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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 07.11.2006
Aktenzeichen: 13 A 1314/06
Rechtsgebiete: AMG


Vorschriften:

AMG § 43 Abs. 1 Satz 1
AMG § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a
Die Begriffe des "Versandes" und des "Versandhandels" in § 43 Abs. 1 Satz 1 und § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG umfassen nicht nur den Versandhandel in einem herkömmlichen Sinne. Sie schließen vielmehr auf dem Prinzip der Abholung beruhende Versandhandelsformen und damit unter bestimmten Voraussetzungen auch einen Bestell- und Abholservice für Arzneimittel in einem Drogeriemarkt ein.

Im Rahmen des Versandhandels mit Arzneimitteln gilt das Verbot der Unterhaltung von Rezeptsammelstellen nicht, weil das Sammeln von Rezepten dem Versandhandel immanent ist.


Tatbestand:

Aufgrund einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Klägerin und der F-Apotheke, die in den Niederlanden eine Präsenzapotheke unterhält, richtete die Klägerin im Juni 2004 in acht ihrer Drogerie-Filialen versuchsweise einen Bestell- und Abholservice für Arzneimittel ein, der wie folgt vonstatten ging: Der Kunde füllte einen in der jeweiligen Filiale erhältlichen Bestellschein aus, indem er neben seiner Adresse die gewünschten verschreibungspflichtigen oder nichtverschreibungspflichtigen Arzneimittel angab und durch Ankreuzen bestimmte, ob die Lieferung an die von ihm angegebene Adresse oder an die Filiale erfolgen sollte. Er trennte dann den Abholschein vom Bestellschein ab. Den Bestellschein steckte er - gegebenenfalls mit der Verschreibung - in eine Bestelltasche, klebte diese zu und warf sie in eine in der Filiale befindliche verschlossene Sammelbox. Die Bestelltaschen wurden von Beauftragten der F-Apotheke, bei denen es sich um Angestellte der Klägerin handelte, die sich jedoch persönlich gegenüber der F-Apotheke verpflichtet hatten, entnommen, gezählt und in einem undurchsichtigen Spezialumschlag einem Kurierfahrer übergeben, der diesen zur F-Apotheke brachte. Dort wurden die Bestelltaschen geöffnet. Überprüft wurden die Bestellungen auf Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie auf Arzneimittelmissbrauch. Zudem wurde überprüft, ob die Verschreibungen gefälscht waren. Die Endkontrolle der zu versendenden Arzneimittel erfolgte durch einen Apotheker. Danach wurden die Arzneimittelsendungen für ein Versandunternehmen bereitgestellt und von diesem zu den Filialen der Klägerin transportiert. Je Filiale wurde ein Warenbegleitschein erstellt, der u.a. die Zahl der dort abzuliefernden Arzneimittelsendungen beinhaltete. Die jeweilige Sendung war lediglich mit dem Namen und der Adresse des Kunden sowie der Filiale und deren Adresse beschriftet. Das Filialpersonal bestätigte den Empfang der Sendungen durch eine Unterschrift auf dem Warenbegleitschein, der zur F-Apotheke zurückgesandt wurde. Die Arzneimittelsendungen wurden getrennt von den sonstigen Waren im gesicherten Lager der jeweiligen Filiale bis zur Abholung aufbewahrt. Der Beauftragte der F-Apotheke händigte dem Kunden die bestellte Ware nach Vorzeigen des Abholscheins und seines Personalausweises aus. Der Kunde beglich die der Ware beigefügte Rechnung der F-Apotheke per Überweisung oder Bankeinzug. In den Filialen der Klägerin erfolgte keine Beratung. Der Kunde hatte dort lediglich die Möglichkeit, kostenfrei die Service-Hotline der F-Apotheke anzurufen.

Der Beklagte untersagte der Klägerin mit Ordnungsverfügung vom 11.8.2004,

"1. apothekenpflichtige Arzneimittel für den Endverbrauch entgegen § 43 Abs. 1 AMG in ihren Filialen in den Verkehr zu bringen,

2. sich in ihren Filialen durch Kooperation mit der F-Apotheke an einem rechtswidrigen Verbringen zulassungspflichtiger Arzneimittel entgegen § 73 Abs. 1 AMG in die Bundesrepublik Deutschland zu beteiligen,

3. am Verkehr mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln für den Endverbrauch teilzunehmen, indem sie in ihren Filialen berufs- und gewerbsmäßig Verschreibungen entgegen den Bestimmungen des Siebenten Abschnitts des Arzneimittelgesetzes sammelt, ...".

Die nach den Ziffern 1 bis 3 untersagten Handlungen seien unverzüglich nach Zustellung der Verfügung einzustellen (vgl. Ziffer 6 der Verfügung). Ferner ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung dieser Maßnahmen an (vgl. Ziffer 5 der Verfügung).

Die Klägerin und die F-Apotheke setzten die vereinbarte Kooperation daraufhin aus.

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das VG ab. Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg.

Gründe:

Ziffern 1, 2, 3 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 11.8.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Düsseldorf vom 3.12.2004 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Zwar genügen die unter Ziffern 1, 2 und 3 der angefochtenen Ordnungsverfügung getroffenen Anordnungen dem verfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (I.) und sieht der Beklagte die Rechtsgrundlage für diese Anordnungen zu Recht in § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG (II.). Sie erweisen sich gleichwohl als materiell rechtswidrig (III.).

I. Die unter Ziffern 1, 2 und 3 der angefochtenen Ordnungsverfügung getroffenen Anordnungen genügen dem verfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. (wird ausgeführt)

II. Zu Recht sieht der Beklagte die mögliche Rechtsgrundlage für die unter Ziffern 1, 2 und 3 der angefochtenen Ordnungsverfügung getroffenen Anordnungen in § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG. (wird ausgeführt)

III. Die unter Ziffern 1, 2 und 3 der angefochtenen Ordnungsverfügung getroffenen Anordnungen erweisen sich gleichwohl als materiell rechtswidrig. Die dort genannten auf dem zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarten Vertriebskonzept beruhenden Verhaltensweisen begründen (jedenfalls) im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keine Verstöße im Sinne von § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG (1.). Überdies hat der Beklagte das ihm im Rahmen dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt (2.).

1. Durch die angefochtene Ordnungsverfügung sind der Klägerin generell für die Zukunft diverse Verhaltensweisen untersagt worden. Die Verfügung erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Es ist anerkannt, dass die Gerichte bei der Beurteilung derartiger Dauerverwaltungsakte die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung jedenfalls dann zu berücksichtigen haben, wenn das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.1.1998, - 3 C 6.97 -, BVerwGE 106, 141 (143 f.), m. w. N..

Letzteres ist bei dem hier in Rede stehenden Regelungskomplex nicht der Fall.

Demnach ist für die Beurteilung der Rechtslage das Arzneimittelgesetz in der Bekanntmachung der Neufassung vom 12.12.2005 (BGBl. I S. 3394), das Apothekengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.10.1980 (BGBl. I S. 1993), zuletzt geändert durch Art. 2a des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.8.2005 (BGBl. I S. 2570 (2600)), sowie die Apothekenbetriebsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.9.1995 (BGBl. I S. 1195), zuletzt geändert durch Art. 1 der Dritten Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom 10.10.2006 (BGBl. I S. 2217), heranzuziehen. Die im vorliegenden Verfahren einschlägigen arzneimittel- und apothekenrechtlichen Bestimmungen sind allerdings seit dem Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung nicht geändert worden, so dass die Rechtslage, aufgrund derer der Beklagte die angefochtene Ordnungsverfügung erlassen hat, noch fortgilt.

Verstöße im Sinne von § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG können der Klägerin unter Zugrundelegung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorgehalten werden.

Durch eine Änderung des § 43 bzw. durch eine Ergänzung des § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG um die Nr. 1a (vgl. Art. 23 Nr. 1 bzw. 4 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 - GKV-Modernisierungsgesetz -, BGBl. I S. 2190, 2253) ist das - bis zum Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes am 1.1.2004 geltende - Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln aufgehoben worden. Die durch das GKV-Modernisierungsgesetz gemäß § 43 Abs. 1 AMG eingeführte Möglichkeit des Versandhandels bezieht sich auf Apotheken mit Sitz in Deutschland. Deren jeweiligem Inhaber ist auf Antrag eine Versanderlaubnis zu erteilen, wenn er schriftlich versichert, dass er die in § 11a ApoG genannten Anforderungen erfüllen wird (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AMG, §§ 11a, 2 ApoG). Durch § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG hat der Gesetzgeber zudem unter bestimmten Voraussetzungen den Arzneimittelversand durch Apotheken eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erlaubt und diesen an den in Deutschland geltenden Anforderungen ausgerichtet. Kern der Kooperation der Klägerin mit der in den Niederlanden ansässigen F-Apotheke ist ein grenzüberschreitender innereuropäischer Versandhandel, so dass diese Kooperation - entgegen der Vorgehensweise des Beklagten - zunächst an den Vorgaben des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG zu messen ist.

a) Ein Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG (vgl. Ziffer 2 der angefochtenen Ordnungsverfügung) - der "Kernvorwurf" - kann der Klägerin nicht entgegengehalten werden. Die F-Apotheke ist nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG berechtigt, Arzneimittel im Wege des Versandhandels nach Deutschland zu verbringen (aa). Das zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarte Vertriebskonzept läuft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen tatsächlichen Gegebenheiten im Bereich des Versandhandels § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG nicht zuwider (bb).

aa) Soweit hier von Interesse bestimmt § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG, dass Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen, in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes nur verbracht werden dürfen, wenn sie zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen oder registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt sind und im Falle des Versandes an den Endverbraucher das Arzneimittel zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt ist und von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, welche für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt ist, entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird.

Nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG veröffentlicht das zuständige Bundesministerium in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht (sog. Länderliste) über die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die anderen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums, in denen für den Versandhandel und den elek-tronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen. Diese Standards regelt § 11a ApoG.

Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung hat auf der Grundlage einer europaweiten Erhebung zwischenzeitlich festgestellt, dass in den Niederlanden für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln zurzeit dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen, soweit Versandapotheken dort gleichzeitig eine Präsenzapotheke unterhalten.

Vgl. Bekanntmachung der Übersicht zum Versandhandel mit Arzneimitteln nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 16.6.2005, BAnz Nr. 113 vom 21.6.2005, S. 9366.

Die F-Apotheke unterhält in den Niederlanden eine Präsenzapotheke und eine Versandhandelsapotheke (vgl. www.europa.apotheek.com). Zweifel hinsichtlich ihrer Befugnis, Arzneimittel im Wege des Versandhandels nach Deutschland zu verbringen, bestehen vor diesem Hintergrund nicht und werden vom Beklagten auch nicht geltend gemacht.

bb) Das zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarte Vertriebskonzept läuft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen tatsächlichen Gegebenheiten im Bereich des Versandhandels § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG nicht zuwider.

Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der durch Art. 20 ff. des GKV-Modernisierungsgesetzes geänderten bzw. eingefügten Regelungen zum Versandhandel mit Arzneimitteln (vgl. BGBl. I S. 2190, 2249 ff.), zu denen u.a. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG sowie § 43 Abs. 1 und 3 AMG zählen, stehen einer zeitgemäßen weiten Auslegung der auch dort nicht legaldefinierten Begriffe des "Versandes" bzw. des "Versandhandels" nicht entgegen. Sie lassen eine weite Auslegung dieser Begriffe zu, die das Vertriebskonzept der Klägerin und der F-Apotheke umfasst (1). Eine solche Auslegung ist, weil allein verfassungskonform, vorliegend geboten (2).

(1) Die sich im Bereich des Versandhandels fortlaufend und insbesondere derzeit verändernden Rahmenbedingungen sind ursächlich dafür, dass die Begriffe des "Versandes" und des "Versandhandels" im allgemeinen Sprachgebrauch mit unterschiedlichen Bedeutungsinhalten Verwendung finden. Für den Versandhandel in einem herkömmlichen Sinne ist charakteristisch, dass das Versandunternehmen die Ware regelmäßig an die Anschrift des Kunden liefert. Ist die Übergabe dort - insbesondere wegen der Abwesenheit des Kunden oder einer sonstigen zur Entgegennahme der Ware befugten/bereiten Person - nicht möglich, gibt es - und gab es immer schon - die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit, die Ware an einem Lagerort - früher Postamt - abzuholen. Die Abholung der Ware durch den Kunden ist und war somit beim Versandhandel im herkömmlichen Sinne zwar nicht die Regel, aber immerhin vorgesehen.

Zwischenzeitlich haben sich weitere Versandhandelsformen entwickelt, die im Gegensatz zum Versandhandel in einem herkömmlichen Sinne gerade auf dem Prinzip der Abholung der Ware durch den Kunden basieren. So hat sich in erheblichem Umfang ein System von Abholpunkten (sog. PickPoints) etabliert. Als Abholpunkte fungieren in der Regel Gewerbebetriebe mit langen Öffnungszeiten, wie z.B. Tankstellen, Videotheken etc. Die Versandkunden können die Bestellungen an einen von ihnen auszuwählenden Abholpunkt schicken lassen. Das mit dem jeweiligen Gewerbebetrieb kooperierende Versandunternehmen hinterlegt die bestellte Ware dort. Die Kunden werden per SMS oder E-Mail darüber informiert, dass die Ware abholbereit am Abholpunkt liegt. Sie können diese während der üblichen Öffnungszeiten des jeweiligen Kooperationsbetriebes dort abholen. Verbreitet finden mittlerweile auch Paketautomaten Verwendung. Sie befinden sich an öffentlich zugänglichen Stellen. Bei dieser Vertriebsform werden die Kunden ebenfalls per SMS oder E-Mail darüber informiert, dass die bestellte Ware eingetroffen ist. Mittels einer Kundenkarte und einer persönlichen Identifikationsnummer kann der Kunde die Ware sodann - unabhängig von Öffnungszeiten - zu der ihm beliebenden Zeit dem Paketautomaten entnehmen.

Das Abholverfahren prägt in zunehmendem Maße den Versandhandel. Es trägt den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen Rechnung. Ein erheblicher Anteil der Kunden ist während der üblichen Paketauslieferungszeiten insbesondere wegen arbeitsbedingter Abwesenheit nicht an der Wohnanschrift anzutreffen. Gerade diesem Personenkreis kommt die Abholung der Versandware an den von ihnen ausgewählten Abholpunkten oder deren Entnahme aus Paketautomaten entgegen. Für die Versandunternehmen ist die Auslieferung der Pakete weniger aufwendig. Die Gewerbebetriebe, die als Abholpunkte fungieren, profitieren von einer erhöhten Kundenfrequenz.

Der Bedeutungsinhalt der in § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG verwendeten Begriffe des "Versandes" und des "Versandhandels" umfasst vor diesem Hintergrund nicht mehr nur den Versandhandel in einem herkömmlichen Sinne. Er schließt vielmehr die auf dem Prinzip der Abholung der Ware beruhenden - soeben beschriebenen - Versandhandelsformen und damit auch das Vertriebskonzept der Klägerin und der F-Apotheke ein. Denn die Aufgaben, die von den Filialen der Klägerin im Rahmen des Konzepts zu übernehmen sind, entsprechen - jedenfalls unter Zugrundelegung der veränderten Kooperationsvereinbarung vom 14.12.2004 - denjenigen, die von sonstigen Gewerbebetrieben zu erfüllen sind, die die Funktion von Abholpunkten übernommen haben. So soll in den Filialen der Klägerin die bestellte Ware bis zur Abholung durch den Kunden oder eine zur Entgegennahme befugte Person gelagert werden. Die Bezahlung der Arzneimittel erfolgt unmittelbar - per Überweisung oder Bankeinzug - an die F-Apotheke. Die Kunden der F-Apotheke werden in den Filialen der Klägerin nicht beraten. Dem Einwand der Widerspruchsbehörde, aufgrund der Berichterstattung und des Internetauftritts der Klägerin sei bei den Verbrauchern der Eindruck entstanden, die Filialen der Klägerin hätten nicht lediglich Botentätigkeiten übernommen, haben die Klägerin und die F-Apotheke durch die veränderte Kooperationsvereinbarung vom 14.12.2004 die Grundlage entzogen. Hiernach (vgl. § 9 dieser Vereinbarung) beschränkt die Klägerin ihre Werbung sowie ihren Internet-Auftritt hinsichtlich der Kooperation mit der F-Apotheke auf die von ihr übernommene Transportfunktion. Das Erscheinungsbild der Filialen der Klägerin entspricht folglich insbesondere aus der Sicht der Kunden den im Versandhandel zwischenzeitlich üblichen Abholpunkten und beschränkt sich damit auf ein Tätigwerden im Rahmen des Versandhandels.

Dieses wird weder durch die Konzentration der Kooperation zwischen der Klägerin und der F-Apotheke auf Arzneimittel noch durch das gleichzeitige Angebot eines Bestellservices in Frage gestellt. Ein Bestellservice gehört vielmehr zu den üblichen und ebenfalls in vielfältigen Formen vorzufindenden Gegebenheiten des Versandhandels. Er unterstreicht damit das auf die Kooperation mit der F-Apotheke bezogene Erscheinungsbild der Filialen der Klägerin.

Die Systematik der durch Art. 20 ff. des GKV-Modernisierungsgesetzes geänderten bzw. eingefügten Regelungen zum Versandhandel schließt ebenfalls ein weites - auch das zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarte Vertriebskonzept umfassendes - Verständnis der Begriffe des "Versandes" und des "Versandhandels" nicht aus.

Die in § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG und § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG verwendeten Zusätze "für den Endverbrauch" bzw. "an den Endverbraucher" sind nicht geeignet, die Begriffe des "Versandes" und des "Versandhandels" inhaltlich, im Sinne der Verbotsverfügung des Beklagten einzuschränken. Denn sämtliche Formen des Versandhandels - mithin auch die, die auf dem Prinzip der Abholung der Ware gründen - zielen letztlich auf die Übergabe der bestellten Ware "für den Endverbrauch" bzw. "an den Endverbraucher". Die Zahl der "Stationen" zwischen Versandapotheke und Empfänger ist dadurch grundsätzlich nicht beschränkt.

Die in § 11a Satz 1 Nr. 2 lit. b) und Nr. 3 lit. d) ApoG bestimmten Sicherheitsstandards, deren Einhaltung der Inhaber einer Apothekenbetriebserlaubnis vor der Erteilung einer Versanderlaubnis für apothekenpflichtige Arzneimittel versichern muss, indizieren zwar, dass der Gesetzgeber sich bei deren Festlegung am Versandhandel in einem herkömmlichen Sinne orientiert hat. So legen insbesondere die dort verwendeten Begrifflichkeiten "der Person ausgeliefert" (vgl. § 11a Satz 1 Nr. 2 lit. b) ApoG) und "Zweitzustellung" (vgl. § 11a Satz 1 Nr. 3 lit. d) ApoG) die Vorstellung des Gesetzgebers nahe, dass die Ware zum Empfänger gebracht und diesem dort übergeben wird. Insoweit ist jedoch zu bedenken, dass die Formulierung der Sicherheitsstandards zuvörderst von dem gesetzgeberischen Bemühen getragen war, die Arzneimittelsicherheit im Rahmen des Versandhandels im seinerzeit herkömmlichen Sinne in möglichst weitem Umfang zu gewährleisten. Dass der Gesetzgeber die Sicherheitsstandards an den Gegebenheiten des Versandhandels im seinerzeit herkömmlichen Sinne ausgerichtet hat, lässt aber nicht bereits darauf schließen, dass er davon ausgegangen ist, die Arzneimittelsicherheit könne nur beim Versandhandel im seinerzeit herkömmlichen Sinne gewährleistet werden, und er sich später entwickelnde andere Versandhandelsformen deshalb (konkludent) ausschließen wollte. Zweifelsohne ist es allerdings auch bei anderen Versandhandelsformen angezeigt, die Einhaltung von Sicherheitsstandards einzufordern und diese jedenfalls dann an den Vorgaben des § 11a ApoG zu messen, wenn deren Übertragung auf die in Rede stehende Versandhandelsform geboten ist.

So soll beispielsweise nach § 11a Satz 1 Nr. 2 lit. b) ApoG mit einem Qualitätssicherungssystem erreicht werden, dass das versandte Arzneimittel der Person ausgeliefert wird, die von dem Auftraggeber der Bestellung der Apotheke mitgeteilt wird; diese Festlegung kann insbesondere die Aushändigung an eine namentlich benannte natürliche Person oder einen bestimmten Personenkreis beinhalten. Im Kern soll hierdurch gewährleistet werden, dass Arzneimittel nicht in unbefugte Hände geraten. Diese Notwendigkeit ist bei sämtlichen Versandhandelsformen gegeben, so dass u.a. auch bei einer Versandhandelsform, die auf einem Abholverfahren beruht, die Einhaltung entsprechender Sicherheitsstandards zu fordern ist. Bei dieser Versandhandelsform kommt dem in § 11a Satz 1 Nr. 3 lit. d) ApoG festgelegten Erfordernis, die Veranlassung einer kostenlosen Zweitzustellung sicherzustellen, keine Bedeutung zu, weil die Arzneimittel vom Besteller abzuholen sind.

Auch der Entstehungsgeschichte des GKV-Modernisierungsgesetzes ist kein verlässlicher Hinweis darauf zu entnehmen, dass neben dem Versandhandel im seinerzeit herkömmlichen Sinne keine anderen Versandhandelsformen in Betracht kommen sollen.

Durch dieses Gesetz sollte eine spürbare Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung u.a. durch die Neuordnung der Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln erreicht werden. Weil ein überproportionaler, medizinisch nicht begründbarer Anstieg der in diesen Bereichen anfallenden Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung festzustellen war, wurden im Gesetzgebungsverfahren steuernde Maßnahmen für erforderlich gehalten, um die Effizienz der Versorgung in diesen Bereichen zu erhöhen. Hierzu zählte auch die Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln unter Wahrung eines Höchstmaßes an Verbraucherschutz und Arzneimittelsicherheit.

Vgl. die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, BT-Drs. 15/1525, S. 72, 75.

Mit Blick darauf, dass deutsche Verbraucher in zunehmendem Maße über das Internet sowohl verschreibungs- als auch nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel aus dem Ausland bestellten, wurde im Gesetzgebungsverfahren die Notwendigkeit gesehen, die Verbraucher durch einen geregelten, kontrollierten und überwachten Versandhandel einschließlich des elektronischen Handels mit Arzneimitteln besser zu schützen. Apotheken sollten die Möglichkeit erhalten, das Internet und den Versandhandel gezielt zu nutzen, um im Wettbewerb ihren Service auszubauen und so die Kundenbindung zu verstärken. Die Anforderungen des innereuropäischen Versandhandels sollten an den in Deutschland geltenden Anforderungen ausgerichtet werden.

Vgl. die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, BT-Drs. 15/1525, S. 165 f.

Hervorgehoben wurde im Gesetzgebungsverfahren (a.a.O.) zudem, dass der Versandhandel einschließlich des elektronischen Handels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln den Anliegen chronisch Kranker, immobiler Patienten, älterer Bürger, Berufstätiger oder Kunden mit größeren Entfernungen zur nächsten Apotheke sowie häuslicher Pflege bedürfender Patienten entgegenkomme.

Die Entstehungsgeschichte des GKV-Modernisierungsgesetzes deutet demzufolge darauf hin, dass die mit dem Versandhandel mit Arzneimitteln verbundenen positiven Effekte (u.a. Einsparpotentiale, flexiblere Beschaffung von Arzneimitteln) genutzt und gleichzeitig ein möglichst hohes Maß an Verbraucherschutz und Arzneimittelsicherheit gewährleistet werden sollte.

Es kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber das Ziel der Entlastung der Krankenkassen durch künftige neue Formen des Arzneimittelversandes nicht in der Weise zurückstellen wollte, dass er diese für unvereinbar mit §§ 43 Abs. 1, 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG hielt. Das Gegenteil ist der Fall.

Die Intention des Gesetzgebers zwingt demnach, auch wenn - wofür einiges spricht - er sich allein am Versandhandel im seinerzeit herkömmlichen Sinne orientiert haben mag, nicht zu dem Schluss, dass andere - innovative - Versandhandelsformen nicht den in den einschlägigen Regelungen verwendeten Begriffen des "Versandes" und des "Versandhandels" unterfallen sollten. Würden andere Versandhandelsformen bereits mit Blick auf das nach der Gesetzesbegründung geforderte möglichst hohe Maß an Verbraucherschutz und Arzneimittelsicherheit ausgeschlossen, beinhaltete dies zugleich die Unterstellung, dass im Rahmen anderer Versandhandelsformen ein weniger hohes Maß an Verbraucherschutz und Arzneimittelsicherheit gewährleistet ist als beim Versandhandel in einem herkömmlichen Sinne. Gerade Letzteres bedarf jedoch einer konkreten Überprüfung, die auch hier im Weiteren vorzunehmen ist.

(2) Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der einschlägigen Regelungen lassen demnach eine weite Auslegung der in den einschlägigen Bestimmungen verwendeten Begriffe des "Versandes" und des "Versandhandels" zu, die u.a. das Vertriebskonzept der Klägerin und der F-Apotheke umfasst. Würden diese Begriffe dennoch auf den Versandhandel im überkommenen Sinne beschränkt, würden die veränderten und sich ändernden Rahmenbedingungen im Bereich des Versandhandels ausgeblendet. Dies ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht (mehr) angängig. Geboten ist vielmehr eine im dargelegten Sinne weite, dynamische Auslegung dieser Begriffe. Denn angesichts des von der Entwicklung im Bereich des Versandhandels bestimmten Wandels der ursprünglichen Normsituation - d.h. der Normsituation, die von den tatsächlichen Verhältnissen während des Gesetzgebungsverfahrens geprägt war - genügt nur eine solche Auslegung verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Die Fachgerichte sind fortwährend gehalten, zu prüfen und darzulegen, ob ihre Auslegung von Rechtsnormen u.a. der Bedeutung der Freiheitsgrundrechte und damit gegebenenfalls auch des vorliegend u.a. relevanten Grundrechts der Berufsfreiheit (noch) gerecht wird. Kommen - wie hier - mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht, so fordert der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Übereinstimmung der Auslegungsmöglichkeiten mit den Absichten des Gesetzgebers, diejenige Auslegung mit der geringeren Eingriffstiefe vorzuziehen. Dies gilt auch dann, wenn erst eine veränderte Normsituation ein bei gleicher Gewährleistung des Normzwecks weniger einschränkendes Normverständnis gestattet.

Das - hier in Gestalt von Ziffer 2 der angefochtenen Ordnungsverfügung in Bezug auf die Klägerin konkretisierte - eingeschränkte Normverständnis des Beklagten, wonach nur der Versandhandel in einem herkömmlichen Sinne von den auch in § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG verwendeten Begriffen des "Versandes" und "Versandhandels" erfasst wird und folglich das zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarte Vertriebskonzept u.a. gegen diese Regelung verstößt, berührt die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte unternehmerische Betätigungsfreiheit der Klägerin.

Auch juristische Personen des Privatrechts stehen unter dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG. Obwohl sie keinen Beruf im herkömmlichen Sinne haben können, sind sie doch insoweit als Subjekte des Grundrechts anzusehen, als eine bestimmten Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe, ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG).

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.1.1987 - 1 BvR 1052/79 -, BVerfGE 74, 129 (148); BVerwG, Urteil vom 6.11.1986 - 3 C 72.84 -, BVerwGE 75, 109 (114); Gubelt, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl. 2000, Art. 12 Rdnr. 6; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 10. Aufl. 2004, Art. 12 Erl. 7.

Einschränkungen der Befugnis oder rechtlichen Möglichkeit, sich rechtsgeschäftlich zu betätigen oder ein Unternehmen nach eigenen Vorstellungen zu führen, berühren den Schutzbereich (auch) des Art. 12 Abs. 1 GG, wenn sie sich unmittelbar auf die Berufsausübung beziehen oder zumindest eine objektiv berufsregelnde Tendenz haben. Da Art. 12 Abs. 1 GG auf eine möglichst unreglementierte berufliche Tätigkeit abzielt, stellt jede Regelung einen Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts dar, die bewirkt, dass eine berufliche Tätigkeit nicht in der gewünschten Weise - darum geht es der Klägerin hier - ausgeübt werden kann.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9.10.2000 - 1 BvR 1627/95 -, juris.

Die unternehmerische Betätigungsfreiheit der mittelbar von der angefochtenen Ordnungsverfügung betroffenen F-Apotheke wird, weil diese in den Niederlanden ansässig ist, nicht durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt. Schutznorm ist insoweit vielmehr Art. 2 Abs. 1 GG in der Ausprägung, die sich aus dem Spezialitätsverhältnis zwischen dem auf Deutsche beschränkten Art. 12 Abs. 1 GG und dem für Ausländer statt dessen geltenden Art. 2 Abs. 1 GG ergibt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179 (196 f.), und Urteil vom 15.1.2002 - 1 BvR 1783/99 -, BVerfGE 104, 337 (346).

Die Rechtsstellung, die die F-Apotheke danach im Hinblick auf ihre unternehmerische Betätigungsfreiheit genießt, ist gemäß Art. 2 Abs. 1 GG nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. Dazu zählen alle Rechtsnormen, die formell und materiell mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Das setzt in materieller Hinsicht vor allem die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes voraus.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 15.1.2002, a.a.O.

Ob das eingeschränkte Normverständnis des Beklagten diesen Maßstäben im Hinblick darauf gerecht wird, dass die F-Apotheke durch die angefochtene Ordnungsverfügung mittelbar in ihrer durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit berührt wird, kann dahingestellt bleiben.

Jedenfalls sind sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls, die ein solches Normverständnis und damit einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte unternehmerische Betätigungsfreiheit der Klägerin rechtfertigen könnten, auch und insbesondere mit Blick auf die gesetzgeberische Intention und Konzeption, die den Regelungen zum Versandhandel zu Grunde liegen, nicht ersichtlich.

Eine weite - u.a. das zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarte Vertriebskonzept umfassende - Auslegung der Begriffe des "Versandes" und des "Versandhandels" lässt eine Gefährdung der Arzneimittelversorgung nicht befürchten. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass eine solche Auslegung zur Ausweitung des Versandhandels führt und die hierdurch geänderten Rahmenbedingungen sich auf die wirtschaftliche Situation der Präsenzapotheken auswirken. Eine Gefährdung der Arzneimittelversorgung ist aber nicht schon dann anzunehmen, wenn aufgrund der verschärften Konkurrenzsituation ein Rückgang der Apothekendichte zu verzeichnen ist. Solche Marktveränderungen lassen keine Gefährdungen für den Berufsstand als solchen und für das gemeine Wohl erwarten. Dieses hängt im Übrigen von der Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ebenso ab wie von einer leistungsfähigen und anpassungsbereiten Apothekerschaft.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.1.2003 - 1 BvQ 53/02 -, BVerfGE 106, 359 (368).

Mit der Ausdehnung des Versandhandels erhält sie auch neue Betätigungsfelder.

Der vom Beklagten ausdrücklich geltend gemachte Belang der Arzneimittelsicherheit greift ebenfalls nicht durch. Die zahlreichen Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit, die sich auf die Abgabe von Arzneimitteln beziehen, dienen im weitesten Sinne der Gesundheit der Bevölkerung und damit einem Gemeinschaftsgut von hohem Rang, das selbst empfindliche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit rechtfertigen kann. Mit vielen Vorschriften begegnet der Gesetzgeber allerdings nicht unmittelbar bestimmten Gesundheitsgefahren; er sucht vielmehr, über die Gestaltung von Rahmenbedingungen die Arzneimittelsicherheit zu verbessern. Das kann u.a. durch Vorgaben im Umgang mit Arzneimitteln geschehen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.2.2003 - 1 BvR 1972/00, 70/01 -, BVerfGE 107, 186 (196), und Urteil vom 4.3.1964 - 1 BvR 371, 373/61 -, BVerfGE 17, 269 (276).

Ausgehend vom Versandhandel in einem herkömmlichen Sinne hat sich der Gesetzgeber - wie dargelegt - veranlasst gesehen, den Versandhandel mit allen in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln trotz der mit diesem verbundenen und auch durch Sicherheitsstandards nicht gänzlich zu beseitigenden Gefahren für die Arzneimittelsicherheit grundsätzlich zu ermöglichen. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist insbesondere in ihrer Weite nicht durch die Rechtsprechung des EuGH bestimmt worden. Dieser hat den Mitgliedstaaten vielmehr zugebilligt, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten.

Vgl. EuGH, Urteil vom 11.12.2003 - C-322/01 - (DocMorris), Slg. 2003, I 14887 (15001).

Der Belang der Arzneimittelsicherheit kann vor diesem Hintergrund einer anderen Versandhandelsform nur eingeschränkt und insbesondere nicht auf der Grund-lage einer nur auf diese bezogenen - isolierten - Gefahreinschätzung entgegen-gehalten werden. Mit Blick auf die dem gesetzgeberischen Vorgehen immanente Einschätzung, Gewichtung und insbesondere Inkaufnahme der mit dem Versand-handel im herkömmlichen Sinne verbundenen Gefahren für die Arzneimittel-sicherheit könnten auf dieser gründende Erwägungen vielmehr nur dann ein - durch Ziffer 2 der angefochtenen Ordnungsverfügung konkretisiertes - Norm-verständnis rechtfertigen, wenn dem zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarten Vertriebskonzept ein Gefahrenpotential innewohnt, das über das Gefahrenpotential hinausgeht, welches mit dem Versandhandel im herkömm-lichen Sinne verbunden ist. Dies ist indes nicht der Fall.

Das mit dem Versandhandel im herkömmlichen Sinne verbundene Gefahrenpotential ist von nicht unerheblichem Gewicht. Auch im Rahmen des Versandhandels im herkömmlichen Sinne werden die zu versendenden Arzneimittel mit deren Übergabe an das Versandunternehmen dem unmittelbaren Einflussbereich des Apothekers entzogen. Eine nicht überschaubare Anzahl der von den Versandunternehmen beschäftigten Zusteller versucht sodann, die Arzneimittel an die Besteller auszuliefern. Während der üblichen Zustellversuche lagern sie die Arzneimittelsendungen in ihren Fahrzeugen. Die Schaffung und Einhaltung angemessener Lagerungsbedingungen und Sicherheitsvorkehrungen kann schon angesichts der in den Versand eingebundenen zahlreichen Personen und Fahrzeuge allenfalls begrenzt beeinflusst werden. Ob und inwieweit die Auslieferungsfahrer die Aushändigung der Arzneimittelsendungen mit der gebotenen Kontrolle der Personalien bzw. der Befugnis zur Entgegennahme der Sendungen verbinden, ist schwerlich zu überprüfen. Die Vernachlässigung diesbezüglicher Vorgaben erscheint bereits mit Blick darauf zumindest nicht fernliegend, dass eine weniger zeitaufwendige Zustellung den Auslieferungsfahrern, die nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig unter erheblichem Zeitdruck arbeiten, entgegenkommt.

Scheitern die Zustellversuche, weil es an einer empfangsbereiten oder empfangsbefugten Person fehlt, was angesichts der veränderten Lebensgewohnheiten zunehmend der Fall ist, erhält der Besteller eine entsprechende Benachrichtigungskarte und kann die Arzneimittelsendung an einem von ihm festgelegten Ort abholen. Derartige Abholpunkte befinden sich nicht nur in Postfilialen, sondern auch - wie dargelegt - in unterschiedlichsten Gewerbebetrieben, die mit den Versandunternehmen kooperieren. Hier werden die bestellten Arzneimittel neben anderen Paketsendungen bis zur Abholung gelagert. Unter welchen Bedingungen sie gelagert und - wenn überhaupt - gesichert werden, hängt vorrangig von den dortigen räumlichen und personellen Gegebenheiten ab.

Beim Versandhandel im herkömmlichen Sinne bergen insbesondere die Lagerung der Arzneimittelsendungen sowie nicht zuletzt die Aushändigung an den Empfänger Gefahrenpotentiale in sich. Insoweit sei angemerkt, dass jedwede Sicherheitsstandards, deren Einhaltung der Inhaber einer Versandapotheke versichert (vgl. § 11a ApoG), nur begrenzt geeignet sind, insbesondere diesen Gefahrenpotentialen entgegenzuwirken. Der unmittelbare Einfluss des Inhabers einer Versandapotheke endet eben mit der Übergabe der Arzneimittelsendung an das Versandunternehmen.

Die genannten Gefahrenpotentiale bringt zweifelsohne auch das Vertriebskonzept der Klägerin und der F-Apotheke mit sich. Diese gründen darauf, dass die Arzneimittelsendungen bis zur Abholung in den Filialen der Klägerin gelagert und diese der abholenden Person nach einer Kontrolle ihrer Personalien ausgehändigt werden sollen. Insoweit kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die dem Vertriebskonzept der Klägerin und der F-Apotheke insoweit immanenten Gefahrenpotentiale gewichtiger sind als die mit dem Versandhandel in einem herkömmlichen Sinne verbundenen. Eher dürfte das Gegenteil der Fall sein.

Die Lagerung der Arzneimittelsendungen in abgetrennten und verschlossenen Räumlichkeiten einer Drogerie dient der Arzneimittelsicherheit eher als die bis zur Zustellung erfolgende Lagerung der Arzneimittelsendungen in diversen Fahrzeugen eines Versandunternehmens bzw. nach Misslingen der Zustellversuche an einem Abholpunkt inmitten anderer Paketsendungen. Soweit diesbezüglich aus dem zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarten Vertriebskonzept ein höheres Gefahrenpotential mit Blick auf die Möglichkeit der Verwechslung von Arzneimittelsendungen hergeleitet wird, überzeugt dies nicht. Die Gefahr der Verwechslung bei der Aushändigung gelagerter Waren bringt sowohl der Versandhandel im herkömmlichen Sinne als auch das zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarte Vertriebskonzept mit sich. Die Annahme der Potenzierung dieser Gefahr im Rahmen dieses Vertriebskonzepts mit Blick auf die ausschließliche Lagerung von Arzneimittelsendungen entbehrt einer nachvollziehbaren Grundlage. Denn gerade das Bewusstsein, dass ausschließlich Arzneimittelsendungen gelagert werden, dürfte das Bestreben, gesundheitsgefährdende Verwechslungen zu vermeiden und damit eine erhöhte Aufmerksamkeit aufzuwenden, verstärken. Im Übrigen wird die Gefahr der Verwechslung von Arzneimittelsendungen dort nicht zuletzt dadurch reduziert, dass das Drogeriepersonal diese erst nach der Vorlage des Abholscheins aushändigt.

Der Beklagte kann die Annahme, das Vertriebskonzept der Klägerin und der F-Apotheke weise im Vergleich zum Versandhandel im herkömmlichen Sinne ein höheres Gefahrenpotential auf, auch nicht darauf stützen, dass anlässlich einer stichprobenartigen Kontrolle in einer Filiale der Klägerin eine mangelhafte Überprüfung der Personalien des Empfängers einer Arzneimittelsendung festgestellt worden ist. Da die Kontrolle allein auf das zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarte Vertriebskonzept bezogen war, ermöglicht sie zwangsläufig keinen Vergleich der jeweiligen diesbezüglichen Gefahrenpotentiale. Dass ein solches auch und insbesondere im Rahmen des Versandhandels im herkömmlichen Sinne jedoch von Bedeutung ist, drängt sich nicht zuletzt deshalb auf, weil die Auslieferungsfahrer - wie dargelegt - regelmäßig unter erheblichem Zeitdruck arbeiten.

Der anlässlich einer "Testbestellung" im Juli 2004 seitens des Beklagten festgestellten Ratlosigkeit, mit der das Personal einer Filiale der Klägerin auf den Wunsch, ein Arzneimittel zurückzugeben, reagiert hat, kann kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden. Die Ratlosigkeit des Drogeriepersonals war berechtigt. Die Filialen der Klägerin sind eben keine Apotheken, wo Arzneimittel zurückgegeben werden können. Die Filialen haben im Rahmen des Vertriebskonzepts nur die Funktion von Auslieferungsstellen, nicht jedoch von "Rücknahmestellen" übernommen. Auch Speditionsunternehmen oder dessen Auslieferungsfahrer hätten in der geschilderten Testsituation mit Ratlosigkeit reagieren dürfen. Im Übrigen offenbart die beanstandete "Testbestellung" lediglich Anlaufschwierigkeiten, die mit der Einführung des zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarten Vertriebskonzepts verbunden sind und ohne weiteres abgestellt werden können. Da allein dieses Vertriebskonzept überprüft worden ist, ist überdies auch insoweit kein Vergleich der mit den verschiedenen Versandhandelsformen verbundenen Gefahrenpotentiale möglich.

Betäubungsmittel können in allen Versandhandelsformen in gleicher Weise in den Verkehr gebracht werden, so dass diese Möglichkeit dem Vertriebskonzept der Klägerin und der F-Apotheke ebenfalls nicht entgegengehalten werden kann. Im Übrigen hat sich die F-Apotheke unter dem 29.7.2004 gegenüber dem Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen verpflichtet, keine Betäubungsmittel im Wege des Versandes an Kunden in Deutschland abzugeben.

Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, dass Straftaten, etwa Einbruchdiebstähle, gerade durch die Lagerung von Arzneimitteln in den Filialen der Klägerin hervorgerufen werden, sind nicht ersichtlich. Das Gewicht derartiger Gefahren dürfte im Übrigen weniger von der Örtlichkeit als vielmehr von den getroffenen Sicherheitsvorkehrungen abhängen. In den Filialen der Klägerin werden die Arzneimittelsendungen gesichert aufbewahrt. Dass beim Versandhandel im herkömmlichen Sinne vergleichbare Sicherheitsvorkehrungen bei der Lagerung der Arzneimittelsendungen in den Fahrzeugen der Auslieferungsfahrer bzw. anschließend in den Räumlichkeiten der als Abholpunkte fungierenden Gewerbebetriebe eingehalten werden, ist hingegen - wie bereits angedeutet - eher fraglich.

Die den Aspekt der Arzneimittelsicherheit betreffenden Einwendungen und Feststellungen des Beklagten reichen nach alledem nicht aus, um ein auf den Versandhandel im herkömmlichen Sinne beschränktes Normverständnis zu rechtfertigen. Insoweit fügt sich letztlich, dass sich der Gesetzgeber, obwohl das Abholverfahren den Versandhandel - auch mit Arzneimitteln - in zunehmendem Umfang prägt, zwischenzeitlich nicht veranlasst gesehen hat, die einschlägigen Bestimmungen einzuschränken.

b) Nach dem Vorstehenden kann der Klägerin auch ein Verstoß gegen § 43 Abs. 1 AMG (vgl. Ziffer 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung) nicht entgegengehalten werden.

Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG, die nicht durch die Vorschriften des § 44 AMG oder der nach § 45 Abs. 1 AMG erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, außer in den Fällen des § 47 AMG berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden; das Nähere regelt das Apothekengesetz. Außerhalb der Apotheke darf außer in den Fällen des § 43 Abs. 4 AMG und des § 47 Abs. 1 AMG mit den nach Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln kein Handel betrieben werden (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 AMG).

Der an § 43 Abs. 1 AMG anknüpfende Vorwurf des Beklagten gründet auf der unzutreffenden Annahme, dass das zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarte Vertriebskonzept nicht unter die Begriffe des "Versandes" und des "Versandhandels" im Sinne des Arzneimittelgesetzes fällt, die Klägerin demzufolge nicht im Rahmen des nach dem Arzneimittelgesetz zugelassenen und zulässigen Versandhandels tätig wird. Der von der F-Apotheke unter Einbindung der Klägerin initiierte innereuropäische Versandhandel steht jedoch - wie dargelegt - in Einklang mit § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG. Die Klägerin nimmt nach dem vereinbarten Vertriebskonzept ausschließlich Aufgaben wahr, die dem - nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG zugelassenen - Versandhandel der F-Apotheke zuzuordnen, mithin zulässig sind. Der Ziffer 1 der Ordnungsverfügung immanente Vorwurf des Beklagten, die Klägerin führe entgegen den arzneimittel- und apothekenrechtlichen Vorgaben Tätigkeiten aus, die den Apotheken vorbehalten seien, entbehrt damit einer Grundlage. Die Klägerin als bloßes Glied der Versandkette bedarf zur Abgabe der Arzneimittel keiner Versanderlaubnis nach § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG i.V.m. § 11a ApoG, weil nicht sie den Arzneimittelversandhandel durchführt, sondern die F-Apotheke.

c) Das Sammeln von Verschreibungen in den Filialen der Klägerin (vgl. Ziffer 3 der angefochtenen Ordnungsverfügung) widerspricht arzneimittelrechtlichen und überdies auch apothekenrechtlichen Vorgaben ebenfalls nicht.

aa) Auf die vom Beklagten angeführten Vorschriften des Siebten Abschnitts des Arzneimittelgesetzes lässt sich die Untersagung des Sammelns von Verschreibungen nicht stützen.

Soweit der Beklagte zur Begründung der Untersagung des berufs- und gewerbsmäßigen Sammelns von Verschreibungen in den Filialen der Klägerin ausführt, anderen als im Siebten Abschnitt des Arzneimittelgesetzes genannten "Verkehrskreisen", mithin auch der Klägerin, sei die Teilnahme am Verkehr mit Arzneimitteln, wozu u.a. das berufs- und gewerbsmäßige Sammeln von Verschreibungen zähle, nicht erlaubt, trägt dies bereits mit Blick darauf nicht, dass der Siebte Abschnitt schon nach seiner Überschrift allein die Abgabe von Arzneimitteln betrifft. Im Versandhandel ist die Übersendung von Verschreibungen der Abgabe von Arzneimitteln zwangsläufig zeitlich vorgelagert. Den Unternehmen, die in den Versand der Verschreibungen eingebunden sind, obliegt die Weiterleitung der Verschreibungen an die jeweilige Versandapotheke. Erst anschließend folgt die an den Vorgaben des Siebten Abschnitts des Arzneimittelgesetzes zu messende Abgabe der bestellten Arzneimittel.

bb) Zwar rechtfertigt auch ein Verstoß gegen apothekenrechtliche Bestimmungen ein Vorgehen nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG. Die insoweit allein in Betracht kommende Bestimmung des § 21 Abs. 2 Nr. 9 ApoG i.V.m. § 24 ApBetrO steht dem nach dem Vertriebskonzept vorgesehenen Sammeln von Verschreibungen in den Filialen der Klägerin und damit der dortigen Unterhaltung von Rezeptsammelstellen jedoch ebenfalls nicht entgegen.

Die Unterhaltung einer Rezeptsammelstelle unterliegt einem gesetzlichen Verbot mit Ausnahmevorbehalt (Dispensvorbehalt), das aufgrund der Ermächtigung des § 21 Abs. 2 Nr. 9 ApoG näher konkretisiert und ausgestaltet werden kann.

Vgl. zu § 21 Abs. 2 Nr. 9 ApoG a.F.: BVerwG, Urteil vom 25.7.1978 - 1 C 35.76 -, BVerwGE 56, 186 (188).

Nähere Regelungen finden sich hierzu in § 24 ApBetrO. Einrichtungen zum Sammeln von Verschreibungen (Rezeptsammelstellen) dürfen nach § 24 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde unterhalten werden. Die Erlaubnis ist dem Inhaber einer Apotheke auf Antrag zu erteilen, wenn zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheke eine Rezeptsammelstelle erforderlich ist (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO) - eine Voraussetzung, die die Klägerin ersichtlich nicht erfüllt.

Das Verbot der Unterhaltung einer Rezeptsammelstelle beruht auf den Leitvorstellungen des Apothekengesetzes, wonach der Apotheker zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung verpflichtet ist (Leitbild des Apothekers in seiner Apotheke (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 ApoG)) und Arzneimittel an den Verbraucher grundsätzlich nur in den Betriebsräumen der Apotheke abgegeben werden. Die Arzneimittelsicherheit sei am besten bei persönlicher Abgabe des Arzneimittels an den Verbraucher in den Apothekenbetriebsräumen gewährleistet. Die Errichtung einer Rezeptsammelstelle unterbinde den unmittelbaren Kontakt des Kunden zum Apotheker, der zur Gewährleistung der Sicherheit und einwandfreien Betreuung notwendig sei, und sie bringe die Gefahr der Verwechslung von Rezepten und Arzneimitteln ebenso mit sich wie die Gefahr einer Verletzung des Arzt- oder Apothekergeheimnisses.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 9.7.1974 - 1 C 24.73 -, BVerwGE 45, 331 (334 f.).

Gesundheitspolitische Gründe, die gegen die Errichtung von Rezeptsammelstellen sprechen, verlieren indessen an Gewicht und lassen eine Ausnahme zu, wenn eine geordnete Arzneimittelversorgung der Bevölkerung anders nicht gesichert ist und es der Bevölkerung auf Grund besonderer örtlicher und verkehrsmäßiger Verhältnisse nicht zugemutet werden kann und darf, ihren Bedarf an Arzneimitteln unmittelbar aus Apotheken über größere Entfernungen hinweg zu decken.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 9.7.1974, a.a.O., S. 335.

Der Sache nach dient die Rezeptsammelstellenerlaubnis demnach der Erweiterung des räumlich-gegenständlichen Geltungsbereichs der Apothekenbetriebserlaubnis, indem sie - im Umfang ihres Regelungsgehalts - den Apotheker von dem gesetzlichen Verbot des Apothekenbetriebs außerhalb der genehmigten Betriebsräume (vgl. § 1 Abs. 3 ApoG) befreit. Die Rezeptsammelstellenerlaubnis fügt der Apothekenbetriebserlaubnis, die rechtssystematisch zu den so genannten raumgebundenen persönlichen Genehmigungen zählt, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.1972 - 1 C 25.71 -, BVerwGE 40, 157 (160), einen weiteren räumlich-gegenständlichen Gestattungsgehalt hinzu und bildet mit dieser zusammen die vom Gesetz als einheitlich gedachte (arg. § 21 Abs. 1 Satz 1 ApoG) Grundlage für den Betrieb der Apotheke in der genehmigten Form.

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 27.2.1984 - 22 CE 84 A.80 -, Pharma Recht 1984, 230 (232).

Die Tendenz, die demzufolge § 21 Abs. 2 Nr. 9 ApoG sowie § 24 ApBetrO innewohnt, steht einer Heranziehung dieser Bestimmungen zur Rechtfertigung einer Untersagung der Unterhaltung von Rezeptsammelstellen im Rahmen des nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG zulässigen innereuropäischen Versandhandels bzw. dem nach § 43 Abs. 1 AMG zugelassenen Versandhandels mit Arzneimitteln entgegen.

Vgl. insoweit auch Thür. OVG, Beschluss vom 27.6.2006 - 2 EO 793/05 -, juris.

Insoweit ist weder Raum für ein Verbot der Unterhaltung einer Rezeptsammelstelle noch für einen diesbezüglichen Ausnahmevorbehalt. Die Sammlung von Rezepten durch die jeweilige Versandapotheke ist dem Versandhandel mit Arzneimitteln bei entsprechender Ausgestaltung vielmehr immanent.

Der Gesetzgeber hat, indem er den Versandhandel mit Arzneimitteln zugelassen hat, gerade die Leitvorstellungen zurückgestellt, die das gesetzliche Verbot der Unterhaltung einer Rezeptsammelstelle im Wesentlichen begleiten, und die mit der Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln verbundenen Gegebenheiten und Konsequenzen in Kauf genommen. Dieses gilt insbesondere hinsichtlich der im Versandhandel mangels unmittelbaren Kontakts zwischen dem Kunden und dem Apotheker zwangsläufig fortfallenden persönlichen Vorlage der gegebenenfalls erforderlichen Verschreibung beim Apotheker und der zeitgleichen Abgabe der Arzneimittel durch den Apotheker an den Kunden.

Die Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln umfasst überdies die - bezogen auf das Bundesgebiet - räumlich unbeschränkte Berechtigung, die mit dem Versandhandel verbundenen Tätigkeiten außerhalb der Apothekenbetriebsräume auszuführen bzw. ausführen zu lassen, so dass ein Bedürfnis nach einer räumlich-gegenständlichen Erweiterung der Gestattung, der - wie dargelegt - eine Rezeptsammelstellenerlaubnis gerade dienen soll, nicht besteht.

Integraler Bestandteil des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist die Übersendung der Original-Verschreibung an die Versandapotheke, die der Abgabe dieser Arzneimittel denknotwendig vorgelagert ist. Die jeweilige Versandapotheke muss die Kunden zur Übersendung der Verschreibungen veranlassen und damit die Sammlung der Verschreibungen außerhalb ihrer Apothekenbetriebsräume initiieren. Die von der F-Apotheke im Rahmen des mit der Klägerin vereinbarten Vertriebskonzepts vorgesehene Sammlung von Verschreibungen in den Filialen der Klägerin rechtfertigt keine andere rechtliche Bewertung als die von Versandapotheken verbreitet geübte Praxis, dass Kunden, denen gegebenenfalls zuvor Freiumschläge übersandt worden sind, für die Übersendung der Verschreibungen den Postweg benutzen. Nach dem zwischen der Klägerin und der F-Apotheke vereinbarten Konzept werfen die Kunden die mit dem Bestellschein und gegebenenfalls der erforderlichen Verschreibung gefüllte und anschließend verklebte Bestelltasche in die in der jeweiligen Filiale vorgehaltene verschlossene Sammelbox, der die Funktion eines üblichen Briefkastens zukommt. Die Bestelltaschen werden zur F-Apotheke transportiert und erst dort geöffnet. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Vorgehensweise Gefahren in sich birgt, die im Rahmen des Versandes von Verschreibungen auf dem Postwege nicht gegeben sind. Insbesondere ist eine erhöhte Gefahr, dass Verschreibungen verwechselt oder das Arzt- oder Apothekergeheimnis verletzt wird, nicht erkennbar. Insoweit erklärt sich, dass sich der Beklagte darauf beschränkt hat, neben den - wie dargelegt - nicht einschlägigen arzneimittelrechtlichen Vorschriften des Siebten Abschnitts des Arzneimittelgesetzes das § 21 Abs. 2 Nr. 9 ApoG i.V.m. § 24 ApBetrO zu entnehmende Verbot der Unterhaltung einer Rezeptsammelstelle anzuführen und dessen Fortbestand zu rechtfertigen, jedoch keinerlei Gefahrenpotentiale aufgezeigt hat, die mit dem Sammeln von Verschreibungen in den Filialen der Klägerin verbunden sein könnten.

cc) Dahingestellt bleiben kann, ob § 21 Abs. 2 Nr. 9 ApoG den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügt und Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz ausreichend bestimmt sind. Dies ist nicht zuletzt mit Blick auf den durch die Zulassung des Versandhandels veränderten Kontext dieser Regelung fraglich.

2. Unabhängig davon, dass mangels Vorliegens eines Verstoßes gegen arzneimittel- oder apothekenrechtliche Vorschriften die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG nicht gegeben sind, können die Ziffern 1, 2 und 3 der angefochtenen Ordnungsverfügung auch deshalb keinen Bestand haben, weil der Beklagte das ihm insoweit zustehende Ermessen pflichtwidrig nicht ausgeübt hat (a). Die ihm hinsichtlich der Störerauswahl obliegenden Ermessenserwägungen hat er ebenfalls nicht angestellt (b). Eine Heilung ist ausgeschlossen (c). (wird ausgeführt)

Ende der Entscheidung

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