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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: 15 A 5081/05
Rechtsgebiete: GO NRW


Vorschriften:

GO NRW § 26
GO NRW § 41
1. § 41 Abs. 1 Satz 1 GO NRW erlaubt dem Rat, alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung für die Zukunft im Beschlusswege zu gestalten, gibt ihm aber keine generelle Ermächtigung, in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen durch rückwirkende Aufhebung gleichsam ungeschehen machen zu können.

2. Eine durch den Rat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben (hier: Unterzeichnung einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung), hat nur Wirkung bis zu dem Zeitpunkt, in dem von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wird.

3. Ein Bürgerbegehren, das auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, geht ins Leere, so dass dem Bürgerbegehren der nach § 26 Abs. 1 GO NRW notwendige Regelungscharakter fehlt.


Tatbestand:

Die Stadt S. beabsichtigte, mit der Stadt W. eine gemeinsame Feuerwehrleitstelle zu betreiben. Nach einer externen Begutachtung dieses Vorhabens beschloss der Rat der Stadt S. am 5.2.2004: "Der Rat tritt der Gutachterempfehlung zur Einrichtung einer gemeinsamen integrierten Regionalleitstelle mit der Stadt W. am Standort der Hauptfeuer- und Rettungswache W. bei und ermächtigt den Oberbürgermeister zum Abschluss der nachstehenden öffentlich-rechtlichen Vereinbarung. Entsprechend der Gutachterempfehlung wird die Verwaltung ferner beauftragt, mit der Stadt W. in konkrete Überlegungen zur Optimierung der Aufgabenbereiche Rettungsdienstgebühren und Verbrauchsgüterbeschaffung einzutreten." Die Vereinbarung wurde am 5. und 16.2.2004 unterzeichnet. Am 3.5.2004 reichten die Kläger ein Bürgerbegehren mit folgendem Abstimmungstext ein: "Ja, ich stimme mit meiner Unterschrift dafür, den Ratsbeschluss vom 05.02.2004 betreffend der Zusammenlegung der Feuerwehrleitstelle W./S. am Standort W. aufzuheben und die Feuerwehrleitstelle in S. zu belassen." Der Rat beschloss, dass das Bürgerbegehren unzulässig sei. Die dagegen gerichtete Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos.

Gründe:

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW durch den Rat. Das Bürgerbegehren verfolgt kein nach § 26 Abs. 1 GO NRW zulässiges Begehren.

Das Bürgerbegehren ist als kassatorisches Bürgerbegehren gegen den Beschluss des Rates vom 5.2.2004 gerichtet. Es hat ausdrücklich und dem Sinn nach dessen Aufhebung zum Gegenstand. Der Ratsbeschluss vom 5.2.2004 kann jedoch zumindest hinsichtlich seines den Oberbürgermeister zur Unterzeichnung der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung ermächtigenden Teiles nicht mehr im Wege eines Bürgerentscheids aufgehoben werden.

Die Ermächtigung macht den Weg zur Unterzeichnung der Vereinbarung gemeindeintern frei. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 GO NRW ist der Rat für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Nach Abs. 3 der Vorschrift gelten Geschäfte der laufenden Verwaltung im Namen des Rates als auf den Bürgermeister übertragen.

Geschäfte der laufenden Verwaltung zeichnen sich gegenüber nicht dieser Kategorie unterfallenden Geschäften durch die Regelmäßigkeit und Häufigkeit des Vorgangs aus.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.10.2001 - 15 A 5184/99 -, NWVBl. 2002, 275 (276).

An einer solchen Regelmäßigkeit und Häufigkeit fehlt es bei einer mandatierenden Verlagerung der Aufgabenerfüllung durch kommunale Gemeinschaftsarbeit, wie es die in Rede stehende öffentlich rechtliche Vereinbarung vorsieht. Daher oblag die Entscheidung, ob die öffentlich-rechtliche Vereinbarung nach § 23 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit geschlossen werden sollte, dem beklagten Rat, der diese durch den mit dem Bürgerbegehren angegriffenen Ratsbeschluss getroffen hat. Somit lag zwar die Vertretung der Stadt S. gegenüber der Stadt W. bei dieser Vereinbarung gemäß § 63 Abs. 1 GO NRW beim Bürgermeister, die gemeindeinterne Willensbildung über das Ob der Unterzeichnung mit der darauf fußenden Ermächtigung zur Ausübung der Vertretungsmacht war aber Sache des Rates. Der Oberbürgermeister hätte seine gemeindeinternen Kompetenzen überschritten, wenn er die Vereinbarung ohne Ermächtigung des Rates unterzeichnet hätte.

Daraus ergibt sich, dass eine solche Freigabe nur Wirkung bis zur Unterzeichnung begründet, also nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Zu Unrecht meinen die Kläger, dass der Ratsbeschluss als Ermächtigungsgrundlage für die Vereinbarung nach wie vor Wirksamkeit entfalte. Der Ratsbeschluss ist nicht Grundlage der Vereinbarung, sondern nur Grundlage der punktuell in der Vergangenheit liegenden Abgabe der Erklärung für die Stadt S. in Ausübung der Vertretungsmacht des Oberbürgermeisters. Diese Erklärung hat als Teil der beiderseitigen Willenserklärungen und damit Vereinbarungsbestandteil weiter Wirkung, ist aber nicht auf die Fortexistenz der ihr zu Grunde liegenden Ermächtigung in der Zukunft angewiesen. Der Ratsbeschluss vom 5.2.2004 entfaltet also seit dem Zeitpunkt der Vereinbarungsunterzeichnung keine Wirkungen mehr und kann daher auch nicht mehr ab diesem Zeitpunkt aufgehoben werden. Einer solchen ins Leere gehenden Aufhebung würde der nach § 26 Abs. 1 GO NRW notwendige Regelungscharakter eines Bürgerbegehrens fehlen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.4.2003 - 15 A 3916/02 -, NWVBl. 2003, 466 (467), für den Fall einer erteilten Einwilligung in einen Vertrag.

Richtig ist die Feststellung der Kläger, dass bei einer solchen Betrachtungsweise infolge der Ausnutzung der Ermächtigung dem Bürgerbegehren, soweit es gegen die Ermächtigung zur Vertragsunterzeichnung gerichtet ist, von Anfang an die Grundlage fehlte. Das ist indes eine Konsequenz der gesetzlichen Konzeption des Verhältnisses von direkt-demokratischer Willensbildung durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid einerseits und repräsentativ-demokratischer Willensbildung durch den Rat andererseits. Der direkt-demokratische Entscheidungsweg ist von der Natur der Sache her schwerfälliger und langwieriger als die Willensbildung durch die Vertretungskörperschaft. Deshalb ist in allen mitgliederstarken Körperschaften als regelmäßige Form der Entscheidungsfindung der repräsentativ-demokratische Weg vorgesehen. Infolge des Nebeneinanders beider Willensbildungswege kann der direkt-demokratische Entscheidungsprozess durch den Gang der Ereignisse überholt werden. Es ist Sache des Gesetzgebers abzuwägen, ob und inwieweit er diesem Nachteil, der dem direkt-demokratischen Willensbildungsprozess inhärent ist, dadurch entgegenwirken will, dass der Vollzug von Entscheidungen der Gemeindeorgane - unter Inkaufnahme einer weniger zügigen Verwaltungsführung - gehemmt wird. Das in Nordrhein-Westfalen geltende Recht sieht eine solche Vollzugshemmung nicht vor.

Vgl. etwa zur anderen Rechtslage in Bayern, wo nach Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehens bis zur Durchführung des Bürgerentscheids grundsätzlich eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane nicht mehr getroffen oder mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht mehr begonnen werden darf, Art. 18a Abs. 9 der bayerischen Gemeindeordnung.

Das Bürgerbegehren kann nicht dahin verstanden werde, dass es nicht die - ins Leere gehende - Aufhebung des Ratsbeschlusses ex nunc, also für die Zukunft begehrt, sondern auf eine rückwirkende Aufhebung des Ratsbeschlusses vom 5.2.2004 (ex tunc) gerichtet wäre. Dann würde es nämlich ein gesetzwidriges Ziel verfolgen und damit gemäß § 26 Abs. 5 Nr. 9 GO NRW unzulässig sein. Der angegriffene Beschluss darf nicht durch Bürgerentscheid rückwirkend aufgehoben werden.

Durch Rückwirkung sollen die Verhältnisse entgegen ihrem tatsächlichen Geschehen im Nachhinein umgestaltet werden. Die Vergangenheit kann im Nachhinein nur umgestaltet werden, wenn das Recht dies so vorsieht, etwa im Zivilrecht bei der Anfechtung (§ 142 Abs. 1 BGB) oder der Genehmigung (§ 184 Abs. 1 BGB). Nichts anderes gilt im öffentlichen Recht, wo z.B. ein Verwaltungsakt sich grundsätzlich nur dann Rückwirkung beimessen kann, wenn dies gesetzlich zugelassen ist, vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 48 Rn. 46, wie dies u.a. für die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten vorgesehen ist (§§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 VwVfG). Ebenso misst die Verwaltungsgerichtsordnung der verwaltungsgerichtlichen Aufhebung von Verwaltungsakten nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO Rückwirkung zu, vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 113 Rn. 8, oder § 122 Abs. 1 Satz 2 GO NRW der aufsichtsrechtlichen Aufhebung von Rats- oder Ausschussbeschlüssen, vgl. OVG NRW, Urteile vom 6.5.1986 - 15 A 1479/82 -, DVBl. 1987, 143 (144) und vom 20.12.1972 - III A 831/70 -, OVGE 28, 185 (194).

Auch die Ermächtigung zur Rechtsetzung enthält die Befugnis, den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Norm zu bestimmen und damit - unter Wahrung verfassungsrechtlicher Schranken unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes - die rückwirkende Inkraftsetzung anzuordnen.

Vgl. Schneider, Gesetzgebung, 3. Aufl., Rn. 517.

Die Ermächtigung des Rates zu Entscheidungen in allen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung (§ 41 Abs. 1 Satz 1 GO NRW), die hier Grundlage des angegriffenen Ratsbeschlusses ist, erlaubt dem Rat, diese Angelegenheiten für die Zukunft im Beschlusswege zu gestalten, gibt ihm aber keine generelle Ermächtigung, in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen durch rückwirkende Aufhebung gleichsam ungeschehen machen zu können. Er kann sich zwar mit einer von ihm bereits entschiedenen Angelegenheit erneut befassen und einen dazu von ihm gefassten Beschluss wieder aufheben. Eine Ermächtigung, die Vergangenheit contrafaktisch in der Form umzugestalten, dass der Beschluss als nie gefasst anzusehen wäre, gibt ihm das Gesetz aber nicht. Vielmehr kann er kraft dieser allgemeinen Ermächtigung nur durch einen actus contrarius seine Entscheidung für die Zukunft beseitigen.

Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegten Auffassung der Kläger sieht § 26 GO NRW für kassatorische Bürgerbegehren, mit denen also Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, keine allgemeine rückwirkende Aufhebung vor. Das gilt schon deshalb, weil das Bürgerbegehren nur darauf abzielt, dass die Bürger an Stelle des Rates entscheiden (§ 26 Abs. 1 Satz 1 GO NRW), und der Bürgerentscheid die Wirkung eines Ratsbeschlusses hat (§ 26 Abs. 8 Satz 1 GO NRW). Da das Bürgerbegehren nicht mehr kann als der Rat, an dessen Stelle es treten will, ist es - wie oben ausgeführt - auch dem Bürgerbegehren versagt, allgemein eine rückwirkende Regelung zu treffen.

Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Kläger, das kassatorische Bürgerbegehren sei nach § 26 GO NRW dahin zu verstehen, dass Ratsbeschlüsse unter dem Vorbehalt der Aufhebung durch einen Bürgerentscheid binnen der in § 26 Abs. 3 GO NRW gesetzten Fristen stünden und daher die Aufhebung eines Ratsbeschlusses durch Bürgerentscheid dieselbe Wirkung haben müsse wie die Aufhebung eines Ratsbeschlusses im Wege der Kommunalaufsicht. Eine solche Betrachtungsweise wird der Funktion des Bürgerbegehrens nicht gerecht. Bei der kommunalaufsichtlichen Aufhebungsverfügung wie auch bei der verwaltungsgerichtlichen Aufhebung eines Verwaltungsakts geht es darum, die Konformität des Verwaltungshandelns mit dem Gesetz zu erzwingen, worin der Grund für die große Reichweite der genannten Aufhebungsentscheidungen liegt. Das kassatorische Bürgerbegehren zielt demgegenüber darauf, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders wie bei einem veränderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft.

Unabhängig von diesen allgemeinen Gründen für die hier nur in die Zukunft reichende Wirkung des Bürgerbegehrens kann der Beseitigung erteilter Ermächtigungen, wie sie hier in Rede steht, jedenfalls keine Rückwirkung auf einen Zeitpunkt vor der Ausübung der Ermächtigung zugebilligt werden. Der Senat hat dies schon für den Fall der Zustimmung eines Dritten zu einem Rechtsgeschäft, von der dessen Wirksamkeit abhängt, aus § 183 Satz 1 BGB abgeleitet.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.4.2003 - 15 A 3916/02 -, NWVBl. 2003, 466 (467).

Allerdings geht es dabei um den Schutz der Parteien des Rechtsgeschäfts, deren Vertrauen auf die durch die Zustimmung des Dritten geschaffene Rechtslage geschützt werden muss. Das ist hier nicht der maßgebende Gesichtspunkt: Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung bliebe wirksam, auch wenn die gemeindeinterne Ermächtigung des Oberbürgermeisters zur Unterzeichnung nachträglich entfiele, denn davon bliebe seine Vertretungsmacht nach § 63 Abs. 1 GO NRW unberührt. Jedoch ist dem deutschen Recht auch der Schutz des Vertrauens eines zu Handlungen Ermächtigten in den Bestand der Ermächtigung geläufig. So regelt etwa das Auftragsrecht, dass dann, wenn der Auftrag außer durch Widerrufserklärung gegenüber dem Beauftragten (mit ohnehin nur möglicher Wirkung ex nunc) auf andere Weise erlischt, der Auftrag zugunsten des Beauftragten gleichwohl als fortbestehend gilt, bis der Beauftragte von dem Erlöschen Kenntnis erlangt oder das Erlöschen kennen muss (§ 674 BGB). In einem solchen Fall gilt auch die mit dem Auftrag verbundene Vollmacht grundsätzlich als fortbestehend (§ 169 BGB). Ähnlich regelt das Gesellschaftsrecht, dass bei einer Auflösung der Gesellschaft dennoch die dem Gesellschaftsverhältnis entspringende Geschäftsführungsbefugnis zugunsten des Gesellschafters als fortbestehend gilt, bis er von der Auflösung Kenntnis erlangt oder die Auflösung kennen muss (§ 729 Satz 1 BGB). Auch hier gilt eine Vertretungsmacht grundsätzlich weiter (§ 169 BGB). Das Zivilrecht geht also zum Schutze des Beauftragten oder Gesellschafters sogar so weit, dass selbst bei einem tatsächlich erloschenen Auftrag oder einer tatsächlich erfolgten Auflösung die Ermächtigung als weiter bestehend fingiert wird, damit der im Vertrauen auf den Auftrag oder die gesellschaftsrechtliche Geschäftsführungsbefugnis Handelnde geschützt wird.

Angesichts dieses weitgehenden Schutzes von zum Handeln im Interesse Dritter Ermächtigter durch das Zivilrecht kann der durch öffentliches Recht zum Handeln Ermächtigte (hier ein Bürgermeister zum Abschluss einer öffentlich rechtlichen Vereinbarung durch den Rat) nicht dadurch schutzlos gestellt werden, dass die rückwirkende Beseitigung einer erteilten Ermächtigung in das Belieben des Ermächtigenden gestellt würde.

Das Bürgerbegehren kann nicht dahin verstanden werden, es solle nur der Teil aufgehoben werden, wonach der Rat der Gutachterempfehlung beitrete. Der Ratsbeschluss enthält zwei verschiedene Bestandteile: Im ersten Teil tritt er - so der Text - der Gutachterempfehlung zur Einrichtung einer gemeinsamen integrierten Regionalleitstelle bei und ermächtigt den Oberbürgermeister zur Unterzeichung der öffentlich rechtlichen Vereinbarung. Im zweiten Teil wird ein Auftrag an die Verwaltung formuliert, mit der Stadt W. in Überlegungen zur Optimierung der Aufgabenbereiche Rettungsdienstgebühren und Verbrauchsgüterbeschaffung einzutreten. Bei dem im ersten Teil genannten Beitritt handelt es sich nicht um eine von der Ermächtigung zur Vertragsunterzeichnung abtrennbare Entscheidung, sondern allein um die Motivation zu der im gleichen Satz ausgesprochenen Ermächtigung des Oberbürgermeisters.

Es kann auch nicht angenommen werden, dass das Bürgerbegehren alleine auf die Aufhebung des zweiten Teils des Ratsbeschlusses vom 5.2.2004 gerichtet wäre. Dieser Teil ist im Bürgerbegehren überhaupt nicht angesprochen und als bloße Folge der durch das Bürgerbegehren angegriffenen Zusammenlegung der Leitstellen auch nicht im Blick des Bürgerbegehrens.

Schließlich ist auch nicht die Rückgängigmachung der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung Gegenstand des Bürgerbegehrens. Dies mag zwar im Gefolge der Weiterentwicklung der Ereignisse durch die Unterzeichnung der Vereinbarung jetzt politisch gewollt sein. Maßgebend für das in seiner Zulässigkeit zu beurteilende Bürgerbegehrens ist aber allein dessen Text, der an Stelle eines Ratsbeschlusses treten soll.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.4.2003 - 15 A 3916/02 -, NWVBl. 2003, 466 (46 f.).

Dieser Text muss als Entscheidung unzweideutig eine Regelung enthalten (§ 26 Abs. 1 GO NRW).

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 23.4.2002 - 15 A 5594/00 -, DÖV 2002, 961 f. und vom 9.12.1997 - 15 A 974/97 -, NWVBl. 1998, 273 (275).

Daran fehlt es hier, wenn Gegenstand des Bürgerbegehrens die Rückgängigmachung der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung sein soll. Davon ist im Text, der an Stelle eines Ratsbeschlusses treten soll, nicht die Rede. Die allgemeine Wendung, "ich stimme dafür, ... die Feuerwehrleiststelle in S. zu belassen", reicht dafür nicht aus. Denn diese Entscheidung stand nicht mehr zur Disposition. Erst recht kann aus der in der Begründung gegeben Formulierung, das Bürgerbegehren fordere die Verwaltung auf, "alle notwendigen Schritte zu unternehmen, damit die Feuerwehrleitstelle in S. verbleibt", kein auf die Rückgängigmachung der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung gerichteter Inhalt des Bürgerbegehrens abgeleitet werden. Abgesehen davon, dass es sich um einen Teil der Begründung, nicht des Beschlusstextes handelt, wäre eine solche eher resolutionsartige Formulierung viel zu unpräzise, um den erforderlichen konkret fassbaren und die Verwaltung bindenden Entscheidungsinhalt aufzuweisen.

Ende der Entscheidung

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