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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 21.07.2006
Aktenzeichen: 13 A 2132/03
Rechtsgebiete: KrPflG 1985/93, GG, VwVfG NRW


Vorschriften:

KrPflG 1985/93 § 2 Abs. 4 Satz 2
GG Art. 116
VwVfG NRW § 24
Die Erteilung einer Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung "Krankenschwester" kommt bezüglich einer entsprechenden Ausbildung in Belgrad/ehem. Jugoslawien nicht in Betracht, wenn der Bewerberin in Deutschland u.a. wegen nicht ausreichender Sprachkenntnisse lediglich eine Qualifikation als "Krankenpflegehelferin" bescheinigt wird.
Tatbestand:

Die im ehemaligen Jugoslawien geborene Klägerin absolvierte bis 1989 in Belgrad eine Ausbildung zur Krankenschwester und erhielt dort ein Diplom über "den vierten Grad der Fachbildung Beruf: Krankenschwester - Techniker, Fach: Gesundheitswesen". Im Jahr 2000 beantragte sie beim Beklagten die Anerkennung dieser Ausbildung nach deutschem Recht. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, nachdem der Klägerin bei einer Anpassungsmaßnahme durch eine zentrale Ausbildungsstätte u. a. wegen nicht ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache eine Qualifikation als Krankenpflegehelferin, aber nicht als Krankenschwester, bescheinigt worden war. Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin hatten keinen Erfolg.

Gründe:

Das VG hat die Klage auf Erteilung einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" zu Recht abgewiesen.

Maßgebend für die Beurteilung des Klagebegehrens sind (zunächst) die Bestimmungen des Krankenpflegegesetzes von 1985 (BGBl. I S. 893) einschließlich der Änderung durch Gesetz vom 27.4.1993 (BGBl. I S. 512, 523) - KrPflG 1985/93 -, die im Zeitpunkt des Antrags der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" bzw. der ablehnenden Bescheide galten. Die die relevanten Bestimmungen ändernden Gesetzesfassungen wie beispielsweise das Gesetz vom 4.12.2001 (BGBl. I S. 3320, 3323) oder das seit 2004 geltende Krankenpflegegesetz von Juli 2003 (BGBl. I S. 1442), durch das das Krankenpflegegesetz von 1985 aufgehoben wurde, datieren hingegen aus der Zeit nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und sind daher materiell-rechtlich nicht vorrangig von Bedeutung.

Nach § 2 Abs. 4 Satz 2 KrPflG 1985/93 kann anderen Personen als Deutschen im Sinne des Artikels 116 GG, Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder heimatlosen Ausländern die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" erteilt werden, wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs des Krankenpflegegesetzes eine abgeschlossene Ausbildung erworben haben und die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist.

Diese Voraussetzungen sind, wie das VG zutreffend ausgeführt hat, im Fall der Klägerin nicht gegeben. Schriftliche Nachweise, die insoweit eine eindeutige Wertung ermöglicht hätten, sind von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Das von ihr vorgelegte Diplom für den "Beruf: Krankenschwester-Techniker" ist hinsichtlich der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes ohne Aussagewert, weil darin Angaben zur Ausbildungsdauer und zur Ausbildungsintensität nicht enthalten sind und daher ein nominaler und formaler Vergleich mit einer nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege - KrPflAPrV - von Oktober 1985 (BGBl. I S. 1973) absolvierten Ausbildung nicht möglich ist.

Es begegnet keinen Bedenken, dass sich die Beklagte als für die Erteilung der begehrten Erlaubnis zuständige Behörde im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 2 Abs. 4 Satz 2 KrPflG 1985/93 und der Gleichwertigkeits-Beurteilung des Sachverstands der Zentralen Ausbildungsstätte für Pflegeberufe im Kreis G. bedient und sich bei der Entscheidung über die Erlaubniserteilung an deren Empfehlung orientiert hat. § 24 VwVfG NRW verpflichtet die Behörde zur Ermittlung des für ihre Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts von Amts wegen. Dies schließt bei Fehlen der für die zu treffende Entscheidung erforderlichen Fachkenntnisse die Hinzuziehung entsprechend sachverständiger Personen und die Verwertung der Erkenntnisse sachverständiger Gremien oder Personen zu der maßgebenden materiellen Frage ein.

Vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 24 Rdnrn. 27 ff.; Ziekow, VwVfG, § 24 Rdnrn. 6, 13.

Dies gilt umso mehr, wenn es sich um die regional zentrale Ausbildungsstätte mit der Aufgabenstellung einer qualifizierten Aus-, Fort- und Weiterbildung in Berufen des Gesundheitswesens handelt, weil auf diese Weise eine entsprechende sachverständige Wertung zu erwarten ist, die der für die Erteilung einer Erlaubnis zuständigen Behörde eine sachangemessene Entscheidung ermöglicht. Mangels eigenen Sachverstands der Erlaubnisbehörde muss, wenn es um die Frage der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nach einer Ausbildung außerhalb der EU geht, der eingeschalteten sachverständigen Stelle, konsequenterweise auch die für die Beurteilung der Gleichwertigkeit erforderliche Maßstabsbildung zuerkannt werden und obliegen, weil anderenfalls eine objektiv sachangemessene Entscheidung der Erlaubnisbehörde nicht zu erwarten ist. Dass hier diese Bewertungsmaßstäbe von sachfremden Kriterien bestimmt sind, ist nicht ersichtlich.

Das VG hat zutreffend dargelegt, dass ein die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" gleichwertiger Ausbildungsstand bei der Klägerin nicht angenommen werden kann. Die Leistungen der Klägerin, die bereits früher eine Anpassungsmaßnahme für Krankenschwestern begonnen, diese aber wegen fehlender deutscher Sprachkenntnisse abgebrochen hatte, während der neuerlichen Anpassungsmaßnahme wurden als nicht ausreichend für die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung "Krankenschwester" bewertet und nur in Bezug auf die Fähigkeiten einer Krankenpflegehelferin als ausreichend angesehen. Dies hat die Zentrale Ausbildungsstätte u. a. unter Bezugnahme auf einen Konferenzbeschluss der dortigen Krankenpflegeschule ebenso eindeutig ausgeführt wie, dass sich die Benotungen der Klägerin in dem Beurteilungsbogen zum Anerkennungspraktikum zur Krankenschwester/Krankenpfleger auf die Leistungen und das Anforderungsprofil einer Krankenpflegehelferin beziehen. Maßgebend dafür waren u. a. nach wie vor erhebliche Kenntnismängel der deutschen Sprache in Wort und Schrift bei der Klägerin, die auch mehrfach Gegenstand von Gesprächen während deren klinischen Praktikums waren. Hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, insbesondere auch der einschlägigen Fachbegriffe, sind aber gerade bei einer Krankenschwester im Interesse der ordnungsgemäßen Versorgung der Patienten unverzichtbar.

Dass die Einschätzung der Fähigkeiten der Klägerin sachlich nicht gerechtfertigt war/ist, ist nicht erkennbar. Die formale Notenbewertung auf einem Beurteilungsbogen zum Anerkennungspraktikum zur Krankenschwester/Krankenpfleger ist angesichts der materiell-fachlichen Erklärungen der Zentralen Ausbildungsstätte im Übrigen nicht entscheidend und erklärt sich vor dem Hintergrund, dass es unterschiedliche Beurteilungsbogen zu Anerkennungspraktika für Krankenschwestern einerseits und für Krankenpflegehelferinnen andererseits nicht gab und dass bei der Beurteilung außerhalb der EU absolvierter Ausbildungen im Gesundheitsbereich ein einheitliches Beurteilungsformular verwandt wurde. Angesichts der materiellen Äußerungen zur Qualifikation der Klägerin ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass die Klägerin Klausuren geschrieben und damit offenbar einen schriftlichen Prüfungsteil absolviert hat, der nach § 2 Abs. 1 KrPflAPrV - anders als bei einer Ausbildung in der Krankenpflegehilfe - nur bei einer Ausbildung in der Krankenpflege und in der Kinderkrankenpflege vorgesehen war/ist. Da die Klägerin die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung "Krankenschwester" beantragt hatte, ist es im Grundsatz gerechtfertigt, die Anforderungen bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes an den für diese Berufsgruppe einschlägigen Prüfungsmaßstäben zu orientieren. Dies schließt konsequenterweise ein, die Fähigkeiten eines Bewerbers als diesem Maßstab nicht entsprechend einzustufen und ihm ein geringeres Qualifikationsniveau zu attestieren, das ihm - weil ansonsten ein Tätigwerden im Bereich der Gesundheitsberufe gar nicht möglich wäre - eine Tätigkeit in einer Position mit einem geringeren Anforderungsprofil ermöglicht. Zudem belief sich die Ausbildungszeit für Krankenpflegehelferinnen lediglich auf ein Jahr (§ 10 Abs. 1 KrPflG 1985/93) mit der nachvollziehbaren Schlussfolgerung, einer "anderen Person" im Sinne des § 2 Abs. 4 KrPflG 1985/93 eine entsprechende einjährige Ausbildung zuzumuten und auf die Durchführung einer neunmonatigen Anpassungsmaßnahme "zur Krankenpflegehelferin" zu verzichten, was ebenfalls das Nichtvorhandensein besonderer Beurteilungsbogen zum Anerkennungspraktikum zur "Krankenpflegehelferin" erklärt.

Das Klagebegehren hat auch keinen Erfolg bei Berücksichtigung der zur Zeit geltenden einschlägigen Bestimmungen. Das seit Januar 2004 geltende Krankenpflegegesetz sieht gleichfalls bei außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes absolvierten Ausbildungen das Kriterium der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes bzw. wenn diese nicht gegeben ist, den Nachweis eines gleichwertigen Kenntnisstands durch Ablegen einer Prüfung (§ 2 Abs. 3 KrPflG 2003) vor, sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Anerkennung von Diplomen aus EU-Mitgliedstaaten und anderen Staaten. Die Klägerin hat nach diesen Bestimmungen keinen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung "Krankenschwester". Sie kann auch nichts daraus herleiten, dass das Krankenpflegegesetz 2003 - anders als das Krankenpflegegesetz 1985/93 - nicht mehr die Berufsbezeichnung "Krankenpflegehelferin" erfasst, sondern nur noch die Berufsbezeichnung "Gesundheits- und Krankenpflegerin" betrifft. Die Berufsbezeichnung "Krankenpflegehelferin" ist auch nicht in der Berufsbezeichnung "Gesundheits- und Krankenpflegerin" aufgegangen mit der denkbaren Erwägung, dass sich eine Krankenpflegehelferin nach der früheren Bezeichnung jetzt ohne weiteres als "Gesundheits- und Krankenpflegerin" bezeichnen könnte. Denn die Berufsbezeichnung "Krankenpflegehelferin" besteht nach wie vor, jetzt allerdings in Form einer landesrechtlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den Beruf der Krankenpflegehelfer(innen).



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