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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 05.12.2007
Aktenzeichen: 13 A 932/05
Rechtsgebiete: IfSG, KoG-IfSG


Vorschriften:

IfSG § 16
IfSG § 30
IfSG § 69
KoG-IfSG § 2 Abs. 2
Gegenüber den allgemeinen Regelungen stellt § 16 Abs. 7 Satz 4 IfSG eine Ausnahmeregelungen des Inhalts dar, dass eine in Anwendung der außerordentlichen ("Eil"-)Zuständigkeit getroffene Maßnahme des Gesundheitsamtes ausnahmsweise dann als von der zuständigen Behörde getroffene Maßnahme gilt, wenn diese vom Gesundheitsamt über die getroffene Anordnung unverzüglich unterrichtet worden ist und die Anordnung nicht innerhalb von zwei Arbeitstagen seit ihrem Erlass aufgehoben hat.

Die mit § 16 Abs. 7 IfSG bezweckte klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten verbietet es, die Unterrichtungspflicht Dritten gegenüber als unerhebliche Verfahrensregelung zu bewerten.

Die Unterrichtung setzt voraus, dass die zuständige örtliche Ordnungsbehörde über die vom Gesundheitsamt konkret angeordnete Maßnahme in Kenntnis gesetzt wird.


Tatbestand:

Die Klägerin ist Trägerin eines Fachkrankenhauses im Stadtgebiet der Beigeladenen zu 1. In diesem wurde ein aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten stammender und an offener Lungentuberkulose erkrankter Patient behandelt. Nach der im Krankenhaus erfolgten Umstellung auf eine orale Therapie lehnte die gesetzliche Krankenkasse die Kostenübernahme für eine weitere stationäre Behandlung unter Hinweis auf die mögliche ambulante Weiterbehandlung ab.

Das von der Klägerin über die Erkrankung informierte Kreisgesundheitsamt des Beigeladenen zu 2. teilte der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. mit, dass aus amtsärztlicher Sicht eine Weiterbehandlung aus seuchenhygienischen Gründen erforderlich sei. Es bat diese, die örtliche Zuständigkeit abzuklären. Sowohl die Beigeladene zu 1. als auch die Beklagte verneinten ihre Zuständigkeit. Wegen mehrerer an die Klägerin gerichteter Schreiben des Kreisgesundheitsamtes, in dem dieses auf eine erforderliche weitere stationäre Behandlung aus seuchenhygienischen Gründen hinwies, wurde der Patient stationär weiterbehandelt.

Mit der Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der entstandenen Kosten mit der Begründung, die stationäre Absonderung sei zum Schutz der im Zuständigkeitsbereich der Beklagten lebenden Familienangehörigen des Patienten erforderlich gewesen. Die Beklagte lehnte die Kostenerstattung unter Hinweis auf die örtliche Zuständigkeit der Beigeladenen zu 1. ab. Sie bestritt die Notwendigkeit der stationären Unterbringung und bemängelte, von dem Beigeladenen zu 2. nicht in das Verfahren eingebunden worden zu sein.

Das VG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten wurde das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen.

Gründe:

Die Berufung hat Erfolg. Das VG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die von der Klägerin in zulässiger Weise erhobene Leistungsklage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Kostenübernahmeanspruch. Ein Anspruch auf Übernahme der anlässlich der Absonderung des Patienten in der Zeit vom 5.12.2001 bis zum 6.3.2002 entstandenen Kosten folgt weder aus spezialgesetzlichen Vorschriften noch besteht er als Aufwendungsersatzanspruch gemäß einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag oder als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch.

§ 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 IfSG scheidet als spezialgesetzliche Regelung für das Kostenerstattungsbegehren aus. § 19 Abs. 2 IfSG erfasst Kosten, die anlässlich der Untersuchung und Behandlung einer Tuberkulose nach § 19 Abs. 1 IfSG entstanden sind. Derartige Kosten sind aber nicht streitgegenständlich. Die Klägerin begehrt vielmehr die Erstattung von Kosten für Absonderungsmaßnahmen im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG.

Ein Anspruch auf Kostenerstattung folgt ferner nicht aus § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG i.V.m. mit § 2 Abs. 2 KoG-IfSG (Gesetz vom 5.12.2000, GV. NRW. S. 756).

Zwar liegen die Tatbestandsvoraussetzungen bezogen auf die in der Zeit vom 13.12.2001 bis zum 6.3.2002 angefallenen Absonderungskosten vor, die Beklagte ist aber nicht Kostenschuldnerin.

Das BVerwG, BVerwG, Urteil vom 2.3.1977 - I C 36.70 - BVerwGE 52, 132, hat zu § 62 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d BSeuchenG in der Fassung des Gesetzes vom 18.7.1961 (BGBl. I S. 1012, berichtigt S. 1300) und vom 23.1.1963 (BGBl. I S. 57) ausgeführt, dass mit der Bestimmung, dass die Kosten der Durchführung von Schutzmaßnahmen nach § 37 BSeuchG subsidiär aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten sind, die Kostenlast für diese Maßnahme nicht lediglich objektiv normiert werde mit der Folge, dass die durch diese Vorschrift bewirkten Begünstigungen bloße - als solche nicht einklagbare - Reflexwirkungen des objektiven Rechts und seiner Befolgung durch die öffentliche Hand wären. Vielmehr regele diese Vorschrift die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Abgesonderten, den sonst zur Durchführung einer Absonderung herangezogenen Personen und dem zur Bestreitung der Absonderungskosten verpflichteten Kostenträger mit unmittelbarer Verbindlichkeit in der Weise, dass der Abgesonderte Freistellung von den bei ihm oder anderen entstandenen Absonderungskosten verlangen könne, und auch die zur Absonderung sonst herangezogenen Personen bei Vorliegen der erforderlichen sachlichen Voraussetzungen Ersatz der ihnen durch diese hoheitliche Inanspruchnahme entstandenen Aufwendungen kraft Gesetzes unmittelbar aus eigenem Recht beanspruchen könnten. § 62 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d BSeuchG schließe insofern den Abgesonderten als möglichen Kostenschuldner aus und setze den öffentlichen Kostenträger an dessen Stelle.

Die Ausführungen gelten entsprechend für § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG, weil die zwischenzeitlich erfolgten redaktionellen Änderungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d BSeuchG dessen Inhalt unberührt gelassen haben.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5.12.2007 im Parallelverfahren - 13 A 931/05 -.

Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG sind die Kosten für die Durchführung von Schutzmaßnahmen nach den §§ 29 und 30 IfSG aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten, soweit nicht auf Grund anderweitiger gesetzlicher Vorschriften oder auf Grund Vertrages Dritte zur Kostentragung verpflichtet sind. Letzteres ist hier nicht der Fall.

§ 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG setzt zunächst voraus, dass die von der Klägerin geltend gemachten Kosten im Rahmen des hoheitlichen Vollzuges des § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG erbracht wurden, die Klägerin mithin von dem hier allein tätig gewordenen Gesundheitsamt des Beigeladenen zu 2. als zuständige Behörde in Anspruch genommen wurde und die kostenverursachenden Krankenhausleistungen von diesem veranlasst wurden.

Vgl. zu den Voraussetzungen BVerwG, Urteil vom 2.3.1977- I C 36.70 -, a.a.O.; vgl. zu allem ferner OVG NRW, Urteil vom 5.12.2007 - 13 A 931/05 -.

Wegen der gesetzlichen Anknüpfung an die "Durchführung von Schutzmaßnahmen" setzt § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG keine besondere Vollzugsform voraus, insbesondere ist der Erlass einer förmlichen Absonderungsanordnung nicht erforderlich. Eine hoheitliche Inanspruchnahme im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG liegt schon dann vor, wenn die Absonderung zwischen der Behörde und dem zur Durchführung der Absonderung in Anspruch Genommenen anderweitig einvernehmlich geregelt wurde oder eine Person sich dem ihm gegenüber mit hinreichender Deutlichkeit und Bestimmtheit geäußerten Willen der Behörde unterordnet und die von dieser für erforderlich gehaltenen und gewünschten Maßnahmen vornimmt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.1977 - I C 36.70 -, a.a.O.; Erdle, Infektionsschutzgesetz, Kommentar, 3. Auflage, § 69 IfSG Anm. 7).

Das Gesundheitsamt des Beigeladenen zu 2. hat die Klägerin in diesem Sinne im Rahmen des Vollzuges des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen zur Durchführung der Absonderung (§ 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG) des an Tuberkulose erkrankten (§ 2 Nr. 4 IfSG), aber keine stationäre Behandlung mehr benötigenden Patienten hoheitlich in Anspruch genommen. Der Beigeladene zu 2. hat die Klägerin zwar nicht ausdrücklich zur weiteren stationären Unterbringung des Patienten aufgefordert. Allerdings musste das von dem Beigeladenen zu 2. an die Klägerin gefaxte Schreiben der Klinik - für den Beigeladenen zu 2. erkennbar - Veranlassung geben, von der wegen der begrenzten Kostenzusage der Krankenkasse ansonsten beabsichtigten Entlassung des Patienten abzusehen. Der Beigeladene zu 2. hat mit seiner der Klägerin zur Kenntnis gegebenen Erklärung, wonach ein weiterer stationärer Aufenthalt nicht nur empfehlenswert, sondern amtsärztlicherseits unbedingt angezeigt war, zu erkennen gegeben, dass er eine Entlassung des Patienten für nicht vertretbar hielt. Diesem Hinweis musste die Klägerin bei verständiger Würdigung entnehmen, dass der Beigeladene zu 2. auf jeden Fall den weiteren Verbleib des Patienten sicherstellen wollte, zumal die Zuständigkeit der örtlichen Ordnungsbehörden noch ungeklärt war und von diesen deshalb nicht die erforderlichen Anordnungen zu erwarten waren.

Vgl. zur Auslegung von Verfügungen OVG NRW, Beschluss vom 21.7.2005 - 13 B 498/05 - .

Ein solches Verständnis wird bestätigt durch die in der Folgezeit unmittelbar an die Klägerin gerichteten Schreiben. Im Hinblick auf die nach wie vor ungeklärte Zuständigkeit sah sich das Gesundheitsamt offensichtlich weiterhin verpflichtet, die stationäre Behandlung des Patienten zu gewährleisten. Eine solche war wegen der von der Klägerin mit Schreiben dem Beigeladenen zu 2. in Aussicht gestellten Entlassung nicht gesichert. Soweit der Beigeladene zu 2. die Klägerin darauf hingewiesen hat, nicht Kostenträger zu sein, ist dies unerheblich. Dem Beigeladenen zu 2. kam es ersichtlich - unabhängig von der noch zu klärenden Kostenfrage - darauf an, den seiner Ansicht nach dringend notwendigen weiteren Verbleib des Patienten im Krankenhaus zu veranlassen.

Die beanspruchten Kosten sind - wie nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG erforderlich - von dem Beigeladenen zu 2. als einer zum Vollzug des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen ermächtigten Behörde entstanden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.1977 - I C 36.70 -, a.a.O.

Der Beigeladene zu 2. ist nach § 54 IfSG i.V.m. § 1 Abs. 1 ZVO-IfSG (Verordnung vom 28.11.2000 GV.NRW., S. 701) als untere Gesundheitsbehörde "Gesundheitsamt" im Sinne des § 2 Nr. 14 IfSG. Nach § 16 Abs. 6 IfSG wirkt das Gesundheitsamt des Beigeladenen zu 2. an Entscheidungen der zuständigen Behörden nach § 16 Abs. 1 IfSG mit, nach § 16 Abs. 7 IfSG kann es bei Gefahr im Verzug eigene Anordnungen treffen.

In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die für das Eingreifen des Gesundheitsamtes nach § 16 Abs. 7 Satz 1 IfSG erforderliche Gefahr im Verzug tatsächlich vorgelegen hat. Ebenso kann dahinstehen, ob die Absonderung im Übrigen den Anforderungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG genügte, insbesondere ob sie, was von der Beklagten in Abrede gestellt wird, zur Gefahrenabwehr erforderlich und geeignet war. Da der Kostenanspruch aus § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG seine Rechtfertigung in der hoheitlich verursachten Durchführung von Schutzmaßnahmen findet und diese hoheitliche Verursachung unabhängig davon gegeben ist, ob die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Tätigwerden der veranlassenden Behörde und die Durchführung der gesetzlich vorgesehenen Schutzmaßnahme im jeweiligen Einzelfall tatsächlich vorgelegen haben, gehen Fehler beim Gesetzesvollzug kostenrechtlich zu Lasten des für den Gesetzesvollzug verantwortlichen Vollzugsträgers.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.1977 - I C 36.70 -, a.a.O.

Zu erstatten sind die auf Veranlassung der zuständigen Behörde durch die Absonderung als solche verursachten, ausscheidbaren Kosten. Auf Veranlassung des Beigeladenen zu 2. erfolgte die Absonderung ab dem 13.12.2001, sodass eine Kostenerstattung für die bis zum 12.12.2001 erbrachten Leistungen ausscheidet. Bis zum 12.12.2001 erfolgte die Unterbringung des Patienten ausschließlich auf Grund der Entscheidung der den Patienten behandelnden Ärzte. Die Klägerin rechnete offensichtlich mit einer weiteren Übernahme der Behandlungskosten durch die Krankenkasse. Eine solche Kostenübernahme wurde indes mit dem der Klägerin erst am 12.12.2001 zugegangenen Schreiben der Krankenkasse abgelehnt.

Von der Kostenerstattung nicht erfasst werden Kosten für ambulante oder stationäre Heilbehandlungen. Da das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen allein der Gefahrenabwehr dient, dürfen Heilbehandlungen nicht angeordnet werden (§ 28 Abs. 1 Satz 3 IfSG). Erfolgt die Absonderung - wie hier - ab dem 13.12.2001 aber ausschließlich aus seuchenhygienischen Gründen, sind die in Form von Tagespflegesätzen anfallenden pauschalen Krankenhauskosten nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG erstattungsfähige Absonderungskosten, und zwar unabhängig davon, ob im Einzelfall auch ärztliche Leistungen erbracht und Medikamente verabreicht wurden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.1977 - I C 36.70 -, a.a.O.; Hess. VGH, Urteil vom 19.6.1969 - OE 56/67 -, VerwRspr 21, 871; Bay. VGH, Urteil vom 28.6.1971 - Nr. 28 V 68 -, VerwRspr. 23, 877; Bales/Baumann/Schnitzler, Infektionsschutzgesetz, 2. Aufl. 2003, § 69 Rdnr. 9; Erdle, a.a.O., § 69 Anm. 7).

Die Klage hat jedoch deshalb keinen Erfolg, weil die Klägerin den Kostenerstattungsanspruch nicht gegen den richtigen Kostenschuldner gerichtet hat. Wer Kostenschuldner im Sinne des § 69 Abs. 1 IfSG ist, bestimmt sich nach Landesrecht. § 69 Abs. 2 IfSG enthält insoweit einen klarstellenden Regelungsvorbehalt für die Länder zur näheren Ausgestaltung der Kostenträgerschaft für die zur Leistung der Aufgaben nach § 69 Abs. 1 IfSG erforderlichen Mittel.

Vgl. Bales/Baumann/Schnitzler, a.a.O., § 69 Rdnr. 12; Erdle, a.a.O., § 69 Anm. 9).

Gemäß § 2 Abs. 2 KoG-IfSG tragen die Städte und Gemeinden die Kosten für Schutzmaßnahmen nach §§ 29 und 30 IfSG, soweit sie - was hier nicht der Fall ist - nicht nach § 30 Abs. 7 IfSG das Land zu tragen hat. Ausweislich der Gesetzesbegründung geht der Gesetzgeber davon aus, dass § 45 OBG weiter Geltung beansprucht und sich durch § 2 Abs. 2 KoG-IfSG keine Änderungen zur bisherigen Rechtslage ergeben.

Vgl. LT-Drucks. 13/310, S. 5.

Die Kostentragungspflicht knüpft daher grundsätzlich an das Tätigwerden der eingreifenden Behörde an. Der Träger einer jeden Behörde trägt die Kosten der von dieser eingeleiteten und durchgeführten Maßnahme.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 5.12.2007 -13 A 931/05 - und vom 17.2.1971 - III A 1400/68 -, OVGE 26,183; Rietdorf/Heise/ Böckenförde/ Strehlau, Ordnungs- und Polizeirecht in Nordrhein-Westfalen - Kommentar -, 2. Aufl. 1972, § 48 Rdnr. 3; vgl. auch VV zur Durchführung des Ordnungsbehördengesetzes - VV OBG -, RdErl. des Innenministers vom 4.9.1980 - I B 3/10.10.14 - (MBl.NRW. S. 2114) zuletzt geändert am 26.10.2006 (MBl. NRW. S. 540).

Eine Maßnahme der Beklagten liegt nicht vor. Diese wäre zwar die gemäß § 54 Abs. 1 IfSG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 ZVO-IfSG für Maßnahmen im Sinne des § 30 IfSG zuständige örtliche Ordnungsbehörde gewesen. Örtlich zuständig ist nach § 4 Abs. 1 OBG die Ordnungsbehörde, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. Anders als § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) VwVfG NRW, wonach die Behörde in Angelegenheiten, die eine natürliche Person betreffen, örtlich zuständig ist, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte, knüpft die besondere ordnungsrechtliche Zuständigkeit daran an, wo sich die Handlung, auf die sich die Ordnungspflicht bezieht, ordnungswidrig auswirkt und abgewendet werden soll.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10.2.1999 - 13 B 2747/98 - und vom 2.4.1998 - 13 B 1560/97 -, NVwZ 1999, 562.

Da die Absonderung darauf abzielte, die Familienangehörigen des Patienten vor einer möglichen Ansteckung zu schützen, führt dies zu einer Zuständigkeit der Beklagten. Die Beigeladene zu 1. war demgegenüber örtlich unzuständig. Eine beschränkte örtliche Zuständigkeit der Beigeladenen zu 1. wäre allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn der Eintritt einer weiteren Gefährdung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre und die Absonderung deren Verhinderung bezweckt hätte. Hierfür ist aber nichts ersichtlich. Ein Fall des § 4 Abs. 2 OBG, in dem eine aufsichtsbehördliche Zuständigkeitsbestimmung zweckmäßig gewesen wäre, lag nicht vor.

Hat die Beklagte keine eigene Maßnahme getätigt, kann ihr die Maßnahme des Beigeladenen zu 2. auch nicht in Anwendung des § 16 Abs. 7 Satz 4 IfSG als eigene zugerechnet werden mit der Folge, dass sie gemäß § 2 Abs. 2 KoG-IfSG zur Kostentragung verpflichtet wäre. Grundsätzlich gilt zwar, dass eine auf Grund einer außerordentlichen Zuständigkeit getroffene Maßnahme eine solche derjenigen Behörde bleibt, die sie getroffen hat.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 5.12.2007 - 13 A 931/07 - und vom 17.2.1971 - III A 1400/68 -, a.a.O.; Rietdorf/Heise/ Böckenförde/Strehlau, a.a.O., § 48 Rdnr. 3; Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Ordnungsbehördengesetzes - VV OBG, - RdErl. d. Innenministers vom 4.9.1980 - I B 3/10.10.10.14 - , a.a.O.

Demgemäß sind auch Rechtsbehelfe nicht gegen die an sich zuständige Behörde, sondern gegen die Behörde zu richten, die auf Grund ihrer außerordentlichen Zuständigkeit die Maßnahme angeordnet hat.

Gegenüber den allgemeinen Regelungen stellt § 16 Abs. 7 Satz 4 IfSG eine Ausnahmeregelung des Inhalts dar, dass eine in Anwendung der außerordentlichen ("Eil"-)Zuständigkeit getroffene Maßnahme des Gesundheitsamtes ausnahmsweise dann als von der zuständigen Behörde getroffene Maßnahme gilt, wenn diese vom Gesundheitsamt über die getroffene Anordnung unverzüglich unterrichtet worden ist und die Anordnung nicht innerhalb von zwei Arbeitstagen seit ihrem Erlass aufgehoben hat. Liegen die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 16 Abs. 7 Satz 1 bis 3 IfSG nicht vor und greift damit die Fiktion des § 16 Abs. 7 Satz 4 IfSG nicht ein, verbleibt es bei der im Normalfall im Ordnungsrecht geltenden Regelung. Dies bedeutet, dass die Anordnung eine Maßnahme der Behörde bleibt, die sie getroffen hat.

Vgl. zu § 35 Abs. 1 BSeuchG in der Fassung vom 18.7.1961 OVG NRW, Urteil vom 17.2.1971 - III A 1400/68 -, a.a.O.

§ 16 Abs. 7 IfSG bezweckt eine klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten, vgl. BT-Drucks. 3/1888, S. 22, zu § 10 Abs. 7 BSeuchG, der wegen der Kostenfolgen und der Frage, gegen welchen Rechtsträger Rechtsmittel zu richten sind, eine über den behördeninternen Bereich hinausgehende Bedeutung zukommt. Diese verbietet es, die in § 16 Abs. 7 Satz 2 IfSG für den Eintritt der Fiktionswirkung erforderliche Unterrichtungspflicht gegenüber der Klägerin als unerhebliche Verfahrensregelung zu bewerten.

Als unerhebliche Verfahrensregelung stellt sie sich auch behördenintern nicht dar. § 16 Abs. 7 IfSG verhindert, dass sich die Regelungen der § 2 Abs. 2 KoG-IfSG, § 45 OBG im Bereich der Seuchenbekämpfung initiativ lähmend auswirken. Die für den Eintritt der Fiktionswirkung zwingend erforderliche unverzügliche Unterrichtung der örtliche Ordnungsbehörde gewährleistet zugleich, dass die örtlichen Ordnungsbehörden nicht mit Kosten von Maßnahmen belastet werden, die das Gesundheitsamt in Wahrnehmung seiner Eilkompetenz ohne deren Kenntnis und Billigung veranlasst hat. Ist die örtlich zuständige Behörde hingegen von der Anordnung des Gesundheitsamtes unverzüglich in Kenntnis gesetzt worden und hatte sie die Möglichkeit, diese Anordnung aufzuheben oder zu ändern, ist es gerechtfertigt, ihr wegen der nunmehr bestehenden eigenen Sachherrschaft die mit der Fiktionswirkung verbundene Kostenlast aufzubürden.

Die Voraussetzungen der § 16 Abs. 7 Satz 4 IfSG liegen nicht vor. Zwar spricht angesichts der beharrlichen Weigerung der Beklagten, als zuständige örtliche Ordnungsbehörde Absonderungsmaßnahmen zu veranlassen, einiges für das Vorliegen einer das Einschreiten des Beigeladenen zu 2. rechtfertigenden Gefahr im Verzug.

Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 5.12.2007 - 13 A 931/05 -.

Allerdings hat der Beigeladene zu 2. es unterlassen, die Beklagte unverzüglich von den angeordneten Absonderungsmaßnahmen in Kenntnis zu setzen. Eine Unterrichtung war zunächst nicht deshalb entbehrlich, weil der Beigeladene zu 2. die Absonderung nicht förmlich durch Verwaltungsakt angeordnet hat. Wie der Zusammenhang mit § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG zeigt, liegt eine Maßnahme bzw. Anordnung auch dann vor, wenn das Gesundheitsamt - in welcher Form auch immer - Dritte zu einem seuchenrechtlich relevanten Handeln veranlasst. Auch in diesen Fällen ist die von § 16 Abs. 7 IfSG bezweckte klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten, insbesondere zwecks Vermeidung unbilliger Kostenfolgen, unerlässlich. In diesem Zusammenhang unerheblich ist, ob der Beigeladene zu 2. seinen Schreiben eine die Unterrichtungspflicht auslösende Rechtserheblichkeit im Sinne der §§ 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, 16 Abs. 7 IfSG beigemessen hat. Eine etwaige Fehlvorstellung wirkt sich nicht zu Lasten der Beklagten aus.

Die danach grundsätzlich erforderliche unverzügliche Unterrichtung der Beklagten ist hinsichtlich der mit den Schreiben veranlassten Maßnahmen überhaupt nicht erfolgt. In dem an die Beklagte übersandten Schreiben ist ebenfalls keine Unterrichtung zu sehen. Nach § 16 Abs. 7 Satz 4 IfSG ist erforderlich, dass das Gesundheitsamt die zuständige Behörde von der von ihm (bereits) angeordneten Maßnahme in Kenntnis setzt. Nur in einem solchen Fall kann die örtlich zuständige Ordnungsbehörde die für den Eintritt der Fiktionswirkung wesentliche Entscheidung über die Fortdauer oder Aufhebung der angeordneten Maßnahme innerhalb von zwei Arbeitstagen nach der Unterrichtung treffen. Ausreichend ist daher nicht, wenn, wie geschehen, der Beigeladene zu 2. die Beklagte allgemein über den Klinikaufenthalt und den bestehenden Absonderungsbedarf unterrichtet. Nicht ausreichend ist ferner, dass der Beklagten anderweitig die allgemeinen Umstände des Falles bekannt wurden oder bereits bekannt waren.

Die danach erforderliche Unterrichtung der Beklagten über den vom Gesundheitsamt gegenüber der Klinik am 13.12.2001 aus seuchenhygienischen Gründen veranlassten weiteren stationären Aufenthalt des Patienten für vier Wochen enthält das an die Beklagte gerichteten Fax nicht. Das an sie adressierte Fax konnte die Beklagte als schlichte fachliche Meinungsäußerung verstehen verbunden mit der Aufforderung, sich wegen des amtsärztlicherseits festgestellten Absonderungsbedarfs mit der Beigeladenen zu 1. abzustimmen und sodann in eigener Zuständigkeit über eine Absonderung zu entscheiden.

Ein Kostenerstattungsanspruch lässt sich gegenüber der Beklagten auch nicht auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über eine Geschäftsführung ohne Auftrag §§ 677 ff. BGB, sogenannte öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag, stützen.

Die Bestimmungen der Geschäftsführung ohne Auftrag sind zwar im öffentlichen Recht grundsätzlich anwendbar.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 6.9.1988 - 4 C 5.86 -, BVerwGE 80, 170, sowie Beschluss vom 3.11.2006 - 5 B 40.06 -, juris; OVG NRW Urteil vom 16.2.2007 - 9 A 4239/04 -, juris.

Mit Blick auf § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG fehlt es aber an einer zur entsprechenden Anwendung erforderlichen planwidrigen Lücke.

Vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Beschluss vom 28.3.2003 - 6 B 22.03 -, Buchholz 442.066 § 53 TKG Nr. 2.

Die Klage ist schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs begründet. Der als eigenständiges Rechtsinstitut des allgemeinen Verwaltungsrechts anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist dadurch gekennzeichnet, dass eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage durch Erstattung auszugleichen, d.h. der beim Begünstigten zu Unrecht bestehende Vermögensvorteil abzuschöpfen ist. Eine solche Begünstigung ist bei der Beklagten jedoch nicht eingetreten.

Ende der Entscheidung

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