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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 08.09.2005
Aktenzeichen: 14 A 3934/03
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 12
1. Die zur Entscheidung über die Annahme einer Habilitationsschrift berufenen Mitglieder eines (erweiterten) Fakultätsrates sind prüfungsrechtlich als Prüfer zu betrachten. Daraus folgen

- die Pflicht zur Mitwirkung an der Entscheidung,

- die Pflicht zur Abstimmung,

- die Unzulässigkeit der anonymen Stimmabgabe,

- die Unzulässigkeit der Stimmenthaltung.

2. Umsetzung des Urteils des BVerwG vom 16.3.1994 - 6 C 1.93 -, BVerwGE 95, 237:

a. Wegen der prinzipiellen Bindungswirkung, die dem (Mehrheits-)Votum der eingeholten Gutachten zukommt, muss jede gegen dieses (Mehrheits-)Votum abgegebene Stimme

- schriftlich begründet werden,

- sich substantiiert mit der Habilitationsleistung und den Gutachten auseinandersetzen und

- die fachliche Qualifikation des Abstimmenden erkennen lassen.

b. Eine bei differierenden Gutachtervoten gegen die Gutachtermehrheit abgegebene Empfehlung der Habilitationskommission ersetzt weder die eigene Fachkunde der Fakultätsratsmitglieder noch die individuelle Begründung von gegen die Gutachtermehrheit abgegebenen Stimmen. Sie kann die Begründung erleichtern.

c. Gutachten sind nicht verwertbar, die von Gutachtern erstattet worden sind, die in dem Fach, dem die Habilitationsschrift zuzuordnen ist, nicht als wissenschaftlich qualifiziert ausgewiesen sind und die sich bei der Begutachtung nicht auf Aspekte des von ihnen vertretenen Faches beschränkt, sondern über ihre eigene Fachkompetenz hinaus zu der Habilitationsleistung umfassend Stellung genommen haben.

3. Aus dem Zusammenwirken von prinzipieller Bindungswirkung der Gutachten und Abstimmungspflicht der Mitglieder des Fakultätsrates folgt: ungültige und anonyme Stimmen, Stimmenthaltungen, ohne ausreichende Begründung gegen die Gutachter(mehrheit) abgegebene Stimmen und die (nicht abgegebenen) Stimmen solcher Stimmberechtigten, die ohne zureichenden Grund der Abstimmung ferngeblieben sind, sind als Stimmen für das (Mehrheits-)Votum der Gutachter zu zählen.

4. Die Stimmberechtigten sind mit der Ladung zur Abstimmung über Inhalt und Konsequenzen ihrer Abstimmungspflicht und ihres Abstimmungsverhaltens zu unterrichten.

5. Die zur Bestimmung der Gutachter und zur Erarbeitung eines Entscheidungsvorschlages an den Fakultätsrat gewählte Habilitationskommission hat nicht die Stellung eines Obergutachters.


Tatbestand:

Der Kläger beantragte im Jahr 1987 bei der Philosopischen Fakultät (Beklagte) die Zulassung zur Habilitation und legte seine Habilitationsschrift vor. Die von der Beklagten gewählte Habilitationskommission bestellte einen auswärtigen Gutachter und vier Gutachter aus ihrer Mitte, von denen zwei über die venia legendi im Habilitationsfach verfügten (Prof. O. und P.) und zwei (Prof. K. und H.) andere Fächer vertraten. Der auswärtige Gutachter und drei der Gutachter aus der Kommisssion sprachen sich für die Annahme der Habilitationsschrift aus, Prof. P. dagegen.

Nach einer durch Mehrheitsbeschluss abgegebenen Empfehlung der Habilitationskommission stimmte der für die Annahmeentscheidung zuständige erweiterte Fakultätsrat mit breiter Mehrheit gegen die Annahme der Habilitationsschrift. Im nachfolgenden Klageverfahren wurde diese Entscheidung vom OVG NRW aufgehoben. Die Revision der Beklagten wies das BVerwG mit Urteil vom 16.3.1994 - 6 C 1.93 - (BVerwGE 95,237) zurück.

In der Folgezeit stimmte der erweiterte Fakultätsrat zwei weitere Male über die Annahme ab, hob jedoch seine Entscheidung - das zweite Mal nach Einleitung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch den Kläger - jeweils wegen Verfahrensfehlern (anonyme Abstimmung, fehlerhafte Auslegung der Schrift und der Gutachten vor der Abstimmung) wieder auf.

Nach einer neuen negativen Empfehlung der zwischenzeitlich personell anders zusammengesetzten Habilitationskommission lehnte der erweiterte Fakultätsrat in seiner Sitzung vom 26.10.1999, an der nach der geführten Anwesenheitsliste 40 seiner 78 Mitglieder teilnahmen, in namentlich und schriftlich durchgeführter Abstimmung mit 38 Stimmen bei 1 Gegenstimme die Annahme der Habilitationsschrift des Kläger erneut ab. Die Stimmzettel enthalten jeweils den Namen und Unterschrift des Abstimmenden und das durch Ankreuzen abgegebene Votum "Ja" oder "Nein". Ein Stimmzettel blieb unausgefüllt, ein ablehnendes Votum war handschriftlich mit dem Zusatz versehen: "Die Empfehlung der neuen Kommission ist überzeugend. Ich habe auch schon früher mit 'nein' gestimmt". Alle übrigen die Annahme der Habilitationsschrift ablehnenden Stimmzettel enthalten keine Begründung.

Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage wies das VG als unbegründet ab. Auf die Berufung des Klägers hob das OVG die Entscheidung der Beklagten auf und verpflichtete sie, über die Annahme der Habilitationsschrift des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Gründe:

I. Die Entscheidung der Bekl. über die Annahme der Habilitationsschrift des Klägers ist aus mehreren Gründen rechtswidrig.

1. Die Entscheidung über die Annahme der Habilitationsschrift des Klägers ist deshalb verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil zahlreiche Mitglieder des erweiterten Fakultätsrates an der Abstimmung am 26. 10.1999 nicht teilgenommen haben, ohne dass festgestellt werden kann, dass sie an der Teilnahme gehindert waren.

Die Habilitationsordnung der Beklagten bestimmt dadurch, dass sie in § 10 Satz 1 iVm § 8 HabilO die Entscheidung über die Annahme der schriftlichen Habilitationsleistung auf "alle Professoren und habilitierten Mitglieder des Fachbereichs Philosophische Fakultät der Universität" überträgt, diese prüfungsrechtlich zu Prüfern im Habilitationsverfahren. Für die bestellten Prüfer besteht die Pflicht, bei der Prüfungsentscheidung mitzuwirken und ein Votum zur Sache abzugeben. Dies folgt daraus, dass Prüfer sich bei der Entscheidung über die Annahme der schriftlichen Habilitationsleistung nicht der Stimme enthalten dürfen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21.11.1980 - 5 A 1833/79 -, KMK-HSchR 1981, 424; OVG Saarl., Beschluss vom 28.10.1987 - 1 W 846/87 -, KMK-HSchR 1988, 316; OVG Schl.-H., Urteil vom 9.2.1996 - 3 L 79/95 -, NVwZ-RR 1996, 443 = SchlHA 1996, 250; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2, 4. Aufl.2004, Rdnr. 566 und 610; Zimmerling/Brehm; Prüfungsrecht, 2. Aufl.2001, Rdnr. 178.

Die Unzulässigkeit, sich der Sachentscheidung zu enthalten, schließt das Verbot ein, dass sich die Prüfer der von ihnen verlangten Sachentscheidung dadurch entziehen, dass sie keine Stimme abgeben oder, ohne verhindert zu sein, zu der Abstimmung, mit der die Entscheidung getroffen wird, nicht erscheinen. Insoweit teilt der erkennende Senat die Auffassung des früher mit Prüfungsrecht befassten 22. Senats des erkennenden Gerichts - vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.1.1995 - 22 A 969/94 -, WissR 29, 185 - der ausgeführt hat, dass Stimmenthaltungen wie nicht abgegebene Stimmen zu beurteilen seien. Der Senat folgt dieser Entscheidung jedoch insoweit nicht, vgl. dazu bereits OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2000 - 14 B 880/00 -, n.v. als in dieser Enthaltungen und nicht abgegebene Stimmen als für das Ergebnis der Prüfungsentscheidung unerheblich bewertet und nur die verbleibenden gültigen Ja- und Nein-Stimmen als maßgeblich angesehen werden. Er ist vielmehr mit der zuvor angeführten Rechtsprechung und Literatur der Auffassung, dass Stimmenthaltungen, ob sie nun ausdrücklich erklärt werden oder durch Verweigerung eines Votums erfolgen, einen Verfahrensfehler begründen, der, wenn er sich auf das Ergebnis der Entscheidung ausgewirkt haben kann, diese rechtswidrig macht. Dies folgt daraus, dass die prinzipielle Bindungswirkung, die den eingeholten Gutachten im Habilitationsverfahren nach dem in dieser Sache ergangenen Urteil des BVerwG vom 16.3.1994 - 6 C 1.93 -, BVerwGE 95, 237= DVBl.1994, 1351 = NVwZ 1994, 1209 = WissR 1995, 81 = DÖV 1995, 108 = NWVBl 1995, 52 = KMK-HSchR/NF 21C.3 Nr. 5, zukommt, durch unentschuldigtes Fernbleiben von der Abstimmung oder durch Stimmenthaltungen oder durch aus anderen Gründen, etwa wegen Anonymität, ungültige Stimmen unterlaufen werden könnte. Denn Stimmberechtigte, denen die notwendigen Fachkenntnisse fehlen, um begründet und qualifiziert die Auffassung der Gutachter zu erschüttern, wären nach den vom BVerwG, a.a.O., aufgestellten Grundsätzen gehalten, bei der Abstimmung mit den Gutachtern zu stimmen. Sie könnten einer Minderheit, die sich in qualifizierter Weise gegen die Meinung der Gutachter entscheidet, zu einer Mehrheit verhelfen, wenn sie durch Stimmverweigerung pflichtwidrig die Zahl derjenigen vermindern könnten, die den Gutachtern folgen. Dies würde dazu führen, dass Personen, denen die erforderliche fachliche Qualifikation zur Beurteilung der Habilitationsleistung fehlt, für die Annahme oder Nichtannahme der schriftlichen Habilitationsleistung entscheidend sind. Es kann außerdem Zufallsergebnisse zur Folge haben und eröffnet Möglichkeiten, zu manipulieren oder sachfremde Motive zur Geltung zu bringen, ein Ergebnis, das mit Art. 12 GG unvereinbar wäre.

Soweit § 10 Satz 1 HabilO regelt, dass für die Entscheidung mindestens die Hälfte der Stimmberechtigten anwesend sein müssen, kann diese Bestimmung aus den vorstehenden Erwägungen nicht dahin ausgelegt und angewandt werden, dass die Abstimmung verfahrensfehlerfrei sei, sobald diese Zahl der Anwesenden erreicht ist. Sie bleibt vielmehr auch bei Anwesenheit und Stimmabgabe der Hälfte der Stimmberechtigten verfahrensfehlerhaft, wenn unter den Stimmberechtigten, die nicht erschienen sind, sich solche befinden, die über keinen anzuerkennenden Verhinderungsgrund verfügen. Die Bestimmung sichert vielmehr nur, dass nicht eine Minderheit der Fakultät über die Annahme der Habilitationsschrift entscheiden kann; sie legitimiert jedoch nicht das Fernbleiben von Stimmberechtigten, denen kein rechtfertigender Hinderungsgrund zur Seite steht.

Da Feststellungen zu Hinderungsgründen für die bei der Abstimmung nicht anwesenden Stimmberechtigten nicht getroffen worden sind - und über fünf Jahre nach der Abstimmung auch schwerlich noch zu treffen sein werden -, ist nicht auszuschließen, dass deren unentschuldigtes Nichterscheinen und Nichtabstimmen sich auf die Entscheidung ausgewirkt hat. (Wird ausgeführt)

Dem Fehler ist auch nicht durch die Abstimmung im Widerspruchsverfahren seine Relevanz für die Ablehnungsentscheidung genommen worden. Der Gegenstand der Abstimmung im Widerspruchsverfahren deckte sich nicht mit dem der Entscheidung vom 26.10.1999. Bei dieser ging es um die Annahme der Habilitation, bei jener war, wie sich aus dem Protokoll ergibt, die Frage zur Abstimmung gestellt, ob die Abstimmenden "die inhaltliche Begründung des Einspruchs für ausreichend halten". Ein "Nein" sollte die Ablehnung des "Einspruch[s] wegen unzureichender Begründung" bedeuten. Von einer Wiederholung der Prüfungsentscheidung mit anderem Anwesenheitsquorum und anderem Stimmenverhältnis, das dem ursprünglichen Verfahrensfehler seine Relevanz genommen hätte, kann deshalb keine Rede sein.

Die Beklagte wird deshalb bei der erneuten Entscheidung dafür zu sorgen haben, dass alle Stimmberechtigten, soweit sie nicht wegen anzuerkennender Gründe verhindert sind, an der Abstimmung teilnehmen. Sie dazu anzuhalten, stehen ihr dienstrechtliche und wohl auch korporationsrechtliche Mittel zur Verfügung.

Vgl. Beschluss des Senats vom 24.5.2004 - 14 E 614/04 -, n.v.

2. Der Beschluss des erweiterten Fakultätsrates ist ferner deshalb rechtswidrig, weil bis auf eine sämtliche Nein-Stimmen ohne schriftliche Begründung abgegeben worden sind.

Das BVerwG hat in dem das hier streitige Habilitationsverfahren betreffenden Urteil vom 16.3.1994, a.a.O., entschieden, dass die Gründe, die ein Mitglied des Entscheidungsgremiums bewegen, gegen das Votum der Gutachter zu entscheiden,

- schriftlich niedergelegt werden müssen,

- ein hinreichendes Maß an Substantiierung aufweisen müssen und

- erkennen lassen müssen, dass die Ablehnung von hinreichendem fachwissenschaftlichem Sachverstand getragen wird.

Ferner hat es entschieden, dass diese Anforderungen entsprechend gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Gutachter zu unterschiedlichen Feststellungen und Bewertungen gelangen. Auch der 22. Senat des erkennenden Gerichts hat in dem bereits angeführten Urteil vom 16.1.1995 - 22 A 969/94 - entschieden, dass die Begründung bei von der Gutachtermehrheit abweichender Entscheidung von jedem einzelnen Mitglied des Entscheidungsgremiums zum Zwecke der Überprüfbarkeit individuell zuordenbar schriftlich niedergelegt sein muss.

Diese Begründungspflicht trifft jedes einzelne Mitglied des Entscheidungsgremiums in seiner Eigenschaft als Prüfer, denn für jeden Prüfer muss festgestellt werden können, aus welchen Erwägungen er seine Prüfungsentscheidung getroffen hat, damit diese Gründe im Streitfall in fachlicher Hinsicht und unter Berücksichtigung der Grenzen, die dem prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum gesetzt sind, auch bezüglich der Wertungsentscheidung überprüft werden können. Jedes Mitglied des erweiterten Fakultätsrates, das gegen die Gutachtermehrheit stimmte, musste deshalb - und muss bei einer erneuten Entscheidung - die Gründe dafür schriftlich niederlegen.

Soweit das VG ausgeführt hat, dem Begründungserfordernis sei genügt, weil sich aus dem Protokoll über die Sitzung des erweiterten Fakultätsrates vom 26.10.1999 ergebe, dass die Prüfungsentscheidung auf die Gründe der Kommissionsentscheidung gestützt sei, kann dem nicht gefolgt werden.

Aus dem Protokoll dieser Sitzung ergibt sich derartiges nicht. Nach dem Protokoll hat der Vorsitzende der Habilitationskommission zunächst referiert. Sodann ist abgestimmt worden, ohne dass das Protokoll etwas darüber enthält, welche Gründe diejenigen, die mit "nein" gestimmt haben, dazu bewogen haben, dies zu tun. Und selbst wenn sich aus dem Protokoll ergäbe, welche Gründe diejenigen, die gegen die Gutachtermehrheit gestimmt haben, dazu veranlasst haben, wäre dem Erfordernis einer schriftlichen, den einzelnen gegen die Gutachtermehrheit stimmenden Stimmberechtigten individuell zuordenbaren Begründung nicht genügt.

Soweit das VG im Zusammenhang mit dem Begründungserfordernis auf die mit dem negativen Bescheid vom 2.11.1999 an den Kläger übersandte Empfehlung der Habilitationskommission verweist, gilt nichts anderes. Dies ist nicht die Begründung der einzelnen Mitglieder des erweiterten Fakultätsrates, die mit nein gestimmt haben, sondern die des ihnen vorgelegten Entscheidungsvorschlages. Nicht über diesen und seine Begründung ist abgestimmt worden, sondern - richtigerweise - über die Annahme der schriftlichen Habilitationsleistung.

3. Selbst wenn man jedoch unterstellt, dass die Mitglieder des erweiterten Fakultätsrates, die mit "nein" gestimmt haben, sich als Begründung dafür auf die Empfehlung der Habilitationskommission bezogen hätten, wie es das Mitglied W. mit dem Satz getan hat, dass diese überzeugend sei, wäre dem Begründungserfordernis nicht genügt.

Zu dem Umfang der Begründungspflicht der Mitglieder des Entscheidungsgremiums, die sich bei divergierenden Gutachtern gegen die Gutachtermehrheit entscheiden wollen, hat das BVerwG in seinem Urteil vom 16.3.1994, a.a.O., ausgeführt, dass für die auch in diesem Fall verlangte Begründung es "leichter sein [mag], sich einer - hinreichend verständlichen - Mindermeinung, etwa entsprechend den überzeugenden Empfehlungen der Habilitationskommission, anzuschließen, als die Gründe für einen selbst initiierten Widerspruch substantiiert darzulegen." Hieraus folgt, dass die Begründung eines der Gutachtermehrheit widersprechenden Votums eines fachlich nicht ausgewiesenen Stimmberechtigten nicht schlicht darin bestehen darf, sich ohne nähere Ausführungen der Empfehlung der Kommission anzuschließen und diese ebenfalls ohne nähere Begründung als überzeugend zu bezeichnen. Die Empfehlung der Kommission ersetzt nicht die fehlende Fachkenntnis. Sie ersetzt auch nicht die individuelle Begründung, sie erleichtert sie nur. Deshalb muss erkennbar sein, warum der Betreffende aus dieser Empfehlung die Überzeugung gewinnen konnte und gewonnen hat, dass die Mehrheitsgutachten widerlegt seien.

4. Prüfungsrechtlich fehlerhaft mit der Folge der Rechtswidrigkeit der auf ihnen beruhenden Entscheidung sind ferner die Nein-Stimmen, die von Mitgliedern des erweiterten Fakultätsrats abgegeben worden sind, die nicht Mitglieder der Habilitationskommission waren und - ausweislich der Verwaltungsvorgänge der Beklagten - vor ihrem Votum weder anlässlich der Auslegungen im Jahre 1995 noch der Auslegung im Jahre 1999 Einsicht in die ausgelegten Gutachten und die schriftliche Habilitationsleistung genommen haben. Dies betrifft die Stimmen folgender Mitglieder des erweiterten Fakultätsrates: (Es folgt Auflistung)

Diese haben gegen die Auffassung der Gutachtermehrheit gestimmt, an deren Votum sie grundsätzlich gebunden waren. Zwar konnte die begründete Empfehlung der Habilitationskommission ihnen die Entscheidung und deren Begründung erleichtern. Aber auch derjenige, der sich der Empfehlung der Habilitationskommission anschließt, kann dies nicht in blindem Glauben an deren Richtigkeit tun. Nicht die Empfehlung der Habilitationskommission hat prinzipielle Bindungswirkung, sondern die Wertung der Gutachter(mehrheit). Letzterer kann sich ein Stimmberechtigter, dem die notwendigen Fachkenntnisse fehlen, anschließen, ohne die Arbeit und die Gutachten eingesehen zu haben, denn er ist ohnehin gebunden. Wer sich aber gegen die Gutachter entscheiden will, muss die Entscheidungsgrundlagen, d.h. die für und gegen die Annahme der Habilitationsleistung sich aussprechenden Gutachten und die Habilitationsleistung selbst zur Kenntnis genommen haben. Nur so ist er in der Lage zu beurteilen, ob die Empfehlung der Habilitationskommission überzeugend ist oder nicht, und kann Maßstäbe für die Beantwortung der Frage gewinnen, ob er ihr folgen kann oder nicht. Die Begründungserleichterung für ein Votum gegen die Mehrheit der Gutachter, die nach dem in dieser Sache ergangenen Urteil des BVerwG vom 16.3.1994 durch die Kommissionsempfehlung gegeben sein kann, bedeutet nicht, dass die Mitglieder des Fakultätsrates ohne Kenntnis dessen, worüber sie urteilen, urteilen dürften. Ein Urteil ohne Kenntnis der Entscheidungsgrundlagen widerspricht nicht nur elementaren Grundsätzen des Prüfungsrechts, sondern schadet in gleicher Weise wie ein Urteil ohne hinreichende Sachkunde der Qualität von Wissenschaft, Forschung und Lehre eher, als dass es ihr nützte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.1994, a.a.O.

Ob - neben dem oben zu 2. bereits behandelten Begründungsmangel - auch die Nein-Stimmen zusätzlich wegen fehlender Kenntnisnahme von den Entscheidungsgrundlagen unwirksam sind, bei denen die Abstimmenden zwar nicht 1999, jedoch anlässlich der Auslegung der Habilitationsschrift und der Gutachten und Stellungnahmen im Jahre 1995 Einsicht genommen haben, kann letztlich dahinstehen, da diese Nein-Stimmen wegen des Begründungsmangels ohnehin nicht zu berücksichtigen sind. Es erscheint jedoch äußerst fraglich, ob vier Jahre nach einer Einsichtnahme in eine Habilitationsschrift und die zugehörigen Gutachten diese einem Mitglied des Fakultätsrates noch so präsent sein können, dass es darauf ein verantwortbares Votum stützen kann. Wie dem auch sei: jedenfalls dann, wenn der erweiterte Fakultätsrat erneut über die Annahme der schriftlichen Habilitationsleistung entscheiden wird, liegt die Kenntnisnahme der Entscheidungsgrundlagen so lange zurück, dass ein Votum gegen die Gutachtermehrheit ohne erneute Kenntnisnahme der Bewertungsgrundlagen fehlerhaft ist.

5. Der Senat hat die vorstehenden Mängel des Abstimmungsverfahrens lediglich als (relevante) Verfahrensfehler behandelt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Senat, wie weiter unten noch dargelegt wird, der Auffassung ist, dass wegen des Zusammenwirkens der prinzipiellen Bindungswirkung, die dem Votum bzw. Mehrheitsvotum der Gutachter für die Abstimmungsberechtigten zukommt, mit der Abstimmungspflicht der zur Entscheidung berufenen Mitglieder des Fakultätsrates, die Stimmen derjenigen, die nicht bereit oder in der Lage sind, ein der Bewertung der Gutachter(mehrheit) qualifiziert widersprechendes Votum abzugeben, oder die pflichtwidrig nicht an der Entscheidung teilnehmen, als Stimmen für das (Mehrheits-)Votum der Gutachter zu zählen sind. Für die hier zur Überprüfung gestellte Entscheidung konnte eine solche Bewertung nicht vorgenommen werden. Sie hätte vorausgesetzt, dass die Mitglieder des Fakultätsrates vor der Abstimmung darüber informiert worden wären, dass Stimmenthaltungen, anonyme Stimmen, nicht gerechtfertigtes Nichterscheinen und der Auffassung der Gutachter nicht in qualifizierter Weise widersprechende Voten wegen des Zusammenwirkens von Bindungswirkung der Gutachten und Abstimmungspflicht als Anschluss an die Gutachter(mehrheit) zu zählen sind. Denn nur dann ist es gerechtfertigt, ein solches Verhalten als zurechenbare Prüfungsentscheidung des in dieser Weise handelnden Mitglieds des Fakultätsrates zu bewerten.

6. ...

II. Für die Wiederholung der Entscheidung über die Annahme der Habilitationsschrift hat die Beklagte die nachfolgenden Maßgaben zu beachten.

1. Der Entscheidung dürfen die Gutachten K., H. und P. nicht mehr zugrunde gelegt werden.

Dazu im Einzelnen:

a) Die Gutachten K. und H. können der neuen Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden, weil diese nicht den Anforderungen entsprechen, die das BVerwG in dem in dieser Sache ergangenen Urteil vom 16.3.1994 für die Auswahl der Gutachter und für den Inhalt der Gutachten vorgegeben hat.

Das BVerwG hat in seiner Entscheidung festgestellt, dass nicht feststehe, ob im konkreten Fall "diejenigen Gutachter, die nicht die Lehrbefähigung für das Habilitationsfach haben, über die erforderliche Fachkompetenz zur (umfassenden) Begutachtung der Arbeit verfügt haben". Diese Ausführungen betrafen die Gutachter K. und H., die - anders als die übrigen Gutachter - nicht das Fach vertraten, dem die Habilitationsschrift des Klägers zuzuordnen ist.

Die Habilitationskommission, die nach § 6 Abs. 4 HabilO die Gutachter bestimmt, hat nach dem Akteninhalt eine solche, ihr durch das Urteil vorgegebene Prüfung nicht vorgenommen, sondern zunächst lediglich entgegen der Habilitationsordnung einen weiteren auswärtigen (Fach-)Gutachter bestimmt, dessen Gutachten sie dann später zu einer "Stellungnahme" herabgestuft hat. Auch aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich nichts, aus dem hergeleitet werden könnte, dass die beiden fachfremden (inzwischen verstorbenen) Gutachter über die "erforderliche Fachkompetenz" im Habilitationsfach verfügt hätten. Dafür, dass sie außerhalb des Faches, das ihre venia legendi betraf, sich anderweitig für das Fach, dem die Habilitationsschrift des Klägers zuzuordnen ist, durch wissenschaftliche Kenntnisse ausgewiesen hätten, wie es das BVerwG in der angeführten Entscheidung als einen Fall denkbarer Fachkompetenz eines fachfremden Hochschullehrers angeführt hat, ist nichts ersichtlich. Auch ist nicht erkennbar, dass für die Begutachtung der Habilitationsschrift aufgrund einer von fachlichen Inhalten weitgehend unabhängigen Thematik oder Methodik Gesichtspunkte maßgeblich waren, zu denen auch ein fachfremder Gutachter qualifiziert Stellung nehmen konnte. Die vom Kläger dazu für die mündliche Verhandlung vor dem Senat eingereichte Stellungnahme lässt solche fachunabhängigen Schwerpunkte nicht erkennen. Dass dies bei der Habilitationsschrift des Klägers nicht der Fall war, zeigt sich auch darin, dass die Gutachter K. und H. die Habilitationsschrift nicht sub specie solcher anderweitigen fachwissenschaftlichen oder fachunabhängigen Kriterien bewertet haben.

Die Habilitationsschrift des Klägers dürfte auch nicht zu denen gehören, die eine fächerübergreifende Thematik aufweisen und bei denen es geboten wäre, auch Gutachter der weiteren von der Arbeit berührten Fächer einzuschalten. Doch selbst wenn man unterstellt - wofür jedoch der Senat keinen Anhaltspunkt sieht -, dass die Fächer der beiden Gutachter von der Habilitationsschrift des Klägers so berührt würden, dass die Notwendigkeit bestanden hätte, die Arbeit auch unter diesen fachwissenschaftlichen Aspekten zu bewerten, bleiben die beiden Gutachten unverwertbar. Sie behandeln nämlich keine solchen spezifischen, dem jeweiligen Fach des Gutachters zuzuordnenden fachwissenschaftlichen Aspekte, sondern gehen, soweit sie nicht nur den Aufbau und den Inhalt der Arbeit referieren, in einer generellen Weise auf diese ein.

Da aus den vorgenannten Gründen die beiden Gutachten nicht verwertbar sind und nicht zur Entscheidungsgrundlage gemacht werden dürfen, bedurfte es keiner zusätzlichen Prüfung, wie weit sie den vom BVerwG, a.a.O., für Habilitationsgutachten aufgezeigten allgemeinen Anforderungen genügen. Angesichts des weitgehend referierenden Inhalts der beiden Gutachten erscheint es jedoch sehr fraglich, ob sie "die für die Annahme oder Ablehnung der Leistung wesentlichen Gründe, vor allem Art und Umfang der Förderung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in dem Habilitationsfach, aber auch allgemeine Mängel und Vorzüge etwa hinsichtlich der Methoden und Darstellungsweise des Bewerbers, ... so verständlich begründen, dass die anderen stimmberechtigten Mitglieder möglichst in die Lage versetzt werden, auch selbst verantwortlich zu entscheiden", wie es das BVerwG, a.a.O., fordert. Die extreme Kürze des Gutachtens H. und auch der offensichtlich auf die fehlenden Fachkenntnisse abstellende Vorbehalt am Ende des Gutachtens K. "(soweit ich es überprüfen konnte)" sprechen deutlich dagegen.

b) Das Gutachten von Prof. P. ist nicht verwertbar, weil dieser bei dessen Erstellung befangen war. Er ist deshalb von einer Mitwirkung als Prüfer und damit auch als Gutachter, für dessen Tätigkeit die gleichen Anforderungen wie für Prüfer in berufsbezogenen Prüfungen gelten, ausgeschlossen. (Wird ausgeführt)

2. Wegen des Fortfalls der drei Gutachter entspricht die Zahl der verbleibenden nicht mehr der Habilitationsordnung. Neben dem weiterhin verwertbaren auswärtigen Gutachten ist nur das Gutachten von Prof. O. noch heranzuziehen. Da die Habilitationsordnung jedoch mindestens drei Gutachter aus dem Kreis der Kommissionsmitglieder vorschreibt, müssen wenigstens zwei Gutachter aus der Kommission neu bestellt werden.

Im Hinblick auf die vom Kläger angedeuteten Zweifel, ob die Beklagte über eine hinreichende Zahl zur Beurteilung seiner Habilitationsschrift fachlich qualifizierter Gutachter verfüge, weist der Senat darauf hin, dass dann, wenn dies nicht der Fall sein sollte, Art. 12 GG es verbietet, fachfremde Gutachter aus der Mitte der Habilitationskommission heranzuziehen, nur um der Vorgabe der Habilitationsordnung zu genügen. Vielmehr verlangt der aus Art. 12 GG fließende Grundsatz, dass die Arbeit von im Habilitationsfach ausgewiesenen Gutachtern zu beurteilen ist, dann weitere auswärtige Fachgutachter heranzuziehen. Nur so ist gewährleistet, dass die Arbeit trotz des Mangels an kompetenten Gutachtern in der Kommission in dem Umfang, den die Habilitationsordnung vorsieht, fachlich qualifiziert beurteilt wird. Allerdings ist die Auswahl solcher weiteren, für fehlende interne Gutachter eintretenden auswärtigen Gutachter - anders als die Bestimmung des in der Habilitationsordnung ausdrücklich vorgesehenen auswärtigen Gutachters - ebenso von einer Zustimmung des Habilitanden unabhängig, wie es die Bestimmung von Gutachtern aus der Mitte der Kommission ist.

Ein Weiteres sollte die Beklagte bei der Bestimmung der Gutachter beachten. Sie sollte nach Möglichkeit für die drei ausgeschiedenen auch drei neue Gutachter bestellen. Zwar verlangt die Habilitationsordnung nur insgesamt vier Gutachter. Jedoch ist die Bestellung einer geraden Zahl von Gutachtern mit dem Risiko verbunden, dass zwischen den die Annahme einer Habilitationsschrift befürwortenden und den sie ablehnenden Gutachtern eine Pattsituation entsteht. Eine solche Situation wirft in Bezug auf die Bindungswirkung der Gutachten zahlreiche Fragen auf, zu denen Rechtsprechung noch nicht besteht. So ist zum Beispiel fraglich, ob in einer solchen Situation die Mitglieder des Fakultätsrates, die nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügen, um angesichts der sich widersprechenden, jedoch gleichgewichtigen Meinungen der Gutachter eine eigenständige, substantiiert begründete Entscheidung zu treffen, überhaupt an der Entscheidung beteiligt werden dürfen. Ein Mehrheitsvotum unter den Gutachtern, wie es bei ungerader Zahl dissentierender Gutachter entsteht, schafft dagegen eine tragfähige Entscheidungsgrundlage.

3. ...

4. Bei der erneuten Abstimmung darf die Empfehlung der Habilitationskommission nicht als "Obergutachten" gewertet werden. Dies folgt allein daraus, dass die Habilitationskommission als Ganze nicht die fachliche Kompetenz besitzt, die die Rechtsprechung für einen Gutachter im Habilitationsverfahren fordert. Über eine solche fachliche Kompetenz mögen einzelne Mitglieder der Kommission verfügen, nicht aber die Gesamtheit einer aus Vertretern verschiedener Fachgebiete zusammengesetzten Kommission. Soweit diese einzelnen Mitglieder, die nicht zu Gutachtern bestellt sind, fachliche Stellungnahmen abgeben, sind dies Stellungnahmen dieser Kommissionsmitglieder, nicht aber solche der Kommission.

Es wird ferner zu beachten sein, dass die prinzipielle Bindungswirkung der Gutachten auch der Kommission vorgegeben ist. Wird ein einheitliches Votum aller Gutachter abgegeben, so ist für einen gegenteiligen Entscheidungsvorschlag der Kommission an den Fakultätsrat kein Raum. Nur da, wo die Gutachten zu unterschiedlichen Bewertungen kommen, kann die Kommission sich auch der Mindermeinung der Gutachter anschließen, wenn die Empfehlung von hinreichender Kompetenz getragen ist und sich fachwissenschaftlich und bewertend mit der Auffassung der Gutachtermehrheit kritisch und nachvollziehbar auseinandersetzt.

5. Wie bereits oben zu I. 1. ausgeführt, besteht für die stimmberechtigten Mitglieder der Fakultätsrates Anwesenheits- und Stimmpflicht, soweit sie nicht verhindert sind. Dies ergibt sich daraus, dass sie als Prüfer berufen sind. Da sie andererseits, soweit sie sich nicht aus hinreichender Fachkenntnis gegen das (Mehrheits-)Votum der Gutachter aussprechen können, aufgrund der prinzipiellen Bindungswirkung, die den Gutachten zukommt, sich deren Votum anschließen müssen, sind sie, soweit sie die Voraussetzungen für ein individuelles qualifiziertes Gegenvotum nicht erfüllen, verpflichtet, mit den Gutachtern zu stimmen. Die stimmberechtigten Mitglieder, die dieser Pflicht nicht genügen, handeln rechtswidrig. Das gilt unabhängig davon, ob dieser Pflichtverstoß im ungerechtfertigten Fernbleiben von der Abstimmung, in einer Stimmenthaltung, in einer anonymen Stimmabgabe oder in einer den Begründungsanforderungen nicht genügenden Gegenstimme besteht. Würde dieses rechtswidrige Verhalten lediglich als Verfahrensfehler behandelt, führte das dazu, dass rechtswidrig handelnde Mitglieder die Möglichkeit hätten, das Habilitationsverfahren dadurch zu verzögern, dass die Entscheidungen immer wieder wegen dieser Fehler im Entscheidungsvorgang aufgehoben werden müssten. Die dadurch bewirkte Verzögerung des beruflichen Werdegangs eines Habilitanden ist mit Art. 12 GG nicht vereinbar. Die Effektivität des Rechtsschutzes verlangt deshalb zwingend, dass die Stimmen derjenigen, die rechtswidrig nicht dem (Mehrheits-)Votum der Gutachter folgen, entsprechend der für diese Stimmberechtigten zwingenden rechtlichen Vorgabe als Stimmen für den Entscheidungsvorschlag der Gutachter(-mehrheit) gezählt werden. Dies bedeutet, dass das Fernbleiben ohne rechtfertigenden Grund und dass Stimmenthaltungen, anonyme Stimmen und gegen das Gutachtervotum gerichtete Gegenstimmen, die den individuellen, oben unter I. 2. behandelten Begründungsanforderungen nicht entsprechen, bei der Stimmauszählung als Zustimmung zum (Mehrheits-)Vorschlag der Gutachter zu behandeln sind.

Da den stimmberechtigten Mitgliedern, damit sie eine verantwortliche Prüfungsentscheidung treffen können, bekannt sein muss, welche Anforderungen an ihr Stimmverhalten zu stellen sind und in welcher Weise die Nichtbeachtung dieser Anforderungen auf das Ergebnis des Entscheidungsvorgangs sich auswirkt, ist es erforderlich, sie vor der Entscheidung entsprechend zu informieren. Es obliegt daher der Beklagten, die stimmberechtigten Mitglieder des Fakultätsrates rechtzeitig vor einer erneuten Entscheidung auf die für das Verfahren maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen, also auf

- die Abstimmungspflicht,

- die Unzulässigkeit von Stimmenthaltungen,

- die Unzulässigkeit anonymer Stimmabgabe,

- die prinzipielle Bindungswirkung der (Mehrheits-)Gutachten,

- die Anforderungen an eine den (Mehrheits-)Gutachtern widersprechende Stimme (schriftliche, substantiierte, den Sachverstand und Kenntnis der Entscheidungsgrundlagen des Abstimmenden erkennen lassende Begründung) und

- die Behandlung von gegen diese Prinzipien verstoßendem Verhalten als im Sinne der Gutachter(-mehrheit) abgegebene Stimme.

6. Abschließend weist der Senat für die erneute Entscheidung des Fakultätsrates darauf hin, dass sachliche Einwendungen des Klägers, die die Gutachten betreffen, im Rahmen des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens nicht von der Habilitationskommission, sondern vom jeweils betroffenen Gutachter zu prüfen sind, der dazu, soweit noch möglich, Stellung zu nehmen hat. Dies folgt daraus, dass diese Einwendungen die fachlichen Bewertungen betreffen, die die Gutachter mit prinzipieller Bindungswirkung den Mitgliedern des Entscheidungsgremiums vorgeben. Die Habilitationskommission ist dagegen nur zur Prüfung der Einwendungen des Habilitanden berufen, die ihre eigene Stellungnahme und Empfehlung betreffen. Soweit die Habilitationskommission sich für diese auf von ihr eingeholte fachwissenschaftliche Stellungnahmen gestützt hat, dürfte es, wenn die Einwendungen Bewertungen betreffen, die von der Habilitationskommission aus diesen Stellungnahmen übernommen sind, sachgerecht, wenn nicht gar geboten sein, diejenigen, die diese Stellungnahmen abgegeben haben, zu den Einwendungen zu hören. Nur so ist nämlich gewährleistet, dass die Einwendungen des Prüflings gegen Stellungnahmen, auf die die Kommission sich gestützt hat, auch sachgerecht geprüft werden und das Ergebnis dieser Prüfung sich in der Stellungnahme der Kommission niederschlagen kann.

Ende der Entscheidung

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