm mit Vorhalle, Kassenhalle, Garderobe, Foyer, Zugängen und Café sind aus der Fassadengliederung ablesbar. Dies wird durch die außergewöhnliche Tiefe des Grundstücks und durch den Umstand verhindert, dass die straßenseitige Fassade eher schmal ist, weil sich das Grundstück erst hinter dem Vordergebäude in die Breite öffnet. Zudem sind mehrere Stockwerke des Vordergebäudes durch Büros oder Wohnungen genutzt, die mit der denkmalbegründenden Kinonutzung nichts zu tun haben.

Die eigenständige Aussage und Bedeutung der Fassade folgt schließlich daraus, dass sie gestalterisch ebenso wie rechtlich seit der Entstehung des Gebäudes gewissermaßen ein "Eigenleben" geführt hat. Die Errichtung des Kinogebäudes selbst beruht im Wesentlichen auf Baugenehmigungen vom 6.12.1927 und 16.1.1929, während die Fassade gesondert durch Bauschein vom 23.8.1928 genehmigt worden ist. Dem war eine intensive Auseinandersetzung zwischen Vertretern der Baugenehmigungsbehörde, dem städtischen Unterausschuss gegen Ortsverunstaltungen sowie den Architekten und dem Eigentümer vorangegangen, die im Verfahren möglicherweise deshalb bisher nur unzureichend ausgewertet worden sein mag, weil sie ihren Niederschlag fast ausschließlich in den erstmalig zu dem Berufungsverfahren beigezogenen Bauakten gefunden hat. In einem Aktenband, der den Zeitraum ab März 1928 betrifft, finden sich zahlreiche Entwürfe für die Gestaltung der Fassade, die von einer Jugendstilfassade über eine stark horizontal geprägte und fünfachsig vertikale Fassade hin zu dem dann verwirklichten Entwurf führte. Den Akten lässt sich entnehmen, dass der Bauherr vom Architekten zur Verwirklichung einer "modernen Facade" gedrängt werden musste und dass die nach kontroversen Auseinandersetzungen getroffene Entscheidung von den schon acht Monate zuvor genehmigten Plänen für das Lichtspieltheater selbst weitgehend unabhängig war.

Ende der Entscheidung

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