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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 27.10.2005
Aktenzeichen: 11 A 1751/04
Rechtsgebiete: VwGO, GG, LV NRW, VwVfG NRW, BBergG, Richtlinie 85/337/EWG, Richtlinie 2003/35/EG, Aarhus-Konvention, BNatSchG, BauGB, WHG


Vorschriften:

VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 1
GG Art. 14
GG Art. 28 Abs. 2 Satz 2
LV NRW § 78 Abs. 1
VwVfG NRW § 1 Abs. 1
VwVfG NRW § 1 Abs. 3
VwVfG NRW § 45 Abs. 1 Nr. 3
VwVfG NRW § 46
VwVfG NRW § 73 Abs. 2
VwVfG NRW § 73 Abs. 4
VwVfG NRW § 75
VwVfG NRW § 77 Abs. 1
BBergG § 5
BBergG § 48 Abs. 2
BBergG § 52 Abs. 2a
BBergG § 54 Abs. 2 Satz 1
BBergG § 55
BBergG § 55 Abs. 1 Nr. 3
BBergG § 55 Abs. 1 Nr. 9
BBergG § 56
BBergG § 57a Abs. 4 Satz 2
BBergG § 57b Abs. 3 Satz 3
BBergG §§ 110 ff.
BBergG §§ 114 ff.
Richtlinie 85/337/EWG Art. 10a
Richtlinie 2003/35/EG Art. 6
Aarhus-Konvention Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1
BNatSchG § 69 Abs. 5
BauGB § 1 Abs. 6 Nr. 8
BauGB § 9 Abs. 5 Nr. 2
BauGB § 38 Satz 1
WHG § 31b n.F.
WHG § 31 Abs. 2 Satz 2
WHG § 31 Abs. 3
1. Das Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtungsklage gegen einen bergrechtlichen Planfeststellungsbeschluss entfällt in der Regel nicht schon deshalb, weil auf dessen Grundlage bereits Haupt- und Sonderbetriebspläne erlassen und ausgenutzt worden sind.

2. Die "Walsumer Verständigung" begründet für sich gesehen noch keinen Anspruch auf Aufhebung eines bergrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses nach § 77 VwVfG NRW. Allerdings dürfen die von dem Plan Betroffenen nicht auf unabsehbare Zeit durch die Rechtswirkungen des Beschlusses gebunden werden.

3. Da es sich bei der bergrechtlichen Betriebsplanzulassung um eine gebundene und nicht um eine fachplanerische Entscheidung mit Gestaltungsspielraum handelt, ist ein etwaiger Verfahrensfehler für sich gesehen mangels Kausalität nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Das gilt trotz der Aufnahme des Artikels 10a in die UVP-Richtlinie - jedenfalls derzeit noch - auch im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung.

4. § 48 Abs. 2 BBergG vermittelt einer Gemeinde unter dem Gesichtspunkt des Selbstverwaltungsrechts eine wehrfähige Rechtsposition.

5. Der Senat lässt offen, ob § 38 Satz 1 BauGB auch für bergrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse gilt.

6. Wegen der Spezialregelung in § 57b Abs. 3 Satz 3 BBergG ist ein bergrechtlicher Planfeststellungsbeschluss nicht schon rechtswidrig, wenn die Bergbehörde die konkreten Einzelheiten des bergbaubedingten Hochwasserschutzes der Wasserbehörde überlässt und damit entgegen der allgemein im Planfeststellungsrecht geltenden Konzentrationswirkung (§ 75 VwVfG NRW) nicht alle mit dem Vorhaben verbundenen notwendigen Folgemaßnahmen auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans abschließend geklärt hat. Allerdings sind die rechtlich grundsätzlich selbständigen berg- und wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren über die Prüfung der Machbarkeit und die Aufnahme einer Zuvor-Klausel als Nebenbestimmung hinreichend miteinander zu verknüpfen.


Tatbestand:

Die Klägerin - eine Stadt am Niederrhein mit ca. 35.000 Einwohnern - wendete sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss, mit dem die Beklagte den Rahmenbetriebsplan mit Umweltverträglichkeitsprüfung zur Gewinnung von Steinkohle im Bergwerk W. der Beigeladenen für den Zeitraum 2002 bis 2019 zugelassen hatte. Dazu machte sie insbesondere geltend: Der Rahmenbetriebsplan verletze ihr verfassungsrechtlich durch Art. 28 Abs. 2 GG verbürgtes Recht, die örtlichen Angelegenheiten in eigener Verantwortung im Rahmen der Gesetze zu regeln. Wegen der Bergsenkungen und des Überflutungsrisikos bei Deichbrüchen werde das Vorhaben ihre Planungs- und Finanzhoheit einschränken sowie ihre kommunalen Einrichtungen und ihr Selbstgestaltungsrecht beeinträchtigen. Daneben rügte sie Defizite bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und der Alternativenprüfung. Ein Aufhebungsanspruch bestehe auch, weil das Vorhaben wegen der zwischen der Landesregierung NRW und der Beigeladenen geschlossenen "Walsumer Verständigung" endgültig aufgegeben sei. Das VG wies die Klage ab. Die Berufung blieb erfolglos.

Gründe:

I. Der auf Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses für den Rahmenbetriebsplan mit Umweltverträglichkeitsprüfung zur Gewinnung von Steinkohle im Bergwerk W. für den Zeitraum 2002 bis 2019 vom 7.6.2002 gerichtete Antrag ist zulässig.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen ist der Klägerin die für die erhobene Anfechtungsklage erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO nicht abzusprechen. (Wird ausgeführt ...)

2. Der Klägerin fehlt es auch nicht am notwendigen Rechtsschutzinteresse, obwohl auf der Grundlage der angefochtenen Zulassungsentscheidung zum Teil bereits Haupt- und Sonderbetriebspläne erlassen und ausgenutzt worden sind bzw. zur Zeit ausgenutzt werden. Der tatsächliche Umstand des fortschreitenden Abbaus bewirkt keinen schleichenden Wegfall der Regelungswirkung des Rahmenbetriebsplans entsprechend dem Abbaufortschritt. Denn im Unterschied zu den nur auf den Abbau einzelner Bauhöhen bezogenen Sonderbetriebsplänen stellt der Rahmenbetriebsplan mit Umweltverträglichkeitsprüfung fest, dass das einheitliche Abbaukonzept des Gesamtvorhabens mit allen darauf fußenden Folgewirkungen die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des Bergrechts erfüllt. In funktionaler Hinsicht stellt ein Bergwerk stets einen betriebsorganisatorischen Gesamtkomplex dar, weil jedenfalls beim Untertagebau die Ausübung bergbaulicher Tätigkeiten eines vielfältig verbundenen, in sich geschlossenen Systems bedarf, aus dem einzelne Lagerstättenteile nicht beliebig ausgegliedert werden können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 9.11.1995 - 4 C 25.94 -, BVerwGE 100, 31 (42).

Dem entsprechend kann der Abbau einer Bauhöhe auf der Ebene der Planfeststellung nicht isoliert betrachtet werden, sondern bildet - insbesondere unter dem Blickwinkel der Auswirkungen des Vorhabens insgesamt - einen untrennbaren Teil eines Ganzen. Allenfalls wenn der Abbau auf dem Gebiet der Klägerin insgesamt abgeschlossen wäre und keinerlei zukünftige Auswirkungen auf das Gemeindegebiet mehr zu erwarten wären, könnte ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht zu ziehen sein, weil in einem solchen Fall eine Beschwer nicht mehr zu erkennen wäre. Das ist hier aber schon deshalb nicht der Fall, weil - wie die Beigeladene unter Berücksichtigung der sog. "Walsumer Verständigung" in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt hat - der Abbau weiterer Bauhöhen auf dem Gemeindegebiet beabsichtigt ist.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Rechtsauffassung der Klägerin, wegen der zwischen der Landesregierung NRW und der Beigeladenen geschlossenen "Walsumer Verständigung" zur Zukunft des Steinkohleabbaus im Bergwerk Walsum folge der geltend gemachte Aufhebungsanspruch schon aus § 77 Satz 1 VwVfG NRW, greift nicht durch (1.). Die Klägerin wird auch nicht durch die von ihr angegriffene Zulassung des Rahmenbetriebsplans in ihren subjektiven Rechten verletzt (2.)

1. Nach § 77 Satz 1 VwVfG NRW hat die Planfeststellungsbehörde den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, wenn ein Vorhaben, mit dessen Durchführung begonnen worden ist, endgültig aufgegeben wird. Unterstellt, ein solcher grundsätzlich auf Verpflichtung gerichteter Anspruch wäre schon im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss unmittelbar durchsetzbar, dafür Nds.OVG, Urteil vom 11.12.2000 - 12 K 3200/99 -, Juris, unter Berufung auf das Urteil des BVerwG vom 11.4.1986 - 4 C 53.82 -, NVwZ 1986, 834 (836), zu § 18d FStrG a.F., und die Klägerin würde durch den Fortbestand der bergrechtlichen Planfeststellung in einer wehrfähigen Rechtsposition betroffen, liegen jedenfalls die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm nicht vor.

Von einer endgültigen Aufgabe des streitgegenständlichen Vorhabens im Sinne der genannten Norm kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausgegangen werden, obwohl die Beigeladene als Vorhabenträgerin in der "Walsumer Verständigung" die Absicht bekundet hat, den Abbaubetrieb schon vor Ablauf der Geltungsdauer des Rahmenbetriebsplans einzustellen. Nach der gebotenen objektiven Betrachtungsweise regelt die von den Parteien ausdrücklich als "Verständigung" und "Vereinbarung zum Interessenausgleich" bezeichnete Absprache das weitere Schicksal des Vorhabens nämlich weder rechtlich bindend noch hinreichend konkret, um schon jetzt vom Gericht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses verlangen zu können. Als öffentlich-rechtlicher Vertrag kann die "Verständigung" während der Laufzeit des Rahmenbetriebsplans abhängig vom Willen und der Interessenlage der Vertragsparteien jederzeit einvernehmlich an veränderte Verhältnisse angepasst, aus anderen Gründen geändert oder gänzlich aufgehoben werden. Zudem sieht sie wechselseitig keine konkreten, gerichtlich durchsetzbaren und anschließend vollstreckbaren Ansprüche oder Sanktionen vor. Inhaltlich bleiben die getroffenen Absprachen vage und ähneln einer bloßen politischen Absichtserklärung. Die für sich gesehen konkrete zeitliche Vorgabe der Einstellung des Bergwerks Walsum "spätestens am 30.06.2008" wird durch die Formulierung "unter der Voraussetzung eines künftigen planmäßigen Abbaus" wieder relativiert. Der Zeitpunkt der Einstellung des Abbaus ist damit aus heutiger Sicht nicht bestimmbar, weil die Vertragsparteien das Abbauende von den Ungewissheiten eines reibungslosen betrieblichen Ablaufs abhängig gemacht haben. In räumlicher Hinsicht benennen die Vertragsparteien zwar konkrete Bauhöhen, die entweder gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt abgebaut werden sollen, die konkreten Abbaulängen werden indessen nicht festgelegt. Aus der Formulierung "bis zum Ufer" lässt sich eine solche Längenbegrenzung jedenfalls nicht mit der notwendigen Genauigkeit ableiten. Wie die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung hat erkennen lassen, hat sie bislang zur Umsetzung der "Walsumer Verständigung" auch noch keinen Antrag auf Änderung oder Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gestellt, mit dessen Hilfe sich der Wille der Vertragsparteien konkretisieren ließe.

Unbeschadet der Frage der Teilbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses kann der Senat auch nicht von sich aus einen Teil aus dem gesetzten Rahmen herausnehmen. Angesichts der Komplexität des Vorhabens bedarf es zunächst der behördlichen Bestandsaufnahme der mit dem Absehen vom Abbau bestimmter Bauhöhen verbundenen tatsächlichen Folgen und der Prüfung, wie sich die "Walsumer Verständigung" insgesamt hinsichtlich der Ansprüche Dritter auswirkt. Denn der Rahmenbetriebsplan ist nur die Grundlage für viele Einzelmaßnahmen, zu deren Umsetzung es weiterer Betriebspläne bedarf.

Überdies macht die Klägerin den auf § 77 VwVfG gestützten Anspruch auf Aufhebung aber auch deshalb verfrüht geltend, weil die Beklagte ... als zuständige Behörde derzeit noch prüft, wie sie auf die unter dem 28. 8. 2005 geschlossene - mithin erst wenige Wochen alte - "Walsumer Verständigung" reagieren soll. Angesichts des Rahmencharakters des Planfeststellungsbeschlusses und der Komplexität des bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens ist der Behörde, die ein Bergbauvorhaben wegen dessen dynamischen Charakters ständig unter Kontrolle zu halten hat, ein angemessener Prüfungszeitraum zuzubilligen. Da die von dem Plan Betroffenen nicht auf unabsehbare Zeit durch die Rechtswirkungen des Beschlusses gebunden werden dürfen, vgl. BVerwG, Urteil vom 11.4.1986 - 4 C 53.82 -, a.a.O.; siehe auch Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 6. Aufl. (2001), § 77 Rdnrn. 2 ff. und 9, wird die Bergbehörde aber alsbald tätig werden müssen und die Beigeladene ggfs. zur Vorlage eines geänderten Rahmenbetriebsplans aufzufordern haben, um den Planbetroffenen Rechtsklarheit zu verschaffen.

Der Rechtsschutz wird durch die Verneinung eines Aufhebungsanspruchs zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht unzumutbar verkürzt, denn wegen der Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung ist für die Klägerin hinreichend deutlich, inwieweit unter ihrem Gemeindegebiet zukünftig noch abgebaut wird. Deshalb ist ihr für eine Übergangszeit zuzumuten, die notwendige und der Beklagten im Zusammenwirken mit der Beigeladenen obliegende Anpassung abzuwarten.

2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). (...)

Allerdings gilt in bergrechtlichen Verfahren die Besonderheit, dass bei der Anwendung der vorgenannten Schutznormlehre die besonderen Sachgesetzlichkeiten des Bergbaus angemessen zu berücksichtigen sind. Dazu gehört, dass Bergbau unausweichlich an den Standort der Lagerstätte der zu gewinnenden Bodenschätze gebunden ist, dass innerhalb der Lagerstätte die bergbaulichen Aktivitäten mit fortschreitendem Abbau relativ zügig ihren Ort wechseln und dass es insbesondere beim unterirdischen Abbau von Bodenschätzen mit mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit notwendig zu Beeinträchtigungen von Gebäuden oder anderen Anlagen an der Oberfläche kommt, ohne dass sich dies nach Ort, Art und Ausmaß der zu erwartenden Schäden sicher im voraus bestimmen ließe. Soweit es - wie hier beim Abbau von Steinkohle - um die Gewinnung sog. bergfreier Bodenschätze geht, kommt hinzu, dass die Befugnis, diese Bodenschätze auszubeuten, herkömmlicherweise nicht zum Inhalt des Oberflächeneigentums gehört, sondern stets Gegenstand einer eigenständigen Rechtsordnung war und ist.

BVerwG, Urteile vom 16.3.1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (334) und - 4 C 25.86 -, Buchholz 406.27 § 48 BBergG Nr. 3.

Daran gemessen verletzt die angefochtene Rahmenbetriebsplanzulassung, die ihre Rechtsgrundlage in den §§ 52 Abs. 2a, 48 Abs. 2, 55 und 56 BBergG findet, keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin.

a) Die Zulassung des Rahmenbetriebsplans ist nicht in einer Weise verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, dass dadurch Rechte der Klägerin verletzt werden, die zur Aufhebung der Zulassungsentscheidung führen.

aa) Die von der Klägerin gerügte Verletzung ihres Beteiligungsrechtes dürfte schon von der Rechtsfolge her den geltend gemachten Aufhebungsanspruch nicht tragen.

Auch nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG vermitteln Verfahrensvorschriften grundsätzlich keine selbständig durchsetzbaren Rechtspositionen, selbst wenn das Verfahrensrecht - wie z.B. die Umweltverträglichkeitsprüfung - auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruht. Somit bleibt ein Verfahrensfehler prozessual folgenlos, wenn er nicht zugleich kausal für eine Verletzung materieller Rechtspositionen ist, so dass die Nichteinhaltung von Verfahrensbestimmungen für sich genommen nicht zur Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses führen kann.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.11.2002 - 9 VR 14.02 -, NVwZ 2003, 207 (209), m.w.N.; zum Bergrecht siehe OVG NRW, Beschluss vom 28.7.1995 - 21 B 985/95 -, ZfB 136 (1995), 315, Leitsatz.

Auch eine am Verfahren zu beteiligende Kommune kann die getroffene Planungsentscheidung deshalb nicht allein wegen der Verletzung der sie betreffenden Verfahrensvorschriften angreifen. Vielmehr kann ein Verfahrensfehler nur dann rechtlich relevant werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass sich der gerügte Fehler auf gemeindliche Abwehrrechte ausgewirkt hat. Das ist - wie noch auszuführen sein wird - schon aus materiell-rechtlichen Gründen nicht der Fall, weil der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin nicht beeinträchtigt und die Beklagte die Frage der Machbarkeit wasserrechtlicher Folgemaßnahmen zum Hochwasserschutz zutreffend beantwortet hat.

Es kommt hinzu, dass es sich bei der bergrechtlichen Betriebsplanzulassung, auf die nach §§ 55, 48 Abs. 2 BBergG ein Rechtsanspruch besteht, um eine gebundene, nicht aber um eine fachplanerische Entscheidung mit Gestaltungsspielraum handelt, so das BVerwG in std. Rspr.; siehe Urteile vom 14.4.2005 - 7 C 26.03 -, NVwZ 2005, 954, (955), vom 14.12.1990 - 7 C 18.90 -, Buchholz 406.27 § 55 BBergG Nr. 3, und vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 -, BVerwGE 74, 315 (322); kritisch Durner, Konflikte räumlicher Planungen, 2004, S. 376, so dass - unbeschadet einer möglichen Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW - ein etwaiger Verfahrensfehler für sich gesehen mangels Kausalität nach § 46 VwVfG NRW, der über § 5 BBergG anwendbar ist, unbeachtlich wäre.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.6.2003 - 21 B 1050/03 -, S. 12; Sächs. OVG, Beschluss vom 18.5.1998 - 1 S 766/97 -, ZfB 139 (1998), 202, und Urteil vom 18.9.1997 - 1 S 354/96 -, ZfB 138 (1997), 314 (325); zu weiteren Einzelheiten siehe Schoch, Die Rechtsstellung der Gemeinden bei der bergbaulichen Betriebsplanzulassung, in: Planung, Festschrift für Werner Hoppe zum 70. Geburtstag, München 2000, 711 (715) m.w.N.

Davon abgesehen ist eine fehlerhafte Beteiligung der Klägerin im Planfeststellungsverfahren aber auch nicht erkennbar.

bb) Der weitere Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe mangels ausreichender Prüfungstiefe das hohe Schadenspotential im Hinterland der Deiche auf Rahmenbetriebsplanebene nicht betrachtet, darin liege ein zur Aufhebung führender Verstoß gegen das auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruhende Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), vermag der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Aus den schon unter aa) genannten Erwägungen scheidet auch ein auf das UVP-Recht gestützter Aufhebungsantrag aus. Die Klägerin hat nach bislang ständiger Rechtsprechung des BVerwG keinen Anspruch auf Überprüfung, ob die im Rahmen des Verfahrens durchgeführte UVP mit der erforderlichen Prüfungstiefe vorgenommen wurde, weil es sich auch bei den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben um Verfahrensvorschriften handelt, deren Einhaltung grundsätzlich nicht unabhängig von der Verletzung materieller Rechte erzwungen werden kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.3.2003 - 9 A 33.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 173, mit umfangreichen Nachweisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich Abweichendes auch nicht aus der Rechtsprechung des EuGH. Die von ihr in diesem Zusammenhang angeführte sog. Wells-Entscheidung, EuGH, Urteil vom 7.1.2004 - C-201/02 -, Slg. 2004, 723, betrifft einen nicht vergleichbaren Fall, denn dort war eine UVP völlig unterblieben. Davon kann selbst vor dem Hintergrund der von der Klägerin behaupteten Unzulänglichkeiten der Prüfung hier keine Rede sein.

Der Senat sieht derzeit auch (noch) keine Veranlassung, die Rechtsprechung des BVerwG zum Drittschutz des UVP-Rechts (s.o.) angesichts der Aufnahme des Art. 10a in die Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.6.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.5.2003 (Abl. EU L156/17) in Frage zu stellen.

Zwar wird inzwischen durch die im Zusammenhang mit der Umsetzung der Aarhus-Konvention erfolgten sowie konkret geplanten europarechtlichen Änderungen mit beachtlichen Argumenten zunehmend eine abweichende Auffassung vertreten. So hat die Kommission nicht nur die sog. dritte (und letzte) Säule der Konvention in Angriff genommen und den Entwurf einer Richtlinie über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vorgelegt (Vorschlag vom 24.10.2003 KOM (2003) 624 endg.). Vielmehr wurde durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.5.2003 u.a. bereits die Richtlinie 85/337/EWG (UVP-Richtlinie) durch Einfügung des Art. 10a geändert (künftig UVP-RL n.F.), wobei die bis zum 25.6.2005 laufende Umsetzungsfrist (vgl. Art. 6 Richtlinie 2003/35/EG) inzwischen abgelaufen ist.

Nach dieser neu eingefügten Bestimmung des Art. 10a stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die ein ausreichendes Interesse haben oder eine Rechtsverletzung geltend machen, Zugang zu einer Überprüfung vor einem Gericht haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Aus dieser Regelung, die Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 der Aarhus-Konvention Rechnung trägt, wird zum Teil gefolgert, dass die bisherige prozessuale Behandlung von Verfahrensfehlern nicht länger aufrecht erhalten werden kann. Vielmehr müsse, da die Anfechtung gerade aus verfahrensrechtlichen Gründen ausdrücklich vorgesehen sei, nunmehr für das Gericht auch die Möglichkeit einer Kassation wegen eines Verfahrensfehlers bestehen.

Vgl. nur Ziekow, NVwZ 2005, 263 (265), und Schink, EurUP 2003, 27 (36); a. A.: von Danwitz, NVwZ 2004, 272 (278, 281): beide Systemalternativen seien gleichrangig nebeneinander gestellt.

Der Senat kann die Frage letztlich offen lassen, denn er hält aus den nachfolgenden Gründen jedenfalls derzeit an der bislang vertretenen Auffassung zum Drittschutz von Verfahrensrechten fest.

Der UVP-RL n.F. kommt trotz des inzwischen erfolgten Ablaufs der Umsetzungsfrist (Juni 2005) mangels hinreichender Bestimmtheit keine unmittelbare Geltung zu.

Vgl. auch Walter, EuR 2005, 302 (334, 336).

An der Bestimmtheit fehlt es, weil die Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. So könnte der deutsche Gesetzgeber, um den Richtlinienauftrag einer Stärkung des Verfahrensrechts zu erfüllen, beispielsweise mit einer Änderung oder völligen Abschaffung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften reagieren (insbesondere §§ 44a VwGO, 46 VwVfG) oder die bislang das deutsche Prozessrecht prägende Schutznormlehre modifizieren oder gar aufgeben.

Vgl. hierzu auch den Referentenentwurf eines Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vom 21.2.2005.

Damit ist das Gericht zwar nicht gehindert, sich bei der Auslegung nationalen Rechts an den Bestimmungen der Richtlinie zu orientieren und vor diesem Hintergrund die bisherige nationale Rechtsprechung zu überdenken. Der Senat ist aber nicht der Auffassung, dass die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung zur UVP als "nicht drittschützendes, reines Verfahrensrecht" anlässlich der aufgezeigten europarechtlichen Entwicklungen nunmehr umgehend - sozusagen vorauseilend - geändert werden sollte.

A.A. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 25.1.2005 - 7 B 12114/04 -, DÖV 2005, 436 (437).

Zwar lässt sich die Außerachtlassung der europarechtlich neuen Erwägungen im vorliegenden Verfahren wohl nicht allein unter Hinweis auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt für die gerichtliche Entscheidung (hier: Erlass des Planfeststellungsbeschlusses am 7.6.2002) begründen, denn die materiellen Voraussetzungen der UVP-Richtlinie galten unstreitig schon zu diesem Zeitpunkt; sie wurden nach Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen auch eingehalten. Es wäre deshalb wohl auch unter Rückwirkungsgesichtspunkten zulässig, wenn der Gesetzgeber der Klägerin als "Öffentlichkeit" im Sinne der genannten Richtlinie nunmehr einen Rechtsanspruch auf Überprüfung der Einhaltung der UVP-Bestimmungen zubilligen würde, wie es z.B. in vergleichbarer Weise durch § 69 Abs. 5 BNatSchG bei der Verbandsklage für bereits anhängige Gerichtsverfahren geschehen ist. Angesichts der oben beschriebenen gesetzgeberischen Reaktionsmöglichkeiten, insbesondere auch im Hinblick auf die geschilderte Rückwirkungsfrage, hält es der Senat jedoch für verfehlt, für eine Übergangszeit - nämlich bis zur konkreten Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber - einen der verschiedenen Wege zu beschreiten, ohne dass hierfür eine verfassungs- oder europarechtliche Notwendigkeit besteht.

b) Aus den für die angefochtene Zulassungsentscheidung maßgeblichen materiell-rechtlichen Vorschriften des Bergrechts - hier §§ 55 und 48 Abs. 2 - ergibt sich ebenfalls keine Rechtsverletzung der Klägerin.

aa) Mit Blick auf § 55 BBergG kann sie die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nicht mit der Begründung verlangen, das zugelassene Vorhaben beschneide unzulässig ihr Selbstverwaltungsrecht und die damit verbundenen Rechte auf Selbstgestaltung, Schutz ihrer kommunalen Einrichtungen sowie Durchsetzung der Planungs- und Finanzhoheit, denn aus der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass sie dem Schutz des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts dient.

BVerwG, Beschluss vom 15.7.1994 - 4 B 102.94 -, Buchholz 406.27 § 48 BBergG Nr. 4 (3).

Gleiches gilt hinsichtlich sonstiger, von der Klägerin geltend gemachter Gründe im Zusammenhang mit der Deichsicherheit. Die bezüglich dieses Themenkreises überhaupt nur in Betracht zu ziehenden Zulassungsvoraussetzungen der Nrn. 3 und 9 des § 55 BBergG vermitteln der Klägerin ebenfalls kein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht.

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 BBergG ist die Zulassung zu erteilen, wenn die erforderliche Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und zum Schutz von Sachgütern, Beschäftigter und Dritter im Betrieb eingehalten werden. Nach der Rechtsprechung des BVerwG kommt dieser Norm zwar Drittschutz zu. Dies gilt allerdings nur, soweit es um Leben und Gesundheit geht; Sachgüter Dritter werden als solche nicht geschützt, soweit sie außerhalb des Betriebes des Bergbauunternehmers liegen.

BVerwG, Urteile vom 14.4.2005 - 7 C 26.03 -, NVwZ 2005, 954 (955), und vom 16.3.1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (336); offen gelassen allerdings im sog. Gasspeicher-Urteil, vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1991 - 7 C 25.90 -, BVerwGE 89, 246 (249).

Auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin geschilderten verheerenden Folgen eines bergbaubedingten Bruchs der Rheindeiche für ihre Einwohner und deren Sachgüter werden kommunale Belange insoweit nicht berührt. Eine Gemeinde kann nicht losgelöst von ihrer Stellung als Selbstverwaltungskörperschaft Rechte aus gesetzlichen Anforderungen an den Schutz von Leib, Leben und Gesundheit von Menschen geltend machen. Sie ist nicht Sachwalterin der Allgemeinheit oder einzelner Privatpersonen, denen es freisteht, sich vor rechtswidrigen Eingriffen selbst zu schützen, und kann sich insbesondere nicht über die Anrufung der Verwaltungsgerichte als Kontrolleur der zur Wahrung öffentlicher Belange jeweils berufenen staatlichen Behörden betätigen.

BVerwG, Beschluss vom 30.8.1995 - 4 B 86.95 -, Buchholz 406.13 § 6a ROG Nr. 1 (6).

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG ist die Zulassung zu erteilen, wenn gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung und Gewinnung nicht zu erwarten sind. Der Begriff der Gemeinschädlichkeit, den das Bundesberggesetz aus dem Allgemeinen Berggesetz von 1865 übernommen hat, setzt voraus, dass der Betrieb eine ganz erhebliche Gefahrenschwelle überschreitet; es muss ein Schaden in solchem Umfang drohen, dass er sich auf das Allgemeinwohl auswirkt. Der Maßstab der Gemeinschädlichkeit ist somit nicht als Einfallstor für alle öffentlich-rechtlichen Belange, die der Bergbau berühren kann, in das Betriebsplanzulassungsverfahren zu verstehen.

BVerwG, Urteile vom 14.4.2005 - 7 C 26.03 -, NVwZ 2005, 954 (955), und vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 -, BVerwGE 74, 315 (321).

Zwar dürften die von der Klägerin erwarteten Auswirkungen des Abbaus - insbesondere die etwaigen Folgen eines Deichbruchs - trotz dieser hohen Schwelle die Voraussetzungen eines Gemeinschadens objektiv-rechtlich erfüllen. Die Vorschrift dient allerdings nicht den individuellen Interessen Einzelner, sondern hat das objektive Gemeinwohlinteresse im Auge; sie gewährt deshalb aus sich heraus keinen Drittschutz.

BVerwG, Urteil vom 16.3.1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (337).

Die Behauptung, die betreffende Behörde komme im konkreten Fall der Aufgabe, die Gemeinwohlbelange zu wahren, nicht oder nicht ausreichend nach, verleiht den Verwaltungsgerichten nicht die Befugnis, ihre Prüfungskompetenz auf allein im öffentlichen Interesse bestehende Vorschriften auszudehnen.

Saarl.OVG, Beschluss vom 22.8.2001 - 2 W 1/01 -, ZfB 142 (2001), 283 (289).

bb) Schließlich kann die Klägerin auch aus § 48 Abs. 2 BBergG keine Rechte herleiten, die den geltend gemachten Aufhebungsanspruch stützen. Zwar kann die Norm i.V.m. Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden eine wehrfähige Rechtsposition vermitteln (1). Dem hier streitgegenständlichen Vorhaben standen im maßgeblichen Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung indessen keine überwiegenden öffentlichen Interessen aus Gründen des Schutzes des Selbstverwaltungsrechtes der Klägerin entgegen, die die Beklagte zur Beschränkung oder Untersagung des Vorhabens berechtigten (2).

(1) Nach seinem Wortlaut enthält § 48 Abs. 2 BBergG nur die Ermächtigung der Bergbehörde, eine Aufsuchung oder Gewinnung zu beschränken oder zu untersagen, soweit ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Die Vorschrift ist dabei eine die Befugnisse der Bergbehörde im Betriebsplanzulassungsverfahren erweiternde Norm und begründet nicht nur eine eigenständige, dem Betriebsplan neben- und nachgeordnete Anordnungsbefugnis der Bergbehörde, sondern ergänzt und erweitert die in § 55 Abs. 1 BBergG aufgeführten Versagensgründe um außerbergrechtliche Gründe. Liegen bereits bei der Entscheidung der Bergbehörde über die Zulassung eines eingereichten Betriebsplans Umstände vor, die der Bergbehörde Anlass geben, die Aufsuchung oder Gewinnung gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG zu beschränken oder zu untersagen, so hat sie dies bei ihrer Entscheidung durch Beschränkung oder Versagung der Zulassung zu berücksichtigen. Denn nach dem sog. Altenberg-Urteil des BVerwG macht es keinen Sinn, wenn die Bergbehörde einen Betriebsplan zunächst ohne Einschränkungen zuzulassen hat und anschließend die Aufsuchung und Gewinnung sofort beschränken oder untersagen kann.

BVerwG, Urteil vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 -, BVerwGE 74, 315 (323).

Dennoch kommt § 48 Abs. 2 BBergG aufgrund verfassungskonformer Auslegung jedenfalls insoweit drittschützende Wirkung zu, als die zuständige Behörde die Betriebsplanzulassung einschränken oder untersagen muss, wenn nur dadurch unverhältnismäßige Beeinträchtigungen des durch Art. 14 GG geschützten Oberflächeneigentums Privater, BVerwG, Urteil vom 16.3.1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (345), oder des über Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden vermieden werden können. Zwar hat das BVerwG in den benannten Entscheidungen ausdrücklich bislang nur dem privaten Oberflächeneigentümer wegen des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG über § 48 Abs. 2 BBergG Drittschutz zugebilligt. Indessen sind die dort entwickelten Grundsätze vom Ansatz her auf das Verhältnis zwischen Bergbehörde, Unternehmer und Kommune ohne weiteres übertragbar. In beiden Fällen geht es um den Ausgleich widerstreitender Interessen, die jeweils unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes stehen. Auch ansonsten lässt sich kein Grund erkennen, warum dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht ein geringeres Gewicht bei der Abwehr bergbaubedingter Einflüsse zukommen sollte als dem Privateigentum der Oberflächeneigentümer.

Vom BVerwG bislang allerdings offen gelassen, vgl. Beschluss vom 15.7.1994 - 4 B 102.94 -, Buchholz 406.27 § 48 BBergG Nr. 4 (4); bejahend OVG NRW, Urteil vom 15.5.1998 - 21 A 7553/95 -, ZfB 139 (1998), 146 (153).

Die von der Beklagten und der Beigeladenen in diesem Zusammenhang vertretene Rechtsauffassung, aus der anerkannten Ergänzungsfunktion des § 48 Abs. 2 BBergG folge zwingend die Einschränkung, dass solche überwiegenden öffentlichen Interessen nicht erfasst seien, die bereits zu den in § 55 Abs. 1 BBergG aufgeführten Zulassungsvoraussetzungen gehören, dazu Boldt/Weller, BBergG, Ergänzungsband 1992, § 48 Rdnr. 5 a.E.; VG Weimar, Urteil vom 5. 6. 1996 - 7 K 697/93 -, ZfB 137 (1996), 321 (328); siehe auch Frenz, Unternehmerverantwortung im Bergbau, 2003, S. 58, deshalb sei die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Drittschutzes mit ihrem Vorbringen zur Deichsicherheit ausgeschlossen, weil sie damit die Frage eines Gemeinschadens nach § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG aufwerfe, hält der Senat zumindest für zweifelhaft. Ein solche Einschränkung hätte nämlich zur Folge, dass eine Gemeinde ausgerechnet dann keinen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen könnte, wenn ihre kommunalen Belange - insbesondere ihre kommunalen Einrichtungen - in besonderem Maße gefährdet sind, während unterhalb der Schwelle des Gemeinschadens die verfassungsrechtliche Absicherung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts über § 48 Abs. 2 BBergG, Art 28 Abs. 2 GG fortbestünde. Letztlich muss diese Frage hier jedoch nicht abschließend geklärt werden, weil sie nicht entscheidungserheblich ist.

(2) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss greift in das verfassungsrechtlich geschützte Selbstverwaltungsrecht der Klägerin auch unter Einbeziehung der "Deichbruchproblematik" nämlich nicht unverhältnismäßig ein. Das Vorhaben verletzt weder die unter dem Schutz des kommunalen Selbstverwaltungsrechts stehende Planungshoheit (a), noch das Recht auf Schutz der eigenen kommunalen Einrichtungen (b), das Selbstgestaltungsrecht (c) oder die Finanzhoheit (d) der Klägerin. Die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Beeinträchtigungen kommunaler Angelegenheiten - wie Wirtschafts- und Sozialstruktur, Denkmalschutz und ortsgeschichtliches Erhaltungsinteresse - begründen bereits keine wehrfähigen Rechtspositionen (e).

(a) Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, dass der Planfeststellungsbeschluss ihre Planungshoheit beeinträchtigt.

Die gemeindliche Planungshoheit genießt den Schutz des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Sie umfasst die Befugnis, für das eigene Gebiet die Grundlagen der Bodennutzung durch Bebauungs- und Flächennutzungsplan festzulegen, und vermittelt eine wehrfähige Position gegenüber der Ausführung von Vorhaben Dritter auf dem Gemeindegebiet, wenn hierdurch nachhaltig eine hinreichend bestimmte gemeindliche Planung gestört oder wegen dessen Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren eigenen Planung entzogen werden und der entsprechende Eingriff unverhältnismäßig ist. Im Prozess ist die Gemeinde hinsichtlich ihrer Planungsvorstellungen und deren Konkretisierungsstadium darlegungspflichtig. Ebenso ist es ihre Sache darzutun, worin die möglichen Konflikte liegen und warum trotz Abstimmung der Bauleitplanung auf die vorgegebene Situation bauleitplanerische Mittel nicht ausreichen, die Konflikte zu lösen.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5.11.2002 - 9 VR 14.02 -, NVwZ 2003, 207, und vom 15. 10. 1998 - 4 B 94.98 -, Buchholz 406.27 § 15 BBergG Nr. 1, (3); Urteil vom 30.8.1993 - 7 A 14.93 -, NVwZ 1994, 371 ff.; VerfGH NRW, Urteil vom 9.6.1997 - 20/95 u.a. -, OVGE 46, 295 (303 ff.).

An diesen Maßstäben gemessen führt die bergrechtliche Planfeststellung schon nicht zu negativen Wirkungen des beschriebenen Ausmaßes (aa); der Eingriff wäre aber jedenfalls verhältnismäßig (bb). Das gilt sowohl hinsichtlich der in diesem Zusammenhang von der Klägerin vorgetragenen senkungsbedingten Ausweitung der Polderflächen als auch der befürchteten Bergschäden durch Zerrungen und Pressungen.

(aa) Das untertägige Abbauvorhaben führt weder tatsächlich noch rechtlich zu einer wesentlichen Beschränkung der Bauleitplanung der Klägerin.

Der Senat lässt offen, ob § 38 Satz 1 BauGB, wonach die Bestimmungen der §§ 29 bis 37 BauGB auf bauliche Maßnahmen von überörtlicher Bedeutung auf Grund von Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden sind, auch für bergrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse gelten, so allerdings die einhellige Kommentarliteratur, vgl. nur Roeser, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 2. Aufl. (1999), § 38 Rdnr. 27; Runkel, in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 38 Rdrn.159 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 16. 3. 2001 - 4 BN 15.01 -, ZfBR 2001, 347 ff., obwohl es sich hierbei um ein atypisches und gerade nicht durch eine planerische Abwägungsentscheidung geprägtes Verfahren handelt, kritisch deshalb Saarl.OVG, Urteil vom 27.3.2001 - 2 N 9/99 -, ZfB 143 (2002), 171 (175), und ob sich hieraus Einschränkungen der Gemeinde im Gebrauch ihrer Planungshoheit ergeben so BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 - 4 C 48.86 -, DVBl. 1989, 458 (459); zum Streitstand siehe Schoch, Die Rechtsstellung der Gemeinden bei der bergbaulichen Betriebsplanzulassung, in: Planung, Festschrift für Werner Hoppe zum 70. Geburtstag, München 2000, 711 (719), m.w.N.

Jedenfalls vermag der Senat im Ergebnis eine nachhaltige Planungsstörung mit unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art auf die schon erfolgte und die zukünftige Bauleitplanung nicht festzustellen. Mit der Übersendung der bisher aufgestellten Bauleitpläne und der Schilderung der städtebaulichen Leitziele hat die Klägerin ihre Planungsvorstellungen zwar hinreichend konkret umschrieben. Nicht erkennbar ist aber, dass der Planfeststellungsbeschluss die Verwirklichung dieser Ziele wesentlich stört. Da bei dem hier vorgesehenen unterirdischen Abbau von Steinkohle die großflächige Errichtung oberirdischer baulicher Anlagen nicht vorgesehen ist, wird die Klägerin an der Umsetzung ihrer Planungsvorstellungen durch Flächenverbrauch nicht gehindert. Zukünftig unter Bergbaueinwirkung stehende Flächen werden durch den Gesetzgeber, dessen materielle planungsrechtliche Regelungen Umfang und Schranken der Planungshoheit bestimmen (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG "alle örtlichen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze") auch nicht generell einer gestalterischen Bauleitplanung entzogen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.9.1981 - 12 A 2479/80 -, StGuR 1982, 112 (113).

Vielmehr gibt das Baugesetzbuch den Gemeinden lediglich auf, bei der Aufstellung von Bauleitplänen auch den Belang der Sicherung von Rohstoffvorkommen (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 BauGB) zu berücksichtigen und in Bebauungsplänen die Flächen zu kennzeichnen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind (§ 9 Abs. 5 Nr. 2 BauGB). Wie sich dem Planfeststellungsbeschluss (S. 139) und den zu den Akten gereichten Bebauungsplänen entnehmen lässt, ist die Klägerin diesen Anforderungen im Wesentlichen nachgekommen.

Die Klägerin hat auch in der mündlichen Verhandlung nicht deutlich machen können, warum trotz Abstimmung der Bauleitplanung auf die vorgegebene Situation bauleitplanerische Mittel nicht ausreichen, die etwaig auftretenden Konflikte zu bewältigen. (...)

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sich wegen der Bergsenkungen die Polderflächen und die Überflutungshöhen vergrößern. Diese tatsächlichen Folgewirkungen des Bergbaus führen zwar unstreitig zu einer Risikoerhöhung, weil damit das Schadenspotential im Fall eines Deichversagens steigt, jedoch nicht zu gravierenden, die gemeindliche Planungshoheit verletzenden Planungseinschränkungen. Denn die davon zukünftig betroffenen Bereiche werden - wie schon die bestehenden Polderflächen - durch Hochwasserschutzanlagen geschützt und bleiben damit grundsätzlich beplanbar (vgl. auch § 31b WHG n.F.). Die Vorsorge für den Katastrophenfall ist trotz des hohen Schadenspotentials nicht Gegenstand der Selbstverwaltungsgarantie, sondern wegen des überörtlichen Bezugs eine rein staatliche Aufgabe.

(bb) Ein (erheblicher) Eingriff des Planfeststellungsbeschlusses in die Planungshoheit der Klägerin wäre aber auch nicht im Rechtssinne unverhältnismäßig. Die Klägerin kann nicht jede ihr unliebsame Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit abwehren.

Das Gewicht des Eingriffs wird durch die örtlichen Gegebenheiten bestimmt, auf welche die überörtliche Planung zugreift; auch die Klägerin kann sie bei ihrer örtlichen Planung nicht schlechthin außer Acht lassen. Der planfestgestellte Rahmenbetriebsplan nimmt ein Gebiet in Anspruch, unter dem sich eine abbauwürdige Lagerstätte befindet. Gemeinden mit derartigen Bodenschätzen auf ihrem Gebiet unterliegen schon von ihrer geographischen Lage her einer gewissen Situationsgebundenheit. Eine Gemeinde in landschaftlich wertvollem Gebiet kann durch diese Lage ebenso an weiterer Planung gehindert sein, wie eine andere Kommune, die sich in der Nähe eines Flughafens oder eines großen Industriebetriebs befindet. Je stärker eine Gemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem sonstigen Ausstattungspotential her einer solchen Situationsgebundenheit unterliegt, desto eher sind ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar.

BVerwG, Urteil vom 11.1.2001 - 4 A 12.99 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 161 (77).

Gegenüber Bergbauvorhaben müssen die kommunalen Interessen wegen dieser Situationsgebundenheit grundsätzlich zurückstehen, d.h., die Kommunen müssen sich mit ihren Vorstellungen über die künftige Entwicklung des Gemeindegebiets dem umgehenden Bergbau anpassen, soweit dessen Auswirkungen auf die Weiterentwicklung des Gemeindegebiets sich im Rahmen des Üblichen halten. (...) (b) Neben der Planungshoheit kann sich die Klägerin im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts auch auf ihr Eigentum berufen. Anknüpfungspunkt für eine subjektiv-rechtliche Betroffenheit ist allerdings nicht die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, weil Gemeinden wegen ihrer Stellung als juristische Personen des öffentlichen Rechts auch im Rahmen der Wahrnehmung fiskalischer Aufgaben nicht über eine dem Grundrechtsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegende Rechtsposition verfügen. Verfassungsrechtlich ist das Eigentum von Gemeinden vielmehr nur im Rahmen der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) geschützt, also insoweit, als es Gegenstand und Grundlage kommunaler Betätigung ist.

BVerwG, Urteile vom 24.11.1994 - 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143 (151), und vom 12.8.1999 - 4 C 3.98 -, Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 18 (3).

Inhaltlich vermittelt die gemeindliche Selbstverwaltungsbefugnis grundsätzlich ein Abwehrrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen gemeindlicher Einrichtungen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob durch das Vorhaben in die bauliche Anlage von Einrichtungen selbst eingegriffen oder ob diese nur in ihrer Funktionsfähigkeit zerstört oder erheblich beeinträchtigt werden. Allerdings gilt im Bergrecht die Besonderheit, dass zunächst die Wahrscheinlichkeit schwerwiegender Oberflächenschäden festgestellt werden muss. Denn das BVerwG hat nach den sog. Moers-Kapellen-Entscheidungen eine Berücksichtigungspflicht des grundgesetzlich über Art. 14 GG geschützten Privateigentums nur für den Fall verlangt, dass die Schäden insgesamt das Ausmaß eines Gemeinschadens erreichen. Bei kleinen oder mittleren Bergschäden verbleibt es hingegen beim Vorrang des Bergrechts, das die Betroffenen auf den späteren Ersatz von Bergschäden über §§ 110 ff. und §§ 114 ff. BBergG verweist.

BVerwG, Urteile vom 16.3.1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (344 ff.), und - 4 C 25.86 -, Buchholz 406.27 § 48 BBergG Nr. 3.

Da der Schutz des kommunalen Eigentums keinesfalls weiter reichen kann als der Schutz privaten Eigentums, müssen diese Grundsätze auch für die kommunalen Einrichtungen gelten.

Mit Blick auf diese bergrechtlichen Besonderheiten greift der angefochtene Planfeststellungsbeschluss in die gemeindlichen Einrichtungen der Klägerin nicht erheblich ein. Das Vorbringen der Klägerin, ihre kommunalen Infrastruktureinrichtungen wie öffentliche Gebäude, Kanalisation und Straßen würden (aa) wegen der Bergsenkungen und (bb) wegen der bergbaubedingten Unsicherheit der Deiche gefährdet, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

(aa) Nach den oben genannten Grundsätzen setzt ein Klageerfolg jedenfalls eine erhebliche Wahrscheinlichkeit voraus, dass an den kommunalen Einrichtungen der Klägerin senkungsbedingt Oberflächenschäden entstehen, die das typische Maß überschreiten, deren Funktionsfähigkeit erheblich einschränken und in der Summe an der Schwelle zum Gemeinschaden liegen. Eine solche Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Beeinträchtigungen, die über das übliche Maß deutlich hinausgehen, konnte die Klägerin nicht dartun. (...) Darüber hinaus sind die kommunalen Belange aber auch durch die Nebenbestimmung 1.3.8.2 des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend gewahrt. Nach dieser Bestimmung wird der Beigeladenen aufgegeben, die Benutzbarkeit aller kommunalen Einrichtungen im Bereich bergbaulicher Einwirkungen zu gewährleisten und ggfs. durch geeignete Ersatzmaßnahmen sicherzustellen. Das Vorbringen der Klägerin, diese Nebenbestimmung sei zu unbestimmt, trifft nicht zu. (...)

Hinsichtlich des von der Klägerin angesprochenen Straßen- und Kanalnetzes regelt der Planfeststellungsbeschluss in den Nebenbestimmungen 1.3.10.1 bis 1.3.10.3 zusätzlich regelmäßige Abstimmungsverpflichtungen zwischen den Trägern bzw. Betreibern der Infrastruktureinrichtungen und der Bergwerksunternehmerin, um unverhältnismäßige und unzumutbare Rückwirkungen des Bergbaus auf diese Einrichtungen zu vermeiden. (...) (bb) Die von der Klägerin behauptete bergbaubedingte Unsicherheit der Hochwasserschutzanlagen vermag eine wehrfähige Rechtsposition ebenfalls nicht zu begründen, obwohl nicht auszuschließen ist, dass der von der Klägerin befürchtete Bruch der Rheindeiche bei den im Rahmenbetriebsplanverfahren ermittelten Überflutungsflächen und -höhen auch die Funktionsfähigkeit ihrer kommunalen Einrichtungen erheblich beeinträchtigen würde.

Insoweit kann der Senat für seine weiteren Überlegungen unterstellen, dass den von der Klägerin aufgeworfenen deichrechtlichen Fragen Drittschutz zukommt, obgleich eine Gemeinde bei den in Rede stehenden, lediglich mittelbar hervorgerufenen Gefahren - wie generell in Katastrophenfällen - wohl eher als Teil der Allgemeinheit betroffen wird. Der Rahmenbetriebsplan ist in diesem Punkt jedenfalls nicht rechtswidrig, obwohl die Beklagte die konkreten Einzelheiten des bergbaubedingten Hochwasserschutzes unstreitig nicht geregelt und damit entgegen dem allgemein im Planfeststellungsrecht geltenden Grundsatz der Konfliktbewältigung nicht alle mit dem Vorhaben verbundenen notwendigen Folgemaßnahmen (hier: wasserrechtliche Fragen) auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans abschließend geklärt hat. Das ist allerdings nicht allein Folge des dynamischen Charakters des auf die besonderen Bedürfnisse des Bergbaus abgestimmten abgestuften Betriebsplansystems und einer von der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes beklagten Problemverlagerung in künftige Haupt- und Sonderbetriebspläne. Die Verfahrenstrennung beruht vielmehr in erster Linie auf § 57b Abs. 3 Satz 3 BBergG, wonach "das Verfahren nach den anderen Vorschriften durchzuführen" ist, wenn "für Folgemaßnahmen nach anderen Vorschriften Planfeststellungsverfahren vorgesehen sind". Bei den hier in Rede stehenden bergbaubedingten Deichertüchtigungen - wie beispielsweise Erhöhungen der Deichkrone, der Einbringung von Spundwänden, dem Einbau von dränfähigen Auflagen usw. (siehe S. 24 des Beschlusses) - handelt es sich um Folgemaßnahmen an anderen Anlagen, die nicht bergbautypisch sind und für die nach § 31 Abs. 2 Satz 2 WHG in der zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses maßgeblichen Fassung eine eigenständige wasserrechtliche Planfeststellung vorgesehen ist. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob die für den Deichausbau zuständige Fachbehörde tatsächlich ein Planfeststellungsverfahren durchführt oder sich - wie zum Teil geschehen - bei Einzelmaßnahmen, die keine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern, stattdessen auf die Erteilung einer Plangenehmigung nach § 31 Abs. 3 WHG beschränkt. Denn wie sich aus dem Wortlaut des § 57b Abs. 3 BBergG (" ... Planfeststellungsverfahren vorgesehen ...") ergibt, kommt es allein auf die Planfeststellungsfähigkeit der Maßnahme an.

Aus den von der Klägerin schriftsätzlich vorgetragenen und in der mündlichen Verhandlung nochmals eindringlich geschilderten Gründen (bergbaubedingte Risikoerhöhung eines Deichbruchs, immenses Schadenspotential, Erschwerung des Rechtsschutzes) mag es zwar wünschenswert sein, die Fragen des Hochwasserschutzes schon auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans umfassend zu ermitteln und abschließend zu beantworten. Auch hat die Klägerin zutreffend darauf hingewiesen, dass notwendige Folgemaßnahmen, um die es hier unstreitig geht, im Planfeststellungsrecht in der Regel von der Konzentrationswirkung des § 75 VwVfG NRW erfasst werden. Das Bundesberggesetz ordnet indes ausdrücklich eine Durchbrechung dieser allgemeinen Grundsätze an. Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig und nicht auslegungsfähig. Sinn und Zweck dieser (Spezial-)Regelung ist es, abweichend von den Konzentrationsregeln des allgemeinen Verfahrensrechts die Entscheidung über das Ob und das Wie von Maßnahmen, deren Verwirklichung zwar Voraussetzung für den konkreten Abbau ist, den Bergbau als solchen allerdings nicht betreffen, bei den entsprechenden Fachbehörden zu belassen. Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Im Gegenteil sollte nach der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Wirtschaft vom 8.11.1989 zur Änderung des Berggesetzes für "derartige aus dem spezifisch bergrechtlichen Bereich herausfallende Folgemaßnahmen [der] Vorrang des jeweiligen fachgesetzlichen Planfeststellungsverfahrens" angeordnet werden (Hervorhebung durch den Senat). In diesem Zusammenhang werden als Beispiel gerade "durch bergbaubedingte Senkungen notwendige Deichaufschüttungen" benannt.

Vgl. BT-Drucks. 11/5601, S. 14.

Soweit die Klägerin hierzu vorgebracht hat, hiermit könnten allenfalls "marginale Deichaufschüttungen", die erst "Jahrzehnte später anfielen", gemeint sein, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber zwischen verschiedenen Folgemaßnahmen unterscheiden wollte, etwa im Hinblick darauf, wann sie anfallen, ob sie besonders folgenschwer sind, ein besonders hohes Risikopotential in sich bergen oder Ähnliches.

Das bedeutet allerdings nicht, dass das bergrechtliche und das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren losgelöst nebeneinander stehen, so dass die zuständige Bergbehörde alle mit den notwendigen Folgemaßnahmen zusammenhängenden Problemen unbeachtet lassen darf. Eine solche Vorgehensweise würde gegen den Grundsatz der Konfliktbewältigung verstoßen, der durch den Gesetzgeber mit § 57 b Absatz 3 Satz 3 BBergG in Bezug auf Folgemaßnahmen zwar modifiziert, nicht aber völlig aufgegeben worden ist. Davon ist die Beklagte auch zutreffenderweise ausgegangen. Denn sie hat im bergrechtlichen Zulassungsverfahren den Hochwasserschutz aus ihrer Betrachtung nicht gänzlich ausgeblendet, vielmehr hat sie die beiden - rechtlich grundsätzlich selbständigen - Planfeststellungsverfahren über die Prüfung der Machbarkeit (aaa) und die Aufnahme einer Zuvor-Klausel als Nebenbestimmung (bbb) hinreichend miteinander verknüpft.

(aaa) Die Beklagte hat - wie sowohl der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses als auch die im Verfahren eingeholten Fachgutachten zeigen - zunächst geprüft, ob das Vorhaben trotz der Problematik des Hochwasserschutzes im Sinne der Machbarkeit und Beherrschbarkeit überhaupt verwirklicht werden kann. Diese Frage hat sie im Ergebnis bejaht; dagegen ist nichts zu erinnern. (...)

Angesichts der mithin im Ergebnis übereinstimmenden Auffassungen der Gutachter steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die von der Beklagten getroffene, als behördliche Prognoseentscheidung gerichtlich ohnehin nur eingeschränkt überprüfbare Beurteilung der Beherrschbarkeit der Deichproblematik nicht zu beanstanden ist. Danach stehen der Verwirklichung des Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegen. Deshalb war der Senat auch nicht gehalten, den von der Klägerin in zahlreichen Schriftsätzen erhobenen Bedenken hinsichtlich wasserbautechnischer Einzelfragen wie Rissbildungen, mögliche Erosion bei Durchströmung, Belastbarkeit des Deichkörpers, Aufbruchsicherheit, Piping usw. nachzugehen. Sie betreffen letztlich nicht Fragen der Machbarkeit, sondern der konkreten technischen Umsetzung wasserbaulicher Maßnahmen im Einzelfall und sind - wie es § 57b Abs. 3 Satz 3 BBergG ausdrücklich vorsieht - als solche der selbständigen Prüfung im Rahmen der notwendigen wasserrechtlichen Verfahren vorbehalten.

(bbb) Überdies hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung den Planfeststellungsbeschluss mit Billigung der Beigeladenen geändert und nunmehr in Form einer Nebenbestimmung ausdrücklich geregelt, dass der Beginn des Abbaus die Verwirklichung der wasserrechtlich notwendigen Maßnahmen voraussetzt. Zuvor war dieser Passus nur als Hinweis aufgenommen. Diese verbindliche Verkoppelung des Bergrechts mit dem Wasserrecht hält der Senat - wie dargelegt - unter dem Gesichtspunkt der Konfliktbewältigung für angezeigt. Die Notwendigkeit folgt im Übrigen auch aus der Funktion des Rahmenbetriebsplans als Kontrollinstrument der Bergbehörde. Insbesondere angesichts seiner langen Laufzeit von hier immerhin siebzehn Jahren, aber auch wegen der bergbautypischen Unsicherheiten des Abbauverlaufs muss es ihr möglich sein, auf Veränderungen nachträglich reagieren zu können, d.h., das Bergamt muss trotz der Zuständigkeit der Wasserbehörden für den ausgelagerten Teil das Gesamtvorhaben einschließlich der abbaubedingten Folgemaßnahmen auf den nachfolgenden Ebenen des Betriebsplanverfahrens weiterhin federführend unter Kontrolle behalten. Dem dagegen in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin erhobenen Einwand, erfahrungsgemäß nehme die Bergbehörde ihre diesbezügliche Verantwortung auf den dem Rahmenbetriebsplan nachfolgenden Ebenen rein tatsächlich nicht war, dazu fehle es schon an ausreichender Verwaltungskapazität, sind die Beklagte und die Beigeladene unter Nennung verschiedener Beispiele substantiiert entgegengetreten. Ohnedies ist zu beachten, dass die Einzelheiten der konkreten Umsetzung der Vorgaben des Rahmenbetriebsplans in den zukünftigen, den Abbau erst gestattenden Betriebsplänen nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens sind, weil sich die feststellende Wirkung des Planfeststellungsbeschlusses auf die rechtlich verbindliche Verkoppelung des Bergrechts mit dem Wasserrecht beschränkt.

(c) Die Klägerin macht in der Sache weiterhin geltend, durch das Vorhaben in ihrem so genannten Selbstgestaltungsrecht beeinträchtigt zu sein. In der Rechtsprechung des BVerwG ist anerkannt, dass dieses Recht in den Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG fällt. Abwehransprüche erwachsen aus ihm aber allenfalls dann, wenn die Gemeinde durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken, BVerwG, Beschluss vom 15.4.1999 - 4 VR 18.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 151, m.w.N., wobei zusätzlich die oben genannten Einschränkungen zu berücksichtigen sind, die sich aus den bergrechtlichen Besonderheiten - insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Situationsgebundenheit - ergeben.

Dass die Klägerin danach von Folgen des unterirdischen Steinkohlebergbaus betroffen wird, die über das übliche Maß hinausgehen, ist nicht substantiiert vorgetragen.

(d) Auch die von der Klägerin geltend gemachte Beeinträchtigung ihrer Finanzhoheit mit der Begründung, durch Bergsenkungen würden Infrastruktureinrichtungen wie Kanäle und Straßen zerstört, fällt in den Schutzbereich des Selbstverwaltungsrechts.

Für das Fachplanungsrecht hat das BVerwG für einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte kommunale Finanzhoheit jedenfalls die Darlegung und den Nachweis gefordert, dass der finanzielle Spielraum der Gemeinde nachhaltig in nicht mehr zu bewältigender und hinzunehmender Weise eingeengt wird.

BVerwG, Beschluss vom 30.7.2004 - 5 B 68.04 -, Juris, sowie Urteil vom 18.6.1997 - 11 A 65.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 27 (141).

Als Mindestvoraussetzung für die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ist damit geklärt, dass ein qualifizierter Ursachenzusammenhang im Sinne einer notwendigen Folge zwischen der anzugreifenden, Dritte betreffenden Maßnahme und den finanziellen Interessen des Selbstverwaltungsträgers bestehen muss und die möglichen finanziellen Auswirkungen ein nicht mehr zu bewältigendes Maß erreichen müssen.

Vgl. Vallendar, UPR 2003, 41 (44), m.w.N.

Daran fehlt es bereits deshalb, weil die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Finanzhoheit auf die Art und Weise der Regulierung bergbaubedingter Schäden abstellt und damit die Frage der Bergschadenshaftung (§§ 114 ff. BBergG) aufwirft. Zur Frage der Bergschadenshaftung werden nach § 57a Abs. 4 Satz 2 erster Halbsatz BBergG mit dem Planfeststellungsbeschluss aber gerade keine Regelungen getroffen. Die Gestaltungswirkung der Planfeststellung nach § 75 Abs. 1 Satz 2 VwVfG (NRW) entfällt insoweit.

Vgl. Gaentzsch, Die bergrechtliche Planfeststellung, in: Festschrift Sendler, München 1991, S. 403 (416), unter Hinweis auf BT-Drucks. 11/4015, S. 12.

Abgesehen davon hat die Klägerin auch nicht substantiiert dargetan, dass ihre Finanzhoheit durch das planfestgestellte Vorhaben im Sinne der oben genannten strengen Kriterien beeinträchtigt wird. ...

(e) Die sonstigen von der Klägerin geltend gemachten Belange werden durch den Schutzbereich des Selbstverwaltungsrechts nicht erfasst und verschaffen ihr deshalb keine wehrfähige Rechtsposition. (...)

Ende der Entscheidung

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