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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 10.05.2006
Aktenzeichen: 14 E 252/06
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 6
VwGO § 161 Abs. 2 Satz 2
1. Das behördliche Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 6 VwGO ist kein Vorverfahren im Sinne des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, für das die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt werden kann.

2. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass Kosten zu erstatten sind, die einem Beteiligten durch eine Antragstellung oder im Verwaltungsverfahren bei der Ausgangsbehörde entstanden sind.


Gründe:

Der Vortrag der Antragstellerin ist dahin zu werten, dass sie nicht die Notwendigkeit der Zuziehung ihrer Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren im Sinne der § 68 ff. VwGO begehrt. Vielmehr sieht sie hier als Vorverfahren i.S. des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO den Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 6 VwGO zu dem nachfolgenden gerichtlichen Aussetzungsverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO an. Für die Erstattung der bei Stellung des Aussetzungsantrags nach § 80 Abs. 6 VwGO entstandenen Anwaltskosten ist allerdings nach den gesetzlichen Regelungen kein Raum. Vorverfahren im Sinne des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nur das als Sachurteilsvoraussetzung anzusehende Widerspruchsverfahren, das vor Erhebung der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erfolglos durchgeführt worden sein muss. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 162 Abs. 1 VwGO sowie dem Sinn und Zweck dieser Regelung. Die Kosten des Vorverfahrens sind als "Aufwendungen" zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in die Gesamtkosten des Verfahrens einbezogen. Es handelt sich hierbei um Kosten im Vorstadium und zur Vorbereitung des Klageverfahrens. Dazu zählen die Kosten nicht, die im Zusammenhang mit der Stellung eines Antrags nach § 80 Abs. 6 VwGO entstehen. Soweit sich die Antragstellerin auf den Beschluss des 10. Senats dieses Gerichts vom 18.5.1972 - 10 B 100/72 -, OVGE 28, 31, bezieht, berührt die genannte Entscheidung nicht den vorliegenden Sachverhalt. Der 10. Senat hat entschieden, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren mit der Folge der Erstattungsfähigkeit der hierdurch entstandenen Kosten durch das Gericht auch dann für notwendig erklärt werden kann, wenn sich dem Vorverfahren nur ein gerichtliches Aussetzungsverfahren, nicht auch ein Klageverfahren angeschlossen hat. Diese Entscheidung, die im Übrigen überwiegend auf Ablehnung gestoßen ist, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.3.1973 - 14 B 746/72 -, NJW 1973, 1471; Beschluss vom 6.9.2001, - 21 E 626/01 -, NVwZ-RR 2002, 317; Hess. VGH, Beschluss vom 27.7.1998 - 4 TJ 315/98 -, NVwZ-RR 1999, 346; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.9.2000 - 2 S 2012/00 - VBl BW 2001, 111, betrifft nicht das vorliegende Begehren der Antragstellerin. Dieser geht es - wie ausgeführt wurde -, um die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten für die Stellung des Aussetzungsantrages nach § 80 Abs. 6 VwGO.

Für eine analoge Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO auf Fälle des behördlichen Aussetzungsverfahrens gemäß § 80 Abs. 6 VwGO ist mangels einer Regelungslücke kein Raum. Der Gesetzgeber hat nur die Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 68 ff VwGO geregelt. Dieser Bestimmung lässt sich kein Anhalt dafür entnehmen, dass sie auf weitere, einem gerichtlichen Verfahren vorgeschaltete Verfahrensstufen auszudehnen ist. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass Kosten zu erstatten sind, die einem Beteiligten durch eine Antragstellung oder im Verwaltungsverfahren bei der Ausgangsbehörde entstanden sind.

Auch aus der Neuregelung der Gebührentatbestände im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz lässt sich nicht herleiten, dass § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO auf das behördliche Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 6 VwGO anzuwenden ist. Nach früherem Recht (vgl. § 119 Abs. 3 BRAGO) war das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung der Vollziehung oder auf Beseitigung der aufschiebenden oder hemmenden Wirkung u.a. zusammen mit dem Verwaltungsverfahren, das dem Rechtsstreit voran geht und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dient (Vorverfahren), eine Angelegenheit. Nunmehr bestimmt § 17 Nr. 1 RVG zwar u.a., dass das Verwaltungsverfahren, das einem gerichtlichen Verfahren vorausgehende und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende weitere Verwaltungsverfahren und das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung jeweils verschiedene Angelegenheiten sind. Aus dieser Aufspaltung in verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten lässt sich aber nicht folgern, dass ein seinem bevollmächtigten Rechtsanwalt gebührenpflichtiger Antragsteller die jeweils entstandene Gebühr auch von einem unterlegenen Gegner erstattet verlangen kann. Ein solch weitreichender Regelungsgehalt lässt sich § 17 Nr. 1 RVG nicht entnehmen. Wie bereits ausgeführt, gibt es keinen Grundsatz, dass die einem Beteiligten in einem Verwaltungsverfahren entstandenen (Anwalts-)Kosten von der unterlegenen Behörde zu erstatten sind.

Ende der Entscheidung

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