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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 06.02.2007
Aktenzeichen: 15 A 4493/04
Rechtsgebiete: KAG NRW


Vorschriften:

KAG NRW § 8
Parkstreifen beiderseits der Fahrbahn stellen insgesamt eine Teileinrichtung dar. Daher ist ein Straßenausbau dann keine beitragsfähige Verbesserung dieser Teileinrichtung, wenn die erstmalige Anlegung eines Parkstreifens auf der einen Straßenseite wegen Wegfalls von Parkplätzen auf der anderen Seite nicht zur Erhöhung der Gesamtzahl der Parkplätze führt.
Tatbestand:

Der beklagte Oberbürgermeister baute eine Straße aus, indem er u.a. einen beiderseitigen Radweg anlegte. Dabei wurden vorhandene Parkbuchten in Queraufstellung auf der Westseite in Längsparkstreifen umgewandelt und ein Längsparkstreifen auf der Ostseite erstmals angelegt. Die Zahl der Parkplätze insgesamt erhöhte sich nicht. Für die Ausbaumaßnahme setzte der Beklagte einen Straßenbaubeitrag fest. Nach teilweiser Aufhebung der Beitragsbescheide durch das VG erstrebte der Beklagte in der Berufungsinstanz nur noch eine teilweise Klageabweisung in Höhe des Beitragsanteils, der die Kosten der Erstellung des Längsparkstreifens auf der Ostseite abdecken würde. Die Berufung blieb erfolglos.

Gründe:

Das VG hat der Klage in Höhe der hier noch streitbefangenen 325,11 DM zu Recht stattgegeben, denn auch insoweit ist die zulässige Klage begründet. Die angegriffenen Beitragsbescheide erweisen sich in diesem Umfang als rechtswidrig und verletzen die Rechte der Kläger (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit können sich die Verwaltungsakte nicht auf § 8 KAG NRW i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG NRW für straßenbauliche Maßnahmen (SBS) stützen. Nach § 1 SBS erhebt die Stadt Beiträge zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Erweiterung und Verbesserung von Anlagen im Bereich von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen als Gegenleistung dafür, dass den Eigentümern der erschlossenen Grundstücke durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Die erstmalige Anlegung des östlichen Parkstreifens erfüllt keinen der genannten Ausbaubeitragstatbestände, so dass die für seinen Ausbau aufgewandten Kosten nicht beitragsfähig sind.

Die Anlegung des östlichen Parkstreifens stellt keine Verbesserung des Straßenzugs dar. Das würde voraussetzen, dass durch die Maßnahme die Ausgestaltung der Anlage entsprechend ihrer bisherigen verkehrstechnischen Konzeption hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung (Erweiterung), hinsichtlich der funktionalen Aufteilung der Gesamtfläche oder hinsichtlich der Art der Befestigung vorteilhaft verändert worden wäre. Diese vorteilhafte Veränderung ist unter verkehrstechnischen Gesichtspunkte zu beurteilen. Maßgebend ist also, ob der Verkehr bei Zugrundelegung der bisherigen verkehrstechnischen Konzeption (Trennsystem, Mischfläche, Fußgängerstraße) auf der neu gestalteten Anlage zügiger, geordneter, unbehinderter oder reibungsloser abgewickelt werden kann als vorher.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.9.2006 - 15 A 2682/06 -, S. 3 des amtlichen Umdrucks; Urteil vom 23.9.2003 - 15 A 4700/01 -, NWVBl. 2004, 106 (107).

Eine so beitragsrechtlich relevante funktionale Aufteilung der Gesamtfläche liegt etwa in der erstmaligen Anlegung von Parkstreifen oder Radwegen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.11.2004 - 15 A 4051/04 -, S. 4 des amtlichen Umdrucks.

Hier ist durch die Anlegung des östlichen Parkstreifens keine solche Verbesserung vorgenommen worden: Die Straße war bereits zuvor funktional aufgeteilt in die vornehmlich dem fließenden Verkehr dienende Fahrbahn und die dem ruhenden Verkehr dienenden Parkbuchten auf der westlichen Seite. Eine Verbesserung könnte daher nur dann bejaht werden, wenn durch die Anlegung der Parkstreifen auf der östlichen Seite mehr - zusätzlich benötigter - Parkraum zur Trennung des ruhenden vom fließenden Verkehr geschaffen worden wäre und damit die funktionale Aufteilung der Gesamtfläche weiter verbessert worden wäre. Das kann aber nicht festgestellt werden: Wie das VG zutreffend ausgeführt hat, ist das Gesamtparkangebot wegen des Wegfalls der Querparkmöglichkeiten auf der Westseite nicht erhöht worden. Dem ist der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten.

In der Anlegung des östlichen Parkstreifens kann auch nicht deshalb eine Verbesserung der funktionalen Aufteilung gesehen werden, weil nunmehr erstmals auf beiden Seiten Parkmöglichkeiten geboten werden. Zwar verkennt der Senat nicht, dass es eine gewisse Erleichterung für den Verkehrsteilnehmer darstellt, wenn in der jeweiligen Fahrtrichtung Parkgelegenheiten geboten werden, so dass sich ein Wenden zum Anfahren eines Parkplatzes auf der anderen Straßenseite erübrigt. Dieser Vorteil steht aber deutlich hinter dem eigentlichen Vorteil der Bereitstellung von Parkflächen zurück. Für den Verkehrsteilnehmer ist in erster Linie die Existenz des Parkraums an der Straße von Bedeutung, nicht die jeweilige Lage auf einer Straßenseite. Daher kann allein die Erhöhung der Bequemlichkeit der Straßenbenutzung, die darin liegt, dass auf beiden Seiten Parkmöglichkeiten geboten werden, den Beitrag nicht rechtfertigen. Jedenfalls müsste, sollte man darin dennoch eine beitragsrechtlich relevante Verbesserung erkennen wollen, wegen deren deutlich geringeren Ausmaßes als im Falle der Schaffung zusätzlichen Parkraums gemäß § 8 Abs. 6 Satz 1 KAG NRW ein niedriger Anliegeranteilssatz als in der allgemeinen Straßenbaubeitragssatzung festgelegt werden, denn die Beiträge sind gemäß dieser Vorschrift nach den Vorteilen zu bemessen.

Diese auf die Parkraumbereitstellung bezogene maßgebliche Verbesserungswirkung der Anlegung von Parkstreifen unterscheidet die Anlegung eines zweiten Parkstreifens auf der bislang nicht so ausgestatteten Straßenseite von der Anlegung eines zweiten Gehweges: Dabei wird die sicherere Trennung von Fußgänger- und Fahrzeugverkehr durch die Anlegung eines Gehwegs auf der Seite, auf der bislang kein Gehweg vorhanden war, weiter verbessert.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.10.2002 - 15 E 980/02 -, S. 2 f. des amtlichen Umdrucks.

Nicht die Schaffung weiterer Gehwegfläche (Erweiterung), sondern die Ermöglichung des Gehwegverkehrs auch auf der anderen Straßenseite stellt die vorteilhafte Veränderung dar.

Zu Unrecht meint der Beklagte, die Frage, ob eine Verbesserung durch Anlegung eines Parkstreifens eingetreten sei, müsse nach der Parkraumsituation auf jeder Straßenseite gesondert beantwortet werden, weil die Parkstreifen auf jeder Straßenseite eine eigenständige Teileinrichtung darstellten. Teileinrichtungen der Straße sind Teile der Straße, die eine eigenständige Funktion hinsichtlich der Benutzung der Straße haben, sei es, dass sie Raum für die jeweiligen Verkehrsarten bieten oder diese voneinander trennen (Fahrbahn, Gehweg, Radweg, Parkstreifen, Trennstreifen), sei es, dass sie die Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer verkehrstechnisch erleichtern (Beleuchtung, Oberflächenentwässerung). Angesichts dessen handelt es sich bei den Parkstreifen auf beiden Seiten insgesamt um eine Teileinrichtung. Es geht daher insoweit nicht um die Frage, ob ein durch eine Teileinrichtung gewährter Vorteil wegen eines gleichzeitig eingetretenen Nachteils an einer anderen Teileinrichtung kompensiert wird. Es geht aber auch nicht darum, ob innerhalb derselben Teileinrichtung ein in bestimmter Hinsicht gewährter Vorteil durch einen gleichzeitig eingetretenen Nachteil in anderer Hinsicht kompensiert wird, wie es etwa bei der nachmaligen Herstellung einer Teileinrichtung der Fall ist mit der Gewährung des Erneuerungsvorteils einerseits, wenn andererseits gleichzeitig diese Teileinrichtung verschmälert und damit in ihrer Benutzbarkeit beeinträchtigt wird.

Vgl. zur (teileinrichtungsübergreifenden und -immanenten) Vorteilskompensation OVG NRW, Urteil vom 28.8.2001 - 15 A 465/99 -, NVwZ-RR 2002, 299 (301).

Es geht nicht um Vorteilskompensation, sondern darum, dass durch die Ausbaumaßnahme an der Teileinrichtung Parkstreifen mangels Erhöhung des gebotenen Parkraums nicht das Merkmal der Verbesserung der Straße erfüllt wurde. Dass mangels Ereichens der üblichen Nutzungszeit auch kein Erneuerungsvorteil geboten wurde und deshalb der Ausbau hinsichtlich des westlichen Parkstreifens nicht als beitragspflichtige (nachmalige) Herstellung zu qualifizieren ist, hat das VG überzeugend ausgeführt, ohne dass dem der Beklagte entgegengetreten wäre.

Schließlich führt auch der Einwand des Beklagte nicht weiter, dass bei zwei zeitlich getrennten jeweils beitragspflichtigen Ausbaumaßnahmen, nämlich dann, wenn zuerst auf der östlichen Seite der hier in Rede stehende Parkstreifen geschaffen worden wäre und erst danach die Radwege unter Verkleinerung des westlichen Parkraums angelegt worden wären, die erstgenannte Maßnahme als Verbesserung beitragspflichtig wäre. Es kann offen bleiben, ob eine künstliche Trennung von Ausbaumaßnahmen zu dem vom Beklagten angenommenen Ergebnis führen würde. Jedenfalls wäre diese vom vorliegenden Fall wesentlich abweichende Konstellation einer eigenständigen systemgerechten rechtlichen Bewertung zu unterziehen. Bei Durchführung der beiden Maßnahmen in einem gemeinsamen Ausbau - wie hier - ist es jedenfalls nicht gerechtfertigt, die Schaffung des östlichen Parkstreifens als Verbesserung zu bewerten: In Anwendung der oben genannten Grundsätze zur Vorteilskompensation ist die infolge des Radewegeausbaus erfolgte Verkleinerung der Zahl der Parkplätze im Westen keine absolute, sondern nur eine relative Verschlechterung und damit kein beitragsrechtlich relevanter, wenngleich faktisch vorhandener Nachteil. Dann kann konsequenterweise umgekehrt der hier vom Beklagten geltend gemachte Ausgleich dieses faktischen Nachteils durch Anlage eines Parkstreifens im Osten kein beitragsrechtlich relevanter Vorteil sein.

Ende der Entscheidung

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