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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 22.11.2002
Aktenzeichen: 15 B 2322/02
Rechtsgebiete: LadSchlG


Vorschriften:

LadSchlG § 16 Abs. 1
§ 16 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG, der die Verlängerung der Ladenöffnungszeit aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen ermöglicht, ist keine Vorgabe zu den Gründen zu entnehmen, warum die Veranstaltungen durchgeführt werden. Vielmehr stellt die Vorschrift alleine auf die Tatsache einer hinreichend besucherattraktiven Veranstaltung ab.
Tatbestand:

Die antragsgegnerische Bezirksregierung hob im Wege der Kommunalaufsicht gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 GO NRW unter Anordnung der sofortigen Vollziehung einen Ratsbeschluss der antragstellenden Stadt auf, mit dem für einen Samstag aus Anlaß der beabsichtigten Kunstaktion "Beuys-Rallye" im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Art Saturday" die Ladenöffnungszeiten nach § 16 Abs. 1 LadSchlG verlängert wurden. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes war in beiden Instanzen erfolgreich.

Gründe:

Mit Blick auf das Beschwerdevorbringen ist nur noch auszuführen: Der angegriffene Beschluss des VG verkennt nicht die Zielsetzung des Ladenschlussgesetzes (LadSchlG), einen Ausgleich zwischen den Interessen des Einzelhandels, der im Einzelhandel Beschäftigten und der Verbraucher zu schaffen, weil durch zu großzügige Handhabung Arbeitnehmerinteressen keine hinreichende Berücksichtigung mehr fänden. Nach der Entscheidung des Gesetzgebers sind den Arbeitnehmern im Einzelhandel an höchstens sechs Samstagen im Jahr aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen Ladenöffnungszeiten bis längstens einundzwanzig Uhr zuzumuten. Wenn die Antragstellerin von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, ist dies Ausfluss der Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers, nicht aber eine ihr zuwiderlaufende Beeinträchtigung von Arbeitnehmerinteressen.

Auch der mit der Beschwerde vorgetragene Gesichtspunkt, das VG verkenne Ursache und Wirkung zwischen der zu erwartenden Besuchermenge und der verlängerten Ladenöffnungszeit, führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Richtig ist zwar, dass die Veranstaltung und nicht erst die verlängerte Ladenöffnungszeit als solche einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen muss, der ein die Verlängerung der Ladenöffnungszeit rechtfertigendes Kaufinteresse mit sich bringt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.1989 - 1 B 153.89 -, Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 27, S. 7.

Auf diesen Punkt richtet sich der Einwand der Beschwerde, die "Beuys-Rallye" würde ohne die verlängerte Ladenöffnungszeit keinen nennenswerten Besucherandrang auslösen. Indes kann der Senat auf Grund des ihm vorliegenden Materials im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutz in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit diese Feststellung nicht treffen. Die Antragsgegnerin stellt die vom VG festgestellten Tatsachen zur Bewertung der Publikumswirksamkeit der Veranstaltung nicht in Abrede. Die auf dieser Grundlage vom VG - von eben dem genannten Grundsatz zum Wechselverhältnis von verlängerter Ladenöffnungszeit und Besuchermenge ausgehend - vorgenommene Bewertung, die Veranstaltung sei hinreichend besucherattraktiv, teilt der Senat. Die Präsentation einer Vielzahl von Werken des Künstlers Beuys in Geschäften an der H.-Straße stellt ein Angebot von beachtlicher Attraktivität dar. Dass die Antragsgegnerin sein Werk als "ausgesprochen spröde" beurteilt, steht der Tatsache nicht entgegen, dass es sich um einen herausragend bekannten Künstler handelt, dessen Werk auch dem breiten Publikum nicht nur ein Begriff ist, sondern Anlass zu einer Auseinandersetzung mit Kunst gibt. Die hierauf gründende Attraktivität der Veranstaltung findet auch Ausdruck in der Höhe der Auflage des genannten Flugblatts von 50.000 Exemplaren und der Werbung für das Kunstereignis in der ganzen Region. Dabei ist es unschädlich, wenn die weiteren, erst durch die verlängerte Ladenöffnungszeit angezogenen Besuchermengen die durch die Veranstaltung selbst ausgelöste Besuchermenge möglicherweise sogar um ein Vielfaches übersteigen. § 16 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG stellt allein darauf ab, dass die Zahl der durch die Veranstaltung selbst angezogenen Besucher hinreichend groß ist, um die Verlängerung der Ladenöffnungszeit zu rechtfertigen.

Soweit die Beschwerde rügt, dass die "Beuys-Rallye" gar nicht aus künstlerischen Gründen veranstaltet werde, sondern die Motivation der Veranstaltung gerade in der Herbeiführung eines Anlasses zur Verlängerung der Ladenöffnungszeit liege, kann auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen: § 16 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG ist keine Vorgabe zu den Gründen zu entnehmen, warum die Veranstaltungen durchgeführt werden. Vielmehr stellt die Vorschrift alleine auf die Tatsache einer hinreichend besucherattraktiven Veranstaltung ab. Die von der Antragsgegnerin als Befürchtung geäußerte Meinung, dies eröffne die generelle Möglichkeit, einen der sechs nach § 16 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG konzedierten Tage zur Verlängerung des Weihnachtsgeschäfts über die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 LadSchlG allgemein freigegebenen vier Samstage vor dem 24.12.zu nutzen, trifft zu. Hierzu bedarf es allerdings nicht, wie die Antragsgegnerin meint, einer Entscheidung des Gesetzgebers; vielmehr hat er diese bereits durch die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG getroffen.

Ende der Entscheidung

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