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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 13 A 2457/05
Rechtsgebiete: PBefG, RettG NRW


Vorschriften:

PBefG § 1 Abs. 2 Nr. 2
PBefG § 2 Abs. 2 Nr. 2
PBefG § 4 Abs. 4
PBefG § 4 Abs. 6
RettG NRW § 1 Abs. 2 Nr. 4
RettG NRW § 2 Abs. 2
RettG NRW § 3 Abs. 1
RettG NRW § 3 Abs. 3
Kein Anspruch des Inhabers von Genehmigungen nach dem Rettungsgesetz NRW darauf, dass für sog. "abgerüstete" Krankenwagen mit Krankentragesessel und/oder Krankentrageliege eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz nicht erteilt wird. Zwecks Vermeidung von Missbrauch unterliegt die Genehmigungsbehörde bei und nach Erteilung der Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz einer umfassenden Prüfungs- und Kontrollpflicht.
Tatbestand:

Die Klägerin betreibt auf Grund entsprechender Genehmigungen nach dem Rettungsgesetz NRW einen Krankentransport- und Rettungsdienst. Sie wendet sich dagegen, dass die Beklagte in ihrem Bezirk ansässigen Taxen- und Mietwagenunternehmen personenbeförderungsrechtliche Mietwagengenehmigungen für Kraftfahrzeuge erteilt, in denen Krankentrageliegen und/oder Krankentragesessel eingebaut sind. Die Klägerin hält die Erteilung der Genehmigungen durch die Beklagte für rechtswidrig, weil die entsprechenden Fahrzeuge mit Krankentrageliege bzw. Krankentragesessel nicht zum Straßenverkehr zugelassen werden dürften. Für den Liegendtransport dürften nur Krankentransport- und Rettungswagen im Sinne des Rettungsgesetzes zugelassen werden. Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg.

Gründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die von der Beklagten anderen Unternehmen erteilten Mietwagengenehmigungen für Fahrzeuge, die mit einem Krankentragesessel und/oder einer Krankentrageliege ausgerüstet sind, sind nach der Gesetzeslage rechtmäßig.

Ausgangspunkt für die Bewertung der fraglichen Genehmigungen sind die Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes - PBefG - i. d. F. der Bekanntmachung vom 8.8.1990 (BGBl. I S. 1690).

Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PBefG unterliegt dem Personenbeförderungsgesetz nicht die Beförderung mit Krankenkraftwagen, wenn damit Kranke, Verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen befördert werden, die während der Fahrt einer medizinisch-fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen des Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen solches aufgrund ihres Zustandes zu erwarten ist. Nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 6 PBefG sind Krankenkraftwagen Fahrzeuge, die für Krankentransport oder Notfallrettung besonders eingerichtet und nach dem Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen anerkannt sind. Diesen für die Bewertung der fraglichen Mietwagengenehmigungen vorrangigen Bestimmungen korrespondieren, wenn auch nicht wortgetreu, Vorschriften des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer - RettG NRW - vom 24.11.1992 (GV NRW S. 458): § 3 Abs. 1 RettG NRW enthält die Legaldefinition für Krankenkraftwagen als Fahrzeuge, die für die Notfallrettung oder den Krankentransport besonders eingerichtet und nach dem Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen anerkannt sind (Notarztwagen, Rettungswagen, Krankentransportwagen). Nach § 2 Abs. 2 RettG NRW hat der Krankentransport die Aufgabe, Kranken oder Verletzten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen, die nicht unter § 2 Abs. 1 des Gesetzes fallen, fachgerechte Hilfe zu leisten und sie unter Betreuung durch qualifiziertes Personal mit Krankenkraftwagen oder mit Luftfahrzeugen zu befördern. § 1 Abs. 2 Nr. 4 RettG NRW nimmt Beförderungen von kranken Personen, die keiner fachgerechten Hilfe oder Betreuung bedürfen, mit anderen als den in § 3 Abs. 1 und 3 des Gesetzes genannten Fahrzeugen (Krankenfahrten) aus dem Geltungsbereich des Rettungsgesetzes aus.

Das schlechthin entscheidende Kriterium bei dem Transport einer kranken oder hilfsbedürftigen Person und bei der Frage, ob dieser mit einem Krankentransportwagen (im rettungsrechtlichen Sinne) erfolgen muss oder mit einem nach dem Personenbeförderungsgesetz genehmigten Mietwagen durchgeführt werden kann, ist demnach, ob die zu transportierende Person einer medizinisch fachlichen Betreuung (so § 1 Abs. 2 Nr. 2 PBefG) oder einer fachgerechten Hilfe oder Betreuung (so § 1 Abs. 2 Nr. 4 RettG NRW) bedarf oder möglicherweise bedarf (vgl. auch BT-Drucks. 11/2170 S. 9).

Die vorstehenden Begriffsbestimmungen haben dazu geführt, dass allgemein zwischen qualifiziertem Krankentransport, d. h. dem Krankentransport unter Beachtung rettungsrechtlicher Vorgaben und Anforderungen, und (einfachen) Krankenfahrten (auch als "Patientenfahrten" bezeichnet), d. h. solchen Transportvorgängen, bei denen rettungsrechtliche Vorgaben nicht zu beachten sind, unterschieden wird.

Vgl. Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsgesetz, Stand: Dezember 2007, § 1 Rdnr. 9a; Prütting, Rettungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl., § 2 Rdnrn. 46 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2005 - 13 B 932/05 -, VRS 109, 464.

Diese Erwägungen führen unter Berücksichtigung der Intention und der Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Anfang 1992 wirksam gewordenen Herausnahme des Verkehrs mit Krankenkraftwagen aus dem Personenbeförderungsrecht, nämlich im Hinblick auf eine bestmögliche präklinische medizinische Versorgung eines Patienten eine schnelle und qualifizierte Hilfeleistung vor Ort und während des Transports zu gewährleisten und den Schwerpunkt der Betrachtung nicht (mehr) auf dessen bloße Beförderung zu legen (vgl. BT-Drucks. 11, 2170 S. 6), zu folgenden Konsequenzen: Unter den Begriff des Krankenkraftwagens im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 PBefG fallen nicht normale Personenkraftwagen, auch wenn sie mit Spezialeinrichtungen (z. B. Drehsitzen) ausgestattet sind. Nur Krankentransporte (im Sinne eines qualifizierten Krankentransports) und Notfalltransporte sind aus dem Anwendungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes herausgenommen. Die üblicherweise vom Taxi- und Mietwagengewerbe durchgeführten Patientenfahrten unterliegen hingegen nach wie vor diesem Gesetz. Die Erteilung personenbeförderungsrechtlicher Mietwagengenehmigungen für den Transport hilfsbedürftiger Personen ist danach nicht von vornherein ausgeschlossen. Derartige Genehmigungen können aber nur die (einfachen) Kranken- oder Patientenfahrten (vom BT-Ausschuss für Verkehr als "Patientenfahrten im Sitzen" bezeichnet, vgl. BT-Drucks. 11, 4224 S. 6) betreffen. Beiden o. a. Begriffen der "medizinisch fachlichen" oder "fachgerechten" Betreuung ist immanent, dass sie nur durch den Arzt oder anderes im Rettungsdienst mit medizinischer Tätigkeit betrautes Personal, wie z. B. Rettungssanitäter und Rettungsassistenten (vgl. § 4 RettG NRW), erfolgen darf und diese Qualifikation bei dem Fahrpersonal der Mietwagen in der Regel nicht vorhanden ist. Krankenfahrten mit nach dem Personenbeförderungsgesetz zugelassenen Fahrzeugen, bei denen der Beförderte auf medizinisch fachliche Betreuung angewiesen ist, kann es somit nach der normativen Systematik nicht geben. Für den Bereich der Mietwagenfahrten bleiben demnach ausschließlich die Fahrten, bei denen die beförderte Person nicht in irgendeiner Weise auf medizinisch fachliche Betreuung angewiesen ist und/oder der besonderen Einrichtungen eines Krankentransportwagens bedarf, die Transporteinrichtungen des Fahrzeugs also praktisch ohne fremde Hilfe und ohne Betreuung (durch ausgebildetes Rettungspersonal) (be-)nutzen kann. Sobald nach ärztlicher Anordnung bei einem Transport eine Betreuung der zu befördernden Person durch ärztliches oder anderes im Rettungsdienst mit medizinischer Tätigkeit betrautes Personal erforderlich oder möglicherweise erforderlich ist, muss der Transport mit einem Krankenkraftwagen im rettungsrechtlichen Sinne und entsprechendem Rettungspersonal erfolgen und ist ein Transport mit einem Mietwagen, bei dem rettungsrechtlich geschultes Fahrerpersonal regelmäßig nicht eingesetzt wird, gesetzlich ausgeschlossen und damit unzulässig. Die Unterscheidung bei den Beförderungsarten nach "Liegend-Transport" (für Krankentransporte mit Krankenkraftwagen) und "Sitzend-Transport" (für Krankenbeförderungen mit Taxi oder Mietwagen) ist demgegenüber kein taugliches Abgrenzungskriterium zwischen qualifizierten Krankentransport und Transporten mit Mietwagen.

Vgl. Fielitz/Grätz, a. a. O., § 1 Rdn. 9a; Prütting, a. a. O., § 2 Rdn. 49.

Hinsichtlich der Ausstattung der für den Transport hilfsbedürftiger Personen zum Einsatz kommenden Fahrzeuge sehen die normativen Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes und des Rettungsgesetzes NRW nur für die Krankenkraftwagen im Rettungsbereich insoweit eine Vorgabe vor, als die Fahrzeuge "nach dem Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen anerkannt" sein müssen (vgl. § 4 Abs. 6 PBefG, § 3 Abs. 1 RettG NRW). Sie müssen in ihrer Ausstattung, Ausrüstung und Wartung den allgemein anerkannten Regeln von Medizin und Technik entsprechen (§ 3 Abs. 4 RettG NRW). Maßstab dafür war die (frühere) DIN 75080 bzw. ist die seit Januar 2000 geltende Europäische Norm EN 1789:1999 (Rettungsdienstfahrzeuge und deren Ausrüstung - Krankenkraftwagen). Ein Kraftfahrzeug erhält den Eintrag im Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen auch nur dann, wenn es als Rettungstransportwagen (RTW) oder als Krankentransportwagen (KTW) anzusehen ist.

Vergleichbare Ausstattungsvorgaben für die Fahrzeuge, mit denen im Rahmen personenbeförderungsrechtlicher Genehmigungen Krankenfahrten durchgeführt werden dürfen, bestehen demgegenüber nicht. Die Legaldefinition des "Krankenkraftwagens" in § 4 Abs. 6 PBefG erfasst nur die Fahrzeuge für Krankentransport im Bereich des Rettungsdienstes. Im Personenbeförderungsrecht sind lediglich die Begrifflichkeiten des § 4 Abs. 4 PBefG maßgebend, der in Nr. 1 in Abgrenzung zu Kraftomnibussen und Lastkraftwagen Personenkraftwagen als Fahrzeuge definiert, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt sind. Dass die von den fraglichen Genehmigungen erfassten Fahrzeuge als Personenkraftwagen anzusehen sind, ist nicht zweifelhaft. Weitere konkretisierende Bestimmungen und Vorgaben zur zulässigen Ausstattung und Ausrüstung dieser Fahrzeuge enthält das Personenbeförderungsgesetz nicht. Weder dieses Gesetz noch das Rettungsgesetz NRW enthalten auch eine Bestimmung, wonach der Einbau von Krankentragesesseln und/oder -liegen in derartige Fahrzeuge ausdrücklich untersagt ist. In Zusammenhang mit dem Umstand, dass normative Vorgaben (nur) für Krankenkraftwagen bestehen, die im Bereich des Rettungsdienstes zum Einsatz kommen sollen, folgt daraus konsequenterweise, dass das Personenbeförderungsgesetz solange anwendbar ist, solange nicht die Schwelle zum Einsatz der Fahrzeuge im Rettungsbereich überschritten wird. Dementsprechend führt auch der Einbau zusätzlicher Gerätschaften für den Transport hilfsbedürftiger Personen (wie Krankentragesessel und/oder -liege) in Personenkraftwagen/Mietwagen als solcher nicht schon dazu, dass der Anwendungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes entfällt.

Vgl. KG Berlin, Beschluss vom 13.2.2007 - 5 W 35/07 -, NJW-RR 2007, 918.

Dies gilt auch, wenn diese Gerätschaften für sich gesehen oder in ihrer Gesamtheit auch zugleich einer Wertung unter rettungsrechtlichen Gesichtspunkten unterliegen könnten. Der Einbau derartiger Gerätschaften bewirkt zwar eine Änderung eines PKW-Fahrzeugs, mit dem üblicherweise die Vorstellung einer Beförderung auf entsprechenden Sitzplätzen verbunden ist, führt aber nicht schon dazu, dass die nach dem Personenbeförderungsgesetz allein maßgebende Kategorie "Personenkraftwagen" nicht mehr relevant ist und das betreffende Fahrzeug zu einem durch besondere Ausrüstung gekennzeichneten Krankenkraftwagen i. S. d. §§ 1 Abs. 2 Nr. 2, 4 Abs. 6 PBefG wird, auf den das Personenbeförderungsgesetz keine Anwendung findet. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht von entscheidender Bedeutung, ob, wie die Klägerin meint, schon einzelne zusätzliche/andere Ausrüstungsgegenstände - wie hier Krankentragesessel oder Krankentrageliege - die Einstufung als Krankenkraftwagen nach dem Rettungsrecht rechtfertigen oder, wovon das VG ausgegangen ist, diese Einstufung nur gerechtfertigt sein soll im Hinblick auf den Inbegriff aller Einrichtungsgegenstände, Gerätschaften und Hilfsmittel, mit denen die im Rettungsbereich zum Einsatz kommenden Fahrzeuge ausgestattet sein müssen. Folglich ist auch unerheblich, dass das VG - möglicherweise in Anlehnung an entsprechende unzutreffende Formulierungen in gängigen Kommentaren zum Personenbeförderungsgesetz - unrichtigerweise von einer Singular-Fassung der "besonderen Einrichtung" des Krankenkraftwagens in § 2 Abs. 2 Nr. 2 PBefG ausgegangen ist, während in der maßgebenden Originalfassung des 6. Gesetzes zur Änderung des PBefG vom 25.7.1989 (BGBl. S. 1547) - ebenso wie im Entwurf des Gesetzes; BT-Drucks. 11/2170, S. 5 - eine Plural-Fassung der "besonderen Einrichtungen" des Krankenkraftwagens enthalten ist und dies eher darauf hindeutet, dass es bei der Abgrenzung zwischen Krankentransport (im Rettungsbereich) und Krankenfahrten (mit Mietwagen) nicht auf die Gesamtheit aller Ausrüstungsgegenstände ankommt und sich die Frage auch schon bei einzelnen anderen Ausrüstungsgegenständen stellen kann.

Ob die fraglichen Fahrzeuge bzw. die Umrüstungen mit Krankentragesessel/ -liege nach der Straßenverkehrszulassungsordnung oder nach einschlägigen DIN-Bestimmungen genehmigungsfähig sind oder, wie die Klägerin meint, dies nicht der Fall ist, ist für die Beurteilung des Klagebegehrens ohne Bedeutung. Eine die Rechtswidrigkeit der Mietwagen-Genehmigungen bzw. eine einen Erfolg des Klagebegehrens begründende Rechtsverletzung der Klägerin in ihrer Schutzposition aus Art. 12 Abs. 1 GG kann sich nur ergeben im Bereich der Nahtstelle zwischen den Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes und denen des Rettungsgesetzes NRW. Die Vorschriften der Straßenverkehrszulassungsordnung und etwaige DIN-Bestimmungen mit Anforderungen an medizinisch-technische Ausrüstungen bestehen hingegen im öffentlichen Allgemeininteresse und können deshalb keine Schutzposition Dritter begründen, was insbesondere auch für die Eintragungen im Fahrzeugschein gilt. Demzufolge kann die Klägerin beispielsweise auch nicht mit Erfolg geltend machen, Tragen und Tragesessel dürften in den genehmigten Fahrzeugen nicht eingesetzt werden und könnten keine Eintragungen im Fahrzeugschein erhalten mit der Folge, dass die Betriebserlaubnisse für die Fahrzeuge erloschen seien. Die im Rahmen des Zulassungsverfahrens nach der Straßenverkehrszulassungsordnung ausgestellten Fahrzeugpapiere (Betriebserlaubnis, Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein) haben schon keinen Regelungscharakter hinsichtlich der generellen straßenverkehrsrechtlichen Einordnung eines Fahrzeugs und nur eine beschränkte Feststellungswirkung in der Weise, dass ein Fahrzeug betriebssicher ist und am Straßenverkehr teilnehmen darf. Die Betriebserlaubnis ist für zulassungspflichtige Fahrzeuge Voraussetzung dafür, dass diese auf öffentlichen Straßen überhaupt in Betrieb genommen werden dürfen. Dem Fahrzeugbrief, der der Sicherung des Eigentums und anderer Rechte an dem Fahrzeug dient und der nach dem ursprünglichen Zweck seiner Einführung statistische Unterlagen für Maßnahmen der Wirtschafts- und Verkehrspolitik liefern soll(te), kommt eine Regelungsbefugnis dahingehend, dass die in ihm enthaltenen Eintragungen über die Art eines Fahrzeugs maßgebend für die straßenverkehrsrechtliche Beurteilung sein sollen, nicht zu. Dies gilt gleichermaßen für den Fahrzeugschein, dessen Zweck es ist, die Zulassung (Erteilung der Betriebserlaubnis und des amtlichen Kennzeichens) des darin angegebenen Fahrzeugs für eine näher bezeichnete Person auszuweisen, der hingegen nicht dazu dient, die Richtigkeit der in ihm enthaltenen Angaben zu öffentlichem Glauben zu bezeugen.

Vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.8.2004 - 2 Ss 80/04 -, DAR 2004, 715; Thür. OLG, Beschluss vom 12.10.2004 - 1 Ss 208/04 -, DAR 2005, 102.

Dementsprechend kann den Angaben im Fahrzeugschein auch keine Wirkung zukommen im Hinblick auf die Erteilung von Mietwagen-Genehmigungen für Krankenfahrten und infolgedessen erst recht keine drittschützende Wirkung für Inhaber rettungsrechtlicher Genehmigungen, die ihre gewerbliche Tätigkeit auf der Grundlage dieser Genehmigungen durch die Erteilung jener Genehmigungen tangiert sehen.

Vor dem dargelegten Hintergrund ist die Erteilung von Mietwagen-Genehmigungen für die Durchführung von Krankenfahrten durch die Beklagte nach der Gesetzeslage nicht zu beanstanden, so dass das Klagebegehren der Klägerin keinen Erfolg hat. Eine auf einen eindeutigen Verstoß gegen normative Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes und/oder des Rettungsgesetzes NRW zurückgehende Rechtswidrigkeit der von der Beklagten erteilten Mietwagen-Genehmigungen lässt sich, wie dargelegt, nicht herleiten.

Indes liegt die entscheidende Problematik in diesem Verfahren auch nicht in erster Linie in der theoretischen Abgrenzung und Bestimmung der maßgebenden Einstufungen der Fahrzeuge, sondern vielmehr darin, dass offenbar - und das nicht nur im Gebiet der Beklagten - in nicht unerheblichem Maße personenbeförderungsrechtliche Genehmigungen missbräuchlich eingesetzt werden und sich im Bereich des Transports hilfsbedürftiger Personen ein diffuser "grauer Markt" entwickelt hat, in dem die Grenzen zwischen einfachem und qualifiziertem Krankentransport nicht beachtet werden.

Vgl. beispielsweise folgende Veröffentlichungen: Kleefeld; Krankenwagen ohne Blaulichter?, RETTmobil 2004, 34; Poguntke, Liegemietwagen und KTW: Mangelnde Trennschärfe, Tarnen und Täuschen, Rettungsdienst 2006, 22; Kühn, Liegendtaxis - Sondermietwagen, Rettungsdienst 2007, 80 ff., 96 ff.

Zu dieser nicht gesetzeskonformen Entwicklung hat möglicherweise eine großzügige Genehmigungspraxis bei der Erteilung von Mietwagen-Genehmigungen beigetragen, aber wohl auch die Umstände, dass die Verordnungs-Vordrucke und Transportscheine für die Art des jeweiligen Transports hilfsbedürftiger Personen unklar gefasst sind und die konkrete Abgrenzung nach der Gesetzeslage auch wohl nicht immer von den verordnenden Ärzten strikt beachtet wird.

Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2005 - 13 B 932/05 - , a. a. O.

Die tatsächliche Entwicklung in der Praxis gibt aber vor dem Hintergrund, dass das im Patienteninteresse gebotene hohe Niveau bei der Versorgung und dem Transport hilfsbedürftiger Personen nicht verschlechtert werden darf, ein missbräuchlicher Einsatz von Mietwagen-Genehmigungen wirksam eingedämmt und verhindert und eine Umgehung rettungsrechtlicher Vorgaben vermieden werden muss, Veranlassung zu folgenden Hinweisen an die Beklagte. Auch wenn sich - wie dargelegt - für die Klägerin insoweit eine Rechtsverletzung nicht ergeben kann, ist seitens der Beklagten als Genehmigungsbehörde nach dem Personenbeförderungsgesetz, aber auch als Zulassungsstelle für die von den Genehmigungen erfassten Fahrzeuge, eine umfassende Überwachung und Prüfung nicht nur in der Weise geboten, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung gegeben sind, sondern auch und erst in die Richtung, ob die jeweiligen Fahrzeuge straßenverkehrsrechtlichen und sonstigen die Fahrzeugtechnik und -ausrüstung betreffenden Vorgaben entsprechen. Dies betrifft u. a. auch die Fragen, ob die medizinisch-technische Ausrüstung der als Mietwagen vorgesehenen Fahrzeuge für den Transport kranker Personen für sich genommen und in Verbindung mit dem Einbau in Fahrzeuge konkret alle gebotenen verkehrsrechtlichen, sicherheitstechnischen und sonstigen einschlägigen Anforderungen erfüllen. Erforderlichenfalls muss dazu die Vorlage entsprechender sachverständiger Begutachtungen durch die Fahrzeughalter verlangt werden. Die Beklagte sollte bei der Erteilung der Mietwagen-Genehmigungen auch deutlich(er) darauf hinweisen, dass mit den betreffenden Fahrzeugen qualifizierter Krankentransport, für den eine medizinisch fachliche Betreuung oder der Einsatz der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens kennzeichnend sind, nicht erfolgen darf. Die in den Mietwagen-Genehmigungen zum Teil enthaltenen Formulierungen, "die Genehmigung berechtigt auch zum Liegendtransport von Personen, die keiner sachgemäßen Betreuung bedürfen", erscheint insoweit nicht besonders wirkungsvoll, um den Inhabern der Genehmigungen die Grenzen der mit den genehmigten Mietwagen allein zulässigen Krankenfahrten deutlich zu machen. Die genannten Formulierungen stehen unter "Bedingungen und Auflagen" in den Genehmigungsurkunden, sind aber tatsächlich nicht als solche anzusehen, sondern stellen lediglich eine zusätzliche Erläuterung und Erklärung dar. Auch die Wortwahl "sachgemäße Betreuung", die weder den Begriffen in § 1 Abs. 2 Nr. 2 PBefG noch in § 2 Abs. 2 RettG NRW entspricht, ist nicht eindeutig und lässt Spielraum für subjektive Interpretationen der Genehmigungsinhaber und für Umgehungen der Genehmigungsgrenzen. Wirkungsvoller und deutlich effektiver zur Erreichung des Zwecks, den hohen Standard bei dem Transport kranker Personen aufrechtzuerhalten und die Trennlinie zwischen qualifiziertem Krankentransport und den Kranken-/Patientenfahrten nicht durch unklare Vorgaben zu verwässern, scheint vielmehr eine negativ formulierte Auflage in den Genehmigungen in Anlehnung an § 1 Abs. 2 Nr. 2 PBefG zu sein, etwa in der Form, dass die Genehmigung nicht zum (Liegend-)Transport berechtigt, wenn die hilfsbedürftige Person während der Fahrt einer medizinisch fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen des Krankenkraftwagens bedarf oder möglicherweise bedarf. Ähnliches gilt vor dem Hintergrund des offenbar auch insoweit vorkommenden Missbrauchs beispielsweise für die sich aus der Gesetzeslage ergebende Selbstverständlichkeit, dass mit den genehmigten Mietwagen keine Patienten mit ansteckenden Krankheiten befördert werden dürfen.

Der Senat hat in dem voraufgegangenen Eilverfahren auch bereits darauf hingewiesen, dass es vor dem Hintergrund der Gesetzesvorgaben, dass Krankenkraftwagen (im Bereich des Rettungsdienstes) im Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen anerkannt sein müssen und dass ein Kraftfahrzeug den Eintrag im Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen nur dann erhält, wenn es als Rettungstransportwagen (RTW) oder als Krankentransportwagen (KTW) anzusehen ist, der Bezeichnung im Fahrzeugschein also insoweit eine maßgebende Wirkung zukommt, die Bezeichnung "Sonstiges Kraftfahrzeug Krankenkraftwagen" für die hier in Frage stehenden "abgerüsteten Krankenwagen" zumindest missverständlich und eine andere Handhabung bei den Eintragungen im Fahrzeugschein wünschenswert ist.

Letztlich ist die Beklagte insbesondere - auch angesichts der damit verbundenen Schwierigkeiten in der praktischen Durchsetzung - gehalten, die Einhaltung der mit Mietwagen-Genehmigungen verbundenen Grenzen für den Transport kranker Personen strikt zu kontrollieren sowie etwaigen Verstößen mit Nachdruck nachzugehen und Überschreitungen von Genehmigungen mit aller Konsequenz zu ahnden.

Ende der Entscheidung

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