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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 05.12.2007
Aktenzeichen: 13 A 931/05
Rechtsgebiete: IfSG, BSeuchG, OBG, KoG-IfSG


Vorschriften:

IfSG § 16
IfSG § 30
IfSG § 69
BSeuchG § 10
BSeuchG § 37
BSeuchG § 62
OBG § 45
KoG-IfSG § 2 Abs. 2
Gegenüber den allgemeinen Regelungen stellen § 10 Abs. 7 Satz 4 BSeuchG, § 16 Abs. 7 Satz 4 IfSG Ausnahmeregelungen des Inhalts dar, dass eine in Anwendung der außerordentlichen ("Eil"-)Zuständigkeit getroffene Maßnahme des Gesundheitsamtes ausnahmsweise dann als von der zuständigen Behörde getroffene Maßnahme gilt, wenn diese vom Gesundheitsamt über die getroffene Anordnung unverzüglich unterrichtet worden ist und die Anordnung nicht innerhalb von zwei Arbeitstagen seit ihrem Erlass aufgehoben hat.

Die mit § 10 Abs. 7 BSeuchG, § 16 Abs. 7 IfSG bezweckte klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten verbietet es, die Unterrichtungspflicht Dritten gegenüber als unerhebliche Verfahrensregelung zu bewerten.


Tatbestand:

Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses im Stadtgebiet der Beigeladenen zu 1. Nachdem die gesetzliche Krankenkasse die Kostenübernahme für die weitere stationäre Behandlung zweier aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten stammender und an offener Lungentuberkulose erkrankter Patientinnen abgelehnt hatte, wurden diese auf Veranlassung des Kreisgesundheitsamtes des Beigeladenen zu 2. weiterbehandelt.

Mit der Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der entstandenen Kosten mit der Begründung, die stationäre Absonderung sei zum Schutz der im Zuständigkeitsbereich der Beklagten lebenden Familienangehörigen der Patientinnen erforderlich gewesen. Die Beklagte lehnte die Kostenerstattung unter Hinweis auf die örtliche Zuständigkeit der Beigeladenen zu 1. ab. Sie bestritt die Notwendigkeit der stationären Unterbringung und bemängelte, von dem Beigeladenen zu 2. nicht in das Verfahren eingebunden worden zu sein.

Das VG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten wurde das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen.

Gründe:

Die Berufung hat Erfolg. Das VG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die von der Klägerin in zulässiger Weise erhobene Leistungsklage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 7.035,52 €. Ein Anspruch auf Übernahme der anlässlich der Absonderung der Patientin A in der Zeit vom 11. bis zum 24.11.2000 und der Absonderung der Patientin B in der Zeit vom 5. bis zum 30.1.2001 entstandenen Kosten folgt weder aus spezialgesetzlichen Vorschriften noch besteht er als Aufwendungsersatzanspruch gemäß einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) oder als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch.

§ 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Infektionsschutzgesetz - IfSG - scheidet als spezialgesetzliche Regelung für das Kostenerstattungsbegehren aus. Die seit dem 1.1.2001 geltende Regelung (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 SeuchRNeuG vom 20.7.2000, BGBl. I S. 1045) erfasst ausschließlich Kosten, die anlässlich der vom Gesundheitsamt angebotenen Untersuchung und Behandlung einer Tuberkulose nach § 19 Abs. 1 IfSG entstehen. Derartige Kosten sind vorliegend nicht streitgegenständlich. Die Klägerin begehrt vielmehr die Erstattung von Kosten für Absonderungsmaßnahmen im Sinne des § 30 Abs. 1 IfSG bzw. § 37 Abs. 1 BSeuchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 18.12.1979 (BGB l. I S. 2262, 1980 I S. 151), zuletzt geändert durch Art. 2 § 37 des SeuchRNeuG.

Ein Anspruch auf Kostenerstattung folgt ferner nicht aus § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IFSG i.V.m. mit § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung der Kosten nach dem Infektionsschutzgesetz - KoG-IfSG - (Gesetz vom 5.12.2000, GV. NRW. 2000 S. 756) bzw. § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG i.V.m. § 45 OBG. Zwar liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Kostenerstattung vor, die Beklagte ist aber nicht Kostenschuldnerin.

Das Vorliegen eines Anspruchs auf Erstattung der anlässlich der Absonderung der Patientin A entstandenen Kosten in Höhe von 4.970,02 DM bestimmt sich nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG, da die Absonderung vor dem in Kraft treten des IfSG am 1.1.2001 in der Zeit vom 11. bis zum 24.11.2000 erfolgte.

Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG sind die Kosten für die Durchführung von Schutzmaßnahmen nach den §§ 36 und 37 BSeuchG aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten, soweit nicht auf Grund anderweitiger gesetzlicher Vorschriften oder auf Grund Vertrages Dritte zur Kostentragung verpflichtet sind. Letzteres ist hier nicht der Fall.

Das Bundesverwaltungsgericht, BVerwG, Urteil vom 2.3.1977 - I C 36.70 - BVerwGE 52, 132, hat zu § 62 Abs. 1 Satz 1 Buchst. d BSeuchenG vom 18.7.1961 (BGBl. I S. 1012, berichtigt S. 1300) in der Änderungsfassung vom 23.1.1963 (BGBl. I S. 57) ausgeführt, dass mit der Bestimmung, dass die Kosten der Durchführung von Schutzmaßnahmen nach § 37 BSeuchG subsidiär aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten sind, die Kostenlast für diese Maßnahme nicht lediglich objektiv normiert werde mit der Folge, dass die durch diese Vorschrift bewirkten Begünstigungen bloße - als solche nicht einklagbare - Reflexwirkungen des objektiven Rechts und seiner Befolgung durch die öffentliche Hand wären. Vielmehr regele diese Vorschrift die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Abgesonderten, den sonst zur Durchführung einer Absonderung herangezogenen Personen und dem zur Bestreitung der Absonderungskosten verpflichteten Kostenträger mit unmittelbarer Verbindlichkeit in der Weise, dass der Abgesonderte Freistellung von den bei ihm oder anderen entstandenen Absonderungskosten verlangen könne, und auch die zur Absonderung sonst herangezogenen Personen bei Vorliegen der erforderlichen sachlichen Voraussetzungen Ersatz der ihnen durch diese hoheitliche Inanspruchnahme entstandenen Aufwendungen kraft Gesetzes unmittelbar aus eigenem Recht beanspruchen könnten. § 62 Abs. 1 Satz 1 Buchst. d BSeuchG schließe insofern den Abgesonderten als möglichen Kostenschuldner aus und setze den öffentlichen Kostenträger an dessen Stelle.

Die Ausführungen gelten entsprechend für § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG, da die redaktionelle Änderung, die § 62 Abs. 1 Satz 1 Buchst. d BSeuchG durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes vom 18.12.1979 (BGBl. I S. 2248) erfahren hat, den Regelungsgehalt unberührt gelassen hat.

Vgl. BT-Drucksache 8/2468 S. 32.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG liegen vor. Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten in Höhe von 4.970,03 DM sind Kosten, die die Klägerin im Rahmen des hoheitlichen Vollzuges des Bundes-Seuchengesetzes zum Zwecke der Absonderung der Patientin erbracht hat. Insoweit ist erforderlich, dass die Klägerin von dem hier allein tätig gewordenen Gesundheitsamt des Beigeladenen zu 2. als zuständige Behörde in Anspruch genommen wurde, die von der Klägerin erbrachten kostenverursachenden Krankenhausleistungen mithin von diesem zum Zwecke des Vollzuges des § 37 BSeuchG veranlasst worden sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.1977- I C 36.70 -, a.a.O.

Wegen der gesetzlichen Anknüpfung an die "Durchführung von Schutzmaßnahmen" setzt § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG keine besondere Vollzugsform voraus, insbesondere ist der Erlass einer förmlichen Absonderungsanordnung nicht erforderlich. Eine hoheitliche Inanspruchnahme im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG liegt schon dann vor, wenn die Absonderung zwischen der Behörde und dem zur Durchführung der Absonderung in Anspruch Genommenen anderweitig einvernehmlich geregelt wurde oder eine Person sich dem ihm gegenüber mit hinreichender Deutlichkeit und Bestimmtheit geäußerten Willen der Behörde unterordnet und die von dieser für erforderlich gehaltenen und gewünschten Maßnahmen vornimmt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.1977 - I C 36.70 -, a.a.O.; Erdle, Infektionsschutzgesetz, Kommentar, 3. Auflage, § 69 IfSG Anm. 7).

Das Gesundheitsamt des Beigeladenen zu 2. hat die Klägerin in diesem Sinne im Rahmen des Vollzuges des Bundes-Seuchengesetzes zur Durchführung der Absonderung (§ 37 Abs. 1 Satz 2 BSeuchG) der an Tuberkulose erkrankten (§ 2 Nr. 1 BSeuchG), aber keine stationäre Heilbehandlung benötigenden Patientin hoheitlich in Anspruch genommen und dadurch die Entstehung der streitigen Kosten verursacht. Zwar hat der Beigeladene zu 2. die Klägerin mit den Schreiben nicht ausdrücklich ersucht, die Patientin weiter stationär zu behandeln. Allerdings reagierte der Beilgeladene zu 2. mit seinem Schreiben, wonach es amtsärztlicherseits für unbedingt notwendig erachtet werde, dass die Patientin noch weiterhin unter stationären Bedingungen isoliert behandelt werde, auf das Fax der Klägerin. In diesem hatte die Klägerin unter Hinweis auf die unklare Kostenlage und die anstehende Entlassung der Patientin das Gesundheitsamt ausdrücklich um Mitteilung gebeten, ob aus seuchenhygienischen Gründen eine weitere stationäre oder ambulante Behandlung erfolgen solle. Der Klägerin kam es damit auch für den Beigeladenen zu 2. ersichtlich darauf an, von dem Gesundheitsamt als Fachbehörde eine verbindliche Entscheidung über den weiteren Verbleib der Patientin zu erlangen. Angesichts dessen ist dem Schreiben des Beigeladenen zu 2. klar und unmissverständlich zu entnehmen, dass es seinem Willen entsprach, die Patientin über den 10.11.2000 hinaus wegen der nach wie vor bestehenden offenen Lungentuberkulose aus seuchenhygienischen Gründen stationär zu behandeln. Bestätigt wird dies durch die amtsärztlich attestierte "unbedingte Notwendigkeit" der weiteren stationären Behandlung, mit der der Beigeladene zu 2. gegenüber der Klägerin zum Ausdruck brachte, dass eine Entlassung, die die Klinik wegen der nicht mehr erforderlichen stationären Heilbehandlung in Aussicht gestellt hatte, aus seuchenhygienischen Gründen nicht zu verantworten war. Mit Schreiben vom 21.11.2000 wies der Beigeladene zu 2. nochmals auf die seiner Ansicht nach aus seuchenhygienischen Gründen weiterhin erforderliche stationäre Behandlung der Patientin hin. In dem Schreiben heißt es zwar lediglich, der weitere Aufenthalt werde "befürwortet". Wegen des zugleich erfolgten Hinweises, dass sich hinsichtlich der Befunde keine wesentliche Änderung ergeben habe, ist jedoch auch dieser Erklärung unmissverständlich zu entnehmen, dass die Patientin nicht entlassen, sondern aus seuchenhygienischen Gründen von der Klägerin weiter stationär behandelt werden sollte.

Dass die Klägerin die Schreiben des Beigeladenen zu 2. letztlich auch als verbindliche Erklärungen verstanden hat, bestätigen ihre Schreiben vom 23.7.2001, in denen sie u.a. auf die "Anweisung" des Beigeladenen zu 2. Bezug nimmt. Der Umstand, dass die Patientin gleichwohl vorzeitig am 24.11.2000 entlassen wurde, steht der Annahme, die bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte stationäre Betreuung sei von der Klägerin auf Veranlassung des Beigeladenen zu 2. erfolgt, nicht entgegen, da die Entlassung wegen der nicht geklärten Kostenübernahme erfolgte.

Letztlich spricht auch nichts dafür, dass das Gesundheitsamt, das als Fachbehörde seinerzeit alleiniger Ansprechpartner der Klägerin war, - unabhängig von etwaigen Kostenfragen - tatsächlich nicht beabsichtigte, den weiteren Aufenthalt der Patientin in der Klinik sicherzustellen. Dies ist letztlich auch vom Beigeladenen zu 2. nicht behauptet worden.

Die beanspruchten Kosten sind - wie nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG erforderlich - auf Veranlassung einer zum Vollzug des Bundes-Seuchengesetzes grundsätzlich ermächtigten Behörde entstanden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.1977 - I C 36.70 -, a.a.O.

Der Beigeladene zu 2. ist gemäß § 77 Abs. 1 BSeuchG i.V.m. § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 30 Abs. 2 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst vom 25.11.1997 (GV.NRW. 1997, S. 430), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1.3.2005 (GV.NRW. S. 190), Träger des öffentlichen Gesundheitsdienstes und führt für seine untere Gesundheitsbehörde die Bezeichnung "Gesundheitsamt". Nach § 10 Abs. 6 BSeuchG wirkt das Gesundheitsamt des Beigeladenen zu 2. an Entscheidungen der zuständigen Behörden nach § 10 Abs. 1 BSeuchG mit, nach § 10 Abs. 7 Satz 1 BSeuchG kann es bei Gefahr im Verzug eigene Anordnungen treffen.

In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die für das Eingreifen des Gesundheitsamtes nach § 10 Abs. 7 Satz 1 BSeuchG erforderliche Gefahr im Verzug tatsächlich vorgelegen hat. Ebenso kann dahinstehen, ob die Absonderung im Übrigen den Anforderungen des § 37 Abs. 1 Satz 2 BSeuchG genügte, insbesondere ob sie, was von der Beklagten in Abrede gestellt wird, zur Gefahrenabwehr erforderlich und geeignet war. Da der Kostenanspruch aus § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG seine Rechtfertigung in der hoheitlich verursachten Durchführung von Schutzmaßnahmen findet und diese hoheitliche Verursachung unabhängig davon gegeben ist, ob die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Tätigwerden der veranlassenden Behörde und die Durchführung der gesetzlich vorgesehenen Schutzmaßnahme im jeweiligen Einzelfall tatsächlich vorgelegen haben, gehen Fehler beim Gesetzesvollzug kostenrechtlich zu Lasten des für den Gesetzesvollzug verantwortlichen Vollzugsträgers.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.1977 - I C 36.70 -, a.a.O..

Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Kostenerstattung vor, scheitert der Anspruch letztlich auch nicht an der Art der geltend gemachten Kosten. Zu erstatten sind die durch die Absonderung als solche verursachten, aus-scheidbaren Kosten, nicht aber diejenigen für ambulante oder stationäre Heilbehandlungen. Letztere werden vom Bundes-Seuchengesetz nicht erfasst, da Heilbehandlungen nicht angeordnet werden dürfen (§ 34 Abs. 1 Satz 3 BSeuchG). Erfolgt die Absonderung - wie hier - ausschließlich aus seuchenhygienischen Gründen, sind die in Form von Tagespflegesätzen anfallenden pauschalen Krankenhauskosten nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG erstattungsfähige Absonderungskosten, und zwar unabhängig davon, ob im Einzelfall auch ärztliche Leistungen erbracht und Medikamente verabreicht wurden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.1977 - I C 36.70 -, a.a.O.; Hess VGH, Urteil vom 19.6.1969 - OE 56/67 -, VerwRspr 21, 871; BayVGH, Urteil vom 28.6.1971 - Nr. 28 V 68, VerwRspr. 23, 877; Bales/Baumann/Schnitzler, Infektionsschutzgesetz, 2. Aufl. 2003, § 69 Rdnr. 9; Erdle, a.a.O., § 69 Anm. 7).

Die Klage hat jedoch deshalb keinen Erfolg, weil die Klägerin ihren an sich gegebenen Kostenerstattungsanspruch nicht gegen den richtigen Kostenschuldner gerichtet hat. Wer Kosten im Sinne des § 62 Abs. 1 BSeuchG schuldet, folgt nicht aus dem Bundes-Seuchengesetz.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 12.1.1970 - V C 99.69 -, ZfSH 1970, 183, und vom 11.11.1970 - V C 25.70 -, ZfSH 1971, 30; OVG NRW, Urteil vom 4.4.1970 - XI A 883/69 -, FEVS 18, 143.

§ 62 Abs. 2 BSeuchG enthält insoweit einen klarstellenden Regelungsvorbehalt für die Länder zur näheren Ausgestaltung der Kostenträgerschaft für die zur Leistung der Aufgaben nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG erforderlichen Mittel.

Vgl. Bales/Baumann/Schnitzler, a.a.O., § 69 Rdnr. 12; Erdle, a.a.O., § 69 Anm. 9); Kraßnig, ZfSH 1969, 591.

Wer die Kosten zu tragen hat, bestimmt sich landesrechtlich nach § 45 OBG, da im Seuchenrecht die einschlägigen Vorschriften des Rechts der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ergänzend anwendbar sind.

Vgl. BT-Drucksache 3/1888, S. 21; Erdle, a.a.O., Allgemeines zu §§ 16,17, S. 46; OVG NRW, Urteil vom 4.4.1970 - XI A 883/69 -, a.a.O.; vgl. ferner Nr. 3.3.5 des RdErl. des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW zur Ausführung des Bundes-Seuchengesetzes vom 4.2.1981 - V C 2 - 0200.131- (MBl. NRW.1981, S. 378).

Spezialgesetzliche Regelungen finden keine Anwendung. Das Gesetz zur Regelung der Kosten nach dem Infektionsschutzgesetz fand während des hier maßgeblichen Zeitraums im November 2000 noch keine Anwendung. Spezielle Kostenregelungen zum Bundes-Seuchengesetz sind überdies auch in der Verordnung über die Zuständigkeiten nach dem Bundesseuchengesetz vom 4.2.1981 (GV.NRW. S. 54) zuletzt geändert durch Verordnung vom 2.5.1995 (GV.NRW. S. 381) nicht enthalten.

Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 OBG tragen die Kosten, die durch die Tätigkeit der Kreisordnungsbehörden und der örtlichen Ordnungsbehörden entstehen, die Kreise, die kreisfreien Städte und die Gemeinden. Die Kostentragungspflicht knüpft hiernach grundsätzlich an das Tätigwerden der eingreifenden Behörde an. Der Träger einer jeden Behörde trägt die Kosten der von dieser eingeleiteten und durchgeführten Maßnahme.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.2.1971 - III A 1400/68 -, OVGE 26,183; Rietdorf/Heise/ Böckenförde /Strehlau, Ordnungs- und Polizeirecht in Nordrhein-Westfalen - Kommentar -, 2. Aufl. 1972, § 48 Rdnr. 3; vgl. auch Nr. 45.1 der Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Ordnungsbehördengesetzes - VV OBG -, RdErl. des Innenministers vom 4.9.1980 - I B 3/10.10.14 -, MBl. NRW. 1980, S. 2114, zuletzt geändert am 26.10.2006, MBl. NRW. 2006 S. 540.

Eine Maßnahme der Beklagten liegt nicht vor. Die Beklagte wäre zwar gemäß § 77 Abs. 1 BSeuchG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Bundes-Seuchengesetz die für die Anordnung von Schutzmaßnahmen nach § 37 BSeuchG örtlich zuständige Behörde gewesen. Örtlich zuständig ist nach § 4 Abs. 1 OBG die Ordnungsbehörde, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. Anders als § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG NRW), wonach die Behörde in Angelegenheiten, die eine natürliche Person betreffen, örtlich zuständig ist, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte, knüpft die besondere ordnungsrechtliche Zuständigkeit des § 4 OBG daran an, wo sich die Handlung, auf die sich die Ordnungspflicht bezieht, ordnungswidrig auswirkt und abgewendet werden soll.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10.2.1999 - 13 B 2747/98 - und vom 2.4.1998 - 13 B 1560/97 -, NVwZ 1999, 562.

Da die Absonderung darauf abzielte, die Familienangehörigen der Patientin vor einer möglichen Ansteckung zu schützen, führt dies zu einer Zuständigkeit der Beklagten. Die Beigeladene zu 1. war demgegenüber örtlich unzuständig. Eine beschränkte örtliche Zuständigkeit der Beigeladenen zu 1. wäre allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn der Eintritt einer weiteren Gefährdung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre und die Absonderung deren Verhinderung bezweckt hätte. Hierfür ist aber nichts vorgetragen worden. Ein Fall des § 4 Abs. 2 OBG, in dem eine aufsichtsbehördliche Zuständigkeitsbestimmung zweckmäßig gewesen wäre, lag nicht vor.

Hat die Beklagte keine eigene Amtshandlung getätigt, kann ihr die Maßnahme des Beigeladenen zu 2. auch nicht in Anwendung des § 10 Abs. 7 Satz 4 BSeuchG als eigene zugerechnet werden mit der Folge, dass sie gemäß § 45 OBG zur Kostentragung verpflichtet wäre. Grundsätzlich gilt zwar, dass eine auf Grund einer außerordentlichen Zuständigkeit getroffene Maßnahme eine solche derjenigen Behörde bleibt, die sie getroffen hat.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.2.1971 - III A 1400/68 -, a.a.O., Rietdorf/Heise/ Böckenförde/Strehlau, a.a.O., § 48 Rdnr. 3; vgl. ferner Nr. 6.12 VV OBG, a.a.O.

Demgemäß sind auch Rechtsbehelfe nicht gegen die an sich zuständige Behörde, sondern gegen die Behörde zu richten, die auf Grund ihrer außerordentlichen Zuständigkeit die Maßnahme angeordnet hat.

Gegenüber den allgemeinen Regelungen stellt § 10 Abs. 7 Satz 4 BSeuchG eine Ausnahmeregelung des Inhalts dar, dass eine in Anwendung der außerordentlichen ("Eil"-)Zuständigkeit getroffene Maßnahme des Gesundheitsamtes ausnahmsweise dann als von der zuständigen Behörde getroffene Maßnahme gilt, wenn diese vom Gesundheitsamt über die getroffene Anordnung unverzüglich unterrichtet worden ist und die Anordnung nicht innerhalb von zwei Arbeitstagen seit ihrem Erlass aufgehoben hat. Liegen die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 7 Satz 1 und 2 BSeuchG nicht vor und greift damit die Fiktion des § 10 Abs. 7 Satz 4 BSeuchG nicht ein, verbleibt es bei der im Normalfall im Ordnungsrecht geltenden Regelung. Dies bedeutet, dass die Anordnung eine Maßnahme der Behörde bleibt, die sie getroffen hat.

Vgl. zu § 35 Abs. 1 BSeuchG in der Fassung vom 18.7.1961 - OVG NRW, Urteil vom 17.2.1971 - III A 1400/68 -, a.a.O.

Die mit § 10 Abs. 7 BSeuchG bezweckte klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten, vgl. BT-Drucksache 3/1888 S. 22, der wegen der Kostenfolgen und der Frage, gegen welchen Rechtsträger Rechtsmittel zu richten sind, eine über den behördeninternen Bereich hinausgehende Bedeutung zukommt, verbietet es, die in § 10 Abs. 7 Satz 2 BSeuchG enthaltende Unterrichtungspflicht Dritten gegenüber als unerhebliche Verfahrensregelung zu bewerten. Als unerhebliche Verfahrensregelung stellt sie sich auch behördenintern nicht dar. § 10 Abs. 7 BSeuchG verhindert, dass sich die Regelung des § 45 OBG im Bereich der Seuchenbekämpfung initiativ lähmend auswirkt. Die für den Eintritt der Fiktionswirkung zwingend erforderliche unverzügliche Unterrichtung der örtliche Ordnungsbehörde gewährleistet zugleich, dass die örtlichen Ordnungsbehörden nicht mit Kosten von Maßnahmen belastet werden, die das Gesundheitsamt in Wahrnehmung seiner Eilkompetenz ohne deren Kenntnis und Billigung veranlasst hat. Ist die örtlich zuständige Behörde hingegen von der Anordnung des Gesundheitsamtes unverzüglich in Kenntnis gesetzt worden und hatte sie die Möglichkeit, diese Anordnung aufzuheben oder zu ändern, ist es gerechtfertigt, ihr wegen der nunmehr bestehenden eigenen Sachherrschaft die mit der Fiktionswirkung verbundene Kostenlast aufzubürden.

Die Voraussetzungen der § 10 Abs. 7 Satz 4 BSeuchG liegen nicht vor, weil der Beigeladene zu 2. die Beklagte nicht unverzüglich von den angeordneten Absonderungsmaßnahmen in Kenntnis gesetzt hat. Die Beklagte wurde vielmehr erstmals mit Schreiben des Beigeladenen zu 2. vom 9.8.2001 über den Sachverhalt informiert.

Eine unverzügliche Unterrichtung war auch nicht entbehrlich. Sie war insbesondere nicht deshalb entbehrlich, weil der Beigeladene zu 2. gegenüber der Klägerin keinen Verwaltungsakt erlassen hat. Wie der Zusammenhang mit § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG zeigt, liegt eine Maßnahme bzw. Anordnung auch dann vor, wenn das Gesundheitsamt - in welcher Form auch immer - Dritte zu einem seuchenrechtlich relevanten Tätigwerden veranlasst. Auch in diesen Fällen ist die von § 10 Abs. 7 BSeuchG bezweckte klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten, insbesondere zwecks Vermeidung unbilliger Kostenfolgen, unerlässlich.

Unerheblich ist, ob der Beigeladene zu 2. seinen Schreiben eine die Unterrichtungspflicht auslösende Rechtserheblichkeit im Sinne des § 10 Abs. 7 BSeuchG beigemessen hat. Eine etwaige Fehlvorstellung wirkt sich nicht zu Lasten der Beklagten aus.

Zweifelhaft ist überdies, ob die nach § 10 Abs. 7 Satz 1 BSeuchG erforderliche Gefahr im Verzug vorgelegen hat. Eine Gefahr im Verzug wäre nur anzunehmen gewesen, wenn ein rechtzeitiges Eingreifen der zuständigen Behörde zur Gefahrenabwehr nicht mehr möglich gewesen wäre und ohne ein sofortiges Eingreifen der an sich zuständigen Stelle der Erfolg der notwendigen Maßnahmen erschwert oder vereitelt worden wäre.

Vgl. BT-Drucksache 3/1888 S. 49; BVerwG, Urteil vom 15.12.1983 - 3 C 27.82 -, BVerwGE 68, 267; OVG NRW, Urteil vom 27.2.1996 - 5 A 2856/92 -, NWVBl. 1996, 391.

Allerdings ist der Begriff der Gefahr im Verzug im Rahmen des § 10 Abs. 7 Satz 1 BSeuchG nicht zu eng auszulegen, um zu verhindern, dass die unverzügliche Gefahrenabwehr an der Aufteilung der sachlichen Zuständigkeiten innerhalb der Gesundheitsverwaltung scheitert.

Vgl. Erdle, a.a.O., § 16 Anm. 9).

Ob eine Gefahr im Verzug damit - wie vom VG angenommen - zumindest unter dem Gesichtspunkt einer hypothetischen Untätigkeit der Beklagten anzunehmen gewesen wäre, ist fraglich, bedarf aber letztlich keiner weiteren Erörterung, da es bereits an der unverzüglichen Unterrichtung der Beklagten fehlt.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ebenfalls kein Kostenerstattungsanspruch für die anlässlich der stationären Behandlung der Patientin B entstandenen Kosten in Höhe von 8.790,25 DM zu. Maßgeblich für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs auf Kostenerstattung für die anlässlich der Absonderung der Patientin in der Zeit vom 5.1. bis zum 30.1.2001 entstandenen Kosten ist § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG.

§ 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG entspricht dem § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG.

Vgl. BT-Drucksache 14/2530, S. 89; Bales/ Baumann /Schnitzler, a.a.O, § 69 Rdnr. 8.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch liegen vor. Bei den Kosten der von der Klägerin erbrachten Krankenhausleistungen handelt es sich um Kosten für die Durchführung von Schutzmaßnahmen im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG. Die kostenverursachende Krankenhausleistung ist von der Klägerin im Rahmen des hoheitlichen Vollzugs des Infektionsschutzgesetzes zum Zwecke der Absonderung der Patientin erbracht worden. Insoweit gelten die zu § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG dargelegten Grundsätze entsprechend. Eine hoheitliche Inanspruchnahme der Klägerin liegt vor, weil diese auf Grund des Schreibens des Beigeladenen zu 2. vom 3.1.2000 veranlasst wurde, die Patientin nicht zu entlassen, sondern aus seuchenhygienischen Gründen weiter stationär zu behandeln. Der Beigeladene zu 2. hatte in seinem an die Klägerin gerichteten Schreiben dargelegt, dass es aus seuchenhygienischer Sicht nicht zu verantworten sei, die Patientin zu entlassen. Dies musste die Klägerin - auch für den Beigeladenen zu 2. erkennbar - wegen der zu Heilbehandlungszwecken nicht mehr erforderlichen stationären Behandlung als Ersuchen verstehen, diese aus seuchenhygienischen Gründen weiter stationär zu behandeln.

Allerdings ist die Beklagte auch insoweit nicht Kostenschuldnerin. Wer Kostenschuldner ist, bestimmt gemäß § 69 Abs. 2 IfSG das Landesrecht. Gemäß § 2 Abs. 2 KoG-IfSG tragen die Städte und Gemeinden die Kosten für Schutzmaßnahmen nach §§ 29 und 30 IfSG, soweit sie - was hier nicht der Fall ist - nicht nach § 30 Abs. 7 IfSG das Land zu tragen hat. Ausweislich der Gesetzesbegründung geht der Gesetzgeber davon aus, dass § 45 OBG weiter Geltung beansprucht und sich durch § 2 Abs. 2 KoG-IfSG keine Änderungen zur bisherigen Rechtslage ergeben.

Vgl. LT-Drucksache 13/310, S. 5.

Kostenpflichtig ist danach weiterhin der Träger der Behörde, die tätig geworden ist. Dies ist der Beigeladene zu 2. Die Voraussetzungen, wonach der Beklagten die Anordnungen des Beigeladenen zu 2. als eigene gemäß § 16 Abs. 7 Satz 4 IfSG zugerechnet werden, liegen auch insoweit nicht vor. Die Beklagte ist nicht von den Anordnungen des Beigeladenen zu 2. in Kenntnis gesetzt worden. Insoweit entspricht § 16 Abs. 7 IfSG den Regelungen des § 10 Abs. 7 BSeuchG.

Vgl. BT-Drucksache 14/2530, S. 69.

Ein Kostenerstattungsanspruch lässt sich gegenüber der Beklagten auch nicht auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über eine Geschäftsführung ohne Auftrag §§ 677 ff. BGB, sogenannte öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag, stützen.

Die Bestimmungen der GoA sind zwar im öffentlichen Recht grundsätzlich anwendbar.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 6.9.1988 - 4 C 5.86 -, BVerwGE 80, 170 sowie Beschluss vom 3.11.2006 - 5 B 40.06 -, juris; OVG NRW Urteil vom 16.2.2007 - 9 A 4239/04 -, juris.

Mit Blick auf §§ 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSeuchG, § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG fehlt es aber an einer zur entsprechenden Anwendung erforderlichen planwidrigen Lücke.

Vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Beschluss vom 28.3.2003 - 6 B 22.03 -, Buchholz 442.066 § 53 TKG Nr. 2.

Die Klage ist schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs begründet. Der als eigenständiges Rechtsinstitut des allgemeinen Verwaltungsrechts anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist dadurch gekennzeichnet, dass eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage durch Erstattung auszugleichen, d.h. der beim Begünstigten zu Unrecht bestehende Vermögensvorteil abzuschöpfen ist. Eine solche Begünstigung ist bei der Beklagten jedoch nicht eingetreten.

Ende der Entscheidung

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