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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 14 A 2608/05
Rechtsgebiete: GG, MG NRW


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 1
MG NRW § 16 Abs. 2
MG NRW § 16 Abs. 3

Entscheidung wurde am 25.06.2007 korrigiert: die ersten beiden Absätze des Leitsatzes wurden gelöscht, da sie nicht zur Entscheidung gehören
Auch eine Zweitwohnung, die der Trennung vor einer Ehescheidung dient, unterliegt der Zweitwohnungssteuer.
Tatbestand:

Der Kläger ist Miteigentümer eines Einfamilienhauses in C., das melderechtlich seine Hauptwohnung ist. Tatsächlich bewohnt er eine ebenfalls in C. gelegene Mietwohnung, weil er sich von seiner Frau getrennt hat und die Scheidung der Ehe in Betracht zieht. Der Beklagte zog den Kläger aufgrund der städtischen Zweitwohnungssteuersatzung zu einer Zweitwohnungssteuer heran. Das VG wies die Klage ab. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Der Kläger beruft sich darauf, er habe sich von seiner Frau getrennt und erwäge, zu gegebener Zeit einen Ehescheidungsantrag einzureichen. In der sog. Hauptwohnung halte er sich aus diesem Grund nicht auf. Der Umstand aber, dass eine Zweitwohnung existiere, lasse noch nicht die Schlussfolgerung zu, es bestehe die für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Denn die Zweitwohnung werde nicht als Luxus gehalten, sondern sei aus familiären Gründen geboten. Nur durch die Herbeiführung einer räumlichen Trennung lasse sich die nach zivilrechtlichen Bestimmungen erforderliche Trennungszeit zum Zweck der Beantragung einer Ehescheidung herbeiführen.

Die Ausführungen des Klägers sind zur Begründung der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des VG nicht geeignet.

Der Kläger ist Inhaber einer steuerpflichtigen Zweitwohnung i.S. der Zweitwohnungssteuersatzung in der Stadt C. Dies gilt sowohl, soweit das Trennungsjahr darauf ausgerichtet ist, eine Abklärung der Verhältnisse, sei es im Hinblick auf eine Trennung, sei es im Hinblick auf die Wiederaufnahme des familiären Zusammenlebens, herbeizuführen, als auch soweit lediglich die formellen Voraussetzungen für eine endgültige Trennung geschaffen werden sollen.

Dass während des Trennungsjahres der Aufenthalt in zwei getrennten Wohnungen tatsächlich oder von Gesetzes wegen erforderlich ist, trägt der Kläger selbst nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Wenn das Vorhalten zweier getrennter Wohnungen dementsprechend allenfalls als opportun oder wünschenswert anzusehen ist, dann ist dies gerade Ausdruck der besonderen Leistungsfähigkeit als Voraussetzung für die Erhebung der als örtliche Aufwandsteuer ausgestalteten Zweitwohnungssteuer in Abgrenzung zur Leistungsfähigkeit von Familien, die schon aus finanziellen Gründen sich keine zwei getrennten Wohnungen leisten können. Einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG hat die Erhebung der Zweitwohnungssteuer nicht zur Folge. Insoweit lässt sich auch aus den Gründen des Beschlusses des BVerfG,

- 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 -, BVerfGE 114, 316,

nichts zu Gunsten des Klägers im vorliegenden Verfahren herleiten.

Danach wird durch die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer auf die Innehabung einer aus beruflichen Gründen eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, dessen eheliche Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet, die Ehe diskriminiert und gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen. Der dortige Sachverhalt unterscheidet sich vom vorliegenden insoweit, als die Inanspruchnahme einer Zweitwohnung aus beruflichen Gründen erforderlich war, während hier eine Inanspruchnahme allenfalls opportun oder wünschenswert ist.

Eine Ungleichbehandlung i.S. von Art. 3 Abs. 1 GG mit der Ehefrau des Klägers, die gerade keine Zweitwohnung in Anspruch nimmt, sondern weiterhin in nur einer Wohnung, nämlich der - früheren - Wohnung der Familie lebt, liegt nicht vor. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 2 MG NRW Bezug genommen, wonach Hauptwohnung eines Verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder des Lebenspartners ist. Dass die Ehefrau des Klägers ebenfalls dessen Zweitwohnung nutzt, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

Gegen die Erhebung der Zweitwohnungssteuer bestünden auch dann keine Bedenken, wenn die endgültige Trennung schon feststehen würde, obwohl das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist. Zwar dürfte dann die Wohnung des Klägers keine Nebenwohnung i.S. von § 16 Abs. 3 MG NRW im Verhältnis zur Wohnung seiner Familie mehr darstellen, so dass der Zustand nicht mehr den melderechtlichen Anforderungen entspricht. In der Rechtsprechung ist jedoch geklärt, dass mit der Zweitwohnungssteuer neben der Einnahmeerzielung auch Lenkungszwecke verfolgt werden dürfen. Die Förderung der Motivation, sich im melderechtlich zulässigen Rahmen zur Verlegung des Erstwohnsitzes zu entscheiden, ist insofern nicht zu beanstanden,

vgl. BayVGH, Urteil vom 4.4.2006 - 4 N 04.2798 -, BayVBl 2006, 500, unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 27.10.2003 - 9 B 102.03 -, JURIS.



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