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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 17.03.2006
Aktenzeichen: 13 A 2098/02
Rechtsgebiete: RL 2001/83/EG, NemV, LFGB


Vorschriften:

RL 2001/83/EG Art. 1 Nr. 2 lit. b)
NemV § 3 Abs. 2
LFGB § 6
1. Kapseln mit 268 mg Vitamin E sind weder Funktionsarzneimittel im Sinne von Art. 1 Nr. 2 lit. b) RL 2001/83/EG noch Präsentationsarzneimittel.

2. Die nach § 3 Abs. 2 NemV zugelassenen Zusatzstoffe unterfallen unabhängig von der eingesetzten Menge nicht den Verboten des § 6 LFGB.


Tatbestand:

Die Klägerin beabsichtigte, das in den Niederlanden hergestellte, als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnete Produkt F. nach Deutschland einzuführen und hier in der Verkehr zu bringen. Es handelt sich um Kapseln mit je 268 mg Vitamin E (d-alpha-Tocopherol), entspricht 400 Internationale Einheiten (I.E.). In der Produktbeschreibung wird die Aufnahme einer Kapsel täglich empfohlen und darauf hingewiesen, dass Vitamin E ein lebenswichtiges Vitamin sei, das vor sog. freien Radikalen schütze. Die von der Klägerin beantragte Allgemeinverfügung nach § 47a LMBG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6.8.1997 mit der Begründung ab, dass mehrere beteiligte Behörden das Produkt u.a. deswegen als Arzneimittel eingestuft hätten, weil die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) als tägliche Zufuhr empfohlene Menge an Vitamin E von 12 mg um mehr als das 22-fache überschritten werde und gesundheitsschädigende Wirkungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Das VG wies die Verpflichtungsklage der Klägerin ab. Nachdem der EuGH ihm im Wege der Vorabentscheidung vorgelegte Fragen zum Gemeinschaftsrecht mit Urteil vom 9.6.2005 - C-211/03 u.a. - beantwortet hatte, gab das OVG der Berufung der Klägerin statt.

Gründe:

Das Produkt F. ist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 LFGB verkehrsfähig. Es erfüllt die (positiven) Voraussetzungen der genannten Norm, weil es sich um ein Lebensmittel handelt (I.), das in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig hergestellt und rechtmäßig in den Verkehr gebracht wird (II.). Ferner liegt keine Ausnahme (negative Voraussetzung) gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 LFGB vor (III.), weil das Produkt sowohl den in § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB genannten Verboten (1.) als auch den in § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 1. Halbsatz LFGB in Bezug genommenen Rechtsvorschriften (2.) entspricht.

I. Das Vorliegen eines Lebensmittels kann auf der Grundlage der Definition in Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 178/2002, auf die § 2 Abs. 2 LFGB verweist, unproblematisch bejaht werden. Lebensmittel sind danach nämlich alle Stoffe und Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Ob das Produkt darüber hinaus die Voraussetzungen eines Nahrungsergänzungsmittels erfüllt, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, weil § 54 Abs. 1 Satz 1 LFGB allgemein auf Lebensmittel abstellt, zu denen nach Art. 2 lit. a) RL 2002/46/EG sowie dem weitgehend übereinstimmenden § 1 Abs. 1 Nr. 1 NemV auch Nahrungsergänzungsmittel gehören. Diese werden lediglich wegen der in den zuvor genannten Vorschriften bezeichneten (besonderen) Zweckbestimmung, die normale oder allgemeine Nahrung zu ergänzen, als "spezielle Kategorie von Lebensmitteln" qualifiziert.

Vgl. EuGH, Urteil vom 9.6.2005 - C-211/03 u.a. - (HLH und Orthica), LRE 50, 331 ff., Rdnr. 35.

Geht es wie hier um die Abgrenzung zu einem Arzneimittel, hilft die Bejahung der Lebensmitteleigenschaft nach der Definition in Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 178/2002 allerdings nicht weiter, weil ein Vorrang der arzneimittelrechtlichen Vorschriften besteht.

... (wird ausgeführt, wie Urteil des Senats vom 17.3.2006 - 13 A 1977/02 -)

Entsprechend diesem Abgrenzungsverständnis ist zu prüfen, ob es sich bei dem Produkt F. um ein Arzneimittel im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG handelt, was im Ergebnis zu verneinen ist.

... (wird ausgeführt, wie Urteil des Senats vom 17.3.2006 - 13 A 1977/02 -)

Orientiert man sich im Anschluss an die vorstehenden Ausführungen an den vom EuGH aufgestellten Abgrenzungskriterien unter Berücksichtigung der durch die Richtlinie 2004/27/EG erfolgten Änderungen, so handelt es sich bei dem Produkt F. nicht um ein Funktionsarzneimittel gemäß Art. 1 Nr. 2 lit. b) RL 2001/83/EG.

Vorauszuschicken ist, dass der Senat in Fällen, in denen wie hier die Einordnung eines als Nahrungsergänzungsmittel aufgemachten Lebensmittels im Raum steht, es für angebracht hält, das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels nicht an den im Einzelnen auftretenden Wirkungen - pharmakologisch, immunologisch, metabolisch -, sondern vor allem an dem Vorliegen eines therapeutischen Zwecks festzumachen. Ein solcher ist insbesondere dann gegeben, wenn ein in einem Produkt enthaltener Stoff oder eine Stoffzusammensetzung nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft geeignet sein kann, eine Verhütung, Heilung oder Linderung bestimmter Krankheiten zu erreichen, ferner dann, wenn mit dem Stoff oder der Stoffzusammensetzung entweder im Wege der Veränderung der normalen physiologischen Funktionen ein sonstiger Nutzen oder Vorteil erzielt oder eine medizinische Diagnose erstellt werden kann.

... (wird ausgeführt, wie Urteil des Senats vom 17.3.2006 - 13 A 1977/02 -)

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft bereits eine Eignung des Produkts E-400 zur Erfüllung eines therapeutischen Zwecks, der hier mangels anderer Anhaltspunkte nur in Form der Verhütung, Heilung oder Linderung einer Krankheit bestehen könnte, nicht festgestellt werden.

Nach bisheriger Rechtsprechung ist die Einstufung von Vitaminpräparaten als Arzneimittel vor allem dann anerkannt, wenn sie, im Allgemeinen in starken Dosen, zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist.

So schon EuGH, Urteil vom 30.11.1983 - C-227/82 - (Van Bennekom), LRE 16, 242 (246); ferner Urteil vom 29.4.2004 - C-387/99 - (Kommission/Deutschland), LRE 48, 52 (62, Rdnr. 56).

Dies bestätigt zunächst den Ausgangspunkt des Senats, im Abgrenzungsfall grundsätzlich auf einen therapeutischen Zweck abzustellen. Daraus ergibt sich ferner, dass selbst Stoffe wie Vitamine, die unzweifelhaft dem Bereich der Ernährung zuzuordnen sind und die jedenfalls im Umfang der mit der normalen Nahrung aufgenommenen Mengen in aller erster Linie ernährungsphysiologische Wirkungen haben, gleichwohl dem Arzneimittelbereich zugeordnet werden können, wenn eine therapeutische Wirksamkeit im Hinblick auf eine Krankheit besteht, die nicht auf einem Ernährungsmangel beruht. Ob sich diese These, die in ihrer Allgemeinheit sicherlich zutreffend ist, in einem Einzelfall verifizieren lässt, d.h. ob es tatsächlich eine bestimmte, nicht auf einem Vitaminmangel beruhende Krankheit gibt, die mit einer bestimmten Menge eines Vitamins therapiert werden kann, erscheint dagegen zweifelhaft. Zwar soll nicht in Abrede gestellt werden, dass Vitamine bei bestimmten Krankheiten tatsächlich zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden. Dies beantwortet jedoch nicht die im Abgrenzungsfall entscheidende Frage, ob der Einsatz auf der Grundlage eines einigermaßen gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisstandes bezüglich der therapeutischen Wirksamkeit in der jeweiligen Konstellation erfolgt oder ob die Anwendung eher Versuchscharakter hat (wie beispielsweise der häufiger in den Medien berichtete Einsatz von Vitamin C bei Krebserkrankungen). Denn die Einstufung eines bestimmten Nährstoffs in einer bestimmten Konzentration als Funktionsarzneimittel ohne einen halbwegs gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisstand kommt nicht in Betracht.

Im vorliegenden Fall liegt eine solche Konstellation nicht vor. Eine nicht auf einem Vitamin-E-Mangel beruhende Krankheit, bezüglich derer Vitamin E therapeutisch eingesetzt werden könnte, ist nicht ersichtlich. Die einzige "Erkrankung", für die Vitamin E nach der entsprechenden Aufbereitungsmonographie des seinerzeitigen Bundesgesundheitsamtes vom 18.11.1993 (BAnz Nr. 17 vom 26.1.1994, S. 610), die als anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial gemäß § 22 Abs. 3 AMG angesehen wird, eine therapeutische Wirksamkeit besitzt, ist der Vitamin-E-Mangelzustand selbst. Soweit dies die Behandlung von auf den Mangelzustand zurückzuführende Beschwerden oder aber durch den Mangelzustand ausgelöste (Folge-)Erkrankungen mit einschließt, handelte es sich durchgängig um auf einem Vitaminmangel beruhende Krankheiten, die nach der Prämisse kein Indiz für einen therapeutischen Verwendungszweck im Sinne eines Arzneimittels sind. Dass sich die Monographie nur auf nicht ernährungsbedingte Mangelzustände bezieht, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Zum einen hat das seinen Grund allein darin, dass auf Grund einer ausreichenden Versorgung mit Vitamin E durch die normale Nahrung ernährungsbedingte Mangelzustände jedenfalls in Deutschland nicht bekannt sind. Zum anderen besteht im Hinblick auf die in der Monographie genannten Erkrankungen, die als Auslöser oder Ursache des Mangelzustands in Betracht kommen, gerade keine therapeutische Wirksamkeit. Zwar stellt sich in diesem Fall die Behebung des Mangelzustandes als Heilung oder Linderung eines durch eine (andere) Krankheit ausgelösten oder hervorgerufenen Symptoms dar. Nach den vorstehenden Ausführungen wird jedoch deshalb auf einen therapeutischen Zweck abgestellt, weil die in Art. 1 Nr. 2 lit. b) RL 2001/83/EG normierten - pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen - Wirkungen als Abgrenzungskriterien zum Lebensmittel als untauglich anzusehen sind, d.h. der therapeutische Zweck fungiert quasi als Indikator für das Vorliegen von typischerweise als arzneilich einzustufenden Wirkmechanismen oder Reaktionen. Die Annahme einer solchen Indizwirkung ist aber nicht gerechtfertigt, wenn es um in der normalen Nahrung enthaltene, vom menschlichen Körper originär benötigte Stoffe geht, deren "therapeutischer" Zweck allein darin besteht, einen in ihrem eigenen Fehlen bestehenden Mangelzustand ausgleichen oder beheben zu können. Daran anschließend indizieren die von der Beklagten benannten, auf dem Markt befindlichen, allein Vitamin E als Wirkstoff enthaltenden, zugelassenen Arzneimittel keine Eignung des hier in Rede stehenden Produkts zur Erfüllung eines therapeutischen Zwecks, weil die Zulassungen lediglich für das in der Monographie genannte Anwendungsgebiet erteilt worden sind. Soweit Zulassungen für Arzneimittel mit Vitamin E als Wirkstoff für das Anwendungsgebiet Steigerung oder Erhaltung der allgemeinen Leistungsfähigkeit bestehen, ist abgesehen davon, dass bereits das Vorliegen einer medizinischen Indikation fraglich erscheint, eine wissenschaftliche Grundlage für solche Zulassungen nicht ersichtlich.

Ein therapeutischer Zweck lässt sich auch mit Blick auf das Kriterium der Dosierung nicht überzeugend begründen. Dies gilt selbst in Anbetracht dessen, dass die in dem Produkt enthaltene Menge von 268 mg nach der Monographie eine therapeutische Dosierung darstellt, dass die Menge angesichts des Gehalts an Vitamin E in gebräuchlichen Lebensmitteln, wie er sich aus verschiedenen, im Internet zugänglichen Tabellen (beispielsweise unter http://www.welt-der-vitamine.de oder http://www.dgk.de) ergibt, mit normaler Nahrung nicht zugeführt werden kann und dass sowohl die tatsächlich im Durchschnitt mit der Nahrung aufgenommene Menge (etwa 13 mg) als auch die von der DGE empfohlene tägliche Aufnahmemenge (15 mg), wie sie sich aus den in dem Artikel von Großklaus (Die Bewertung von Nahrungsergänzungsmitteln aus der Sicht des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes, Ernährungs-Umschau 2000, S. 132 ff.) abgedruckten Tabellen ergeben, jeweils um ein Vielfaches überschritten werden.

Die Dosierungsempfehlungen in der Monographie erweisen sich bereits für sich genommen als wenig überzeugend. Die Spanne für eine therapeutische Dosierung von 100 bis 800 mg/Tag ist so weit, dass daraus nur der Schluss gezogen werden kann, dass bei der Erstellung der Monographie lediglich Einzelfallberichte zu Grunde gelegen haben, nicht jedoch ein gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisstand. Die Plausibilität des unteren Werts der Spanne wird zudem durch die prophylaktische, ebenfalls 100 mg/Tag erreichende Dosierungsempfehlung beeinträchtigt. Abgesehen davon, dass eher der Eindruck einer Ernährungsempfehlung entsteht, sind laut der Monographie und allen anderen zugänglichen Publikationen rein ernährungsbedingte Vitamin-E-Mangelzustände in Deutschland selbst bei Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Bedarf nicht bekannt, was die Frage aufwirft, im Hinblick auf was Prophylaxe betrieben werden sollte. Schließlich erscheint die Vorgabe von nur einer Spanne (20 bis 40 mg/Tag) für intramuskuläre oder intravenöse Gaben bei parenteraler Ernährung einerseits und der weiten Gruppe der Resorptionsstörungen andererseits ebenfalls wenig zwingend. Gerade die relativ niedrigen Werte der letzten Spanne, die bei entsprechend gezielter Ernährung ohne größere Probleme täglich mit der normalen Nahrung aufgenommen werden können, zeigen im Übrigen, dass sich das Therapeutische der in der Monographie genannten Dosierungen allein darauf beschränkt, dem menschlichen Körper in etwa die ansonsten mit der normaler Nahrung aufgenommene Menge an Vitamin E zukommen zu lassen. Dementsprechend reicht bei direkter, d.h. intramuskulärer oder intravenöser Gabe eine relativ niedrige Dosierung. Die höheren Dosen bei oraler Aufnahme sind allein dadurch bedingt, dass auf Grund der jeweiligen Resorptionsstörung eine höhere Menge zugeführt werden muss, um die an sich benötige Menge zu erreichen. Ein zusätzlicher oder weitergehender therapeutischer Zweck ist dagegen auch mit den hohen Dosierungen weder beabsichtigt noch verbunden.

Die in der Monographie empfohlenen Dosierungen werden zudem dadurch in Frage gestellt, dass an anderer Stelle vor allem im Hinblick auf Nahrungsergänzungsmittel unbedenkliche Höchstwerte diskutiert werden, die nach Maßgabe der Monographie weit in den therapeutischen Bereich hinein reichen. In neuerer Zeit haben beispielsweise eine britische Expertengruppe (Food Standards Agency - FSA -, Expert Group on Vitamins and Minerals, Safe Upper Levels for Vitamines and Minerals, May 2003) einen täglichen Höchstwert von 540 mg vorgeschlagen, der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der Europäischen Kommission - SCF - (Opinion of the Scientific Committee on Food on the Tolerable Upper Intake Level of Vitamin E, April 2003) immerhin noch 300 mg, ohne ausschließlich auf Nahrungsergänzungsmittel abzustellen.

Zusammengefasst zeigen die in diesem Verfahren genannten, aus unterschiedlichsten Quellen stammenden, teilweise stark differierenden Werte für erforderliche, empfohlene, wünschenswerte etc. Zufuhrmengen sowie unbedenkliche Höchstmengen - jeweils teilweise noch weiter differenzierend nach prophylaktischer, therapeutischer, einmaliger und dauernder Aufnahme -, dass von einem gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisstand hinsichtlich der Dosierung von Vitamin E keine Rede sein kann, was es ausschließt, gerade daraus im Abgrenzungsfall einen die Arzneimitteleigenschaft eines Produkts begründenden therapeutischen Zweck herzuleiten. Im Übrigen erscheint jedenfalls nach den Angaben in der Monographie die Annahme nicht fernliegend, dass dem Körper zugeführtes überschüssiges Vitamin E schlicht nach einiger Zeit über die Leber wieder ausgeschieden wird.

Ein therapeutischer Zweck kann schließlich nicht allein aus der allgemein anerkannten antioxidativen Wirkung von Vitamin E sowie seiner Eigenschaft als sog. "Radikalenfänger" abgeleitet werden. Die damit beschriebenen Wirkmechanismen sind solche, die mit der Aufnahme von Vitamin E mit der normalen Nahrung typischerweise verbunden sind und welche die Essentialität dieses Vitamins für den Menschen begründen. Zwar ist in zahlreichen Studien untersucht worden, ob sich anknüpfend an diese Wirkmechanismen therapeutische Anwendungsbereiche ergeben. Zusammengefasst haben die Untersuchungen jedoch nicht die erhofften Resultate erbracht, was sowohl dem erwähnten Bericht des SCF (a. a. O., S. 5 f.) als auch der sog. HOPE- und HOPE-TOO-Studie zu entnehmen ist (vgl. Lonn et al., Effects of Long-term Vitamin E Supplementation on Cardiovascular Events und Cancer, JAMA 2005, 1338 ff.).

Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die vorstehenden Ausführungen nicht dahingehend zu verstehen oder zu werten sind, es gebe einen gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisstand, nach dem eine Menge von 268 mg Vitamin E bei täglicher Gabe eine rein ernährungsphysiologische Wirkung oder ein entsprechender Nutzen zukomme. Dies ist nämlich nicht der Fall. Soweit sich die Klägerin diesbezüglich auf einen Artikel von Hathcock (Vitamins and minerals: efficacy and safety, American Journal of Clinical Nutrition 1997, S. 427 ff.) beruft, kann diesem eine Aussage des Inhalts, eine Zufuhr von Vitamin E von 67 bis 300 mg/Tag sei ernährungsphysiologisch sinnvoll, nicht entnommen werden. In dem Artikel wird in der Zusammenfassung (S. 433) lediglich ausgeführt, dass Vitamin-E-Dosen in der genannten Größenordnung (entspricht 100 bis 400 I.E.) sich als geeignet erwiesen hätten, die Oxidation von LDL-Cholesterin zu vermindern und die Gefahr von Herzerkrankungen zu senken. Diese eher in die therapeutische Richtung weisenden Ausführungen bestätigen bei näherer Betrachtung lediglich das vorstehende Ergebnis, dass wissenschaftliche Erkenntnisse hinsichtlich eines therapeutischen Einsatzbereichs von Vitamin E nicht bestehen. Der Autor bezieht sich auf S. 428 im Hinblick auf den zuerst genannten Effekt auf eine Studie (Nr. 21 des Literaturverzeichnisses, S. 434), an der lediglich sechszehn Personen beteiligt waren und die sich selbst lediglich als Vorarbeit begreift, um die Wirkungen, die mit der nach der Studie als wirksam erachteten Dosierung (mindestens 400 I.E.) erzielt werden können, vor allem im Hinblick auf Herzerkrankungen weiter zu untersuchen (vgl. Jialal et al, The Effect of a-Tocopherol Supplementation on LDL Oxidation, Arteriosclerosis, Thromboses, and Vasular Biology 1995, S. 190 ff.). Was diese Erkrankungen anbelangt, nimmt Hathcock ebenfalls auf S. 428 Bezug vor allem auf zwei Publikationen von Stampfer et al. (Nrn. 19 und 20 des Literaturverzeichnisses), obwohl gerade in dem zeitlich späteren der beiden Artikel (Epidemiologic evidence for vitamin E in prevention of cardiovascular disease, American Journal of Clinical Nutrition 1995, 1365S ff.) die genannte Wirkung lediglich als möglich darstellt wird (S. 1365S: " ... high Doses of vitamin E may reduce the risk of CHD" - CHD als Abkürzung für coronary heart disease) und die Autoren in ihrer Auswertung der zu diesem Thema angestellten Studien ebenso wie Hathock selbst (S. 428) auch auf solche hinweisen, in denen der genannte Effekt, gerade bei der Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln (supplements), nicht festgestellt werden konnte. Auch nach dem bereits erwähnten Bericht des SCF (a. a. O., S. 5) gelangte lediglich eine von vier kontrollierten Studien zu einem positiven Effekt von Vitamin E im Hinblick auf die Vorbeugung von Herzerkrankungen.

Die oben genannten (Hilfs-)Kriterien ergeben keine eindeutigen Hinweise in die eine oder andere Richtung.

Die Zusammensetzung des Produkts ist für die Abgrenzung unergiebig, weil seit langem umstritten ist, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Vitaminkonzentrat nun Lebensmittel oder Arzneimittel ist. Eine neuere Tendenz weist eher in Richtung Lebensmittel, weil nach der Definition in § 1 NemV Nährstoffkonzentrate aus Vitaminen ein charakteristisches Merkmal von Nahrungsergänzungsmitteln darstellen, Grenzwerte diesbezüglich derzeit nicht normiert sind und diese Produktgruppe ungeachtet der für zahlreiche Präparate mit Vitamin E bestehenden Arzneimittelzulassungen in den letzten Jahren gehäuft auf den Markt drängt. Ähnlich indifferent verhält es sich mit den Modalitäten des Gebrauchs. Die Einnahme von Kapseln ist inzwischen sowohl für den Bereich der Arzneimittel als auch für den der Nahrungsergänzungsmittel typisch und üblich.

Risiken im Sinne von Gesundheitsgefahren bei der Verwendung des Produkts sind konkret nicht ersichtlich, können jedoch auch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass Gesundheitsgefahren keine charakteristischen Merkmale eines Arzneimittels sind.

... (wird ausgeführt, wie Urteil des Senats vom 17.3.2006 - 13 A 1977/02 -)

Dessen ungeachtet kann hier im Hinblick auf Gesundheitsgefahren angesichts einer nahezu unübersehbaren Anzahl unterschiedlichster Studien etc. im Zusammenhang mit dieser Thematik - allein der zitierte Bericht des SCF weist in seinem Literaturverzeichnis 80 Beiträge auf - lediglich festgestellt werden, dass solche im Hinblick auf die hier in Rede stehende Menge von 268 mg im Allgemeinen nicht bestehen, jedoch im Hinblick auf bestimmte Risikogruppen auch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden können.

Unabhängig davon, welcher Prognosemaßstab im Rahmen dieser Prüfung anzulegen ist, reichen in Anlehnung an das Lebensmittelrecht hypothetische Vermutungen, wissenschaftlich nicht abgesicherte Aussagen, vgl. zur Wahrscheinlichkeit gemäß Art. 14 Abs. 4 VO (EG) 178/2002 Gorny, Grundlagen des europäischen Lebensmittelrechts, Rdnr. 297, der bloße Verdacht oder die bloße (abstrakte) Möglichkeit des Vorhandenseins von Eigenschaften, welche die Eignung zur Gesundheitsschädigung besitzen, vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2005, Band II, C 100, § 8 LMBG Rdnr. 6, sowie C 101, Art. 14 VO (EG) 178/2002 Rdnr. 39, nicht aus. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass bei regelmäßiger Aufnahme von 268 mg Vitamin E bestimmte gesundheitliche Störungen auftreten (können), liegen nicht vor.

Was die Aufbereitungsmonographie für Vitamin E anbelangt, werden dort zwar Berichte über bestimmte Nebenwirkungen erwähnt, zugleich wird aber - wie die Beklagte selbst einräumt - einschränkend darauf hingewiesen, dass die Nebenwirkungen bisher nicht bestätigt werden konnten. Soweit die Beklagte zu einzelnen Gesundheitsrisiken jeweils unter Bezugnahme auf mehrere Studien etc. vorträgt, ergeben sich daraus ebenfalls keine konkreten Anhaltspunkte für bestimmte Gesundheitsgefahren. Was die Hemmung der Thrombozytenaggregation sowie den Vitamin-K-Antagonismus anbelangt, handelt es sich allenfalls um Kleinststudien (sechs bzw. zwölf Personen), teilweise mit herzkranken, zudem mit Cumarinen behandelten Patienten, die mehr als zehn, teilweise sogar mehr als zwanzig Jahre zurückliegen und die man auf Grund dessen bei wertender Betrachtungsweise als Diskussionsgrundlage oder Ausgangspunkt für weitere diesbezügliche Untersuchungen ansehen kann, nicht aber als auch nur halbwegs gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisstand hinsichtlich konkreter diesbezüglicher Gesundheitsgefahren. Entsprechendes gilt für die sog. ATBC-Studie aus dem Jahr 1994, die zwar wesentlich breiter angelegt war, bezüglich derer die Beklagte aber selbst darauf hinweist, dass danach ein Zusammenhang zwischen Vitamin E und einem erhöhten Risiko von hämorrhagischen Komplikationen (lediglich) denkbar sei und kontrovers diskutiert werde. Ein höherer Grad an Gewissheit kann auch hinsichtlich des später aus der genannte Studien statistisch abgeleiteten Schlussfolgerung, bei Rauchern bestehe bei gleichzeitiger Aufnahme von Vitamin E und Acetylsalicylsäure ein erhöhtes Risiko von Zahnfleischbluten, nicht festgestellt werden. Was die Interaktionen mit Vitamin C anbelangt, gehen die wissenschaftlichen Erkenntnisse offensichtlich nicht über Hinweise auf bestimmte, gesundheitlich nachteilige Wirkungszusammenhänge hinaus, die ebenfalls noch weit davon entfernt sind, als konkreter Beleg für mögliche Gesundheitsgefahren angesehen werden zu können. Schließlich vermag der Vortrag der Beklagten zu einer erhöhten Gesamtsterblichkeit bei der Gabe von hohen Vitamin-E-Dosen, der sich auf einen Artikel von Miller III et al. (Meta-Analysis: High-Dosage Vitamin E Supplementation May Increase All-Cause Mortality, Annals of Internal Medicine, Volume 142, S. 37 ff.) stützt, nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, dass es sich um eine Meta-Analyse mit rein statistische Ableitungen handelt, sind nach Auffassung des Senats beachtliche Einwände gegen die Beweiskraft der gezogenen Schlussfolgerungen erhoben worden (vgl. Gassmann, Zur Risikobewertung erhöhter Zufuhren der Vitamine C und E, Ernährungs-Umschau 2005, 52 (54 f.)), insbesondere die nicht berücksichtigten Todesursachen sowie der Umstand, dass in 12 der 19 im Rahmen der Meta-Analyse ausgewerteten Studien Vitamin E mit weiteren Vitaminen, Mineralstoffen oder Arzneimitteln kombiniert wurde. Ferner weisen die Autoren selbst darauf hin, dass überwiegend Daten aus Studien ausgewertet wurden, die sich auf Patienten mit mehrfachen chronischen Erkrankungen bezogen, und dementsprechend eine Übertragbarkeit des gewonnenen Ergebnisses auf gesunde Erwachsene nicht gewährleistet ist (S. 42). Im Übrigen lässt sich die in dem Artikel enthaltene Abbildung 2 (S. 42) nach Auffassung des Senats durchaus auch dahingehend interpretieren, dass der Bereich einer statistisch erhöhten Gesamtsterblichkeit im Fall der zusätzlichen Gabe von Vitamin E erst bei einer täglichen Dosierung von 500 I.E. beginnt. Bestätigt wird diese Einschätzung in gewisser Weise durch die HOPE- und HOPE-TOO-Studie, bei denen bei einer Gabe von 400 I.E. Vitamin E im Hinblick auf 9541 bzw. 7030 Patienten keine Auswirkungen auf die Gesamtsterblichkeit festgestellt werden konnten (vgl. Lonn et. al., a. a. O., S. 1344). Berücksichtigt man schließlich die überaus große Schwankungsbreite der Todesfallraten in den von Miller et. al. ausgewerteten Studien, die von unter zwei Prozent (SU.VI.MAX-Studie) bis hin zu fast einem Drittel (SPACE-Studie) reicht, kann vor dem Hintergrund der erwähnten beiden Haupteinwände gegen die aus der Analyse gezogenen Schlussfolgerungen entgegen der Einschätzung der Beklagten von einer durch konkrete wissenschaftlichen Daten begründeten hohen Wahrscheinlichkeit einer ernsten Gesundheitsgefahr durch Vitamin E keine Rede sein. Nur zur Abrundung ist darauf hinzuweisen, dass es in dem vom BfArm auf Grund der zuvor behandelten Meta-Analyse im Hinblick auf Arzneimittel mit Vitamin E eingeleiteten Stufenplanverfahren nach dem an die pharmazeutischen Unternehmer vom 9.12.2004 gerichteten Anhörungsschreiben lediglich darum geht, mögliche Risiken zu ermitteln. Halbwegs gesicherte Anhaltspunkte für bestimmte, gerade durch Vitamin E hervorgerufene Gesundheitsgefahren ergeben sich aus der Meta-Analyse ebenso wenig wie aus den zuvor behandelten Studien. Entsprechendes gilt auch für die HOPE- und HOPE-TOO-Studie. Soweit in der diesbezüglichen Veröffentlichung (Lonn et. al., a. a. O.) von einem Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Herzinsuffizienzen und der Gabe von Vitamin E die Rede ist, formulieren die Autoren dies äußerst vorsichtig (S. 1344: "it may be real"), was vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass es sich - wie die Autoren selbst einräumen - um ein unerwartetes Ergebnis der Studien handelte und bisher in keinem anderen Artikel und in keiner anderen Studie ein solcher Zusammenhang erwähnt wurde. Im Übrigen hat bei der Einschätzung des Senats Berücksichtigung gefunden, dass es eine Vielzahl weiterer Studien gibt, bei denen selbst bei der Gabe von Vitamin E in Dosierungen von über 268 mg entweder überhaupt keine Nebenwirkungen festgestellt wurden (vgl. die Nachweise in dem Bericht des SCF, a. a. O., S. 8) oder aber nicht die von der Beklagten genannten, sondern andere, ohne dass diesbezüglich jedoch ein höherer Grad an Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könnte.

Die unterschiedlichen Empfehlungen und Einschätzungen zur Menge der unbedenklichen täglichen Zufuhr an Vitamin E erlauben ebenfalls keinen Rückschluss auf konkrete Gesundheitsgefahren, zumal, wie gerade erwähnt, teilweise sogar ein Vielfaches der hier in Rede stehenden Menge als gesundheitlich unbedenklich angesehen wird. Da die genannten Empfehlungen und Einschätzungen in aller Regel nicht aus der Luft gegriffen oder willkürlich abgegeben worden sind, sondern jeweils mehr oder weniger aussagekräftige, in unterschiedlichem Maße wissenschaftlichen Anforderungen genügende Studien für sich in Anspruch nehmen, kann von einem auch nur halbwegs gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisstand keine Rede sein. Selbst wenn man auf die zeitlich letzten Werte abstellt, ergibt sich kein einheitliches Bild. Insoweit ist bereits weiter oben erwähnt worden, dass die FSA einen Wert von 540 mg vorgeschlagen hat, während der vom SCF vorgeschlagene Wert 300 mg beträgt. Dabei resultieren die Unterschiede nicht aus unterschiedlichem Studienmaterial, sondern allein daraus, dass die den beiden Empfehlungen jeweils tragend zu Grunde gelegte Studie von Meydani et al. von dem SCF (a. a. O., S. 11 f.) zur Berücksichtigung individueller Besonderheiten mit einem Unsicherheitsfaktor von zwei belegt wurde, was zunächst zur Halbierung des in der Studie vorgeschlagenen Wertes von 540 mg führte, und anschließend eine Aufrundung auf 300 mg erfolgte. Dagegen hat die FSA (a. a. O., S. 152) im Hinblick auf eine Studie von Gillilan et al., in der sogar 1600 I.E. für unbedenklich gehalten worden waren, die Berücksichtigung eines weiteren Unsicherheitsfaktors ausdrücklich nicht für erforderlich gehalten. Selbst wenn man gleichwohl maßgeblich auf den Wert des SCF abstellt und darüber hinaus für Nahrungsergänzungsmittel noch einen weiteren Abschlag macht, um die ohnehin mit der Nahrung aufgenommenen Mengen an Vitamin E zu berücksichtigen, erscheint eine Dosis von 268 mg nicht konkret bedenklich, weil die tägliche Zufuhr durch die normale Nahrung nach den vorstehenden Ausführungen nicht so groß ist, dass der empfohlene Wert von 300 mg überschritten würde, und zwar selbst unter Berücksichtigung der von Männern in der 97,5 Perzentile aufgenommenen Menge (31,4 mg nach der bei Großklaus, a. a. O., S. 137 abgedruckten Tabelle 2). Der von der Beklagten geforderte weitere Abschlag zur Berücksichtigung einer langfristigen Aufnahme von verschiedenen Bevölkerungsgruppen ist dagegen nicht nachvollziehbar und findet insbesondere in dem Bericht des SCF keine Stütze, zumal dieser - wie ausgeführt - den sich aus der Studie von Meydani et al. ergebenden Wert ohnehin unter Unsicherheitsgesichtspunkten zunächst halbiert hatte. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang bemühten Gründe des vorbeugenden Gesundheitsschutzes sind zwar durchaus nachvollziehbar, zeigen jedoch konkrete Gesundheitsgefahren oder zumindest darauf hindeutende Anhaltspunkte nicht auf. Andererseits kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass nach dem Bericht des SCF (S. 12) auch bei Unterschreiten des empfohlenen Wertes in bestimmten individuellen Konstellation, insbesondere bei Gerinnungsstörungen gesundheitliche Risiken möglich erscheinen.

Was den Umfang der Verbreitung sowie die Bekanntheit des Produkts bei den Verbrauchern anbelangt, ist davon auszugehen, dass das Produkt jedenfalls in den Niederlanden als Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt ist, während Vitamin-E-Produkte mit einer vergleichbaren Konzentration in Deutschland nur als Arzneimittel im Verkehr sind. Dies hat aber - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - weitgehend historische Gründe. Einerseits wurden Produkte mit der hier in Rede stehenden Vitamin-E-Konzentration von den deutschen Behörden durchgängig wegen Überschreitens des dreifachen von der DGE empfohlenen Tagesbedarfs als Arzneimittel eingestuft, andererseits stellt(e) es auf Grund der bestehenden Monographie für Vitamin E keine Schwierigkeit dar, eine Zulassung als Arzneimittel mit dem Anwendungsgebiet "Behandlung von Vitamin-E-Mangelzuständen" zu erlangen, bei dem es sich jedoch - wie weiter oben ausgeführt - nicht um eine therapeutische Indikation im Sinne eines Funktionsarzneimittels handelt. Abgesehen davon zeigen Art und Umfang des Handels mit Arzneimitteln mit Vitamin E, dass diese ganz überwiegend nicht im Rahmen des zugelassenen Anwendungsgebiets eingesetzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Einsatzbereich für Arzneimittel mit Vitamin E sehr gering ist, weil nach den vorstehenden Ausführungen ernährungsbedingte Vitamin-E-Mangelzustände nicht und auf einer Krankheit beruhende Mangelzustände eher selten vorkommen, und sich hinsichtlich letzterer eine weitere Einschränkung daraus ergibt, dass die mit dem Produkt vergleichbaren Arzneimittel zur oralen Anwendung zur Behandlung von Mangelzuständen, die auf instetinalen Resorptionsstörungen beruhen, nicht geeignet sind. Gleichwohl finden sich - auf Grund der Regelung unter A.3. der Anlage 3 zur Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel - in nahezu allen Drogeriemärkten und in Lebensmittelmärkten mit entsprechendem Sortiment zahlreiche Arzneimittel mit Vitamin E zur oralen Anwendung in der hier in Rede stehenden Dosierung und auch darüber. Diese werden zudem so neben und zwischen Nahrungsergänzungsmitteln mit anderen Vitaminen und Mineralstoffen angeboten, dass selbst ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und interessierter Durchschnittsverbraucher, vgl. grundlegend zu diesem Maßstab EuGH, Urteil vom 16.7.1998 - C-210/96 -, ZLR 1998, 459 (464); nachfolgend Urteile vom 18.6.2002 - C-299/99 -, Slg. I 2002, 5475-5520 (zitiert nach juris), und vom 12.2.2004 - C-218/01 -, LRE 47, 318 (326), die Arzneimitteleigenschaft kaum erkennen kann, sondern davon ausgehen dürfte, eines der weit verbreiteten, vorbeugend genommenen Vitaminpräparate (Nahrungsergänzungsmittel) vor sich zu haben.

Im Rahmen einer Gesamtabwägung ist das Produkt im Ergebnis nicht als Funktionsarzneimittel zu qualifizieren. Vitamin E als wesentlicher Bestandteil ist zunächst einmal unzweifelhaft essentieller Nährstoff, Konzentrate von Nährstoffen, insbesondere Vitamine und Mineralstoffe, sind als charakteristische Merkmale der besonderen Lebensmittelkategorie der Nahrungsergänzungsmittel anerkannt. Als ein solches ist das Produkt zudem rechtmäßig in den Niederlanden in Verkehr und auch in Deutschland werden vergleichbare Produkt faktisch wie Nahrungsergänzungsmittel gehandelt. Will man gleichwohl ein Funktionsarzneimittel annehmen, bedarf es vor diesem Hintergrund nach Auffassung des Senats eindeutiger Hinweise, dass das Produkt zu einem therapeutischen Zweck eingesetzt werden kann, die jedoch nicht vorliegen. Die einzig in Betracht kommende Beseitigung eines Vitamin-E-Mangelzustands stellt nach den vorstehenden Ausführungen keine arzneimitteltypische therapeutische Indikation dar, wissenschaftliche Studien im Hinblick auf andere Indikationen sind weitgehend ohne greifbares Ergebnis geblieben. Das Fehlen einer therapeutischen Indikation wird nicht dadurch kompensiert, dass ein ernährungsphysiologischer oder sonstiger (gesundheitlicher) Nutzen der täglichen Aufnahme von 268 mg Vitamin E nicht ersichtlich ist, dass in der Wissenschaft im Hinblick auf Dosierungsfragen weitgehende Uneinigkeit besteht und dass gesundheitliche Risiken insbesondere im Hinblick auf bestimmte Risikogruppen diskutiert werden. Letztere gehen im Übrigen bei wertender Betrachtung über Andeutungen nicht hinaus, welche die Annahme konkreter Gesundheitsgefahren nicht rechtfertigen.

Das Produkt stellt ferner kein Präsentationsarzneimittel dar.

Diese Arzneimittelkategorie ist deswegen geschaffen worden, um den Verbraucher vor Erzeugnissen zu schützen, die tatsächlich keine therapeutische Wirksamkeit haben, die der Verbraucher jedoch auf Grund ihrer Bezeichnung oder, um in der Terminologie der nunmehrigen deutschen Fassung des Art. 1 Nr. 2 Abs. 1 RL 2001/83/EG zu bleiben, auf Grund ihrer Bestimmung wegen einer solchen Wirksamkeit und damit möglicherweise an Stelle geeigneter Arzneimittel verwendet. Eine Empfehlung, ein Erzeugnis als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung von Krankheiten zu nehmen, kann sich beispielsweise aus dem Etikett, dem Beipackzettel oder auch aus mündlichen Hinweisen ergeben. Allerdings stellt die Verbreitung von Informationen über das Erzeugnis, namentlich über seine heilenden oder verhütenden Eigenschaften, durch einen Dritten, der aus eigenem Antrieb und in völliger - rechtlicher und tatsächlicher - Unabhängigkeit vom Hersteller oder vom Verkäufer handelt, für sich allein keine Bezeichnung oder Bestimmung im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Abs. 1 RL 2001/83/EG dar, weil sich daraus nicht entnehmen lässt, dass der Hersteller oder der Verkäufer die Erzeugnisse als Arzneimittel in den Verkehr zu bringen beabsichtigt.

Vgl. zum gesamten Vorstehenden EuGH, Urteil vom 28.10.1992 - C-219/91 - (Ter Voort), a. a. O., Rdnr. 16 f., 31, in Bezug auf die Richtlinie 65/65/EWG.

Ausgehend hiervon kann der Produktinformation im Rahmen zulässiger Auslegung kein Hinweis entnommen werden, das Produkt könne oder solle vorbeugend oder heilend im Hinblick auf bestimmte Krankheiten oder krankhafte Beschwerden eingesetzt werden. Die von der Beklagten bezeichnete eine Internetseite mit krankheitsbezogenen Angaben rechtfertigt die Annahme eines Präsentationsarzneimittels nicht. Es ist weder ersichtlich, dass der Anbieter ein von dem Hersteller des Produkts oder der Klägerin belieferten Händler ist, noch bestehen nach dem gesamten klägerischen Vortrag in diesem Verfahren sowie der hier vorgelegten Produktinformation Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben dem Hersteller des Produkts oder der Klägerin überhaupt bekannt sind oder von diesen autorisiert wurden. Unabhängig davon wird der durchschnittlich informierte, aufmerksame und interessierte Durchschnittsverbraucher angesichts von zahllosen Möglichkeiten (Lebensmittelhandelsgeschäfte, Apotheken, Reformhäuser, Internet), Nahrungsergänzungsmittel zu beziehen, nicht auf Grund lediglich der einen genannten, nicht in irgend einer Weise als vom Hersteller autorisiert erscheinenden oder sonst hervor stehenden Internetseite den Eindruck gewinnen, das Produkt der Klägerin sei ein Arzneimittel. Solange es sich um Einzelfälle handelt, kann schließlich von dem Hersteller des Produkts oder von der Klägerin nicht verlangt werden, zwecks Vermeidung der Entstehung des Eindrucks eines Präsentationsarzneimittels ständig das Internet zu durchsuchen mit dem Ziel, gegen unzulässige Werbeaussagen von anderen Vertreibern vorzugehen, sofern dies rechtlich überhaupt möglich ist.

Der Umstand, dass bisher Produkte mit vergleichbaren Vitamin-E-Konzentrationen in Deutschland stets nur als zugelassene Arzneimittel in den Verkehr gebracht worden sind und sie deshalb nach allgemeiner Verkehrsauffassung gattungsmäßig als Arzneimittel gewertet werden, so OLG Hamm, Urteil vom 25.11.2004 - 4 U 129/04 -, LRE 49, 380 (381 ff.), rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme eines Präsentationsarzneimittels. Selbst wenn diese Einschätzung zutreffend wäre, beruhte sie nach den vorstehenden Ausführungen ganz überwiegend auf der bisherigen behördlichen Abgrenzungspraxis und dem dadurch quasi bewirkten Zwang, die Verkehrsfähigkeit eines Produkts über das Arzneimittelzulassungsverfahren zu erwirken. Dies ersetzt jedoch nicht die nach der zu Grunde gelegten Definition erforderliche, hier nach den vorstehenden Ausführungen nicht gegebene Bezeichnung oder Bestimmung des konkreten Produkts.

An der Einschätzung, dass es sich bei dem Produkt weder um ein Funktionsarzneimittel noch ein Präsentationsarzneimittel handelt, ändert die Zweifelsregelung in Art. 2 Abs. 2 RL 2001/83/EG nichts.

Diese führt entgegen der von der Beklagten wiedergegebenen, in der Literatur vertretenen Auffassung nicht zu einer geringeren Prüfungstiefe bei der Feststellung der Arzneimitteleigenschaft oder aber dazu, dass insoweit eine Offenkundigkeitsprüfung ausreichte.

... (wird ausgeführt, wie Urteil des Senats vom 17.3.2006 - 13 A 1977/02 -)

Anknüpfend daran findet die Zweifelsregelung erst dann Anwendung, wenn unter Berücksichtigung aller Merkmale eines Produkts keine Eindeutigkeit hinsichtlich der Arzneimitteleigenschaft besteht in dem Sinne, dass diese weder (sicher) festgestellt noch (sicher) ausgeschlossen werden kann, weil andernfalls bereits kein Zweifelsfall vorläge. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn in der Zweifelsregelung als Voraussetzung für ihre Anwendbarkeit gefordert wird, dass "das Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften ... unter die Definition von "Arzneimittel" ... fallen kann." Dies wird im Ergebnis auch der allein maßgebliche Prüfungspunkt sein, weil angesichts der weiten Lebensmitteldefinition des Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 178/2002 davon auszugehen ist, dass ein streitiges Produkt regelmäßig die Voraussetzungen eines Lebensmittels erfüllt und damit im Sinne der weiteren in der Zweifelsregelung aufgestellten Voraussetzung "unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist." Da hier jedoch die umfassende Prüfung ergeben hat, dass es sich bei dem Produkt F. nicht um ein Arzneimittel handelt, besteht kein Raum für die Anwendung der Zweifelsregelung.

Der Senat hält schließlich auch in Ansehung der von der Beklagten so bezeichneten "Restzweifel" insbesondere an seinem Abwägungsergebnis fest, dass kein Funktionsarzneimittel vorliegt. Wenn es - auch mit Blick auf das ein Produkt mit Vitamin C betreffende Verfahren gleichen Rubrums 13 A 2097/02 - trotz eines inzwischen Jahrzehnte währenden Streits über die Qualifizierung von hochdosierten Vitaminkonzentraten bisher der Wissenschaft nicht gelungen ist, halbwegs gesicherte, für die Arzneimitteleigenschaft sprechende Erkenntnisse zu erarbeiten, dann liegt bei objektiver Betrachtungsweise unter Berücksichtigung des aktuellen Wissenschaftsstandes kein Arzneimittel vor. Wenn zudem zahlreiche Studien, die einen therapeutischen Verwendungszweck von Vitamin E zum Gegenstand hatten, keine eindeutigen Hinweise in diese Richtung erbracht haben und nicht ersichtlich ist, dass es laufende Studien gibt, bei denen sich richtungsweisende neue Erkenntnisse abzeichnen, dann ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt bei wertender Betrachtung auch kein Zweifelsfall (mehr) gegeben. Die von der Beklagten möglicherweise mit Blick auf das gewünschte Ergebnis - Anwendung des Art. 2 Abs. 2 RL 2001/83/EG - ausgemachten Zweifel resultieren aus einer nicht hinreichenden qualitativen Bewertung des aktuell zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnismaterials, was das Vorliegen einer - aus ihrer Sicht - pharmakologischen Wirkung sowie von konkreten Gesundheitsgefahren anbelangt, verbunden mit einer Überbetonung von Sicherheitsbedenken. In Bezug auf Gesundheitsgefahren ist bereits darauf hingewiesen worden, dass solche nicht zu den charakteristischen Merkmalen eines Arzneimittels gehören und ihre Untersuchung nicht Hauptzweck eines Arzneimittelzulassungsverfahrens ist. Liegen zudem keine Anhaltspunkte für konkrete Gesundheitsgefahren vor, vermögen bloße Bedenken keine "Restzweifel" zu begründen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch das Lebensmittelrecht nach den ersten beiden Begründungserwägungen zur Verordnung (EG) 178/2002 sowie nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 LFGB in aller erster Linie den (vorbeugenden) Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren bezweckt und sich in diesem Zusammenhang zahlreiche Ermächtigungen finden, die es ermöglichen, beispielsweise Warnhinweise und Sicherheitsvorkehrungen vorzuschreiben (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 6 LFGB) oder weitergehend die Verwendung bestimmter Stoffe mengenmäßig zu beschränken (vgl. §§ 7 Abs. 2 Nr. 1, 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) LFBG). Soweit es um hoch dosierte Nährstoffe geht, die als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werden sollen, und sich die Diskussion um die Arzneimitteleigenschaft im Wesentlichen auf Sicherheitsbedenken konzentriert, ermöglichen diese Vorschriften gerade mit Blick auf das in Art. 7 VO (EG) 178/2002 normierte Vorsorgeprinzip flexiblere und damit verhältnismäßigere Lösungen, die den Interessen der Verbraucher und der Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln besser gerecht werden als die - für die behördliche Praxis einfachere, weil häufig faktisch zu einem Vertriebsverbot führende - Anwendung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften.

II. Das Produkt wird in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig hergestellt und rechtmäßig in der Verkehr gebracht (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LFGB). Dies ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung der zuständigen niederländischen Behörde und wird im Übrigen von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.

III. Ein die Verkehrsfähigkeit gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 LFGB ausschließender Tatbestand nach Satz 2 der Vorschrift liegt nicht vor.

1. Das Produkt entspricht zunächst den in § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB in Bezug genommenen Verboten. Eine Gesundheitsschädlichkeit des Produkts im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 LFGB, Art. 14 Abs. 2 lit. a) VO (EG) 178/2002 ist nicht gegeben.

Entgegen dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB enthält Art. 14 Abs. 2 lit. a) VO (EG) 178/2002 zwar kein Verbot, sondern nur die Festlegung, dass dann von einem nicht sicheren Lebensmittel auszugehen ist, wenn es gesundheitsschädlich ist. Angesichts der inhaltlichen Anknüpfung des Absatzes 2 des Art. 14 VO (EG) 178/2002 an seinen Absatz 1 und des Zusammenhangs zwischen den Sätzen 1 und 2 des § 54 Abs. 1 LFGB sind die Bezugnahmen in § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB insgesamt dahingehend zu verstehen, dass eine Verkehrsfähigkeit eines Produkts nach Satz 1 der Vorschrift dann nicht besteht, wenn es gesundheitsschädlich ist. Dies muss nicht feststehen, sondern es reicht eine Eignung zur Gesundheitsbeschädigung. Diese allerdings muss tatsächlich und konkret bestehen, d.h. der Stoff muss bestimmte feststellbare Eigenschaften aufweisen, die eine Gesundheitsbeschädigung verursachen können.

Vgl. Zipfel/Rathke, a. a. O., C 101, Art. 14 VO (EG) 178/2002 Rdnr. 39.

Solche sind nach den Ausführungen oben zu den Risiken bei der Verwendung des Produkts jedoch nicht ersichtlich, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der nach Art. 14 Abs. 4 VO (EG) 178/2002 im Rahmen der Beurteilung einer Gesundheitsschädlichkeit zu beachtenden Kriterien.

Soweit nach Art. 14 Abs. 4 lit. a) VO (EG) 178/2002 die wahrscheinlichen Auswirkungen zu berücksichtigen sind, ist das im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu verstehen, die allein bei einer wissenschaftlichen Unsicherheit, wie sie Art. 7 Abs. 1 VO (EG) 178/2002 beschreibt, nicht besteht.

Vgl. in diesem Sinne Zipfel/Rathke, a. a. O., Rdnr. 47.

Abzustellen ist dabei angesichts von Art. 14 Abs. 3 lit. a) VO (EG) 178/2002 auf die normale Verwendung des Produkts durch den Verbraucher, während die besondere gesundheitliche Empfindlichkeit von bestimmten Verbrauchergruppen gemäß Art. 14 Abs. 4 lit. c) VO (EG) 178/2002 außer Betracht bleiben kann, weil die zuletzt genannte Vorschrift eine (besondere) Bestimmung im Hinblick auf solche Gruppen voraussetzt, vgl. Zipfel/Rathke, a. a. O., Rdnr. 53 f. die hier nicht besteht.

Ausgehend hiervon sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass 268 mg Vitamin E für den normalen Verbraucher gesundheitsschädlich sein können. Selbst für die oben bereits genannten Risikogruppen, insbesondere Personen mit Gerinnungsstörungen stellt sich die Lage so dar, wie sie in Art. 7 Abs. 1 VO (EG) 178/2002 beschrieben ist, d.h. auch insoweit gibt es keine überwiegende Anzahl von Stimmen in der Wissenschaft, die diesbezüglich konkrete Gesundheitsgefahren annehmen.

2. Zunächst kann die Frage, gegen welche Rechtsvorschrift das Produkt verstößt, nicht offen gelassen werden. Aus der Antwort ergeben sich nämlich unterschiedliche Rechtsfolgen: auf die Voraussetzungen für die Erteilung einer Allgemeinverfügung, namentlich die in § 54 Abs. 2 Satz 1 LFGB genannten zwingenden Gründe des Gesundheitsschutzes, kommt es nur dann an, wenn tatsächlich ein Verstoß vorliegt, während sich eine Prüfung der Voraussetzungen der genannten Vorschrift erübrigt, wenn eine Allgemeinverfügung mangels eines Verstoßes überhaupt nicht erforderlich ist. Allein das ernsthafte Behaupten eines Verstoßes im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 1. Halbsatz LFGB durch die Behörde rechtfertigt kein Absehen von einer durch die Gesetzessystematik vorgegebenen Prüfung und schafft keine Ermächtigung, ein bereits nach § 54 Abs. 1 Satz 1 LFGB verkehrsfähiges Produkt im Rahmen des § 54 Abs. 2 LFGB einer Prüfung zu unterziehen.

Ein Verstoß gegen die hier allein in Betracht kommende Vorschrift des § 6 LFGB liegt nicht vor, weil es sich bei dem in dem Produkt enthaltenen Vitamin E jedenfalls um einen zugelassenen Zusatzstoff handelt.

Da das Produkt unzweifelhaft die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 NemV erfüllt, ist das enthaltene Vitamin E als Hauptbestandteil nach § 3 Abs. 2 NemV in Verbindung mit der zugehörigen Anlage 2, A.3. 1. Spiegelstrich, ein - ohne mengenmäßige Begrenzung zugelassener - Zusatzstoff zu ernährungsphysiologischen Zwecken. Die Frage, ob die in Nahrungsergänzungsmitteln nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 NemV enthaltenen (Nährstoff-)Konzentrate unabhängig von § 3 Abs. 2 NemV nach den Definitionen in § 2 Abs. 3 LFGB überhaupt Zusatzstoffe oder diesen gleichgestellte Stoffe sind, bedarf danach in diesem Verfahren keiner Beantwortung, weil verneinendenfalls § 6 LFGB von vornherein nicht einschlägig wäre.

Das Vitamin E wird auch nicht dadurch zu einem nicht zugelassenen Zusatzstoff mit der Folge eines Verstoßes gegen § 6 LFBG, dass es die in der bisherigen Verwaltungspraxis für Nahrungsergänzungsmittel angenommene, am dreifachen Tagesbedarf nach den DGE-Empfehlungen orientierte Höchstgrenze überschreitet. Zwar hatte der Verordnungsgeber bei der Normierung der Nahrungsergänzungsmittelverordnung die Vorstellung, dass die allgemeinen Bestimmungen des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes auch für Nahrungsergänzungsmittel gelten würden und dass vor diesem Hintergrund für Vitamin- und Mineralstoffverbindungen die in der bisherigen Verwaltungspraxis zu Grunde gelegten zulässigen Höchstmengen weiterhin herangezogen werden sollten.

Vgl. BR-Drs. 248/04, S. 14, 18.

Die Berücksichtigung der bisherigen Verwaltungspraxis setzt jedoch voraus, dass dies nach den allgemeinen Vorschriften des nunmehr geltenden Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs rechtlich zulässig ist, was in den bisher nach § 47a LMBG und nunmehr nach § 54 LFGB zu beurteilenden Importfällen hinsichtlich der in § 3 Abs. 2 NemV in Verbindung mit der zugehörigen Anlage 2 genannten (Zusatz-) Stoffe nicht mehr zutrifft. Eine Berücksichtigung der Verwaltungspraxis kommt allenfalls bei der Erteilung einer Allgemeinverfügung in Betracht, und zwar im Rahmen der Konkretisierung der nach § 54 Abs. 2 LFGB zu prüfenden zwingenden Gründe des Gesundheitsschutzes. Das Verfahren auf Erteilung einer Allgemeinverfügung ist jedoch im Hinblick auf die zuvor genannten Stoffe gar nicht eröffnet, weil sie mangels vom Verordnungsgeber auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Nr. 1 LMBG festgesetzter Höchstmengen unbegrenzt zugelassene Zusatzstoffe darstellen und es deshalb an einem das Verfahren auf Erteilung einer Allgemeinverfügung erst eröffnenden Verstoß im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 1. Halbsatz LFGB, nämlich gegen § 6 LFGB, fehlt.

Ende der Entscheidung

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